Gasthaus & Pension - Hörselberg-Bote
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Nr. 83<br />
Zeitschrift im Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
mit Thüringer Monatsblätter // Nr.34 Seite 5 - 13<br />
Winterausgabe<br />
2010<br />
FÜR NATUR- HEIMAT- UND WANDERFREUNDE THÜRINGENS<br />
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Gesegnete<br />
Weihnachtswünsche<br />
Allen Kunden und Geschäftspartnern danken wir für das entgegengebrachte Vertrauen in diesem Jahr,<br />
wünschen besinnliche Feiertage und einen gesunden Start in das Jahr 2011. Statt Weihnachtskarten<br />
und Geschenken werden wir das Engagement der Vereine aus der Wartburgregion mit einer<br />
Spende in Höhe von 50.000 EUR unterstützen. Wartburg-Sparkasse. Gut für unsere Region.<br />
2
Gedanken zum Jahresausklang<br />
Das schmeckt wie bei Oma…<br />
Nachrechnen beginnt - alle Zutaten, die viele<br />
…das kommt uns doch bekannt vor. Manch Zeit, die Energie, das Risiko – o je!<br />
einem ist ist dieser oder ein ähnlicher Ausspruch Aber spätestens, wenn der süße Duft durchs<br />
schon über die die Lippen Lippen gekommen oder er hat ganze Haus zieht und alles gelungen ist und<br />
ihn gehört, wenn Schmackhaftes auf auf den Tisch man mit seinen Lieben die Leckereien genießen<br />
kam. Erinnerungen Erinnerungen an die eigene Kindheit bzw. kann, wird alle Mühe belohnt.<br />
Jugendzeit Jugendzeit werden wach.<br />
Und es lohnt sich allemal, nicht nur zu Hause ist<br />
Die Adventzeit sollte sollte Anlass sein, wieder wieder einmal einmal diese Initiative gefragt, nein auch in Kindergär-<br />
Selbstgebackenes zu probieren. Das Backbuch ten, Schulen und Vereinen sollte wieder mehr an<br />
aus Omas Zeiten wird hervorgekramt, die alten überlieferbare Traditionen gedacht werden.<br />
Rezepte sollen wieder ausprobiert werden. Das Die Schönauer Backfrauen geben Ihre Erfah-<br />
ist leichter gesagt als getan. Wer aber niemals rungen gerne weiter. Kindergartengruppen und<br />
Mutter oder Oma beim Backen über die Schulter Schulklassen haben schon oft die Backfrauen an<br />
geschaut und die kleinen Tricks und Feinheiten ihrem alten Steinbackofen in Schönau a.d. Hör-<br />
kennen gelernt gelernt hat, wird bestimmt einige einige Versel besucht. Die Kinder haben auch gerne selbst<br />
suche brauchen, brauchen, bis bis die die Plätzchen schmecken mit Hand angelegt und manche von ihnen haben<br />
wie damals damals Mutters oder Omas Weihnachts- hier zum ersten mal Erfahrungen mit dem Babäckereien.cken<br />
gemacht und sie hatten Freude daran.<br />
Es ist verlockend verlockend und so einfach, auch die Plätz- Geben wir diese Traditionen also weiter an unchen,<br />
den Kuchen und die die Lebkuchen im Supersere Kinder und Enkel, damit deren Kinder und<br />
markt zu kaufen, wie alles andere was man zum Enkel später auch noch einmal sagen können…<br />
täglichen Leben so braucht. Alles gibt es heute<br />
abgepackt und fi fi x und fertig. Mühevoll dage<br />
„das schmeckt wie bei Oma!“<br />
gen sind die Vorbereitungen, die vielen vielen klei- Wir wünschen allen Lesern, Inserenten und Aunen<br />
Arbeitsgänge bis bis etwas in den Ofen kann. kann. toren eine besinnliche Weihnachtszeit, schöne<br />
Dann Dann das Bangen ob auch alles gelingt, wird es Stunden im Kreise der Familie sowie Gesund-<br />
nicht nicht zu hart, hart, ist es es durchgebacken, durchgebacken, nicht nicht ververheit und Lebensfreude für das neue Jahr.<br />
brannt… und wenn dann noch jemand jemand mit dem<br />
Christina & Dietmar Reißig<br />
ckfrauen Rezepte der Schönauer Backfrauen<br />
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Thüringer Thüringer hüringer<br />
hüringer Monatsblätter<br />
5<br />
Nr.34 / 2010<br />
T<br />
Zeitschrift des Thüringerwald-Vereins Thüringerwald 1880 e.V.<br />
20 Jahre wieder vereint - 130 Jahre Thüringerwald-Verein<br />
Das Jahr 2010 geht zu Ende. – 20 Jahre Deutsche<br />
Einheit. – Ein Jahr der Jubiläen auch im<br />
Thüringerwald-Verein.<br />
1880, am 29. August fand unter der Leitung<br />
von Heinrich Schwerdt, der damals u.a. Vorsitzender<br />
des ersten “Thüringer-Waldvereins<br />
Gotha“ war, die Gründungsversammlung des<br />
Thüringerwald-Vereins in Ilmenau statt. „Die<br />
außerordentliche rege Beteiligung, welche<br />
die in Eisenach und Gotha angeregten Bestrebungen<br />
gefunden, und welche bereits zur<br />
Bildung von Zweigvereinen in Suhl, Greiz,<br />
Saalfeld, Ilmenau, Liebenstein, Sonneberg,<br />
Leipzig und Rudolstadt mit einer Zahl von ca.<br />
750 Mitgliedern geführt hat, legt wohl das beredetste<br />
Zeugnis ab, für das Bedürfnis und die<br />
Zweckmäßigkeit eines solchen Vereins für den<br />
Thüringer Wald“. (Aus dem Original-Beitrag<br />
der Ilmenauer Zeitung „Die Henne“ von 1880)<br />
1990, am 22. September war ein denkwürdiges<br />
Datum in der Geschichte des Vereins. Der Thüringerwald-Verein<br />
1880 e.V. konnte als gesamtdeutscher<br />
Hauptverein nach dem Fall der Mauer<br />
wieder ins Leben gerufen werden. Vertreter aus<br />
bereits 13 wieder gegründeten Zweigvereinen<br />
und die Coburger Vereinsfreunde, unter ihnen<br />
die Landräte von Coburg und Ilmenau sowie der<br />
Oberbürgermeister der Stadt Coburg erlebten<br />
auf der Sennigshöhe im Coburger Land diese<br />
Veranstaltung. Die ersten gemeinsamen Wanderungen<br />
entlang der offenen Grenze in dieser aufregenden<br />
„Wendezeit“ bleiben in Erinnerung.<br />
2010 - 18 Zweigvereine konnten in diesem Jahr<br />
auf ihr 20jähriges Bestehen seit der Wiedergründung<br />
zurückblicken. Fast alle konnten sich auf<br />
die Tradition eines schon vor 1945 bestandenen<br />
Zweigvereins berufen.<br />
Mögen nie wieder Grenzen oder Mauern die<br />
Mitglieder des Thüringerwald-Vereins trennen.<br />
Im Jahr des 130jährigen Vereinsbestehens<br />
rückt die Familie der Wanderfreunde enger zusammen.<br />
In 35 Zweigvereinen sind rund 2400<br />
Mitglieder unter dem Dach des Thüringerwald-<br />
Vereins 1880 e.V. organisiert.<br />
Im Namen des Vorstandes wünsche ich allen<br />
Mitgliedern und Freunden des Thüringerwald-<br />
Vereins und Thüringer Wanderverbandes eine<br />
friedliche Weihnachtszeit und ein gesundes<br />
Wanderjahr 2011! Christina Reißig<br />
F�is�� F�is�� Au� Au� !<br />
www.thueringerwaldverein.de • www.wanderverband-thueringen.de
Erinnerungen an Erich Röder (1934 - 2010)<br />
Mit dem Heimat- und Wanderfreund Erich Röder<br />
aus Struth-Helmersdorf bei Schmalkalden ist ein<br />
Kenner unserer Südthüringer Heimat von uns gegangen.<br />
In unzähligen Wanderungen hat er sich<br />
über Jahrzehnte ein umfangreiches Wissen angeeignet,<br />
welches er an seine Mitstreiter und an<br />
die jüngere Generation weiter gegeben hat. Schon<br />
Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts<br />
begann er im Rahmen des Kulturbundes die<br />
Wanderwege unserer Region abzugehen und anschließend<br />
zu markieren. So kam es, dass er vom<br />
damaligen Rat des Kreises, bei dem er beruflich<br />
beschäftigt war, zum ehrenamtlichen Kreiswegemeister<br />
berufen wurde. In dieser Arbeit ging er<br />
voll auf. Er fertigte unzählige grün-weiße Holzschilder<br />
selbst an und beschriftete sie bzw. malte<br />
die Markierungszeichen an Bäume, um dem Wanderer<br />
den rechten Weg zu weisen. Doch für all<br />
die benötigten Hinweisschilder und Wege marken<br />
reichte seine ehrenamtliche Kraft nicht aus. So<br />
fand er in vielen Orten Mitstreiter, die ihn als<br />
Ortswegemeister und Handwerker unterstützten.<br />
Es entstand ein Wanderwegenetz, welches noch<br />
heute die Grundlage für neue Wanderwege bildet.<br />
Nach der Wende von 1989 an erhöhte sich der<br />
Arbeitsaufwand der Kreis- und Ortswegemeister.<br />
Neue Wege kamen hinzu und die Zusammenarbeit<br />
mit den Karten-Verlagen sowie<br />
dem Landesvermessungsamt erforderten<br />
viel Zeit. Erich Röder stellte sich den<br />
neuen Bedingungen und, nun als Kreiswegewart<br />
bezeichnet, koordinierte er<br />
die Arbeit in Verbindung mit den sich<br />
wieder bildenden Wandervereinen und<br />
dem Landratsamt Schmalkalden, später<br />
Schmalkalden-Mei ningen. Er suchte die<br />
Zusammenarbeit mit benachbarten Landkreisen<br />
und Wandervereinen.<br />
Mit der Familie und den Wanderfreunden<br />
unternahm er Reisen in Wandergebiete,<br />
die uns bis dahin verschlossen geblieben<br />
waren. Er beteiligte sich an Zusammenkünften<br />
mit Wanderfreunden aus den Altbundesländern<br />
und machte viele mit unserer<br />
schönen Thüringer Heimat vertraut.<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 378<br />
6<br />
An Deutschen und Thüringer Wandertagen traf<br />
er Gleichgesinnte, so dass er Freundschaft mit<br />
vielen Wanderern schloss. Selten gab es unter<br />
den Wanderfreunden Missgunst und Neid. Heimatfreund<br />
Röder war Mitglied im Rennsteigverein<br />
1896 e.V. und im Rhönklub Schmalkalden.<br />
Über Jahrzehnte war er gemeinsam mit<br />
dem unvergessenen Helmut Köllner aus Klein-<br />
Bild oben: Erich Röder auf Wanderschaft<br />
Erich Röder † (li) und Helmut Köllner †<br />
Inselsbergtreffen 2008
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 379<br />
schmalkalden einer der Mitorganisatoren des traditionellen Inselsbergtreffens<br />
der Natur- und Heimatfreunde immer am letzten Sonntag im<br />
Januar im <strong>Gasthaus</strong> „Stöhr“ auf dem Großen Inselsberg.<br />
Als Ende der 90er Jahre seine Kräfte langsam schwanden, gab er das<br />
Amt des Kreiswegewartes in jüngere Hände, war aber weiterhin als<br />
Ortswegewart noch sehr aktiv. Besonders am Herzen lag ihm der Rennsteig.<br />
Mehrere AB-Maßnahmen begleitete er mit seinem fachlichen<br />
Wissen und seiner Unterstützung. Ein Aussichtspunkt in der Nähe der<br />
Wiedepfuhlswiese mit Blick ins Gothaer Land wird noch heute liebevoll<br />
„Erichs Ruh“ nach ihm genannt.<br />
Im Frühjahr diesen Jahres fesselte ihn die heim tückische Krankheit an<br />
den Rollstuhl. Er hoffte, uns mit seiner Erfahrung noch eine Zeit zur<br />
Verfügung zu stehen. Doch am 23. Mai 2010 musste er seine letzte<br />
Wanderung antreten. Mit Erich Röder verlieren wir einen aufrichtigen<br />
Wanderkameraden und treuen Heimatfreund. Die Mitglieder in den<br />
Thüringer Wandervereinen werden Erich Röder in Ehren gedenken.<br />
Diese Worte verfasste in treuer Verbundenheit und Hochachtung<br />
sein Nachfolger im Amt, der heutige Kreiswegewart des Landkreises<br />
Schmalkalden-Meiningen, Hauptnaturschutzwart des Thüringerwald-<br />
Vereins 1880 e.V. und langjähriger 1.Vorsitzender des Thüringerwald-<br />
Vereins Brotterode, Gerd Fuchs.<br />
7<br />
Sonntag - 30.01.2011<br />
Herzliche Einladung<br />
zum<br />
Inselsbergtreffen<br />
der Natur-, Heimat-<br />
und Wanderfreunde<br />
auf dem<br />
Großen Inselsberg<br />
im Berggasthof Stöhr!
Wanderung anlässlich „20 Jahre Städtepartnerschaft“<br />
von Ilmenau nach Wetzlar<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 380<br />
Der Thüringerwald-Verein Ilmenau<br />
nen Rathaus, ein Fachwerk-<br />
hatte sich für dieses Ereignis etwas<br />
bau von 1539. Es gab einen<br />
ganz besonderes ausgedacht – wan-<br />
netten Gedankenaustausch<br />
dernd die Grüße vom Thüringer Wald<br />
und freundliche Worte für die<br />
in die Partnerstadt an der Lahn zu<br />
weitere Wanderung. Wir starbringen.<br />
Bereits vom 26. bis 30. April 2010 fand<br />
teten schließlich die Tagesetappe<br />
der erste Teil der Etappenwanderung statt, das<br />
am „Rondinchen“, ein herrlicher<br />
Ziel war vorerst Kirchheim. Am 20. September<br />
Aussichtspunkt in Richtung Norden<br />
packten wieder 8 Wanderfreunde ihre Rucksäcke des oberhessischen Berglandes. An die-<br />
um in 4 Tagen diesmal das das Ziel, die die ehemalige sem Punkt befanden wir uns auf halber Strecke<br />
freie Reichsstadt Wetzlar, zu erreichen.<br />
des 300 km langen T-H-R-Wanderweges vom<br />
Wir starteten am Montag, den 20. September<br />
oberhalb von Kirchheim auf dem Thüringen-<br />
Hessen-Rhein-Wanderweg. Vorbei am Bechtelsberg<br />
(ehem. Opfer- und Kultstätte) führte der<br />
Weg durch schönen bunten<br />
Mischwald der oberhessischen<br />
Gebirgslandschaft.<br />
Am Ziel Berfa empfi ng uns<br />
mit großer Wiedersehensfreude<br />
der „Rennesteig-<br />
Renner“ Willi Schleich<br />
und geleitete uns zum Tagesziel.<br />
Unser Quartier für<br />
2 Tage war der „Güntersteiner<br />
Hof“ in Homberg/<br />
Ohm. Die erste Etappe war<br />
etwa 20 km lang. Unser<br />
Marketender Heinz brachte<br />
uns jeweils zum Startpunkt<br />
oder holte uns am Nachmittag<br />
am Ziel ab.<br />
Am Dienstag nahmen wir<br />
die Etappe Leusel-Homberg<br />
unter die Füße. Sehenswert am Wegesrand<br />
war das Heideackerkirchlein mit Friedhof. Als<br />
ortskundiger Wanderführer begleitete uns Willi<br />
Schleich, er führte uns u.a. zur Hartschlucht mit<br />
der Teufelskanzel. Die Felsspalten bestehen aus<br />
dem harten Gestein Quarzit, was uns sehr an Thüringen<br />
erinnerte.<br />
Hier verläuft die Gemeindegrenze zwischen<br />
Maulbach und Homberg/Ohm. Die zurückgelegte<br />
Strecke betrug etwa 23 km.<br />
8<br />
Der Mittwochmorgen begann für uns mit einem<br />
festlichen Auftakt. Der Bürgermeister von Hom-<br />
berg/Ohm, Herr Dörn empfi ng uns im schö<br />
Inselsberg/Thüringen nach Engers am Rhein. Die<br />
Baumvegetation wurde weniger, die offene Landschaft<br />
zeigte immer mehr ihre Schönheit. Diese<br />
Tagestour endete nach 23 km am Denkmal des<br />
Heidenkönigs in der Nähe von Gießen.<br />
Empfang der Ilmenauer am Wetzlaer Rathaus, rechts im Bild der<br />
Partnerschafts beauftragte, Herr Kräuter.<br />
Am 4. Tag wanderten wir auf dem Radweg entlang<br />
der Lahn mit ihren zauberhaften Ufern, Gebäuden<br />
und Raststätten. Kurz vor Wetzlar gesellte<br />
sich der Wetzlaer Wanderfreund Herbert Wolf zu<br />
uns, um uns auf den restlichen Kilometern in die<br />
alte Reichsstadt zu begleiten und uns bei einer<br />
Führung seine Stadt mit Dombesichtigung zu präsentieren.<br />
Diesmal hatten wir laut unserem Schrittzähler 19<br />
km zurückgelegt.
Der Freitag, der 24. September war schließlich<br />
Abschluss und Höhepunkt unserer Tour. Der<br />
Empfang im Rathaus bzw. im Partnerschaftszimmer<br />
in Wetzlar stand an. Der Partnerschaftsbeauftragte<br />
und die Chefi n des Fremdenverkehrsamtes<br />
begrüßten uns sehr herzlich. Sie würdigten die guten<br />
Beziehungen zwischen Ilmenau und Wetzlar.<br />
Erstmals haben auf diesem Wege Wanderer Grüße<br />
von der Ilm an die Lahn überbracht. Nach einem<br />
kurzen Statement unsererseits dankten wir für den<br />
netten Empfang, überreichten einen Präsentkorb<br />
20 Jahre <strong>Hörselberg</strong>gemeinde e.V.<br />
Am 17. November 1990 hoben 24 Nachbarinnen<br />
und Nachbarn die <strong>Hörselberg</strong>gemeinde<br />
zum zweiten Mal aus der<br />
"Tiefe" des geheimnisvollen, sagenumwogenen<br />
Berges. Nachdem ein vorübergehend gebildetes<br />
Festkomitee im Juli 1990 das 100jährige Bestehen<br />
des Schutz- und <strong>Gasthaus</strong>es auf dem Großen<br />
<strong>Hörselberg</strong> mit einem Festwochenende zur<br />
Freude der Anwohner des Hörsel- und Nessetals<br />
durchgeführt hatte, wollte man auch die einst hier<br />
aktive Vereinigung wieder zum Leben erwecken.<br />
Es lag nahe, die „<strong>Hörselberg</strong>-Gemeinde“ wieder<br />
zu gründen. So kann der anerkannte Heimat- und<br />
Wanderverein am <strong>Hörselberg</strong> in diesem Jahr nicht<br />
nur sein 20jähriges Bestehen feiern, sondern auch<br />
stolz auf das 90jährige Jubiläum der Altforderen<br />
bzw. der Namensgeber zurückblicken, die sich am<br />
28. November 1920 ebenfalls im <strong>Hörselberg</strong>haus<br />
gründeten. Da das Berggasthaus einst 1890 vom<br />
Thüringerwald-Verein erbaut (siehe <strong>Bote</strong>n Nr.<br />
81) worden war, wurde die HBG ein Zweigverein<br />
des 1990 auf der Sennigshöhe bei Coburg wieder<br />
gegründeten gesamtdeutschen Thüringerwald-<br />
Vereins 1880 e.V.<br />
Am Freitag, den 12. November 2010 fand im<br />
<strong>Hörselberg</strong>haus auf dem Großen <strong>Hörselberg</strong> das<br />
20. Stiftungsfest statt. Einige Nachbarn hatten vor<br />
ihrer Wanderung zum <strong>Hörselberg</strong> in Schönau an<br />
der Baumpfl anzung zu Ehren des Musikprofessores<br />
Richard Stegmann (1889-1982) teilgenommen.<br />
Andere Mitglieder zogen es auf Grund des<br />
regnerischen Wetters vor, vom Parkplatz aus den<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 381<br />
9<br />
der Stadt Ilmenau mit den besten Grüßen des<br />
Oberbürgermeisters und luden die Wanderfreunde<br />
Wetzlars zu einem Gegenbesuch nach Ilmenau<br />
ein.<br />
Während der Wanderwoche begleitete uns sonniges<br />
Herbstwetter vom ersten bis zum letzten<br />
Kilometer. Insgesamt 10 Wanderer beteiligten<br />
sich an der Städtepartnerschafts-Wanderung von<br />
Ilmenau nach Wetzlar und haben dabei eine Gesamtstrecke<br />
von ca. 210 km erwandert.<br />
Gerhard Dehmel<br />
Bergeskamm zu erwandern. In gemütlicher<br />
Kaffeerunde am knisternden<br />
Kaminfeuer wurde das<br />
Vereinslied „Pack den Rucksack<br />
schnür die Schuh“ gesungen und<br />
der liebe Nachbar Dieter Bornhardt<br />
begleitete uns am Klavier. Gerade<br />
dann, wenn stürmische Herbstwinde<br />
um die alt ehrwürdigen Mauern<br />
fegen, fühlt man sich im <strong>Gasthaus</strong> wohl behütet.<br />
Unser Vorsitzender fand wie immer Worte des<br />
Lobes und Dankes an die treuen Nachbarinnen<br />
und Nachbarn.<br />
Die eigentliche Festveranstaltung mit Gästen fand<br />
am Tag darauf im Saal des <strong>Gasthaus</strong>es „Scharfenburg“<br />
in Thal statt. Mit „großen Worten“, vielen<br />
Bildern und einer kleinen Ausstellung wurde<br />
an das vielseitige Vereinsleben in den zurückliegenden<br />
Jahren erinnert. Verdienstvolle Mitglieder<br />
wurden für ihr Engagement ausgezeichnet.<br />
Der Vorsitzende Hans-Joachim Saalfeld und die<br />
Schatzmeisterin Hannelore Saalfeld wurden für<br />
ihren jahrelangen Einsatz um den Verein mit dem<br />
Goldenen Farnkraut des Thüringerwald-Vereins<br />
geehrt.<br />
Nachrichten aus Schönau a.d. Hörsel<br />
Auf dem sanierten Dorfplatz in Schönau unweit<br />
des alten Eselsbrunnens wurde die „Stegmann-<br />
Linde“ gepfl anzt. Diese Linde ist dem Professor<br />
Richard Stegmann (1889-1982) gewidmet, dessen<br />
Elternhaus sich nur wenige Meter vom Dorfanger<br />
entfernt in der Mühlgasse befi ndet. Richard Stegmann<br />
wurde am 9. März 1889 als 3. Kind des<br />
Schneidermeisters Friedrich August Stegmann in
Schönau geboren. 1909 verließ er das Hörseltal,<br />
um sich beim Münchner Philarmonischen Orchester<br />
zu bewerben. Mit zwanzig Jahren begann<br />
seine Karriere als Solotrompeter. Schon 1925<br />
wurde er zum Professor der Musik ernannt und<br />
unterrichtete an der Hochschule in Würzburg.<br />
1938 wurde er als „Deutschlands bester Solo-<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 382<br />
Feierliche Namensgebung der "Stegmann-Linde" durch Bgm. Torsten Gieß<br />
und Ortsbgm. Volker Ortmann am 12. Nov. 2010<br />
trompeter“ geehrt. Bekannte Meisterdirigenten<br />
rühmten die Schönheit des Tones und die Technik<br />
Stegmanns auf der Trompete. (Näherers zum Musikprofessor<br />
Richard Stegmann erfahren Sie in einer<br />
der nächsten Ausgaben.)<br />
Für die Mitglieder (Nachbarn)<br />
des <strong>Hörselberg</strong>vereins<br />
steht diese schon recht staatliche<br />
Winterlinde aber nicht<br />
nur für den großen Solotrompeter,<br />
sondern auch für<br />
dessen Neffen und Patenkind<br />
gleichen Namens.<br />
Richard Stegmann wohnte<br />
nur wenige Meter entfernt<br />
vom Dorfplatz. Diesen<br />
Richard Stegmann habe ich<br />
1998 kennen gelernt, als im<br />
Schönauer Pfarrhaus die Ausstellung „Große<br />
Männer aus unserem kleinen Dorf“ aufgebaut<br />
war. Eines Tages stand er mit seiner Frau Martha<br />
Richard Stegmann, Neffe des bekannten<br />
Musikprof. Richard Stegmann, mit<br />
seinem Waldhorn, Flörsheim Dez. 2009<br />
10<br />
in der Tür. Sie konnten es kaum fassen, dass seinem<br />
Onkel in seinem Geburtsort solche Ehre entgegen<br />
gebracht wurde. Über Jahre standen mein<br />
Mann und ich in engem Kontakt und konnten so<br />
noch vieles über „Deutschlands besten Solotrompeter“<br />
in jener Zeit erfahren. Regelmäßig erhielten<br />
er und seine Frau den <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n als Zeichen<br />
der Verbundenheit aus<br />
der Heimat im Hörseltal. Das<br />
schon hochbetagte Ehepaar<br />
(wohnhaft in Flörsheim bei<br />
Frankfurt) hatte mit sehr viel<br />
Aufwand Spuren des Onkels<br />
ausfindig gemacht, der leider<br />
ohne Nachkommen im Alter<br />
von 93 Jahren in Würzburg<br />
starb.<br />
Durch diese Verbindung wurde<br />
Richard Stegmann „Nachbar<br />
in der Ferne“ in der <strong>Hörselberg</strong>gemeinde.<br />
Auch in<br />
seinem Leben spielte das Musizieren<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Als junger Mann erlernte er<br />
das Spielen des Waldhorns.<br />
Im 2.Weltkrieg marschierte<br />
er im Stabsmusik-Regiment<br />
bis nach Frankreich und später nach Russland.<br />
Bis ins hohe Alter hat ihn das Musizieren begleitet.<br />
Zu Anlässen wie Geburtstagen oder Jubiläen<br />
spielte er ein Ständchen am Telefon. Sogar das<br />
<strong>Hörselberg</strong>lied studierte er<br />
noch ein. Bei jedem Besuch<br />
bot er uns ein Ständchen dar.<br />
Als wir ihn im Februar diesen<br />
Jahres besuchten, hatten<br />
die Kraft zum Spielen des<br />
Waldhorns und die Lebensfreude<br />
schon spürbar nachgelassen.<br />
Inzwischen sind Martha und<br />
Richard Stegmann verstor-<br />
ben. Martha verstarb 2009 im<br />
Alter von 96 Jahren, Nachbar<br />
Richard im August diesen<br />
Jahres im gesegneten Alter<br />
von 99 Jahren. Wir werden diese beiden liebenswerten<br />
Menschen in unserem Herzen im ehrenden<br />
Gedenken bewahren. chr
Das Jahr neigt sich dem Ende – die besinnliche Weihnachtszeit hat<br />
begonnen. Die Bergwirtin und ihr Team vom Berggasthaus „Großer<br />
<strong>Hörselberg</strong>“ wünschen allen Natur-, Wander- und Heimatfreunden,<br />
allen Gästen sowie den Pilgern auf dem Jakobsweg durch das<br />
schöne Thüringer Land alles Gute, Gesundheit und Schaffenskraft<br />
für das neue Jahr.<br />
Besuchen sie uns in der Adventszeit und zum Jahresausklang - genießen<br />
Sie den Thüringerwald-Blick - vielleicht bei herrlichem Winter<br />
wetter - wir sind noch bis zum 2. Januar 2011 für sie da - gerne<br />
begrüßen wir sie im Berggasthaus zu folgenden Öffnungszeiten:<br />
An den Adventswochenenden Freitag, Samstag und Sonntag<br />
und an den Weihnachtsfeiertagen sowie vom 28.12.10 bis<br />
02.01.11 jeweils 10 – 18 Uhr!<br />
Herzliche Einladung<br />
zum „Weihnachtsblasen“ am <strong>Hörselberg</strong>haus!<br />
Mittwoch - den 29.12. ab 16.00 Uhr – nach Sternwanderungen<br />
aus allen Orten rund um den <strong>Hörselberg</strong> treffen wir uns am <strong>Hörselberg</strong>haus<br />
und lauschen bekannten Weihnachtsliedern, dargeboten<br />
von einer kleinen Abordnung der Lauchaer Blasmusikanten.<br />
Wir reichen ihnen Glühwein, Kinderpunsch oder heißen Tee sowie<br />
Bratwurst vom Rost. Am Lagerfeuer können sie sich aufwärmen!<br />
...für den Nachhauseweg, bitte Laternen und Fackeln mitbringen!<br />
Abschied vom <strong>Hörselberg</strong><br />
Die Bergwirtin Jutta Blässer und ihr Team bedankt sich bei allen<br />
Gästen, die uns seit April 2004 im <strong>Hörselberg</strong>haus besucht haben!<br />
Wir bedanken uns auch bei den Mitgliedern der <strong>Hörselberg</strong>gemeinde<br />
e.V. für die gute Zusammenarbeit bei der Ausrichtung der traditionellen<br />
Bergfeste auf dem Großen <strong>Hörselberg</strong>.<br />
Den nachfolgenden Wirtsleuten wünschen wir Erfolg, immer viele<br />
und nette Gäste und ein gutes Gelingen bei der Bewirtschaftung des<br />
historischen Berggasthauses.<br />
Berggasthaus „Großer <strong>Hörselberg</strong>“<br />
Tel. 03622 - 907320<br />
www.grosserhoerselberg.de<br />
11<br />
Das Team<br />
vom<br />
Berggasthaus...
