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hofer gedenkjahr - wia

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von Oliver Pohl<br />

Meinung<br />

Es isch wieder Zeit!<br />

Wenn das Gedenkjahr 2009 einen Sinn macht, der über das<br />

Beschwören der gemeinsamen Heimat hinausweist, dann kann es<br />

aktuell nur der gegenseitige Beistand in der größten Wirtschaftskrise<br />

seit Jahrzehnten sein.<br />

Damit würde man in der Politik auch jenen großen Themen<br />

folgen, welche in sämtlichen alle 25 Jahre wiederkehrenden<br />

Erinnerungsauffrischungen mit Massenteilnahme bisher berührt<br />

wurden. Über die Sinnhaftigkeit der Themen kann man streiten<br />

(Einschwören auf die Weltkriege, unwiederbringliche Landeseinheit<br />

mit oder ohne Blumenschmuck auf der heute verzichtbaren Dornenkrone),<br />

dass es aber immer ein Thema für die Elite des Volkes war, lässt<br />

sich nicht wegdiskutieren.<br />

Die jeweilige politische Führung des Landes in Nord und Süd wusste,<br />

dass die Spitzen der Gesellschaft auf jene Landesthemen kollektiv<br />

einzuschwören sind, die die vitalen Interessen Tirols berühren. Das<br />

entspricht auch dem Geist des Landlibell von 1511, das wesentlich für<br />

die Entwicklung der Tiroler Identität war und ist. Die Tiroler haben<br />

zu allen Zeiten ihre Heimat verteidigt und 1809 durch ihren Aufstand<br />

gegen einen übermächtigen Feind bewiesen, dass sich Völker<br />

nicht einfach so in Geiselhaft nehmen lassen. Dieses Thema ist heute<br />

so aktuell wie damals, wenn man nur an Tibet denkt oder sich die<br />

Intifada der Palästinenser in Erinnerung ruft, die jeden Tag die weltweiten<br />

Nachrichtensendungen mitbestimmt.<br />

Folgt man den Argumentationslinien mancher Gruppen in Tirol,<br />

die sich mit ihrer Anti-Genkjahr-Haltung und Andreas-Hofer-Demontage<br />

politisch profilieren wollen, hätten auch diese Völker nie<br />

das Recht gehabt, gegen die Aggressoren von außen aufzustehen, um<br />

ihre Kultur zu bewahren oder ihren Lebensraum zurückzugewinnen.<br />

Was dort Freiheitskämpfer sind, mutiert hierzulande zu einem<br />

Terroristenaufstand auch noch nach 200 Jahren durch politisch Andersdenkende.<br />

Ob Völker Vorbilder aus den eigenen Reihen brauchen, die als Helden<br />

gefeiert werden, hat die Geschichte selbst beantwortet. Che Guevara,<br />

dessen politische Botschaft die meisten gar nicht verstanden haben,<br />

die sein Konterfei heute noch auf T-Shirts, Mützen oder anderswo<br />

platziert spazieren tragen, ist zu einem Mythos geworden. Dazu gehört<br />

der Heldentod im Dschungel. Erschossen durch regimetreue<br />

Soldaten, weil sich das kollektive Bewusstsein wohl sonst kaum an<br />

ihn derart erinnert hätte. Dafür könnte man jede Menge anderer<br />

Beispiele anführen. Denn es gibt wahrscheinlich kein Volk auf der<br />

Wirtschaft im Alpenraum • März 2009<br />

Welt, das nicht herausragende Persönlichkeiten zur Inkarnation der<br />

eigenen, edlen Wesensbeschaffenheit hochstilisierte.<br />

Dass genau jene Volkshelden eine Hochkonjunktur erleben, wenn<br />

die Zeiten schlecht sind, liegt auf der Hand. Denn dann müssen die<br />

sich selbst zugeschriebenen positiven Eigenschaften des Volkes für<br />

die Überwindung der Krise in besonderer Weise mobilisiert werden.<br />

Und natürlich allem voran zu jenen Zeitpunkten, wenn Opfer zu<br />

erwarten sind. Die modernen Kriege in einer gar nicht friedlichen<br />

globalisierten Wirtschaftswelt zwischen zivilisierten Völkern werden<br />

längst nicht mehr auf Schlachtfeldern Mann gegen Mann, sondern<br />

ökonomisch und kulturell geführt.<br />

Es sind keine Zufälle, dass Englisch und nicht Deutsch Weltsprache<br />

ist, die europäischen Bildungssysteme heute kritiklos dem angelsächsischem<br />

System untergeordnet werden (Bachelor und Master Degrees<br />

sind der drittwichtigste Exportartikel der USA) und der Dollar<br />

trotz starkem Euro Weltwährung bleibt. Nicht umsonst wurde die<br />

„Die regionale Kooperation in der Europaregion kann<br />

das Wirtschaftswachstum spürbar beflügeln.“<br />

europäische Bankenwelt durch den Basel Akkord (Basel II) nachhaltig<br />

geschwächt, wo die Amerikaner nicht einmal im Traum daran<br />

dachten, sich daran zu halten. Die Folge ist eine Weltwirtschaftskrise,<br />

die hauptsächlich die Europäer bezahlen, auch wenn uns Präsident<br />

Obama das Gegenteil einreden möchte.<br />

Diese akute Bedrohung der vitalen Lebensader des Landes gilt es jetzt<br />

zu bekämpfen. Den Widerstand gegen die Weltwirtschaftskrise mögen<br />

manche so lächerlich finden, wie seinerzeit den Aufstand gegen<br />

die Militärmacht der Franzosen und Bayern. Praktisch ist es jedoch<br />

die einzige Chance des Volkes, nicht in Massenarbeitslosigkeit und<br />

wirtschaftlichen Ruin abzurutschen. Dazu braucht es eine Gesamttiroler<br />

Kraftanstrengung, um alle positiven Kräfte zu mobilisieren.<br />

Und die Chancen stehen in einem vereinten Europa dafür gar nicht<br />

so schlecht, wie manche meinen mögen. Denn die wieder gewonnene<br />

Möglichkeit der Zusammenarbeit der beiden Landesteile kann<br />

Wachstumsimpulse auslösen. Eine aktuell in Auftrag gegeben Studie<br />

an den Universitäten in Innsbruck und Bozen wird das bestätigen,<br />

was Forschungsergebnisse schon vorher belegten. Die regionale<br />

Kooperation beflügelt das Wirtschaftswachstum. Denn im internationalen<br />

Wirtschaftskrieg gilt wie einst: Mander, es isch Zeit!

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