ÖDÖN VON HORVATH - THOMAS SESSLER - Verlag
ÖDÖN VON HORVATH - THOMAS SESSLER - Verlag
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<strong>ÖDÖN</strong> <strong>VON</strong> <strong>HORVATH</strong><br />
9.Dezember 1901 – 1.Juni 1938<br />
AUTOBIOGRAPHISCHE NOTIZ<br />
<strong>THOMAS</strong> <strong>SESSLER</strong> VERLAG<br />
Geboren bin ich am 9. Dezember 1901, und zwar in Fiume an der Adria, nachmittags um dreiviertelfünf<br />
(nach einer anderen Überlieferung um halbfünf). Als ich zweiunddreißig Pfund wog, verließ ich Fiume,<br />
trieb mich teils in Venedig und teils auf dem Balkan herum und erlebte allerhand, u. a. die Ermordung S.<br />
M. des Königs Alexanders von Serbien samt seiner Ehehälfte. Als ich 1,20 Meter hoch wurde, zog ich nach<br />
Budapest und lebte dort bis 1,21 Meter. War dortselbst ein eifriger Besucher zahlreicher Kinderspielplätze<br />
und fiel durch mein verträumtes und boshaftes Wesen unliebenswert auf. Bei einer ungefähren Höhe von<br />
1,52 erwachte in mir der Eros, aber vorerst ohne mir irgendwelche besonderen Scherereien zu bereiten -<br />
(meine Liebe zur Politik war damals bereits ziemlich vorhanden). Mein Interesse für Kunst, insbesondere für<br />
die schöne Literatur, regte sich relativ spät (bei einer Höhe von rund 1,70), aber erst ab 1,79 war es ein<br />
Drang, zwar kein unwiderstehlicher, jedoch immerhin. Als der Weltkrieg ausbrach, war ich bereits 1,67 und<br />
als er dann aufhörte bereits 1,80 (ich schoß im Krieg sehr rasch empor). Mit 1,69 hatte ich mein erstes<br />
ausgesprochen sexuelles Erlebnis - und heute, wo ich längst aufgehört habe zu wachsen (1,84), denke<br />
ich mit einer sanften Wehmut an jene ahnungsschwangeren Tage zurück.<br />
Heut geh ich ja nurmehr in die Breite - aber hierüber kann ich Ihnen noch nichts mitteilen, denn ich bin<br />
mir halt noch zu nah.<br />
Ödön von Horváth<br />
Ödön von Horváth<br />
Thomas Sessler <strong>Verlag</strong> GmbH, Johannesgasse 12, A-1010 Wien<br />
Tel.: +43-1-512 32 84, Fax: +43-1-513 39 07, www.sesslerverlag.at, office@sesslerverlag.at
I. DRAMATISCHES WERK<br />
1. Die anderen Stücke<br />
MORD IN DER MOHRENGASSE<br />
Schauspiel in drei Akten 8 D, 13 H, 2 DEK<br />
DIE BERGBAHN<br />
Volksstück in drei Akten 1 D, 12 H, 4 DEK<br />
DER FALL E.<br />
Dramenfragment in sieben Bildern 5 D, 7 H, 3 DEK<br />
RUND UM DEN KONGRESS<br />
Posse in fünf Bildern 3 D, 10 H, 3 DEK<br />
HIN UND HER<br />
Musikalische Posse in zwei Teilen 4 D, 8 H, 1 DEK<br />
HIMMELWÄRTS<br />
Märchen in zwei Teilen 4 D, 16 H, 3 DEK<br />
MIT DEM KOPF DURCH DIE WAND<br />
Komödie in vier Akten 3 D, 14 H, 3 DEK<br />
EIN DORF OHNE MÄNNER<br />
Lustspiel in sieben Bildern<br />
nach dem Roman von Koloman von Mikszáth 5 D, 17 H, 5 DEK<br />
POMPEJI<br />
Komödie eines Erdbebens in sechs Bildern 6 D, 17 H, 4 DEK<br />
2. Die vielgespielten Stücke<br />
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT<br />
Komödie in drei Akten 3 D, 5 H, 4 DEK<br />
SLADEK DER SCHWARZE REICHSWEHRMANN<br />
Historie aus dem Zeitalter der Inflation in drei Akten 3 D, 9 H, 3 DEK<br />
ITALIENISCHE NACHT<br />
Musikalisches Volksstück in sieben Bildern 7 D, 14 H, 4 DEK<br />
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD<br />
Musikalisches Volksstück in drei Teilen 11 D, 11H, 8 DEK<br />
KASIMIR UND KAROLINE<br />
Musikalisches Volksstück 6 D, 11 H, SIM.DEK<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG<br />
Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern 5 D, 13 H, 5 DEK<br />
DIE UNBEKANNTE AUS DER SEINE<br />
Komödie in drei Akten und einem Epilog 8 D, 14 H, 3 DEK<br />
DON JUAN KOMMT AUS DEM KRIEG<br />
Schauspiel in drei Akten 9 D, 1 H, SIM.DEK<br />
FIGARO LÄSST SICH SCHEIDEN<br />
Komödie in drei Akten 5 D, 15 H, 7 DEK<br />
DER JÜNGSTE TAG<br />
Schauspiel in sieben Bildern 5 D, 14 H, 5 DEK<br />
II. DRAMATISIERUNGEN <strong>VON</strong> PROSAWERKEN<br />
JUGEND OHNE GOTT 2 D, 3 H, SIM.DEK<br />
EIN KIND UNSERER ZEIT 3 D, 4 H, 8 DEK<br />
DAS FRÄULEIN POLLINGER 1 D, 1 H, SIM.DEK<br />
DIE WIESENBRAUT<br />
2
III. HORVÁTH VERTONT<br />
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD Opernfassung/Miro Belamaric<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG Opernfassung/Gerhard Schedl<br />
FIGARO LÄSST SICH SCHEIDEN Opernfassung/Giselher Klebe<br />
DER JÜNGSTE TAG Opernfassung/Giselher Klebe<br />
POMPEJI Opernfassung/Horst Ebenhöh<br />
Ödön von Horváth über das Volksstück:<br />
IV. ZEITTAFEL<br />
V. FILMOGRAPHIE<br />
I. DRAMATISCHES WERK<br />
1. DIE ANDEREN STÜCKE<br />
Die Bezeichnung ”Volksstück” war bis zur Entstehungszeit der modernen dramatischen Produktion nicht<br />
gebräuchlich. Natürlich gebrauchte ich diese Bezeichnung nicht willkürlich, das heißt: nicht einfach nur<br />
deshalb, weil das Stück ein bayerisches Dialektstück ist, sondern weil mir so etwas Ähnliches, wie die<br />
Fortsetzung des alten Volksstückes vorschwebte.<br />
Will man also das alte Volksstück heute fortsetzen, so wird man natürlich heutige Menschen aus dem<br />
Volke (wie der schöne feudale Ausdruck lautet) auf die Bühne bringen - also: Kleinbürger und Proletarier.<br />
Ich übergehe hier absichtlich den Bauernstand, denn auch der Bauernstand zerfällt ja in Kleinbürger und<br />
Proletarier.<br />
Also: zu einem heutigen Volksstück gehören heutige Menschen - und mit dieser Feststellung gelangt man<br />
zu einem interessanten Resultat: nämlich, will man als Autor wahrhaft gestalten, so kann man an der<br />
völligen Zersetzung der Volksstücksprache durch den Bildungsjargon nicht vorübergehen. Der<br />
Bildungsjargon (und seine Ursache) fordert aber zu Kritik heraus - und so muß der Dialog des neuen<br />
Volksstückes zu einer Synthese von Ernst und Ironie werden.<br />
MORD IN DER MOHRENGASSE<br />
Schauspiel in drei Akten (ca. 1923)<br />
8 D, 13 H, 2 DEK UA Burgtheater Wien, 1978/79<br />
Das Schauspiel ”Mord in der Mohrengasse” ist das früheste, erhalten gebliebene Theaterstück des<br />
Dichters überhaupt.<br />
Schauplatz des Stückes ist die Unterwelt, in der sich Prostituierte, Verbrecher und andere Ausgestoßene<br />
der bürgerlichen Gesellschaft tummeln. In diesem Milieu lebt die Hauptfigur des Stücks. Wenzel ist das<br />
schwarze Schaf der Familie Klamuschke, der von der kleinbürgerlichen Enge seines Elternhauses flieht und<br />
auf die schiefe Bahn gerät. Nur gelegentlich zieht es ihn dorthin zurück, gemieden und gehaßt von seinen<br />
Angehörigen. Sein wirkliches Zuhause wird die berüchtigte Mohrengasse, zu seinen Freunden zählen<br />
Zuhälter und Dirnen. Bei einem Outsider wie Wenzel gehört das Verbrechen zur Alltäglichkeit, in der auch<br />
ein Menschenleben nichts zählt.<br />
In der Mohrengasse wird der Juwelier Simon Kohl erschlagen und beraubt aufgefunden. Die vagen<br />
Zeugenaussagen der herumstreunenden Prostituierten bringen die Polizisten aber trotzdem auf die<br />
richtige Spur. Wenzel Klamuschke, der das Verbrechen ohne erkennbares Motiv beging, gelingt es zwar<br />
3
vorerst zu fliehen, jedoch die Hüter des Gesetzes finden ihn an jenem Ort, wo sie ihn vermuten: in seinem<br />
Elternhaus. Er ist heimlich dort eingedrungen, um sich zu erhängen.<br />
Die Parallelhandlung des Stücks führt uns in die trostlosen Verhältnisse der Familie Klamuschke. Eine<br />
resignierende und verhärmte Mutter, eine oberflächliche Schwester und ein in schlechter Ehe lebender<br />
Bruder wohnen unter einem Dach. Die vage Hoffnung der Mutter auf ein friedvolleres Leben wird durch<br />
den Raub- und Selbstmord ihres Sohnes jäh zerstört. Das Motiv der Unfähigkeit der Menschen,<br />
miteinander zu kommunizieren, wird in diesem Stück von Ödön von Horváth ebenso dargelegt, wie der<br />
Zweifel an der Existenz Gottes.<br />
DIE BERGBAHN<br />
Volksstück in drei Akten (1927)<br />
1 D, 12 H, 4 DEK UA Theater am Bülowplatz, Berlin, 4.1.1929<br />
(Neufassung von ”Revolte auf Côte 3018”. UA Hamburger Kammerspiele, 4.11.1927)<br />
Horváth schrieb dieses Stück nach authentischen Zeitungsmeldungen.<br />