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 384<br />
325 Jahre Masserberg – 115 Jahre Thüringer- (Quelle: K. Dankwerts; Mareile, Nr. 4/5, 1921)<br />
wald-Verein Masserberg<br />
Neben George Tischer siedelten am Breiten Born<br />
der Harzscharrer Friedrich Tresselt,<br />
Im nächsten Jahr feiert der Rennsteig-<br />
der Hammerschmied Nikolaus<br />
ort Masserberg an einem Fest-<br />
Hetschel, der Glasschneider Jowochenende<br />
zwei Jubiläen, nämlich<br />
hann Glaser und der Schachtelma-<br />
den 325. Jahrestag seiner ersten ur-<br />
cher August Claußner. Hans Glaser<br />
kundlichen Erwähnung und das 115jährige<br />
musste für das Jagdhaus „einhundert<br />
Bestehen des Thüringerwald-Zweigvereins.<br />
Schuh ins geviert“, jährlich ¼ Gulden<br />
und ein Rauhhuhn an das gräfl iche Amt<br />
Wie kam es zur Ortsgründung?<br />
Gehren entrichten. Außerdem wurde ihm zuge-<br />
Masserberg Masserberg ist ein ein junger Ort in der Rennsteigsagt, die Bewohner der Siedlung am Breiten Born<br />
region, der sich aus aus zwei Besiedlungen entwickelt entwickelt mit den erforderlichen Waren zu beliefern sowie<br />
haben dürfte. 1665 erbauten die Schwarzburger<br />
Schwarzburger ein Brauhaus zu errichten. Glaser bekam die<br />
Grafen ein Jagd- bzw. Herrenhaus am Rehberg. Aufl age, „sich in allen Stücken als ein getreuer<br />
Dieses wurde 1692 an Hans Glaser aus Lauscha Untertan zu erweisen und sich den gräfl ichen<br />
für „einhundertsiebenzigfünf“ Gulden verkauft. Landes- und anderen löblichen Kirchen- und Po-<br />
Im Katzhütter Kirchenbuch erscheint eine Siedlicey, Forst- und Jagdordnungen zu unterwerfen,<br />
lung am „Breiten Born“ mit einem Gasthof „Zum sich nachbarlich zu verhalten, dass diesfalls sich<br />
kalten Frosch“; erbaut durch den Köhler George niemand zu beschweren Ursache haben soll.“ Der<br />
Tischer aus Wildenspring (13. März 1686). gräfl ich Hof behielt sich vor, das Jagdhaus wei<br />
Der Sage nach kam der Graf Anton Günter II. terhin kostenlos zu nutzen. Die Familien Enders<br />
„müde und matt, erhitzt und halb verdurstet von und Seifferth ließen sich am Herren hause nieder.<br />
einer Streife durch den Wald, wo er dem Waidwerk Erwähnt werden auch die Fam. Koch und Hartung<br />
obgelegen hatte, zu einer Köhlerhütte und bat den in einem Kaufvertrag für ein „Wiesenrod vor dem<br />
Köhler um einen Trunk Wasser. Rasch eilte dieser<br />
zur nahen Quelle. Der Graf leerte die Kanne<br />
Reheberg-Haus“.<br />
mit einem Zuge. Als er aber auf den Boden des Graf Anton Günther besaß die Sondershäusische<br />
Gefäßes blickte, schaute ihn von dort mit großen Oberherrschaft der Schwarzburger mit Arnstadt<br />
Augen ein Frosch an, der, als er die frische Luft und Gehren.<br />
verspürte, mit einem großen Satze aus dem Gefäß Zur Oberherrschaft gehörten:<br />
auf den Boden hüpfte.“ Tief erschrocken war der • das Amt Arnstadt (Arnstadt, Plaue, Marlishau<br />
Köhler, der Graf aber leerte die Kanne ganz und sen, Witzleben, Geschwenda, Rockhausen und<br />
sagte: „Mir hat das Wasser gut geschmeckt. Als Flurstücke bei Cottendorf und Gräfenroda)<br />
Dank schenke ich Dir diesen Platz. Auf ihn magst • das Amt Gehren mit den späteren Gemeinden Al<br />
Du ein <strong>Gasthaus</strong> bauen. Das Holz zu ihm gebe ich tenfeld, Angstedt, Garsitz, Gehren, Gillersdorf,<br />
Dir auch. Das Haus magst Du dann nennen „Zum Großbreitenbach, Jesuborn, Langewiesen, Mas-<br />
kalten Frosch“. Und so ist es auch geschehen. serberg, Möhrenbach, Neustadt am R. (z.T.),<br />
12
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 / Seite 385<br />
Oehrenstock, Oelze, Pennewitz, Schwarzmühle, Willmersdorf<br />
und Wümbach sowie die unbewohnten Staatsforstbezirke<br />
Langewiesen, Lehmannsbrück, Masserberg, Neustadt<br />
a.R., Oberbreitenbach, Obergehren, Unterbreitenbach und<br />
Untergehren.<br />
Programm am Festwochenende<br />
vom 22. bis 24. Juli 2011<br />
Freitag – 22.07.2011 – 19 Uhr<br />
im Badehaus (Theater)<br />
Festakt zum 325jährigen Bestehen des Ortes<br />
Samstag – 23.07.2011 – ab 14 Uhr<br />
Einweihung des neuen Kurparkbereiches mit dem Wappen<br />
von Masserberg und einer Gedenktafel zur Ortsgeschichte;<br />
musikal. Umrahmung durch die Blasmusikanten aus Gießübel<br />
und den Gesangverein Masserberg; 19 Uhr – festlicher<br />
Tanzabend in der Masserberger Musikantenscheune<br />
Sonntag – 24.07.2011 – ab 9 Uhr<br />
Turmfest an der „Rennsteigwarte“ direkt am Rennsteig<br />
9 Uhr Berggottesdienst; 10 Uhr musikalischer Frühschoppen<br />
mit dem Feuerwehrmusikverein Fehrenbach und dem<br />
Gesangverein Masserberg; 14 Uhr Begrüßung der Wanderfreunde<br />
durch den Vorstand des Thüringerwald-Vereins Masserberg; anschließend Musik und Gute<br />
Laune mit den Werratal-Musikanten aus Sachsenbrunn und dem Gesangverein Masserberg; 15 Uhr<br />
Ausgabe von Wimpelbändern an die teilnehmenden Wandervereine; gegen 17 Uhr Ausklang der Feierlichkeiten...<br />
Wir hoffen, aus diesem Anlass recht viele Wanderfreunde aus Thüringer Wandervereinen und Gäste<br />
aus nah und fern bei uns begrüßen zu können. Masserberg hat sich zu einer „Perle“ am Rennsteig entwickelt<br />
und ist immer eine Reise wert! Dr. Reiner Ehrhardt<br />
Näheres über Masserberg und die Aktivitäten des ansässigen Thüringerwald-Vereins erfahren wir in<br />
den nächsten beiden Ausgaben des <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n in den „Thüringer Monatsblättern“.<br />
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Zum 200. Geburtstag von<br />
Heinrich Schwerdt – ein Thüringer<br />
mit Herz und Verstand / Teil 1<br />
Sabine Zerbst<br />
Als ich vor einigen Jahren begann, die einzelnen<br />
Archivbestände im Waltershäuser Pfarrhaus zu<br />
ordnen und zu registrieren, fi el mir eine etwas<br />
ramponierte Pappschatulle in die<br />
Hände. Überrascht war ich, als ich<br />
darin eine, in violettem Samt<br />
gebundene Mappe mit der in<br />
Gold geprägten Aufschrift<br />
„Zum 50. Amtsjubiläum am<br />
8. Juli 1883“ vorfand. Die<br />
Mappe beinhaltete: je ein<br />
Gratulationsschreiben der<br />
Ephoren des Herzogtums<br />
Gotha, der Geistlichen der<br />
Ephorie Tenneberg, der Cantoren<br />
und Organisten der Ephorie<br />
Tenneberg, des Waltershäuser<br />
Gewerbe vereins, dazu noch das Original<br />
der Ernennungsurkunde zum Ehrendoktor<br />
der Universität Jena sowie einen Brief von Laura<br />
Schwerdt aus Eisenach vom 16. Januar 1919. In<br />
diesem, an den Amtsnachfolger ihres Vaters gerichteten<br />
Schreiben, begründet sie das Überlassen<br />
der Mappe für das Archiv damit, dass die Familie<br />
keine Verwendung dafür hätte. Bei dem Jubilar<br />
handelte es sich um Kirchenrat Dr. theol. h.c.<br />
Heinrich Schwerdt (1810 - 1888).<br />
Mir, als einer Zugezogenen, sagte der Name<br />
Heinrich Schwerdt zu diesem Zeitpunkt wenig.<br />
Ich kannte zwar die Heinrich-Schwerdt-Straße<br />
im unteren Teil der Stadt und hatte im Bildband<br />
gelesen, den der Waltershäuser Geschichtsverein<br />
1993 über das alte Waltershausen herausgegeben<br />
hatte, dass die Bepfl anzung der Bahnhofstraße<br />
beiderseitig mit Linden auf die Initiative von<br />
Heinrich Schwerdt zurückzuführen sei. Um so<br />
erstaunlicher war ich, als ich nun die Biographie<br />
im Pfarrbuch des Herzogtums Gotha für eine Ausstellung<br />
abschrieb. Denn da las ich, dass er nicht<br />
nur Pfarrer bzw. Superintendent war, sondern auch<br />
Volksschriftsteller, Politiker, Pädagoge und Volksfürsorger.<br />
Der Titel eines Kirchenrates war ihm<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
15<br />
vom Gothaer Herzog und der Ehrendoktor von<br />
der Universität Jena zuerkannt worden. Solche<br />
Zusätze sind im Pfarrbuch selten vermerkt.<br />
Inzwischen habe ich mich mit der Person Heinrich<br />
Schwerdts sehr intensiv beschäftigt und ich kann<br />
sagen, dass diese Titel- und Tätigkeitsbezeichnungen<br />
in keiner Weise die Vielseitigkeit dieses<br />
Mannes darstellen. Er war umfassend begabt und<br />
seine Talente versuchte er stets zum Gemeinwohl<br />
einzusetzen. Er galt als ein<br />
guter Initiator und Organisator. Seine organisatorischen<br />
Fähigkeiten setzte er in<br />
vielen Bereichen des gesellschaftlichen,<br />
gemeinnützigen und sozialen Lebens in<br />
den ihm anvertrauten Gemeinden und<br />
für seine Thüringer Heimat ein. Trotz<br />
der umfangreichen pfarramtlichen Aufgaben<br />
widmete er sich in seinen freien<br />
Stunden sehr engagiert diesen Betätigungsfeldern.<br />
Auch das öffentliche<br />
Leben in Waltershausen und der Umgebung<br />
hat er entscheidend mitgeprägt.<br />
Aus seiner Biographie...<br />
Johann Georg Heinrich Christian Schwerdt wurde<br />
am 7. Januar 1810 in Neukirchen bei Eisenach<br />
als Pfarrerssohn geboren. Nach dem Besuch des<br />
Pfarrhaus in Neukirchen<br />
Geburtshaus von Heinrich Schwerdt<br />
Gymnasiums in Gotha und Eisenach studierte er<br />
Theologie und Philologie in Jena und Leipzig.<br />
1833 kehrte er nach seiner Ordination in Gotha in<br />
seinen Heimatort Neukirchen zurück, um dort sei-
nem Vater im Pfarramt als Substitut zur Seite zu<br />
stehen. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1842<br />
trat er dessen Nachfolge im Pfarramt an, zu dem<br />
auch die Gemeinden Stregda, Hötzelsroda und<br />
Berteroda gehörten. Dies bedeutete, dass er bis<br />
zu 16 Predigten im Monat abzuhalten hatte, dazu<br />
kam noch die umfangreiche seelsorgerische Gemeindearbeit.<br />
1862 wechselte er aus gesundheitlichen<br />
Gründen als Oberpfarrer nach Gräfentonna.<br />
1872 wurde er als 62jähriger zum Superintendent<br />
in die Ephorie Tenneberg mit 13 zu betreuenden<br />
Gemeinden berufen und bezieht seinen Amtssitz<br />
in Waltershausen, wo er am 2. September 1888<br />
verstarb.<br />
Seine erste Frau verlor er schon mit 25 Jahren.<br />
Mit der zweiten Frau erlebte er 1887 die Goldene<br />
Hochzeit. In dieser Ehe wurden sieben Töchter in<br />
Neukirchen geboren.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Das Gotteshaus in Neukirchen, Fotos zum Beitrag: S. Zerbst<br />
Ehrung für Heinrich Schwerdt 2010<br />
Der Kirchenkreis Waltershausen-Ohrdurf und die<br />
Kirchgemeinde Waltershausen beschlossen, den<br />
200. Geburtstag von Heinrich Schwerdt zum Anlass<br />
zu nehmen, das Jahr 2010 als Festjahr würdig<br />
zu begehen. Unterstützt wurde dieses Vorhaben<br />
durch die Stadtverwaltung, den Waltershäuser<br />
Geschichtsverein, den Deutschen Alpenverein,<br />
Sektion Waltershausen-Gotha und die Sparkassen-Kulturstiftung.<br />
In den Veranstaltungen galt es,<br />
an das Leben und Wirken von Heinrich Schwerdt<br />
als eine bemerkenswerte Thüringer Persönlichkeit<br />
16<br />
und für seine Zeit sehr fortschrittliches Multitalent<br />
zu erinnern.<br />
Zu seinem 200. Geburtstag am 7. Januar fand an<br />
seinem Grabstein auf dem Waltershäuser Friedhof<br />
eine Kranzniederlegung mit kurzer Würdigung<br />
durch Superintendent Andreas Berger statt. Im Januar<br />
und März wurden Vorträge über sein Leben<br />
und Wirken gehalten. An seiner Wohn- und Arbeitsstätte,<br />
dem Waltershäuser Pfarrhaus, wurde<br />
am 23. April eine Gedenktafel enthüllt. Seit Mai<br />
war über Monate eine Ausstellung im Eingangsbereich<br />
der Stadtkirche am Markt zu besichtigen.<br />
Viele Waltershäuser und Gäste nutzten diese Gelegenheit.<br />
Am 2. September, seinem Todes tag, fand<br />
ein Festakt in der Stadtkirche statt und anschließend<br />
wurde die im vergangenen Jahr neu erbaute<br />
Stadtbibliothek eröffnet. Ihr wurde der Name<br />
„Heinrich-Schwerdt-Bibliothek“ verliehen.<br />
Der Alpenverein e.V., Sektion<br />
Waltershausen-Gotha hatte<br />
am 16. Oktober zusammen mit<br />
der Kirchgemeinde zu einer<br />
Wanderung auf den Spuren<br />
Schwerdts eingeladen. Trotz<br />
des starken Regens machte sich<br />
eine Gruppe von etwa 25 Personen<br />
auf den Weg. Am Waldaltar<br />
„Samtner Ärmel“ fand die<br />
Wanderung unter einem großen<br />
schützenden Zeltdach bei<br />
warmen Getränken und einem<br />
kleinen Imbiss mit einer Andacht<br />
durch Superintendenten<br />
Andreas Berger einen feierlichen<br />
Abschluss. Musikalisch<br />
umrahmt wurde diese vom Posaunenchor<br />
unter Leitung von Kirchenmusikdirektorin<br />
Elke Eichhorn. Den krönenden Abschluss<br />
des Festjahres bildet am 22. Dezember, 19 Uhr<br />
die Aufführung eines weihnachtlichen Konzertes<br />
zu Ehren von Heinrich Schwerdt in der Waltershäuser<br />
Stadtkirche „Zur Gotteshilfe“ am Markt.<br />
Auch Sie sind herzlich dazu eingeladen.<br />
Eigentlich war zu diesem Konzert vorgesehen,<br />
das von Heinrich Schwerdt geschriebene Oratorium<br />
„Die heilige Nacht“ aufzuführen. Aber<br />
trotz intensiver Nachforschungen sind die Noten
Ehrung zum 200. Geburtstag auf dem<br />
Waltershäuser Friedhof, 7. Jan. 2010<br />
Enthüllung der Gedenktafel am Pfarrhaus<br />
durch Bgm. Brychcy u. Superintendent Berger<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Namensgebung - Heirich-Schwerdt-Bibliothek<br />
in Waltershausen - 2. Sept. 2010 - Foto: chr<br />
17<br />
zu diesem Oratorium nicht auffindbar, obwohl<br />
Friedrich Nohr aus Meiningen und auch Julius<br />
Schneider aus Berlin dieses Stück vertont haben.<br />
Vielleicht kann jemand von den Lesern helfen:<br />
Eventuell schlummern die Noten verborgen in<br />
einem Archiv oder Notenschrank? Hinweise gibt<br />
die Redaktion gerne weiter.<br />
Wegbereiter für Bildung und Kultur<br />
In Vorbereitung des Jubiläums hatte ich das<br />
große Glück, vieles über das Leben und Wirken<br />
von Heinrich Schwerdt aus dem Waltershäuser<br />
Kirchen archiv in Erfahrung zu bringen. Er hat<br />
aber so viele Spuren in Thüringen hinterlassen,<br />
dass es mir u.a. bei der Vorbereitung der Ausstellung<br />
sehr schwer fiel, eine kleine, aber aussagekräftige<br />
Auswahl zu treffen. Bei seinen vielfältigen<br />
kulturellen, pädagogischen und sozialen<br />
Initiativen ging es ihm vorrangig um die Hebung<br />
des Bildungsniveaus seiner Mitmenschen, denn<br />
seine Devise lautete: „Volksbildung ist die Mutter<br />
der Volkswohlfahrt“. Zudem bemühte er sich<br />
mit großer Ausdauer, immer weitere Kreise für<br />
dieselbe zu gewinnen. So hat er u.a. in Neukirchen<br />
an Winterabenden Vorlesungen abgehalten,<br />
aus denen 1838 eine erste Gemeindebibliothek in<br />
Thüringen, eine Leihbücherei hervorging, die sich<br />
als „Gutenbergs-Bibliothek“ gut in der ländlichen<br />
Gegend um seinen Heimatort etablierte. Die<br />
Bücher sammlung begann mit Buchspenden von<br />
ihm und vom Lehrer. Durch Veröffentlichung von<br />
Artikeln regte er die Gründung von Volksbibliotheken<br />
im Thüringer Raum und in anderen Teilen<br />
Deutschlands an. Die Idee einer Wanderbiliothek,<br />
in die die benachbarten Orte einbezogen wurden,<br />
entwickelte sich mit Zunahme des Buchbestandes.<br />
1853 zählte der Bestand immerhin schon ca. 600<br />
Bände. Schwerdt ist ein maßgeblicher Wegbereiter<br />
des Volksbüchereiwesens überhaupt. Bis zu<br />
seinem Tod war ihm das Gedeihen von Volksbibliotheken<br />
stets ein großes Anliegen, ab 1851<br />
auch von der Regierung des Herzogtums Gotha<br />
unterstützt.<br />
Das gesellschaftliche Leben in Neukirchen erhielt<br />
durch ihn vielfältige Anregungen, ob nun durch<br />
die Gründung einer Unterhaltungsgesellschaft,<br />
woraus sich ein Gesangsverein, die „Liedertafel“,<br />
eine Theatergruppe und eine Musikkapelle so-
Blick in die Gemeinde (Gutenbergs)-Bibliothek<br />
im Pfarrhaus von Neukirchen<br />
wie ein landwirtschaftlicher Verein entwickelten.<br />
Im Rahmen seines Volksbildungsbestrebens sind<br />
zudem zu nennen: die Gründung der Sonntagsschule,<br />
die Anlegung einer Baumschule für die<br />
Obstbaumzucht, die Planung einer Kleinkinderbewahranstalt.<br />
Erwähnenswert ist auch sein Führen<br />
einer ausführlichen Ortschronik, in der auch<br />
exakte Wetterbeobachtungen überliefert sind.<br />
Besondere Höhepunkte unter seiner Leitung in<br />
dieser Zeit waren:<br />
• 1840 das zweitägige Gutenbergfest in Neukirchen<br />
anlässlich 400 Jahre Erfindung des<br />
Buchdruckes, mit dem Ziel, das Leseinteresse<br />
allgemein zu wecken und<br />
• 1847 das 5.Liederfest des Thüringer Sängerbundes<br />
in Eisenach. Zum Programm des Sängerfestes<br />
gehörten auch Vertonungen einiger seiner<br />
Gedichte durch Felix Mendelssohn Bartholy und<br />
Friedrich Kühmstedt. Noch heute erinnert die<br />
Sängerwiese bei Eisenach an dieses Ereignis.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
18<br />
...aus der Gründungs-Urkunde von 1838<br />
der Gemeinde-Bibliothek in Neukirchen<br />
Die Motive seines wohltätigen Handelns drückte<br />
er bei seinem Weggang von Neukirchen in seinen<br />
Abschiedsworten aus: „Ich wollte meine Heimat<br />
zu einem Musterdorfe machen, wo Glück und<br />
Wohlstand blühen, wo Güte und Treue einander<br />
begegnen, Gerechtigkeit und Friede herrschten“.<br />
Diese Bestrebungen sind aber nicht immer von<br />
seinen Zeitgenossen anerkannt und mitgetragen<br />
worden. (Fortsetzung im nächsten HBB Nr. 84)
Lassen Sie ihren Urlaub auf „Thüringens beliebtesten Ferienhof“ für die ganze Familie zu einem<br />
Erlebnis in herrlicher Naturlandschaft zwischen <strong>Hörselberg</strong> und Hainich werden. Der Thüringer Wald<br />
mit dem Inselsberg und die Wartburg grüßen aus der Ferne. Erholung und Vielfalt – alles unter einem<br />
Dach! – Was bieten wir unseren Gästen:<br />
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Nessetal oder zu den sagenumwobenen <strong>Hörselberg</strong>en<br />
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• Reiten für Kinder (Anfänger und Fortgeschrittene)<br />
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• Voltigieren und Ponyreiten auch für Kleinkinder<br />
• Kindergeburtstagsfeiern mit allem was dazu gehört<br />
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• Wanderungen mit unseren Ponys, Pferden, Lamas, Ziegen und<br />
anderen Vierbeinern<br />
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oder auf dem Wildkatzenpfad...<br />
