BUCHTIPP - Hörselberg-Bote
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BUCHTIPP - Hörselberg-Bote
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Nr. 90<br />
Zeitschrift im Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
mit Thüringer Monatsblätter // Nr.41 Seite 5 - 13<br />
Herbstausgabe<br />
2012<br />
FÜR NATUR- HEIMAT- UND WANDERFREUNDE THÜRINGENS<br />
Schloss und Park Reinhardsbrunn<br />
DENkmal in not
Deubach (Ortsmitte) – Blick zum Großen <strong>Hörselberg</strong> mit <strong>Hörselberg</strong>haus - 484 m ü NN<br />
Das besondere Erlebnis ...genießen Sie eine schöne Herbstwanderung!<br />
…unsere Empfehlung: Termine am & im <strong>Hörselberg</strong>haus<br />
Sonntag - 16. September - ab 10 Uhr „Herbstfest auf dem <strong>Hörselberg</strong>“<br />
…musikalischer Frühschoppen ...Chorsingen am <strong>Hörselberg</strong>haus ...Berggottesdienst<br />
...fröhliches Beisammensein – Spiel & Spaß für Kinder<br />
Sonntag - 14. Oktober - ab 10 Uhr „Erntedank auf dem Großen <strong>Hörselberg</strong>“<br />
…Musik für Jung und Alt ...der Erntealtar wird geschmückt – Erntedankgottesdienst<br />
weitere Termine:<br />
Do + Fr - 8.+9.11 - Menüabend: „Martinsgansessen“ 3-Gänge-Menü<br />
Sonntag - 11.11. - Martinsgans auf der Mittagskarte ...so richtig Klöße und Gänsebraten<br />
Do + Fr - 15.+16.11 - Menüabend: „Martinsgansessen“ 3-Gänge-Menü<br />
Herzlich Willkommen! – Bitte reservieren Sie rechtzeitig!<br />
Weihnachtsfeiern für Familien, Vereine und Firmen... bitte rechtzeitig anmelden!<br />
Silvesterparty auf dem Großen <strong>Hörselberg</strong>... jetzt schon reservieren!<br />
Bitte beachten Sie unseren aktuellen Veranstaltungskalender im Internet<br />
Täglich Di – Fr: geöffnet: 11.00 bis 10.00 18.00 - Uhr, 18.00 Sa Uhr + So: / Fr, 10.00 Sa, So bis bis 18.00 20 Uhr Uhr, / kein Mo: Ruhetag<br />
ganzjährig geöffnete Ausflugsgaststätte · traditionell thüringische Küche<br />
Familien- oder Betriebsfeiern in unseren Räumen ideal<br />
2<br />
Berggasthaus „Großer <strong>Hörselberg</strong>“<br />
Tel.: 03622/907320 · www.hörselberg.info
d e n k m a l in n o t – u n s e r e t h ü r i n g e r i d e n t i tä t b e w a h r e n<br />
1985 wurde die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz<br />
und -pflege unter Schirmherrschaft<br />
des Bundespräsidenten gegründet. Seit 1993<br />
lädt sie am zweiten Sonntag im September zum<br />
Tag des offenen Denkmals deutschlandweit ein.<br />
Satzungsgemäßes Anliegen ist es, bedrohte Kulturdenkmale<br />
zu bewahren und öffentlich für<br />
den Gedanken des Denkmalschutzes zu werben.<br />
Mehr als 480 Mio. Euro konnte der Denkmalschutz<br />
seitdem für die Rettung von bedrohtem<br />
Baukulturgut einsetzen und damit etwa 4.000<br />
Denkmale erhalten.<br />
Immer mehr Menschen nutzen das Angebot, an<br />
diesem Tag Objekte zu besichtigen, die sonst<br />
nur teilweise dem interessierten Baufachmann<br />
oder Geschichtsliebhaber zugänglich sind. Laut<br />
Stiftung sind alljährlich ca. 4 Millionen Menschen<br />
am Tag des offenen Denkmals unterwegs.<br />
Je nach Jahresmotto können sich private Eigentümer<br />
sowie auch öffentliche Träger daran beteiligen.<br />
2012 steht der Tag des offenen Denkmals<br />
am 9. September unter dem Motto: „Holz“.<br />
Der nachwachsende Rohstoff Holz war und ist<br />
fast immer und überall verfügbar und ein vergleichsweise<br />
preisgünstiges Baumaterial. Holz<br />
ist relativ leicht, besitzt eine gewisse Flexibilität<br />
und lässt sich gut bearbeiten. Schon früher nutzten<br />
alle Bevölkerungsschichten zum Bau ihres<br />
Hauses Holz. Bei den Armen waren es dünne<br />
Fichtenbalken, bei den Reichen wurden dicke<br />
Balken (häufig aus Eiche) eingebaut.<br />
Ziel dieser Aktionen ist es, zum Einen auf sanierte,<br />
wieder hergestellte Denkmale aufmerksam<br />
zu machen, um zu zeigen, dass sich der<br />
Einsatz gelohnt hat. Manches Beispiel regt an,<br />
3<br />
historische Bausubstanz wieder bewohnbar zu<br />
machen. So hat man schon seine Freude daran,<br />
wenn z.B. der alte Bauernhof in Lehmbauweise<br />
liebevoll restauriert wurde. Zum Anderen ist es<br />
aber auch wichtig, die Öffentlichkeit über bedrohte<br />
Bauwerke immer wieder zu informieren.<br />
Das können wir z.B. sehr gut an Schloss und<br />
Park Wilhelmsthal bei Eisenach beobachten.<br />
Hier hat sich schon sehr viel getan, ein Besuch<br />
ist zu empfehlen.<br />
Schloss und Park Reinhardsbrunn –<br />
Denkmal in Not!<br />
Solch ein bedrohtes Bauwerk, dessen Spuren<br />
bis in die Zeit des ehemaligen Benediktinerklosters*<br />
zurückreichen, welches die Thüringer<br />
Landgrafen um 1085 erbauen ließen, ist das<br />
spätere herzogliche Jagdschloss in Reinhardsbrunn*<br />
im Landkreis Gotha. Mehrere Schlossgebäude<br />
und Nebengelasse, die teilweise noch<br />
bis vor wenigen Jahren bewirtschaftet wurden,<br />
wurden „komplett ausgeplündert“ und sind dem<br />
Verfall preisgegeben. Der umgebende Park mit<br />
altem Baumbestand und Teich schlummern im<br />
Dornröschenschlaf. Wenn nicht erst kürzlich<br />
der Förderverein Freischneideaktionen durchgeführt<br />
hätte, wäre bald vom gesamten mittelalterlichen<br />
Ambiente nicht mehr viel zu sehen. Doch<br />
der alles rettende Prinz wird noch gesucht! Hier<br />
ist viel Enthusiasmus, Ausdauer und Überzeugungskraft<br />
notwendig, um eine Lösung zu finden.<br />
Gut, dass es deutschlandweit viele ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter gibt, die sich regional für<br />
den Denkmalschutz engagieren. (zum Thema:<br />
siehe Seite 15 ff.)<br />
Christina Reißig<br />
*Das Buch "Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn" von Sigmar Löffler erhalten Sie in der...
Das im Jahre 1680 von den Herren von Wangenheim<br />
erbaute Herrenhaus steht auf dem Gewölbe einer<br />
Schäferei, welche im 13. Jahrhundert erbaut wurde.<br />
Der an das Herrenhaus grenzende Park mit kleinem<br />
Teich lädt zum Spaziergang zu jeder Jahreszeit ein. Hier<br />
vergessen Sie den Stress und die Hektik des Alltags. 45<br />
hoteleigene und kostenlose Parkplätze stehen Ihnen<br />
direkt vor dem Haus zur Verfügung. In den Sommermonaten<br />
lädt der hoteleigene Biergarten zum Feiern im<br />
Grünen ein. Unser Hotel befi ndet sich im Städtedreieck<br />
Mühlhausen, Bad Langensalza, Eisenach und unmittelbar<br />
am Rande des Nationalparks Hainich!<br />
Den Urwald Hainich entdecken<br />
1. Tag:<br />
› Anreise ab 14.00 Uhr<br />
› Wanderung entlang des am Hause gelegenen<br />
Skulpturenwanderweges (11 km)<br />
2. Tag :<br />
› reichhaltiges Frühstücksbuff et<br />
› individuelle Wanderung durch den Hainich<br />
› Wanderkarte<br />
› Lunchpaket<br />
3. Tag:<br />
› reichhaltiges Frühstücksbuff et<br />
› Heimreise<br />
Leistungen:<br />
› 2x Übernachtungen/ Frühstück<br />
› 1x Wanderkarte<br />
› 1x Lunchpaket<br />
Hotel „Zum Herrenhaus“ ���<br />
pro Person<br />
69,00 €<br />
Inhaber Manuel Spieth<br />
Schlossstraße 10<br />
99820 <strong>Hörselberg</strong>-Hainich/OT Hütscheroda<br />
4<br />
Zimmertyp: 8 EZ, 12 DZ, 7 ZBZ, 3 DBZ<br />
Preis pro Pers.<br />
inkl. Frühstück<br />
HP-Zuschlag EZ-Zuschlag Zustellbett Kinderermäßig.<br />
EZ 46,00 € 10,00 € – – –<br />
DZ 33,00 € 10,00 € p. P. 13,00 € 10,00 € ja<br />
ZBZ 33,00 € 10,00 € p. P. 13,00 € 10,00 € ja<br />
DBZ 25,40 € 10,00 € p. P. – 10,00 € ja<br />
› regionale, gutbürgerliche Küche<br />
› Gaststube mit 35 Plätzen<br />
› Kaminzimmer mit 20 Plätzen<br />
› Kaiserzimmer mit 40 Plätzen<br />
› Gewölbekeller mit 50 Plätzen<br />
› 2 Konferenzräume mit je 60 Plätzen<br />
› 80 Plätze im Park<br />
› 12 km Skulpturenpfad<br />
› 7 km Wildkatzenpfad<br />
Telefon: +49 36254 720-0<br />
Telefax: +49 36254 720-23<br />
www.Hotel-ZumHerrenhaus.de<br />
ab April 2012:<br />
Wildkatzengehege
Thüringer Monatsblätter<br />
Geschäftsstelle: Theodor-Neubauer-Park 1 / 99891 Tabarz / Tel. 036 259-51 598<br />
5<br />
Nr.41 / 2012<br />
Zeitschrift des Thüringerwald-Vereins 1880 e.V.<br />
5. Outdoor - aktiv - Tag<br />
und Vereinstreffen 2012 in Tabarz<br />
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens hatte sich der Thüringerwald-Verein Tabarz bereiterklärt<br />
auch gleichzeitig das diesjährige Vereinstreffen auszurichten. Der heutige Verein gründete sich am<br />
7. November 1992 wieder und setzte damit die Tradition des bereits 1893 erstmals gegründeten<br />
Thüringerwald-Vereins in Tabarz fort. Der Zweigverein zählt etwa 80 Mitglieder, darunter erfreulicherweise<br />
eine große Jugendgruppe.<br />
Von 8 bis 11 Uhr konnte individuell zu den beiden 9 und 12 km langen Wandertouren in Richtung<br />
Fischbach – Winterstein gestartet werden. Bei der Familien-Tour mit den Kids herrschte reges Treiben.<br />
Wir wollten unser Kenntnisse in Sachen Pilze erweitern und so nahmen wir an der geführten<br />
Pilzwanderung teil. Einige hatte die großen Körbe mitgebracht, aber auf Grund der Trockenheit der<br />
letzten Wochen war die Erwartung nicht sehr groß. Der Fachmann auf diesem Gebiet, der sich über<br />
40 Jahre als geprüfter Pilzberater engagiert, war der langjährige Vorsitzende des Thüringerwald-<br />
Vereins aus Brotterode Gerd Fuchs. Gemeinsam mit ihm haben die etwa 20 Teilnehmer eine ca. 5<br />
km lange Strecke im Lauchagrund hinauf und quer durch den Wald zurück zum Winkelhof unternommen.<br />
Trotz Trockenheit konnten 32, meist weniger bekannte, giftige und essbare Pilzarten entdeckt<br />
werden. So z.B. der Tintenschopfling, der Goldgelbe Lärchenröhrling, der Büschelrübling,<br />
der Kartoffelbovist, den Samtfußkrempling, den Grauen Wulstling, den Rehbraunen Dachpilz und<br />
verschiedene Täublingsarten. Am Wegesrand fanden wir den besonders gefährlichen Giftpilz, den<br />
Rotbraune Hautkopf. Er vergiftet den Körper schleichend und kann bis 14 Tagen nach dem Verzehr<br />
seine Wirkung entfalten.<br />
Gegen Mittag trafen alle Wanderer wieder am Winkelhof ein, wo die Vereinsmitglieder am Bratstand<br />
oder mit Kaffee und selbstgebackene Kuchen zur Stärkung einluden. Am Nachmittag sorgte<br />
„Der Wintersteiner“ alias Svend Walter mit Witz, Humor und Gesang für gute Stimmung im Festzelt<br />
trotz aufziehender Regenschauer.<br />
Resümee: Gut 180 Wanderfreunde aller Altersgruppen nutzten den Wandertag, um aktiv in der<br />
Natur unterwegs zu sein. Die Tabarzer Vereinsfreunde hätten gerne mehr Mitglieder aus den Zweigvereinen<br />
des Thüringerwald-Vereins 1880 e.V. in ihrer schönen Region am Inselsberg begrüßt.<br />
Bitte schon im Wanderplan 2013 vormerken:<br />
Treffen der Thüringerwald-Vereine in Ilmenau auf dem Kickelhahn am 24. August!<br />
Frisch Auf!<br />
www.thueringerwaldverein.de
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 / Seite 400<br />
21.Thüringer Wandertag rund<br />
Schon zeitig am Morgen machten sich die Wanderfreunde<br />
auf in den südlichsten Zipfel Thüringens,<br />
um pünktlich zur Eröffnung in Heldburg im<br />
Landkreis Hildburghausen zu sein. Die Präsidentin<br />
des Thüringer Wanderverbandes und zugleich<br />
unsere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht<br />
begrüßte die sehr zahlreich angereisten Mitglieder<br />
der acht Hauptvereine und Gäste von nicht organisierten<br />
Wandervereinen. Zum 12. Mal eröffnete<br />
die Geschäftsführerin der Thüringer Tourismus<br />
GmbH (TTG) Bärbel Grönegreß mit dem Thüringer<br />
Wandertag den Thüringer Wandersommer.<br />
Auch Landrat Thomas Müller und Bürgermeisterin<br />
Anita Schwarz richteten ein Grußwort an die<br />
Gäste in ihrer Region und wünschten einen erlebnisreichen<br />
Wandertag.<br />
Schließlich ging es an die 10 Startpunkte zu den<br />
geführten Wanderungen. Es wurden Touren zwischen<br />
4,5 km und 16 km angeboten. Wegen guten<br />
Zuspruchs wurde die Stadtführung gleich zweimal<br />
absolviert. Zur mittleren Tour mit 7,5 km<br />
Länge hatte sich die größte Schar der Wanderer<br />
entschlossen. Sie führte über Wiesen und durch<br />
Wald, am idyllisch liegenden Kuhteich vorüber<br />
auf dem Lutherweg zur Veste Heldburg hinauf,<br />
wo mit einem Gottesdienst das erste Teilstück<br />
der Südschlaufe des Lutherweges eröffnet wurde.<br />
Eine Übersichtstafel wurde übergeben, die ihren<br />
Platz am Parkplatz zur Burg finden soll. Der Posaunenchor<br />
umrahmte die Feierstunde mit einem<br />
der bekanntesten Lieder von Luther: „Ein feste<br />
Burg ist unser Gott“.<br />
Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten soll die<br />
um Heldburg<br />
6<br />
Heldburg das erste Deutsche Burgenmuseum beherbergen.<br />
Schon jetzt lohnt der Besuch von Stadt<br />
und Burg, denn das größte Ausstellungsstück ist<br />
die Heldburg selbst, deren Spuren bis in das Jahr<br />
1317 zurück reichen.<br />
Wieder auf dem Sportplatz angekommen, konnten<br />
sich alle Teilnehmer bei Erbsensuppe und<br />
Bratspezialitäten stärken und an verschiedenen<br />
handwerklichen Ständen umschauen. Von Spinnstube<br />
bis Holzschnitzarbeiten, von Wander- bis<br />
Wellnessangeboten, für jeden dürfte etwas dabei<br />
gewesen sein.<br />
1<br />
Die Thüringer Wanderjugend hatte Spiele und<br />
Geo-Caching im Angebot. Ein abwechslungsreiches<br />
Kulturprogramm mit einem Fanfarenzug, einem<br />
Männerchor, begleitet von einer Frauengruppe<br />
mit Akkordeons, sorgten für gute Stimmung<br />
auf dem Festplatz und auch das Wetter war super<br />
- blauer Himmel und Sonnenschein.
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 / Seite 400<br />
DieVeste Heldburg - die „Fränkische<br />
Leuchte“ - grüßte die Wanderer<br />
Wanderkönig(in) und Wimpelbänder<br />
immer begehrt<br />
Für das Jahr 2011 konnte erstmals auch in der<br />
Sparte Kinder und Jugend (bis 27 Jahre) ein Wanderkönig<br />
ausgezeichnet werden. Es ist der neunjährige<br />
Christian Frank vom Thüringerwald-Verein<br />
aus Tabarz. Er war 92 km mit seinem Verein<br />
gewandert. Auf Platz 1 der Frauen kam Susanne<br />
Hähner aus Holzhausen (Ilmkreis) mit 1383 km.<br />
Da sie sehr oft gemeinsam mit ihrem Mann Lutz<br />
auf Tour geht, wurde auch er als Wanderkönig<br />
2011 der Männer mit ebenfalls 1383 km ausgezeichnet.<br />
Gezählt werden bei dieser Wertung nur<br />
2 3<br />
Wanderungen mit einem Verein. Alle neun Wanderkönige<br />
(siehe unter: www.wanderverbandthueringen.de/wandercup)<br />
- in jeder Sparte die<br />
ersten drei Gewinner - erhielten einen von Sponsoren<br />
gefüllten Wanderrucksack neben Urkunde<br />
und Pokal. Zum Abschluss wurde ein Wellnesswochenende<br />
in Bad Rodach verlost.<br />
7<br />
Ein besonderer Dank geht an alle Sponsoren und<br />
Helfer, ohne die eine solche Großveranstaltung gar<br />
nicht möglich wäre. Der Sportverein Heldburg,<br />
Abteilung Wandern (Zweigverein des TGW) war<br />
ein guter Gastgeber und alle Teilnehmer werden<br />
den 21. Thüringer Wandertag rund um die Heldburg<br />
in guter Erinnerung behalten.<br />
(1) Begrüßung der Wanderfreunde durch die<br />
Präsidentin des Thüringer Wanderverbandes<br />
Christine Lieberknecht<br />
(2) Eröffnung des Lutherweges auf der Heldburg<br />
(3) Wimpelbandverleihung, im Bild Zweigvereine<br />
des Thüringerwald-Vereins 1880 e.V.<br />
Fotos: Reißig / Hofmann<br />
Thüringen wanderbar!<br />
Schon vormerken:<br />
22. Thüringer Wandertag in Ohrdruf<br />
am Sonntag - 26. Mai 2013
Thüringerwald-Verein Ilmenau<br />
Nachrichten<br />
Standbetreuung zum Hessentag in der Ilmenauer<br />
Partnerstadt Wetzlar 1. bis 10.6. 2012<br />
Im Jahre 2010 unternahmen einige Wanderfreunde<br />
vom Thüringerwald-Verein Ilmenau aus Anlass der<br />
20-jährigen Städtepartnerschaft zwei Etappenwanderungen<br />
zur Partnerstadt Wetzlar. Dort wurden sie sehr<br />
herzlich von Vertretern der Stadt aufgenommen.<br />
Als wir dann im vorigen Jahr gebeten wurden, bei der<br />
Standbetreuung der Stadt Ilmenau die Stadtinformation<br />
am Hessentag zu unterstützen, stimmten wir zu.<br />
Der Hessentag ist ein großes, 10 Tage dauerndes Fest<br />
mit vielen sportlichen, kulturellen und politischen<br />
Veranstaltungen, Märkten, Infoständen, Ausstellungen,<br />
einem großen Festumzug am Ende. Er ist Anziehungspunkt<br />
für viele Menschen aus ganz Hessen und<br />
darüber hinaus. Es war eine große Herausforderung<br />
für Wetzlar. Am Ende war es ein großer Erfolg, insgesamt<br />
wurden ca. 1,2 Millionen Besucher gezählt.<br />
Auf dem Domplatz stand ein großes Zelt, in dem sich<br />
alle acht Partnerstädte präsentieren konnten.<br />
Die Stadtinformation Ilmenau stellte das Infomaterial<br />
zur Verfügung und sorgte für den Aufbau des Standes<br />
am ersten Tag. Danach waren jeweils zwei Wanderfreunde<br />
immer von 14.00 Uhr bis zum übernächsten<br />
Tag 14.00 Uhr vor Ort, so dass insgesamt acht Wanderfreunde<br />
und ein Ehepaar aus Manebach den Ilmenauer<br />
Stand betreuten.<br />
Es kamen viele interessierte Besucher, die sich über<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 / Seite 468<br />
8<br />
Ablösung am Ilmenauer Messestand in Wetzlar<br />
die Ilmenau im Thüringer Wald und die touristischen<br />
Möglichkeiten wie z.B. Wanderziele oder Radwege<br />
informierten und wir hatten viele interessante Gespräche.<br />
Auch mit den Vertretern der übrigen Partnerstädte<br />
aus ganz Europa gab es einen regen Austausch. Vom<br />
Partnerschaftsbeauftragten und vom Kulturamt in<br />
Wetzlar war alles gut organisiert und die Kollegen<br />
waren täglich vor Ort. Wir haben unsere Partnerstadt<br />
besser kennengelernt und konnten viele neue Eindrücke<br />
mit nach Hause nehmen.<br />
Frisch Auf ! - Christine Naumann,<br />
Pressewartin vom Zweigverein Ilmenau
Start - Thüringerwald-Verein 1880 e.V.<br />
nimmt Aufstellung für den großen Festumzug der<br />
Wandervereine... als Fahnenträger der 1. Vorsitzende,<br />
Jürgen Theile aus Bad Blankenburg<br />
Erlebnisse beim Deutscher Wandertag in<br />
Bad Belzig 20.6. bis 25.6. 2012<br />
Vier Wanderfreunde vom Thüringerwald-Verein<br />
Ilmenau (Fam. Dehmel und Fam. Naumann) fuhren<br />
zum Deutschen Wandertag nach Bad Belzig.<br />
Es wurden viele geführte Wanderungen und zahlreiche<br />
Veranstaltungen angeboten. Wir waren in<br />
der Nähe von Wiesenburg im Hotel „Alte Hölle“,<br />
mitten im Wald, ebenso wie Wanderfreunde aus<br />
dem Erzgebirge und aus Köln, untergebracht.<br />
Nach der Anreise nahmen wir an einer geführten<br />
Wanderung vom Bahnhof Wiesenburg durch<br />
Waldgebiete des Hohen Fläming teil. Die Natur-<br />
und Landschaftsführerin von Wiesenburg erklärte<br />
uns einiges über die Landschaft, z. B. die<br />
„Rummeln“; das sind Taleinschnitte, die dort in<br />
der Eiszeit als Trockentäler entstanden sind, aber<br />
bei starken Regengüssen Wasser führen und sogar<br />
überschwemmt werden. Wir erfuhren viel<br />
über die einzelnen Baumbestände, es gibt dort<br />
alte geschützte Buchenwälder und auch viele andere<br />
Laubbäume wie Eichen und Linden. Diese<br />
Vielfalt an Baumarten konnten wir auch bei den<br />
Wanderungen an den folgenden Tagen, die wir<br />
individuell zu viert unternahmen, finden. Die Lindenblüten<br />
dufteten und der Kuckuck begleitete<br />
uns oft durch seinen Ruf.<br />
9<br />
Ilmenauer Wanderfreunde mit Vereinswimpel<br />
zum 112. Deutschen Wandertag<br />
in Bad Belzig im Fläming<br />
Wir suchten uns Rund- oder Themenwege heraus,<br />
die alle sehr gut markiert und begehbar waren, um<br />
uns mit der vielfältigen Landschaft vertraut zu<br />
machen (kaum langweiliger Kiefernwald)! Ein internationaler<br />
Kunstweg mit vielen Entdeckungen,<br />
der höchste Berg von Norddeutschland - sogar mit<br />
Gipfelkreuz und Gipfelbuch - der Hagelberg mit<br />
201m, Raben mit Burg Rabenstein, der Schlosspark<br />
von Wiesenburg und Bad Belzig mit der<br />
Burg Eisenhardt waren unsere Ziele. Unterwegs<br />
trafen wir oft Wanderer, manche sogar mehrmals,<br />
da gab es immer etwas zu erzählen.<br />
Zum Umzug am Sonntag, den 25. Juni waren dann<br />
ca. 12.000 Besucher in der Altstadt von Bad Belzig.<br />
Ein bunter Zug der Wandervereine aus ganz<br />
Deutschland zog durch die Straßen, es herrschte<br />
überall gute Laune und immer wieder erschallte<br />
der Ruf: Frisch Auf! Wir reihten uns beim Thüringerwald-Verein<br />
ein und liefen die 3 km sogar<br />
ohne Regen mit. Am Ende des Zugs kamen die<br />
Veranstalter vom Fläming, wir sagen Dank für die<br />
Gastfreundschaft!<br />
Unser Fazit: Der Fläming ist eine Reise wert und<br />
ein sehr schönes Wandergebiet. Ch. Naumann<br />
Bilder und Eindrücke unter:<br />
www.deutscher-wandertag2012.de
Thüringer Bund der<br />
Berg-, Burg- und Waldgemeinden<br />
Lobdeburg-Gemeinde 1912 e.V. Jena<br />
Festsippung zum 100-jährigen Bestehen<br />
der Lobdeburg-Gemeinde<br />
Am 21. Juli 2012 hatten die Nachbarn der Lobdeburg-Gemeinde<br />
1912 e.V. auf ihren Hausberg hoch über Jena-Lobeda eingeladen.<br />
Die Lobedeburg, erbaut 1185, ist heute die am vollständig erhaltendste<br />
Burgruine von Jena. Sie ist weithin sichtbar als markantes<br />
Symbol romanischer Burgenbaukunst von regionalgeschichtlicher<br />
Bedeutung. Ab 1166 ließen die Brüder Hartmann und Otto<br />
von Anhausen die Burg erbauen, die sich von nun an die Lobedeburger<br />
nannten. Weit bekannt ist auch die Leuchtenburg bei<br />
Kahla, die im Jahre 1221 von den Lobdeburgern erbaut wurde.<br />
Da die Burgruine heute extrem einsturzgefährdet ist, kämpfen<br />
die Vereinsmitglieder seit Jahren um dringend notwendige Sicherungsmaßnahmen,<br />
um sie für die Nachwelt zu erhalten. Mit<br />
vielen Aktivitäten wie z.B. den Neubau der Lobdeburgklause<br />
1998 nach dem Abriss der alten Berggaststätte, der Erhaltung der<br />
Wanderwege, die Fertigstellung eines Werkzeugschuppens 1999<br />
oder der Ausbau des Aussichtsplateaus an der Klause, tragen die<br />
Nachbarn zu touristischen Erschließung ihrer Burgruine bei.<br />
Heute zählt der Verein gut 160 Mitglieder, die sich in erster Linie<br />
um die Pflege des Gebietes um die Burgruine kümmern, alle<br />
Bemühungen unterstützen um „ ihre“ Lobdeburg zu erhalten und<br />
dabei auch das gesellige Miteinander bei heimatverbundenen<br />
Veranstaltungen pflegen.<br />
Nach den offiziellen Festreden und Grußworten mit Überreichung<br />
der Geschenke hatten die Teilnehmer die Möglichkeit eine<br />
kompetente Führung rund um die Burgruine mit dem Burgherrn<br />
Domin zu erleben. Dabei konnte man spüren, wie sein Herzblut<br />
für die Lobdeburg schlägt. Wir können nur hoffen, dass es bald<br />
gelingt, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, denn der Verfall<br />
schreitet mit großen Schritten voran.<br />
10<br />
Anlässlich des 100jährigen<br />
Bestehens<br />
setzten die Lobdeburger<br />
einen tonnenschweren<br />
Kalkstein am Aufgang zur<br />
Burgklause. Dieser wurde<br />
vom Vereinsvorsitzenden<br />
Hans-Jürgen Domin aus<br />
dem Jagdbergtunnel bei<br />
Jena besorgt. Mit Helfern<br />
und Sponsoren schafften<br />
die Vereinsmitglieder<br />
diese eindrucksvolle<br />
Erinnerungsstätte.