Beim Bau einer Zugspitzbahn verlieren drei Arbeiter ihr Leben, weil der Profit der den Bau finanzierenden<br />
Aktiengesellschaft gefährdet ist. Sie zwingen die Arbeiter, auch dann noch weiterzuarbeiten, als die<br />
schlechte Wetterlage unbedingt zum Abbruch zwingen würde. Schneestürme und Eiseskälte<br />
beschleunigen dann rasch die Katastrophe.<br />
Der Kampf zwischen Kapital und Arbeitskraft, zwischen Profitgier und Leben unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Stellung der sogenannten Intelligenz ist der Gehalt des Stückes.<br />
”Die Bergbahn” ist ein Stück in der Tradition jener sozialen Arbeiterdramen, wie sie mit Gerhard<br />
Hauptmanns ”Die Weber” innerhalb der deutschsprachigen Literatur einsetzten.<br />
Da liest überall vom Fortschritt der Menschheit und die Leut bekränzn an Ingineur, wie an Preisstier, die<br />
Direkter sperrn die Geldsäck in d’Kass und dem Bauer blüht der Fremdenverkehr. (...) Aber daß aner sei<br />
Leben hergebn hat, des Blut wird ausradiert.Ödön von Horváth, Die Bergbahn<br />
DER FALL E.<br />
Dramenfragment in sieben Bildern (1927)<br />
5 D, 7 H, 3 DEK UA Theater im Park, Wiesbaden, 5.2.1976<br />
... ich fühlte mich plötzlich so einsam, und daß die Gesellschaft zu allem fähig ist, ich hab plötzlich im<br />
Gesicht nur die Zähne gesehen ...<br />
Ella, viertes Bild<br />
Schreiben Elly Maldaques an die Regierung der Oberpfalz vom 5. Juli 1930<br />
Betreff: Belastungsmaterial in Angelegenheit der fristlosen Dienstentlassung der ehemaligen Lehrerin Elli<br />
Maldaque.<br />
Die Unterzeichnete stellt das Ersuchen beiliegendes Belastungsmaterial [darüber steht in Bleistift:<br />
”Tagebuch”] bezüglich meiner fristlosen Dienstentlassung vom 27. Juni 1930 entgegennehmen zu wollen,<br />
4
is ich meine mir zustehende Beschwerde an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus eingereicht<br />
habe, die ich bisher nicht fertigzustellen in der Lage war, da ich vor einem Nervenzusammenbruch stehe.<br />
Elisabeth Maldaque, Orleanstr. 4/0<br />
Die authentische Geschichte einer Regensburger Lehrerin regte Horváth zu seinem Dramenfragment ”Ella<br />
Wald”, später ”Der Fall E.” genannt, an.<br />
Ende der zwanziger Jahre begann Ödön von Horváth ein Stück über einen authentischen Fall von<br />
Berufsverbot in der Weimarer Republik zu schreiben.<br />
Ella Waldt, junge Lehrerin in der katholischen Provinz, ist durch eine Freundin und ehemalige Kollegin, die<br />
den Schuldienst wegen ihrer kommunistischen Überzeugung verlassen mußte, mit dem Marxismus<br />
bekannt geworden und bekennt sich innerlich dazu. Durch einen bigotten Nachbarn, der sie bespitzelt,<br />
wird ihr, als die Freundin Eva und der kommunistische Landtagsabgeordnete Schaper sie besuchen, die<br />
Polizei ins Haus geschickt. Ella wird aus dem Schuldienst entlassen.<br />
Ihr Versuch, ihre verfassungsmäßig verankerten Rechte auf persönliche Freiheit durchzusetzen, endet in<br />
den Mühlen der Bürokratie, welche bekanntlich langsam, aber furchtbar klein mahlen. ”Es dreht sich<br />
nicht um Recht, Fräulein, es ist eine Machtfrage.”<br />
Ella, die in ihrer Überzeugung, nichts zu wollen als ein ihr zustehendes Recht, nach Hilfe sucht, bleibt allein<br />
und wird materiell und psychisch kaputtgemacht: durch den wohlmeinenden, aber pflichttreuen<br />
Schulrat, durch den um seine Zeitungsexistenz bangenden Redakteur, den an seine Reputation<br />
denkenden Anwalt, opportunistische Kollegen, die Vorgesetztenhierarchie. In sarkastischer Knappheit<br />
werden all diese Figuren und Marionetten der Macht typisiert.<br />
Nachdem Ella Zeichen der psychischen Erschöpfung gezeigt hat, wird sie gewaltsam in ein Irrenhaus<br />
geschafft. ”Hier wird ein Mensch gestorben.”<br />
RUND UM DEN KONGRESS<br />
Posse in fünf Bildern (1929)<br />
3 D, 10 H, 3 DEK UA Theater am Belvedere, Wien, 5.3.1969<br />
Die Gesinnungsinflation als moralisches Ergebnis einer sozialen Krise demonstriert das Stück ”Rund um den<br />
Kongreß”. Der international besetzte Kongreß zur Bekämpfung der Prostitution und des Mädchenhandels<br />
endet in ”Fressen und Saufen”, wie es in der lakonischen Regieanweisung heißt, und mit dem ironischen<br />
Hinweis auf die Notwendigkeit eines der Sache dienlichen Gesetzes, ”um die schamlose Ausbeutung der<br />
Fräuleins zu verhindern und den anständigen Mädchenhandel zu schützen”. Der Kongreß wird allein<br />
schon durch den Generalsekretär zur Farce, der, ohne es zu merken, sich und die aufgeblasenen<br />
Moralklischees der Gesellschaft entlarvt.<br />
Die Parallelhandlung der Posse spielt in Zuhälterkreisen, wo Alfred von einigen Prostituierten ausgehalten<br />
wird. Ein Fräulein soll nach Südamerika verkauft werden. Der Kongreß interessiert sich für diesen Verkauf<br />
als Beweis des Mädchenhandels und zur psychologischen Durchleuchtung des gesamten Problemkreises.<br />
Gegen ein entsprechendes Honorar ist Alfred bereit, zusammen mit seinem Bruder Ferdinand und dem<br />
Fräulein zu einem Interview vor dem Kongreß zu erscheinen. Als aber das Fräulein Ferdinand erblickt, fällt<br />
sie in Ohnmacht: sie war seine Frau. Der Kongreß feiert Festgelage, setzt Unterkommissionen ein, findet im<br />
Fräulein einen typischen Fall von Gefühlsroheit der Gesellschaft, verurteilt den Reporter Schminke mit<br />
seiner Denkschrift kurzerhand als Juden und Kommunisten (das Motto von Schminkes Denkschrift ist ein<br />
Zitat aus dem ”Kommunistischen Manifest” von Karl Marx) und dankt dem Zuhälter Alfred für seine<br />
tatkräftige Mithilfe in der Bekämpfung der Prostitution. Als Ferdinand seine frühere Frau wieder heiraten<br />
will, protestiert der Generalsekretär: man braucht den Mädchenhandel, um ihn bekämpfen zu können;<br />
was täte sonst der Kongreß? Als aber die Zuschauer aus dem Publikum protestieren, weil sie nach harter<br />
Tagesarbeit eine Posse sehen wollen, darf Ferdinand das Fräulein in seine Arme schließen.<br />
5
HIN UND HER<br />
Musikalische Posse in zwei Teilen (1933)<br />
Bühnenmusik von Hans Gal<br />
Arrangements und Musikmaterial von Mathias Spohr<br />
4 D, 8 H, 1 DEK UA Schauspielhaus Zürich, 13.12.1934<br />
”Hin und Her” ist ein symbolischer Titel für ein tragikomisches Geschehen, das sich an der Grenze zwischen<br />
zwei Staaten, irgendwo im südöstlichen Europa abspielt. Ein armer Schlucker, Ferdinand Havlicek, wird zu<br />
einem problematischen ”amtlichen” Fall, weil er diesseits ausgewiesen und jenseits nicht hereingelassen<br />
wird. Auf der Brücke über den kleinen Grenzfluß zwischen den miteinander verfeindeten Zöllnern pendelt<br />
der Staatenlose hin und her. Er müßte den Rest seines Lebens auf dieser Brücke zwischen den zwei<br />
Staaten verbringen, könnte er nicht durch Zufall bei der Festnahme eines berüchtigten<br />
Schmugglerpaares helfen, was ihm eine Belohnung, eine Einreisegenehmigung und eine Einheirat<br />
verschafft.<br />
HIMMELWÄRTS<br />
Märchen in zwei Teilen (1934)<br />
4 D, 16 H, 3 DEK UA in einer Matinee-Vorstellung der<br />
Freien Bühne in der Komödie, Wien, 5.12.1937<br />
In ”Himmelwärts” haben wir eine dreigeteilte Mysterienbühne mit - übereinander - Hölle, Erde, Himmel. In<br />
der Hölle werden die Verdammten vom Vizeteufel in ihrem Kessel umgerührt, und der Himmel hängt<br />
wörtlich voller Geigen. Luise Steinthaler will Sängerin werden und verkauft für eine große Karriere dem<br />
Teufel ihre unsterbliche Seele. Der Himmelspförtner philosophiert über irdische Politik, aber auch über<br />
”unseren Herrn und Führer, den Teufel in persona”. Luise schafft es, bei allen Enttäuschungen, die ihr das<br />
(ironisierte) Theaterleben bringt, schließlich doch noch mit dem Hilfsregisseur Leuterbach in gewissen<br />
Grenzen glücklich zu werden, und dies vor allem dadurch, daß der Satan auf wienerische Weise ein ”bißl<br />
schlampert” ist.<br />
In dem Stück ”Himmelwärts” zeigt Horváth die logische Alternative zum kleinbürgerlichen, jovialen<br />
Tingeltangel einer nicht ernst genommenen Inflation des Himmels, nämlich die Hölle, wo militärischer Drill,<br />
