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Beispiel einer Seminararbeit - Oliver Götze

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Dominikanerkloster Santa Maria degli Angeli gegründet und zur Grablegestätte der Este bestimmt<br />

hatte. Sowohl Niccolo, als auch Leonello und Ercole wurden hier bestattet.<br />

Ein weiteres Projekt zur Demonstration s<strong>einer</strong> Pietät startete Borso 1469 mit Grabungsarbeiten in<br />

der Nähe von Belriguardo. Hier wollte der Markgraf einen heiligen Berg (Monte Santo) mit<br />

Nachbildungen der christlichen Stätten von Jerusalem errichten lassen, dessen Rückeroberung seit<br />

dem Fall von Konstantinopel (1453) unerreichbar schien. Viele oberitalienische Herrscher des 15.<br />

Jahrhunderts ließen deshalb an Berghängen oder auf Hügelkuppen kleine Kirchen, Kapellen oder<br />

Schreine mit Darstellungen der Leidensgeschichte Christi erbauen und zeigten auf diese Weise ihre<br />

Frömmigkeit. Von dem Monte Santo Borsos gibt es jedoch keine Relikte, da der Markgraf vor der<br />

Fertigstellung starb und sein Nachfolger kein Interesse an der Vollendung hatte. 24 Hingegen<br />

übernahm Ercole I. (reg. 1471-1505) das Amt des päpstlichen Vikars von seinem Halbbruder,<br />

welchem zu Lebzeiten viel Vertrauen in kirchlichen Fragen entgegengebracht wurde. Borso<br />

schlichtete mehrmals Streitereien zwischen der Kurie und Städten s<strong>einer</strong> Herrschaft, unterstützte<br />

den Bischof von Ferrara in s<strong>einer</strong> Arbeit und förderte Reformen in den Klöstern. 25 Weiterhin gab<br />

er Gemälde und Werke religiösen Inhalts in Auftrag und berief zu diesem Zweck mit Taddeo<br />

Crivelli und Franco dei Russi die berühmtesten Miniaturmaler Italiens an seinen Hof. Neben<br />

verschiedenen Dekorationsaufträgen sollten sie vor allem die herzogliche Bibel mit prächtigen<br />

Ornamenten, biblischen Darstellungen und den Wappen der Este verzieren. Der Markgraf zeigte<br />

sich nach der Fertigstellung sehr stolz auf dieses Kunstwerk und ließ die Bibel zusammen mit<br />

anderen persönlichen Gegenständen während s<strong>einer</strong> Erhöhung zum Herzog von Ferrara (1471) in<br />

Rom ausstellen. Auf diese Weise konnte er sich sowohl der Kurie als auch der römischen<br />

Öffentlichkeit als prächtiger Mäzen und pietätvoller Regent präsentieren. 26<br />

Die heute in der in der Biblioteca Estense in Modena aufbewahrte Bibel ist jedoch nicht nur wegen<br />

ihrer Pracht und der Finesse der Miniaturen von Interesse, sondern ermöglicht auch Rückschlüsse<br />

auf das Selbstverständnis Borsos. Besonders bekannt wurde diesbezüglich die Miniatur Crivellis zu<br />

Beginn des Buches Levitikus, auf welcher der Maler die Tugend giustitia mit einem Wappen der<br />

Este darstellte und auf den Anspruch des Herzogs, ein gütiger und gerechter Herrscher zu sein,<br />

anspielte. In der Tat berichten die Chronisten Ferraras oft über die Rechtsprechung Borsos und<br />

seine täglichen Audienzen auf der Piazza del Duomo. Hier schenkte er jedem Einwohner Gehör,<br />

schlichtete kl<strong>einer</strong>e Streitereien sofort und vernahm die Klagen der Bürger. Berichtete ihm jemand<br />

von korrupten Beamten oder Personen, die gegen das Gemeinwohl handelten, so ging er den<br />

Vorwürfen nach und bestrafte die Übeltäter nach seinem Gutdünken. 27 In manchen Fällen zeigte<br />

er sich milde und gnädig, so gegen den ehemaligen Kanzler Pellegrino da Labolico und gegen einen<br />

24 Vgl. Rosenberg (1997), S. 86f.<br />

25 Vgl. Rosenberg (1976), S. 336f.<br />

26 Vgl. Lisa Jardine, Der Glanz der Renaissance, Ein Zeitalter wird entdeckt, München 1999, S. 207.<br />

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