Rad- und Wanderkarte<br />
Hainichlandweg<br />
ISBN 978-3-86973-063-9<br />
www.kk-verlag.de<br />
- - - - - - - - - - - - - - - -<br />
Im Beisein der Thüringer<br />
Ministerin für<br />
Bundes- und Europaangelegenheiten<br />
Frau<br />
Marion Walzmann,<br />
des Landrates Harald<br />
Zanker, der Vorsitzendes<br />
der VG Mihla<br />
Carola Huhnstock und<br />
Vertretern der ortsansässigen<br />
Wandervereine<br />
wurde der Hainichlandweg<br />
freigegeben und<br />
mit einer Wanderung<br />
eröffnet.<br />
Fotos: Christina Reißig<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 / Seite 471<br />
Wie wär‘s mit einer Planwagenfahrt oder einer<br />
Wanderreittour in den schönen herbstlichen Hainich...<br />
oder auch zu den sagenhaften <strong>Hörselberg</strong>en?<br />
Pension Ponyhof<br />
Gudrun Zilling<br />
Weiße Gasse 7 • 99820 <strong>Hörselberg</strong>-Hainich / Behringen<br />
Tel. 036254 - 70039 • Mobil 0179 - 4328840<br />
www.pension-ponyhof.de<br />
Rund um den Hainch -<br />
Der Hainlandweg wurde eröffnet<br />
Am 13. Juli 2012 wurde offiziell der etwa 130<br />
km lange Wanderweg rund um den Naturpark<br />
Eichsfeld-Hainich-Werratal mit dem UNESCO-<br />
Weltnaturerbe Nationalpark Hainich als Bestandteil<br />
des gesamten Gebietes eröffnet. Der<br />
Tourismusverband Hainichland wirbt für diesen<br />
naturnahen und erlebnisreichen Wanderweg, der<br />
den Wartburgkreis und den Unstrut-Hainich-<br />
Kreis miteinander verbindet. Er führt durch urige<br />
Dörfer, dichte Buchenwälder und malerische<br />
Flussauen und bietet Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten.<br />
Um die Wanderung zu genießen<br />
und Interessantes am Wegesrand zu sichten,<br />
werden sieben Tagesetappen zwischen 15<br />
bis 22 km vorgeschlagen. Näher Informationen:<br />
www.hainichland.de/derhainichlandweg<br />
11<br />
Geschenkidee: Wir bieten<br />
auch Gutscheine dafür an!
Thüringerwald-Verein Coburg<br />
„Das Farnkraut“ im 50. Jahrgang<br />
Die Vereinszeitschrift des Thüringerwald-Vereins in<br />
Coburg trägt den Namen „Das Farnkraut“, symbolisch<br />
für das seit 1880 bestehende Vereinslogo.<br />
Aus Anlass des 64. Deutschen Wandertages in Coburg<br />
wurde „Das Farnkraut“ ins Leben gerufen. Seit dem<br />
1. Quartal 1963 erscheint es als „Offizielles Organ des<br />
Thüringerwald-Vereins“, herausgegeben vom Coburger<br />
Zweigverein, der als Einziger über die DDR-Zeit<br />
hinweg bestand. Dem Journalist und Mitarbeiter des<br />
„Coburger Tageblattes“ und zugleich Vereinsmitglied<br />
Werner Ungelenk gebührt das<br />
Verdienst, diese Zeitschrift auf<br />
den Weg gebracht zu haben. Sein<br />
Nachfolger Hans-Detlef Bürger<br />
schätzt ihn noch heute mit den<br />
lobenden Worten: „Ohne ihn hätte<br />
es unsere Vereinszeitschrift nie<br />
gegeben“. Nur wer selber schon<br />
einmal an einer Vereinszeitschrift<br />
mitgearbeitet hat, weiß was für<br />
Arbeit darin steckt! Noch heute<br />
wissen er und auch die anderen<br />
Vereinsmitglieder diese Leistung<br />
von Werner Ungelenk zu schätzen,<br />
indem sie im Jubiläumsjahr<br />
an sein Werk erinnern.<br />
Über Jahrzehnte hatte er den redaktionellen<br />
Teil federführend mitgestaltet. In seinen<br />
Beiträgen berichtete er nicht nur über Wanderwege<br />
und Wanderungen, sondern über die ganze Vielfalt des<br />
satzungsgemäßen Zwecks und Aufgaben des Vereins.<br />
Er schrieb über Heimatpflege, Umwelt- und Naturschutz,<br />
schenkte dem Dachverband Aufmerksamkeit<br />
und berichtete über die alljährlichen Deutschen Wandertage.<br />
Blättert man in Ausgaben der 60er und 70er<br />
Jahre, so fallen Berichte über die seinerzeit starke und<br />
aktive Jugendarbeit im Verein ins Auge. Immer wieder<br />
finden wir auch Meldungen aus Thüringen, Geschehnisse<br />
auf der anderen Seite der innerdeutschen<br />
Grenze.<br />
Vier Ausgaben sind jährlich erschienen und zu besonderen<br />
Anlässen (Vereinsjubiläen, Deutsche Wandertage,<br />
Jahresabschluss) konnten Sonderhefte gedruckt<br />
werden. Anzeigeneinkauf und Vertrieb konnten zum<br />
größten Teil durch den Verlag der Tageszeitung mit<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 / Seite 472<br />
12<br />
übernommen werden. Die Drucktechnik war längst<br />
nicht so perfekt wie heute und so litt besonders die<br />
Bildqualität darunter. Der Gesamtausdruck der Vereinszeitschrift<br />
glich mehr einer Tageszeitung in<br />
schwarz/weiß. Dabei war besonders der Satz weit aus<br />
arbeitsintensiver als heute. Der Text wurde noch in<br />
Blei gesetzt, der Setzer saß an einem wahren Monstrum<br />
von Maschine, die einzelnen Zeilen fielen in heißem<br />
Schwermetall heraus und mussten anschließend<br />
Seite um Seite zusammengesetzt werden. Entsprechend<br />
zeitaufwendig waren auch die Korrekturen.<br />
Werner Ungelenk beendete seine berufliche Tätigkeit<br />
als Journalist aus gesundheitlichen Gründen 1972.<br />
Doch er schonte sich nicht. - Endgültig<br />
konnte er die Arbeit am<br />
„Farnkraut“ erst 1981 an Hans-<br />
Detlef Bürger abgeben, der nun<br />
inzwischen über 30 Jahre die<br />
Redaktion betreut.<br />
Über dies widmete er sich der Jubiläumsausgabe<br />
zum 75-jährigen<br />
Bestehen des Thüringerwald-<br />
Verein Coburg, die 1982 erschien.<br />
Gerne blättert man auch heute<br />
noch in seinem „Wanderführer<br />
Coburg und Umgebung“, den er<br />
im Auftrag des Verkehrsvereins<br />
Coburg herausgab.<br />
Werner Ungelenk (1908 - 1987)<br />
Mit dem Abriss des alten „Tageblatt-Hauses“<br />
in der Mohrenstraße<br />
1972 kam das Ende der bisherigen Druckerei. Nach<br />
kurzer Übergangslösung erschien das „Farnkraut“ ab<br />
der Nr. 2 / 1974 im Druck- und Verlagshaus NEUE<br />
PRESSE in Coburg. Im 14. Jahrgang 1976 können<br />
die ersten Berichte über Wanderungen im Stammland<br />
Thüringen nachgelesen werden, möglich geworden<br />
durch den „Kleinen Grenzverkehr“. Am 17. September<br />
1978 unternahm erstmals eine Gruppe des<br />
Thüringerwald-Vereins Coburg eine Wanderung im<br />
grenznahen Bereich von Thüringen.<br />
Ab der Nr. 1/1970 erschien „Das Farnkraut“ als „Zeitschrift<br />
des Thüringerwald-Vereins und des Rennsteigvereins“.<br />
Der Rennsteigverein hat seinen Sitz<br />
in Zapfendorf bei Bamberg und dort, ähnlich wie der<br />
Thüringerwald-Verein in Coburg, über die DDR-Zeit<br />
hinweg „die Fahne hoch gehalten“.<br />
Nun hatte man wieder ein Sprachrohr zu seinen, zum<br />
Teil weit verstreut wohnenden Mitgliedern und zum
Das Farnkraut: 1. Ausgabe / 1. Jahrgang 1963<br />
Dachverband der Wanderfreunde. Auf der Titelseite<br />
der gemeinschaftlichen Ausgaben waren beide Vereinssymbole<br />
– das Farnkraut und das Mareile (R) –<br />
abgedruckt. Die Redaktion für den Rennsteigverein<br />
besorgte während dieser Zeit Gerog Gunzelmann. Für<br />
die Sonderausgabe „90 Jahre Rennsteigverein“ mit 62<br />
Seiten und 57 Bildern hatte Werner Ungelenk noch<br />
1982 Redaktion und Gestaltung übernommen.<br />
Nach der Wiedergründung von Thüringerwald-Zweigvereinen<br />
sowie auch der Ortsgruppen im Rennsteigverein<br />
in Thüringen in den 1990er Jahren versuchte<br />
man diese zur redaktionellen Mitarbeit zu gewinnen,<br />
was aber nur vereinzelt gelang. Mit dem Anwachsen<br />
des Rennsteigvereins 1896 e.V. entschloss sich<br />
der Hauptvorstand „Das Mareile“ wieder als eigene<br />
Vereinszeitschrift zu beleben. Dreiundzwanzig Jahre<br />
lang hatte man in Zusammenarbeit mit den Coburgern<br />
den Rennsteigverein im „Farnkraut“ präsentiert. „Das<br />
Mareile“ wird heute wieder in Ruhla in der Druckerei<br />
Löhr hergestellt und vierteljährlich an die Mitglieder<br />
des Rennsteigvereins versandt.<br />
Als 1984 zum 4. Mal ein Deutscher Wandertag in Coburg<br />
stattfand, konnte „Das Farnkraut“ mit 64 Seiten<br />
Umfang in einer Auflage von 10.000 Exemplaren an<br />
die Wanderfreunde aus ganz Deutschland ausgegeben<br />
werden. Durchschnittlich wurden Hefte mit 36 Seiten,<br />
13<br />
davon 10-12 Seiten Werbeinserate, in einer Auflage je<br />
nach Mitgliederstand (ca. 600 Mitglieder) gedruckt.<br />
„Das Farnkraut“ ist auch nach der Wiedervereinigung<br />
eine lokale Vereinszeitschrift des Thüringerwald-Vereins<br />
Coburg geblieben. - In der Nr. 1/1990 kann man<br />
einen mehrseitigen Bericht vom 21.11.1990 über die<br />
erste „westliche“ Wandergruppe (des Thüringerwald-<br />
Vereins Coburg) seit 40 Jahren auf der Veste Heldburg<br />
nachlesen. Zeitgeschichte erleben, Emotionen nach<br />
der Grenzöffnung verarbeiten und die frühere Heimat<br />
wieder erwandern dürfen – das waren die ersten nachhaltigen<br />
Eindrücke dieser Tour. Sie begann mit einer<br />
Besichtigung der Kirche in Heldburg, führte über die<br />
Veste nach Bad Colberg mit dem Ziel Ummerstadt,<br />
wo der Coburger Vorsitzende Wolfgang Süße seine<br />
Jugend erlebte. Die Ausgaben der 1990er Jahre sind<br />
Zeitdokumente für die bewegte Vereinsgeschichte,<br />
so z.B. der Beitrag über die Wiedergründung des<br />
Gesamt-Thüringerwald-Vereins auf der Senningshöhe<br />
am 22.09.1990 noch vor der Wiedervereinigung<br />
Deutschlands.<br />
Ende der 1990er Jahre kam bei den Mitgliedern der<br />
Wunsch auf, die einst bis zum Verbot des Vereins vor<br />
dem 2.Weltkrieg herausgegebene Verbandszeitschrift<br />
des Thüringerwald-Vereins, die „Thüringer Monatsblätter“<br />
wieder zu beleben. Es gelang zwar zwei Sonderausgaben<br />
(2000 – zum 100. Deutschen Wandertag<br />
in Schmalkalden und 2005 zum 125-jährigen Bestehen<br />
des Thüringerwald-Vereins) herauszugeben, aber<br />
zu einem eigenständigen Heft für alle Vereinsmitglieder<br />
kam es nicht. In ehrenamtlicher Tätigkeit und mit<br />
den geringen zur Verfügung stehenden finanziellen<br />
Mitteln war dieses Wunschvorhaben nicht zu leisten.<br />
Aus diesen Gründen hat der Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
dem Thüringerwald-Verein 1880 e.V. vor nunmehr 10<br />
Jahren (ab der Herbstausgabe/2002) angeboten, einige<br />
Seiten im <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n als „Thüringer Monatsblätter“<br />
für Nachrichten aus den Zweigvereinen zur<br />
Verfügung zu stellen. In der diesjährigen Sommerausgabe<br />
des <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong>n konnte somit die 40.<br />
Ausgabe der „integrierten Thüringer Monatsblätter“<br />
abgedruckt werden.<br />
Das Coburger „Farnkraut“ berichtet bis zum heutigen<br />
Tag über das vielseitige Vereinsleben im Fränkischen,<br />
die Thüringer aber haben es leider nur selten genutzt,<br />
um über Aktivitäten in ihren Vereinen zu berichten.<br />
Wünschen wir den Coburgern, dass sie weiterhin<br />
zu ihrer Vereinszeitschrift stehen und nicht auf das<br />
„Farnkraut“ verzichten müssen. Frisch Auf! chr
Germanen<br />
am <strong>Hörselberg</strong><br />
Die Erzählung von E. Carlsberg, als „Düringische Weihnachtsbilder aus vergangenen<br />
Tagen“ in Mühlhausen 1878 erschienen, führt die Leser in die Welt<br />
unserer Vorfahren und hin zur frühen Geschichte einer Region, die unsere<br />
thüringische Heimat ist. Hier siedelten nach römischen Berichten zu Beginn<br />
unserer Zeitrechnung Hermunduren. Ihr gemeinschaftliches Leben festigten<br />
Tabus und Frieden innerhalb der Stammesgesellschaft. Germanische Stämme<br />
verteidigten ihre Kultreligion als Rahmen der Lebensordnung.<br />
Der Herausgeber (Hartmut Mai) erzählt in einem zweiten Teil des Buches von<br />
den wissenswerten historischen Ereignissen und liebenswerten Eigenheiten<br />
der Bewohner des Landes Thüringen.<br />
Taschenbuch / 54 Seiten / 7 Zeichnungen / 1 Karte / 9,95 €<br />
ISBN 978-3-86777-426-0 in allen Buchhandlungen oder direkt beim<br />
Verlag Rockstuhl Tel.: 0 36 03 / 81 22 46 www.literaturversand.de<br />
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Hörselmühle Schönau<br />
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<strong>BUCHTIPP</strong>
Schloss und Park Reinhardsbrunn -<br />
Denkmal in Not<br />
Christfried Boelter<br />
Historiker und Denkmalschützer sind sich einig,<br />
Schloss Reinhardsbrunn steht an der Spitze<br />
der gefährdeten Denkmale in Thüringen,<br />
auch gemessen an der Bedeutung des Standortes<br />
für den Freistaat und seine Geschichte.<br />
Es ist nicht übertrieben, die Region um Friedrichroda-Reinhardsbrunn<br />
als „Wiege“ des mittelalterlichen<br />
Thüringen zu bezeichnen. In der ersten<br />
Hälfte des 11. Jahrhunderts siedelte der Stammvater<br />
des späteren Landgrafengeschlechtes „Ludwig<br />
mit dem Barte“ auf einer Höhe des Thüringer<br />
Waldes und errichtete hier als erste Niederlassung<br />
die „Schauenburg“. Am Fuße dieser Anlage entwickelte<br />
sich der Marktflecken Friedrichroda.<br />
Schon Jahrhunderte vorher<br />
stand diese Region im Fokus<br />
der deutschen Geschichte,<br />
als Bonifatius nach 720 auf<br />
seiner Missionsreise nach<br />
Thüringen kam. Nach örtlicher<br />
Überlieferung ließ er<br />
724 seine Johanneskirche als<br />
Taufkirche oberhalb von Altenbergen<br />
errichten und 725<br />
das Kloster in Ohrdruf gründen.<br />
Die Johanneskirche war<br />
lange Jahre Anlaufpunkt für<br />
viele Ortschaften der Region,<br />
historisch gesichert ist, dass<br />
der Sohn des ersten Burgherrn<br />
der Schauenburg, der<br />
spätere Ludwig der Springer<br />
in dieser Kirche getauft wurde.<br />
Heute befindet sich an<br />
dieser Stelle der Kandelaber, ein steinernes Denkmal<br />
mit 3 Flammen zur Erinnerung an diesen<br />
Gründungsort. Ein weiteres spirituelles Zentrum<br />
befand sich in Reinhardsbrunn, ein Ring von 12<br />
Bäumen - in grauer Vorzeit bereits germanischer<br />
Thingplatz und dann unter dem Namen „12 Apostel“<br />
ein christliches Heiligtum. Schon 1067 verlassen<br />
die Ludowinger ihre erste Burg oberhalb<br />
von Friedrichroda und verlegen ihren Herrschaftssitz<br />
auf die Wartburg, die sie von hier aus erbaut<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
15<br />
haben und zwar - wie die Sage weiß - gegründet<br />
auf Erde, in Körben von der Schauenburg herangeschafft,<br />
um später schwören zu können, nicht<br />
auf fremdem sondern auf eigenem Grund und Boden<br />
gebaut zu haben. Damit schien die kurze Geschichte<br />
der Ludowinger in Friedrichroda schon<br />
wieder zu Ende zu sein.<br />
Das änderte sich im Jahre 1085, als Ludwig der<br />
Springer durch Mönche aus dem Schwarzwälder<br />
Reformkloster Hirsau in Reinhardsbrunn sein<br />
Hauskloster und die ludowingische Grablege errichten<br />
ließ. Er selbst verbrachte als Mönch die<br />
letzten Jahre sein Lebens im Kloster Reinhardsbrunn.<br />
Es war der heilige Ort mit seinen „12 Aposteln“,<br />
der Ludwig veranlasste, hier das Kloster<br />
bauen zu lassen und nicht in unmittelbarer Nähe<br />
der Wartburg. Das ludowingische Hauskloster<br />
wurde wichtigste Abtei im Land und entwickelte<br />
sich nach der Beisetzung von Ludwig IV. durch<br />
Blick aus dem ehemaligen Rosengarten zum "Hohen Haus" (links im<br />
Bild) mit anschließendem Querhaus und Schlossturm<br />
seine Ehefrau Elisabeth von Thüringen im Jahre<br />
1228 zum bedeutenden Wallfahrtort. Die Wunder<br />
am Grab des im Volk als „Ludwig der Heilige“<br />
verehrten Landgrafen führten zu großen Pilgerströmen<br />
und Einnahmen. Und auch mit Martin<br />
Luther hatte das Kloster noch kurz vor seiner Auflösung<br />
zu tun. Er war als „Junker Jörg“ von der<br />
Wartburg aus mehrfach zu Gast und die Mönche<br />
verwunderten sich über diesen gelehrten Rittersmann.
