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18 Mitchell, David ›Der Wolkenatlas‹ Rowohlt · 24, 90 Euro * * * Erneut hat David Mitchell einen Zeiten und Räume überspannenden Roman veröffentlicht, der in seiner Ausgewogenheit von großem Anspruch und Unterhaltsamkeit überragend ist. ›Wolkenatlas‹ ist leichter zu lesen und zu verdauen als sein Vorgänger ›Chaos‹. Er besitzt nur sechs Handlungsstränge, die über einen Zeitraum von etwa 800 Jahren angesiedelt sind. Der Reisebericht eines Forschungsreisenden, der zur Mitte des 19. Jahrhunderts in den Südpazifik reist, nachvollzieht die selbstgefälligen Greuel der britischen und französischen Kolonisten an Maori und Moriori. 1931 kommt ein junger brotloser Musiker namens Robert Frobisher auf die Idee, einem fast erblindeten berühmten Komponisten seine Assistenz anzubieten und findet in dessen Bibliothek eben jenen Reisebericht. Er schreibt Briefe von dem Landsitz, wo komponiert und arrangiert wird, an einen gewissen Sixsmith, der in der nächsten, 50 Jahre später angesetzten Handlungsebene einen allzu kritischen Atomwissenschaftler darstellt und durch einen Untersuchungsbericht bestimmte Wahrheiten aufdeckt, die Wirtschaft und Regierung schaden könnten. Sixsmith verschwindet, eine Kriminalstory bahnt sich an, Luisa Rey bekommt als Journalistin ihren ersten Fall. In ferner Zukunft: Yooni, eine Duplikantin, stellt den Anspruch, Mensch sein zu dürfen und wird von einer weitere Jahrhunderte später lebenden Generation als eine Art Messias verehrt. Alle Handlungsebenen sind auf ihre Art in sich geschlossen, die handelnden Personen sind in ihrer eigenen Zeit und ihrem eigenen Ort gefangen, dennoch tun sich punktuell Hinweise auf, die einen Zusammenhang herstellen zu den vorhergehenden und nachfolgenden Episoden. Mitchell ist dabei so sehr Meister, dass er allen 6 Handlungsebenen ihren eigenen Stil verleiht. Der Forschungsbericht des Adam Ewing wirkt genauso authentisch wie der Briefwechsel im Jahr 1931. Kriminalstory ist Kriminalstory, Science Fiction ist Science Fiction und die Sprache des Ziegenhirten um 2600 n. Chr. mit seinem Dialekt und seinen lautmalerischen Wortneuschöpfungen hat seinesgleichen noch nicht gesehen und wirkt absolut glaubhaft und konsequent. Mitchell ist mit vielen Preisen ausgezeichnet worden, ›Der Wolkenatlas‹ stand 2005 in Großbritannien auf der Shortlist des Booker Prize, Kritiker vergleichen ihn mit großen amerikanischen Romanciers wie Thomas Pynchon, Paul Auster und Don DeLillo und immer wieder nutzt er sein Schreiben auch als ethisches Instrument.
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