ständiger Großeinsatz und die Ordnung der Gewalt herrschen.<br />
Das Märchen für Erwachsene ist ein kabarettistisches Mysterienspiel, in dem Ödön von Horváth die<br />
Wiener Volkstheater-Tradition aufnimmt und weiterführt.<br />
Der Kleinbürger, wie ihn Horváth schildert, ist weniger der Angehörige einer Klasse als der dumpf<br />
gebundene, dem Geist widerstrebende, als der schlechthin verstockte Mensch. ... Er ist der Statthalter<br />
des Teufels auf Erden, ja der Teufel selbst ... Er ist ein kleiner, ordinärer Teufel.Dennoch ist seine<br />
Erfindungskraft im sinnlos-bösen unerschöpflich. Der Wille, weh zu tun, ist sein Grundtrieb ... Auf dem<br />
verstockten Menschen, der um den Bestande der Lüge kämpft, beruht alle kollektive Teufelei. Mit ihm<br />
stehen und fallen die totalen Despotien.<br />
Von der Kälte seines Herzens geht der große Weltwinter aus, der die Zeit lähmt.”Franz Werfel<br />
6
MIT DEM KOPF DURCH DIE WAND<br />
Komödie in vier Akten (1935)<br />
3 D, 14 H, 3 DEK UA Scala, Wien, 10.12.1935<br />
Einige stellenlose Schauspieler, ”Professor” Bossard, sein Assistent und ein Pianist, dazu Marie und die<br />
Unbekannte aus dem Stück ”Die Unbekannte aus der Seine” haben nach vergeblichen Versuchen mit<br />
Filmdrehbüchern und Stellenvermittlung zu einem listenreichen Versuch gegriffen: Bossard, angeblicher<br />
Irrenarzt und Spiritismusforscher, hat die Unbekannte aus der Seine zitiert, die nun ihre Lebensgeschichte<br />
und die Ursachen für ihren Tod bruchstückweise berichtet.<br />
Diese Erscheinung zu fotografieren und ihre Geschichte darzustellen, wäre ein neuer, in die vierte<br />
Dimension vorstoßender Filmstoff. Generaldirektor Semper einer Filmgesellschaft interessiert sich dafür und<br />
ist fasziniert von der ersten Seance, obwohl ihn sein Sekretär Dr. Huelsen vor dem Schwindel warnt, da er<br />
in der Unbekannten seine ehemalige Braut wiedererkennt. Auf dem Filmball gewinnt die Unbekannte<br />
Semper für das Projekt; doch ist sie nichts anderes als ein im Waisenhaus erzogenes Mädchen, das beim<br />
Marquis von Besancon beschäftigt war, und als es einen ihr anvertrauten größeren Geldbetrag verloren<br />
hatte, angeblich in die Seine gegangen ist.<br />
Schließlich platzt der Schwindel: Semper aber gibt seine Blamage nicht zu. Er will mit dem Kopf durch die<br />
Wand und den Film inszenieren, in dem die Unbekannte und ihre Schauspielerkollegen beschäftigt<br />
werden sollen, auch wenn sie nur mittelmäßige Schauspieler sind, da sie die angenommenen Rollen als<br />
Schwindler nicht zu Ende spielen können.<br />
EIN DORF OHNE MÄNNER<br />
Lustspiel in sieben Bildern<br />
nach dem Roman von Koloman von Mikszáth (1937)<br />
5 D, 17 H, 5 DEK UA Neues Deutsches Theater, Prag, 24.9.1937<br />
Die Handlung des Stücks spielt ”während der Türkenkriege”. Der junge Ungarnkönig Matthias Corvinus,<br />
wegen seiner Gerechtigkeit vom Volk schon ”der Gütige” genannt, durchschaut und entlarvt List und<br />
Tücke, mit denen korrupte Hofbeamte ihn und das Volk betrügen. Die Anekdote, die von Horváth<br />
abendfüllend ausgebaut wurde, basiert auf der Bitte der Frauen von Selitschje, dem durch Krieg<br />
männerlosen Dorf dreihundert entlassene Soldaten zuzuweisen. Der König will zuvor drei Frauen als<br />
”Muster” sehen - die Männer könnten ja den Krieg zum Vorwand genommen haben, nicht zu ihren<br />
häßlichen Frauen zurückkehren zu müssen. Dieses ”Muster” serviert dem König der Graf von<br />
Hermannstadt, zu dessen siebenbürgischen Besitzungen das Dorf gehört. Zwei hübsche Frauen besorgt<br />
mit List ein Badestubeninhaber, die dritte ist die Gräfin von Hermannstadt selbst.<br />
Auf dem Umweg über die Eifersucht werden dem wahnbefangenen Grafen die Augen geöffnet durch<br />
das königliche Wort: ”Es kommt nicht darauf an, ob man einer verfluchten Rasse angehört; es kommt<br />
darauf an, ob man Rasse hat.” Durch die Güte des Königs kommt es zu einem Happy-End.<br />
Trotz der Märchenhaftigkeit, die in dem Lustspiel vorherrscht, lebt die Handlung von einem handfesten<br />
Realismus psychologischer Beobachtung.<br />
7
POMPEJI<br />
Komödie eines Erdbebens in sechs Bildern (1937)<br />
6 D, 17 H, 4 DEK UA Theater ”Die Tribüne”, Wien, 6.1.1959<br />
Das Handlungsgeschehen dieser Komödie umfaßt ein paar Tage vor dem Ausbruch des Vesuvs und seine<br />
unmittelbaren Folgen für die drei Hauptfiguren.<br />
Das Mädchen Lemniselenis wird von ihrem Vater verkauft, da ihm die lukullischen Genüsse über alles<br />
gehen und er den Kaufpreis für sein leibliches Wohl braucht. Lemniselenis gelangt als Luxussklavin ins Haus<br />
des Präsidenten K. R. Thago und bekommt zur Schonung ihrer physischen Kräfte die Dienerin Matrosa<br />
zugewiesen. Der Oberkammersklave Toxilus wird von Amors Pfeil getroffen und liebt hingebungsvoll<br />
Lemniselenia. Er verhilft ihr zur Flucht, da sie die schmachvolle Unfreiheit nicht länger ertragen kann.<br />
Sie versteckt sich bei ihrem Bruder, dem Falschmünzer, und hofft auf Toxilus Rettung, indem er ihr das<br />
nötige Freikaufgeld beschafft. Doch der stürmische Liebhaber bringt es vorerst nicht fertig, seinen auf<br />
Sommerfrische befindlichen Herrn und Gebieter zu bestehlen und vermeint, die Liebe hilft alle Hindernisse<br />
zu überwinden. Für die Sklavin bleibt nun kein anderer Ausweg, als sich freiwillig dem Sklavenhändler<br />
Dordalus zum Kauf anzubieten. Der reiche Praetor von Pompeji erwirbt sie, doch schon eilt Toxilus herbei,<br />
um mit dem schweren Herzens gestohlenen Geld seine Geliebte zu befreien. Der Praetor jedoch wirft ihn<br />
ins Gefängnis, mit der Auflage, so lange dort zu schmachten, bis seine Unschuld oder Schuld bewiesen ist.<br />
Der durch ein Wunder gerettete Präsident des römisch-phönizischen Kreditinstitutes K. R. Thago, rettet<br />
Toxilus durch seine Aussage vom sicheren Tod und bescheinigt dem Praetor, ihm das Geld für seine<br />
treuen Dienste gegeben zu haben. Zum Happy-End der beiden Verliebten gesellt sich eine<br />
Naturkatastrophe: der Vesuv bricht aus und verwüstet das Land. Für die Menschen bedeutet das einen<br />
faktischen aber auch symbolisch gemeinten Neubeginn ihres Daseins.<br />
Ödön von Horváth transponiert zwar die Handlung des Stücks in die antike Welt, läßt die Figuren aber in<br />
der modernen Sprache sprechen, wodurch das komische Element der Komödie noch mehr<br />
Akzentuierung erfährt.<br />
Traugott Krischke, der Herausgeber des Ödön von Horváth-Gesamtwerkes, vertritt die Ansicht, daß<br />
”Pompeji” ”zu den interessantesten Dichtungen des Dramatikers Horváth gehört; dies, da sich gleichzeitig<br />
mit diesem Werk im Dichter selbst eine entscheidende Wendung vollzog, die im veränderten Welt- und<br />
Menschenbild einen deutlichen Ausdruck fand.<br />
8
2. DIE VIELGESPIELTEN STÜCKE<br />
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT<br />
Komödie in drei Akten (1927)<br />
3 D, 5 H, 4 DEK UA Vereinigte Bühnen Graz, 5.10.1969<br />
Das Stück spielt 1926 im Monat März innerhalb von 12 Stunden.<br />
Die Handlung des Stücks spielt vor dem vor der Pleite stehenden Hotel ”Zur schönen Aussicht”, dessen<br />
Besitzer ein abgewirtschafteter Bonvivant ist.<br />
Ein aus Kriegs- und Freischärlerzeiten herübergerettetes, geheimes und mit Verbrechen belastetes<br />
männerbündisches Verhältnis verbindet jene Typen, die, sämtliche gescheiterte, abgewirtschaftete und<br />
verluderte Existenzen, als Gigolos den maskulinen Harem der Baronin Ada bilden. Sie ist eine alternde und<br />
trunksüchtige, aber zahlungskräftige Sadistin und Nymphomanin. In ihren Fängen befinden sich Strasser,<br />
der Hotelier mit Offiziers- und Filmstatistenvergangenheit, Max, der schleimig ästhetisierende<br />
Gelegenheitskellner, Karl, der animalische Prolet, Emanuel, der degenerierte und senile Lebemann, und<br />
Müller, dessen lumpige Spießerherrlichkeit aus deutschem Sekt und ”großer Vergangenheit” besteht.<br />
Im Mittelpunkt des Geschehens steht Christine, eines der gedemütigten Mädchen, wie sie in den<br />