Wenn sich heute engagierte Bürgerinnen und<br />
Bürger aus Friedrichroda und der Region für das<br />
Schloss Reinhardsbrunn stark machen, dann gehört<br />
die Vorgeschichte und das Kloster Reinhardsbrunn<br />
mit dazu. Das macht vor allem die Bedeutung<br />
des Standortes aus im Vergleich zu manch<br />
anderen Schlössern, deren Verfall gleichfalls zu<br />
beklagen ist.<br />
Nach 440 Jahren Klosterzeit folgten 420 Jahre<br />
Schloss- und Adelsgeschichte. Die endete 1945<br />
mit der Enteignung des Herzoghauses Sachsen-<br />
Coburg und Gotha durch die sowjetische Besatzungsmacht.<br />
Danach erfolgte die Übernahme der<br />
Immobilien durch das Land Thüringen und eine<br />
vorübergehende Nutzung als Schulungsstätte für<br />
Landesfeuerwehr und Polizei.<br />
Ab 1953 wurde das Schloss Hotel des VEB Reisebüro<br />
der DDR, vor allem für Gäste aus der Bundesrepublik<br />
und dem westlichen Ausland, später<br />
Dieses Schlossgebäude beherbergte die einstige<br />
Hirschgalerie - bis um 1990 als Hotel genutzt.<br />
gab es dort auch einen Intershop. Schloss und<br />
Park wurden zum Aushängeschild des mit über<br />
einer Million Übernachtungen zweitgrößten Urlauberortes<br />
der DDR, Restaurant, Cafe und die in<br />
den achtziger Jahr eingerichtete Kellerbar entwickelten<br />
sich zu gern besuchten Treffpunkten.<br />
Konzerte des Leipziger Gewandhausquartetts<br />
und Kongresse unterschiedlicher Art machten das<br />
Schloss zum kulturellen Zentrum und zum Bildungsstandort.<br />
Nach der politischen Wende wurde die Anlage auf<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
16<br />
eine Landesliste von wichtigen kultur-historischen<br />
Immobilien gesetzt, die in staatlichen Besitz überführt<br />
werden sollten. Ein von der Treuhandanstalt<br />
geschnürtes Paket von 15 Spitzenhotels der DDR,<br />
12 an der Ostsee, eins in Potsdam, eins in Wernigerode<br />
und das in Reinhardsbrunn war dafür<br />
verantwortlich, dass das Schlosshotel Reinhardsbrunn<br />
dann doch privatisiert wurde. Das Versprechen<br />
von Arbeitsplätzen und Investitionen verhinderte<br />
auch die Rückgabe an den Alteigentümer.<br />
Von den 15 Hotels ist allein Reinhardsbrunn auf<br />
der Strecke geblieben, im Haupthaus wurde eine<br />
zeitlang entkernt und der Ausbau von DDR-Sanitäreinrichtungen<br />
veranlasst. Das Kavaliershaus<br />
konnte bis 2001 als Hotel betrieben werden. Es<br />
war aber schon ab Mitte der neunziger Jahre erkennbar,<br />
dass die beiden verantwortlichen westlichen<br />
Hotelgruppen (Resort GmbH & Co. KG<br />
sowie Travel Charme AG) ihre Pläne aufgegeben<br />
hatten, hier ein Fünfsternehotel<br />
mit zusätzlichem Bettenhaus<br />
zu errichten. Schließlich<br />
war das Ganze nur noch Abschreibungsobjekt<br />
und Klotz<br />
am Bein. Ein erster Versuch<br />
zur Rettung wurde 2001 gestartet.<br />
Als Verantwortliche<br />
des Klosterparks Reinhardsbrunn<br />
und Nachbarn haben<br />
wir uns mit dem Geschäftsführer<br />
der Hotelkette, der<br />
Thüringer Staatskanzlei, der<br />
Stadt Friedrichroda, dem<br />
Landkreis, den Thüringer Universitäten und dem<br />
Kneipp-Landesverband zusammengetan, um ein<br />
Nutzungskonzept zu entwickeln. So entstand die
Gründungsinitiative „Thüringer Akademiezentrum<br />
Schloss und Klosterpark Reinhardsbrunn“ mit<br />
mehreren „Säulen“. Dazu gehörten die Akademie<br />
für Sprachen und interkulturelle Zusammenarbeit,<br />
die Akademie für den ländlichen Raum, die<br />
Thüringer Sebastian-Kneipp-Akademie und das<br />
Bildungs- und Begegnungszentrum der Thüringer<br />
Hochschulkonferenz. Für diese Akademiebereiche<br />
war ein gemeinsames 4-Sterne-Tagungshotel<br />
vorgesehen. Eine Landtagswahl später und ein<br />
Wechsel an der Spitze des Wirtschaftsministeriums<br />
räumten das vorher hoffnungsvolle Konzept<br />
vom Tisch. Der Eigentümer hatte sich hier noch<br />
sehr intensiv mitbemüht und diese sinnvolle Neunutzung<br />
unterstützt.<br />
Nun blieb ihm offenbar nur noch der Verkauf. Zunächst<br />
wurde das Ganze für den berühmten einen<br />
Euro an einen englischen Investor verkauft, der<br />
mit viel Öffentlichkeitswirksamkeit von seinen<br />
großen Rettungsplänen berichtete.<br />
Kaum war der Verkauf<br />
rechtskräftig, erschien<br />
das Schloss im Internet als<br />
Verkaufsobjekt für viele Millionen<br />
Pfund. Der Verkauf<br />
an Mister Hamilton konnte<br />
rückabgewickelt werden,<br />
neuer Besitzer wurde die<br />
BOB Consult GmbH, eine<br />
Baufirma aus Weimar. Die<br />
Firma wurde 2008 an Prof.<br />
Dr. Igor Harcenko aus der<br />
Ukraine weiterverkauft, der<br />
nun auch alleinvertretungsberechtigter<br />
Geschäftsführer<br />
war. 2011 ging die BOB Consult<br />
in den Besitz von Roman<br />
Sushkov über, einem Bürger<br />
der Russischen Förderation. Hier kam es dann zu<br />
dem Verfahren der Thüringer Staatsanwaltschaft<br />
wegen des Verdachtes auf Geldwäsche. Die Nachforschungen<br />
gestalten sich schwierig und versprechen<br />
wenig, vor allem weil es mit Rußland kein<br />
Rechtshilfeabkommen gibt. Gegenwärtig ist die<br />
Firma offenbar schon wieder weiterveräußert<br />
worden, vor einigen Wochen waren in Reinhardsbrunn<br />
drei junge Russen zu Besuch, die von der<br />
russischen Rechtsanwältin Julia Ovchinski aus<br />
Frankfurt, die in Sachen Schloss Ansprechpart-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
17<br />
nerin ist, als neue Geschäftsführung angekündigt<br />
worden waren. Mit den Gästen war sprachlich<br />
kaum eine Verständigung möglich. Es ist zu hoffen,<br />
dass durch das neue öffentliche Interesse der<br />
Kontakt mit den gegenwärtigen Besitzern besser<br />
in Gang kommt.<br />
In den letzten Jahren hat es durch die unterschiedlichen<br />
Eigentümer gegenüber der Stadt, dem<br />
Landkreis und den Denkmalbehörden zahlreiche<br />
Zusagen und Versprechen gegeben, das immer<br />
mehr in Mitleidenschaft gezogene Schloss zu sichern<br />
und neu zu nutzen. Es ist nichts geschehen,<br />
im Gegenteil der Verfall schreitet voran und immer<br />
mehr unersetzliches Kulturgut geht verloren.<br />
Im herzoglichen Außenpark vollzog sich nach<br />
der politischen Wende eine eigenständige Entwicklung.<br />
Zu DDR-Zeiten befanden sich hier das<br />
Pionierlager „Georgi Dimitroff“, eines der größten<br />
seiner Art mit 1500 Kindern pro Durchgang, ein<br />
Die Schlosskirche wurde im neoromanischen Baustil um 1870 als<br />
letztes Gebäude der Schlossanlage errichtet.<br />
zweites Ferienobjekt war das Betriebsferienlager<br />
des Traktorenwerkes Gotha. Beide Einrichtungen<br />
kaufte die Evangelisch-Lutherische Kirche in<br />
Thüringen 1991, um hier ihre zentrale Bildungs-<br />
und Begegnungsstätte aufzubauen. Unter dem<br />
Namen „Evangelisches Stift Reinhardsbrunn“<br />
wurde der Standort zur Drehscheibe zwischen<br />
Ost und West mit zuletzt über 20.000 Gästen im<br />
Jahr. Ein Rückübertragungsanspruch des Herzoghauses<br />
führte aber Ende 1997 zur Auflösung<br />
des Stiftes, von da an übernahm mit NALIT e.V.
ein kirchlicher Verein die Nutzung des Geländes.<br />
Zusammen mit dem Forum Westthüringen, einem<br />
Verein zur Regionalentwicklung wurden vielfältige<br />
Nutzungsvarianten entwickelt. Ein Spätaussiedlerübergangswohnheim,<br />
ein Kinder- und Jugendhaus,<br />
zahlreiche kirchentouristische Projekte<br />
und schließlich das Internat des Sprachenspezialgymnasiums<br />
Salzmannschule Schnepfenthal gab<br />
es. Den Verantwortlichen für diese Entwicklung<br />
war es wichtig, die Wurzeln der Region neu zu<br />
entdecken und für die vielen Gäste, die wieder in<br />
den Urlaubergemeinden rund um den Inselsberg<br />
Station machten, sichtbar werden zu lassen, dass<br />
sie ihre Ferien an der „Wiege Thüringens“ verbringen.<br />
Das vormalige Evangelische Stift wurde in Klosterpark<br />
Reinhardsbrunn umbenannt, durch Arbeitslosenprojekte<br />
konnten Ende der neunziger<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
Marstall - im Dachgeschoss befand sich von 1925 bis zum<br />
2.Weltkrieg eine Jugendherberge<br />
Jahre Schauenburg und Benediktiner-Kloster als<br />
Modell nachgebaut und im Park aufgestellt werden.<br />
Mit der Johanneskirche bekam der Klosterpark<br />
ein neues geistliches Zentrum, sie ist der 1:1<br />
Nachbau der Bonifatiuskirche von Altenbergen,<br />
2001 ökumenisch geweiht und erste Radwegekirche<br />
Deutschlands. Das Netzwerk dieser offenen<br />
Kirchen an Radwegen umfasst inzwischen mehr<br />
als 175 Kirchen. Im Elisabethjahr 2007 haben die<br />
Reinhardsbrunner Vereine eine eigene Ausstellung<br />
konzipiert, um die örtliche Tradition bekannter zu<br />
machen. Im selben Jahr gründete sich dann auch der<br />
18<br />
Verein Kirche und Tourismus e.V. der inzwischen<br />
- nach Auflösung des Forums und von NALIT -<br />
alleine für die Arbeit in Reinhardsbrunn zuständig<br />
ist. Höhepunkt für den Verein war die Einweihung<br />
des Ausstellungs- und Informationszentrum Spiritueller<br />
Tourismus im Juli 2011 auf dem Gelände<br />
des ehemaligen Heizhauses zwischen Schloss und<br />
Klosterpark. Der Verein ist inzwischen auch als<br />
Werk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland<br />
anerkannt und engagiert sich vor allem in der<br />
Pilgerbewegung und für den Lutherweg. Nach<br />
dem Auszug des Internates hat die Landeskirche<br />
ihr Gelände an zwei Privatinvestoren verkauft.<br />
Vom Klosterpark aus gab es immer auch Kontakte<br />
mit den Nachbarn im Schloss, so hatten zunächst<br />
NALIT e.V. und dann auch Kirche und Tourismus<br />
e.V. vertraglich die Möglichkeit Schlossparkführungen<br />
anzubieten, damit das weiträumig abgesperrte<br />
Gelände wenigstens<br />
auf diese Weise durchlässig<br />
wurde. Das allerdings ist nur<br />
ein kleiner Trost angesichts des<br />
sich beschleunigenden Niedergangs<br />
von Park und Schloss.<br />
Den Prostest zu bündeln und<br />
für gemeinsame Aktionen<br />
eine Plattform zu schaffen,<br />
hat Kirche und Tourismus e.V.<br />
im Sommer und Herbst 2011<br />
zu zwei Versammlungen nach<br />
Reinhardsbrunn eingeladen,<br />
deren Ergebnis am 29.11.2011<br />
die Gründung des Fördervereins<br />
Schloss und Park Rein-<br />
hardsbrunn war.<br />
In § 2 der Satzung ist zusammengefasst,<br />
was sich der Verein<br />
vorgenommen hat:<br />
(1) Der Verein setzt sich ein für die Erhaltung des<br />
kulturellen Erbes Reinhardsbrunns und den Denkmalschutz<br />
- sowohl in Bezug auf das Schloss, den<br />
Landschaftspark und seine Umgebung wie auch<br />
in Bezug auf das ehemalige Benediktinerkloster<br />
Reinhardsbrunn, dem Stammkloster der Thüringer<br />
Landgrafen, das sich auf dem Gelände der<br />
jetzigen Schlossanlage befunden hat.<br />
(2) Der Verein verwirklicht den Satzungszweck<br />
durch einen konstruktiven Gedankenaustausch<br />
zwischen lokalen, regionalen und landesweiten
Verantwortungsträgern, Initiativen und Bürgern.<br />
Er bündelt die verschiedenen Initiativen für eine<br />
nachhaltige Nutzung der Gesamtanlage im Kontext<br />
der Thüringer Denkmal- und Kulturlandschaft<br />
mit dem Ziel einer kulturellen und touristischen<br />
Entwicklung der Region.<br />
Inzwischen hat der Verein fast 60 Mitglieder, vor<br />
allem Bürgerinnen und Bürger aus Friedrichroda,<br />
aber auch aus Leipzig, Erfurt, Gotha, Eisenach,<br />
Waltershausen und anderen Orten der Region aber<br />
auch aus den alten Bundesländern. Der Friedrichrodaer<br />
Bürgermeister ist Mitglied, der Gothaer<br />
Landrat, Architekten und Juristen, Abgeordnete<br />
des Stadtparlamentes, von Kreistag und Landtag.<br />
Mehrere offene Mitgliederversammlungen haben<br />
stattgefunden, der Vorstand diskutiert, welche<br />
Strategien zum Erfolg führen können. Entweder<br />
wird versucht, mit den Besitzern zu einer gemein-<br />
Kirche und Tourismus e.V.<br />
Werk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland<br />
Reinhardsbrunn 5 • 99894 Friedrichroda<br />
Tel. 03623-303085 • info@kirche-und-tourismus.de<br />
www.klosterpark-reinhardsbrunn.de<br />
Station am Lutherweg in Thüringen<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
19<br />
samen Lösung zu kommen oder eine Enteignung<br />
prüfen zu lassen, um die akute Gefahr für das<br />
Denkmal abzuwenden.<br />
Um ein sichtbares Zeichen zu setzen, hatte der<br />
Förderverein für den 21.7.12 zu einem Subotnik<br />
in den Schlosspark eingeladen. Trotz strömenden<br />
Regens waren 40 Helferinnen und Helfer zum<br />
Einsatz erschienen und gingen mit Heckenscheren,<br />
Schaufeln, Rechen, Sensen und Schubkarren<br />
gegen die Verwilderung vor, um neu Platz zu<br />
schaffen für die Parkführungen. Das mdr Fernsehen<br />
war zur Stelle und drehte für die Hauptnachrichtensendung<br />
mdr aktuell. Es braucht<br />
noch viel öffentliche Aufmerksamkeit, um die<br />
Wende zum Besseren zu schaffen.<br />
DENKMAL IN NOT - Wer im Verein mitarbeiten<br />
möchte ist herzlich dazu eingeladen.<br />
Förderverein Schloss und Park<br />
Reinhardsbrunn e.V.<br />
Geschäftsstelle • Reinhardsbrunn 5<br />
99894 Friedrichroda<br />
foerderverein@schloss-reinhardsbrunn.de<br />
Spenden:<br />
VR Bank Westthüringen<br />
Konto Nr. 571300 • BLZ 820 64 038<br />
Parkführung nach Anmeldung ab 5 Personen<br />
Führung im Schloss sind aus Sicherheitsgründen<br />
nicht möglich.<br />
Neuerscheinung<br />
Andreas Benjamin Paasche / Martina Giese-Rothe<br />
Heilige Elisabeth und ihre Liebe<br />
zu Reinhardsbrunn<br />
Auf biographische Romanerzählung bekommt der Leser<br />
in diesem Buch einen Einblick in die Geschichte von der<br />
Gründung des ehemaligen Klosters und Schloss Reinhardsbrunn.<br />
Unter anderem wird die Beziehung der heiligen Elisabeth<br />
von Thüringen zu Reinhardsbrunn dargestellt sowie<br />
viele weitere spannende Ereignisse und Erzählungen bis in<br />
die heutige Zeit eruiert. Mit Bildern der Schlossparkanlage<br />
Schloss Reinhardsbrunn! <strong>BUCHTIPP</strong><br />
Verlag: Books on Demand / Bruschur 156 Seiten / ISBN 978-3848203529 / 12.90 €
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20
Die Wurzeln Thüringens -<br />
die heilige Radegunde von Thüringen – Teil 2<br />
Roland Aschenbach<br />
Nach dem gewaltsamen Tod von Radegundes Vater<br />
im Jahre 529 kam die kleine, verwaiste Prinzessin<br />
an den Hof ihres Onkels Herimafrid.<br />
Dort wurde sie vorrangig von<br />
Herimafrids Frau Amalaberga unterrichtet,<br />
die er um 515 heiratete.<br />
Sie war die Nichte des mächtigen<br />
Ostgotenkönigs Theoderich des<br />
Großen, der in Ravenna prunkvoll<br />
residierte, aus der Literatur auch<br />
als „Dietrich von Bern“ allgemein<br />
bekannt ist. Im Übrigen gibt es neben<br />
dem Bezug zu „Dietrich von<br />
Bern“ durch Radegunde einen weiteren<br />
literarischen Brückenschlag<br />
zu der Nibelungensage. So waren<br />
Radegundes Stiefsohn Sigibert<br />
und dessen Gemahlin Brunichilde<br />
die Namensgeber für die späteren<br />
Sagengestalten der Nibelungen<br />
Siegfried und Brünhild, wie das<br />
zur Zeit Radegundes herrschende<br />
merowingische Königsgeschlecht<br />
den historischen Kern für die<br />
später legendär ausgeschmückten<br />
Burgunden lieferte.<br />
Die thüringische Königin Amalaberga<br />
gewährte ihrer Nichte Radegunde<br />
eine umfassende Bildung<br />
und erzog sie zunächst im arianischen<br />
Christentum. 531 wurde in<br />
einer Entscheidungsschlacht an der Unstrut das<br />
Thüringer Königreich vernichtet. Thüringen wurde<br />
für Jahrhunderte Teil des fränkischen Großreiches.<br />
Die etwa dreizehnjährige Radegunde kam<br />
jetzt als Kriegsgefangene an den Hof des fränkischen<br />
Königs Chlothar, einem Sohn des großen<br />
Frankenkönigs Chlodwig, der sich um 498 von<br />
Bischof Remigius von Reims, als erster Frankenkönig<br />
hatten taufen lassen. Chlothar wurde<br />
wahrscheinlich noch vor seinem Vater Chlodwig<br />
getauft, weil Chrodechilde, die Mutter Chlothhars<br />
eine katholische Christin darauf bestand, dass ihre<br />
Kinder gleich nach der Geburt getauft wurden.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
21<br />
Seit dieser Zeit wurden die Franken sowie die<br />
eroberten Gebiete von getauften Königen regiert,<br />
die nachdrücklich und nachhaltig die katholische<br />
Missionierung betrieben. Und dies im gesamten<br />
fränkischen Reich, also auch in Thüringen. Somit<br />
schufen die den Papst stützenden Frankenkönige<br />
die Grundlagen für die christliche Missionierung<br />
in Europa!<br />
Radegunde, eine der letzten Überlebenden<br />
des Thüringer Königsgeschlechtes<br />
erhielt am fränkischen<br />
Königshof in Athies Unterricht in<br />
lateinischer Sprache, las die Bibel,<br />
Schriften von Kirchenvätern<br />
und Dichtern. Sie ließ sich taufen<br />
und wurde allumfassend im katholischen<br />
Glauben erzogen. Schon<br />
zu dieser Zeit unterwies sie selbst<br />
arme Kinder. Ihre Ausbildung<br />
diente vorrangig der Vorbereitung<br />
auf ihre spätere Aufgabe als<br />
merowingische Königin. Vor 540<br />
wurde Radegunde durch Heirat<br />
mit dem Frankenkönig Chlothar<br />
thüringisch-fränkische Königin.<br />
Voraussetzung hierfür war u.a. ihre<br />
katholische Taufe. Somit war Radegunde<br />
die erste namentlich bekannte<br />
Christin Thüringens (Mitteldeutschlands)<br />
und war überdies<br />
mit einem der ersten getauften<br />
Frankenkönige verheiratet.<br />
Zu ihrem Herrschaftsgebiet gehörten<br />
weite Teile des heutigen Frankreich<br />
und Deutschland. Radegunde<br />
war eingebunden in das Machtgefüge<br />
ihrer Zeit und hatte gute Kontakte zu weltlichen<br />
und christlichen Herrschern. Hervorgehoben<br />
seinen hier nur Justinian II., Kaiser von Byzanz,<br />
von dem sie eine überaus wertvolle Relipiquie,<br />
ein Holzstück vom Kreuz Christi erhielt, und dem<br />
damalige Papst Avitus.<br />
Als umsichtige Regentin setzte sich Radegunde in<br />
kriegerischer Zeit stets für eine gewaltlose Konfliktlösung<br />
ein und nahm sich der Armen und Benachteiligten<br />
an, wobei sie aber auch immer die<br />
Belange ihrer Königsfamilie und des Frankenreiches<br />
im Auge behielt. Als Königin kam sie ihren<br />
Pflichten nach, entzog sich aber ihrem Gemahl,
der sich beklagte, „eher eine Nonne als eine Königin<br />
zu Gattin zu haben“. Die Ehe mit Chlothar<br />
blieb kinderlos. 555/556 kam es zum Bruch mit<br />
Chlothar, nachdem dieser als Vergeltung für einen<br />
Aufstand der Thüringer ihren Bruder ermorden<br />
ließ. Radegunde floh in ein Kloster. Sicher verzieh<br />
sie Chlothar die Ermordung ihres Bruders und die<br />
blutige Niederschlagung des Aufstandes der Thüringer<br />
nicht. Denkbar wäre auch, sie fürchtete um<br />
ihr Leben, zumal sie noch legitime Königin der<br />
Thüringer war. Mit Chlothar hatte Radegunde<br />
einen tyrannischen Herrscher und Mann an ihrer<br />
Seite, mit dem sie ständige Konflikte auszutragen<br />
hatte.<br />
Chlothar war 555/556 persönlich in Thüringen,<br />
ob ihn Radegunde begleitete, ist nicht belegt. Wir<br />
dürfen jedoch annehmen, dass sich Radegunde<br />
auch in diesem Konflikt zwischen den Franken<br />
und ihrer thüringischen Heimat um eine friedliche<br />
Lösung bemühte, was auch ihre persönliche Anwesenheit<br />
in Thüringen generell nicht ausschlösse.<br />
Vielleicht aber unterstützte sie das früheste<br />
Missionierungsstreben der Franken persönlich in<br />
Thüringen, was auch das Errichten erster Kapellen<br />
und Kirchen in ihrer Heimat unter ihrer Regie<br />
möglich erscheinen ließe. Verbürgt ist es nicht.<br />
Aus Prestigegründen versuchte Chlothar seine<br />
Frau zurückzugewinnen, doch ohne Erfolg. Ra-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
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22<br />
degunde zog sich auf das Gut Saix bei Portiers<br />
in Frankreich zurück, wo sie vor 561 das Kloster<br />
zum Heiligen Kreuz nach den Regeln des<br />
Caesarius von Arles gründete. Die Regeln des<br />
Caesarius wurden noch vor denen Benedikts niedergeschrieben.<br />
Die Caesariusregel als erste Nonnenregel<br />
überhaupt wählte Radegunde selbst aus,<br />
was auf umfassende theologische und liturgische<br />
Kenntnisse schließen lässt. Nach Caesarius sollten<br />
die Schwestern eine strenge Klausur, Askese,<br />
Armut, Keuschheit und Demut leben sowie zwei<br />
Stunden täglich lesen und Wolle spinnen. Diese<br />
Klostergründung wäre ohne Unterstützung ihres<br />
Ehemannes, des mächtigen Frankenkönig Chlothar<br />
gewiss nicht möglich gewesen. Obwohl sie<br />
Gründerin des Klosters war, wollte Radegunde<br />
nicht Äbtissin sein, sondern lebte und wirkte als<br />
einfache Nonne, entsagte Macht und Reichtum<br />
und stellte ihr Leben ganz konsequent in die<br />
Nachfolge Christi. Sie legte ihre Königskrone ab,<br />
die sie etwa 15 Jahre lang trug, und diente ihren<br />
Mitschwestern sowie den Armen und Kranken.<br />
Sie setzte ihre Adoptiv-Tochter Agnes als Äbtissin<br />
ihres Klosters ein.<br />
Radegunde sah sich als Erste im Dienen und fügte<br />
für sich zusätzliche Bußübungen hinzu, begleitet<br />
von Lesungen Tag und Nacht. Sie aß nur Linsen<br />
und Gemüse, Gersten- und Roggenbrot, obwohl<br />
sie als Königin an einer üppigen Tafel<br />
hätte sitzen können. Ihre königliche Robe<br />
tauschte sie gegen ein einfaches Büßergewand.<br />
Um 570 empfing Radegunde vom<br />
Kaiser Justin II. aus dem Kreuz Christi<br />
zwei Splitter als Reliquien, die im Kloster<br />
noch heute aufbewahrt werden. Seitdem<br />
wird das Kloster Heilig-Kreuz-Kloster<br />
(Sainte-Croix) genannt.<br />
Das von ihr gegründete Kloster, in dem<br />
sie etwa 25 Jahre als einfache Schwester<br />
lebte und ihren Dienst am Nächsten<br />
• Frische Thür. Kräuterküche • Saisonale Spezialitäten aus der Region<br />
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versah, gehört weltweit zu den frühesten Klostergründungen<br />
und existiert durchgängig bis heute,<br />
also nahezu 1500 Jahre! Die Heiligsprechung von<br />
Radegunde fand um 900 statt. Es gibt nur wenige<br />
Klöster, die auf eine so lange Kontinuität zurückschauen<br />
können.<br />
Am 13. August 587 starb Radegunde in ihrem<br />
Kloster in Poitiers. Im Mittelalter wird von einer<br />