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auf Wunsch im original eingerichteten Bauernzimmer.<br />
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TIPP zur Winterzeit: Kutschtouren mit Glühwein<br />
...anschließend gemütlicher Ausklang in unserer Grillhütte<br />
Neu im Angebot ab 2011 – Kutschfahrt durch den Nationalpark mit<br />
Übernachtung im Urwald-Life-Camp auf dem Harsberg!<br />
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19
Teiche zwischen Ohra und Hörsel - Teil 2<br />
Bergsee an der Ebertswiese<br />
Am Südosthang des Mittleren Höhenberges<br />
(836 m ü. NN) liegt malerisch ein Bergsee. Aus<br />
einem Diabas-Steinbruch entstanden, wird dieser<br />
See im Sommer auch als Bade- und Tauchgewässer<br />
genutzt.<br />
Der „Bergsee“ ist das gefl utete Restloch eines<br />
Tagebaus. Von 1890 bis 1942 wurde hier der Höhenberg-Dolerit<br />
abgebaut, der noch heute in zwei<br />
Großtagebauen ganz in der Nähe gewonnen wird.<br />
Der Dolerit ist ein SiO2-armes („basisches“) magmatisches<br />
Gestein. Das Magma drang zu Beginn<br />
der Rotterode-Formation vor 280 Mio. Jahren ein<br />
und bildete auf der Linie Schmalkalden – Fried-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
1<br />
richroda einen 13 km langen und bis zu 2 km breiten<br />
Lagergang. In der Bohrung Schnellbach 1/62<br />
wurden 350 m Mächtigkeit durchteuft.<br />
In der heutigen Landschaft bildet das Gestein einen<br />
markanten Höhenzug vom Mönchsberg bis<br />
zum Spießberg.<br />
Sehr bemerkenswert ist die Tierwelt in und um<br />
das anthropogen entstandene Gewässer. An warmen<br />
Abenden sind einzelne Pieptöne aus den<br />
umgebenden Steinhalden zu hören, welche wie<br />
Glasglöckchen oder Zeitzeichen im Radio klingen!<br />
Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um die<br />
Paarungsrufe der Geburtshelferkröten Alytes obstetricans<br />
(Abb.1). Der etwas seltsame deutsche<br />
Name weist auf eine besondere, dem kalten Klima<br />
der hohen Gebirgslagen angepasste Fortpfl anzungsmethode<br />
dieser Lurche hin. Außergewöhnlich<br />
ist die Biologie dieser „Fesslerkröte“, weil<br />
hier das Männchen an Land die Eischnüre auf den<br />
Hinterschenkeln bis zur Reife trägt. Erst nach Ab-<br />
20<br />
schluss der Embryonalentwicklung nach 3 bis 6<br />
Wochen sucht das Männchen ein Laichgewässer<br />
auf. Die Larven entwickeln sich bevorzugt in besonnten<br />
Quelltümpeln. Nach dem Absetzen haben<br />
die Junglarven bereits eine Länge von 1,5 cm und<br />
im Laufe ihrer Entwicklung können diese bis 9 cm<br />
lang werden. Geeignete Laichgewässer müssen<br />
frostfrei sein, weil die Metamorphose der meisten<br />
Larven erst im zweiten Jahr erfolgt. Die Sommerlebensräume<br />
der erwachsenen Tiere liegen meist<br />
nicht weit entfernt in Blockhalden von Steinbrüchen<br />
oder im Bereich von einzelnen Gebäuden in<br />
Rennsteignähe (Mauerritzen und Steinplatten als<br />
Ersatzhabitate, Bellstedt 2002).<br />
Bei geschlossener Schneedecke und Temperaturen<br />
um den Gefrierpunkt sind bei Spaziergängen<br />
im Thüringer Wald einige interessante Insektenbeobachtungen<br />
möglich. Recht bequem,<br />
wie auf einem weißen Tischtuch, sind nun<br />
auch die kleinsten winteraktiven Krabbeltiere<br />
auszumachen.<br />
Winterhart sind etliche Fliegen- und Mückenarten<br />
und an sonnigen Tagen kann man tausende<br />
2<br />
3
4<br />
Blaualge - Planktothrix<br />
Artenvielfalt<br />
unter dem Mikroskop<br />
Mikrokosmos im Bergsee<br />
Im weichen und elektrolytarmen Wasser des Bergsees<br />
leben einige wenige winzige Algenarten, die<br />
aber in großer Zahl anzutreffen sind.<br />
Allein der Dinofl agellat Peridinium willei und die<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Goldalge - Dinobryon<br />
Dinoflagellat Peridinium<br />
21<br />
Kieselalge Tabellaria<br />
Blattfußkrebs Ceriodaphnia<br />
Blaualge Anabaena spiroides präsentieren zusammen<br />
über 90 Prozent der Algenbiomasse. Typisch<br />
für das elektrolytarme Wasser ist auch das Vorkommen<br />
des Blattfußkrebschens Ceriodaphnia<br />
quadrangula.
Winter mücken (Trichoceridae), zu tanzenden Säulen<br />
gruppiert, im Gegenlicht schimmern sehen. Zu<br />
den Mücken, genauer zur Familie der Stelzmücken<br />
(Limoniidae) gehören die fl ügellosen<br />
„Schneefl iegen“ der Gattung „Chionea“.<br />
Sprungvermögen besitzt der „Winterhaft“ Boreus<br />
westwoodi, welcher deshalb „Schneefl oh“<br />
(Abb.3) genannt wird. Dieser sekundär fl ügellose<br />
Schnabelkerf (Mecoptera) mit großem Rüssel gehört<br />
zu einer bei uns recht artenarmen, separaten<br />
Insektenordnung, wozu die „Skorpionsfl iegen“<br />
gehören. Unser bronzefarbener Boreus wird nur<br />
einen halben Zentimeter lang. Beim Männchen –<br />
welches im Gegensatz zu den meisten Insektenarten<br />
bei der Paarung unter dem Weibchen sitzt<br />
– sieht man noch vier leicht gebogene Flügelrudimente.<br />
Die Paarung erfolgt im Winter und die<br />
Eier werden vom Weibchen einzeln per Legeröhre<br />
abgelegt. Die Entwicklung ist zweijährig, die<br />
Larven ernähren sich von Moosen, besonders im<br />
Bereich feuchter Stubben oder an Bachufern.<br />
Reinhardsbrunner Teiche: Marderteich<br />
Die Reinhardsbrunner Teiche in Friedrichroda<br />
existieren im Zusammenhang mit Besiedlungen<br />
etwa 800 Jahre. Die Teiche sind zwar von Laubbäumen<br />
weitgehend umschlossen, dennoch beeinfl<br />
ussen anthropogene Tätigkeiten – Straßen und<br />
Bahnverkehr, Fischereiwirtschaft, Gondel- und<br />
Badebetrieb – die Teichlandschaft. Die Wasserfl ä<br />
chen werden seit Jahren von Wasservögeln besiedelt,<br />
in der Nähe der Teiche ist eine Kolonie von<br />
Graureihern entstanden.<br />
Die älteste echte Urkunde über die Gründung<br />
des Klosters Reinhardsbrunn stammt aus dem<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
5<br />
22<br />
Jahr 1092. Im 12. Jahrhundert gab es auf dem<br />
Klostergelände bereits einige Teiche u.a. zur<br />
Trinkwassergewinnung und zum Antrieb der Klostermühle.<br />
Im Jahr 1525 wurden in einer Rechnung<br />
der Reinhardsbrunner Klosterverwaltung<br />
11 Fischteiche genannt. Um 1830 wurden einige<br />
kleinere Teiche zum jetzigen großen Schlossteich<br />
vereinigt. Johann Christoph Friedrich GutsMuths<br />
(seit 1785 Lehrer an der Salzmannschule Schnepfenthal)<br />
nutzte die Reinhardsbrunner Teiche als<br />
„Badeanstalt“ für seine Zöglinge „…als Form der<br />
Abhärtung und zum Kennenlernen der Hygiene“.<br />
Zu DDR-Zeiten wurden die Reinhardsbrunner<br />
Teiche vom VEB Binnenfi scherei Gotha<br />
fi sche rei lich genutzt, nach der Wende entstand<br />
hier die Fischzucht Reinhardsbrunn GmbH. Sie<br />
bewirtschaftet die vorhandenen Teiche.<br />
Derzeit sind 8 Teiche mit einer Gesamtwasserfl äche<br />
von ungefähr 85.000 m 2 vorhanden. Der größte<br />
Teich ist der Marderteich mit einer Wasserfl äche<br />
von etwa 28.000 m 2 . Er befi ndet sich zwischen der<br />
6<br />
Straße am Schloss Reinhardsbrunn und der B 88<br />
in Richtung Tabarz (Zigeunerdreieck).<br />
Die Teiche werden von einigen Wasservögeln<br />
besiedelt und von anderen beim Durchzug oder<br />
als Winterquartier genutzt. Als Brutvögel sind<br />
auf einzelnen Teichen Höckerschwan, Stockente,<br />
Blessralle und Zwergtaucher anzutreffen. Besondere<br />
Aufmerksamkeit muss einer Brutkolonie<br />
von Graureihern gewidmet werden, die sich in<br />
der Nähe des Marderteiches befi ndet. Diese Kolonie<br />
ist die einzige Graureiherkolonie im Kreis<br />
Gotha und eine von 22 Kolonien in Thüringen.<br />
Sie existiert seit 1990 und weist in den einzelnen<br />
Jahren eine Besiedlung von 14 bis 25 Horsten<br />
auf. Die meisten Graureiher verlassen nach dem
7<br />
Mikrokosmos<br />
im Marderteich<br />
Alle mikroskopischen<br />
Aufnahmen und<br />
erläuternde Texte:<br />
Thomas Andrusch,<br />
Engelsbach<br />
Blaualge Anabaena<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Blaualge Microcystis Rädertierchen Keratella<br />
23<br />
Hüpferling Cyclops
Flüggewerden der Jungtiere die Gegend um Reinhardsbrunn,<br />
so dass ein Bestand von etwa 5 bis 10<br />
Graureihern an den Reinhardsbrunner Teichen außerhalb<br />
der Brutzeit nur selten überschritten wird.<br />
Stockenten und Blessrallen sind auf den Teichen<br />
am häufi gsten zu beobachten. Nur als Durchzügler<br />
sind im Frühjahr Reiherenten, Tafelenten und<br />
Schnatterenten (in abnehmender Reihenfolge)<br />
vorwiegend auf dem Marderteich anzutreffen.<br />
Wiederholt besuchen einzelne Kormorane das<br />
Teichgebiet, insbesondere den Schlossteich. Eisvögel<br />
sind ebenfalls zu beobachten.<br />
In Abhängigkeit davon, wie die Teiche im Winter<br />
mit Eis bedeckt sind, haben sie Bedeutung für die<br />
Überwinterung von Enten. Insbesondere Stockenten<br />
sind bei freien oder teilweise freien Wasserfl ächen<br />
den ganzen Winter über in größeren Mengen<br />
als im Sommer anwesend.<br />
Seltene Besucher an den Teichen sind Fischadler,<br />
Flussregenpfeifer, Schwarzstorch, Teichralle und<br />
Sumpfrohrsänger.<br />
8<br />
Kreisverband Gotha e.V.<br />
gotha-nabu-thueringen.de<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
24<br />
Die Reinhardsbrunner Teiche spielen als Lebensraum<br />
für Wasservögel, aber auch für weitere Tiere<br />
(Fische, Frösche, Wasserinsekten) eine wichtige<br />
Rolle. Der Erhalt dieses Lebensraumes ist wichtig.<br />
Es ist wünschenswert, die nachteiligen Umgebungseinfl<br />
üsse zu reduzieren. (Fortsetzung folgt)<br />
Redaktion /Autoren: Ronald Bellstedt, Gotha und<br />
Dr. Klaus Gunkel, Friedrichroda<br />
Fotoautoren:<br />
(1) – Geburtshelferkröte – (2) – Schneefl iege<br />
(4) – Bergsee im Winter – Ronald Bellstedt , Gotha<br />
(3) – Schneefl oh – Steffen Mess, Waltershausen<br />
(5) – Stockenten – (6) – Graureiherkolonie<br />
(7) – Marderteich Reinhardsbrunn<br />
(8) – Reinhardsbrunner Teiche Friedrichroda –<br />
Dr. Klaus Gunkel, Friedrichroda<br />
Teiche zwischen Ohra und Hörsel<br />
Quelle: Kalender „Teiche 2010“<br />
Gemeinschaftsprojekt der IWU & NABU:<br />
Institut für Wasser- und<br />
Umweltanalytik GmbH<br />
www.iwu-luisenthal.de<br />
Fortsetzung im<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 84
5 Jahre Heimatmuseum Tabarz<br />
„Jede gute Tat, die darin besteht, Zeit und<br />
Geld zu opfern, sich für andere einzusetzen,<br />
bringt immer auch Gewinn.“<br />
Ich denke, es war eine gute Idee, der auch die<br />
Tat folgte, als 1999 im engen Kreis des Tabarzer<br />
Kneipp-Vereins der Gedanke geboren wurde,<br />
ein Heimatmuseum zu schaffen. Die 130jährige<br />
Geschichte von Kur und Fremdenverkehr in Tabarz<br />
war derzeitiger Auslöser. Eingebracht von<br />
Margarethe Franke und Christa vom Schemm-<br />
Müller, unterstützt von Edith Wiesenthal, Helga<br />
Fuhrmann, Sabine Schiering, Klaus Kiel, Hans-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Abb.1: Die „Verrückte Schule“ im OT Cabarz mit dem<br />
Heimatmuseum im Obergeschoß<br />
Abb.2: Gästezimmer um 1900<br />
26<br />
Georg Kellner und Dr. Sigurd Scholze, war bald<br />
eine Ausstellung im Mehrzweckgebäude der Arenarisquelle<br />
konzipiert und im Jahr 2000 eröffnet<br />
worden. Im nächsten Jahr erfolgte eine Sonderausstellung<br />
„Tabarzer Gastlichkeit“ mit Begleitheft<br />
und Bezug auf historische und gegenwärtige<br />
Gasthäuser und Hotels, zusammengestellt von<br />
Christa vom Schemm-Müller, die sich als stetige<br />
Verfasserin zahlreicher weiterer historischer<br />
Schriften und treibende Kraft erwies.<br />
Nachdem sich nun bereits ein, wenn auch überschaubarer<br />
Fundus an Ausstellungs- und Schriftstücken<br />
ergeben hatte, drängte der Wunsch nach<br />
dauerhafter musealer Ausstellungsform. Verschiedene<br />
Objekte wurden diskutiert,<br />
jedoch konzentrierte sich von<br />
Anfang an das Bemühen der<br />
Aktivgruppe um die Wiedergewinnung<br />
eines in Verfall befindlichen<br />
Gebäudes, der ehemals<br />
„verrückten Schule“, die 1899<br />
komplett um 4m nach hinten<br />
verschoben –„verrückt“ worden<br />
war, um die dringend notwendige<br />
Verbreiterung der heutigen<br />
Inselsbergstraße zu gewährleisten.<br />
Der Gedanke bzw. die<br />
Idee Heimatmuseum „Verrückte<br />
Schule“ im OT Cabarz war ge-<br />
boren!<br />
Der Weg zur Verwirklichung<br />
war weit und beschwerlich,<br />
wurde aber durch eine ABM für<br />
Jugendliche im Bauhandwerk<br />
geöffnet, so dass 2001 mit der<br />
Sanierung des maroden Gebäudes<br />
begonnen werden konnte.<br />
Trotzdem hat die Gemeinde<br />
ebenfalls einen gehörigen Anteil<br />
tragen müssen, den sie auch<br />
dankenswerter Weise zur Verfügung<br />
gestellt hat, z.B. um Fenster,<br />
Heizung, Elektro und Sanitär<br />
zu finanzieren. Allerdings<br />
beschränkte die Kom mune die<br />
Verfügbarkeit der Räumlichkeiten<br />
für das Heimatmuseum<br />
auf das Obergeschoß, nachdem<br />
im Erdgeschoß die Kur- und
Gemeindebibliothek ihr neues Domizil fand.<br />
Am Tag der Kur und Tag des Offenen Denkmals,<br />
dem 11.09.2005 war es dann soweit, das Heimatmuseum<br />
„Verrückte Schule“ öffnet seine Pforte.<br />
Endlich hatte unsere Heimatgemeinde eine Einrichtung,<br />
die sich für Überlieferung, Erhaltung<br />
und Wiederaufbereitung historischer Gegebenheiten<br />
zuständig erklärte.<br />
Zwar kam es uns gelegen, bemerkenswerte historische<br />
Erinnerungsstücke vergangener Generationen<br />
auszustellen (Abb.2) und entsprechend<br />
zu würdigen, aber das eigentliche Ziel war die<br />
Darstellung geschichtlicher Zusammenhänge am<br />
Beispiel historischer Persönlichkeiten, derer unser<br />
Ort sich rühmen kann.<br />
Folgerichtig wurde im September 2006 eine neue<br />
Ausstellung eröffnet, die dem Widerstandskämpfer<br />
gegen den Nationalsozialismus Dr. Theodor<br />
Neubauer unter dem Titel „Stationen seines Lebens“<br />
gewidmet wurde. (Abb.3)<br />
Die letzten 6 Jahre seines Lebens verbrachte Neubauer<br />
als Tabarzer Einwohner, bevor er als Opfer<br />
des Naziregimes am 05.02.1945 im Zuchthaus<br />
Brandenburg hingerichtet wurde. Sein Gedächtnis<br />
ist als Mahnung und Erinnerung zu einer Dauerausstellung<br />
geworden.<br />
Am 09.09.2007 wurde zweier völlig unterschiedlicher<br />
Cabarzer gedacht. Zum Einen des Chorsängers<br />
F.W. Creutzburg (Abb.4), der 1859 das<br />
seltene Fest seiner 75jährigen Zugehörigkeit<br />
zum Cabarzer Kirchenchor als Choradjuvant begehen<br />
durfte und zum Anderen handelte es sich<br />
um den Kaufmann und späteren herzoglichen<br />
Commerzien rat C.F. Grübel (Abb.5), der sich<br />
durch eine großzügige Grundstücksschenkung<br />
für die Gemeinde Cabarz verdient gemacht hatte.<br />
Beide Namen „Creutzburg“ und „Grübel“ sind urtypisches<br />
Cabarzer Grundgestein.<br />
Der Prominente des Jahres 2008 war ein Wahl-<br />
Tabarzer von Weltgeltung am Ausgang des 19.<br />
Jahrhunderts: Max Alvary (Abb.6), WagnerTenor<br />
der Extraklasse. Opernhäuser wie Weimar, Hamburg,<br />
Mannheim, Metropolitan-Opera New York<br />
und das Festspielhaus in Bayreuth waren seine<br />
Stationen. Von 1893 bis zu seinem Tod 1898 war<br />
Tabarz sein Wohnsitz. Es mutet fast unglaublich<br />
an, dass mehr als 100 Jahre später sich ein Spross<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
27<br />
Abb.3: Exponate der Sonderausstellung 2006<br />
Dr. Theodor Neubauer<br />
Abb.4: Creutzburg – 2007<br />
Namen sind nicht Schall und Rauch<br />
Abb.5: Grübel – 2007<br />
Ein Cabarzer Urgestein<br />
dieses Alvary findet, der ebenfalls Wagnerinterpret<br />
ist, Renatus Meszar, und in einem begeisternden<br />
Konzert in der Inselsberg klinik die<br />
Erinnerung an seinen Urahn wach hält.<br />
Das Museumsfest am 13.09.2009 war im<br />
Jubiläums jahr 900 Jahre Tabarz und 125 Jahre<br />
Thüringer Bädergemeinschaft ein guter Anlass,
die Entwicklung von Kur und Tourismus in unserem<br />
Ort zu würdigen.<br />
Die Entwicklung des Tourismus in unserer Region<br />
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
gehört mit zu den gesellschaftlich, sozial und<br />
wirtschaftlich bemerkenswertesten Phänomenen<br />
dieser Epoche und hat bis in unsere Zeit Kultur<br />
und Zivilisation geprägt. Es begann die Erschließung<br />
einer reizvollen Mittelgebirgslandschaft, die<br />
Besinnung auf eine Medizinkultur mit natürlichen<br />
Heilmitteln und eine allgemeine architektonische<br />
Außenwerbung mit ortstypischer Entwicklung<br />
von Elementen des Jugendstils als sogenannte<br />
Bäder-Architektur.<br />
Diesen Anfängen und Andenken ist eine kleine<br />
Sonderausstellung gewidmet, die als Geschenk<br />
der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Ein Prunkstück<br />
hierbei ist das originale Fremdenbuch der<br />
Jahre 1889 - 1892. (Abb.7)<br />
Dieses Buch war<br />
....denjenigen verehrlichen Kurgästen, welche<br />
sich mindestens 6 Tage im hiesigen Ort aufhalten<br />
zur geneigten Eintragung ihrer Namen vorzulegen<br />
und zugleich einen Beitrag zur Fremden kasse...<br />
zu erheben...<br />
Das Fremden- Comité zu Groß-Tabarz<br />
Dass sich unter den aus dem Deutschen Reich<br />
und Europa „verehrlichen Kurgästen“ in den Jahren<br />
1889/90 u. 91 jeweils der Geheime Sanitätsrat<br />
Dr. Heinrich Hoffmann mit Familie aus Frankfurt/<br />
Main befand, ist zwar allseits bekannt – doch, dass<br />
wir auch die eigene handschriftliche Eintragung<br />
des Struwwelpeter-Autors (Abb.7) in einem über<br />
die Jahrhunderte erhalten gebliebenen originalen<br />
Fremdenbuch vorlegen konnten, erfüllte uns mit<br />
Freude. Nicht ohne Grund wählte Heinrich Hoffmann<br />
für sich und seine Familie den Kurort Tabarz<br />
mehrfach zum Quartier, denn er sagt selbst:<br />
„Alles war mir dort zusagend, der herrlichste,<br />
weithinreichende Tannenwald, bequeme, vielseitige<br />
Wege, überall die angenehmen Bänke...“<br />
Ein weiteres exklusives Angebot hielten wir<br />
2009 bereit: Die Eröffnung der Tabarzer Kneipp-<br />
Kurmeile. Es handelte sich um Skizzierung und<br />
Ausweisung eines ca. 6 km langen Rundweges<br />
bestehend aus 12 Haltepunkten mit Infos zu Geschichte<br />
und Kurortentwicklung.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