späteren Horváth-Stücken immer wieder vorkommen. Im Hotel ”Zur schönen Aussicht” wurde sie vor<br />
einem Jahr geschwängert und nun kommt sie zurück, um den Vater ihres Kindes zu heiraten: den<br />
Hoteldirektor Strasser. Dieser hat jedoch keine Lust, sein Vergnügen vom vergangenen Jahr mit einer<br />
Heirat zu bezahlen. Und so heckt er mit seinen Kumpanen einen teuflischen Plan aus, den Emanuel<br />
Freiherr von Stetten, ein alter, abgebrannter Spieler, in früheren Jahren schon ausgeführt hat. Alle, der<br />
Kellner Max, der Chauffeur Karl, der Sektreisende Müller, der Hoteldirektor und der Baron, behaupten, mit<br />
Christine etwas gehabt zu haben. Die Situation ändert sich, als das Mädchen erklärt: der liebe Gott habe<br />
ihr geholfen, indem sie plötzlich eine Erbschaft gemacht hat. Jetzt will jeder der Vater des Kindes sein.<br />
Doch Christine verläßt das Hotel, zurück bleiben die betrogenen Betrüger.<br />
Nicht ohne Grund ist dieses frühe Stück Horváths, das laut Csokor ein unheilvolles ”Vorgefühl einer<br />
kommenden Apokalypse von Grausamkeit und Herzenskälte” vermittelt, als eine ”Sozialpathologie des<br />
Mittelstands” bezeichnet worden. Horváth belegt hier die Anfälligkeit des Spießers.<br />
SLADEK DER SCHWARZE REICHSWEHRMANN<br />
Historie aus dem Zeitalter der Inflation in drei Akten (1929)<br />
3 D, 9 H, 3 DEK UA als Matinee von der ”Aktuellen Bühne”<br />
im Lessing-Theater, Berlin, 13.10.1929<br />
(Neufassung von ”Sladek oder Die schwarze Armee”. UA Kammerspiele München, 26.3.1972)<br />
Nicht mehr bloß als Vergleichsmoment, Hintergrund oder roter Faden, sondern als Grundmotiv erweist<br />
sich die Inflation in diesem Stück. Sladek läßt sich von den falschen, mit Klischees operierenden sozialen<br />
und politischen Verhältnissen der Nachkriegszeit in die Schuld an einem Fememord hineinziehen. Die<br />
schwarze Armee maskiert ihre verbrecherischen Aktionen mit nationalen Motiven, die jedoch nichts als<br />
leere Parolen sind, weil sie längst abgewirtschaftet hat. Sladeks zeitbedingt irregeleitetes<br />
Selbstbewußtsein, das Ich mit der Nation zu identifizieren, wird von dem Vortrupp des Faschismus, den<br />
Landsknechten der schwarzen Reichswehr, zu Mittäterschaft ausgenutzt. Er selbst bekennt angesichts der<br />
Schuld: ”Ich habe nur an die Gerechtigkeit gedacht.” Und er fleht, nicht aus Gründen politischer Einsicht,<br />
sondern nur aus Gründen kreatürlicher Ehrlichkeit: ”Ich bitte, mich als Mensch zu betrachten und nicht als<br />
Zeit.” Doch seine Bitte kommt zu spät. Er wird hingerichtet.<br />
9
Wieso kommt es, daß diese Menschen, die heute nichts mehr haben, statt sich sozialistischen<br />
Gewerkschaftlern, Kommunisten anzuschließen, in die Kreise der schwarzen Reichswehr geraten?<br />
Ödön von Horváth anläßlich des ersten authentischen Berichts über die ”Schwarze Reichswehr” in der<br />
‘Weltbühne’<br />
Da ich die Hauptprobleme der Menschheit in erster Linie von sozialen Gesichtspunkten aus sehe, kam es<br />
mir bei meinem ”Sladek” vor allem darauf an, die gesellschaftlichen Kräfte aufzuzeigen, aus denen dieser<br />
Typus entstanden ist.<br />
Ödön von Horváth über ”Sladek, der schwarze Reichswehrmann”<br />
ITALIENISCHE NACHT<br />
Musikalisches Volksstück in sieben Bildern (1930)<br />
Bühnenmusik von Hans Gal<br />
Arrangements und Musikmaterial von Mathias Spohr<br />
7 D, 14 H, 4 DEK UA Theater am Schiffbauerdamm, Berlin, 20.3.1931<br />
Es geht nicht gegen die Politik, aber gegen die Masse der Politisierenden, gegen die vor allem in<br />
Deutschland sichtbare Versumpfung, den Gebrauch politischer Schlagworte.Ödön von Horváth über<br />
”Italienische Nacht”<br />
Die mit Vereinsmeierei und Streitigkeiten beschäftigten Republikaner in einer süddeutschen Kleinstadt<br />
feiern 1930 ihre ”Italienische Nacht”, und wenn die radikalen jungen Sozialisten nicht gewesen wären, die<br />
gerade von den alten Sozialisten hinausgeschmissen worden sind, so bezögen die Alten von den braunen<br />
Faschisten die Prügel, die sie sich durch ihre selbstgewollte Blindheit verdient haben. Die<br />
Nationalsozialisten veranstalten am gleichen Tag einen ”deutschen Tag” mit SA-Kapelle und<br />
Nachtübung, und der Wirt wartet ungeduldig, daß sie abziehen, damit er von national auf italienisch<br />
umdekorieren kann.<br />
Der selbstzufriedene, autoritäre Stadtrat des Stücks nennt sich zwar Vorsitzender der Republikaner, müßte<br />
jedoch, nach seiner politischen Haltung und Aktivität beurteilt, bereits im untersten politischen<br />
Schulungskurs nachsitzen. Dieser Schützer der Republik verspricht Sicherheit vor den Faschisten, ohne<br />
jedoch irgendeine Sicherheit geben zu können. Unbelehrbar demaskiert er sich selbst mit den<br />
Schlußworten: ”So lange es einen republikanischen Schutzverband gibt, so lange ich die Ehre habe,<br />
Vorsitzender der hiesigen Ortsgruppe zu sein, so lange kann die Republik ruhig schlafen!” Und Martin, der<br />
Funktionär des linken Flügels der Partei, ergänzt trefflich: ”Gute Nacht!”<br />
Entlarvend ist der Blick, mit dem Ödön von Horváth das Krankheitsbild der sterbenden Weimarer Republik<br />
bereits im Jahr 1930 durchleuchtete. In einer süddeutschen Kleinstadt waren die Fronten vorgezeichnet.<br />
Rechts die braune Phalanx der Nazi-Marschierer. Links die strategischen Schwärmer der roten Revolution.<br />
In der Mitte das schwache, korrumpierte Kleinbürgertum.<br />
”Ödön von Horváth besaß die Frechheit, die Nationalsozialisten anzupöbeln. Seine ‘Italienische Nacht’<br />
zeichnet uns als Feiglinge, die durch ein einziges Schimpfwort seitens einer Frau in die Flucht geschlagen<br />
werden können. Wird sich der Ödön noch wundern!”<br />
Rainer Schlösser, ”Völkischer Beobachter”, 14.2.1933<br />
Ich denk jetzt an meinen Abort. Siehst, früher da waren nur so erotische Sprüch an der Wand<br />
dringestanden, hernach im Krieg lauter patriotische und jetzt lauter politische - glaubs mir: solangs<br />
nicht wieder erotisch werden, solang wird das deutsche Wolk nicht wieder gesunden -<br />
Ödön von Horváth, Italienische Nacht<br />
10
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD<br />
Musikalisches Volksstück in drei Teilen (1931)<br />
Bühnenmusik von Hans Gal<br />
Musikmaterial von Wolfram Huber<br />
11 D, 11 H, 8 DEK UA Deutsches Theater, Berlin, 2.11.1931<br />
Eine der herkömmlichen, verlogenen und sentimentalen Geschichten aus dem Wiener Wald wird in ihr<br />
brutal realistisches Gegenteil verkehrt. Marianne, das liebe Mädl aus der Vorstadt, läuft ihrer Verlobung<br />
mit dem Fleischhauer Oskar davon. Sie bekommt ein Kind von Alfred, dem Schuft, und sie werden<br />
todunglücklich im Wiener achtzehnten Bezirk. Alfred gibt das Kind zu seiner Großmutter in die schöne<br />
frische Luft der Wachau, und sie sorgt dafür, daß das Kind stirbt.<br />
Zauberkönig, der hartherzige Vater Mariannes, muß sein verstoßenes Kind im ”Maxim” als nackte<br />
allegorische Figur bei ”lebenden Bildern” wiedererkennen, und ”der Mister”, ein aus Amerika<br />
heimgekehrter Wiener mit heurigenseliger, verkitschter Heimatliebe, der mit Geld nur so um sich wirft, wird<br />
ausgerechnet bei Marianne knausrig und bitterböse und sorgt dafür, daß sie ins Gefängnis kommt.<br />
Die Tabaktrafikantin Valerie hat Alfred an Marianne verloren und tröstet sich nun mit dem zackigen<br />
Jurastudenten Erich, mit dem sich das Deutschland Adolf Hitlers so grotesk wie energisch ankündigt.<br />
Wenn Marianne schließlich doch noch vom Fleischhauer Oskar geheiratet wird, so deshalb, weil das<br />
störende Kind tot ist.<br />
Während Marianne von Oskar geküßt wird, spielt die Großmutter, die am Tod des Kindes schuld ist, auf<br />
ihrer Zither ”Geschichten aus dem Wiener Wald” von Johann Strauß. Nicht die Wendung zum Guten wird<br />
am Ende markiert, sondern die Fortsetzung trostloser Brutalitäten besiegelt.<br />
Als mir Horváth im Sommer des Jahres 1931 sein Stück ”Geschichten aus dem Wiener Wald” übergab, und<br />
ich es gelesen hatte, war ich so fasziniert davon, daß ich sofort beschloß, es auch zu inszenieren. Horváth<br />
