Rede von Prof. Dr. Max Fuchs in PDF - Unesco
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gibt es gravierende Unterschiede im H<strong>in</strong>blick darauf, welche öffentlichen Aufgaben durch<br />
den Staat überhaupt erfüllt werden müssen.<br />
Gehen wir nun e<strong>in</strong>mal da<strong>von</strong> aus, dass die Konvention verabschiedet und <strong>in</strong> Deutschland<br />
auch ratifiziert wird. In diesem Fall wird es nun nicht so se<strong>in</strong>, dass man sich dann mit Ruhe<br />
zurücklehnen kann: Es wird die Arbeit erst anfangen. Etwas grob formuliert kann man<br />
nämlich sagen, dass der Leitbegriff der kulturellen Vielfalt sich sehr viel stärker auf die<br />
Angebotsseite e<strong>in</strong>er kulturellen Praxis als auf die Nutzer-, Subjekt- oder Nachfrageseite<br />
bezieht. Die eigentliche Legitimität e<strong>in</strong>er jeglichen öffentlichen Kulturförderung ergibt sich<br />
jedoch nicht aus der Reichhaltigkeit e<strong>in</strong>es Angebotes, sondern durch die Breite der Nutzung.<br />
An dieser Stelle komme ich dann doch wieder zu dem Leitbegriff der kulturellen Teilhabe<br />
zurück, so wie ich ihn oben (Ziffer 3) <strong>in</strong> die Diskussion e<strong>in</strong>geführt habe. Denn nicht e<strong>in</strong>e bloß<br />
angebotene, sondern erst e<strong>in</strong>e gelebte kulturelle Vielfalt, also e<strong>in</strong>e kulturelle Vielfalt, die sich<br />
<strong>in</strong> der Praxis der unterschiedlichen Menschen bewährt und durch diese entsteht, kann die<br />
weitreichenden Ziele erreichen helfen, die man mit dieser Konvention anstrebt. Dies<br />
bedeutet allerd<strong>in</strong>gs auch, dass man sich über Zugangsmöglichkeiten und eventuelle -<br />
barrieren e<strong>in</strong>er solchen Teilhabe sehr viele Gedanken machen muss. Das bedeutet<br />
<strong>in</strong>sbesondere, f<strong>in</strong>anzielle, rechtliche, bildungsmäßige und auch geografische<br />
Zugangsbarrieren genauer zu reflektieren. Dies heißt dann aber auch, dass sich e<strong>in</strong>e der<br />
Vielfalt verpflichtete Kulturpolitik – und nur e<strong>in</strong>e solche kann es dann noch geben – sehr<br />
stark e<strong>in</strong>mischen muss <strong>in</strong> die Frage der Ressourcen und ihrer Verteilung, und dies nicht<br />
primär bei den Kulture<strong>in</strong>richtungen, sondern bei den Menschen, die man als Nutzer<br />
gew<strong>in</strong>nen muss. E<strong>in</strong>e solche Kulturpolitik der kulturellen Vielfalt ist also entschieden<br />
Gesellschaftspolitik.<br />
Das Fazit dieser Überlegungen besteht dar<strong>in</strong>, dass diese Konvention, wenn sie denn <strong>in</strong> Kraft<br />
gesetzt wird, notwendigerweise zu e<strong>in</strong>em bestimmten Konzept <strong>von</strong> Kulturpolitik führen muss,<br />
das neben der Frage der Ästhetik <strong>in</strong> der kulturellen Praxis <strong>in</strong>sbesondere auch die Frage der<br />
sozialen Gerechtigkeit e<strong>in</strong>schließt. Damit kann ich nur me<strong>in</strong>e These wiederholen: Die Arbeit<br />
<strong>in</strong> der Kulturpolitik und auch der Streit um die richtigen Konzeptionen und die Verteilung der<br />
Mittel fängt mit der Ratifizierung der Konvention erst an.<br />
Der Autor:<br />
<strong>Max</strong> <strong>Fuchs</strong>, <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>., Erziehungs- und Kulturwissenschaftler, Direktor der Akademie<br />
Remscheid, Vorsitzender der Bundesvere<strong>in</strong>igung Kulturelle Jugendbildung, des Deutschen<br />
Kulturrates und des Instituts für Bildung und Kultur, lehrt Kulturarbeit an der Universität<br />
Duisburg-Essen.<br />
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