28<br />
Abb.6: Max Alvary – 2008 – Ein weltberühmter<br />
Tenor in seiner „Siegfried“ – Rolle<br />
Ausgangspunkt ist der ehemals dörfliche Mittelpunkt,<br />
die sogenannte Tannfurt, ein historischer<br />
Laucha-Übergang an der Tabarzer Kirche, weiter<br />
zum Standort des TABBS, Spindlerplatz mit<br />
Würdigung der eigenständigen Bäderarchitektur,<br />
Gedenken der Förderfamilie Spindler, des<br />
Struwwelpeter Dichters Heinrich Hoffmann, zum<br />
KneippZentrum Arenarisquelle, Datenbergpromenade<br />
- Alvary’s Garten - Kneipp-Anlage Inselsberg-Quelle<br />
- Winkelhof - von der Cabarzer<br />
Kirche zur Tabarzer Kirche. - Selbstredend, dass<br />
zum Jubiläumsjahr unsere Christa vom Schemm-<br />
Müller die Erarbeitung der Festschrift übernahm,<br />
die in Umfang, Authentizität und Quellenfor-<br />
Abb.7: späte kollegiale Begegnung - 2009<br />
Der Tabarzer Badearzt Dr. med. Sigurd Scholze<br />
trifft auf seinen berühmten Kollegen Geh.-San.-<br />
Rat Dr. med. Heinrich Hoffmann (1891)
Abb.8: Der Struwwelpeter-Autor Heinrich<br />
Hoffmann lebt auch heute noch in Tabarz -<br />
„Hans guck in die Luft“ im Märchenpark<br />
schung ihres Gleichen suchen konnte und reich<br />
bebildert ihre Abnehmer fand. Ebenso konnte Dr.<br />
Sigurd Scholze mit seiner Abhandlung „Von der<br />
Sommerfrische zum Kneipp-Kurort“ den gesamten<br />
Zeitraum der Kurortentwicklung darstellen.<br />
Im Schnelldurchgang haben Sie uns, liebe<br />
Freunde in diesem Bericht über Entstehung und<br />
Ausstrahlung unseres Heimatmuseums begleitet,<br />
wobei Sie sicherlich entnehmen konnten, dass es<br />
eines stetigen Engagements einer kleinen Gruppe<br />
bedurfte, um das 1999 gesetzte Ziel immer im<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
29<br />
Auge zu behalten. Letztlich war es Frau Christa<br />
vom Schemm-Müller und Frau Edith Wiesenthal<br />
zu verdanken, dass nicht nur am Wochenende,<br />
sondern zu jedem von Besuchern gewünschten<br />
Termin das Heimatmuseum geöffnet war, die Besucher<br />
freundlich und sachkundig geführt wurden<br />
und historisch weiterführende Auskünfte gegeben<br />
werden konnten.<br />
Ein Rückblick über 5 Jahre lässt deutlich ein<br />
Abheben vom Niveau üblicher Heimatmuseen<br />
erkennen, was sich aufgrund der historischen Entwicklung<br />
eines Kurortes auch ergeben muss. Die<br />
Zustimmung von Gästen und Einwohnern bestätigt<br />
uns auf diesem Weg, der sich aber zunehmend<br />
schwieriger erweist, da es umfangreicher Recherchen<br />
und intensiven Quellenstudiums bedarf, um<br />
Hintergrundwissen aufzudecken.<br />
Mit dem Hinweis auf das eingangs geäußerte<br />
Zitat, möchte ich den eingebrachten Gewinn als<br />
dankbar real und gleichzeitig virtuell bezeichnen,<br />
aber auch als Ansporn für unsere kleine Gruppe<br />
ansehen, in diesem Sinn weiter zu wirken.<br />
Dr. med. Sigurd Scholze<br />
Fotonachweis:<br />
Abb. 1-6 + 8, Peter Ditter aus Tabarz<br />
Abb. 7, Wieland Fischer, TLZ<br />
Literaturhinweis:<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 74 / 2008 , Seite 50-53<br />
Eine „verrückte Sache“ die alte Schule von Cabarz<br />
Heimatmuseum Tabarz<br />
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Frohe Frohe Frohe Frohe Festtage Festtage Festtage Festtage
Bilder halten Erinnerung wach...<br />
Karl Brenk (1897-1976) – geschätzter<br />
Lehrer und Heimatmaler in Eisenach<br />
Den nachfolgenden Beitrag einschließlich der abgebildeten<br />
Gemälde verdanken wir unserer treuen<br />
Abonnentin Edeltraud Brenk, die heute in Suhl<br />
lebt. Nachdem ihr Mann Klaus Brenk, einer der<br />
beiden Söhne von Karl Brenk, leider schon vor<br />
einigen Jahren verstorben ist,<br />
hat sie den „Schatz“ der Familie<br />
übernommen. Doch nun ist<br />
auch sie in das Alter gekommen,<br />
wo man sich von Dingen trennen<br />
muss oder sie gerne denen<br />
überlässt, die sie für die Nachwelt<br />
bewahren. Die heute über<br />
80jährige noch sehr agile Dame<br />
könnte stundenlang erzählen,<br />
was sie mit ihrem lieben Mann<br />
und dessen Familie erlebt hat.<br />
Ihr Schwiegervater war ein geachteter<br />
Pädagoge, zudem ein<br />
Natur- und Heimatfreund, hat<br />
sehr viele Fotos und Dias gemacht,<br />
gerne gezeichnet und so<br />
manchen Blick auf die Heimat<br />
mit Pinsel und Farbe festgehalten.<br />
Einigen Eisenachern dürfte<br />
der geschätzte Lehrer Karl<br />
Brenk noch bekannt sein.<br />
Er wurde am 12. August 1897 als ältester Sohn<br />
des Landwirts und Gasthofbesitzers Balthasar<br />
Brenk und seiner Ehefrau Georgine in Spichra an<br />
der Werra bei Eisenach geboren. Nach dem Ersten<br />
Weltkrieg trat er in Eisenach ins Lehrerseminar<br />
ein und absolvierte mit Erfolg seine Ausbildung<br />
zum Volksschullehrer. Er unterrichtete in Ruhla<br />
Mathematik, Deutsch, Musik und Zeichnen.<br />
Seine Ehefrau Martha, aus Gotha stammend, war<br />
ebenfalls Lehrerin. Jochen und Klaus, ihre beiden<br />
Söhne, kamen 1923 bzw. 1925 in Ruhla zur Welt.<br />
Die Familie erkundete die Gegend rings um Ruhla<br />
und unternahm u.a. gerne Skitouren zur Ruhlaer<br />
Skihütte. Die herrliche Landschaft bot sich nicht<br />
nur zum Wandern, sondern auch zum Skilaufen<br />
an. Auch am Rennsteig war man oft unterwegs.<br />
Einige Zeichnungen, Aquarelle und Ölgemälde,<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Martha und Karl Brenk, um 1970<br />
32<br />
die Ruhla und Umgebung zeigen, hat Frau<br />
Edeltraud Brenk dem Ruhlaer Heimatmuseum<br />
übergeben.<br />
1934 zog die Familie nach Eisenach und fand ihr<br />
Zuhause in der Oppenheimstraße in der Weststadt,<br />
früher Kupferhagener Straße. Die Söhne besuchten<br />
das Eisenacher Gymnasium. Karl Brenk<br />
unterrichtete an der Wilhelm-Ernst-Schule in der<br />
Oststadt. Später hielt er an der<br />
Erich-Mäder-Schule sowie an<br />
der Liselotte-Herrmann-Schule<br />
bzw. später in der Berufsschule<br />
in der Schmelzerstraße Unterricht.<br />
Durch seine Liebe zum<br />
Zeichnen bzw. Malen war Karl<br />
Brenk Mitglied im Verband<br />
Bildender Künstler in Deutschland.<br />
In den Schulferien und an Sonntagen<br />
unternahm die Familie gemeinsame<br />
Wanderungen im Eisenacher<br />
Land, in der Rhön, im<br />
Thüringer Wald und reiste an die<br />
See. Wenigstens einmal im Jahr<br />
wurde auch eine Wanderung<br />
zum <strong>Hörselberg</strong> unternommen.<br />
Vor allem wurden die Urlaube<br />
auf Borkum und Norderney zu<br />
nachhaltigen Erlebnissen. Karl<br />
Brenk zog sich oft mit seiner<br />
Staffelei, Malzeug und Klappstühlchen<br />
an einen ungestörten Platz zurück. Er<br />
hielt die Urlaubseindrücke und Landschaften mit<br />
Stift, Pinsel und Farben fest.<br />
Karl Brenk verfasste aber auch im Laufe seines<br />
Lebens eine Vielzahl von Versen und Reimen,<br />
zum Beispiel brachte er 1973 „Erinnerungen an<br />
mein Vaterhaus in Spichra“ zu Papier. Eines der<br />
Gedichte war z.B. dem Konzert blinder Künstler<br />
gewidmet. Es entstand am 1. November 1974 und<br />
wurde im „Hotel der Wartburgstadt“ Eisenach<br />
von Karl Brenk vorgetragen.<br />
Liebe Leser, wenn sie noch weitere Informationen<br />
zum künstlerischen Schaffen oder zur Lehrertätigkeit<br />
von Karl Brenk haben, wären wir für<br />
einen Leserbrief dankbar. chr
Mühle in Spichra 1925<br />
(Elternhof von Karl Brenk)<br />
Diese Mühle wurde 1926 abgerissen, weil<br />
ein Wasserkraftwerk gebaut wurde.<br />
Georgine Brenk, seine Mutter, beim Heumachen<br />
im Werratal, um 1930<br />
Ruhla – Eingang zur Bergstadt mit Blick auf die Fabrikgebäude<br />
der ehemaligen Firma Thiel, um 1930<br />
33<br />
Blick von Eisenach her<br />
über die Hörsel nach Stedtfeld 1935<br />
Kirche und Hirtenhaus<br />
in Herleshausen 1935
„Thüringer Pforte“ bei Hörschel an der Werra mit Blick auf die<br />
Brandenburg 1937<br />
Stedtfeld bei Eisenach vom Weinberg aus gesehen<br />
Pastellgemälde 1946<br />
+++<br />
Ein Großteil der Werke von Karl Brenk ist über Familie<br />
und Freunde des Künstlers deutschlandweit verstreut.<br />
Diese Leihgaben von Frau Edeltraut Brenk aus Suhl<br />
veröffentlichen wir hier zum Gedenken an ihren Schwiegervater.<br />
34<br />
Brandenburg im<br />
Pastellgemälde aus d<br />
Weg von der „Hohe Geba“
Werratal<br />
en 20er Jahren<br />
bei Meiningen 1937<br />
Blick von der Knaudtstraße auf Ruhla, mit „Weimarischer Kirche<br />
Trinitatiskirche 1927<br />
Ruhla – Trinitatiskirche<br />
um 1930<br />
35<br />
Ruhla – Treppenaufgang zur<br />
„Gottesgabe“ hinauf zur<br />
Knaudtstraße<br />
Anfang der 20er Jahre
Unser Ausstellungsraum ist geöffnet:<br />
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„Hoch auf dem gelben Wagen“ schrieb<br />
ein „fahrender Gesell“<br />
Dr. Andreas Seifert<br />
„Hoch auf dem gelben Wagen ...“<br />
– wer hat diese Weise nicht schon<br />
einmal gehört oder selbst gesungen?<br />
Viele halten sie für ein altes<br />
Volkslied, einige wenige schreiben<br />
sie gar dem einstigen Bundespräsidenten<br />
Walter Scheel zu. Dieser<br />
hatte als Interpret des Liedes von<br />
der Postkutsche 1973 die deutschen<br />
Hitparaden gestürmt und<br />
wurde inzwischen mit der Platin-<br />
Schallplatte für über eine Million<br />
Veröffentlichungen des Titels geehrt.<br />
Kaum jemand weiß, dass die<br />
Musik erst 1922 von dem Berliner<br />
Apotheker Heinz Höhne komponiert wurde.<br />
Etwas älter ist indes der Liedtext. Dieser entstand<br />
am 15. Juli 1879 in Triest, sein Verfasser heißt<br />
Rudolf Baumbach.<br />
Der Dichter Rudolf Baumbach ist dem heutigen<br />
Leser kaum noch ein Begriff. In der Zeit zwischen<br />
Reichsgründung und Erstem Weltkrieg, der so genannten<br />
„Wilhelminischen Ära“, aber gehörten<br />
Baumbachs Gedicht- und Prosabändchen ebenso<br />
wie seine Versepen zur Lieblingslektüre breiter<br />
Bevölkerungsschichten. Viele seiner Werke<br />
wurden in fremde Sprachen übersetzt, und die<br />
Melodiösität der Baumbachschen Dichtungen<br />
regte zahlreiche Komponisten zu Vertonungen<br />
an. Zu ihnen zählen Größen wie Max Reger oder<br />
Ferruccio Busoni ebenso wie Schöpfer volksliedhafter<br />
Weisen. In Anlehnung an die Gestalten<br />
und Buchtitel seiner Vagantenpoesie aber erhielt<br />
Baumbach von Zeitgenossen Beinnamen wie<br />
„Rudolf Spielmann“ oder „Fahrender Gesell“.<br />
Rudolf Baumbach wurde am 28. September 1840<br />
in Kranichfeld bei Weimar geboren. Zwei Jahre<br />
später folgte sein Vater einem Ruf als Leibarzt<br />
des Meininger Herzogs und die Familie zog in<br />
das kleine Residenzstädtchen an der Werra. Hier<br />
besuchte Baumbach das Gymnasium und bestand<br />
das Abiturexamen. In jenen Schülerjahren galt<br />
sein Interesse mehr der Natur als der Literatur.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Rudolf Baumbach um 1880.<br />
Foto: Manfred Koch nach<br />
einem Keramikbild<br />
von R.Wagner<br />
37<br />
Folgerichtig schrieb er sich 1860 als „studiosus<br />
rerum naturalium“ an der Universität Leipzig ein.<br />
In der Messestadt ging allerdings<br />
das Probieren häufi g übers Studieren,<br />
so dass Baumbach 1863 nach<br />
Würzburg überwechselte. 1864<br />
promovierte er in Heidelberg.<br />
Noch im selben Jahr wurde Rudolf<br />
Baumbach Assistent am Botanischen<br />
Institut in Freiburg/Breisgau.<br />
Der junge Akademiker hatte<br />
klar umrissene Zukunftspläne: Er<br />
wollte Hochschullehrer werden.<br />
Doch schon Monate später bekam<br />
Baumbachs Biografi e einen Knick:<br />
Geldsorgen veranlassten ihn, Freiburg<br />
zu verlassen. Aus dem jungen<br />
„Dr. phil.“ wurde der „fahrende<br />
Geselle“, der Privatgelehrte ohne<br />
feste Anstellung. Es folgten fünf<br />
unstete Jahre mit den Stationen Wien, Brünn, Graz<br />
und Görz. Wenn Baumbach später behauptete:<br />
Bin ein fahrender Gesell, Kenne keine Sorgen<br />
..., so ist das mehr Dichtung als Wahrheit.<br />
Das Jahr 1870 markierte erneut einen Wandel in<br />
Baumbachs Lebenslauf. In der österreichischen<br />
Freihafenstadt Triest bekam der Mittellose endlich<br />
eine feste Anstellung als Hauslehrer. An der<br />
blauen Adria und auf dem Umweg des Alpinismus<br />
geschah es auch, dass sein gefälliges literarisches<br />
Talent entdeckt wurde. In Triest hatte<br />
ein Kreis naturinteressierter Bürger eine Sektion<br />
Küstenland des damaligen Deutschen und österreichischen<br />
Alpenvereins ins Leben gerufen. Der<br />
Alpinismus steckte damals noch in den Kinderschuhen:<br />
markierte Wege, gesicherte Steige oder<br />
gut geführte Unterkunftshäuser gehörten eher zu<br />
den Ausnahmen. Die junge Triester Sektion hatte<br />
das Ziel, eine Schutzhütte auf dem Krainer<br />
Schneeberg zu errichten. Um das dafür nötige<br />
Geld zu erlangen, gab man die handgeschriebene<br />
und illustrierte Kneipzeitung Enzian heraus.<br />
Dieses Blatt konnte gegen eine Hüttenspende<br />
eingesehen werden. Baumbach wurde Redakteur<br />
und sein zeichnerisches wie poetisches Können<br />
war hiermit gefordert. Auf die Enzian-Gedichte<br />
Baumbachs stieß der Leipziger Verleger Liebeskind<br />
– und der dichtende Hauslehrer bekam seinen<br />
ersten Verlagsvertrag. 1877 gelang Baumbach
mit dem Alpenepos Zlatorog der internationale<br />
Durchbruch als Schriftsteller. Das Werk wurde<br />
in mehrere Sprachen übersetzt und mehrfach<br />
als Kantate und Oper vertont. Dem Erfolgsepos<br />
folgten Gedicht- und Prosabändchen wie Lieder<br />
eines fahrenden Gesellen (1878), Spielmannslieder<br />
(1881), Von der Landstraße (1882) oder<br />
Sommermärchen (1881). Baumbach hängte sein<br />
Hauslehrerdasein an den Nagel und lebte fortan<br />
als freischaffender Autor.<br />
1885 kehrte der „fahrende Geselle“ in sein Elternhaus<br />
nach Meiningen und seinen geliebten<br />
Thüringer Wald zurück. 1888 ernannte ihn der<br />
Meininger „Theaterherzog“ Georg II. zum Hofrat.<br />
Im Jahr darauf wurde Baumbach Hauspoet<br />
der Ilmenauer Gabelbach-Gemeinde. Mehrmals<br />
suchte er deren Domizil unterhalb des Kickelhahn<br />
auf. Sein literarisches Schaffen fand in Meiningen<br />
eine Fortsetzung mit neuen Gedichtsammlungen,<br />
Prosabändchen und Versepen. Für die Einwohner<br />
der kleinen Residenzstadt war er vor allem als<br />
„Hütes- oder Kloßdichter“ eine lokale Attraktion.<br />
Rudolf Baumbach an seine Nichte in Danzig.<br />
Postkarte vom 8.4.1894<br />
Ueber allen Wipfeln ist Ruh‘,<br />
In allen Gipfeln spürest Du<br />
Kaum einen Hauch.<br />
Dies schreibt Dein Oheim im Walde.<br />
Hoffentlich balde<br />
Schreibst Du auch.<br />
Goethe u. R. Bch.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
38<br />
In nostalgischer Stimmung hatte Baumbach noch<br />
in Triest ein längeres Gedicht mit dem Titel Lied<br />
vom Hütes verfasst. Dieses behandelt in humoristischer<br />
Weise Herkunft und Namensgebung für<br />
das hiesige Leibgericht: den „rohen“ Kartoffelkloß.<br />
Heute verwendet es die Meininger Gastronomie<br />
zu Werbezwecken.<br />
Ein Schlaganfall mit Lähmungsfolgen machte<br />
dem literarischen Schaffen Rudolf Baumbachs<br />
1895 ein Ende. Es folgte zehnjähriges Siechtum,<br />
der einst wanderlustige Naturfreund konnte sein<br />
Haus nur noch im Rollstuhl verlassen. Rudolf<br />
Baumbach starb am 21. September 1905.<br />
Rudolf Baumbach an Mutter und Schwestern<br />
in Meiningen. Postkarte vom 22.8.1885<br />
Ich höre Harfenklingen,<br />
Die Geister werden wach:<br />
Heinrich von Ofterdingen,<br />
Wolfram von Eschenbach.<br />
Ein Zug in reichem Staate<br />
Durch’s Thor der Wartburg geht,<br />
Und aus der Kemenate<br />
Tritt Frau Elisabeth.<br />
Es schallt vom <strong>Hörselberg</strong>e<br />
Der wilden Jagd Geschrei.<br />
Im Felsen hämmern die Zwerge - - -<br />
Ich wollt’ Ihr wäret dabei.<br />
R. Bch.<br />
Repro: Meininger Museum
Rudolf Baumbachs langjähriges Wohnhaus<br />
in der Meininger Burggasse 22<br />
beherbergt heute ein Literaturmuseum.<br />
Eine ständige Ausstellung zur regionalen<br />
Literaturgeschichte macht neben dem einstigen<br />
Hausherrn auch mit Schriftstellern<br />
wie Friedrich Schiller, Jean Paul, Ludwig<br />
Bechstein oder dem in Schönau a.d. Hörsel<br />
geborenen Friedrich Mosengeil bekannt.<br />
Die wertvolle Nachlassbibliothek Rudolf<br />
Baumbachs – sie umfasst über 2000 Bände,<br />
darunter bibliophile Kostbarkeiten aus<br />
dem 16. und 17. Jahrhundert – ist in die<br />
Ausstellung integriert. Auch ein Großteil<br />
des von Rudolf Baumbach hinterlassenen<br />
Schriftgutes (Briefwechsel, Autografen,<br />
Notenhefte) wird hier aufbewahrt. Außer<br />
Bibliothek und einstiger Wohnstube des<br />
Dichters, die mit Originalgegenständen<br />
aufwarten, entführt das Bechstein-Stilzimmer<br />
ins 19. Jahrhundert. Auch die historischen<br />
Stadtansichten im Flurbereich<br />
lassen den Besucher in die Historie einer<br />
kleinen Residenzstadt eintauchen. Ein Vortragsraum<br />
im Erdgeschoss steht für literarisch-musikalische<br />
Kleinveranstaltungen<br />
und Kabinettausstellungen zur Verfügung.<br />
Das Baumbachhaus, ein schlichter fränkischer<br />
Fachwerkbau, befindet sich nahe<br />
des Schlosses. Ein verbliebener Rest der<br />
alten Stadtmauer dient dem hinteren Teil<br />
des Gebäudes als tragende Wand.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Baumbachhaus - Öffnungszeiten:<br />
Di bis Fr 1012 und 1318 Uhr • Sa/So 1416 Uhr<br />
Über Führungen, Vorträge und Veranstaltungen informieren<br />
die Homepages der Meininger Museen und der<br />
Stadt Meiningen:<br />
www.meiningermuseen.de • www.meiningen.de<br />
Sonderausstellungen im 1. Halbjahr 2011:<br />
• 06.10.2010 - 27.03.2011 - Meiningens Stiefkinder.<br />
Die Geschichte der Juden in Meiningen.<br />
• 15.05.2011 - 20.05.2012 Sagenhaft. Grafiken von<br />
Wolfgang Nickel nach Ludwig Bechsteins „Thüringer<br />
Sagenbuch“. - Vernissage: 15. Mai 2011, 11 Uhr mit<br />
Buchpräsentation: Ludwig Bechstein. Ein Lesebuch.<br />
• Für Wander und Sagenfreunde: 14. LeseWanderTag<br />
am 7. Mai 2011. – Die Sagentour. Mit Buchpremiere<br />
Ludwig Bechstein. Ein Lesebuch. auf Schloss Landsberg.<br />
Treff: 10 Uhr im Schlosshof<br />