Gebetsgemeinschaft zwischen Poitiers und Mühlberg<br />
berichtet. So beten Christen in Poitiers für<br />
Mühlberger Christen und umgekehrt.<br />
Radegunde war die erste namentlich bekannte<br />
Thüringerin (Mitteldeutsche), die das Christentum<br />
angenommen hatte und eine der ersten Kö-<br />
Die Mühlburg -<br />
Rekonstrucktion des<br />
spätmittelalterlichen<br />
Zustandes<br />
Quelle: Hopf, Strickhausen,<br />
Altwasser<br />
„Die Drei Gleichen“<br />
Verlag: Schnell+Steiner<br />
niginnen Europas, die sich nicht nur aus machtpolitischen<br />
Erwägungen taufen ließ, sondern<br />
konsequent christlich lebte. An der Schwelle von<br />
der Spätantike zum frühen Mittelalter ist Radegunde<br />
ein wichtiges Bindeglied zwischen Lydia,<br />
der ersten Christin Europas gemäß der Apostelgeschichte,<br />
und den späteren Heiligen wie u.a.<br />
Elisabeth, Walburga und Paulina.<br />
Radegunde in Thüringen fast vergessen!<br />
Mit ihrer Person dringen wir vor zu den Anfängen<br />
der Geschichte Thüringens als Staatsgebilde und<br />
den Wurzeln des Christentums in Thüringen. Bei<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
23<br />
der Durchsetzung einer neuen Ethik im Abendland<br />
half sie nachweislich und maßgeblich mit.<br />
In Frankreich, seit nahezu 1500 Jahren durchgängig<br />
als Nationalheilige hoch verehrt, etwa<br />
150 Kirchen tragen ihren Namen oder stehen<br />
unter ihrem Patronat, ist sie in Deutschland und<br />
leider auch in Thüringen fast vergessen. Selbst<br />
in England, Österreich, Belgien, Italien, Kanada<br />
und im Kongo wird ihrer gedacht. Sie ist Patronin<br />
von Poitiers und des Jesus College in Cambridge.<br />
Anlässlich ihres 1300. Todestages stiftete Papst<br />
Leo XIII. im Jahre 1887 eine goldene mit Edelsteinen<br />
geschmückte Krone, die der Statue im<br />
Dom von Poitiers aufgesetzt wurde. Aktuell - in<br />
einem Brief teilte uns die Äbtissin der Klosters in<br />
Poitiers Schwester Martina Ravaillault mit, dass<br />
Radegunde als Patronin Europas nominiert sei.<br />
Anders als in Frankreich erfolgt leider in Thüringen<br />
keinerlei angemessene und öffentliche Ehrung<br />
Radegundes durch politisch und kirchlich<br />
verantwortliche Persönlichkeiten. Darüber hinaus<br />
hätte man auch den 1500. Jahrestag Thüringens in<br />
Erinnerung an unsere Vorfahren würdig begehen<br />
können. Diese Anfänge wiederum sind eng mit<br />
der Lebensgeschichte Radegundes verknüpft.<br />
Man könnte sich in Sachsen-Anhalt informieren,<br />
wo in diesem Jahr die 800-jährige Landesge-
schichte und der 1100. Geburtstag von Otto dem<br />
Großen gefeiert werden.<br />
Nur in Oberweißbach und Mühlberg erinnern<br />
heute noch Kapellen an Radegunde. Neben der<br />
Mühlburg sieht man noch die Mauerreste der<br />
einstigen Radegundekapelle, die im 11. Jahrhundert<br />
mit der Burg errichtet wurde und durch eine<br />
schriftliche Quelle erstmals 1332/33 erwähnt ist.<br />
Überdies gibt es im Turmraum der St. Lukaskirche<br />
in Mühlberg seit 1987 eine der einstigen<br />
Königin und Heiligen gewidmete Gedächtniskapelle,<br />
wo Radegunde eine dauerhafte und würdige<br />
Heimstatt gefunden hat.<br />
Mit diesem Artikel möchte ich Radegunde als<br />
herausragende Persönlichkeit für die Thüringer<br />
Geschichte in Erinnerung rufen. Im Jahre 2020<br />
beabsichtigt man „100 Jahre Thüringen“ festlich<br />
zu begehen, was allerdings nur auf einem sehr<br />
eingeengten und stark reduzierten Geschichtsbild<br />
fußen würde. Denn der Gründung Thüringens<br />
im Jahre 1920 geht eine lange, mit historischen<br />
Quellen belegte Kontinuität der thüringischen<br />
Geschichte voraus. In folgenden Quellen wird<br />
Thüringen durchgehend von seinen Anfängen bis<br />
heute belegt: „Monumenta Germania Historica“,<br />
„Regesta diplomatica historica“ Dobenecker;<br />
„Historiae“ Gregor von Tours; „Historia Langobardum<br />
codicis Gothani“; „Sachsengeschichte“<br />
Widukind von Corvey; „Vita Sancti Sturmi“<br />
Abt Egil; „Annalista Saxo“ Abt Arnold; „Liber<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
Gaststätte<br />
Waltershausen<br />
Familienfeiern • Spezialitätenabende • Partyservice<br />
Täglich Mittagstisch<br />
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24<br />
Historiae Francorum“; „Chronik des Fredegar“;<br />
„Weltchronik“ Kloster Trier, „Fuldaer Annalen“<br />
Regino von Prüm; „Altals zur Geschichte“.<br />
Deshalb könnten wir mit Stolz von 2018 bis 2020<br />
den 1500. Geburtstag von Radegunde, 1500 Jahre<br />
Thüringen und 100 Jahre Freistaat würdig und<br />
festlich begehen. Diese Anlässe könnten Ansporn<br />
sein, sich u.a. mit einer vertiefenden Erforschung<br />
der Landesgeschichte Thüringens zu beschäftigen.<br />
INFO / Mühlburg: 036256 - 22846<br />
www.drei-gleichen.de<br />
Quellen / Literatur:<br />
• Hardy Eidam, Gudrun Noll „Radegunde, ein Frauenschicksal<br />
zwischen Mord und Askese“<br />
• Katalog zur Ausstellung 2006; Stadtmuseum Erfurt<br />
• R. Herrman „Thüringer Kirchengeschichte“<br />
• Heiligenlexikon, Forschungsbibliothek Gotha<br />
• Venantius Fortunatus „Das Leben der hl. Radegunde“<br />
• Blätter des Vereins zur Thür. Kirchengeschichte: Helge<br />
Wittmann „Mühlberg und Mühlburg im Zentrum der<br />
frühen Missionierung“<br />
• Hopf, Strickhausen, Altwasser „Die Drei Gleichen“<br />
• Franz Kurowski „Thüringen“<br />
• Gerhard Wagner „Die Anfänge der Thüringer Landesgeschichte“<br />
• Reinhold Andert „Der Thüringer Königshort“<br />
• Nikolaus von Siegen „Chronikon ecclesiatisum“<br />
• Camille Wampach „Sankt Willibrord-Leben und Werk“<br />
• Prof. Matthias Werner „Ersterwähnung Arnstadt 704“<br />
• Prof. Behm-Blancke „Gesellschaft und Kunst der<br />
Germanen. Die Thüringer und ihre Welt“<br />
• Sigrid Dusek „Ur- und Frühgeschichte Thüringens“<br />
• Sr. Werner Timpel „Das altthüringische Wagengrab“,<br />
„Frühmittelalterliche Burgen“ und „Thüringer – Ein bedeutendes<br />
Volk und Reich in Mitteleuropa und Franken – Neue<br />
Herren in Thüringen“<br />
Fotos: Reißig, August 2012<br />
(1) Wandergruppe auf dem Lutherweg von<br />
Holzhausen nach Mühlberg, im Hintergrund<br />
die Wachsenburg<br />
(2) Pastorin Stötzner und Ortsteilbürgermeister<br />
Ullrich geben den Weg frei<br />
(3) Andacht mit Posaunenchor und Lautenklängen<br />
an den Mauern der einstigen<br />
Kapelle vor der Mühlburg<br />
(4) Lautenklänge und Gesang - Im Bild sehen<br />
Sie auch einen Gedenkstein für Radegunde,<br />
gestiftet von den Mühlbergern<br />
anlässlich ihres 1400. Todestages (1987)
Der Lutherweg wächst<br />
Am 12. August wurde im Rahmen<br />
des Gedenkens an den 1425. Todestag<br />
der heiligen Radegunde von<br />
Thüringen am Fuße der Mühlburg<br />
in Mühlberg (dem ältesten Dorf<br />
Thüringens) das nächste, ca. 18<br />
km lange Teilstück des Lutherweges<br />
zwischen Gotha/Seeberg und<br />
Holzhausen eröffnet. Nach dem<br />
Gedenkgottesdienst in der St. Lukaskirche<br />
zu Mühlberg ging es in<br />
Stationen auf Pilgertour zur Radegunde-Kapelle<br />
hinauf. Unterwegs<br />
traf man auf die Wandergruppe,<br />
die von Holzhausen aus über die<br />
Schlossleite angewandert kam, um<br />
gemeinsam den Banddurchschnitt<br />
zu erleben. Mit Ausweisung dieser<br />
Teilstrecke kann der Lutherweg von<br />
der Wartburg aus über Möhra, Glasbachgrund,<br />
Schmalkalden, Tam -<br />
bach-Dietharz, Reinhardsbrunn,<br />
Waltershausen und Gotha bis nach<br />
Arnstadt auf einer Länge von etwa<br />
150 km durchgängig erwandert<br />
werden.<br />
Am 11. September soll eine weiterer<br />
Abschnitt im Ilmkreis von Arnstadt<br />
bis Erfurt hinzukommen.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
25
Der Wildkatze ganz nah…<br />
Es gelingt nur wenigen Menschen: Das herzhafte<br />
Gähnen, Strecken und Miauen einer der ca. 40<br />
Wildkatzen zu erleben, die es im Nationalpark<br />
Hainich noch gibt. Die Tiere verstecken sich vor<br />
dem Menschen und an vielen anderen Orten ist<br />
die heimische Raubkatze durch die immer stärkere<br />
Zersiedlung der Landschaft verschwunden. In seinem<br />
Projekt RETTUNGSNETZ WILDKATZE hat<br />
der Thüringer Bund für Umwelt und Naturschutz<br />
(BUND) einen grundlegenden Plan entwickelt, um<br />
die Waldlebensräume Deutschlands wieder miteinander<br />
zu verbinden. Ein solches „Netz für die<br />
Natur“ braucht aber auch Anknüpfungspunkte zu<br />
den Menschen: Der scheuen Raubkatze in ihrem<br />
natürlichen Lebensraum begegnen zu können und die<br />
Faszination, die Ursprünglichkeit ihrer Lebensräume<br />
zu erleben, aber auch das Ausmaß ihrer Bedrohung<br />
zu begreifen – all das macht das Wildkatzendorf<br />
Hütscheroda möglich. Seit April 2012 hat dieses seine<br />
Tore für Besucher geöffnet.<br />
Die WILDKATZENSCHEUNE, eine zum Informationszentrum<br />
umgebaute Fachwerkscheune im<br />
Ortskern, bietet den ankommenden Gästen alles Wissenswerte<br />
zu den Samtpfoten. Der Besucher gelangt<br />
zunächst in einen stilisierten Wildkatzenerlebniswald,<br />
in dem ihm neben der Wildkatze auch andere Tierarten<br />
des Waldes begegnen. Auf einem riesigen Bild, welches<br />
einen Querschnitt vom Waldvorland über den<br />
Waldrand bis ins Waldinnere zeigt, wimmelt es von<br />
zahllosen großen und kleinen Tieren, die von den Besuchern<br />
und insbesondere von Kindern gefunden und<br />
benannt werden wollen. Darüber hinaus informieren<br />
verschiedene Themeninseln und Videostationen über<br />
Biologie und Bedrohung der Wildkatze und das für sie<br />
zu knüpfende Rettungsnetz „bis vor die eigene Haustür“.<br />
Die Wildkatzenscheune ist außerdem als neue<br />
Nationalparkinformation ausgewiesen – so erfährt der<br />
Besucher Wissenswertes zum UNESCO-Weltnaturerbe<br />
Nationalpark Hainich. Im Wildkatzen-Shop sind<br />
Wanderkarten, Radroutenpläne, Naturführer und themenbezogene<br />
Mitbringsel erhältlich. Dort bekommen<br />
die Besucher auch die Eintrittsmarke („Chipcoin“),<br />
mit der sich dann die Tür zur Wildkatzenlichtung öffnen<br />
lässt.<br />
Nach einem kurzen Fußmarsch auf einen Hügel am<br />
Ortsrand, bei dem sich Streuobstwiesen, Heckenlandschaften<br />
und die wunderschöne Natur mit jedem<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
26<br />
Schritt weiter vor dem Auge ausbreiten, erreicht man<br />
die WILDKATZENLICHTUNG. Durch eine Drehtür<br />
betritt man das Reich der Katzen. Insgesamt leben hier<br />
vier Kuder (so nennt man „Wildkater“ in der Fachsprache).<br />
Um Rang- und Paarungskämpfe zu vermeiden,<br />
wurden dafür zwei Bruderpaare ausgewählt. Die<br />
2,5 bzw. 1,5 Jahre alten Kuder stammen aus etablierten<br />
Wildgehegen in Goldau/Schweiz und der Anholter<br />
Schweiz/NRW. Eine eigene Zucht ist bisher nicht<br />
geplant. Denn sowohl die Auswilderung gezüchteter<br />
Exemplare, als auch das Einfangen wildlebender Tiere<br />
würden den Prozess der natürlichen Wiederbesiedlung<br />
stören.<br />
Ein Teil des Besucherwegs zwischen den Gehegen<br />
ist als symbolische Autobahn angelegt, die von einer<br />
Wildbrücke überspannt wird. Die 550 qm großen<br />
Gehegeflächen sind naturnah gestaltet und bieten den<br />
scheuen Tieren auch Rückzugsräume. Dies kann dem<br />
Besucher neben einem geübten Auge auch ein wenig<br />
Geduld abverlangen, wenn er sie zu Gesicht bekommen<br />
möchte. Zu den (absichtlich unregelmäßig gehaltenen)<br />
Fütterungszeiten sind die Kuder aber hellwach<br />
und klettern oder schleichen zu dem in Astgabeln ausgelegten<br />
Futter.<br />
Von der Aussichtsplattform, aus einem Erdhaus, oder<br />
durch Holzstapel hindurch lassen sich die Wildkatzen<br />
beobachten. Wenn diese nicht selbst wie gebannt vor<br />
der Scheibe des „Mäusekinos“ sitzen und die in eigenen<br />
Schaukästen herumwuselnden Zwerg- und Hausmäuse<br />
beobachten. Dann lassen sie sich vom Kameraklicken<br />
und den entzückten „Ah“-s und „Oh“-s der<br />
Besucher nicht stören. Wer in der Wildkatzenscheune<br />
und auf der Wildkatzenlichtung die Schutzbedürftig-
1<br />
2<br />
keit der Europäischen Wildkatze Felis silvestris sivestris<br />
von Fachleuten im Detail erläutert bekommen<br />
möchte und Anekdoten aus dem täglichen Treiben der<br />
vier Kater erfahren will, kann Gruppenführungen buchen<br />
oder auch an besonderen Wildkatzen-Abenden<br />
außerhalb der Öffnungszeiten teilnehmen.<br />
Nach dem Besuch der Wildkatzenlichtung kann man<br />
gleich auf den WILDKATZENPFAD einbiegen: Auf<br />
dem 7 km langen Rundwanderweg kann sich der Besucher<br />
die Lebensräume des scheuen Jägers in der Natur<br />
erschließen. Auf der Hälfte des Rundweges bietet<br />
sich eine – im wahrsten Sinne des Wortes – weitere<br />
Perspektive: Vom „Hainich-Blick“, einem 20 Meter<br />
hohen Aussichtsturm, hat man einen beeindruckenden<br />
Panoramablick über den südwestlichen Teil des Hainich,<br />
schaut ins Werratal, zur Wartburg und zum Thüringer<br />
Wald. Ebenfalls ist ein Teil des Rettungsnetzes<br />
für die Wildkatze, der Waldkorridor zwischen dem<br />
Hainich und dem Thüringer Wald, zu überblicken.<br />
Dieser ermöglicht vielen waldbewohnenden Arten die<br />
Wanderung in neue Lebensräume.<br />
3<br />
27<br />
Bild 1+2: Schaugehege / Wildkatzenlichtung<br />
Bild 3: Aussichtsturm „Hainich-Blick“<br />
Wenn man dann nach einem erlebnisreichen Besuch<br />
bei den Wildkatzen oder einer längeren Wanderung<br />
wieder in Hütscheroda eintrifft, besteht die Möglichkeit<br />
für einen kleinen Imbiss, um das Warten auf den<br />
Bus zu verkürzen oder sich vor dem Gang zum Besucherparkplatz<br />
für die Weiterfahrt zu stärken. Für eine<br />
gemütliche Einkehr oder das Verweilen im Biergarten<br />
hat wenige Meter weiter das „Herrenhaus“ geöffnet.<br />
Verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten sind im<br />
Ort ebenfalls vorhanden.<br />
Aktuelle Informationen und Veranstaltungshinweise<br />
finden Sie unter: www.wildkatzendorf.de<br />
R. Göhring; (Mitarbeit: C. Lau, J. Wolf)<br />
Öffnungszeiten:<br />
April - Oktober: Dienstag bis Sonntag, 10 - 18 Uhr<br />
November - März: Freitag bis Sonntag, 10 - 16 Uhr<br />
Barrierefreiheit: Wildkatzenscheune und Wildkatzenlichtung<br />
sind barrierefrei zugänglich.<br />
Das Wildkatzendorf ist ein Projekt der gemeinnützigen<br />
Wildtierland Hainich GmbH (Gesellschafter:<br />
BUND Thüringen e.V., Gemeinde <strong>Hörselberg</strong>-Hainich,<br />
Verwaltungsgemeinschaft Mihla, Gesellschaft<br />
zur Entwicklung des Nationalpark Hainich e.V.). Der<br />
Baubeginn war im Frühjahr 2011. Die Baukosten betrugen<br />
ca. 1,4 Millionen Euro.
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<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
Eröffnung des Lutherweges vom Lutherdenkmal im Glasbachgrund bis zum<br />
Rennsteig bei Tambach-Dietharz am 23. Juni 2012<br />
Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen wurden die als Lutherweg ausgewiesenen Teilstrecken, die<br />
Verbindung zwischen den schon eröffneten Abschnitten Wartburg / Eisenach – Lutherstammort Möhra<br />
– Lutherdenkmal / Glasbachgrund (35 km) und Rennsteig / Tambach-Dietharz – Gotha / Seeberg (50<br />
km) mit zwei Sternwanderungen nach Schmalkalden für die Wander- und Pilgerfreunde freigegeben.<br />
(1) Eröffnungs-Wanderung vom Glasbachgrund<br />
bis nach Schmalkalden (23 km)<br />
Pünktlich um 8 Uhr startete die Wandergruppe<br />
unter Leitung des Kreiswegewartes und langjährigen<br />
Vorsitzender des Thüringerwald-Vereins<br />
Brotterode, Gerd Fuchs, bei herrlichem Wetter am<br />
idyllisch liegenden Lutherdenkmal oberhalb von<br />
Steinbach im Wartburgkreis, um die 23 km lange<br />
Teilstrecke des Lutherweges in Richtung Schmalkalden<br />
zu erwandern.<br />
Das Lutherdenkmal ist ein<br />
1857 auf Veranlassung von<br />
Herzog Bernhard Freund<br />
von Sachsen-Meiningen<br />
aufgestellter, etwa zehn Meter<br />
hoher Obelisk. Er hat die<br />
Form einer viereckigen Säule<br />
und wurde aus Seeberger<br />
Sandstein gefertigt. Die eingemeißelten<br />
Schriften erinnern<br />
an die vorgetäuschte<br />
Gefangennahme des mit der<br />
Reichsacht belegten Martin<br />
Luther auf seiner Rückreise<br />
vom Reichstag zu Worms<br />
Station am<br />
Lutherweg<br />
nach Wittenberg am 4. Mai 1521. Luther wurde<br />
von hieraus auf die Wartburg gebracht, wo er als<br />
„Junker Jörg“ untertauchte und dort in kurzer Zeit<br />
die Bibel (Neues Testament) übersetzte. Diesen<br />
markanten Ort markieren seit Jahrzehnten zusätzlich<br />
eine Lutherbuche und der im Volksmund als<br />
Lutherborn bezeichnete Quell.<br />
Nach gut einem Kilometer erreichten wir an der<br />
Straße Ruhla – Brotterode den Rennsteig, dem<br />
wir bis zum Dreiherrnstein am Großen Weißenberg<br />
folgten. Hier trafen einst die Fürstentümer<br />
Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Meiningen und<br />
Kur-Hessen aufeinander, was man den in Stein ge-<br />
Berggasthof & Pension “Zum Fuchsbau”<br />
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29<br />
meißelten Buchstaben entnehmen kann.<br />
Neben der urigen Waldgaststätte „Dreiherrnstein“<br />
ist dem Dichter Viktor von<br />
Scheffel ein Denkmal gewidmet, da er auch den<br />
Rennsteig erwandert und u. a. darüber ein schönes<br />
Gedicht geschrieben hat. Hier ist eine Infotafel<br />
für den Lutherweg vorgesehen. Auf dem Bierweg<br />
ging es weiter in Richtung Brotterode. Vom Grill-<br />
und Rastplatz Axdorf aus hatten wir eine gute<br />
Aussicht auf die Stadt im Kessel. Am Bad Vilbeler-Platz<br />
im Ort wird auf die offene Kirche mit Kilometerangabe<br />
nach Schmalkalden und das Lutherdenkmal<br />
hingewiesen.<br />
Im staatlich anerkannten<br />
Erholungsort in herrlicher<br />
Lage am Rennsteig laden<br />
Hotels und Gaststätten zum<br />
Verweilen ein. Vorbei an<br />
der Werner-Lesser-Skiarena<br />
geht es steil bergan zur<br />
Hohen Wiese, einem herrlichen<br />
Aussichtspunkt, von<br />
dem wir weit ins Werratal<br />
und bis zur Vorderrhön blicken<br />
konnten. Die Aussicht<br />
auf ganz Brotterode und<br />
zum Großen Inselsberg war<br />
herrlich. Von hier sind es ca. 500 m bis zur Evangelischen<br />
Familienerholungsstätte von Kurhessen-Waldeck,<br />
wo unter kirchlicher Trägerschaft<br />
Unterkunft und Verpflegung möglich ist.<br />
Weiter führt der Weg zum „Fuchsbau am Mommelstein“,<br />
einer idyllisch gelegenen Traditionsgaststätte,<br />
wo man einkehren und übernachten<br />
kann. Ein Aussichtspunkt unweit der Gaststätte<br />
und ein Rotwildgehege laden zum Verweilen ein.<br />
Nach Stärkung im rustikalen Gasthaus machten<br />
wir uns wieder auf den Weg, nun bergab bis zum<br />
ehemaligen Haltepunkt „Auwallenburg“ der Eisenbahnstrecke<br />
Schmalkalden-Brotterode, die
nach der Wende stillgelegt wurde und heute als<br />
„Mommelstein-Radwanderweg“ genutzt wird.<br />
Von hier aus besteht die Möglichkeit, einen Abstecher<br />
zum Wallenburger Turm, zum Besucherbergwerk<br />
„Hühn“ oder zum Trusetaler Wasserfall<br />
zu unternehmen.<br />
Nun führte uns der Lutherweg über die Straße<br />
Floh-Seligenthal – Trusetal zum Rastplatz und<br />
Aussichtspunkt am sogenannten Mordfleck. Hier<br />
soll in früher Zeit ein Förstermord geschehen sein.<br />
Vorbei am Großen Gieselberg, dem Hausberg der<br />
Schmalkalder, erreichten wir die „Waldhaus-Straße“,<br />
die Verbindungsstraße von Schmalkalden<br />
und Trusetal, deren Bestand durch die Einsparungen<br />
des Landeskreises Schmalkalden-Meiningen<br />
gefährdet ist. Die Gaststätte „Waldhaus“ ist leider<br />
zur Zeit geschlossen, ein Barfuß-Pfad unterhalb<br />
der Gaststätte wurde kürzlich eröffnet. Auf<br />
der Wanderung kommt man an der sogenannten<br />
Schmalkalder Landwehr vorüber, die früher die<br />
Flur von Schmalkalden von der Vogtei Herrenbreitungen<br />
trennte. An der Rötkuppe trafen wir auf<br />
den Jakobsweg, der von Schmalkalden über die<br />
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30<br />
Jakobskirche Fambach zur Basilika in Breitungen<br />
führt und dort Anschluss an den Jakobsweg in der<br />
Rhön hat. Unterhalb der Rötkuppe erblickten wir<br />
linker Hand den Röthof, ein von den christlichen<br />
Wohnstätten landwirtschaftlich betriebener Hof<br />
für alkoholabhängige Menschen.<br />
Über den Famberg absteigend, sahen wir Felder<br />
mit vielen blauen Kornblumen, dahinter die Dächer<br />
der Stadt Schmalkalden umrahmt von Bergen<br />
des Thüringer Waldes. Am Elisabeth-Klinikum erreichten<br />
wir den Stadtrand. Immer der Markierung<br />
folgend, wanderte die Gruppe bis zum Altmarkt,<br />
wo man die St. Georgskirche und das Rathaus<br />
als wichtige Stätten der Reformation besichtigen<br />
kann. Wenige Meter davon entfernt befindet sich<br />
der Lutherplatz mit dem historischen Lutherhaus.<br />
Hoch über der Stadt thront Schloss Wilhelmsburg,<br />
von wo die Wandergruppe aus der Gegenrichtung,<br />
auf dem Lutherweg vom Tambach-Dietharz kommend,<br />
ebenfalls die Altstadt erreichen sollte. Da<br />
die beiden Wandergruppen zu unterschiedlichen<br />
Zeiten in Schmalkalden ankamen, wurde nichts<br />
aus dem gemütlichen Abschluss. Dennoch bleibt<br />
allen Teilnehmern ein schöner Wandertag auf Luthers<br />
Spuren in guter Erinnerung. Gerd Fuchs<br />
(2) Der Lutherweg zwischen Tambach-Dietharz<br />
und Schmalkalden eingeweiht (18 km)<br />
26. Februar 1537:<br />
Martin Luther tritt nach Unterzeichnung der berühmten<br />
„Schmalkaldischen Artikel“ seine Heimreise<br />
nach Wittenberg an. Er leidet wegen Nierensteinen<br />
unter großen Schmerzen und glaubt sogar<br />
an sein nahes Ende. Nach Überquerung des Rennsteigs<br />
macht er mit seinem Gefolge Zwischenstation<br />
in Tambach. Über Nacht löst sich der Stein,<br />
nachdem er vom Dambachsborn getrunken hatte.<br />
Am nächsten Tag schreibt er an seinen Freund<br />
Philipp Melanchthon „aus Tambach, dem Orte, da<br />
ich gesegnet wurde, denn hier ist mein Phanuel,<br />
an dem mir Gott erschienen ist.“<br />
31. Oktober 1717:<br />
Am Lutherbrunnen (Dambachsborn) wird aus Anlass<br />
des 200. Jahrestages des Thesenanschlags in<br />
Wittenberg eine Tafel angebracht mit der Inschrift<br />
„Tambach est mea Phanuel, ibi apparuit mihi dominus“.