hatte der Medusa, die man das Leben nennt, fest ins Auge gesehen und ohne Zittern eigentlich das<br />
dargestellt, was geschieht, in dem, was zu geschehen scheint. Es war eine Wahrhaftigkeit und eine<br />
Unerbittlichkeit in der Darstellung der Beziehungslosigkeit der Menschen zueinander, daß man von einer<br />
großen Roheit sprach, von Zynismus und Ironie; was alles nicht der Fall war. Denn Horváth selbst ist ja<br />
doch ein heiterer Mensch - zwar sehr melancholisch und sehr belastet - gewesen, aber er war ein<br />
Mensch, der absolut nicht mit negativen, sondern nur mit Röntgenaugen das Leben gesehen hat - so wie<br />
es wirklich ist. Heinz Hilpert<br />
Horváth schrieb hier ein Volksstück gegen das Wiener Volksstück.<br />
Erich Kästner, Neue Leipziger Zeitung<br />
Im Deutschen Theater sah ich die Uraufführung seiner ”Geschichten aus dem Wiener Wald” in der<br />
Inszenierung Heinz Hilperts. Ich war hingerissen. Damals kannte ich weder Horváth noch Hilpert persönlich,<br />
indes kannte und liebte ich George Grosz (der, damals in seinen Dreißigern, schon Weltruhm gefunden<br />
hatte). In dem Stück mit dem aggressiv-ironischen Titel wehte etwas vom Geist und der Entlarvungskunst<br />
des ‘preußischen Daumier’ Grosz, nicht ins Wienerische transportiert, sondern auf dem Acker des Wiener<br />
Kleinbürgertums gewachsen - eine skurrilere Schau mit gewissen ‘verwunschenen’ Momenten,<br />
keineswegs aber eine mildere; ein Stück von einem neuartigen bizarren Realismus, der Nestroy nicht<br />
vergessen hatte, übrigens unter einem Meisterregisseur in unvergeßlicher Besetzung gespielt: Carola<br />
Neher, Peter Lorre, Hans Moser, Frida Richard etc.<br />
Ulrich Becher anläßlich der Premiere am 2. November 1931 in Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin<br />
11
KASIMIR UND KAROLINE<br />
Musikalisches Volksstück in drei Akten (1932)<br />
Bühnenmusik von Hans Gal<br />
Arrangements und Musikmaterial von Mathias Spohr<br />
6 D, 11 H, SIM.DEK UA Schauspielhaus Leipzig, 18.11.1932<br />
”Gott, was sind das für Zeiten! Die Welt ist voller Unruhe, alles drunter und drüber, und noch weiß man<br />
nichts Gewisses! Man müßte ein Nestroy sein, um all das definieren zu können, was einem undefiniert im<br />
Wege steht!” Ödön von Horváth<br />
Ob es ein Trauerspiel werden wird oder ein Lustspiel - ich weiß es noch nicht. Ich hab einen<br />
guten Einfall, eine alltägliche Liebesgeschichte. Aber ich seh noch keinen richtigen Schluß.<br />
Soll die Frau sich vergiften oder nicht? Und was mach ich mit dem Mann? Vielleicht wärs<br />
doch besser, wenn sie am Leben bliebe, obwohl ich ein Realist bin. - Ich weiß es noch nicht.<br />
Auf dem Münchner Oktoberfest, das mit Achterbahn und Abnormitäten, mit Zeppelin und Liliputanern<br />
stets aufdringlich, wenn auch melancholisch vorhanden ist, geht die Beziehung zwischen dem<br />
arbeitslosen Kasimir und Karoline, der Kasimir nicht glauben kann, daß sie ihn trotzdem liebt, endgültig<br />
entzwei.<br />
”Sie hat kein schlechtes Herz”, schrieb Alfred Polgar über Karoline, ”man kann sie vielmehr einen guten<br />
Kerl nennen: nur fehlen ihr die sittlichen Grundsätze. Eine negative Eigenschaft, die sie mit sämtlichen<br />
Versuchspersonen des Horváthschen Laboratoriums teilt.” Trauer über verlorene Liebe und Lachen über<br />
die hanebüchenen Klischees, in denen sich diese Trauer ausdrückt, fallen zusammen. Karolines Tragik ist<br />
es, echte Gefühle durch falsche Worte auszudrücken, und wenn sie sich mit Phrasen rechtfertigt, so<br />
drücken diese Phrasen doch auch ihren speziellen Fall genau aus: ”Ich habe es mir halt eingebildet, daß<br />
ich mir einen rosigeren Blick in die Zukunft erringen könnte - und einige Momente habe ich mit allerhand<br />
Gedanken gespielt. Aber ich müßt so tief unter mich hinunter, damit ich höher hinauf kann.”<br />
Auch in diesem Stück entsteht aus der Satire Poesie auf pseudopoetischen Kitsch, Traurigkeit und<br />
Melancholie vermischt mit Zauber und leiser Verzückung aus den abnormen Menschen: Da ist das<br />
Gorillamädchen Juanita, der böse Liliputaner, das kurzsichtige, bebrillte Mädchen, das während der<br />
Hippodrom-Szene auf einem ausgemergelten Pferd an der Rampe vorbereitet. Der Dichter wählt bewußt<br />
den bunt wirbelnden Schauplatz des Münchner Oktoberfestes für sein Stück, repräsentativ als<br />
Sammelplatz für Krankheitssymptome einer Gesellschaftskrise.<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG<br />
Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern (1932)<br />
Ödön von Horváth und Lukas Kristl<br />
5 D, 13 H, 5 DEK UA Theater für 49 am Schottenring, Wien, 13.11.1936<br />
Elisabeth, die in der Anatomie ihren Körper verkaufen will, weil sie 150 Mark für einen<br />
Wandergewerbeschein braucht, werden von einem mitleidigen Präparator, der sie darüber aufklärt, daß<br />
die Anatomie keine Körper lebender Menschen bezahlt, die 150 Mark geliehen. Derselbe Präparator<br />
bringt sie ins Gefängnis, als er erfährt, daß sie geschwindelt hat: sie braucht die 150 Mark dringend, um<br />
die Geldstrafe zu bezahlen, die sie dafür erhalten hat, daß sie ohne Wandergewerbeschein ertappt<br />
worden ist. Auch mit dem Wandergewerbeschein, den ihr eine Firma vorgestreckt hat, ist sie eine<br />
erfolglose Vertreterin. Als ein Polizist, der sie heiraten will und ihr als seiner Braut wöchentlich zwanzig Mark<br />
12
gibt, erfährt, daß sie vorbestraft ist, verläßt er sie. Elisabeth sieht keinen anderen Ausweg mehr, als sich zu<br />
ertränken. Ihr Argument zum Selbstmord lautet: ”Weil ich nichts mehr zum Fressen hab.”<br />
”(...) eines der wohl dichtesten und in der Thematik wie in der Transparenz vielschichtigsten Stücke<br />
Horváths. Es ist ein Zeitstück, ein Gewissensdrama, ein Lehrstück, ein dramatischer Bilderbogen sowie eine<br />
Demonstration von Horváths eigenem tragischen Gesellschaftsbewußtsein. (...) Was zunächst<br />
spießbürgerliche Lokalchronik zu sein scheint, erweist sich schließlich als Totalchronik der gesamten<br />
Gesellschaft. (...)<br />
Elisabeth stirbt den Herztod durch Herzlosigkeit ihrer Umgebung. Sie scheitert an der Dichte, an der<br />
Geschlossenheit der sich zwar menschlich gebenden, tatsächlich aber unmenschlichen Verhältnisse, am<br />
Zynismus der reziprok praktizierten Kardinaltugenden Glaube, Liebe und Hoffnung.”<br />
Walther Huder<br />
Wie bei allen meinen Stücken habe ich mich auch bei diesem kleinen Totentanz befleißigt, es nicht zu<br />
vergessen, daß dieser aussichtslose<br />
Kampf des Individuums auf bestialischen Trieben basiert, und daß also die heroische und feige Art des<br />
Kampfes nur als ein Formproblem der Bestialität, die bekanntlich weder gut noch böse ist, betrachtet<br />
werden darf. Ödön von Horváth<br />
... mit Hedwig Schlichter in der Hauptrolle. Doch außer ein paar Prominenten - wie Ödöns<br />
unzertrennlichem Freund Franz Theodor Csokor, Werfels und Zuckermayers - achtete kaum jemand<br />
darauf. Horváths Arbeit fand damals überhaupt nicht viel Beachtung - wovon er völlig unbeeinflußt<br />
schien. Er schrieb unbeirrt weiter, in den schmutzigen kleinen Weinstuben, die er liebte.<br />
Anläßlich der Uraufführung von ”Glaube Liebe Hoffnung” unter dem Titel ”Liebe, Pflicht und Hoffnung”<br />
schreibt Hertha Pauli<br />
DIE UNBEKANNTE AUS DER SEINE<br />
Komödie in drei Akten und einem Epilog (1933)<br />
8 D, 14 H, 3 DEK UA Volkstheater Linz-Urfahr, 16.9.1947<br />
Erlauben Sie, daß ich in knappen Worten den Fall skizziere: vor einigen Jahrzehnten zog man eine<br />
Mädchenleiche aus der Seine, irgendeine junge Selbstmörderin, also eine ganz alltägliche Begebenheit.<br />
man wußte nichts von ihr, nicht wie sie lebte, wie sie starb, wer sie war, wie sie hieß und warum sie ins<br />
Wasser ging - man hat es auch nie erfahren, und das junge Geschöpf wäre verscharrt worden, sang- und<br />
klanglos, hätte sie nicht zufällig ein junger Bildhauer erblickt, den das unbeschreiblich rätselhafte Lächeln,<br />