• Nähere Infos gibt Wanderleiter Andreas Seifert<br />
Tel. 03693 502848 • a.seifert@meiningermuseen.de<br />
39<br />
Blick in die Baumbach-Bibliothek<br />
Foto: Manfred Koch/Meininger Museen<br />
+++<br />
Das Baumbachhaus in Meiningen.<br />
Foto: Axel Wirth/Meininger Museen<br />
+++<br />
+++<br />
+++
BORSIG<br />
Bergbau in Ruhla<br />
Hans Werner Radatz<br />
In der Sommerausgabe 2008 im Heft Nr.73 des<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n wurde dargestellt, wie die bergbaulichen<br />
Verhältnisse am Breitenberg bei Ruhla<br />
und Thal zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewesen<br />
sind. Durch weitere Recherchen in den Archiven<br />
konnte nachgewiesen werden, dass auch bereits<br />
in den Jahren 1872 -78 die beschriebene Methode<br />
der Mutungen – also Verleihen von Grund und<br />
Boden durch den Staat an Privatpersonen – in<br />
großem Stil vorgenommen wurde.<br />
Es waren Mutungen eines Herrn Otto Köllner für<br />
August Paul Ernst Borsig in Berlin.<br />
Daher ist der Verfasser der Frage nachgegangen:<br />
Was wollte Borsig in Ruhla?<br />
In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts herrschte<br />
mal wieder eine Wirtschaftskrise. Die Borsigwerke,<br />
u.a. Hersteller von Lokomotiven, benötigten<br />
ständig mehr Rohmaterialien, um die Herstellung<br />
ihrer Waren zu gewährleisten.<br />
Otto Köllner, der für den Geheimen Kammergerichtsrat<br />
Borsig die Mutungen am Breitenberg,<br />
am Mühlrain und am Krötenkopf beantragte, wird<br />
in manchen Akten als O. Köllner aus Ruhla, in<br />
anderen als Hotelbesitzer aus Gotha bezeichnet.<br />
Wie ein Kontakt zwischen Köllner und Borsig<br />
zustande gekommen ist, konnte nicht in Erfahrung<br />
gebracht werden. Jedenfalls wurden die<br />
Mutungen durch das Eisenacher Bergamt genehmigt.<br />
Das Berggesetz von 1857 schrieb vor, dass<br />
nach erfolgter Mutung mindestens zwei Personen<br />
im Bergwerk arbeiten müssen. Wurde in einem<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
40<br />
Bergwerk 6 Monate nicht gearbeitet, so fi el es ins<br />
„Freie“, d.h. es ging wieder an den Staat zurück.<br />
Da nach den eingesehenen Akten am Breitenberg<br />
niemals in dieser Zeit gearbeitet wurde, sind die<br />
am Breitenberg installierten Gewerkschaften nur<br />
zu dem Zweck einer Verwendung in Preußen gegründet<br />
worden.<br />
An zwei Stellen wurde jedoch nicht nur gemutet<br />
sondern auch gearbeitet.<br />
Am Mühlrain – von Ruhla gegenüber den Skischanzen<br />
auf der linken Seite – war die Grube<br />
„Erzengel Gabriel“.<br />
Am Krötenkopf zwischen Ruhla und Etterwinden<br />
war die Grube „Glückssonne“.<br />
Ernst Borsig ließ diese beiden Gruben schon nach<br />
kurzer Zeit auf zwei seiner Söhne übertragen. Da<br />
der jüngste Sohn noch nicht volljährig war, wurden<br />
der Generaldirektor der Borsigwerke Adolf<br />
Märklin als Bevollmächtigter und Daniel Hatzmann<br />
aus Könitz - bei Kamsdorf - als Bergverwalter<br />
eingesetzt.<br />
Ein Generaldirektor, der mindestens 6000 Personen<br />
unter sich hatte, für 2 Bergwerke mit insgesamt<br />
5 Personen. Was also konnte Ernst<br />
Borsig bewogen haben, solch einen Aufwand<br />
zu betreiben? Ausgangspunkt war sicherlich<br />
zunächst die Möglichkeit, sich im Gothaischen<br />
Gewerkschaften zu beschaffen, um mit diesen<br />
„Mänteln“ in Preußen zu wirtschaften. Die Firma<br />
Borsig konnte mit diesen auf ihren Namen eingetragenen<br />
Gewerkschaften in Preußen z. B. Land<br />
kaufen oder neue Firmen gründen, die mit Bergbau<br />
überhaupt nichts zu tun hatten. Es ist nicht<br />
anzunehmen, dass die Gewerkschaften gegründet<br />
wurden, um hier in Ruhla Material für seine<br />
Produktion zu bekommen. Dann fängt man nicht<br />
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mit so wenig Personal an. Ein anderer Punkt war<br />
vielleicht das Konkurenzdenken. Zur gleichen<br />
Zeit baute die Firma Krupp Essen am Wasserberg<br />
auch Eisen- und Braunstein ab. In der von Krupp<br />
betriebenen Grube „Eiserne Hand“ wurden laut<br />
einem vorliegenden Verzeichnis am 09.06. 1874<br />
25 Personen beschäftigt. Von diesen 25 Personen<br />
waren 3 knapp 40 Jahre alt, der Rest Mitte 20 oder<br />
jünger.<br />
Wie ist nun Borsig oder Köllner auf den Mühlrain<br />
und Krötenkopf gestoßen? Für den Mühlrain<br />
könnte ein Schriftstück aus dem Archiv Ruhla<br />
die Antwort liefern. Aus diesem geht hervor, dass<br />
einige Einwohner aus Etterwinden ein Bergwerk<br />
– gebaut wird auf Braun- und Sandstein – am<br />
Mühlrain an den Kaufmann Pribster aus Ilmenau<br />
verkauft haben. Im Jahr 1872 sind „aus dem<br />
betreffenden Bergwerk 217 Zentner entnommen<br />
und verwogen worden“. Leider geht aus der Akte<br />
nicht hervor, wie viel Zentner Braun- und wie viel<br />
Sandstein es waren. Jedenfalls war es für Herrn<br />
Pribster nicht mehr lohnend und er ließ die Grube<br />
„ins Freie fallen“. Somit war die Grube am Mühlrain<br />
frei und konnte ohne Schwierigkeiten von<br />
Herrn Köllner gemutet werden.<br />
1874 wurden beide Gruben auf Ernst Borsig eingetragen,<br />
aber erst 1876 begann man mit dem Abbau.<br />
2 Personen begannen die Arbeit am Mühlrain,<br />
der soganannten Grube „Erzengel Gabriel“<br />
und 3 Personen am Krötenkopf in der „Glückssonne“.<br />
Während über die Arbeiten in der Grube<br />
„Glückssonne“ wenige Angaben zu finden waren,<br />
sind die Tätigkeiten in der Grube „Erzengel Gabriel“<br />
recht gut nachzuvollziehen.<br />
Wie beschrieben wurden hier am Mühlrain 2<br />
Personen eingesetzt. Um von vornherein mit<br />
dem Staat keine Schwierigkeiten in finanzieller<br />
Hinsicht zu erhalten, hinterlegte Ernst Borsig für<br />
beide Gruben jeweils ein Sparbuch, von dem jedes<br />
Jahr die anfallenden Steuern zu zahlen waren.<br />
Beide Sparbücher wurden in Weimar hinterlegt.<br />
Für die Grube „Glückssonne“ waren 600 Mark,<br />
für „Erzengel Gabriel“ 300 Mark eingezahlt worden.<br />
Die späteren Besitzer der Gruben, also die<br />
Söhne, gingen mit diesen Einlagen recht sparsam<br />
um. Als Beispiel: Im Jahr 1889 fordert das Departement<br />
der Finanzen für die Grube „Erzengel<br />
Gabriel“ 113,40 Mark und für die Grube „Glückssonne“<br />
422,40 Mark. Nach massivem Einspruch<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
41<br />
der Söhne werden für „Gabriel“ 11 Mark und für<br />
„Glückssonne“ 42 Mark gezahlt. Dieses Herabstufen<br />
der Forderungen lässt sich Jahr für Jahr nachvollziehen.<br />
Es wird immer mit dem Hinweis auf<br />
Betriebsunterbrechungen begründet. Und diese<br />
Unterbrechungen gab es. „Erzengel Gabriel“<br />
wurde 1876 „in Betrieb gesetzt“ und 1898 „außer<br />
Betrieb gesetzt“. Von Amtsseite wurde vermerkt<br />
„viele Betriebsunterbrechungen“.<br />
Es wurde, wie schon beschrieben, Eisen- und<br />
Braunstein abgebaut. Eisenstein ist ein Überbegriff<br />
und meint Roteisenstein oder Roteisenerz.<br />
Darunter versteht man Blutstein, Hämatit, Roten<br />
Glaskopf. Verwenden kann man diese Minerale<br />
zur Eisengewinnung, als Schleif- und Poliermittel<br />
und als Anstrichfarbe.<br />
Braunstein wurde auch Weichmanganerz – Pyrolusit<br />
– Graubraunsteinerz – Glasmacherseife genannt.<br />
Es dient zur Bereitung von Sauerstoffgas,<br />
zur Gewinnung von Brom und Jod, zum Entfärben<br />
des Glases, für Glas- und Emaillemalerei, zur<br />
braunen Töpferglasur, Färberei und als Zusatz zu<br />
Zündholz- und Feuerwerkmassen.
Anmerkung: Diese Angaben wurden aus „Meyers<br />
Lexikon 1895“ entnommen. Heute werden diese<br />
Minerale sicherlich noch für andere Produkte,<br />
oder nicht mehr, verwandt.<br />
Über die Ausbeute der Gruben konnten keinerlei<br />
Angaben gefunden werden. Es liegt ein Schreiben<br />
vom 08.02.1896 gerichtet an das Bergamt Eisenach<br />
vor, aus dem man recht gut die Grubenverhältnisse<br />
erkennen kann.<br />
Am 27.04.1896 wird der Betrieb eröffnet. Im<br />
Juni arbeiten in der Grube „Erzengel Gabriel“ 3<br />
Personen. Man ist auf 6 Meter Tiefe. Im August<br />
sind 2 Personen bei 13,50 Meter Tiefe bei „durchschnittlicher<br />
Mächtigkeit von 0,80 Meter und hält<br />
gutes Eisenerz“. Im Mai 1897 sind 2 Mann auf<br />
22 Meter bei 30 cm Mächtigkeit. August 1897: 2<br />
Mann 30 Meter „mehr oder weniger Eisenstein,<br />
weshalb die Arbeiten fortgesetzt werden sollen.<br />
Im Grubenfeld wurde ein verbrochener Schacht<br />
angetroffen, dessen sofortige Verfüllung angeordnet<br />
wurde“. Diese Informationen teilt der Berginspektor<br />
Henninger aus Elgersburg dem Bergamt<br />
Eisenach mit. Im November teilt Herr Henninger<br />
dem Bergamt mit, dass zwei Arbeiter seit dem<br />
01.09.1897 die Arbeit eingestellt hätten und nicht<br />
mehr aufzufi nden seien. Diese Informationen hätte<br />
er von Leuten vom Bergwerk „Glückssonne“<br />
erhalten. Um überhaupt noch weiter arbeiten zu<br />
können, werden ab Januar 1898 zwei Arbeiter<br />
von „Glückssonne“ abgezogen, um am Mühlrain<br />
zu arbeiten. Im Februar 1898 befahren Henninger<br />
und der Bergverwalter Hatzmann die Grube.<br />
Diese stellen fest: 65 cm Mächtigkeit „und besteht<br />
aus eisenhaltigem Mulm, in welchem derbe<br />
Stücke von Roteisenstein liegen“. In 13 Metern<br />
Wasser. Es soll ein Stollen angelegt werden um<br />
das Wasser abzuleiten. Im April, nach Anlegen<br />
des Stollens bei 20 Meter Tiefe wieder Wasser.<br />
„An eine Ausbeute ist für die Zukunft nicht zu<br />
denken“. Bis Ende 1898 ist die Grube außer Betrieb.<br />
„Es fehlen die geeigneten Leute“. Ende<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
42<br />
1898 wird die Grube geschlossen. Bei einer Kontrolle<br />
im Oktober 1899 wird festgestellt „Grube<br />
unter Wasser“ und von Amts wegen „sistiert“ –<br />
eingestellt.<br />
Nummernstein No.7 auf der Storchwiese<br />
Seitens der Brüder Borsig tat man so, als ob es diese<br />
Einstellung des Betriebes nicht gab. Man ließ<br />
den Berginspektor Henninger die Gruben schätzen.<br />
Dieser gab den Wert für „Gabriel“ mit 4000<br />
Mark und „Glückssonne“ mit 2000 Mark an.<br />
Es ist verwunderlich, dass man im Jahr 1897 bis<br />
auf 30 Meter Tiefe kam und nirgends ist ein Hinweis<br />
auf Wasser. Ein Jahr später tritt Wasser bereits<br />
nach 13 bzw. 20 Metern auf.<br />
Es fällt weiterhin auf, dass ein Fernbleiben der<br />
Arbeiter 6 Wochen lang von keinem bemerkt wurde,<br />
und dass nicht der Bergverwalter sondern der<br />
Berginspektor an das Bergamt schrieb.<br />
Weiterhin kann man fragen, ob die Angaben über<br />
die erreichte Tiefe überhaupt stimmen. Kamen<br />
die Angaben von den Arbeitern und wurden diese<br />
auch geprüft? Am 27. August 1897 lauteten die<br />
Aussagen 30 Meter Tiefe und am 1. September<br />
waren die Arbeiter verschwunden. Vielleicht<br />
wurde es ihnen langsam zu heiß? Denn schon die<br />
ersten Mitteilungen über die Mächtigkeit – „bis<br />
0,80 Meter und hält gutes Eisenerz“ – sind für den
Mühlrain nicht nachvollziehbar. Selbst Conrad<br />
Borsig, einer der Besitzer der Gruben, muss zugeben<br />
„eine Förderung in Thüringen auf Eisenerze<br />
lohnt sich nicht“.<br />
Am 26.02.1908 erfolgt im Anzeiger die Veröffentlichung<br />
über den Verzicht der Brüder Borsig.<br />
22.08.1908 - Der Bergverwalter Hatzmann, 72<br />
Jahre alt, gibt an, wie das Dynamit vernichtet<br />
wurde: „Am 08.08.08, habe ich auf einer Stollenhalde<br />
des Forst ortes Krötenkopf der Oberförsterei<br />
Wilhelmsthal einen fl ache Graben von ungefähr 4<br />
bis 5 Meter Länge auswerfen lassen. Diesen Graben<br />
ließ ich dann mit leicht brennbaren Gegenständen<br />
(Reisig, dürre Zweige pp) ausfüttern und<br />
habe dann die Dynamitpatronen derartig einzeln<br />
an den Grabenrändern verteilt, dass sie vom Feuer<br />
erreicht werden und zur Verbrennung gelangen<br />
konnten. Auf diese Weise wurden sämtliche Patronen<br />
vernichtet und zwar in verschiedenen Zeitabständen.<br />
Zugegen war der Forstgehilfe Mussog,<br />
wohnhaft in Etterwinden bei Wilhelmsthal.<br />
Zu guter Letzt noch dies: Das Sparkassenbuch, das<br />
für „Gabriel“ 1876 mit 600 Mark hinterlegt wurde,<br />
hatte 1906 eine Bestand von 841,72 und aus<br />
den 300 Mark für „Glückssonne“ wurden 451,14<br />
Mark. Am 06.05.1910 wurden die Sparkassenbücher<br />
an die Brüder Borsig zurück gegeben.<br />
Was hatten also die Borsigs mit Ruhla zu tun?<br />
Der Verfasser dieses Berichts meint: Gar nichts.<br />
Wussten sie überhaupt wo Ruhla liegt? #<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
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Sonneborn Tel. 036254 / 85422<br />
Frohe Festtage<br />
wünschen Ihnen Axel Schnell<br />
und alle Mitarbeiter...
Quelle: Tourismusverband Thüringer Wald Gothaer Land e.V.<br />
Wasser, Wind und Schlösser<br />
Leinakanalfreunde auf Entdeckertour<br />
im mittleren Nessetal<br />
Wolfgang Möller<br />
“Was wäre die Nesse ohne den Leinakanal? Ein<br />
unscheinbares Flachlandflüsschen! Das Leinakanal-Flößgraben-System<br />
überwindet die Wasserscheide<br />
Elbe/Weser und entwässert den Nordhang<br />
des Thüringer Waldes in den Flutgraben. In der<br />
Nähe des ehemaligen Wangenheimer Bahnhofs<br />
mündet dieser in die Nesse und verstärkt sie erheblich.<br />
Dort trafen sich am 5.November die<br />
Mitglieder des Freundeskreises Leinakanal zum<br />
zweiten Teil ihrer Nesse talExkursion Wangenheim<br />
– Brüheim. Einige Wochen zuvor hatten sie<br />
zwei weitere Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft<br />
„Mittleres Nessetal“ besucht: Sonneborn<br />
und Friedrichswerth.<br />
Stefan Rathgeber, Hauptakteur des Festumzuges,<br />
der Festschrift und des Bildbandes anlässlich der<br />
1225-Jahrfeier von Sonneborn im Juni diesen<br />
Jahres vermittelte den Schlingelfreunden einen<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
44<br />
Ortskundigen bester Sorte: Matthias Mähler. Der<br />
Ortschronist zeigte den Gästen bekannte und<br />
verborgene Sehenswürdigkeiten. Man höre und<br />
staune, Sonneborn hatte einmal vier Schlösser,<br />
von denen nur noch das Gelbe Schloss erhalten<br />
ist. Außerdem ist das Gebiet reich an Fließgewässern:<br />
die Nesse, der Arzbach, der Gliemsgraben,<br />
der Kirchgraben, der Windenbach, der Leimbach<br />
und der Weyher, eine Karstquelle mit dem Sumpfer<br />
als Abfluss und Namensgeber für den Ort<br />
(Sunneborn).<br />
Auch in Friedrichswerth spielte das Wasser einst<br />
eine große Rolle. Bürgermeister und Heimatvereinsvorsitzender<br />
Jörg Möller wohnt im alten<br />
Mühlengebäude gleich neben<br />
dem Schloss. Dort begrüßte<br />
er die Gruppe und<br />
erzählte vom einstigen Glanz<br />
des Wasserschlosses, von<br />
der Nesse-Schifffahrt im 17.<br />
Jahrhundert und von der Verlagerung<br />
des Flussbettes in<br />
den 1980er-Jahren. Ernst der<br />
Fromme hegte seinerzeit sogar<br />
Pläne, Kähne mit Waren<br />
auf der Hörsel in Richtung<br />
Werra – Weser zu transportieren.<br />
Sein Sohn Friedrich<br />
I. von Sachsen-Gotha und<br />
Altenburg war der Erbauer<br />
des dreiflügligen Barockschlosses<br />
(1689), wo man in<br />
den prunkvollen Räumen feierte<br />
und in der ausgedehnten<br />
Parkanlage flanierte. Die<br />
Regierungsgeschäfte fanden<br />
eher auf Schloss Friedenstein<br />
in Gotha statt.<br />
Auf dem Weg nach Brüheim machte die Gruppe<br />
einen Abstecher nach Tüngeda, im Wartburgkreis<br />
gelegen. Dort grüßten auf der Höhe die mehr<br />
als 150 Meter hohen Räder des größten Thüringer<br />
Windparks. Auf diese Weise wurde auch die<br />
Bockwindmühle aus dem Jahre 1840 zur Energieumwandlung<br />
genutzt. Werner Rockstuhl, Chef der<br />
Interessengemeinschaft Bockwindmühle, wusste<br />
mit einem frohen „Glück zu!“ viele Begebenheiten<br />
und so manches Schnärzchen aus der Geschichte<br />
der Mühle zu erzählen. Gleichwohl traf
das auf den zirka 300 Jahre alten, wasser gefüllten<br />
Erdfall am Rande von Tüngeda zu, den die Leinakanaler<br />
selbstredend in Augenschein nahmen.<br />
Den Abschluss der Entdeckertour bildete Brüheim,<br />
wo sie vom amtierenden Bürgermeister<br />
Heiner Both begrüßt wurden. Bürgermeister a.D.<br />
Eberhard Möller zeigte den Gästen das Dorf, wo<br />
sich in den vergangenen 15 Jahren einiges getan<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
45<br />
hat. Sein Kredo: „Man muss etwas schaffen, damit<br />
sich die Menschen hier wohl fühlen.“<br />
Der Verdienst beider Bürgermeister: In den Häusern<br />
des Ortes gibt es keinen Leerstand. Das<br />
Areal rund um die St. Viti-Kirche mit Edelhof,<br />
Käseburg, Bahnhof und Rinderoffenstall (heute<br />
Geflügelzuchtverein) ist zu einem Schmuckstück<br />
geworden. Möller beklagte zunächst, dass die<br />
Nordgemeinden des Landkreises in<br />
den ersten Nachwendejahren recht<br />
stiefmütterlich behandelt worden<br />
waren. Heute fließen die Fördermittel<br />
reichlicher, so dass demnächst<br />
der Abschnitt des Radfernweges Erfurt<br />
– Eisenach auf der abgerissenen<br />
Bahntrasse „Bufl eben – Madrid“ in<br />
Angriff genommen werden kann. Im<br />
vorbildlich sanierten Edelhof haben<br />
die Bibliothek, die Feuerwehr, der<br />
Heimatverein und die Landfrauen<br />
ihr Domizil gefunden. Im Torhaus<br />
saßen die Leinakanalfreunde noch<br />
lange mit Eberhard Möller am Kamin<br />
zusammen, schwärmten von alten<br />
Zeiten (zum Beispiel, als sie noch bei<br />
Die Nesse wurde in den 1980er-Jahren in Friedrichswerth<br />
der Urania waren) und besprachen<br />
verlegt, um die Hochwassergefahr im Ort zu entschärfen.<br />
neue Herausforderungen. Schließlich<br />
freuten sich Herausgeber Hartmut Kraußer und<br />
Layouter Wolfgang Möller, als sie ihr Leinakanalbuch<br />
in den Regalen der Bücherei entdeckten. #<br />
Der Weyher am Gelben Schloss in Sonneborn<br />
ist eine stark schüttende Karstquelle und Ausgangspunkt<br />
der Sumpfer. Fotos: W. Möller<br />
Zum Jahresende schließen wir unser Geschäft -<br />
wir sagen allen Kunden, die uns über viele<br />
Jahre die Treue gehalten haben herzlichen<br />
Dank und wünschen alles Gute, frohe<br />
Weihnachten und ein gesundes neues Jahr!