21. - 29. August 1937:<br />
In Schmalkalden wird der 400. Jahrestag des<br />
„glanzvollsten Fürstentages“ feierlich begangen.<br />
In diesem Zusammenhang wird auch der Lutherweg<br />
nach Tambach-Dietharz markiert und eingeweiht.<br />
Soweit die Geschichte – wahrlich Grund genug,<br />
Tambach-Dietharz und Schmalkalden in das große<br />
Projekt „Lutherweg Mitteldeutschland“ einzubinden!<br />
1996 schon einmal neu hergerichtet, wurde<br />
die Wegführung in den letzten Wochen überarbeitet<br />
und mit dem neuen Luther-L markiert. Somit<br />
stand der feierlichen Einweihung nichts mehr im<br />
Wege.<br />
Eingebunden in die Festwoche „475 Jahre<br />
Schmalkaldische Artikel“ war es dann am 23.<br />
Juni 2012 soweit: Mehr als 50 Wanderfreunde<br />
von beiden Seiten des Rennsteigs trafen sich am<br />
Lutherbrunnen, mit dabei auch Bürgermeister<br />
Schütz aus Tambach-Dietharz. Die<br />
Schmalkalder waren extra mit einem<br />
Bus angereist. In einer kurzen Andacht<br />
begrüßte Pfarrer Seidenberg<br />
alle Teilnehmer. Er erinnerte an die<br />
historischen Zusammenhänge und<br />
schickte die Wanderer mit dem Reisesegen<br />
auf die 18 km-Tour. Den feierlichen<br />
musikalischen Rahmen lieferte<br />
der Tambacher Posaunenchor. Und so<br />
machten sich die Wanderer auf die<br />
Reise – immer dem Luther-L nach:<br />
Aufwärts in dem malerischen Tal, an<br />
dem naturnah angelegten artesischen<br />
Brunnen ins Rechte Tammich abbiegend, an<br />
wuchtigen Konglomeratfelsen und den Resten eines<br />
ehemaligen Schieferbruchs vorbei zur Spitalwiese.<br />
An der Schutzhütte legten wir eine kleine<br />
Pause ein. Auf historischem Pflaster, der „magna<br />
strata“, einer ehemals bedeutungsvollen Handelsstraße,<br />
stiegen wir zur Alten Ausspanne auf. Wir<br />
hatten den Rennsteig erreicht und wandten uns<br />
der Neuen Ausspanne zu. Der höchste Punkt auf<br />
dem Nesselberg mit 747 m war inzwischen überschritten<br />
und eine Rast am Kiosk natürlich sehr<br />
willkommen. Wir überquerten die Straße, verließen<br />
den Rennsteig und stiegen in den Nesselgrund<br />
ab. An den Orten Struth-Helmershof und Schnellbach<br />
führte der Weg vorbei, bis wir am Hoherod<br />
von fleißigen Rhönklub-Frauen empfangen wur-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
31<br />
den, die uns mit Fettbroten und Getränken beköstigten.<br />
Zur Überraschung aller trat unverhofft eine<br />
Schauspielerin im historischen Kostüm als Martin<br />
Luthers Ehefrau Katharina von Bora auf und ließ<br />
uns an ihrem Gespräch mit ihrem Mann teilhaben.<br />
Sie erntete viel Beifall für ihre Darbietung.<br />
Weiter gings: Wir mussten noch die letzte Etappe<br />
meistern – durch das Kleinsteinbach, über den<br />
Schmalkalder Hausberg, die Queste, erreichten<br />
wir schließlich die Konventstadt Schmalkalden.<br />
Wir traten durch den Innenhof von Schloss Wilhelmsburg,<br />
am Lutherhaus vorbei, in dem der<br />
große Reformator einstmals als Gast des hessischen<br />
Rentmeisters Balthasar Wilhelm wohnte,<br />
und kammen schließlich zum neu gestalteten<br />
Altmarkt in seinem mittelalterlichen<br />
Ambiente. Mit einem Blick auf das attraktive Rathaus,<br />
die ehemalige Tagungsstätte des Schmalkaldischen<br />
Bundes, und die Stadtkirche St. Georg, in<br />
der Martin Luther einst predigte, beendeten wir<br />
unsere kulturhistorisch sehr interessante Wanderung<br />
– eine würdige Einweihung des Lutherweges<br />
von Tambach-Dietharz nach Schmalkalden,<br />
die allen Teilnehmern in guter Erinnerung bleiben<br />
wird.<br />
Ein herzlicher Dank gebührt an dieser Stelle den<br />
beiden Leitern der Tourist-Informationen von<br />
Tambach-Dietharz und Schmalkalden für die ausgezeichnete<br />
Organisation!<br />
Dr. Gerhard Zimmer
Lutherdenkmal<br />
im Glasbachgrund<br />
Steinbach<br />
nach Möhra,<br />
...Wartburg, Eisenach<br />
Wanderung durch Brotterode Richtung Mommelstein<br />
Der Röthof bei Schmalkalden<br />
Altstadt in Schmalkalden:<br />
Rathaus und St. Georgskirche<br />
Der <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Lutherweg Nr. 90 zwischen / 2012 Steinbach/Glasbachgru<br />
R<br />
Victor-von-Scheffel-Denkmal<br />
am Dreiherrnstein<br />
Dreiherrnstein<br />
Mommelstein<br />
Mordfleck<br />
Röthof<br />
Brotterode<br />
Großer Inselsberg<br />
Tiergehege<br />
am Gasthaus<br />
„Fuchsbau“<br />
am<br />
Mommelstein<br />
Schmalkalden<br />
www.luther2017.de www.schmalkalden.de<br />
32<br />
R<br />
Kleinschmalkalden<br />
Rastplatz und Aussichtpunkt am<br />
„Mordfleck“<br />
Schne<br />
Floh-Seligenthal<br />
Schloss<br />
Wilhelmsburg<br />
Strut
nd - Schmalkalden - Tambach-Dietharz...ca. <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012 41 km<br />
Ebertswiese<br />
llbach<br />
h-Helmersdorf<br />
R<br />
Am Lutherbrunnen bei<br />
Tambach-Dietharz<br />
Alte<br />
Ausspanne<br />
Lutherbrunnen bei<br />
Tambach-Dietharz<br />
R<br />
Schmalkalden, Lutherhaus mit Zeitzeugnis,<br />
Relief anno MDXXXVII (1537)<br />
Neue Ausspanne<br />
am Rennsteig<br />
Am Zusammenfluss<br />
von rechten und linken<br />
Tammich<br />
nach Reinhardsbrunn, Gotha,<br />
...Drei Gleichen, Arnstadt<br />
www.lutherweg-thueringen.de<br />
33<br />
Fotos: Gerd Fuchs, Gerhard Zimmer,<br />
Christina Reißig<br />
R<br />
Rennsteig<br />
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mit INFO-Tafel<br />
zu Luthers<br />
Überquerung des<br />
Rennsteigs 1537<br />
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Zur Lutherdekade bis 2017 (Teil 4):<br />
Der Lutherzyklus der Wartburg.<br />
Bild 1 (von 18) – Luther als Kurrendesänger<br />
Der Bilderzyklus beginnt mit dem von Ferdinand<br />
Pauwels 1872 beendeten Gemälde in Eisenach,<br />
wo der Knabe Martin Luther von 1498 bis 1501<br />
zur Schule ging und seine Mutter herstammte. Im<br />
Gemälde von Pauwels steht er inmitten einer Kindergruppe,<br />
überragt die anderen an Körpergröße<br />
und angedeuteter Sangeskraft und bietet sich vor<br />
der Frau Cotta als Kurrendesänger dar. Kurrende<br />
kommt vom lateinischen currere für laufen und<br />
bezeichnet einen kleinen, umherziehenden,<br />
für Geld und<br />
Kost singenden Kinderchor.<br />
Luther selbst sagte von sich<br />
später, er sei „auch ein solcher<br />
Partekenhengst gewest, und<br />
habe das Brot vor den Häusern<br />
genommen, sonderlich<br />
zu Eisenach, in meiner lieben<br />
Stadt“. Parteke wiederum bedeutet<br />
ursprünglich „Teilchen“<br />
(Verkleinerungsform von lat.<br />
pars – Teil) und meint ein<br />
Stückchen Almosenbrot, das<br />
sich die Kurrendesänger verdienten.<br />
Der Pfarrer Johannes<br />
Mathesius (1504-1565), der<br />
in Wittenberg Theologie studiert<br />
hatte und in seinen 1566<br />
erstmals gedruckten Predigten<br />
über Luther eine der frühesten<br />
Biographien lieferte, berich-<br />
tet, dass der Jüngling sich in<br />
Eisenach vor den Türen sein<br />
Brot ersungen hatte und dafür<br />
von einer „andächtigen Matrone“<br />
angenommen worden war. Von Luther ist<br />
keine Namensnennung dieser Frau überliefert,<br />
sondern lediglich ihre Umschreibung als „meine<br />
Wirtin zu Eisenach“, wie auch kein urkundlicher<br />
Beleg ihren Namen verbürgt. Name und Todesjahr<br />
1511 sind durch eine Metalltafel auf ihrer<br />
Grabstätte überliefert, die allerdings zur Zeit der<br />
Nachrichtenaufzeichnung bereits nicht mehr existierte.<br />
Jene angebliche Matrone, die im Gemälde von<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
36<br />
Pauwels durch ihre gediegene Kleidung als wohlhabend<br />
und durch Haube und Kopftuch als verheiratet<br />
ausgewiesen wird, war die Eisenacher<br />
Bürgersfrau Ursula Cotta, geb. Schalbe, die einen<br />
Gatten namens Konrad Cotta hatte. Ansonsten<br />
existieren unterschiedliche und unklare Angaben<br />
über ihr Alter und ihre familiäre Einbindung. Einerseits<br />
deuten die Ersterwähnung ihres Gatten<br />
von 1443 und das Auftauchen ihres Sohnes Konrad<br />
1505 als Eisenacher Viermann (Gemeindevertreter)<br />
auf eine Förderin Luthers zwischen 1498<br />
und 1501 im reifen Alter hin. Andererseits wird<br />
in dem Viermann von 1505 ihr Ehemann gesehen<br />
Abb.1: Luther als Kurrendeschüler in Eisenach,<br />
Ölgemälde von Ferdinand Pauwels, 1872<br />
und ihr vor Luther ein vergleichsweise niedriges<br />
Alter zugebilligt. Angenommen wird, dass jener<br />
Caspar Schalbe, für den sich der Reformator später<br />
einsetzte, ihr jüngerer Bruder war und Luther<br />
nicht zuletzt in ihr Haus aufgenommen wurde, um<br />
diesen zu beaufsichtigen. Dieser Caspar Schalbe<br />
studierte seit 1504 in Erfurt und dürfte somit etwa<br />
zwei Jahre jünger als Luther gewesen sein. In dem<br />
Gemälde ist er sicherlich der kleine Junge an der<br />
Seite der Mutter.
Der am 10. November 1483 geborene Martin Luther<br />
ist auf jeden Fall um etwa sieben Jahre zu<br />
jung im frühestens 1498 handelnden Bild gezeigt,<br />
das sich damit in die übliche Knabendarstellung<br />
des Kurrendesängers einfügt. Bereits 1793 hatte<br />
der Dresdner Maler Johann David Schubert eine<br />
Federzeichnung mit dem Knaben als Anführer<br />
einer Sängergruppe der vor der Tür ihres Hauses<br />
verweilenden Frau angefertigt. In zwei gemalten<br />
Vorlagen zum Reformationsjubiläum 1817 – von<br />
Otto Warmholz und von Georg Paul Buchner –<br />
steht der Halbwüchsige als einziges Kind vor der<br />
Hausfrau, die über den unteren Teil der Tür hin-<br />
Abb.2: „Der junge Luther wird von Conrad Cottas<br />
Ehefrau zu Eisenach ins Haus genommen“,<br />
Federzeichnung von Johann David Schubert, 1793<br />
Literatur:<br />
• Otto Scheel: Martin Luther. Vom Katholizismus zur Reformation.<br />
1. Bd. Auf der Schule und Universität. Tübingen<br />
31921, S. 104-111.<br />
• Hans Eberhard Matthes: Das Eisenacher Lutherhaus. Mit<br />
einem Anhang: Das Geschlecht Cotta (Eisenacher Heimatbücher.<br />
7). Eisenach 1939.<br />
• Ernst-Otto Braasch: Die Familie Schalbe in Eisenach. In:<br />
Mosaiksteine. Zweiundzwanzig Beiträge zur thüringischen<br />
Kirchengeschichte (Thüringer Kirchliche Studien. IV).<br />
Berlin 1981, S. 268-270.<br />
• Martin Brecht: Martin Luther. Bd. 1. Sein Weg zur Refor-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
37<br />
weg auf ihn blickt. Noch im selben Jahr erschien<br />
im Luther-Bilderbogen des Nürnbergers Friedrich<br />
Campe ein Bildaufbau, in dem sie einige Stufen<br />
erhöht von der Tür aus ihren Sohn wohl mit einer<br />
Geldspende zu den Sängern losschickt. Dieses<br />
Motiv gestaltete Wilhelm Baron von Löwenstern<br />
ein Jahrzehnt später einige Male, dann ein sonst<br />
unbekannter A. Frauenfeld und ein Georg Emanuel<br />
Opiz; in Lutherpublikationen griffen die Lithografen<br />
jener Zeit mehrfach auf eine solche Interpretation<br />
zurück. Gustav König stellte um 1850<br />
die Haustür frontal dar, aber erneut steht Frau<br />
Cotta zwei Stufen höher, und anstatt des Jungen<br />
Abb.3: „Martin Luther als Currentknabe“,<br />
Radierung nach einem Gemälde von<br />
Otto Warmholz, 1817<br />
mation 1483-1521. Stuttgart 1981, S. 28-32.<br />
• Sylvia Weigelt: „Der Männer Lust und Freude sein“. Frauen<br />
um Luther. Weimar/Eisenach 2011, S. 22-25.<br />
• Grit Jacobs: Schlaglichter auf Luthers Leben – der<br />
Bilderzyklus in den einstigen Reformationszimmern der<br />
Wartburg und seine Schöpfer. In: Jutta Krauß (Hrsg.):<br />
Luthers Bilderbiographie. Die einstigen Reformationszimmer<br />
der Wartburg. Ein informativer Begleiter durch die<br />
Sonderausstellung vom 4. Mai 2012 bis 31. März 2013 auf<br />
der Wartburg und vom 27. April bis 29. September 2013 in<br />
Luthers Sterbehaus Eisleben. Regensburg 2012, S. 67-143,<br />
hierzu S. 72-74.
