Beispiel einer Seminararbeit - Oliver Götze
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antiken Überlieferungen (Manilius, römische Götter), doch zeigte sich in den Fresken bereits<br />
deutlich die starke Rezeption der Mythologie, während die astronomischen Beobachtungen nur in<br />
einem schmalen Streifen und die Sonne sogar nur als platte Lichtscheibe dargestellt wurden. 39<br />
2.4. Hof und Gesellschaft unter Borso d'Este<br />
Pellegrino Prisciani war der einflussreichste Astrologe am Hof der Este, da er eine Stelle an der<br />
renommierten Universität hatte und als markgräflicher Bibliothekar und Hofhistoriograph Einblick<br />
in die politischen Angelegenheiten des Staates gewinnen konnte. Er war jedoch nicht der einzige<br />
Sterndeuter in Ferrara, sondern stand in der Tradition verschiedener Astrologen, welche seit<br />
Niccolo III. für die Markgrafen arbeiteten. Von Leonello wird beispielsweise überliefert, er hätte<br />
sich über die Einflüsse der Planeten an den verschiedenen Wochentagen informiert und<br />
dementsprechend in Gewändern der Planetenfarben gekleidet. 40 Außerdem förderte er das<br />
physiognomische Werk des Savonarola ("speculum physionomie"), in welchem der Autor unter<br />
anderem versuchte, die unterschiedlichen Charaktere der Menschen auf stellare Einflüsse<br />
zurückzuführen, 41 und beauftragte den Gelehrten Giovanni Bianchini mit der Niederlegung von<br />
Planetentafeln. Obwohl Bianchini diese Tafeln (Tabulae astrologiae, um 1450) Leonello widmete,<br />
scheute sich Herzog Borso nicht, die Berechnungen prachtvoll einbinden zu lassen und sie<br />
zusammen mit dem Autor dem abergläubischen Kaiser Friedrich III. zu präsentieren, welcher sich<br />
sehr interessiert zeigte. 42 Somit stellte sich Borso wieder in die Tradition s<strong>einer</strong> Vorgänger und<br />
setzte deren Werke und Ideen fort, obgleich er einige astrologische Vorhersagen sehr zynisch<br />
kommentierte. 43 Pietro Bono Avogaro erstellte Horoskope für Borso, der Schreiber Carlo di San<br />
Giorgio nutzte die Punktierkunst, um Vorhersagen zu treffen, und auch der Hofmaler Cosimo<br />
Tura verwendete astrologische Elemente in seinen Werken. So griff er die Idee Abu Máschars auf,<br />
die Ankündigung der Geburt Christi wäre durch den ersten Dekangott des Sternzeichens Jungfrau<br />
geschehen, und bildete in seinem Gemälde "Madonna dello Zodiaco" die Gottesmutter als Virgo<br />
coelestis vor einem Goldornament mit Sternzeichen ab. Ähnlich gestaltete er auch die<br />
"Verkündigung Marias" auf den Diptychen des Rovarella-Altares. Im Vordergrund erscheinen hier<br />
der Erzengel Gabriel und Maria, im Hintergrund bildete Tura in <strong>einer</strong> ungewöhnlichen<br />
Reihenfolge Allegorien der acht ptolemäischen Planetensphären ab und versuchte mit dieser<br />
Darstellung, den heidnischen Sternenkult mit der christlichen Prophetie zu verknüpfen. 44<br />
39 Vgl. Blume, S. 195.<br />
40 Vgl. Warburg, S. 182.<br />
41 Vgl. Thomann, S. 96f.<br />
42 Le Muse e il Principe, Arte di corte nel Rinascimento padano (Ausstellungskatalog Museo Poldi Pezzoli, Mailand<br />
1991), Katalog, Modena 1991, S. 186.<br />
43 Vgl. Campbell, S. 145.<br />
44 Ebd., S. 145-151.<br />
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