das das Antlitz der Leiche überirdisch verklärte, derart anzog, daß er ihr die Totenmaske abnahm. So blieb<br />
uns dies ewige Antlitz mit seinem zarten, göttlich-traurigen Lächeln - und dies Lächeln eroberte die Welt.<br />
Viele Dichter hat die Unbekannte angeregt, aber alle tappen im Dunkeln -.<br />
Ödön von Horváth<br />
Eine rätselhafte Unbekannte versucht, den arbeitslosen Speditionsbeamten Albert von dem geplanten<br />
Einbruch in einen Uhrmacherladen abzubringen, aber Albert hört nicht auf sie. Er erschlägt den<br />
erwachenden Uhrmacher mit einem Wecker. Die Unbekannte lenkt nun den Verdacht auf sich und geht<br />
ins Wasser, aus dem sie - eine Art Undine - gekommen ist.<br />
Im Epilog, Jahre später, kauft die Blumenhändlerin Irene, die Albert geheiratet hat, in einer Buchhandlung<br />
die Totenmaske der Unbekannten aus der Seine, die Albert irgendwie an seine Unbekannte erinnert.<br />
In dieser in Sprache und Milieu elegischen Komödie gelingt es Horváth, dem Symbol der Totenmaske zwei<br />
scheinbar unvereinbare Qualitäten abzugewinnen: die Ironisierung der Kleinbürgersehnsucht und die<br />
scheue Poesie des Märchens vom rettenden Engel. Undine, in Gestalt der Unbekannten, ermöglicht<br />
Albert das kleine Glück.<br />
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DON JUAN KOMMT AUS DEM KRIEG<br />
Schauspiel in drei Akten (1937)<br />
9 D, 1 H, SIM.DEK UA Theater der Courage, Wien, 12.12.1952<br />
Seinem Stück ”Don Juan kommt aus dem Krieg” hat Horváth ein Vorwort vorausgeschickt, in dem es u. a.<br />
heißt: ”Man weiß es nicht, ob Don Juan als historische Person jemals gelebt hat. Fest steht nur, daß es den<br />
Typus Don Juan einstmals gegeben hat, und infolgedessen (eine für Horváth typische Logik) ist es klar,<br />
daß es ihn auch heute noch gibt und immer geben wird. Ich habe es mir erlaubt, einen Don Juan unserer<br />
Zeit zu schildern, weil uns die eigene Zeit immer näher liegt.”<br />
Horváths Don Juan ist, wie der Autor kommentiert, ”der große Verführer, der immer wieder von Frauen<br />
verführt wird”; angezogen werden sie von der ”ausgeprägten metaphysischen Bindung” seiner<br />
Sexualität: in jeder neuen Frau sucht er seine tote Braut. So erlebt er eine Inflation von 35 Frauen,<br />
Varianten von neun Grundtypen, doch gibt es keine Liebesszene, denn ”wirklich geliebt wird er von<br />
keiner”; er sucht die Vollkommenheit, die es auf Erden nicht gibt, ”und die Frauen wollen es ihm, und<br />
auch sich selbst, immer wieder beweisen, daß er alles, was er sucht auf Erden, finden kann”.<br />
Don Juans Weg ist von Anfang an überschattet, ermüdend, freudlos und letztlich die Suche nicht<br />
lohnend. Die von Don Juan ersehnte Vollkommenheit gibt es nur im Tod, den er, zum ”Schneemann”<br />
vereist, finden wird. Horváths Durchbruch zur Metaphysik, die sich in der ”Unbekannten aus der Seine”<br />
schon angedeutet hat und in ”Himmelwärts” auf possenhafte Weise dargestellt wurde, sie wird ihn bis zu<br />
seinem letzten Stück ”Pompeji” nicht mehr verlassen.<br />
”Don Juan” ist vielleicht seine reifste Arbeit bisher ... Ich bin glücklich darüber, denn ich halte viel von<br />
ihm. Allerdings weiß ich nicht, ob er die große Anerkennung noch erleben wird. Aber kommt es darauf<br />
an? Csokor an Bruckner, 4.7.1936<br />
FIGARO LÄSST SICH SCHEIDEN<br />
Komödie in drei Akten (1937)<br />
5 D, 15 H, 7 DEK UA Kleine Bühne des Deutschen<br />
Theaters, Prag, 2.4.1937<br />
Das Stück spielt einige Zeit nach der Hochzeit des Figaro, setzt also das bekannte Schauspiel fort. Graf<br />
Almaviva ist mit Gattin, Kammerdiener Figaro und Kammerzofe Susanne vor der Revolution aus seiner<br />
Heimat geflohen, in der nach der Ermordung des Königs die Gleichheit aller verkündet wurde. Figaro, ein<br />
Findelkind, ist nur seiner Frau Susanne wegen mitgegangen, weil diese ihrer Herrschaft die Treue halten<br />
wollte. Drei Monate später verbringen Graf und Gräfin einen Winterurlaub in einem feudalen Kurort im<br />
Gebirge und vergeuden ihr Geld, obwohl es mit ihrer Herrlichkeit zu Ende geht. Darum will sich Figaro von<br />
ihnen trennen, einen Barbierladen aufmachen, während Susanne, angesteckt von dem herrschaftlichen<br />
Leben, bei dem Grafen bleiben will.<br />
Wiederum ein Jahr später hat Figaro den bestrenommierten Friseursalon in Großhadersdorf, aber<br />
Susannes Wunsch nach einem Kind erfüllt er nicht, die Zeiten dazu seien viel zu schlecht. Weil sie der<br />
verflossenen Herrschaft noch immer nachtrauert, trennt sie sich von dem ”Spießer” Figaro, doch wird sie<br />
von der gräflichen Familie abgewiesen.<br />
Figaro hat sich von Susanne scheiden lassen und ist in das Land seiner Revolution zurückgekehrt; er ist<br />
Schloßverwalter im ehemaligen Besitztum der Almavivas geworden und entlarvt den Betrüger Pedrillo;<br />
betrogen wird also immer: früher waren es die Grafen, jetzt sind es die neuen Bürger. Wieder ein Jahr<br />
später: Susanne ist Kellnerin in einem Nachlokal, ihren Figaro kann sie nicht vergessen. Als die Gräfin<br />
gestorben ist, reist sie mit dem Grafen in ihre Heimat, denn Figaro hat sie gerufen.<br />
14
DER JÜNGSTE TAG<br />
Schauspiel in sieben Bildern (1937)<br />
5 D, 14 H, 5 DEK UA Deutsches Theater, Mährisch-Ostrau, 11.12.1937<br />
Ein in unglücklicher Ehe lebender Bahnhofvorsteher, ein stiller, pflichttreuer Beamter, wird durch eine<br />
junge, lüsterne Wirtstochter ins Unglück gestürzt. Zu spät stellt er die Weiche und der bereits<br />
vorübersausende Eilzug jagt ins Verderben.<br />
Die zur Mitschuldigen gewordene Wirtstochter sagt zu seinen Gunsten aus und der Bahnhofsvorsteher<br />
wird vom Gericht freigesprochen. Aber die Toten des Bahnunglücks ziehen ihn in ihren Bann, und als die<br />
Mitwisserin der Tat ihn nach einiger Zeit erpreßt, bringt er sie um. Von den Toten und den Hütern der<br />
Ordnung in die Enge getrieben, überlegt er, ob er sich nicht vom Viadukt herabstürzen soll, stellt sich aber<br />
dann doch dem Gericht.<br />
Der Bahnhofsvorsteher steht seiner Tat nicht so objektiv gegenüber, daß er sich verurteilt, sich aber auch<br />
nicht freispricht, er überläßt das Urteil dem Jüngsten Gericht, und wie dies aussehen wird, darüber steht<br />
keinem Menschen ein Vorurteil zu.<br />
Horváth zeigt, daß der Mensch in ein Gewebe von psychologischen und gesellschaftlichen Zwängen<br />
eingesponnen ist, und je weiter er diese Motivketten verfolgt, desto undurchschaubarer werden sie.<br />
Der Autor will den Leser zum Nachdenken nicht über die juristische, sondern über die metaphysische<br />
Schuld bringen.<br />
II. DRAMATISIERUNGEN <strong>VON</strong> PROSAWERKEN<br />
UGEND OHNE GOTT<br />
Roman von Ödön von Horváth (1938)<br />
Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, geht die Wahrheit,<br />
und die Lüge kommt.<br />
Jugend ohne Gott<br />
Dramatisiert von Jürg Amann UA Theater am Neumarkt, Zürich, 1993<br />
4 D, 10 H, SIM.DEK (Doppelbesetzung möglich)<br />
Dramatisiert von Traugott Krischke UA Kleines Theater Salzburg, 1994<br />
4 D, 13 H, NR, SIM.DEK (Doppelbesetzung möglich)<br />
Der Roman ”Jugend ohne Gott” erschien 1937 in einem Exil-<strong>Verlag</strong> in Amsterdam, wurde unmittelbar<br />
danach in mehrere Sprachen übersetzt und machte Horváth in kurzer Zeit international bekannt:<br />
Ein junger idealistischer Lehrer erhält einen bedenklichen Beweis für die faschistische Gesinnung seiner<br />
Klasse, als die ihm ihr Mißtrauen ausspricht, weil er gegen Rassentrennung und für die Gleichheit aller<br />
Menschen eintritt. Simplifizierend übernimmt diese ”Jugend ohne Gott” die Ideologie der Erwachsenen.<br />
Vollends zeigt sich die politische Dämonisierung in einem sogenannten Osterlager: Der Lehrer bemüht<br />
sich, einen Diebstahl aufzuklären und wird aus Feigheit in die Vorurteile und ihre verhängnisvollen<br />
Konsequenzen mit hineingezogen. Die Zwistigkeiten der Jugendlichen untereinander kulminieren<br />
schließlich in einem Mord ...<br />
Fast ein Krimi, bis hin zum Mord an einem Schüler und der überraschenden Wendung im Schauprozeß.<br />