verteilt eine weitere Frau Almosen.<br />
Pauwels kann bei der<br />
Komposition des Wartburgbildes<br />
von seinem Antwerpener<br />
Landsmann Hendrik<br />
Leys beeinflusst worden<br />
sein, der vor 1862 ein Gemälde<br />
mit dem singenden<br />
Luther in einem Innenhof<br />
vor der sitzenden Frau Cotta<br />
geschaffen und damit gewissermaßen<br />
eine Brücke zu<br />
der vorher vor oder in der<br />
Haustür stehenden Förderin<br />
gestaltet hatte.<br />
Das heutige, als Museum eingerichtete<br />
Lutherhaus befand<br />
sich seinerzeit im Besitz von<br />
Brüdern des Ehemanns, also<br />
von ihren Schwagern, und<br />
dürfte durch Besuche und<br />
Aufenthalte Luthers durchaus<br />
ein identischer Erinnerungsort<br />
sein. Das Wohnhaus<br />
von Konrad und Ursula Cotta,<br />
also Luthers hauptsächliches<br />
Domizil und Ort der<br />
dargestellten Kurrendeszene,<br />
lag allerdings wohl wenige<br />
hundert Meter entfernt in der<br />
heutigen Georgenstraße an<br />
der Einmündung der Nonnengasse.<br />
Die Angaben zu<br />
Herberge und Unterkunft aus<br />
ältester Zeit widersprechen<br />
sich scheinbar, wenn Luther<br />
einerseits „zum Eisenacher<br />
Bürger Heinrich“ gekommen<br />
und andererseits „bey Cuntz<br />
Kotten“ gewesen sei. Im ersten<br />
Fall ist Heinrich Schalbe<br />
angesprochen, der Vater jener<br />
Matrone Ursula, und im<br />
zweiten Fall Konrad – Kuntz<br />
ist die Kurzform – Cotta, ihr<br />
Ehemann, so dass es sich<br />
um dasselbe Gebäude in der<br />
Georgenstraße handelte.<br />
H.S. Redaktion<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
Abb. 4: „LUTHER./<br />
als Curren Schüler zu<br />
Eisenach/1498“<br />
Lithographie nach einer<br />
Zeichnung von Wilhelm Baron<br />
von Löwenstern, 1827<br />
Abb. 5: „Luther singt als<br />
Currentschüler vor der<br />
Thüre der Frau Ursula<br />
Cotta in Eisenach. 1498“<br />
Radierung von Gustav<br />
König, 1847-1851<br />
Abb. 6: Luther als Chorknabe<br />
vor Frau Cotta<br />
singend, Lithographie<br />
nach einem Gemälde von<br />
Hendrik Leys, vor 1862<br />
38
Die Kittelsthaler Tropfsteinhöhle – Geologie,<br />
Schauhöhlenbetrieb und Gastronomie<br />
Teil 2: Schauhöhlenbetrieb<br />
Gunter Malcher<br />
Schwerspatbergbau<br />
Die Kittelsthaler Tropfsteinhöhle wurde beim untertägigen<br />
Abbau von Schwerspat (Baryt) in der<br />
Grube Wolfsberg I entdeckt. Die älteste Erwähnung<br />
ist die Darstellung auf einen Grubenriss aus<br />
dem Jahre 1888. Vermutlich wurden die ersten<br />
Hohlräume jedoch bereits früher angefahren.<br />
Schwerspat ist chemisch Bariumsulfat (BaSO4).<br />
Er weist mit 4,5 g/cm³ eine ungewöhnlich hohe<br />
Dichte auf. Er kommt vor allem auf hydrothermalen<br />
(aus heißem Wasser entstandenen) Gängen<br />
vor. Schwerspat ist zumeist massig ausgebildet,<br />
in Drusen oder auf offenen Klüften kann er jedoch<br />
auch in schönen, wasserklaren oder auch<br />
farbigen Kristallen (orthorhombisches Kristallsystem)<br />
auskristallisieren. Schwerspat ist im Gegensatz<br />
zu anderen Bariumverbindungen (z.B.<br />
Verwendung von Bariumcarbonat als Rattengift)<br />
auf Grund seiner geringen Löslichkeit ungiftig.<br />
Bedeutung erlangte Schwerspat vor allem als<br />
Farbspat zur Herstellung weißer Farbe (Dispersionsfarben,<br />
Decklack, Korrosionsschutzlacke,<br />
Grundierungen) und in der Papierindustrie zur<br />
Erzeugung von hochwertigem Papier, z.B. Fotopapier<br />
(Barytpapier) für die Schwarzweißfotographie.<br />
Als Farbspat (Lithopone) konnte er giftige<br />
Farben, wie z.B. Bleiweiß, ersetzen. Lithopone,<br />
eine Mischung aus Baryt und Zinksulfid wurden<br />
erstmalig um 1853 hergestellt. Später wurde<br />
Schwerspat auf Grund seiner hohen Dichte als<br />
Zuschlagstoff für Schwerbeton, in Kernkraftwerken<br />
bzw. den Röntgenabteilungen von Krankenhäusern<br />
zum Absorbieren radioaktiver Strahlung<br />
und als Röntgenkontrastmittel in der Medizintechnik<br />
verwendet. Weitere Einsatzgebiete sind<br />
die Kunststoff- und Gummiindustrie, z.B. für<br />
Folien, Filze und Gewebe zur Schalldämmung,<br />
in der Automobilindustrie, Bremsbeläge, Ballaststoff<br />
(Kräne, Fahrstühle) bzw. Feuerwerke (grüne<br />
Farbe). Haupteinsatzgebiet mit ca. 80 % der<br />
Weltförderung ist jedoch seit ca. 100 Jahren mit<br />
der Entwicklung der Tiefbohrtechnik in der Erdöl-<br />
und Erdgasindustrie der Einsatz als Bohrtrü-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
39<br />
be. Bedingt durch die hohe Dichte wird ein entsprechender<br />
Gegendruck aufgebaut. Schwerspat<br />
ist auch die Ausgangsbasis zur Gewinnung von<br />
Barium. Während früher Schwerspat in nahezu<br />
allen deutschen Mittelgebirgen abgebaut wurde,<br />
findet heute in Deutschland nur noch auf der Grube<br />
Clara bei Wolfach im Schwarzwald ein Abbau<br />
statt. Vor allem aus China und Indien wurde sehr<br />
billig Schwerspat importiert, weshalb die deutschen<br />
Gruben nicht mehr konkurrenzfähig waren<br />
a b<br />
a) Baryt - Grube Clara<br />
- Schwarzwald<br />
b) Baryt-Blätterspat<br />
- Grube Cäcilia -<br />
Wölsen dorfer Revier<br />
c) Baryt - La Union -<br />
Spanien<br />
c<br />
Fotos: Sammlung von<br />
Berthold Weber, Weiden in der Oberpfalz<br />
und geschlossen wurden. Inzwischen kann jedoch<br />
auch in China der eigene Bedarf nur noch zu<br />
höheren Preisen gedeckt werden. Die Preise für<br />
Schwerspat lagen in den letzten Jahren bei 50 Dollar/Tonne,<br />
derzeitig liegt der Preis bei 140/Tonne.<br />
Bedingt durch die steigenden Weltmarktpreise<br />
gibt es inzwischen Bestrebungen, Lagerstätten<br />
in Deutschland wieder oder neu zu erschließen.<br />
Auch in Thüringen ist Potential dafür vorhanden,<br />
so gibt es im Raum Trusetal erschlossene, jedoch<br />
nicht abgebaute Feldesteile (Lagerstättenvorräte<br />
ca. 1 Mio. Tonnen), südlich von Schleusingen<br />
wurde bereits zu DDR-Zeiten bei Gehtles im Bereich<br />
des “Kleinen Thüringer Waldes“ eine Spatlagerstätte<br />
mit 1 Mio. Tonnen Vorräten erkundet,<br />
im Ilmenau-Gehrener Revier sind ebenfalls noch<br />
ca. 4 Mio. Tonnen Vorräte (Schwer- und Flussspat)<br />
nachgewiesen. Die Lagerstätte Ilmenau
wurde zwischen 2005 und 2008 neu erschlossen,<br />
im Moment ruhen jedoch die Arbeiten. Derzeitig<br />
wird die Lagerstätte Schönbrunn im Erzgebirge<br />
mit ca. 3 Mio. Tonnen Vorräten aufgefahren. Die<br />
Weltjahresproduktion betrug in den letzten beiden<br />
Jahren ca. 7,8 Millionen Tonnen, die Lagerstättenvorräte<br />
ca. 2 Milliarden Tonnen.<br />
Der Abbau von Schwerspat und Flussspat ist im<br />
Raum Kittelsthal seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
nachgewiesen. Man stellte ihn um 1924 (Grube<br />
Wolfsberg) bzw. 1926 (Grube Glück am Krumsberg)<br />
ein. Der Abbau erfolgte weitgehend durch<br />
die örtlichen Bauern, die dadurch einen Zuverdienst<br />
im Winter hatten. Abgebaut wurden insgesamt<br />
9 Schwerspatgänge und 2 Flussspatgänge,<br />
die in den Riffkalken des Zechsteins aufsitzen. Die<br />
Gänge besitzen Längserstreckungen von maximal<br />
350 m und Höhen von bis zu 50 m. Sie erreichen<br />
in linsenförmigen Bereichen (Kessel) maximale<br />
Mächtigkeiten von 3 m. Abgebaut wurde bis zu<br />
einer Gangbreite von ca. 0,5 m. Der Kittelsthaler<br />
Schwerspat weist eine hohe Reinheit auf. Es treten<br />
nur lokal Verunreinigungen mit in den Gang<br />
hereingebrochenem Kalkstein auf.<br />
Vereinzelt sind geringe Flussspatanteile vorhanden,<br />
in sehr geringen Mengen auch Sulfide. Entdeckt<br />
wurden die Schwerspatgänge vermutlich<br />
beim Ackern, denn die Gänge strichen an der<br />
Erdoberfläche aus. Dadurch waren die Erschließungskosten<br />
für die Lagerstätte sehr gering, der<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
(1) Schwerspatgang - offener Abbau im Zugangsbereich der Höhle<br />
40<br />
Bergbau warf sofort Gewinn ab. Abgebaut wurden<br />
die Gänge zumeist von Schächten aus, vereinzelt<br />
sind auch Stollen vom Tal aus in den Berg getrieben<br />
worden. Der gewonnene Schwerspat wurde<br />
mit Fuhrwerken zur Verladung auf die Bahn nach<br />
Wutha bzw. Thal gefahren. Der Erlös betrug in<br />
der Zeit des ersten Weltkrieges 7,5 bis 10 Goldmark<br />
je Tonne bzw. ca. 2 bis 2,5 Dollar/Tonne.<br />
Im Bereich der Tropfsteinhöhle sind nach groben<br />
Schätzungen ca. 3.000 m³ bzw. 13.000 Tonnen<br />
abgebaut worden. Dies entspräche bei heutigen<br />
Preisen einem Erlös von ca. 1,2 Mio. Euro.<br />
Heute werden Lagerstätten jedoch erst mit einem<br />
Abbauvolumen von 500.000 t als rentabel angesehen.<br />
Mit den im Raum Kittelsthal abgebauten<br />
Schwerspatvorräten wäre man in der Lage gewesen,<br />
die heutigen deutschen Produktionsmengen<br />
über mehrere Jahre zu decken.<br />
Schauhöhlenbetrieb<br />
Nach der Entdeckung der Höhle wurde diese<br />
kurzfristig als Versatzhohlraum für taubes Gestein<br />
verwendet. Da zum Einen die Spatvorräte zu<br />
Ende gingen, zum Anderen auch das Potential der<br />
Höhle als Schauhöhle erkannt wurde, erfolgte in<br />
den Jahren 1894 - 1896 durch den Betreiber des<br />
Bergwerks, den Steiger Hess, relativ rasch eine<br />
Erschließung der Höhle als Schauhöhle.<br />
Ab1895 fanden die ersten Führungen statt, 1896<br />
ist die Schauhöhle feierlich mit einer Bergpredigt<br />
eröffnet worden. In den ersten Jahren gab es<br />
die Führungen mit Gaslichtern,<br />
in den zwanziger Jahren<br />
begann die Umrüstung<br />
auf elektrische Beleuchtung.<br />
Dem Geschmack der Zeit<br />
entsprechend, beleuchtete<br />
man die Höhle mit farbigen<br />
Lichtern und dekorierte sie<br />
mit Farnen.<br />
Über Besucherzahlen ist<br />
aus den Jahren vor dem 2.<br />
Weltkrieg leider nichts bekannt.<br />
Bis 1945 erfolgte ein<br />
kontinuierlicher Betrieb,<br />
von 1945 bis 1954 blieb die<br />
Höhle geschlossen. In diesem<br />
Zeitraum erfolgten erste
Sicherungsarbeiten durch die Firma Quent, Betonpfeiler<br />
aus dieser Zeit sind im Treppenbereich<br />
der Höhle noch heute vorhanden. Von 1954 bis<br />
1986 erfolgten wieder durchgehend Führungen.<br />
In den ersten Jahren befand sich die Höhle noch<br />
im Besitz der Familie Reimund (Frau Reimund<br />
war die Tochter des Steigers Hess), die Besucherzahlen<br />
lagen bei durchschnittlich 13.500 pro Jahr.<br />
Im Jahre 1966 wurde die Höhle für ca. 15.000<br />
Mark an die Gemeinde Kittelsthal verkauft. Im<br />
Frühjahr 1968 kam es infolge starker Nieder-<br />
(2) Postkarte - Ehemaliges Eingangsgebäude um 1915<br />
schläge zu einem kleinen Firstbruch. Im Rahmen<br />
von Untersuchungen wurden angebliche Risiken<br />
stark überbetont und die Höhle für einsturzgefährdet<br />
erklärt. So wurde die Verbiegung des in<br />
der großen Grotte befindlichen Stahlträgers auf<br />
den Gebirgsdruck zurückgeführt, obwohl dieser<br />
bereits krumm eingebaut wurde. Offensichtlich<br />
bestand seitens der Gemeinde kein Interesse, den<br />
Schauhöhlenbetrieb wieder aufzunehmen. Da in<br />
den ersten Jahren keine Sicherung des Höhlenein-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
41<br />
ganges erfolgte, kam es zu illegalen Befahrungen,<br />
bei denen die vorhandenen Tropfsteine teilweise<br />
geplündert wurden. So wurde z.B. die Spitze der<br />
großen Pyramide abgeschlagen. Durch den damaligen<br />
Wirt der Gaststätte „Zur Tropfsteinhöhle“,<br />
Herrn Hornschuh konnte sie dem Dieb abgenommen<br />
werden. Lange Jahre stand sie in der Gaststätte,<br />
inzwischen wurde sie wieder an ihren ursprünglichen<br />
Platz gebracht.<br />
Von 1980 bis 1990 erfolgte durch die Bergsicherung<br />
Ihlfeld eine Sicherung der oberflächennah-<br />
(3) Eingangsbereich heute - Blick auf Kittelsthal<br />
(4) Postkartenmotiv - „Große Pyramide“ um 1920 (5) Gleiches Motiv, Aufnahme aus dem Jahr 2011<br />
en bergbaulichen Anlagen. Die Bergsicherung<br />
wältigte die alten Schächte auf und verfüllte die<br />
erreichbaren oberflächennahen Stollen und Abbauhohlräume.<br />
In den Verbindungsbereichen zur<br />
Tropfsteinhöhle wurden Betonplomben eingebracht.<br />
Nur durch diese Sicherungsarbeiten wurde<br />
die spätere Neuerschließung der Schauhöhle<br />
möglich.<br />
Mit der politischen Wende wuchs erneut das Interesse<br />
an der Schauhöhle. Mit Hilfe von ABM-
Maßnahmen konnte die Höhle vom 02.05.1991<br />
bis in den September 1992 wieder zugänglich gemacht<br />
werden. Der Zugangstollen wurde mit neuen<br />
Betontreppen versehen, die Höhlenbeleuchtung<br />
erneuert. Das alte Eingangshäuschen wurde abgerissen<br />
und ein neuer Eingang geschaffen. Seitdem<br />
erfolgt wieder ein kontinuierlicher Schauhöhlenbetrieb,<br />
im ersten Jahr konnten 11.000 Besucher<br />
verzeichnet werden. Die Höhle ist nur in den<br />
Sommermonaten geöffnet, die Besucherzahlen<br />
(6) Blick in den „Saal der Titanen“<br />
bewegen sich inzwischen um 5.000 pro Jahr. In<br />
ihrer Kombination aus Bergwerk und natürlicher<br />
Höhle ist die Tropfsteinhöhle in Thüringen einmalig,<br />
sie ist die einzige für Besucher erschlossene<br />
Tropfsteinhöhle des Bundeslandes.<br />
Entstehung der Höhle<br />
Die Höhle gehört mit einer Ganglänge von ca.<br />
1 km und einer Höhendifferenz von etwa 50 m<br />
zu den größten Höhlen Thüringens. Die Gänge<br />
und Räume verteilen sich über eine Fläche von<br />
ca. 100m x 50 m, ein System ist bisher nicht zu<br />
erkennen. Ursprünglich (Heß von Wichdorff)<br />
glaubte man, dass die Höhle an den Schwerspatgang<br />
gebunden sei, dies ist jedoch nur eine lokale<br />
Erscheinung im Schauhöhlenbereich der Höhle.<br />
In der Höhle wechseln große Räume (Hohlraum-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
42<br />
volumen von 500 bis 7500 m³) mit engen Gängen<br />
ab, teilweise ist die Befahrung der Höhle nur<br />
zwischen großen Verbruchsblöcken möglich. Der<br />
größte Hohlraum der Höhle ist der Saal der Titanen.<br />
Dieser weist bei einer Länge von 70 m Abmessungen<br />
von ca. 12 x 10 m auf. An den Saal der<br />
Titanen schließt sich ein riesiger, um 0,5 bis 1,0 m<br />
abgesenkter Block mit Abmessungen von 18 x 32<br />
m bei mindestens 15 m Höhe und einem Gewicht<br />
von ca. 25.000 Tonnen an. Zusammen mit der sich<br />
(7) „Möhre“ - mit 2,5 m Länge<br />
größter Tropfstein der Höhle<br />
(8) Schneeweiße Sinter über „Großem Block“
über diesen Block gebildeten Fuge ergibt sich im<br />
Bereich des Saales der Titanen eine freie Decke<br />
von ca. 1.500 m².<br />
Die Ausbildung der Höhle mit Gegensteigungen,<br />
stark wechselnden Gangquerschnitten und anscheinend<br />
unmotiviert entstandene große Hohlräume<br />
sprechen dafür, dass sie zumindest primär<br />
im phreatischen Bereich (unterhalb des Grundwasserspiegels)<br />
entstanden ist. Über den Zeitraum<br />
gibt es keine eindeutig belegbaren Erkenntnisse.<br />
Die untere zeitliche Grenze kann mit der Entstehung<br />
der Schwerspatgänge gezogen werden. Zu<br />
diesem Zeitpunkt waren die Hohlräume noch<br />
nicht vorhanden, da sie sonst mit Schwerspat gefüllt<br />
worden wären. Leider kann auch das Alter<br />
der Schwerspatgänge nur sehr grob abgeschätzt<br />
werden. Sie gehören zum saxonischen Mineralisationszyklus,<br />
für den ein Zeitraum vor 225 Mio.<br />
bis 100 Mio. Jahren angegeben wird, in einigen<br />
Veröffentlichungen bis 20 Mio. Jahren. Als obere<br />
zeitliche Grenze kann der Zeitpunkt der Entstehung<br />
der Hochfläche oberhalb der Höhle angesehen<br />
werden. Zu diesem Zeitpunkt muss die Höhle<br />
schon vorhanden gewesen sein, da von dieser<br />
Hochfläche aus Schächte bis 50 m unter Gelände<br />
reichen. Über diese Schächte wurden Gerölle aus<br />
Gesteinen des Ruhlaer Kristallins und des Buntsandsteins<br />
bis in die Höhle eingetragen. Da die<br />
Hochfläche pliozänen Alters ist, muss die Anlage<br />
der Höhle vor über 3 Mio. Jahren erfolgt sein. Mit<br />
der Entstehung und Eintiefung des Erbstromtales<br />
erfolgte eine Absenkung des Grundwasserspiegels,<br />
dadurch kam es zur Ausbildung horizontaler<br />
Gangstrecken im Grenzbereich von phreatischer<br />
und vadoser (lufterfüllter) Zone. Diese lassen sich<br />
jedoch, bedingt durch Verbruch oder die Ablagerungen<br />
von Sedimenten meist nur einige Dutzend<br />
Meter verfolgen. Oberhalb des Grundwasserspiegels<br />
kam es zu einer intensiven Versinterung der<br />
Höhle mit Stalaktiten und Stalakmiten, vor allen<br />
aber mit bis zu 5 m langen Sintergardienen. Diese<br />
zeichnen sich durch sehr große, durchscheinende<br />
Kristalle aus. Bemerkenswert sind auch bis zu<br />
mehreren Quadratmetergroßen Wasserbecken, die<br />
vollständig mit wasserklaren Kalzitkristallen ausgekleidet<br />
sind.<br />
Erforschung der Höhle<br />
Aus dem Zeitraum von 1896 bis 1968 liegen kei-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
43<br />
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Terminsache
nerlei Informationen zur Erforschung der Höhle<br />
vor. Obwohl es in Thal in den 30iger Jahren eine<br />
aktive und große Gruppe des Thüringer Höhlenvereins<br />
gab, welche sich z.B. um die Erforschung<br />
der Ritterhöhle und des Kristallkellers bemühte,<br />
erfolgten im Bereich der Tropfsteinhöhle offensichtlich<br />
keine Aktivitäten. Dies ist unverständlich,<br />
da offene Fortsetzungen vorhanden waren,<br />
deren Schwierigkeitsgrad nicht über denen der damals<br />
erforschten Höhlen lag. Erst mit der Schlie-<br />
(9) Durch jüngere Bewegungen zerbrochene<br />
Tropfsteine und Sintergardinen im „Saal der Titanen“<br />
Bildhöhe ca. 0,6 m<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
44<br />
ßung der Höhle 1968 wurden die Forschungen<br />
durch Suhler Höhlenforscher wieder aufgenommen.<br />
Als erstes wurde am 8. und 09.06.1968 die<br />
sogenannte „Suhler Grotte“ entdeckt, der Zugang<br />
erfolgte über eine flache, stellenweise weniger als<br />
30 cm hohe Fuge. Am 3.10.1971 wurde der Zugang<br />
zur Schlammgrotte und dann relativ schnell<br />
(17.10.1971) der weitere Weg zum größten Raum<br />
der Höhle, dem Saal der Titanen gefunden.<br />
Schlagartig wurde die Größe der bekannten Tei-<br />
(10) Exzentriques im Bereich der Schauhöhle<br />
Bildausschnitt ca. 15 cm<br />
(11) Sinterbildungen im „Kristallpalast“ (12) Sinterbildungen im „Saal der Titanen“
le der Höhle vervielfacht. Aus diesem Zeitraum<br />
liegt noch eine Zeitung in einem Seitengang der<br />
Höhle. Sowohl hinsichtlich der Größe als auch<br />
hinsichtlich des Sinterschmucks übertreffen die<br />
neuen Teile der Höhle den Schauhöhlenbereich<br />
bei weitem. Vor allem schneeweiße bis durchscheinende<br />
Sintergardinen suchen in Thüringen<br />
und darüber hinaus ihresgleichen. Leider stehen<br />
ausreichende finanzielle Mittel für die Erschließung<br />
dieser Höhlenteile (sicher in Millionenhöhe<br />
erforderlich) nicht zur Verfügung. In den folgenden<br />
Jahren wurden die neu endeckten Höhlenteile<br />
vermessen. Im Rahmen dieser Arbeiten erfolgten,<br />
auch durch den Verfasser, weitere Entdeckungen.<br />
So wurden am 19.09.1981 oberhalb des Saales der<br />
Titanen 2 Hohlräume mit einem Sinterbecken mit<br />
einer Länge von 6 m und einer Breite von max.<br />
3 m und einer Wassertiefe von 0,75 m erreicht.<br />
Der gesamte See ist vollständig mit 3 cm langen<br />
Kalzitkristallen ausgekleidet.<br />
Mit der politischen Wende konnten neue Erfahrungen<br />
in Höhlen Deutschlands, der Schweiz und<br />
Frankreichs gesammelt werden. Es standen neue<br />
technische Hilfsmittel zur Verfügung. Vor allem<br />
in den Jahren 1994 bis 1996 wurden im Bereich<br />
des Saales der Titanen zahlreiche Schächte mit<br />
Höhen zwischen 20 und 40 m erkundet. Hier sind<br />
ebenfalls herrliche Tropfsteinbildungen vorhanden.<br />
Alle Schächte endeten, ohne dass der bekannte<br />
Teil der Höhle wesentlich verlassen werden<br />
konnte.<br />
Die Kittelsthaler Höhle ist Teil eines Höhlensystems,<br />
welches sich über 2,3 km von einem<br />
Ponor (Bachversinkung) an der Grenze zum<br />
Kristallin im Mönchsfeld bis zur großen Karstquelle<br />
am ehemaligen Wasserwerk in Farnroda<br />
erstreckt. Hier liegen mehrere weitere Höhlen<br />
(z.B. Silvester löcher, Drachenhauchloch, Scherbenhöhle),<br />
von denen, mit ebenfalls ca. 1 km<br />
Ganglänge und 60m Tiefe, die Ritterhöhle die<br />
größte ist. Die Tropfsteinhöhle erstreckt sich dabei<br />
nur auf einer Länge von ca. 100 m bzw. 5 %<br />
des Gesamtsystems. Dass offene Verbindungen<br />
zu weiteren Höhlenteilen bestehen, beweist der<br />
starke Wetterzug, der vor allem im Winter mit intensiv<br />
ausziehender, warmer Luft zu beobachten<br />
ist. Trotz vieler Jahrzehnte der Forschung sind bis<br />
heute nur sehr kleine Teile des Höhlensystems<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
45<br />
bekannt. Dies ist auf lokale Verbrüche und den<br />
Verschluss der Höhlengänge durch Sedimente<br />
(Sand, Höhlenlehm) bzw. Sinter zurück zu führen.<br />
Auch wurde noch an keiner Stelle das aktive<br />
Karstniveau erreicht. Dieses ist in etwa auf dem<br />
Quellniveau der das gesamte Karstgebiet entwässernden<br />
Karstquelle am ehemaligen Wasserwerk<br />
in Farnroda bei 275 m NN und damit noch ca. 20<br />
m tiefer als die tiefsten bekannten Teile der Höhle<br />
zu erwarten. Es bleibt also weiter die Hoffnung,<br />
neue, phantastische Höhlenteile zu entdecken, die<br />
vielleicht eines Tages zu einer großzügigeren Erschließung<br />
des Höhlensystems führen könnten.<br />
Ich danke Herrn Berthold Weber für die Baryt-<br />
Abbildungen auf Seite 39, Herrn Peter Jäger (Bild<br />
1, 3, 5, 10) und Herrn Markus Balk (Bild 6, 7, 8,<br />
9, 11, 12) für die freundliche Bereitstellung der<br />
Fotos und Herrn Horst Rödger für die Repros der<br />
historischen Höhlenpostkarten (2, 4) sowie der<br />
Stadt Ruhla für die Information zur Besucherstatistik.<br />
Fortsetzung folgt<br />
Quellen/Literatur:<br />
KIESSLING, T & STEINBORN, H &SCHRÖDER, F:<br />
Die Flussspatgewinnung bei Ilmenau im Thüringer Wald,<br />
Bergbau 3/2007<br />
SEIDEL: Geologie von Thüringen, Stuttgart 1995<br />
Sachtleben Bergbau GmbH, Grube Clara, Wolfach, Internetauftritt<br />
HESS VON WICHDORFF: Die Tropfsteinhöhle im Zechstein-Bryozoenriff<br />
bei Thal in Thüringen und ihre genetische<br />
Beziehungen zu den dortigen Schwerspatgängen<br />
MALCHER, G.; & SCHÖLLHORN, A. und K:<br />
Die Kittelsthaler Tropfsteinhöhle, 1992<br />
Geschichtswerkstatt Partenstein:<br />
Schwerspatbergbau in Partenstein<br />
WIKIPEDIA:<br />
Information zur Verwendung von Schwerspat<br />
Aufruf in eigener Sache:<br />
Wer kann noch Auskunft zur früheren gastronomischen<br />
Bewirtschaftung der Gaststätte "Zur Tropfsteinhöhle"<br />
geben, Zeitzeugnisse, Schriftstücke,<br />
Bildmaterial....<br />
Bitte informieren Sie die Redaktion. (s. S. 62)
Woher kommt das Wasser der Hörsel?<br />
Der zweigeteilte Bach –<br />
Historische Wanderungen am Badewasser<br />
Ibenhain – Waltershausen (ca. 3 km)<br />
(Teil 5)<br />
Wolfgang Möller<br />
Vom Badewasser-Abschlag zum Schwimmbad<br />
Über die historischen Hintergründe der Ableitung<br />
des Badewasser-Mühlgrabens nach Waltershausen<br />
ist ausführlich in den Ausgaben 83 (S. 48 ff.) und<br />
88 (S. 37 f.) dieses Periodikums berichtet worden.<br />
Wir wollen uns deshalb mehr mit dem Verlauf des<br />
nunmehr künstlichen Fließgewässers und mit den<br />
Besonderheiten rechts und links an seinem Ufer<br />
beschäftigen. Dieser Abschnitt wird mal als Badewasser,<br />
mal als Mühlgraben benannt, denn der<br />
Hauptzweck des Grabens war die Bereitstellung<br />
von Aufschlagwasser für die Walterhäuser Mühlen.<br />
Dabei wird von einem alten und einem neuen<br />
Gewässerverlauf im Stadtgebiet von Waltershausen<br />
die Rede sein.<br />
An den Abschlag gelangen wir zu Fuß von der<br />
Waldbahnhaltestelle Schnepfenthal über die Große<br />
Karnwiese (wie in Ausgabe 88 beschrieben)<br />
– mit dem Fahrzeug auf der Landstraße 1026<br />
zwischen Schnepfenthal und Wahlwinkel. Parken<br />
können wir in der Verlängerung der Steinbachstraße,<br />
die vom Freizeitzentrum Gleisdreieck<br />
(FZZ) die L1026 kreuzt und als Wiesenweg zwischen<br />
Heller und Dunkler Hardt fortgeführt wird.<br />
Zwischen diesem Weg und unserem Startpunkt<br />
begegnen wir auf der rechten Straßenseite einem<br />
Der Abschlag des Badewassers nach Ibenhain.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
46<br />
Grenzstein aus Rotliegendem mit den Gravuren<br />
„Ibenhain“ und „Rödichen“.<br />
Nun kommen wir an die bewusste Stelle, wo die<br />
Waltershäuser den Wahlwinklern zu Beginn des<br />
14. Jh. einen Teil des Wassers abgegraben hatten,<br />
um Trinkwasser zu erhalten, um die Badestuben<br />
zu versorgen und um ihre Mühlen betreiben zu<br />
können. Ein kleiner Schieber vor einem unscheinbaren<br />
Betondurchlass gibt den Weg nach links (in<br />
Fließrichtung) für das Wasser frei. Das Niveau<br />
des Abschlags ist mit der Krone im natürlichen<br />
Badewasserbett abgeglichen. Wegen der starken<br />
Sedimentation kann es dann bei Niedrigwasser<br />
passieren, dass sämtliches Wasser in den Mühlgraben<br />
nach Waltershausen fließt.<br />
Nach dem Durchlass öffnet sich eine kurze Gerade<br />
zwischen den Kleingärten, um unter der Landstraße,<br />
durch einen Kleingarten und dann unter<br />
den Gleisen der Friedrichrodaer Bahn wieder zu<br />
verschwinden. Weiter geht der Weg durch Gärten,<br />
parallel zur Bahnlinie und in einer nordöstlichen<br />
Kehre in Richtung Freizeitzentrum. Hier erkennen<br />
wir an den erhöhten Uferbereichen, dass es<br />
sich um einen von Menschenhand errichteten<br />
Graben handelt. Nun fließt das Wasser direkt am<br />
Schwimmbadzaun unter dem Gaststättengebäude<br />
entlang und verschwindet dann in Höhe des Zugangsweges<br />
zum Bürgersaal unterirdisch in Richtung<br />
Steinbachstraße – Ibenhain.<br />
Von 1884 bis in die 1930er Jahre existierte an<br />
der Tabarzer Straße (oberhalb der Strohfiedel) in<br />
Waltershausen ein bescheidenes Luft- und Sonnenbad<br />
mit einem Schwimmbecken. Anfangs<br />
wurde es von einem kleinen Bach, später aus der<br />
Verlauf des Badewassers am Freizeitzentrum.