Mühle<br />
&<br />
Bäckerei<br />
Mühlenladen<br />
immer Samstag 8.00 - 16.00 Uhr<br />
Hörselmühle Schönau<br />
Tel. 036921 - 93963<br />
46<br />
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Täglich 11-24 Uhr<br />
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Jeden Donnerstag Schnitzelessen<br />
11-21 Uhr pro Gericht 6,90 €<br />
Jeden Freitag Kloßessen<br />
11-15 Uhr pro Gericht 6,90 €<br />
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Tel. 03622 - 200 595 • Fax 200 596<br />
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Woher kommt das Wasser der Hörsel?<br />
Mit dieser Beitragsserie möchten wir die wichtigsten<br />
Bäche und Nebenfl üsse der Hörsel erwandern<br />
und beschreiben. In den Jahren 2001/02<br />
(<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 44 ff.) berichtete unser<br />
Autor Wolfgang Möller in mehreren Beiträgen<br />
ausführlich über die Hörsel von der „Quelle“ im<br />
Thüringer Wald bis zur Mündung in die Werra.<br />
Die neue Beitragsserie unserer Autoren beginnt<br />
nun mit dem Badewasser…<br />
Der zweigeteilte Bach –<br />
Historische Wanderungen am Badewasser<br />
(Teil 1)<br />
Dr. Rolf Hübner / Wolfgang Möller<br />
Das Badewasser im Landkreis Gotha ist ein kleines<br />
Fließgewässer, das vom Tenneberg am Nordhang<br />
des Thüringer Waldes und in dessen Vorland verläuft.<br />
Nördlich von Schnepfenthal teilt sich der<br />
muntere Gebirgsbach in zwei Arme. Während der<br />
nordöstliche Arm weiter als natürliches Gewässer<br />
nach Wahlwinkel strebt, wurde der nordwestliche<br />
durch Menschenhand nach Waltershausen abgeleitet.<br />
Beide Arme münden in die Hörsel – bei Wahlwinkel<br />
und bei Hörselgau. Im Folgenden werden<br />
der Verlauf und die Entstehung des natürlichen<br />
Baches sowie des künstlich geschaffenen Grabens<br />
skizziert. Mit einer Drei-Etappen-Wanderung am<br />
geschichtsträchtigen Fließgewässer soll die Serie<br />
im Jahr 2011 fortgesetzt werden.<br />
Ein Bach mit starker Strömung<br />
Beim Badewasser ist vorbeugender Hochwasserschutz<br />
angezeigt, da es auf Grund des geringen Porenvolumens<br />
des Untergrundes (Granite und Porphyre)<br />
oberfl ächlich abfl ießt und kaum einsickert.<br />
Die Folgen sind Abhängigkeit der Wasserführung<br />
von den Niederschlägen und Hochwassergefahr.<br />
„Bei starken Niederschlägen in den Bergen besteht<br />
für die Talsohle von Schnepfenthal meistens<br />
Überschwemmungsgefahr“, schrieb Wilhelm<br />
Bickel 1939 im Heimatbuch von Schnepfenthal-<br />
Rödichen. Im Frühjahr 1946 war zum Beispiel<br />
durch extremes Hochwasser Gefahr im Verzug,<br />
und zwar dergestalt, dass nur noch das Geäst der<br />
Bäume aus dem Wasser herausragte. Für die Wie-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
47<br />
sen, Felder und Gärten von der Klostermühle bis<br />
zum Schwimmbad wurde „Land unter“ gemeldet.<br />
Des weiteren ist durch hydrogeographische Untersuchungen<br />
nachgewiesen worden, dass wegen<br />
der hohen Abfl usswerte in den Oberbergen die<br />
Bäche (zum Beispiel Laucha, Badewasser, Schilfwasser)<br />
meist sehr wasserreich sind. Wohl deshalb<br />
bezeichnete Luise Gerbing das Badewasser als<br />
„starken Bach“ und nannte auch dessen ursprüng-<br />
lichen Namen, der „Louffa“ lautete. Eine Erklärung<br />
über die Herkunft des neuzeitlichen Namens<br />
„Badewasser“ ist sie jedoch schuldig geblieben.<br />
Dieser Name erschließt sich aber eindeutig aus<br />
den historischen Zusammenhängen.<br />
Das heutige Badewasser entspringt in einem kleinen<br />
Teich unterhalb der Tanzbuche am dortigen<br />
Tenneberg und schlängelt sich durch den Ungeheuren<br />
Grund in das Reinhardsbrunner Tal. Es<br />
passiert die Marienglashöhle, die Lange Wiese,<br />
die Reihardsbrunner Teiche (Gondelteich), die<br />
Klostermühle (Alte und Neue Klostermühle, früher<br />
Mühlengebäude, dann Ausfl ugslokal, heute<br />
Kinderheim) und den neugestalteten Schnep-
fenthaler Park unterhalb der Salzmannschule.<br />
Im Gelände des Klosterparks Reinhardsbrunn<br />
wurden 1999 im Bachlauf nach alten Überlieferungen<br />
eine Furt und zur Belebung des Fremdenverkehrs<br />
ein Kneipp-Tretbecken eingerichtet. In<br />
Schnepfenthal speiste das Badewasser einst die<br />
Öl- und die Mahlmühle (heute Bäckerei). Zwi-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Gewässerschau am Badewasser im Bereich Marienglashöhle –<br />
Reinhardsbrunn. Fotos: W. Möller<br />
An der Ibenhainer Kirche tritt das verrohrte<br />
Badewasser kurz an die Oberfläche.<br />
48<br />
schen Schnepfenthal und Wahlwinkel zieht sich<br />
der Bachlauf an den flachen Hängen der Hardt<br />
(Helle Hardt, Dunkle Hardt, Apfelhardt) zwischen<br />
Gärten, Feldern und Wiesen dahin, tangiert Wahlwinkel<br />
und mündet unweit der Autobahnbrücke in<br />
die Hörsel.<br />
In den ältesten Reinhardsbrunner Urkunden<br />
wird der Bach als „Louffa“,<br />
„Loufaha“, „Loifa“, bezeichnet. Das<br />
bedeutet: Wasser aus der „Loiba“, aus<br />
dem Thüringer Wald. Im 16. Jahrhundert<br />
war der Name „Dennebergborn“<br />
gebräuchlich. Die Reinhardsbrunner<br />
Amtsbeschreibung aus dem Jahre<br />
1640 enthält die Bezeichnung „das<br />
Wasser auf der langen Wiese“, das,<br />
nachdem es sich mit dem „Batenbach“<br />
vereinigt hat, „bei Schnepfenthal aus<br />
dem Gebirge tritt“. Der Name „Badewasser“<br />
erscheint zum ersten Mal<br />
in Waltershäuser Stadtrechnungen<br />
aus dem Jahre 1727/1728. Er ist aber<br />
vermutlich schon sehr viel früher im<br />
Gebrauch gewesen.<br />
Im 14. Jh. wurde der ursprünglich nach Wahlwinkel<br />
führende Bachlauf geändert und das Wasser<br />
in einem Graben durch Ibenhain nach Waltershausen<br />
geleitet. Denn das Fehlen eines größeren<br />
Wasserlaufes war ein empfindlicher Nachteil für<br />
die Stadt. Mit diesem Wasser ist die 1495 bis<br />
1496 neu errichtete städtische Badstube versorgt<br />
worden. Außerdem trieb es mehrere Mühlräder<br />
in der Stadt. Die Badstube, das heißt ein öffentliches<br />
Bad, gab es seit Ende des 12. Jahrhunderts<br />
als eine saunaähnliche Anlage (mit hohem Holzverbrauch),<br />
in der man gemeinsam badete. Daran<br />
erinnert noch heute der Name „Badewasser“, aber<br />
auch der Straßenname „Badegasse“. Am oberen<br />
Ende der vom Markt abzweigenden Straße befand<br />
sich in der mittelalterlichen Stadt die Badestube.<br />
Der Streit um das kostbare Nass<br />
Die Namen „Badewasser“ und „Badegasse“ können<br />
manches aus der Geschichte verraten, und<br />
zwar aus der Zeit, in der sie entstanden sind.<br />
„...vmb daß waßer entscheiden wir, das das seine<br />
geng soll haben, als es von Alters gehabt hat,<br />
vnd die von Reinhardsborn sollen das nicht hin-
dern...“ Aus diesem Satz, „dass das Wasser seine<br />
Gänge soll haben, wie es sie von alters her gehabt<br />
hat“, geht hervor, dass es um Wasserkraft und<br />
Wasserrecht ständig Streitigkeiten zwischen dem<br />
Kloster Reinhardsbrunn, den Mühlen in Schnepfenthal<br />
und der Stadt Waltershausen gab. Landgraf<br />
Balthasar von Thüringen entschied 1399 zugunsten<br />
der Stadt. Auch nach dem Übergang des<br />
Klosters in weltlichen Besitz dauerten die Streitigkeiten<br />
an.<br />
Anhand der umfangreichen Prozessakten kann<br />
nur auf einige Beispiele hingewiesen werden.<br />
1685 kam es wegen der Bewässerung der Wiesen<br />
unterhalb von Schnepfenthal und wegen der<br />
Mahl- und Ölmühle zum Streit, in dessen Verlauf<br />
die Müller aus Walterhausen die Ableitungen aus<br />
dem Wassergraben mit Äxten und Beilen zerstörten.<br />
In den Jahren 1699/1700 veränderte der<br />
Klostermüller den Zufluss damals noch innerhalb<br />
des Klosterbereichs, so dass 14 Tage kein Wasser<br />
nach Waltershausen floss. 1718 legte der Ölmüller<br />
in Schnepfenthal einen Mühlgraben an, dessen<br />
Anlage aber durch gerichtlichen Beschluss untersagt<br />
worden war. Durch „Stämmen“ des Wassers<br />
entstand erneut Streit zwischen dem Müller der<br />
1821 neu errichteten Klostermühle und den Waltershäuser<br />
Müllern, obwohl bereits 1712 durch<br />
kurfürstliche Entscheidung das Wasserrecht für<br />
Waltershausen bestätigt worden war.<br />
Abhilfe wider den Wassermangel<br />
„Das verhängnisvolle Dasein des Dorfes Wahlwinkel<br />
war wohl die Ableitung des Dorfbaches<br />
nach dem wasserarmen Waltershausen. Als Ersatz<br />
wurde Wahlwinkel der Tausch des Mühlwassers<br />
für das Marktrecht und die Zollfreiheit<br />
in Waltershausen zugesprochen. Der Mangel an<br />
gutem Trinkwasser wurde zu einem schweren<br />
Übelstand, dem die schleichenden Krankheiten<br />
Schwindsucht und Typhus zugeschrieben werden<br />
müssen. Auf die Ausnutzung der übrigen Gewäs-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
49<br />
ser hat die Gemeinde desto sorgfältiger ihr Augenmerk<br />
gerichtet.“ (http://www.waltershausen.<br />
de/content/o_wahlwinkel.html)<br />
„Waltershausen wider Wahlwinkel Wasser wegen“<br />
nannte der Waltershäuser Geschichtslehrer<br />
und Heimatforscher Sigmar Löffler einen Aufsatz<br />
in den „Waltershäuser Heimatblättern“ Nr. 10<br />
(1959) über den Abzweig des Mühlgrabens vom<br />
Badewasser nach Ibenhain und Waltershausen.<br />
Eine Waltershäuser Zeitung von 1854 berichtete<br />
von einem Kind, dass 1308 in einem Bach bei<br />
Ibenhain ertrunken ist. Also kann angenommen<br />
werden, dass der Abschlagsgraben vom alten Baderwasserverlauf<br />
zwischen Schnepfenthal und<br />
Wahlwinkel schon zu Anfang des 14. Jh. errichtet<br />
worden war, denn ein anderes Fließgewässer war<br />
und ist in der Ibenhainer Flur nicht vorhanden.<br />
Löffler schreibt in seiner „Geschichte der Stadt<br />
Waltershausen“ (Bd. I, Waltershausen 1959):<br />
„Über eine Maßnahme von großer wirtschaftlicher<br />
Bedeutung für Waltershausen erhalten wir<br />
1378 erste Nachricht durch ... den Schenkungsbrief<br />
des Ritters Heinrich von Ülleben. In diesem<br />
ist u.a. von einem Hof die Rede, der ,an dem Bach<br />
außerhalb der Mauer liegt, wo das Wasser in die<br />
Stadt auf die Mühle einfällt‘. Mit diesen Worten<br />
ist zum erstenmal die Ableitung des Mühlgrabens<br />
(Badewassers) bezeugt.“<br />
Weiter schreibt Löffler in seinem Aufsatz: „Die<br />
alten Chronisten behaupten auch Näheres über die<br />
Umleitung des Wassers nach der Stadt zu wissen:<br />
Es sei auf Veranlassung des Landgrafen Balthasar<br />
um 1360 (geschehen), um den dortigen Wassermangel<br />
abzuhelfen und Wahlwinkel habe als<br />
Entschädigung den ,Wahlwinkler Gemeindewald‘<br />
hinter dem Komstkochsteich erhalten.“ Richtig<br />
ist, so hat die Heimatforscherin Luise Gerbing<br />
1898 herausgefunden, dass Wahlwinkel durch die<br />
Befreiung des Marktzolls in Waltershausen für<br />
den teilweisen Verlust des Aufschlagwassers für<br />
seine Mühlen entschädigt worden war. Immer-<br />
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hin konnten so in Ibenhain, Waltershausen und<br />
Hörselgau neun Wassermühlen betrieben werden:<br />
Ibenhainer Mühle/Stegmannsmühle, Berg-,<br />
Markt, Brücken, Stötzel, Papier, Pfingst (Bosenbachs-),<br />
Lohmühle und Hörselgauer Mühle.<br />
In Höhe des FEZ Waltershausen wird nahe einer<br />
Gartenanlage der Waltershäuser Mühlgraben<br />
abgeschlagen. Fotos: W. Möller<br />
Der Einlauf des Badewassers in die Hörsel bei<br />
Wahlwinkel.<br />
Der Einlauf des Badewassers (Mühlgraben) in<br />
die Hörsel bei Hörselgau.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
50<br />
Ein wohltätiger Landesherr<br />
Der Thüringer Landgraf Balthasar (1336-1406)<br />
aus dem Hause der Wettiner hatte die Landgrafschaft<br />
mittels thüringisch-sächsischer Bündnis-<br />
und Expansionspolitik zu einem eigenständigen<br />
Gebilde und Gotha als Residenz ausgebaut und<br />
regierte in einer Zeit vieler Konflikte, Krisen und<br />
außergewöhnlicher Naturkatastrophen, wie Missernten,<br />
Pest, einer Heuschreckenplage und eines<br />
Erdbebens. Er war aber auch als Wohltäter und<br />
Schlichter für die Bürger seiner Residenzstädte<br />
bekannt.<br />
Seine größte Tat, die bis in die heutige Zeit wirkt,<br />
war der Bau und die Erhaltung von Kunstgräben,<br />
wie die Röhrenwasserleitung in Herbsleben, der<br />
Helbekanal bei Weißensee und der Leinakanal<br />
von Schönau v.d.W. nach Gotha. Im Gegensatz zu<br />
vielen anderen Städten floss durch die in der Mitte<br />
des 12. Jh. gegründete Stadt Gotha kein natürliches<br />
Gewässer. Nur der kleine Bach Wiegwasser,<br />
der westlich der Stadt in der Eschleber Flur<br />
entspringt und nach Norden in die Nesse abfließt,<br />
tangierte das mittelalterliche Gotha. 1366 bis 1369<br />
wurden auf seine Initiative der Leinakanal und die<br />
Wallgräben von seinem Werkmeister Conradus<br />
von Gotha angelegt, um dem Wassermangel der<br />
Stadt Gotha entgegenzuwirken. Das Leinakanalsystem<br />
(mit dem 1653 erbauten Flößgraben) erfüllt<br />
bis heute seine Funktion als Wasserspender<br />
für die Gothaer Parkteiche und zum Betreiben der<br />
Wasserkunst.<br />
So viel, wie durch eine Radnabe passt<br />
Der Vermutung, dass der Badewasser-Mühlgraben<br />
nach Waltershausen auf Weisung Balthasars<br />
angelegt worden ist, kann nicht gefolgt werden,<br />
wie oben berichtet. Richtig ist, dass er den Ausbau<br />
und die Erhaltung sowie die Nutzungsrechte für<br />
die Waltershäuser Bürger unterstützte. 1399 förderte<br />
er beispielsweise die Landgrafschaft Waltershausen<br />
durch einen Schiedsspruch gegen den<br />
Großen Kellner (= Abt) Diether Neckel, womit er<br />
Ansprüche des Klosters Reinhardsbrunn auf ein<br />
Marktprivileg für Friedrichroda und auf ein Wasserrecht<br />
zurückwies: Das Wasser „soll seine geng<br />
(Gänge) haben, als es von Alters her gehabt hat.“<br />
Das Badewasser (Reinhardsbrunner Bach, Louffa)<br />
war schon vor Balthasars Zeiten zur Nutzung<br />
des Klosters umgeleitet worden. Im gleichen Jahr
gab das Kloster Reinhardsbrunn eine Anleihe von<br />
100 Schock Freiberger Groschen an den Landgrafen<br />
Balthasar. Das Kloster war in den vorangegangenen<br />
Jahren von Balthasar gefördert und als<br />
Hauskloster der Thüringer Landgrafen erhoben<br />
worden.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
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51<br />
Die Zollfreiheit der Wahlwinkler Bauern auf dem<br />
Waltershäuser Markt versuchte die Stadt in den<br />
folgenden Jahrhunderten mehrfach erfolglos zu<br />
untergraben. So berief sich beispielsweise der Rat<br />
der Stadt auf eine angebliche Tauschurkunde, in<br />
der ausgemacht worden wäre, „dass vom Mühlwasser<br />
beständig so viel Wasser nach Wahlwinkel<br />
laufen müsse, als durch eine Radnabe gehen<br />
kann“. Doch die Wahlwinkler ließen sich nicht ins<br />
Bockshorn jagen und verlangten 1779 mit einer<br />
Regierungseingabe beim Herzog Einblick in die<br />
nie existierende Urkunde.<br />
Zusammenfassend lässt sich aus den historischen<br />
Überlieferungen ableiten, dass Wasser für den<br />
Ablauf aller Lebensvorgänge unentbehrlich war<br />
und ist. Wenn sich auch kein Mühlrad mehr dreht<br />
und keine Mühle mehr klappert, berechtigt ist<br />
der Name Badewasser aber allemal. Denn mindestens<br />
seit 1935 erfolgte die Wasserversorgung<br />
des Bades am Gleisdreieck zur Freude von jung<br />
und alt durch den nach Waltershausen abgeleiteten<br />
Graben. Die natürliche Filterkiesanlage war<br />
bis zur Sanierung des Freibades 1998 noch vorhanden.<br />
Jetzt wird das beheizte Schwimmbad im<br />
Freizeitzentrum aus dem Tiefbrunnen im Quelltal<br />
gespeist. Danach fällt das größtenteils verrohrte<br />
und verschmutzte Badewasser hinter dem Waltershäuser<br />
Gewerbegebiet und dem Hörselgauer<br />
Teich (Neuer Teich, zu Oxidationsteichen umgebaut)<br />
schließlich am Rande von Hörselgau in die<br />
Hörsel. (Fortsetzung folgt)<br />
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Sehenswerte Hoheits- und Grenzsteine<br />
im Bereich der Fahner Höhen<br />
Jost Häffner<br />
Fahner Höhen<br />
Die Fahner Höhe (auch Fahnersche Höhe) ist<br />
ein bewaldeter, zum größten Teil unter Natur<br />
und Landschaftsschutz gestellter schmaler Höhenzug<br />
im Thüringer Becken. Er erstreckt sich<br />
auf einer Länge von etwa 16 Kilometern in<br />
nordwestlich-südöstlicher Richtung, während<br />
seine Breite kaum mehr als 4 Kilometer erreicht.<br />
Seinen Namen erhielt der Höhenzug von den an<br />
seinem Nordrand gelegenen Dörfern Groß- und<br />
Kleinfahner. Die Fahner Höhe ist landesweit als<br />
größtes geschlossenes Obstanbaugebiet Thüringens<br />
– insbesondere für Kirschen – bekannt. Der<br />
westliche Teil des Höhenzuges gehört zum Landkreis<br />
Gotha, Verwaltungsgemeinschaft „Fahner<br />
Höhe“, diese besteht aus den Dörfern Großfahner,<br />
Gierstädt, Döllstädt, Dachwig und Gräfentonna.<br />
Den nördlichen Teil nehmen die zum Landkreis<br />
Sömmerda, Verwaltungsgemeinschaft „Geraaue“<br />
gehörigen Orte Groß- und Kleinfahner, Gierstädt,<br />
Dachwig, Döllstädt und sowie Widderda und Elxleben<br />
ein. Zur Landeshauptstadt Erfurt gehören<br />
nun die ehemaligen Dörfer und Güter Bienstädt,<br />
Ballstädt, Töttelstädt, Eschenbergen, Friedrichsdorf,<br />
Tiefthal, Schaderode und Molschleben.<br />
Während sich die Fahner Höhe zum Nessetal im<br />
Südwesten nur flach neigt, fällt sie hingegen im<br />
Nordosten relativ steil in das Unstruttal ab. Als<br />
höchste Erhebung gilt der Abtsberg (413,0 m ü.<br />
NN), obwohl er von Süden betrachtet als Landmarke<br />
fast nicht erkennbar ist. Blickt man vom<br />
nördlichen Vorland in Richtung der Fahner Höhe,<br />
so ist diese dort ungleich deutlicher, weil bis zu<br />
250 m über den Boden des Thüringer Beckens<br />
sich aufbauend, erkennbar. Die bewaldete Kammlinie<br />
der Fahner Höhe verläuft überwiegend bei<br />
400 m ü. NN.<br />
Zählte dieses Gegend auch in der Vergangenheit<br />
nicht zu den bekannten Wander und Ausflugsgebieten,<br />
so bestand doch bereits eine ganze Anzahl<br />
von Altstraßen und Verbindungswegen, welche<br />
die o.g. Ortschaften mit dem Thüringer Waldgebiet<br />
und der im Vorfeld liegenden alten Residenzstadt<br />
Gotha verband. Noch heute zeugen davon<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
52<br />
viele alte Hohlwege im Gelände; schon im Mittelalter<br />
hatte auch die hier gelegene „Bienstädter<br />
Warte“ strategische Bedeutung für die Handelsstadt<br />
Erfurt. Die Mehrzahl der angrenzenden Orte<br />
zählte von alters her zu Gotha im Kerngebiet der<br />
Landgrafschaft Thüringen.<br />
Zum Ende des 19. Jahrhunderts erblühte auch<br />
im Gebiet der Fahner Höhe dank rühriger Heimat-<br />
und Wandervereine ein reges Vereinsleben;<br />
entlang des Waldsaumes und an Wegkreuzungen<br />
entstanden ein halbes Duzend gern besuchter<br />
Ausflugslokale und Sommerwirtschaften. Nach<br />
dem Ende des 2. Weltkrieges traten auch hier in<br />
rascher Folge Rückschritte und Verschlechterung<br />
ein: einmal durch Schließung, Enteignung oder<br />
Umnutzung dieser Gaststätten, jedoch auch durch<br />
die erforderliche Sperrung beträchtlicher Waldflächen<br />
in Folge der zunehmenden militärischen<br />
Nutzung. So kam es, dass die durchaus reizvollen<br />
Fahnerschen Höhen als Wander und Ausflugsziel<br />
in Vergessenheit gerieten und, wenn überhaupt,<br />
nur noch von Anwohnern der umliegenden Ortschaften<br />
aufgesucht wurden.<br />
Erst nach 1989, mit der Aufhebung der militärischen<br />
Übungs- und Sperrgebiete war die reale<br />
Chance vorhanden, dieses sehenswerte Gebiet<br />
wieder als Naherholungsort für die Bevölkerung<br />
in Besitz zu nehmen. Es kam die Wiedereröffnung<br />
der Gaststätten „Grundmühle“ bei Töttelstädt und<br />
„Schöne Aussicht“ bei Witterda; in den noch in<br />
den 1960er Jahren einsam und als landschaftlicher<br />
Geheimtipp gehandelten „Orphaler Grund“<br />
pilgern inzwischen bei schönem Wetter Hunderte<br />
von Spaziergängern und Wanderer.<br />
Nicht unwesentlich hat zu dieser positiven Entwicklung<br />
neben zahlreichen Artikeln und Presseberichten<br />
auch die inzwischen vereinheitlichte<br />
Rad- und Wanderwegekonzeption, die Herausgabe<br />
aktueller Gebiets-Wanderkarten und Führer<br />
sowie der Ausbau des Erfurter Personennahverkehrsnetzes<br />
beigetragen. Besonders beim Kartenmaterial<br />
wurde viel Wert auf eine detailgetreue<br />
Wiedergabe des Wanderwegverlaufes und der<br />
Wegmarkierungen gelegt, so ist jedem Wanderfreund<br />
bereits eine vorherige Planung und vor Ort<br />
eine gute Orientierung ermöglicht. Zum Kennenlernen<br />
sollte man zunächst den Hauptwanderweg<br />
von Erfurt kommend in Ost-Westrichtung bis<br />
nach Burgtonna gehen, hierbei kommt man auch
an der im guten Zustand befindlichen „Bienstädter<br />
Warte“ (ein mittelalterlicher Wachturm der<br />
Stadt Erfurt ) vorbei. Aber auch die kürzeren, in<br />
Nord-Südrichtung ausgeschilderten Routen sind<br />
empfehlenswert. Zu den Sehenswürdigkeiten der<br />
Fahner Höhe ist unbedingt auch eine Gruppe von<br />
historischen Wappen-, Grenz- und Hoheitssteinen<br />
zu rechnen, welche im Folgenden näher beschrieben<br />
werden sollen.<br />
Rätselhafte Wappensteine<br />
Vom Erfurter Stadtteil Kühnhausen kommend verläuft<br />
der bereits erwähnte Hauptwanderweg (rotes<br />
Quadrat auf weißem Grund) über Friedrichsdorf<br />
zum sogenannten „Langen Stein“ (ein ehemaliger<br />