Schließlich mehr als ein Krimi, denn es wird weit mehr gezeigt, als nur ein einzelnes Verbrechen. Horváth<br />
zeigt die Krankheit einer Generation: den kalten, anteilnahmslosen Blick der Jungen im Deutschland der<br />
30er Jahre.<br />
15
EIN KIND UNSERER ZEIT<br />
Roman von Ödön von Horváth (1937)<br />
Ödön von Horváth hat das Erscheinen seines letzten Romans nicht mehr erlebt. ”Ein Kind unserer Zeit”<br />
kam erst im September 1938 im Exilverlag Allert de Lange in Amsterdam heraus, dreieinhalb Monate nach<br />
Horváths Tod durch einen herabstürzenden Ast auf den Pariser Champs-Élysées. In Berlin wurde das Werk,<br />
das akribisch und visionär vom Schicksal eines vom Führerstaat allmählich desillusionierten 20jährigen<br />
berichtet, von der Gestapo unverzüglich auf die Liste des ”schädlichen und unerwünschten Schrifttums”<br />
gesetzt. Der Ich-Erzähler, der die perfide, kritisches Denken vernebelnde Sprache des totalitären Systems<br />
verinnerlicht hat, erscheint als typisches Kind einer von Wirtschaftskrise und politischer Instabiltiät<br />
geprägten Epoche.<br />
Jugendarbeitslosigkeit statt Buchdruckerlehre, Kleinkriminalität, Verachtung für den Vater, der in einem<br />
Vorstadtwirtshaus als ”Trinkgeldkuli” schuftet. Erst in der Soldatenuniform gewinnt er Sicherheit und<br />
Selbstwertgefühl. In Identifikation mit den neuen (Expansions-)Idealen der erstarkenden<br />
”Volksgemeinschaft” erfüllt er seine Pflicht bei ”Säuberungsaktionen” gegen die Untermenschen” in<br />
einem überfallsartig annektierten Land. Krieg läßt sich eben nicht mit ”Glacéhandschuhen” führen, auch<br />
wenn dabei Frauen und Kinder dran glauben müssen. Zweifel erwachen erst, als es für den zum Krüppel<br />
Geschossenen mit der Soldatenherrlichkeit zu Ende ist und er neuerlich als Ausgegrenzter den von<br />
vornherein verlorenen Kampf ums tägliche Überleben wieder aufnehmen muß, bis den - mehr<br />
situationsbedingt als geplant - zum Mörder gewordenen Obdachlosen im nächtlichen Schneegestöber<br />
der Tod erwartet. Horváths Sprache, die stellenweise beängstigend bekannt klingt, wird zur<br />
unüberhörbaren Mahnung, die nicht nur das geistige Klima der Zwischenkriegszeit betrifft.<br />
Wiener Zeitung, 10.12.1996<br />
Dramatisiert von Traugott Krischke<br />
Monolog für einen Schauspieler<br />
DAS FRÄULEIN POLLINGER<br />
Nach dem Romanfragment „Die Geschichte der Agnes Pollinger“<br />
von Ödön von Horváth<br />
Dramatisiert von Traugott Krischke<br />
(Neufassung von ”Geschichten der Agnes Pollinger”. UA Volkstheater Wien, 9.11.73)<br />
1 D, 1 H, 1 Pianist, SIM.DEK UA Theater ü. d. Landtag,<br />
München, 9.12.1982<br />
Wirtschaftskrise in Deutschland 1928. Massenarbeitslosigkeit grassiert. Betriebe schließen. Hitler macht<br />
bereits Stimmung gegen Juden und Sozialisten. Vor diesem Szenario gerät die 21-jährige Schneiderin<br />
Agnes Pollinger in den Strudel des sozialen Abstiegs. Hunger und Not treiben sie in die Arme von Männern,<br />
die ihr den Aufstieg in bessere Kreise versprechen. Es versteht sich von selbst, daß vom Fräulein<br />
Dankbarkeit erwartet wird. Und sie fügt sich ihrem Schicksal.<br />
Alle männlichen Rollen werden in dieser Fassung von einem Schauspieler dargestellt, das Männliche als<br />
die eine Gestalt des Leidensweges der Agnes Pollinger. Die immer gleiche erpresserische Forderung nach<br />
sexueller Verfügbarkeit, die immer gleiche Strategie der Ausbeutung.<br />
Diese Fassung der ”Geschichten der Agnes Pollinger” basiert auf Ödön von Horváths Roman<br />
”Sechsunddreißig Stunden” und Teilen des Romans ”Der ewige Spießer”, sowie einigen Fragmenten aus<br />
dem Nachlaß.<br />
Programmheft experiment, theater am liechtenwerd, Wien<br />
16
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD<br />
Opernfassung<br />
Musik von Miro Belamaric<br />
UA Badisches Staatstheater Karlsruhe, 4.4.1993<br />
Musikrechte bei Thomas Sessler <strong>Verlag</strong>, Wien<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG<br />
Opernfassung<br />
Musik von Gerhard Schedl<br />
UA Landestheater Salzburg, 20.11.1993<br />
Musikrechte bei Musikhaus Doblinger, Wien<br />
FIGARO LÄSST SICH SCHEIDEN<br />
Opernfassung<br />
Musik von Giselher Klebe<br />
UA Hamburg, 28.7.1963<br />
Musikrechte bei Bote & Bock, Berlin<br />
DER JÜNGSTE TAG<br />
Opernfassung<br />
Musik von Giselher Klebe<br />
UA Mannheim, 12.7.1980<br />
Musikrechte bei Bärenreiter <strong>Verlag</strong>, Kassel<br />
POMPEJI<br />
Opernfassung<br />
Musik von Horst Ebenhöh<br />
UA frei<br />
Musikrechte bei Thomas Sessler <strong>Verlag</strong>, Wien<br />
III. HORVÁTH VERTONT<br />
IV. ZEITTAFEL<br />
<strong>ÖDÖN</strong> <strong>VON</strong> HORVÁTH<br />
1901 9. Dezember: Edmund (Ödön) Josef von Horváth wird als erster Sohn des Diplomaten Dr.<br />
Edmund Josef von Horváth (1874 - 1950) und Maria Hermine geb. Prehnal (1882 - 1959) in Susak,<br />
einem Vorort von Fiume, geboren.<br />
1902 Sommer: Übersiedlung nach Belgrad.<br />
1903 6. Juli: Bruder Lajos von Horváth in Belgrad geboren (gest. 1968).<br />
1908 Übersiedlung nach Budapest. Erster Unterricht in ungarischer Sprache durch einen Hauslehrer.<br />
1909 Dr. Horváth wird nach München versetzt. Ödön von Horváth bleibt in Budapest und besucht<br />
dort das Rákóczianum (Erzbischöfliches Internat). Intensive religiöse Erziehung.<br />
1913 -<br />
14<br />
Ödön von Horváth wird zu seinen Eltern nach München geholt, besucht dort die dritte Klasse<br />
des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums und wechselt dann in das Realgymnasium in der Klenzestraße.<br />
Ernste Differenzen mit dem Religionslehrer Dr. Heinzinger, die jahrelang wirksam bleiben,<br />
schlagen sich später auch in seinem Werk nieder.<br />
1915 Dr. Horváth wird von der Front wieder abberufen und nach München beordert.<br />
1916 Übersiedlung nach Preßburg. Erste Zeugnisse ”schriftstellerischer” Versuche in Form von<br />
Gedichten, von denen eines (Luci in Macbeth. Eine Zwerggeschichte von Ed. v. Horváth)<br />
17
erhalten ist; von anderen ”Gelegenheitsdichtungen” (Professoren in der Unterwelt u. a.)<br />
berichten Freunde aus der Jugendzeit.<br />
1918 Vor Kriegsende wird Dr. von Horváth nach Budapest berufen. Dort stößt Ödön von Horváth zu<br />
einem Kreis junger Leute (Galilei-Kreis), die mit Begeisterung die national-revolutionären Werke<br />
von Endre Ady lesen. Starkes Interesse an den machtpolitischen Kämpfen in Budapest.<br />
1919 Frühjahr: Dr. Horváth wird nach München versetzt. Ödön von Horváth kommt in die Obhut eines<br />
Onkels nach Wien und besucht dort das Privatgymnasium der Salvatorianer.<br />
Sommer: Abitur in Wien; anschließend Übersiedlung nach München.<br />
Herbst: Immatrikulation an der Ludwig-Maximilian-Universität in München (bis zum<br />
Wintersemester 1921/22).<br />
1920 Begegnung mit Siegfried Kallenberg in München; auf dessen Anregung hin entsteht Das Buch<br />
der Tänze.<br />
1922 Das Buch der Tänze erscheint im El Schahin-<strong>Verlag</strong>, München, in einer Auflage von 500<br />
Exemplaren; später (1926) kauft Ödön von Horváth die Restauflage mit Hilfe seines Vaters auf<br />
und vernichtet sämtliche erreichbaren Exemplare.<br />
7. Februar: Das Buch der Tänze wird zusammen mit dem Buch der frühen Weisen und Aus einem<br />
Herbst im Steinicke-Saal in München konzertant aufgeführt. Es ist dies der ”Erste Literarischmusikalische<br />
Abend der Kallenberg-Gesellschaft”. Weitere schriftstellerische Versuche;<br />
vermutliche Entstehungszeit von Ein Epilog und der ”romantischen Novelle” Amazonas.<br />
um<br />
1923<br />
Ödön von Horváth zieht in das Landhaus seiner Eltern nach Murnau. Intensive schriftstellerische<br />
Arbeit, doch vernichtet er fast alle seine Manuskripte. Mutmaßliche Entstehungszeit des<br />
Fragments Dósa und des Schauspiels Mord in der Mohrengasse, aus dem einzelne Motive in<br />
späteren Volksstücken wieder auftauchen. Neben kurzen Prosaskizzen Niederschriften der<br />
Sportmärchen, die – 1924 und später - in verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen gedruckt<br />