Trinkwasserleitung, gespeist. Ansonsten gingen<br />
die Waltershäuser früher (ab 1872) auch in den<br />
Heiderteich (oberhalb vom Waldteich) oder in<br />
den Großen Otterbachsteich bei Langenhain zum<br />
Baden. 1936 wurde das Freibad am Gleisdreieck<br />
nahe der Thüringerwaldbahn gebaut. Es heißt,<br />
dass dies ein Zufallsbau wegen der Begradigung<br />
des Badewassers gewesen sein soll. Es wurde<br />
1950 erneuert und galt viele Jahre als eines der<br />
schönsten Bäder Thüringens. Das Schwimmbecken<br />
wurde zunächst aus dem Badewasser, später<br />
über eine Leitung mit Wasser aus dem Quelltal<br />
gespeist (siehe Teil 3, Ausgabe 87, S. 44). Die natürliche<br />
Filterkiesanlage war noch bis 1989 vorhanden.<br />
Nach der politischen Wende wurde das<br />
Gelände umfassend in ein Freizeitzentrum umgestaltet:<br />
1999 das beheizte Schwimmbad, 2001<br />
die Eisbahn und 2002 das Bürgerhaus. Das neue<br />
Edelstahlbecken wird von Mitte April bis Mitte<br />
Mai aus einem eigenen Tiefbrunnen mit Frischwasser<br />
über eine Enteisungsanlage befüllt. Umlaufpumpen<br />
sorgen für warmes Wasser, dass in<br />
den Sonnenkollektoren auf den Dächern erzeugt<br />
wird; das aufbereitete Abwasser wird in das Badewasser<br />
eingeleitet.<br />
Alter und neuer Graben ab Ibenhainer Kirche<br />
Bis in die 1960er Jahre verlief der neue Badewasser-Mühlgraben<br />
durch Waltershausen als<br />
offenes Gerinne. Heute liegen nur noch folgende<br />
Abschnitte frei: zwischen der Karnwiese und<br />
dem FZZ, ein kurzes Stück hinter der Ibenhainer<br />
Kirche, von der Kaufhalle (REWE-Markt) an der<br />
Ohrdrufer Straße bis zur Albrechtstraße (Containerdienst)<br />
an der Papiermühle (Fa. Hüfner) und<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
47<br />
hinter dem Gummiwerk (Continental/Phoenix)<br />
bis zur Mündung in die Hörsel bei Hörselgau. Immer<br />
noch wird das Gewässer als Abwasserkanal<br />
und Müllabladeplatz benutzt, was am Geruch und<br />
am visuellen Zustand erkennbar ist. Ob die Waltershäuser<br />
Altvorderen mit dem Flüsschen wohl<br />
behutsamer umgegangen sind?<br />
Die am längsten verrohrten Abschnitte befinden<br />
sich in der Ortsstraße (Ibenhain) und im Bereich<br />
August-Bebel-Straße – Heinrich-Schwerdt/Puschkinstraße<br />
– Papiermühlenstraße sowie im Gummiwerk<br />
und im Fahrzeugwerk (Multicar). An der<br />
Gabelung Steinbachstraße/Ortstraße machen wir<br />
kurz Halt und betrachten in einer kleinen Parkanlage<br />
die prächtige Linde und das Denkmal für die<br />
Ibenhainer Gefallenen im Ersten Weltkrieg. Vis a<br />
vis fällt uns ein ruinöses Bauwerk mit einem seit<br />
Jahren vielversprechenden Bauschild auf: „Hier<br />
entsteht ein exklusives Wohnhaus.“ Es handelt<br />
sich um die ehemalige Zollstation. Zwei Grundstücke<br />
weiter steht ein Gebäude an der Ecke zur<br />
verlängerten Goethestraße – die ehemalige Iben-<br />
Der offene und der verrohrte Badewassergraben in Ibenhain. Quelle: Archiv Mess, Ibenhain
hainer Mühle, von der noch berichtet wird, ebenso<br />
von den anderen Waltershäuser Mühlen am Badewasser.<br />
Bis in die 1970er Jahre säumten Laubbäume das<br />
Badewasserufer in der Ortsstraße. Nur der Erdwall,<br />
der die Straße in eine höher gelegene breite<br />
und in eine tiefer liegende schmale zweite Fahrbahn<br />
trennt, erinnert noch an einen künstlichen<br />
Bachlauf. Nach der Straßensanierung im Jahre<br />
2010 wurden parallel zum Fußweg neue Linden<br />
gepflanzt. Wir kommen an der Heimatstube „Oma<br />
Heidruns Sammelsurium“ vorbei, deren Besuch<br />
sich immer lohnt. Außerdem veranstaltet Heidrun<br />
Diringer seit einigen Jahren ein Nachbarschaftstreffen<br />
für die Bewohner der Ortsstraße.<br />
Dann sind wir an der kleinen Ibenhainer Kirche<br />
angekommen. Sie wurde im 15. Jh. als Wallfahrtskirche<br />
und bereits 1487 als Kapelle erwähnt.<br />
Das Dorf Ibenhain wurde urkundlich erstmals<br />
1186, also mehr als 20 Jahre früher als die Stadt<br />
Waltershausen, genannt. Neben der Kirche steht<br />
das Haus des berühmten Turnlehrers, Geografen<br />
und Wegbereiters der modernen schulischen Körpererziehung<br />
Johann Christoph Friedrich Guts-<br />
Muths (1759-1839), der hier über 40 Jahre lang<br />
gewohnt hatte. Das Gerüst am Haus steht leider<br />
schon mehrere Jahre, ohne dass Baumaßnahmen<br />
zu beobachten gewesen wären.<br />
Durchlass in Höhe<br />
der Ibenhainer Kirche.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
48<br />
In einem Gartengrundstück an der GutsMuths-<br />
Straße tritt das Wasser hervor, um im Bereich<br />
des alten, aufgelassenen Gottesackers wieder<br />
in Richtung Ohrdrufer Straße zu verschwinden.<br />
Kanal deckel, ein mit Gitter abgedeckter Schacht<br />
und Entlüftungsrohre lassen auf der kleinen Wiese<br />
bei der Kirche auf ein unterirdisches Flussbett<br />
schließen. Möglicherweise sind dies die Reste des<br />
ursprünglichen, also alten Mühlgrabenverlaufs<br />
in Richtung Altstadtzentrum. Diese wollen wir<br />
nun verfolgen und im nächsten Abschnitt die Geschichte<br />
der Mühlen erarbeiten.<br />
„Ebenfalls wie heute längs der Ortsstraße floß<br />
das Badewasser damals bis Waltershausen offen<br />
dahin. Abgesehen von einigen Scheunen und<br />
Gartenhäusern standen an dem Mühlgraben-<br />
Badewasser zwischen der Gärtnerei Ibenhain und<br />
den Wohnhäusern Bäckerei Gassert und Greif,<br />
Triniusstraße, keinerlei Wohnhäuser.“ (Kestner,<br />
B., 1939)*<br />
Wir werfen noch schnell einen Blick auf die Gaststätte<br />
„Friedenstein“, die für ihren guten Kaffee<br />
bekannt ist, ehe wir an der Gabelung Ibenhainer-/<br />
Ortsstraße die Fahrbahn überqueren und in Richtung<br />
Stadt wandern. Prächtige Platanen eröffnen<br />
die Flaniermeile und werden von stattlichen Sommerlinden<br />
längs des ehemaligen Grabenverlaufs<br />
Der Mühlgraben trägt noch heute den Namen des<br />
einstigen Wasserlaufes.
abgelöst. Linker Hand verläuft die Straße, rechts<br />
reihen sich zahlreiche Kleingärten aneinander.<br />
Hin und wieder lädt eine Bank zum Verweilen<br />
ein. An der Kreuzung Schillerstraße beherbergen<br />
die beiden ehemaligen Bäckereien nun marktwirtschaftlich<br />
dominierte Geschäfte. Weiter geht<br />
es an der Druckerei Giese und an der ehemaligen<br />
Gärtnerei Helmboldt vorbei, ehe wir eine Gasse,<br />
den Mühlgraben, passieren. „Bis zur Bäckerei<br />
Gassert floß das Wasser und wurde zum Teil<br />
nach der Wassergasse geleitet und gelangte zur<br />
Teichgasse und Hauptstraße. Diese Regelung war<br />
notwendig, weil die Berg- und Marktmühle keinen<br />
Vorratsteich besaßen.“ (Both, G., S. 3) Ein<br />
Hinweisschild „L – Lutherweg“ erinnert an den<br />
Aufenthalt des Reformators in Waltershausen, als<br />
er 1537 von Wittenberg nach Schmalkalden unterwegs<br />
war.<br />
„Die wichtigste städtische Unternehmung der folgenden<br />
Jahre war die Kanalisation des Badewassers,<br />
die zunächst (1926/27) von der Ibenhaimer<br />
Kirche bis zum unteren Ende der Krummen Gasse<br />
durchgeführt wurde. An die Stelle des offenen Grabens<br />
in der Ibenhainer Straße trat jetzt ein Rasenstreifen<br />
mit einer Baumreihe; die kleine Kaskade<br />
am oberen Ende der Wassergasse fiel weg. Statt<br />
des alten Laufs durch die Badegasse bekam das<br />
Wasser jetzt einen kürzeren Weg durch die Untere<br />
Bornpforte (Louis-Bardorf-Straße) und die Borngasse.<br />
Am Anfang der Borngasse wurde auch die<br />
Quelle des alten Grabenborns in die Rohre geleitet.<br />
Im Frühjahr 1926 erhielt Ibenhain eine neue<br />
Wasserleitung; sämtliche Häuser wurden angeschlossen.“<br />
(Löffler, S., II, S. 136)*<br />
„Gehen wir durch die Mühlgasse weiter, so kom-<br />
• Kamine<br />
• Kachelöfen<br />
• Fliesen<br />
Friedrichrodaer Straße 38 • 99880 Wahlwinkel / Thür.<br />
Tel. 03622-901033 • Fax 901034 • Handy 0170-3062066<br />
49<br />
men wir zur Borngasse an die Stelle der ehemaligen<br />
Bornpforte. ... Der Name Bornpforte – ebenso<br />
wie Borngasse – hängt mit dem Grabenborn zusammen,<br />
der nahe von ihr aus dem Boden quoll<br />
und auch im kältesten Winter nicht einfror. Er floß<br />
in den Befestigungsgraben, der von hier aus in<br />
Richtung Klaustor führte.“ (Löffler, S., I, S. 40)*<br />
Wir erreichen das Ende der Gasse „Mühlgraben“,<br />
wo bis vor wenigen Jahren noch die Gebäude einer<br />
Möbel- und einer Puppenfabrik standen. Jetzt<br />
sind umfangreiche Sanierungs- und Baumaßnahmen<br />
sichtbar. Die abschüssige Badegasse wird,<br />
durch einen mit einer Hecke eingefassten Rasen<br />
und einer Fichte, in zwei Teile getrennt. An dieser<br />
Stelle stand die Bergmühle. Auf diesem Platz<br />
wurde während der politischen Unruhen im Jahre<br />
1932 der Waltershäuser Arbeitersamariter Oskar<br />
Kaufmann erschossen. Eine Gedenktafel am<br />
Eckhaus Mühlgraben/Badegasse wurde nach der<br />
Renovierung in den 1990er Jahren leider nicht<br />
wieder angebracht.<br />
Bewegte Stadtgeschichte an den Ufern<br />
Nun sind wir auf dem Marktplatz angekommen,<br />
der vom Marktbrunnen („Muschelminna“), von<br />
Geschäftshäusern, von der Stadtkirche, von der<br />
Salzmann-Buchhandlung und vom Rathaus dominiert<br />
wird. Der aufmerksamen Besucher bemerkt<br />
nach dem Verlassen der Badegasse auch<br />
einen kleinen, künstlichen, in Stein gefassten<br />
Wasserlauf, der im Winter mit Metallplatten abgedeckt<br />
wird. Eine Hommage an den ehemaligen<br />
Badewasser-Mühlgraben? „Bis 1873 floß der offene<br />
Graben herab durch die Badegasse über den<br />
Markt zur Marktmühle am Brauhausplatz bzw.
Borngasse. Neben der Alten Apotheke befand<br />
sich die Schwemme, von Gänsen und Enten belebt,<br />
daneben vor der Drogerie Reising war eine<br />
Brücke, die den Verkehr nach der Borngasse und<br />
dem Gasthof zum Löwen – Buchhandlung Johann<br />
Weiß – vermittelte.“ (Both, G., S. 3)*<br />
Wenn dienstags Wochenmarkt ist, wird das Publikum<br />
durchweg von älteren Herrschaften repräsentiert,<br />
ausgenommen die Verkäufer. Der<br />
demografische Wandel nach 1990 und die Westabwanderung<br />
junger Leute lassen grüßen. Walterhausen<br />
hatte damals ca. 5000 Einwohner mehr.<br />
Einige Daten zur Kirche und zum Rathaus: 1326<br />
erste urkundliche Erwähnung der Liebfrauenkirche<br />
(= erste sichere Erwähnung der Stadt), 1719<br />
Grundsteinlegung und 1723 Einweihung der<br />
jetzigen Barockrundkirche, 1724-1726 Bau der<br />
Kirchenorgel durch Tobias Gottfried Heinrich<br />
Trost, 1441 Errichtung des Rathauses, 1993-1996<br />
Grundlegende Sanierung und Restaurierung des<br />
Rathauses.<br />
„Der südlich am Rathaus vorbeiführende Mühlgraben<br />
war schon um 1500 durch ein ,gewelbe‘<br />
überdeckt. Das Wasser drehte das Rad der hinter<br />
dem Rathaus stehenden Marktmühle, der ältesten<br />
Mühle der Stadt. ... Der kleine Platz (da)<br />
hinter... wurde ausgefüllt ... vom für die Wirtschaft<br />
des alten Waltershausen so wichtigen Brauhaus.“<br />
(Löffler, S., I, S. 44)*<br />
Wir folgen der Hauptstraße dem ehemaligen<br />
Mühlgrabenverlauf, ärgern uns über das leerstehende<br />
Postgebäude aus der Gründerzeit und<br />
durchschreiten das 1390 erstmals als „nedirtor“<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
50<br />
erwähnte Klaustor, ein Stadttor, das neben dem<br />
Töpfersturm von der mittelalterlichen Stadtbefestigung<br />
übrig geblieben ist. „Bis zum Claustor war<br />
nunmehr der Mühlgraben mit Platten und Bohlen<br />
bedeckt, besaß aber an gewissen Stellen Vorrichtung<br />
zum Oeffnen und zum Hineinhängen und<br />
Schwenken von Tierhäuten der Gerberei Dietsch,<br />
wie denn auch außerhalb des Tores das Wasser<br />
von den Gerbern und Färbern fortlaufend zu diesen<br />
Zwecken und Hantierungen benutzt wurde.“<br />
(Both, G., S. 4)*<br />
Außerhalb der ummauerten Stadt wurde 1411 das<br />
Hospital St. Elisabeth gegründet und diente später<br />
als Siechen- (Seuchen)-haus. Der im Volksmund<br />
genannte „Spittel“ wurde in einer Chronik aus<br />
dem Jahre 1763 erwähnt. Die nordöstliche Giebelfront<br />
mit ihren gotischen Fensterchen ist der älteste<br />
erhaltene Gebäudeteil der Stadt und somit ein<br />
baugeschichtliches Kleinod. Die heutige Gestalt<br />
des Hauses stammt aus der Zeit nach dem großen<br />
Brand im Jahre 1640. Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
war es mit dem errichteten Hintergebäude das Armen-,<br />
Kranken und Obdachlosenhaus der Stadt,<br />
danach Altersheim, Feierabend- und Pflegeheim.<br />
1979, 1994 und 1999 umfassend saniert, dient es<br />
heute den Waltershäuser Vereinen als Domizil.<br />
Ein offenes Gerinne auf dem Marktplatz erinnert an den Mühlgraben.
„Unmittelbar vor der Tür des Hospitals vorbei lief<br />
der Mühlgraben, der vom Markt herkam und neben<br />
dem Klaustor in die Vorstadt eintrat. Sein Bett<br />
lag auf höherem Niveau als die Straße, denn er<br />
mußte ja den Teich füllen, der sein Wasser auf das<br />
Mühlrad der Brückenmühle fallen ließ. ... Durch<br />
die Vorstadt floß auch der Stadtgraben, der zuerst<br />
die nördliche Mauer begleitete und dann wieder<br />
... die Hauptstraße erreichte. ... Da sein Bett tiefer<br />
lag als das des Mühlgrabens, war eine Vereinigung<br />
nicht möglich.“ (Löffler, S., I, S. 50)*<br />
In der Hauptstraße 44a, am Eingang zur Teichgasse,<br />
stand die Brückenmühle. Während des<br />
Zweiten Weltkrieges wurde auf dem Gelände ein<br />
Splittergraben errichtet, in den Nachkriegsjahren<br />
diente er als Kinderspielplatz, und in den 1970er<br />
Jahren hat die PGH Elektro, jetzt Walterhäuser<br />
Elektrodienst und Poststelle, ein Verwaltungsgebäude<br />
mit Werkstatt gebaut. Die Hauptstraße, der<br />
Marktplatz und die Bremerstraße wurden seit dem<br />
Jahr 2000 in mehreren Bauphasen grundhaft saniert,<br />
d.h. abschnittsweise Gehwege, PKW-Stellplätze<br />
und Straßenbelag erneuert. Straßenbäume,<br />
Sitzbänke und ein Brunnen laden den Passanten<br />
zum Verweilen am ehemaligen Café Jungheinrich<br />
ein. Der größte Teil der Baukosten wurde vom<br />
Städtebauförderungsprogramm beglichen.<br />
„Im Herbst 1928 ... wurde die Kanalisation stadtabwärts<br />
weitergeführt. Da die Rohrleitung direkt<br />
durch die Bahnhofstraße und die vordere Eisenacher<br />
Landstraße zur Papiermühlenstraße gelegt<br />
wurde, war nun auch der alte Mühlgraben, der<br />
Die Hauptstraße mit dem Klaustor<br />
in Höhe des Spittels.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
51<br />
vor dem Spittel und hinter der Brückenmühle<br />
vorbei zur Stadthalle floss, nicht mehr nötig. Er<br />
wurde zugefüllt, so wie zuvor schon der Teich der<br />
Brückenmühle. Diese selbst war wegen Baufälligkeit<br />
1927 abgerissen worden. Der Kanalbau<br />
dauerte genau ein Jahr, von Oktober 1928 bis Oktober<br />
1929.“ (Löffler, S., II, S. 136)*<br />
Am Ende der Bahnhofstraße erreichen wir den<br />
Stadtpark, wo sich die Haltestelle der Thüringerwaldbahn<br />
mit einer Gleisschleife befindet. Am<br />
ehemaligen Standort des VVN-Denkmals (jetzt<br />
auf dem Friedhof) laden Bänke zur Mittagspause<br />
ein. Die Beton-Papierkörbe mit Plaste-Einsatz aus<br />
DDR-Zeit sind randvoll. Nur die Pfandflaschen<br />
sind allesamt von bedürftigen Bürgerinnen und<br />
Bürgern herausgeklaubt worden. Zwei leerstehende<br />
marode Gebäude dominieren die Szene: der<br />
DB-Bahnhof und das ehemalige Stadttheater, in<br />
der DDR Kino, „Theater der Freundschaft“, nach<br />
der Wende Nachtbar und China-Restaurant. Das<br />
Kulturhaus der Gewerkschaften „Hermann Duncker“,<br />
ehemals das Schützenhaus und kultureller<br />
Mittelpunkt der Stadt, wurde schon bald nach<br />
dem politischen Umsturz abgerissen.<br />
An Stötzelmühle und Stötzelteich erinnerte viele<br />
Jahrzehnte eine mit Amerikanischen Haselnussbäumen<br />
gesäumte Senke zwischen der Realschule,<br />
(dann POS II, später Förderschule, heute AOK-<br />
Bürogebäude) und der Bahnhofstraße, sowie die<br />
westliche Ufermauer. 1914 wurde der Teich zugeschüttet.<br />
Seit 2011 ist das Gelände völlig verfüllt<br />
und als Parkanlage mit einem unterirdischen<br />
Regen überlaufbecken (RÜB) als Hochwasser-<br />
Hauptstraße mit Blick zum Klaustor, zur Stadtkirche<br />
und zum Schloss Tenneberg.