Wegweiser) und führt von dort zur Bienstädter<br />
Warte. Unmittelbar hinter Friedrichdorf zweigt<br />
der Weg von der Landstraße nach Witterda ab<br />
und verläuft in südlicher Richtung weiter über das<br />
offene Gelände zum nahen Waldrand. Dem aufmerksamen<br />
Wanderer fällt nicht nur die köstliche<br />
Panoramasicht in nördliche Richtung auf, die sich<br />
einem von hier aus bietet, sondern auch die ersten,<br />
unmittelbar am Waldrand stehenden und meist<br />
etwa einen Meter hohen Grenzsteine.<br />
Die schlichte und schmucklose Ansichtsseite ist<br />
mit den eingehauenen Buchstaben «KP» verse-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
53<br />
hen, welche derart bekanntlich an vielen Orten<br />
in Thüringen auftauchen und für das Staatsgebiet<br />
des untergegangenen «Königreich Preußen» stehen.<br />
Umso erstaunter ist der Betrachter, wenn er<br />
sich dann auch die Gegenseite ansieht und nun im<br />
Stil einer ovalen, medaillonartigen Umrandung<br />
die Darstellung eines aufrechtstehenden, nach<br />
rechts gewandten Löwen erblickt. Darunter findet<br />
er, auch erhaben, die Jahreszahl «1778».<br />
Auffallend ist dabei die unterschiedliche qualitative<br />
Oberflächenbearbeitung der beiden Seiten.<br />
Nach Süden der sauber gearbeitete Löwe und auf<br />
der anderen Seite das schlichte KP.<br />
Aber als eigentlicher Anstoß zu weiteren Recherchen<br />
galt die Jahreszahl 1778. Der in der Erfurter<br />
Geschichte etwas bewanderte Heimatfreund weiß,<br />
dass das hier als preußisches Staatsgebiet ausgewiesene<br />
Terrain über Jahrhunderte ein mainzisches<br />
Gebiet war, zudem auch die Stadt Erfurt gehörte<br />
– auf vielen historischen Grenzsteinen der<br />
Region findet sich dafür symbolisch ein «Mainzer<br />
Rad». Die Auflösung des Kurfüstentums Mainz<br />
und die Eingliederung des Erfurter Gebietes (sowie<br />
auch des Eichsfeldes) erfolgte aber nicht 1778<br />
sondern erst 1802. Woher also diese abweichende<br />
Jahreszahl 1778 – und welches benachbarte Herrschaftsgebiet<br />
benutzte dieses Löwen-Wappen?<br />
Allgemein ist man geneigt, in dem in westlicher<br />
Richtung angrenzenden Bereich das Gebiet des<br />
ehemaligen Herzogtums Sachsen-Gotha zu sehen.<br />
Aber dieses Gebiet wurde, wie man an zahlreichen<br />
dokumentierten Beispielen auf dem Rennsteig erkennt,<br />
seit alters mit dem «Sächsischen Rautenkranz»<br />
oder den Buchstaben «SG» (Sachsen-Gotha)/<br />
«SGA» (Sachsen-Gotha-Altenburg)/ «HSG»<br />
(Herzogtum Sachsen-Gotha) markiert. Diese hatten<br />
jedoch stets ein anderes Aussehen als der hier<br />
dargestellte Löwe. In einer älteren Karte aus dem<br />
Jahre 1645 fanden wir einen Hinweis, dass unser<br />
hier an das Erfurter Gebiet angrenzender Landstrich<br />
zu dieser Zeit noch mit zur Herrschaft Tonna<br />
gehörte. Der alte Ort Tonna – heute Gräfentonna<br />
- gilt als ein Stammsitz der späteren Grafen von<br />
Gleichen, deren Wappentier wiederum der (heraldische)<br />
Löwe ist. Mit dem Erlöschen der Tonnaer<br />
Linie der Grafen von Gleichen erfolgte im Erbgang<br />
eine Aufteilung ihres Gebietes an verschiedene<br />
Adelshäuser. Obwohl die Herrschaft Tonna<br />
in der Hauptsache an die Schenken von Tauten-
urg fi el, wurde der gräfl ichgleichensche Löwe<br />
aufgrund früherer dynastischer Verbindungen nun<br />
auch in das große Wappen der Grafschaft Waldeck<br />
(Haus Waldeck-Pyrmont) aufgenommen. Somit<br />
war der Bezug zu unseren Grenzsteinen erst einmal<br />
hergestellt. Eine ausführliche Schilderung zu<br />
diesem Wappen erhält man auf der Internetseite:<br />
www.dr-bernhard-peter.de/Heraldik/waldeck.htm<br />
Die hiervon betroffenen Teile der<br />
Herrschaft Tonna fi elen in der<br />
Folge (nach 1677) an das Haus<br />
Gotha, was aber üblicherweise<br />
kein Grund war, nun an Stelle der<br />
älteren gleichischen Löwen die<br />
oben beschriebenen gothaischen<br />
Grenzsteine zu setzen. Zumindest<br />
aber in dem Großen Staatswappen<br />
des Herzogtum Sachsen Gotha Coburg<br />
wurde das Wappen aufgenommen<br />
und ist im Feld 22 zu fi nden.<br />
– Dies eben Beschriebene erklärte<br />
aber immer noch nicht, warum<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Noch keine Geschenk für Weihnachten<br />
oder Geburtstag...? – Unsere Empfehlung:<br />
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54<br />
auf der einen Seite die Jahreszahl 1778 zu lesen<br />
ist - aber auf der anderen Seite nur ein schlichtes<br />
Grenzstein<br />
mit sächsischem Wappen, 1722<br />
Fotos: Jost Häffner<br />
«KP» eingemeißelt wurde.<br />
Hierbei kamen wir zu einer<br />
einfachen - wie simplen<br />
Überlegung, die sich in<br />
der Folge auch gleich als<br />
die Richtige heraus stellen<br />
sollte: Bis 1802 grenzte<br />
besagte Herrschaft Tonna<br />
an das Erfurter oder Mainzer<br />
Gebiet und trug auf der<br />
anderen Seite seiner Grenzsteine<br />
das Mainzer Rad. Mit<br />
der Angliederung an das<br />
Königreich Preußen waren<br />
mit Sicherheit viele administrative<br />
Veränderungen<br />
durchzuführen, u.a. auch<br />
die systematische Überprüfung<br />
und „Modernisierung“<br />
- sprich Anpassung<br />
- der Grenzsteine. Da die<br />
Vermutung nahe liegt, dass<br />
dies einmal eine Frage der<br />
Zeit, wie auch der Kosten<br />
gewesen sein dürfte, ent-
schloss man sich zu der wohl einfachsten<br />
Lösung, das vorherige mainzische Wappen<br />
zu entfernen und durch das schlichte<br />
«KP» zu ersetzen. Das diese vage Vermutung<br />
sich nun belegen lässt, verdanken<br />
wir einem glücklichen Zufall. Wir<br />
wussten vom Hörensagen, dass in einem<br />
Nachbarort durch einen Heimatfreund<br />
ein auf einer Schutthalde aufgefundener<br />
Grenzstein sichergestellt worden war<br />
und dieser heute, weil nicht mehr dem ursprünglichen<br />
Standort in der Gemarkung<br />
sicher zuzuordnen - auf seinem Grundstück<br />
Aufstellung gefunden hat.<br />
Mit der Absicht von ihm Hilfe und Aufklärung<br />
zu unseren Grenzsteinen zu erhalten,<br />
suchten wir ihn unlängst auf und<br />
konnten zu unserem Erstaunen die eben<br />
noch als Vermutung angenommene preußische<br />
Verfahrensweise am „lebendem<br />
Beispiel“ bestätigt fi nden. Bei dem hier<br />
aufgefundenen Grenzstein aus dem Jahre<br />
1722 (dieser zeigt nun auf der einen Seite<br />
das sächsische Wappen, ergänzt mit der<br />
darunter befi ndlichen Jahreszahl) wurde<br />
auf der anderen Seite das vorherige<br />
mainzische Wappen nur sehr grob und<br />
unsauber entfernt sowie durch ein «KP»<br />
ersetzt. Die darunter gesetzte Jahreszahl<br />
«1722» lies man sogar stehen.<br />
So können einem manchmal bei aufmerksamer<br />
Betrachtung einfache und<br />
schlichte Steine am Wegesrand nicht nur<br />
zu Nachforschungen anregen, sondern auch in ihren<br />
Ergebnissen recht erstaunliche Ereignisse und<br />
Geschehen erzählen.<br />
Empfehlenswerte Literatur:<br />
• NABU Zur Natur und Geschichte der Fahner<br />
Höhe. Gotha 1999 (128 S. mit Faltkarte)<br />
ISBN: 3-00-005479-0<br />
• Roland Geißler: Wanderführer Fahnersche<br />
Höhe, Bad Tennstedt und Unstruttal. Verlag<br />
Rockstuhl, Bad Langensalza 2005. (144 S)<br />
ISBN: 978-3-937135-58-8<br />
• Wanderkarte ErfurtGotha, Fahnersche Höhe.<br />
Verlag Grünes Herz. ISBN: 3-935621-04-3<br />
• ARTIFEXWanderkarte / Bäderregion<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
55<br />
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Farnroda - Geschichte und Geschichten<br />
Teil 7 (Fortsetzung aus HBB 82, S. 38 ff)<br />
Das Handwerk rund um Schloss und<br />
Rittergut Farnroda im 20. Jahrhundert<br />
Dr. Horst W. Herrling †<br />
4) Baubetrieb Karl Quent<br />
und Nachfolger Manfred Quent<br />
Maurermeister Karl Q u e n t führte einen Anfang<br />
der 1930er Jahre gegründeten Baubetrieb<br />
in Farnroda, in den er für einige Zeit den aus<br />
Eisenach kommenden, in Farnroda verheirateten<br />
Lastkraftwagenbesitzer und –fahrer Erich „Ede“<br />
Anton als Kompagnon aufnahm. Karl Quent wurde<br />
von den Farnrodaern stets nur „Lupsche Karl“<br />
genannt, weil er in Großenlupnitz aufwuchs, ehe<br />
er als älteres Kind nach Farnroda zu Pfl egeeltern<br />
kam. Den Sitz seines Betriebes und die Wohnung<br />
hatte er in der damaligen Wuthaer Straße im mit<br />
geräumigem Areal umgebenen Geschäftsgebäude<br />
für Lebensmittel und Kolonialwaren der Klara<br />
Thiel, geb. Schieck.<br />
Nach Ende des 2. Weltkrieges 1945 erwarb er<br />
vom Farnrodaer Ernst Schröder den hinteren Teil<br />
dessen, an der Wiesenstraße 11/13 gelegenen<br />
Grunndstückes. Schröder war anfangs nicht gewillt,<br />
das gesamte, etwa 30 Meter breite Areal zu<br />
verkaufen, was er erst Jahre später dann doch tat.<br />
Karl Quent hatte aber notgedrungen Wohnhaus<br />
mit Büro und Gebäude für sein Maurerhandwerk<br />
da schon in zweiter Reihe gebaut.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
56<br />
Gut vier Jahrzehnte leitete Karl Quent sein angesehenes<br />
Baugeschäft, in dem zeitweilig mehr<br />
als zehn Maurer und Handlanger tätig waren. In<br />
Farnroda und Umgebung bis ins Gefi lde hinterm<br />
<strong>Hörselberg</strong> wurde mit sichtbarem Erfolg gearbeitet.<br />
Viele Bauten entstanden in sauberer und<br />
solider Maurerarbeit. Dazu gehören auch die auf<br />
Regierungsanordnung sehr kurzfristig quasi aus<br />
dem Boden zu stampfenden Neubauernhäuser,<br />
die Karl Quent vor allem in seinem Herkunftsort<br />
Großen- und Wenigenlupnitz und benachbarten<br />
Ortschaften errichtete. Sohn Manfred trat nach<br />
Beendigung seiner bei Meister Oskar Eberhardt<br />
absolvierten Lehre ins väterliche Baugeschäft<br />
ein.<br />
Von Karl und Manfred Quents Sanierungsarbeit<br />
in der weiträumigen Tropfsteinhöhle im<br />
Kittelsthaler/-Farnrodaer Wolfsberg kündet eine<br />
Inschrift auf einer Blechtafel tief im Untergrund<br />
mit anerkennenden Worten für den Quentschen<br />
Baubetrieb.<br />
Immer mit Akkuratesse und modisch elegant<br />
gewandet trat Maurermeister Karl Quent in der<br />
Öffentlichkeit auf, machte viel von sich her, so<br />
dass man in dem Maurermeister eher einen hohen<br />
Beamten und angesehenen Architekten vermutete.<br />
Seine Bauzeichnungen hatten Stil, ließen fachliche<br />
Versiertheit erkennen, was auch für seine<br />
schriftlichen Arbeiten und die Bürotätigkeit galt.<br />
Karl Quent pfl egte einen konsequent eingehaltenen<br />
Arbeits- und Lebensrhythmus, so war er bis<br />
abends auf seinen Baustellen und bis 21/22 Uhr
im Büro tätig. Dann raffte er sich auf und ging zu<br />
seinem geliebten Stammtisch ins Restaurant „Zur<br />
Linde“, wo man meistens bis nach Mitternacht in<br />
geselliger Runde bei einem Bierchen und unter-<br />
Bau des Farnrodaer Feuerwehrgerätehauses<br />
1966, im Vordergrund<br />
Walter Michanikl , Mitarbeiter der Firma Quent,<br />
dahinter der Wehrleiter Rudi Heitmann.<br />
Foto-Sammlung: Armin Gössel<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Maurermeister Karl Quent ( 2.v.links) beim Besuch einer Ausstellung<br />
des Obst und Gartenbau-Vereins im Saal des <strong>Gasthaus</strong>es<br />
„Zur Linde“ (70er Jahre)<br />
Foto-Sammlung: Armin Gössel<br />
57<br />
haltsamem Dorfklatsch mit Freunden zusammensaß.<br />
Dazu gehörten z.B.: Fleischermeister Alfred<br />
Henning, Schmiede meister Bruno Ebel, Bäckermeister<br />
August Schneider, Werkmeister, Sangesbruder,<br />
Fußballvereinsvorstand Otto Arnold<br />
und der Leiter des Eisenacher Wasserwerks in<br />
Farnroda sowie auch der Chef der Siegfriedschen<br />
Metallwarenfabrik, mein Schwiegervater Willy<br />
„Sander“ Braun und natürlich der Wirt Willy Peter<br />
und dessen Frau Gretchen.<br />
Karl Quent engagierte sich im öffentlichen Leben,<br />
war kommunalpolitisch im Gemeinderat tätig und<br />
für Baufragen zuständig. Als passionierter Kaninchenzüchter<br />
leitete er als Vorstandsvorsitzender<br />
jahrelang den Farnrodaer Kaninchenzüchterverein,<br />
der in Thüringen einen guten Ruf hatte.<br />
Im fortgeschrittenen Alter übergab Karl Quent,<br />
der gestandene und weithin geachtete Maurermeister,<br />
das Baugeschäft an seinen beim glorreichen<br />
Meister Oskar Eberhard in die Lehre gegangenen<br />
Sohn Manfred. Manfred hatte es Anfang der<br />
1950er Jahre zu Maurermeisterehren gebracht<br />
und war Thüringens jüngster Meister.<br />
Maurermeister Manfred Quent, geboren 1929,<br />
führte den vom Vater gegründeten Baubetrieb mit<br />
Sitz in der Wiesenstraße 13 in zweiter Generation<br />
mit gutem Erfolg weiter.<br />
Manfred und meine Frau Anneliese waren Schulklassenfreunde<br />
und Nachbarskinder. Ich selbst<br />
hatte ebenfalls mit Manfred in<br />
Kinder- und Jugendjahren ein<br />
enges Verhältnis beim Spielen<br />
und während der Mitgliedschaft<br />
im Deutschen Jungvolk. Nach 40<br />
Jahren Abwesenheit von Farnroda<br />
dahin zurückgekehrt, lebte unsere<br />
Freundschaft wieder auf.<br />
Als Herrlings 1992 eine Heimkehr<br />
mit dem Bau eines neuen Hauses in<br />
der Wiesenstraße 6a disponierten,<br />
gegenüber von Baufirma und Wohnung<br />
des Manfred Quent, lag es<br />
nahe, mit ihm den Bauauftrag und<br />
gegebenenfalls die Ausführung zu<br />
besprechen. Ein Projekt mit Kostenvoranschlag<br />
folgte, in dem Quent<br />
wissen ließ, zwar Fundament- und<br />
Kellererrichtung übernehmen zu<br />
wollen, den Bau des Hauses, der
seinen Handwerksbetrieb überfordere, aber besser<br />
in andere Hände zu geben. Gut, wir waren ohne-<br />
Anzeige der Firma Manfred Quent<br />
im <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n 1999<br />
Nachruf für Dr. Horst Herrling (1926 - 2010)<br />
Viele treue Leser des <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n haben<br />
über Jahre die Serie „Geschichte und Geschichten<br />
um Schloss und Rittergut Farnroda“ oder die noch<br />
laufende Serie über das historische Handwerk mit<br />
Interesse verfolgt. Der Heimatforscher und Autor<br />
Dr. Horst Herrling hat die Geschichte seines<br />
Heimatortes anhand von privaten Erlebnissen<br />
und Bildern aus seiner Jugendzeit sowie Recherchen,<br />
die er nach seiner Rückkehr nach Farnroda<br />
in seinen wohlverdienten Ruhestand Anfang der<br />
1990 Jahre vornahm, sehr gewissenhaft aufgearbeitet<br />
und niedergeschrieben. In seinem neu erbauten<br />
Zuhause im schönen Wiesengrund in der<br />
alten Heimat im Erbstromtal hatte er einen ganzen<br />
Raum mit Ordnern zur Chronik von Farnroda und<br />
Umgebung gefüllt. Mehrere tausend Bilder, Belege,<br />
Urkunden, Firmenunterlagen u.ä. hatte er<br />
zusammengetragen, geordnet und beschriftet.<br />
Hin und wieder hatten wir Gelegenheit Einblick in<br />
seine damalige „Schatzkammer“ zu bekommen,<br />
wenn es z.B. darum ging, einen Beitrag für den<br />
nächsten <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n bei ihm abzuholen.<br />
Stundenlang hätten wir ihm zuhören können, erlebte<br />
Heimatgeschichte weiterzugeben war nach<br />
einem erfüllten und sehr vielseitigen Arbeitsleben<br />
sein Element. Als studierter Jurist hat er sich<br />
bis zum diplomatischen Dienst der Botschaft der<br />
DDR hochgearbeitet und war in Ländern wie<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
58<br />
hin mit dem weithin bekannten Fertighausbauer<br />
„Kampa“ in Vertragsverhandlungen. Manfred<br />
Quents Maurer team erledigte den Baugrubenaushub,<br />
errichtete Fundament und Kellergeschoß, so<br />
dass „Kampa“ den Hausbau ausführen konnte.<br />
Mit Manfred Quents zu frühem Tod 1999 ging<br />
auch die Existenz seines Baubetriebes zu Ende.<br />
Sein Sohn und sein Bruder (sie arbeiteten jahrelang<br />
bei ihm) und auch der hochqualifizierte Polier<br />
konnten sich nicht zu einer Fortführung des<br />
angesehenen und gut mit Aufträgen bedachten<br />
Bauunternehmens entschließen. Das bedauerliche<br />
Ende des Baugeschäftes von Maurermeister<br />
Karl und Sohn Manfred Quent hinterließ nach 70<br />
Jahren erfolgreichen Wirkens eine empfindliche<br />
Lü cke im Baugeschehen Farnrodas und Umgebung.<br />
#<br />
Kanada, Dänemark, Österreich und Finnland tätig.<br />
Seine berufliche Karriere krönte er von 1980<br />
bis 1985 als Generaldirektor des Außenhandelsbetriebes<br />
PneumantBereifung/ExportImport mit<br />
Sitz in Berlin.<br />
Das Ergebnis seiner jahrelangen, unermüdlichen<br />
Tätigkeit hätte ein dickes Buch füllen können.<br />
Leider fand sich von kommunaler Seite kein<br />
Weg, „seine“ Ortschronik in gedruckter Form<br />
der Bevölkerung zugänglich zu machen. Um so<br />
dankbarer war er, dass wir ihm im Heimatverlag<br />
<strong>Hörselberg</strong> im <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n die Möglichkeit<br />
einräumten, in lockeren Folgen einige Beiträge zu<br />
veröffentlichen.<br />
Eine schleichende heimtückische Krankheit war<br />
die Ursache, dass sich sein gesundheitlicher Allgemeinzustand<br />
verschlechterte und die Amputation<br />
beider Unterschenkel im Sommer diesen<br />
Jahres erfolgen mußte. Ab September war er zwar<br />
wieder zu Hause bei seiner lieben Frau, jedoch<br />
inzwischen stark pflegebedürftig und körperlich<br />
eingeschränkt. Noch vom Krankenbett aus - unter<br />
ständigen Schmerzen - hatte er den Beitrag für<br />
den <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n Nr. 82 am Telefon mit unserem<br />
Heimatfreund und Mitstreiter Horst Rödger<br />
besprochen, der diesen dann für uns zusammenstellte.<br />
Die Liebe zur Heimat hat ihm Kraft gegeben<br />
und bis zur letzten Stunde war er ihr treu
verbunden. Horst Herrling starb am 21. Oktober<br />
2010 im Alter von 84 Jahren im Kreise seiner Familie<br />
in Berlin, wohin er schon im Sommer 2009<br />
umziehen musste.<br />
Wir, vom Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong> und die Mitglieder<br />
der Chronistengruppe Wutha-Farnroda<br />
(der er auch angehörte) werden ihn stets in dankbarer<br />
Erinnerung behalten. Mit seinem Lebenswerk<br />
– der über tausendseitigen Chronik über seine<br />
Heimatregion - hat er ein bleibendes Denkmal<br />
gesetzt. In seinen Schriften wird er weiterleben.<br />
Er ahnte wohl schon in diesem Frühjahr, dass „seine<br />
Zeit“ gekommen war. Am 20. Februar schrieb<br />
er wohl wissend, dass sich sein Gesundheits-<br />
Meine Verwandlung – Des Lebens Lauf<br />
Das Leben mein, mit vollem Sonnenschein,<br />
hat fortwährend sich für mich gelohnt.<br />
Die Jahre eilten schnell dahin,<br />
die Lebenszeit wird bald zu Ende sein.<br />
Von arg Ungemach recht gut verschont,<br />
bekamen meine Wege Ziel und Sinn.<br />
Mit Frohmut ging ich stets durchs Leben,<br />
Mensch zu sein, war mein Bestreben!<br />
So darf ich tadelsfrei wohl nun entschweben?<br />
Schau‚ wenn auch mit traurig-tränenreichem Blick,<br />
auf Geliebtes und Vollbrachtes in Zufriedenheit zurück,<br />
Herz und Seele tragen vieler Jahre Glück!<br />
Dass in die Ewigkeit ich einst werd‘ fahren,<br />
ist durch Naturgesetz vorausbestimmt.<br />
Die Natur, mit Berg und Tal, und Feld und Wald,<br />
in ihrer Pracht genoss bewusst ich in all den Jahren<br />
mit vollem Wohlgefühl, was keine Macht der Welt mir nimmt.<br />
Von Land und Leuten scheid‘ ich in aller Stille bald.<br />
Aber ich hör‘ schon gern der Glocken Klang,<br />
der ertönt zu Freud' und auch zum letzten Gang.<br />
Als Knabe sorgte ich vom hohen Turme für ihr Geläute,<br />
wer tut‘s für mich beim Abschied aus dem Hier und Heute?<br />
Bringt so wie ich in meinen jungen Tagen mit Frohlocken<br />
mir ewigen Gruß mit „Glaube-Liebe-Hoffnung“– Glocken.<br />
Es war mein Erdenleben reich an Geschehen,<br />
keinen Deut wollt‘ ich auch nur eines vermissen.<br />
Verlassen soll ich jetzt den trauten Wiesengrund,<br />
und von hinnen weit in jene Ferne gehen,<br />
59<br />
zustand durch die ab Februar 2009 dreimal wöchentlich<br />
zu absolvierenden Dialysebehandlungen<br />
und deren Nebenwirkungen verschlechtern wird,<br />
die nachfolgenden Verse nieder.<br />
Christina und Dietmar Reißig<br />
von der wir wenig, kaum glaubhaft wissen,<br />
wie dort uns schlägt die letzte Stund.<br />
Drum lasst das Leben froh noch sprießen,<br />
springet jauchzend durch die grünen Wiesen,<br />
wo tausend Blumen blühen farbenbunt,<br />
und tanzt den Reigen Rund um Rund,<br />
eh‘ der Gevatter winkt mit einem roten Strauß<br />
und ruft zur letzten Ruhe in die Ewigkeit hinaus.<br />
Das war‘s! Die Lebensjahre sind vergangen,<br />
brachten sie mal Mühe, doch meistens Lob und Ehr.<br />
Mein fleißig Streben, das Tagwerk, scheinen anerkannt,<br />
gesteckte Ziele, fromme Wünsche, hab‘ ich eingefangen.<br />
Von den heimatlichen Bergen bis zum fernen Weltenmeer<br />
ging ich mit meinem Lebenspartner Hand in Hand<br />
gemeinsam weithin fort von Land zu Land.<br />
So lebt ein Leben lang denn wohl, Ihr meine Lieben!<br />
Zu gern wär‘ ich ein bisschen noch bei Euch geblieben,<br />
die so treu mit Rat und Tat ihr mir zur Seite habt gestanden,<br />
so unsre Lebensziele selbst bei Dunkelheit noch fanden.<br />
Mit Euch Lieben und Geliebten all im Bunde<br />
ist mir nicht bang zur letzten Stunde<br />
und vor der mir beschiednen ewig langen Nacht.<br />
Ein Herzensgruß für Euch zum Schluss<br />
mit innigst-lieben Abschiedskuss<br />
und einem besten Dankeswort<br />
So geh‘ ich denn mit dem Gedanken fort -<br />
sehr ernst gemeint - wohl nicht von Euch belacht -<br />
mein irdisch Dasein ist vollbracht!