schutz umgestaltet. „Bürgermeister Brychcy drehe<br />
nun (in der Bauphase 2009 d.A.) ganz am Rad<br />
und baue zum 800-jährigen Stadtjubiläum eine<br />
U-Bahn. Mindestens aber entstehe dort ein Yachthafen....<br />
Brychcy hält unerschütterlich an seinem<br />
Wunsch fest, dass eines Tages jene Kreuzung an<br />
der Bahnhofstraße zu einem Kreisverkehr umgebaut<br />
wird.“ (Brand, H.: S. 1)* Der Kreisverkehr<br />
ist inzwischen Realität geworden, allerdings auch<br />
Albtraum mancher Brummi-Fahrer.<br />
Wir passieren die Puschkinstraße (früher Parkstraße),<br />
biegen nach rechts in die Heinrich-<br />
Schwerdt-Straße und gleich danach links in die<br />
Papiermühlenstraße ein. Der Badewasserverlauf<br />
ist auch hier am Grünstreifen und war bis zum<br />
RÜB-Bau noch an einem halbverschütteten Wehr<br />
gut erkennbar. In einem Gartengrundstück tritt der<br />
Graben wieder an die Oberfläche und passiert nun<br />
das Gelände der ehemaligen Papiermühle. Diesen<br />
letzten Teil der Wanderung heben wir uns bis zum<br />
Schluss auf.<br />
Wasser für die Badestuben<br />
Der neue Badewasser-Verlauf zwischen Ibenhainer<br />
Kirche und Puschkinstraße entstand, nachdem<br />
die letzten Wassermühlen außer Betrieb genommen<br />
wurden. In der Ibenhainer Straße kann der<br />
alte Gewässerverlauf, der seit Ende des 14. Jh.<br />
die Walterhäuser Mühlen bediente, an Hand der<br />
alleeartig gepflanzten Linden verfolgt werden.<br />
Die Straßennamen „Mühlgraben“, „Bornpforte“,<br />
„Borngasse“, „Wassergasse“ und „Badegasse“<br />
Die Reste eines Wehrs in der Papiermühlenstraße<br />
erinnern an den Waltershäuser Badewasser-<br />
Mühlgraben. Fotos: Wolfgang Möller<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
52<br />
zeugen noch von der Existenz des 1926/27 kanalisierten<br />
Badewassers sowie des ehemaligen Grabenborns.<br />
In der Badegasse wurde 1487 erstmals eine Badestube<br />
erwähnt. Diese war ursprünglich eine spätmittelalterliche<br />
Einrichtung für die Sorge um das<br />
„Seelenheil“. Später wurde es von den Bürgern<br />
vorwiegend zur körperlichen Pflege und Entspannung<br />
genutzt. Als Mittelpunkt gesellschaftlichen<br />
Lebens dienten sie aber auch zur Behandlung<br />
von Krankheiten und für gewisse Liebensdienste,<br />
daselbst als Krankheitsherd, wovon sich ihr<br />
schlechter Ruf ableitete. „Sie (die Ratsherren<br />
Frank und Tele, d.A.) verlangten (für die Badestube,<br />
d.A.) weder Rückzahlung noch Zinsen, dafür<br />
aber sollte der Bader jährlich viermal freie Bäder,<br />
einschließlich Bartscheren, Frisieren, Massieren<br />
usw. ,allen gläubigen Seelen zu Trost und Hilfe‘<br />
verabreichen.“ (Löffler, S., I, S. 82)*<br />
1495/96 baute der Rat eine neue städtische Badstube<br />
unmittelbar vor der Bornpforte mit einem<br />
großen Ofen und getrennten Räumen für Männer<br />
und Frauen. Die Badstube wurde von Pächtern<br />
betrieben und existierte bis zum Jahre 1666. Das<br />
Wasser wurde dem vorbeifließenden Mühlgraben<br />
mittels Holzröhren entnommen, das Abwasser in<br />
den Stadtgraben geleitet.<br />
Der Waltershäuser Schriftsteller Karl-Heinrich<br />
Bonn beschreibt in einem Jugendbuch die Situation<br />
in der Waltershäuser Badestube: „Der Mann<br />
mit dem Bart lachte. ,Wenn’s Schlötchen raucht,<br />
ist der Bader in der Stub’ und wäscht sündigen<br />
Bürgern Leib und Seele rein!‘ ... Hans schlug so<br />
heißer Dampf entgegen, dass es ihm fast den Atem<br />
nahm. Zuerst konnte er nichts erkennen. Dann<br />
machte er einen riesigen hölzernen Bottich aus,<br />
in dem mehrere nackte Männer saßen, Karten<br />
spielten und Bier tranken. Der Ofen verbreitete<br />
eine höllische Wärme. Auf ihm stand ein großer<br />
kupferner Kessel, aus dem ein Gehilfe von Zeit zu<br />
Zeit heißes Wasser schöpfte und vorsichtig in den<br />
Bottich goss. Durch ein hölzernes Rohr, das aus<br />
der Wand ragte, floss kaltes Wasser in eine steinerne<br />
Mulde...“. (Bonn, K.-H., S. 17f.)*<br />
1905 wurde das städtische Wannenbad am heutigen<br />
Denkmalplatz mit Dampf- und Heißluftbädern,<br />
Massage- und Ruheräumen erbaut und war<br />
bis zur politischen Wende als solches in Betrieb.<br />
*(Quellen- und Literaturnachweis folgen im Teil 6)
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des mittleren Thüringer Waldes<br />
Teil 5: Die Spitter<br />
Die Spitter entspringt in Form von Sickerquellen<br />
(Helokrenen) östlich des Mittleren Höhenberges.<br />
Von diesen ausgedehnten Nassflächen auf<br />
der Ebertswiese fließt das Wasser in Gräben zur<br />
Spitter. Nach 1 km Verlauf in einem Kerbtal stürzt<br />
der Bach über den Spitterfall, einen dreistufigen<br />
Wasserfall von fast 20 m Sturzhöhe. Es ist der<br />
größte natürliche Wasserfall im Thüringer Wald.<br />
Insgesamt überwindet die Spitter zwischen der<br />
Quelle auf der Ebertswiese (738 m) und der unteren<br />
NSG-Grenze bei Tambach-<br />
Dietharz (472 m ü. NN) auf der<br />
Lauflänge von rund 6 km einen<br />
Höhenunterschied von 266 m. Das<br />
NSG wurde erst 2001 etabliert und<br />
umfasst 160 ha. An den steilen<br />
Hängen sind die Spuren mehrerer<br />
Steinbrüche und ein unterirdischer<br />
Plattenbruch an der Mündung des<br />
Rotebaches sowie ein Mutungsstollen<br />
am Spitterfall von großer<br />
Bedeutung für die Höhlenfauna,<br />
auch als Überwinterungsquartier<br />
für Fledermäuse.<br />
Der oberste Bereich des Spittertales<br />
bis zum Wasserfall gehört zum<br />
Massiv der Höhenberge, in dem<br />
der harte, basisch verwitternde<br />
Dolerit dominiert. Im übrigen Gebiet<br />
stehen kleinräumig wechselnd<br />
saure Quarzporphyre (Rhyolithe)<br />
und deren Tuffe, Sandsteine sowie<br />
Konglomerate an.<br />
Der Spitterteich (ehemaliger Floßteich)<br />
ist auf Grund eines Dammbruches<br />
von 1958 nicht mehr<br />
bespannt. 500 m unterhalb desselben<br />
wurden später zwei Teiche<br />
neu angelegt. Bisher konnten im<br />
NSG über 170 Arten und 34 Gesellschaften<br />
von Moosen nachgewiesen<br />
werden (MARSTALLER<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
54<br />
2006). Die Bestände vom Straußfarn haben sich<br />
in den letzten Jahren unterhalb des Spitterfalles<br />
weiter ausgedehnt.<br />
Auf der Ebertswiese brütet die Bekassine und im<br />
Bergbach tummeln sich Bachforelle und Groppe.<br />
Häufig ist auch die Wasseramsel zu beobachten,<br />
welche oft unter den Brücken ihr Nest baut.<br />
In einem gesunden Bergbach leben zahllose Insektenlarven,<br />
die sich wegen der Strömung unter<br />
Steinen und zwischen Geröll verbergen. Um die<br />
Arten bestimmen zu können, müssen sie als erwachsene<br />
Tiere erfasst werden. Dazu dient ein<br />
über dem Gewässer stehendes Gewächshaus, in<br />
dem sich die geschlüpften Insekten fangen. Die<br />
Menge aller Insekten, die im Laufe eines Jahres<br />
1<br />
2
3<br />
aus einer abgegrenzten Bachstrecke schlüpfen,<br />
wird als Emergenz bezeichnet. Aus Artenspektrum<br />
und Individuenzahl des Fanges können<br />
Rückschlüsse auf den Zustand des Gewässers<br />
gezogen werden. Die Insekten dienen als Indikatoren<br />
für die Wasser- und Landschaftsqualität und<br />
sind von besonderer Bedeutung für die Überwachung<br />
von Gewässern, die der Trinkwasserversorgung<br />
dienen.<br />
Die Mitarbeiter des Museums der Natur Gotha<br />
führten von 1975 bis 1977 wissenschaftliche Untersuchungen<br />
mit Hilfe eines Emergenz-Zeltes<br />
an der Spitter bei Tambach-Dietharz durch. Diese<br />
Untersuchungen brachten wesentlich neue<br />
Erkenntnisse von der Lebensgemeinschaft der<br />
Bergbäche und machten die Spitter zu einem der<br />
am besten untersuchten Bäche der Welt (JOOST,<br />
KLAUSNITZER & ZIMMERMANN (1986,<br />
1991).<br />
Die artenreiche Limnofauna enthält viele schutzwürdige<br />
Wasserinsekten, wie die Eintagsfliege<br />
Rithrogena beskidensis, die Steinfliegen Taeniop-<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
55<br />
teryx auberti und Nemoura mortoni, die Köcherfliegen<br />
Oxyethira falcata und Wormaldia copiosa<br />
sowie den Wasserkäfer Elmis latreillei.<br />
Kreisverband Gotha e.V.<br />
www.nabu-gotha.de<br />
Textautor: Ronald Bellstedt, Gotha<br />
Quelle: Bergbäche des mittleren<br />
Thüringer Waldes Kalender 2012<br />
Fotos: 1 - Ebertswiese - Christina Reißig<br />
2 - Spittertal - Ronald Bellstedt<br />
3 - Spitterfall - Ronald Bellstedt
Das Eisenacher Stadtschloss und<br />
seine Bewohner (Teil 3 / Schluss)<br />
Dr. Reinhold Brunner<br />
Nach 1918 änderte sich der Charakter des Stadtschlosses<br />
grundlegend. Bereits seit 1919 wurden städtische<br />
Dienststellen hier untergebracht, zunächst im 1. Obergeschoss<br />
des Südflügels die Kämmerei, später auch<br />
das Standesamt. Ende der 1920er Jahre hatte schließlich<br />
auch der Stadtbaurat Karl Hofferbert mit seinem<br />
Dezernat hier seinen Sitz. Der Marstall allerdings<br />
diente zunächst weiter seinem ursprünglichen Zweck.<br />
Die Reichswehr hatte hier Pferde untergestellt. Die Eigentumsverhältnisse<br />
blieben lange Zeit ungeklärt. Erst<br />
1927 hatten die seit 1922 laufenden Bemühungen der<br />
Stadt Eisenach, im Tausch mit dem früheren Röhrigschen<br />
Hotel, Bahnhofstraße 36/38, das Schloss vom<br />
Thüringer Staatsfiskus zu erlangen, Erfolg. Seit dem<br />
gehört der Bau am Markt der Wartburgstadt.<br />
Mitte der 1920er Jahre zeichnete sich neben der Verwendung<br />
als Verwaltungsdomizil eine weitere Nutzungsvariante<br />
ab, die bis heute die bestimmende für das<br />
Fürstenhaus ist. Am 8. Juni 1924<br />
wurde die dritte Kunstausstellung<br />
in der Räumen des Schlosses eröffnet.<br />
Ein knappes Jahr später,<br />
am 3. Mai 1925, öffnete die Elschner-Galerie<br />
hier ihre Pforten.<br />
Der bekannte Hotelier Curt Elschner,<br />
dem u.a. das Berliner Excelsior<br />
gehörte und der die Gastronomie<br />
auf der Wartburg betrieb,<br />
war nicht nur ein erfolgreicher<br />
Geschäftsmann sondern auch ein<br />
leidenschaftlicher Kunstsammler.<br />
Seine Gemäldesammlung, in der<br />
u.a. zahlreiche Größen der Weimarer<br />
Malerschule wie Franz von<br />
Lenbach, Leopold von Kalckreuth<br />
oder Arnold Böcklin vertreten<br />
waren, vermachte er der Stadt, die<br />
sie nun angemessen im Schloss<br />
präsentierte. Nach einer kriegsbedingten<br />
Auslagerung der Sammlung<br />
1939 erfolgte am 1. September<br />
1947 die Neueröffnung der<br />
Galerie. Inzwischen hatte sich die<br />
Kunst aber auch des Westflügels,<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 90 / 2012<br />
56<br />
also des Marstalls, bemächtigt. Nachdem die Reichswehr<br />
ihre Pferde anderswo untergestellt hatte, öffnete<br />
am 10. Mai 1931 das Thüringer Museum hier seine<br />
Schau. Die Räume in der Predigerkirche waren längst<br />
zu klein geworden, und so bot sich diese Unterbringungsvariante<br />
an. Selbst der höchste Teil des Schlosses,<br />
der Turm auf dem Dach, Altan genannt, profitierte<br />
von der kunstsinnigen Zeit. Es war der Pfarrer Moritz<br />
Mitzenheim, der 1930 das so genannte „Abblasen“ –<br />
ein Auftritt des Eisenacher Posaunenchores – von diesem<br />
hohen Ort aus einführte.<br />
Andere Zeiten folgten. 1933 übernahm das NS-Regime<br />
die Oberherrschaft auch in Eisenach. Nun sollte<br />
der alte Fürstenbau in den Dienst der Diktatur gestellt<br />
werden. Schon 1927 hatte das Land mitgeteilt, dass<br />
ein Abbruch des Ostflügels, jenes Gebäudeteils zur<br />
Marktgasse hin, nur im Zusammenhang mit der Errichtung<br />
eines Ersatzneubaus genehmigungsfähig sei. Als<br />
1934 tiefgreifende bauliche Sanierungen begannen,<br />
hielt man sich Anfangs auch noch an diese Auflage.<br />
Geplant war, im Neubau des Ostflügels den Stab der in<br />
Eisenach ansässigen SA-Brigade 44 unterzubringen.<br />
Es geht bis heute die Legende<br />
in der Stadt, dass dafür Spenden<br />
gesammelt wurden. Als das Spendentöpfchen<br />
gut gefüllt war, soll<br />
sich der seinerzeitige Brigadeführer<br />
damit „aus dem Staub gemacht“<br />
haben. Zu belegen ist das<br />
aber nicht. Wie auch immer. Der<br />
marode Ostflügel wurde nun – da<br />
die Spenden weg waren – ersatzlos<br />
abgebrochen. Seit dem ist die<br />
ehemalige Vier- nun eine Dreiseitenanlage.<br />
Der Stab der SA<br />
zog übrigens 1938 schließlich in<br />
das Bechtolsheimsche Palais am<br />
Jakobsplan. Gleichzeitig mit der<br />
1935 beendeten Sanierung gestaltete<br />
man den Nordflügel um.<br />
Hier zog nun die Kriminalpolizei<br />
ein. Im Keller befanden sich einige<br />
Gefängniszellen. Die hier von<br />
verzweifelten Gefangenen in die<br />
Wände geritzten Inschriften waren<br />
noch bis in die 1950er Jahre<br />
sichtbar.<br />
Die dunkle Zeit des Nationalso-
Längst nicht mehr vorhanden: Der Ostflügel des Eisenacher Stadtschlosses zur Marktgasse hin.<br />
Aufnahme um 1933.<br />
zialismus neigte sich dem Ende zu, als die Eisenacher<br />
Ratsherren-Runde, ein „scheindemokratisches“<br />
Entscheidungsgremium, welches zwischen 1935 und<br />
1945 die Belange Eisenachs beeinflusste, am 31.<br />
März ein letztes Mal tagte. Sie taten dies, da ihr eigentlicher<br />
Beratungsraum, der Ratssaal im Rathaus,<br />
am 9. Februar des Jahres von Luftminen zerstört worden<br />
war, im Schloss.<br />
Dann war Frieden, und die zivile Nutzung zog wieder<br />
in das Schloss. Schaden hatte das Gebäude durch<br />
den Krieg kaum genommen. Bereits 1945 wurde der<br />
Museumsbetrieb wieder reaktiviert; wirkliche Erfolge<br />
erzielte man diesbezüglich jedoch erst zwischen 1950<br />
und 1955 unter dem Direktorat von Dr. Kämpfer.<br />
Aber auch die Verwaltung blieb hier beheimatet. Ein<br />
Kleinod des Schlosses, der Rokokosaal im Nordflügel<br />
konnte 1953/54 saniert werden. Seit dieser Zeit bot er<br />
den Rahmen zahlreicher Kammermusikkonzerte. Aber<br />
auch der Vertrag über die Partnerschaft zwischen den<br />
Städten Eisenach und Marburg wurde 1988 an dieser<br />
Stelle unterzeichnet. In den Jahren bis 1989 wurde<br />
der Charakter des Gebäudes immer stärker durch die<br />
57<br />
Belange des Thüringer Museums geprägt. Wenn man<br />
in dieser Zeit von Schloss sprach, sprach man einfach<br />
vom Thüringer Museum.<br />
Seit 1990 laufen nun umfangreiche und langfristige<br />
Sanierungsmaßnahmen. Zunächst musste der Südflügel<br />
für den Zeitraum, in dem das Rathaus saniert<br />
wurde, dem Eisenacher Bürgermeister Asyl gewähren.<br />
Gleichzeitig waren Teile der Verwaltung hier untergebracht,<br />
die allerdings schrittweise wieder auszogen,<br />
nachdem das Verwaltungsgebäude Markt 2 fertig gestellt<br />
war. Die einzige Konstante jener Jahre blieb das<br />
Stadtarchiv. Es hatte 1952 Büro- und Magazinräume<br />
im Nordflügel bezogen. Noch heute befindet sich das<br />
Archiv an dieser Stelle.<br />
Inzwischen sind Marstall und Südflügel des Schlosses<br />
weitgehend saniert. Sie dienen heute den Zwecken<br />
des Museums sowie der Fremdenverkehrsverwaltung.<br />
Die Sanierung des altehrwürdigen Hauses ist ein lang<br />
andauernder Prozess. Noch ist nicht absehbar, wann<br />
er beendet sein wird. Vieles ist noch zu tun, manches<br />
noch immer provisorisch. Aber in der langen Geschichte<br />
des Stadtschlosses sind nunmehr zwanzig<br />
Jahre Sanierung eigentlich doch keine lange Zeit.
Terminsache<br />
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Luftkrieg<br />
im Raum Eisenach – Gotha – Hainich –<br />
Werratal – Thüringer Wald 1943–1945<br />
Die Autoren schreiben im Vorwort:<br />
„Als Mitte der 90er Jahre mein Interesse für Luftkriegsgeschichte durch<br />
einen Abschnitt in Martin W. Bowmans Buch „GREAT AMERICAN AIR<br />
BATTLES of WW II“ geweckt wurde, ahnte ich nicht, dass dies einmal zur<br />
Passion werden würde. In diesem Buch las ich etwas über Luftkämpfe im<br />
Werratal und anderen Orten, die ich kannte, Lauchröden, Herleshausen<br />
und Eisenach.<br />
Der Krieg war, Gott sei Dank, seit 50 Jahren vorbei. Viele Veteranen und<br />
Zeitzeugen waren bereits gestorben. Bei den noch Lebenden hatte die Zeit<br />
die Geschehnisse und die Erinnerung daran verklärt. Manche hatten etwas<br />
gehört oder konnten sich schwach an etwas erinnern, was man ihnen<br />
mal erzählt hatte… Die offizielle Quellenlage war ebenfalls sehr unterschiedlich.<br />
Die Lastigkeit dieses Buches zugunsten der Alliierten spiegelt<br />
sich darin wider. Bei den Amerikanern gab es die MACR-Berichte. Die sind<br />
überaus hilfreich, besonders wenn beschlagnahmte deutsche KU-Berichte<br />
anhängig sind. Auch die Engländer bieten eine Vielzahl von Quellen an. Bei den Deutschen wird es ausgerechnet in<br />
den letzten Kriegsmonaten, die gerade für unsere Gegend viele Ereignisse von abgestürzten deutschen Flugzeugen bereithält,<br />
sehr schwierig, beziehungsweise fast unmöglich, ohne den „Freund Zufall“ gesicherte Daten herauszufinden.<br />
- Mit dem Tausendjährigen Reich verschwanden auch die „Buchhalter“ und „Statistiker“ dieses Reiches. Während der<br />
Auflösung der nationalsozialistischen Strukturen kümmerte sich niemand mehr um Einzelschicksale.<br />
Ein Beispiel dafür ist der Flugzeugabsturz bei Ütteroda im April 1945. Dabei starb ein junger Mensch, den niemand zu<br />
kennen scheint, der keine Vergangenheit mehr hat. Auch er hatte eine Mutter und eine Familie, die nicht weiß, wo er<br />
geblieben ist... Hrsg: Heimat- und Verkehrsvereins Mihla e.V. / Autoren: Eberhard Hälbig und Rainer Lämmerhirt<br />
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DATUM Veranstaltungen im 4. Quartal 2012<br />
Strecke<br />
Sa 13.10.12<br />
Sa 27.10.12<br />
Sa 10.11.12<br />
Sa 24.11.12<br />
So 09.12.12<br />
Wanderung durch die Drachenschlucht zur Wartburg<br />
Prinzenteich – Wichmannpromenade – Königstein – Drachenschlucht – Knöpfelsteiche –<br />
Elfengrotten – Sängerwiese – Wartburg / Diethard Puschner* / 9.00 Uhr (3)**<br />
Wanderung<br />
vom Vachaer Stein – Clausberg – Hütschhof – Oberellen / Gerd Koch* /9.00 Uhr (2)**<br />
Wanderung zum Königshäuschen<br />
Thal Eiche – Mittelberger Grund – Meisenstein – Königshäusen – Ruhla<br />
Brigitte Wilkens* / 8.15 Uhr (2)**<br />
Wanderung von Eisenach nach Mosbach<br />
Burschenschaftsdenkmal – Gradweg über die Göppelskuppe – Mosbacher Linde – Fixer<br />
Pass – Mosbach / Diethard Puschner* / 9.00 Uhr (3)**<br />
Adventsfahrt<br />
Leitung: Gerda Jäger (Einzeilheiten werden noch bekannt gegeben)<br />
Fr 28.12.12 Jahresabschluss-Wanderung in Oberweid<br />
(Einzeilheiten werden noch bekannt gegeben)<br />
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />
*Wanderführer(in) / **Treffpunkte zu den Wanderungen: (1) DB-Hauptbahnhof Eisenach / (2) Busbahn<br />
hof Eisenach / (3) Carl-Alexander-Denkmal • Terminänderungen? - Bitte auch Mitteilungen in<br />
der Tagespresse beachten! Zu unseren Wanderungen sind alle Natur- und Heimatfreunde sowie<br />
Freunde des Rhönklubs immer herzlich eingeladen. Frisch Auf!<br />
Nähere INFO und Teilnahmemeldung bitte an Gerda Jäger<br />
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Tel. 03691-203549 • Fax 7191306<br />
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ca. 10 km<br />
ca. 12 km<br />
ca. 10 km<br />
ca. 10 km<br />
Friedensstraße 10 P<br />
99817 Eisenach<br />
Tel. 03691-6580591 • Fax 6580379<br />
Terminsache
Aus dem Programm:<br />
» Heimatliteratur<br />
» Flyer & Prospekte<br />
» Visiten-& Postkarten<br />
» Festschriften<br />
Inhaltsübersicht: Seite: Impressum:<br />
Denkmal in Not ............................................................3<br />
Thüringer Monatsblätter Nr. 41 (10 Seiten)<br />
Nachrichten aus dem Thüringerwald-Verein ..................5<br />
Thüringer Wandertag in Heldburg .................................6<br />
Thüringerwald-Verein Ilmenau - Nachrichten ................8<br />
100 Jahre Lobdeburg-Gemeinde Jena ........................10<br />
Eröffnung Hainichlandweg .........................................11<br />
Thüringerwald-Verein Coburg - Farnkraut ...................12<br />
Schloss und Park Reinhardsbrunn<br />
Denkmal in Not ..........................................................15<br />
Die Wurzeln Thüringens - die heilige Radegunde<br />
von Thüringen – Teil 2 ...............................................21<br />
Hainich - Der Wildkatze ganz nah ...............................26<br />
Eröffnung des Lutherweges:<br />
Steinbach/Glasbachgrund - Tambach-Dietharz ..........29<br />
Zur Lutherdekade bis 2017 (Teil 4):<br />
Bild 1 (von 18) – Luther als Kurrendesänger ..............36<br />
Die Kittelsthaler Tropfsteinhöhle – Teil 2:<br />
Schauhöhlenbetrieb ...................................................39<br />
Woher kommt das Wasser der Hörsel?<br />
Historische Wanderung am Badewasser (Teil 5) .........46<br />
Bergbäche des mittl. Thüringer Waldes (Teil 5) ..........54<br />
Das Eisenacher Stadtschloss<br />
und seine Bewohner Teil 3 / Schluss ..........................56<br />
Buchtipp ........................................................14 und 60<br />
Rhönklub Eisenach / Wanderplan ...............................61<br />
Autoren der Beiträge:<br />
R. Aschenbach, R. Bellstedt, Ch. Boelter, Dr. R. Brunner,<br />
G. Fuchs, R. Göhring, G. Malcher, W. Möller,<br />
Ch. Naumann, Ch. & D. Reißig, Dr. G. Zimmer<br />
Titelbild: Schloss Reinhardsbrunn (chr)<br />
Rückseite: Dorferneuerung in Schönau (chr)<br />
Für das zur Veröffentlichung überlassene Text- und<br />
Bildmaterial dankt die Redaktion.<br />
Vorankündigung:<br />
Sagen und Mythen der <strong>Hörselberg</strong>e<br />
62<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong><br />
Winterausgabe Nr. 91<br />
Redaktionsschluss<br />
20. November 2012<br />
erscheint am: 10. Dezember 2012<br />
JAHRES-ABO <strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> inkl. Versandkosten 14,50 EURO<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong><br />
Zeitschrift im Heimatverlag <strong>Hörselberg</strong><br />
für Natur-, Heimat- & Wanderfreunde<br />
mit Beiträgen und Nachrichten aus den Vereinen<br />
Buchbestellung<br />
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direkt an:<br />
Redaktion: Dietmar Reißig (dr)<br />
Gestaltung + Satz Schönau - Deubach 6<br />
Anzeigenverwaltung 99848 Wutha-Farnroda<br />
Vertrieb Tel. 036921-91029 / Fax 91027<br />
Schriftleitung: Christina Reißig (chr)<br />
Tel. 036921-91029 / Fax 91027<br />
INTERNET: www.thueringenweit.de<br />
hoerselberg-bote@t-online.de<br />
Erscheinung: Vierteljährlich<br />
März - Juni - September - Dezember<br />
Auflage: 5000 (20 000 im Jahr)<br />
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Vertrieb von - <strong>Hörselberg</strong>gemeinde e.V.<br />
Freiexemplaren: - Thüringerwald-Verein 1880 e.V.<br />
- Rennsteigverein 1896 e.V.<br />
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- andere Vereine bei Veranstaltungen<br />
- Touristinformationen<br />
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Bezug von Freiexemplaren:<br />
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Wahrung der Urheberrechte:<br />
Text- und Bild-Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher<br />
Genehmigung des jeweiligen Autors der Beiträge bzw. nach<br />
Rücksprache mit der Redaktion.<br />
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