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100 Jahre Neue Apotheke<br />
Eisenach hat drei Traditions-Apotheken, die das<br />
Stadtbild mitprägen. Eine davon ist die Neue<br />
Apotheke an der Ecke Hospitalstraße / Karl-<br />
MarxStraße (früher Wörthstraße), deren Gründung<br />
sich am 13. Februar 2011 zum 100. Male<br />
jährt. Zwei Diktaturen einschließlich Verstaatlichung<br />
und zwei Weltkriege hat die<br />
Apotheke überstanden. Aber auch<br />
heute sind nicht alle Entwicklungen<br />
positiv. Umso mehr schätzt man wieder<br />
Tradition, Nähe und persönliche<br />
Betreuung.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
NEUE APOTHEKE IN DER<br />
AUFSTREBENDEN STADT<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war<br />
Eisenach eine Stadt im Aufbruch mit<br />
reger Bautätigkeit.<br />
Der „Weststädtische Bezirksverein“<br />
forderte eine dritte Apotheke mit<br />
Lage in der Weststadt, weil die beiden<br />
vorhandenen an der Karlstraße<br />
zur Versorgung der Menschen nicht<br />
mehr ausreichten.<br />
Die Neue Apotheke um 1937<br />
Eisenach, Wörthstraße 4, Ecke Hospitalstraße<br />
Die Konzession erhielt schließlich<br />
Apotheker Alwin Spangenberg (1869-1930). Das<br />
Erdgeschoss des Hauses Wörthstraße 4 / Ecke<br />
Hospitalstraße, erbaut 1886 durch Hermann Hahn,<br />
der auch die Eisenacher Synagoge entworfen hat,<br />
wurde zur Apotheke umgebaut. Spangenberg gab<br />
in der „Eisenacher Zeitung“ bekannt:<br />
“Die mir vom Großherzoglichen Staatsministerium<br />
konzessionierte neue Apotheke ist von<br />
Montag, den 13. Februar 1911 unter dem Namen<br />
‚Neue Apotheke‘ geöffnet.<br />
Eisenach, Wörthstraße 4, Ecke Hospitalstraße,<br />
Apotheker A. Spangenberg”<br />
DIE ÄRA FLEISCHMANN<br />
Apotheker Curt Fleischmann hat durch seine Persönlichkeit<br />
die Neue Apotheke bleibend geprägt.<br />
Bei den Eisenachern war er sehr beliebt, was man<br />
bis heute spürt.<br />
61<br />
Er hatte bei Colmar eine Apotheke besessen und<br />
kam, als das Elsaß nach dem Ersten Weltkrieg an<br />
Frankreich fi el, nach Thüringen. 1930 kaufte er<br />
die Apotheke und das Haus und wohnte mit seiner<br />
Frau und seinen beiden Töchtern in der Wohnung<br />
im ersten Stock, über der Apotheke.<br />
Am Hof schließt nach Süden ein größerer Schuppen<br />
an, in dem auch die Kohlen lagerten, denn<br />
Diese Rezepturwaage, ca. 1930, ist noch heute<br />
in Gebrauch
im Keller des Hauses befanden sich ja brennbare<br />
Flüssigkeiten und explosionsgefährliche Stoffe<br />
wie z.B. Phosphor, Äther, Benzin und Alkohol.<br />
Es wurde eine Vielfalt an Arzneien, auch in großen<br />
Mengen, in der Apotheke selbst angefertigt.<br />
Für Schmerz-, Migräne- oder Asthmapulver<br />
muss ten Pulverkapseln, also kleine Briefchen aus<br />
Papier, gefaltet werden. Unter anderem wurden<br />
Magenpulver, verschiedene Puder und Einrei-<br />
Apotheker Curt Fleischmann (1880-1965)<br />
führte bis 1960 die Neue Apotheke<br />
bungen angefertigt. Eine Arzneiform, die heute<br />
kaum noch hergestellt wird, (wegen Haltbarkeits-<br />
und Verkeimungsrisiken) waren die „echten“<br />
Pillen, deren Grundstoff HefeExtrakt war. Auf<br />
einem Pillenbrett wurde die Masse ausgerollt und<br />
dann die Pillen rolliert. Die Mitarbeiter füllten<br />
auch Natron in kleine Tütchen ab und boten diese<br />
zum Verkauf an. Lebertran wurde in Zwei-<br />
Liter-Flaschen angeliefert und musste in kleinere<br />
Flaschen umgefüllt werden. In großen Mengen<br />
wurden Hoffmann’s Tropfen (Spiritus aethereus)<br />
hergestellt.<br />
Sechs, zeitweise sieben Mitarbeiter beschäftigte<br />
Apotheker Fleischmann in den 40er Jahren, darunter<br />
auch einen angestellten Apotheker. Bei den<br />
damals vier Apotheken der Stadt Eisenach hatte<br />
die Neue Apotheke alle vier Wochen eine Woche<br />
lang rund um die Uhr Dienst.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
62<br />
Als während des Krieges in Eisenach epidemieartig<br />
eine Durchfallerkrankung auftrat, stellte Apotheker<br />
Fleischmann bis tief in die Nacht Pulver<br />
her, welche von den Mitarbeitern abgepackt wurden.<br />
Die lange Warte schlange vor der Eingangstür<br />
riss nicht ab.<br />
Apotheker Fleischmann wurde in den 50er Jahren<br />
immer wieder von staatlichen Stellen gedrängt<br />
und genötigt, die Apotheke abzugeben. In der<br />
Poliklinik in der Werneburgstraße, ca. 100 Meter<br />
von der Neuen Apotheke entfernt, richtete man<br />
eine weitere Apotheke ein, wohl bewusst als Konkurrenz<br />
zur privaten Neuen Apotheke.<br />
Ständig neue Repressalien und die vom Staat<br />
versperrte Möglichkeit, seine Apotheke selbst in<br />
andere Hände zu übergeben, führten dazu, dass<br />
Curt Fleischmann im Alter von 79 Jahren zum 1.<br />
Januar 1960 die Neue Apotheke an den Staat abgetreten<br />
hat. Eine Ära ging zu Ende.<br />
NEUE APOTHEKE UNTER<br />
STAATLICHER VERWALTUNG<br />
Als staatliche Leiterin setzte man Apothekerin<br />
Margarete Weidner ein, die bis dahin für die<br />
Poliklinik-Apotheke verantwortlich war, ab 1963<br />
Armin Drescher. Die Einrichtung der Offizin von<br />
1910/11 aus schwarzem Holz wurde durch das<br />
funktionale, schlichte Mobiliar der Poliklinik-<br />
Apotheke ersetzt.<br />
Die Apotheke zählte zur damaligen Zeit etwa<br />
sechs Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre stieg die<br />
Zahl der Mitarbeiter stetig an bis auf 13 am Ende<br />
der 80er Jahre.<br />
Seit 1973 wurden die Apotheken im Kreis Eisenach<br />
zentral von der aus Rats-Apotheke, zuletzt<br />
als „Pharmazeutisches Zentrum“, geleitet. Das<br />
brachte für jede Apotheke auch spezielle Aufgaben,<br />
so für die Neue Apotheke die Versorgung aller<br />
Zahnärzte des Kreises und bis 1978 die zentrale<br />
sterile Augentropfenherstellung, außerdem das<br />
Wälzen der sogenannten Katastrophenreservelager.<br />
Die Poliklinik und viele Arztpraxen wurden<br />
mit Sprechstundenbedarf versorgt, zwei Altersheime<br />
und mehrere andere Einrichtungen wurden<br />
ebenfalls mit Medikamenten beliefert.<br />
Bis Ende der 80er Jahre wurden im Apotheken-
labor große Mengen Salben, Zäpfchen, Flüssigkeiten<br />
aller Art, Pulver u.v.a.m. hergestellt.<br />
In reichlichen Mengen wurde z.B. der bekannte<br />
Hustensaft Mixtura solvens in großen Glaskolben<br />
hergestellt und dann abgefüllt. Dank eines<br />
leistungsfähigen Destillierapparates stand ständig<br />
genug reines destilliertes Wasser zur Verfügung.<br />
Im Mai 1979 baute die Firma Oskar Heinze aus<br />
Mellenbach in Thüringen im laufenden Betrieb<br />
eine moderne Inneneinrichtung ein. Praktische<br />
Ziehschränke prägen seitdem das Bild. Diese<br />
Apothekeneinrichtung ist nicht nur vorteilhafter<br />
zum Arbeiten als viele der neuen Einrichtungen<br />
in Apotheken, auch die Kunden schätzen sie.<br />
Mittlerweile ist diese ja nicht historische Offizin<br />
die älteste Apothekeneinrichtung der Stadt. „Bei<br />
Ihnen sieht es noch aus wie in einer Apotheke.“<br />
Diese Aus sage hört man immer häufiger.<br />
Warenlieferungen kamen alle 14 Tage per LKW<br />
vom Versorgungsdepot (VD) Zella-Mehlis - auch<br />
im Winter (mit Schneeketten) - pünktlich.<br />
Leider fehlten oft bei den Lieferungen verschiedene<br />
Medikamente, so dass Erfindungsreichtum<br />
gefragt war. Viele Säfte und Salben wurden dann<br />
im eigenen Labor als Ersatzproduktionen hergestellt.<br />
1978 zog im 1. Stock die Abteilung Qualitätssicherung<br />
(„Quasi“) unter Apothekerin Sigrid<br />
Danz ein, in der die angefertigten Medikamente<br />
aller Apotheken des Kreises stichprobenartig, z.B.<br />
auf ihre Bestandteile und eventuelle Verunreinigungen,<br />
überprüft wurden.<br />
Im Jahre 1989 hatte die Neue Apotheke 13 Mitarbeiter.<br />
NEUE APOTHEKE<br />
VON 1990 BIS HEUTE<br />
Ende des Jahres 1990 wurde die Neue Apotheke<br />
wieder privatisiert.<br />
42 Jahre lang, eine Zeitspanne, die voraussichtlich<br />
nicht wieder erreicht wird, leitete Apotheker<br />
Armin Drescher die Neue Apotheke. Viele Patienten<br />
und Kunden sagten statt „wir gehen zur<br />
Apotheke“…„wir gehen zu Herrn Drescher.“ –<br />
Er ist eine Institution in Eisenach.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
63<br />
Der gepflegte Garten am Haus mit Rosen, Dahlien<br />
und vielen anderen zu jeder Jahreszeit blühenden<br />
Pflanzen ist eine hervorragende Visitenkarte für<br />
die Apotheke.<br />
Am 1. August 2005 übernahm Apotheker Martin<br />
Pritzkow die Neue Apotheke.<br />
Der Bedarf an sicherer Auskunft, guten Arzneimitteln<br />
und Anfertigungen ist groß und wächst<br />
wieder stetig. Die Neue Apotheke mit ihrem fachkundigen<br />
Personal und der freundlichen Beratung<br />
ist sehr gut darauf eingestellt.<br />
Wir freuen uns, Sie bei uns begrüßen zu dürfen!<br />
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Martin Pritzkow<br />
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Rhönklub Zweigverein Eisenach e.V. gegr. 1879<br />
DATUM Veranstaltungen im 1. Quartal 2011<br />
Strecke<br />
Sa 08.01.11<br />
Sa 22.01.11<br />
15.00 Uhr<br />
Sa 05.02.11<br />
Sa 19.02.11<br />
Sa 05.03.11<br />
Sa 19.03.11<br />
Wanderung nach Unkeroda:<br />
Carl-Alexander-Denkmal – Mariental – Knöpfelsteiche – Veilchenweg – Rennsteig –<br />
Unkeroda, Hilda Siebert*, Treffp. 9.00 Uhr am Carl-Alexander-Denkmal / Wartburgallee<br />
Jahreshauptversammlung mit Neuwahlen!<br />
(schriftliche Einladung)<br />
Rundwanderweg: Carl-Alexander-Denkmal – Burschenschaftsdenkmal – Mosbacher<br />
Linde – Herzogseiche – Breitengescheid – Prinzenteich, Diethard Puschner*<br />
Treffpunkt 9.00 Uhr am Carl-Alexander-Denkmal / Wartburgallee<br />
Besuch des Heimatmuseums in Ruhla<br />
mit anschließender Wanderung um Ruhla, Brigitte Wilkens* / 8.15 Uhr (2)<br />
Wanderung von Ruhla Waldbad durch den Ungeheuren Grund<br />
zum Rennsteig – Glöckner – Glasbach – Ruhlaer Skihütte – Schwarzbachwiese –<br />
Geisenalm. Rückfahrt ab Ruhla, Wintersteiner Straße, Brigitte Wilkens* / 8.15 Uhr (2)<br />
Wanderung in den Frühling zu den Märzenbechern von Seebergen über den<br />
Großen Seeberg – Drei Gleichen - Wandersleben, Diethard Puschner* / 7.45 Uhr (1)<br />
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />
Allen Mitgliedern und Freunden des Rhönklubs wünschen wir frohe<br />
Weihnachten und ein gesundes neues Jahr!<br />
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />
*Wanderführer / **Treffpunkte zu den Wanderungen: (1) DB-Hauptbahnhof Eisenach / (2) Busbahn<br />
hof Eisenach • Terminänderungen? - Bitte auch Mitteilungen in der Tagespresse beachten!<br />
Zu unseren Veranstaltungen und Wanderungen sind alle Natur- und Heimatfreunde sowie Freunde<br />
des Rhönklubs immer herzlich eingeladen. Frisch Auf!<br />
Nähere INFO und Teilnahmemeldung bitte an Gerda Jäger<br />
Berka / Werra • Tel. 036922 - 28436 (bitte auch Anrufbeantworter nutzen!)<br />
Nach erfolgreichem Vertrieb des Ersten Bandes "Begleitbericht<br />
zum Autobahnbau" folgt nun der Zweite Band mit vielen Fotos<br />
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Aus dem Programm:<br />
» Heimatliteratur<br />
» Flyer & Prospekte<br />
» Visiten-& Postkarten<br />
» Festschriften<br />
Gedanken zum Jahresausklang .....................................3<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 34 (9 Seiten)<br />
130 Jahre Thüringerwald-Verein ...................................5<br />
Erinnerungen an Erich Röder ........................................6<br />
Inselsbergtreffen ..........................................................7<br />
Von Ilmenau nach Wetzlar ............................................8<br />
20 Jahre <strong>Hörselberg</strong>gemeinde .....................................9<br />
Stegmann-Linde in Schönau ......................................10<br />
Das <strong>Hörselberg</strong>haus ..................................................11<br />
325 Jahre Masserberg - 115 Jahre ThwV ...................12<br />
Heinrich Schwerdt - 200. Geburtstag .........................15<br />
Teiche zwischen Ohra und Hörschel<br />
Teil 2: Bergsee Ebertswiese und Marderteich .............20<br />
Heimatmuseum Tabarz ...............................................26<br />
Karl Brenk - Bilder halten Erinnerungen wach .............32<br />
Rudolf Baumbach - "fahrender Gesell"........................37<br />
Borsig - Bergbau in Ruhla ..........................................40<br />
Entdeckertour im mittleren Nessetal ...........................44<br />
Woher kommt das Wasser der Hörsel<br />
Badewasser - der zweigeteilte Bach (Teil 1)................47<br />
Grenzsteine im Bereich der Fahner Höhen ..................52<br />
Farnroda Teil 7 (F) / Geschichte und Geschichten ......56<br />
Nachwort für Dr. Horst Herrling ..................................58<br />
100 Jahre Neue Apotheke in Eisenach ........................61<br />
Rhönklub Eisenach / Wanderplan ...............................65<br />
Autoren der Beiträge:<br />
R. Bellstedt, G. Dehmel, Dr. R. Ehrhardt, G. Fuchs,<br />
Dr.K. Gunkel, J. Häffner, Dr.H. Herrling †, Dr.R. Hübner,<br />
W. Möller, M. Pritzkow, H.W. Radatz, Ch. & D. Reißig,<br />
Dr.S. Scholze, Dr.A. Seifert, S. Zerbst,<br />
Titelbild: Deubach... verträumt... verschneit... (dr)<br />
Rückseite: Abendstimmung am <strong>Hörselberg</strong>haus (dr)<br />
Für das zur Veröffentlichung überlassene Text- und<br />
Bildmaterial dankt die Redaktion.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
Inhaltsübersicht: Seite: Impressum:<br />
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<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong><br />
Zeitschrift im Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
für Natur-, Heimat- & Wanderfreunde<br />
mit Beiträgen und Nachrichten aus den Vereinen<br />
Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
Redaktion: Dietmar Reißig (dr)<br />
Gestaltung + Satz Schönau - Deubach 6<br />
Anzeigenverwaltung 99848 Wutha-Farnroda<br />
Vertrieb Tel. 036921-91029 / Fax 91027<br />
Schriftleitung: Christina Reißig (chr)<br />
Tel. 036921-91029 / Fax 91027<br />
INTERNET: www.thueringenweit.de<br />
hoerselberg-bote@t-online.de<br />
Erscheinung: Vierteljährlich<br />
März - Juni - September - Dezember<br />
Auflage: 5000 (20 000 im Jahr)<br />
ABO-Vertrieb: Jahresbezugspreis<br />
inkl. Zustellung 14,50 EURO<br />
Vertrieb von - <strong>Hörselberg</strong>gemeinde e.V.<br />
Freiexemplaren: - Thüringerwald-Verein 1880 e.V.<br />
- Rennsteigverein 1896 e.V.<br />
- Rhönklub e.V.<br />
- andere Vereine bei Veranstaltungen<br />
- Touristinformationen<br />
- Werbeinserenten<br />
Bezug von Freiexemplaren:<br />
Liebe Leser, unsere eingetragenen Werbeinserenten halten<br />
Freiexemplare für ihre Kunden bereit, bitte melden Sie Ihr Interesse<br />
am <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n dort rechtzeitig an.<br />
Wahrung der Urheberrechte:<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong><br />
Frühlingsausgabe Nr. 84<br />
Redaktionsschluss<br />
21. Februar 2011<br />
erscheint am: 12. März 2011<br />
JAHRES-ABO <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> inkl. Versandkosten 14,50 EURO<br />
Text- und Bild-Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher<br />
Genehmigung des jeweiligen Autors der Beiträge bzw. nach<br />
Rücksprache mit der Redaktion.<br />
Für den fachlichen Inhalt der Beiträge gewährt der Autor.
KOHL BÜROGEMEINSCHAFT<br />
Wolfgang Kohl • Jens Hartramph<br />
Karlstraße 48-50 • 99817 Eisenach<br />
Tel. 0 36 91 - 7 50 95 • Fax 7 50 96<br />
Funk 0171 - 2 07 37 29<br />
email: Hartramph.Jens@t-online.de<br />
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Deubach 11b • OT Schönau<br />
99848 Wutha-Farnroda
Foto dr<br />
Der Winterfrost hemmt Strom und Bach,<br />
Es rüttelt rüttelt der Wind an den Thüren,<br />
Eiszapfen hängen hängen herab vom Dach, Und wenn ich mich draussen getummelt hab’,<br />
Die Spatzen hungern hungern und frieren, So zähl’ ich die Groschen und Heller<br />
Der Roland hält im Schneebarett Und steige die steinerne Treppe hinab<br />
Wacht an der Rathausstiegen. Zum dämmernden Rathhauskeller.<br />
Frau Holle schüttelt ihr ihr Federbett, Es langt der Wirth mir von dem Brett<br />
Die Flocken wirbeln und fliegen. Den grössten von allen Krügen.<br />
Frau Holle schüttelt ihr Federbett,<br />
Die Flocken wirbeln und fliegen.<br />
Erste und Dritte von fünf Strophen. Meininger Museem.