werden.<br />
1924 26. März: Anläßlich des ”Dritten Literarisch-musikalischen Abends der Kallenberg-Gesellschaft”<br />
gelangen wiederum Texte Horváths vor die Öffentlichkeit. Außer der Geschichte einer kleinen<br />
Liebe und dem Ständchen (mit der Musik Siegfried Kallenbergs) auch noch Horváths Schlaf<br />
meine kleine Braut, das verschollen ist.<br />
Im Herbst unternimmt Ödön von Horváth gemeinsam mit seinem Bruder Lajos eine<br />
mehrwöchige Paris-Reise; danach faßt er den Entschluß, sich in Berlin niederzulassen.<br />
1926 20. Februar: Das Buch der Tänze wird am Stadttheater Osnabrück uraufgeführt.<br />
Mutmaßliche Entstehungszeit des Volksstücks Revolte auf Côte 3018 und der Komödie Zur<br />
schönen Aussicht.<br />
1927 Im Büro der ”Deutschen Liga für Menschenrechte” in Berlin sichtet Horváth Unterlagen für eine<br />
Denkschrift zur Justizkrise; dort stößt er auf Material über die Fememorde der schwarzen<br />
Reichswehr.<br />
Vermutliche Entstehungszeit des fragmentarischen Schauspiels, das sich mit dem Fall Ella Wald<br />
befaßt.<br />
4. November: Revolte auf Côte 3018 wird in Hamburg uraufgeführt. Nach der Uraufführung<br />
arbeitet Horváth sein Volksstück um und gibt ihm den Titel Die Bergbahn.<br />
1928 Die Historie Sladek oder Die schwarze Armee arbeitet Horváth um und gibt der Neufassung den<br />
Titel Sladek der schwarze Reichswehrmann.<br />
1929 4. Januar: Die Bergbahn wird in Berlin uraufgeführt.<br />
11. Januar: Der Ullstein-<strong>Verlag</strong> schließt mit Horváth auf ein Jahr einen Vertrag, der ihm<br />
monatlich 300 Mark zusichert, als Vorschuß auf die ”gesamte schriftstellerische Produktion an<br />
dramatischen, erzählenden und lyrischen Werken”. Der Vertrag wurde dann später verlängert<br />
und ab 1931 auf 500 Mark erhöht.<br />
Unter Verwendung eines früheren Entwurfs mit dem Titel Ein Fräulein wird verkauft entsteht die<br />
Posse Rund um den Kongreß. Das erste Kapitel eines Romans Herr Reithofer wird selbstlos bildet<br />
die Grundlage zum Ewigen Spießer. Auch die Geschichten der Agnes Pollinger werden weiter<br />
18
ausgearbeitet, wobei das Konzept eines Romans einer Kellnerin mit den Titeln Ursula und<br />
Charlotte Verwendung findet. Mutmaßliche Entstehungszeit des Romanentwurfs Der<br />
Mittelstand.<br />
13. Oktober: Sladek der schwarze Reichswehrmann gelangt in einer Matinee-Vorstellung zur<br />
Uraufführung und provoziert heftige Angriffe der Nationalsozialisten.<br />
Horváth unternimmt eine Spanienreise, deren Erlebnisse sich später im ersten Teil des Romans<br />
Der ewige Spießer niederschlagen.<br />
1930 Horváth beendet den Roman Der ewige Spießer und übergibt ihn dem Propyläen-<strong>Verlag</strong>, in<br />
dessen Theaterabteilung - Arcadia - auch seine Stücke erscheinen.<br />
Mehrere Autorenabende, u. a. auch in München.<br />
Personen und Vorgänge aus seinem Erlebnisbereich schlagen sich in dem Volksstück<br />
Italienische Nacht nieder.<br />
1931 20. März: Italienische Nacht wird in Berlin uraufgeführt.<br />
4. Juli: Oskar Sima inszeniert in Wien eine entpolitisierte Fassung der Italienischen Nacht.<br />
Anläßlich dieser Premiere erklärt Horváth, daß er ”soeben” die Geschichten aus dem Wiener<br />
Wald abgeschlossen habe, an denen er lange Zeit gearbeitet hatte.<br />
22./23. Juli: In Weilheim wird Horváth bei einem Saalschlacht-Prozeß als Zeuge vernommen und<br />
von den Nationalsozialisten heftig angegriffen.<br />
Herbst: Auf Vorschlag von Carl Zuckmayer erhält Ödön von Horváth - zusammen mit Erik Reger<br />
- den Kleist-Preis.<br />
2. November: Die Uraufführung von Geschichten aus dem Wiener Wald am Deutschen Theater<br />
in Berlin wird zu einem entscheidenden Erfolg. Max Reinhardt regt Ödön von Horváth und R. A.<br />
Stemmle an, eine Ausstattungsrevue Magazin des Glücks zu schreiben, an der auch Walter<br />
Mehring mitarbeiten soll. Mehrere Entwürfe entstehen, werden aber nicht mehr ausgearbeitet.<br />
Das Volksstück Kasimir und Karoline wird noch im selben Jahr abgeschlossen.<br />
1932 Februar: Begegnung mit Lukas Kristl in München, der Horváth die Anregung zu einem Stück<br />
über ”die Kleinen Paragraphen” gibt; Glaube Liebe Hoffnung wird aufgrund eines<br />
authentischen Vorfalls konzipiert und mehrfach umgearbeitet.<br />
Autorenlesungen (in München) und ein Interview im Bayrischen Rundfunk (5. April) belegen<br />
Horváths wachsende Popularität.<br />
18. November: Uraufführung von Kasimir und Karoline in Leipzig und eine Woche später – in<br />
derselben Inszenierung - in Berlin. Horváth sieht sich veranlaßt, eine Gebrauchsanweisung für<br />
seine Stücke zu konzipieren.<br />
Der Vertrag zwischen Ullstein und Horváth wird ”auf Grund gegenseitigem freundschaftlichen<br />
Übereinkommens” gelöst.<br />
1933 Heinz Hilpert wird von den Nationalsozialisten gezwungen, Glaube Liebe Hoffnung von Ödön<br />
von Horváth, das er zur Uraufführung angenommen hatte, abzusetzen. Auch andere geplante<br />
Aufführungen von Horváths Werken an deutschen Bühnen finden nicht mehr statt.<br />
In Murnau wird das Haus der Eltern Horváths von einem SA-Trupp durchsucht. Der ungarische<br />
Gesandte protestiert. Ödön von Horváth verläßt Deutschland, fährt nach Salzburg und<br />
anschließend nach Wien.<br />
Die Unbekannte aus der Seine entsteht.<br />
Um die ungarische Staatsbürgerschaft zu behalten, muß Horváth nach Budapest reisen. Dieses<br />
Erlebnis schlägt sich in der Posse Hin und Her nieder.<br />
27. Dezember: Ödön von Horváth heiratet in Wien die Sängerin Maria Eisner. Am 2. September<br />
1934 wird die Ehe wieder geschieden.<br />
1934 Die in Wien geplante Uraufführung von Die Unbekannte aus der Seine kommt nicht zustande.<br />
Horváth reist wieder nach Berlin. Seine Eindrücke finden sich wieder in dem Entwurf und den<br />
Szenen von Der Lenz ist da! Ähnliche Motive werden dann auch in dem Roman Jugend ohne<br />
Gott verwendet. In Berlin gewinnt Horváth Anschluß an die Filmindustrie, entwickelt mehrere<br />
Stoffe, schreibt Film-Dialoge und adaptiert Themen wie Kean und Brüderlein fein! Die meisten<br />
Unterlagen aus dieser Zeit sind nicht mehr auffindbar; berichtet wird von Exposés unter dem<br />
Titel Kuß im Parlament und Pässe nach Deutschland. Später distanziert sich Horváth von seiner<br />
Filmarbeit.<br />
Unter Verwendung früherer Motive entsteht das ”Märchen” Himmelwärts, das ein Berliner<br />
Bühnenvertrieb noch im selben Jahr übernimmt, aber in Deutschland nicht mehr placieren<br />
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kann. Unter demselben Titel entstehen mehrere Entwürfe anderen Inhalts, u. a. auch ein Roman<br />
(Ludwig Schlamperl). Die Nationalsozialisten leiten neue Untersuchungen gegen Ödön von<br />
Horváth ein.<br />
13. Dezember: Uraufführung von Hin und Her in Zürich. Horváth nimmt diese Gelegenheit wahr,<br />
zusammen mit der Berliner Schauspielerin Wera Liessem Deutschland zu verlassen.<br />
1935 Mehrere Pläne, Skizzen und Fragmente aus dem Themenbereich ”Flucht aus der Gegenwart”<br />
entstehen. Gemeinsam mit seinem Bruder Lajos faßt er den Plan zu einem bebilderten Brief-<br />
Roman mit dem Titel Die Reise ins Paradies. Als Auftragsarbeit des Max Pfeffer-<strong>Verlag</strong>es schreibt<br />
Horváth das Lustspiel Mit dem Kopf durch die Wand, das er selbst mehrmals umarbeitet, aber<br />
nach der Uraufführung in Wien (10. Dezember) endgültig verwirft.<br />
1936 Das Schauspiel Der jüngste Tag wird abgeschlossen und in rascher Folge, zum Teil auf frühere<br />
Entwürfe zurückgreifend, entstehen die Stücke Figaro läßt sich scheiden und Don Juan kommt<br />
aus dem Krieg. Während dieser Zeit hält sich Horváth vornehmlich in Wien und in Henndorf bei<br />
Salzburg auf. Als er im August seine Eltern in Possenhofen besucht, wird ihm mitgeteilt, daß ihm<br />
die Aufenthaltserlaubnis entzogen sei und er binnen 24 Stunden Deutschland zu verlassen<br />
habe.<br />
13. November: Glaube Liebe Hoffnung wird unter dem Titel Liebe Pflicht und Hoffnung in Wien<br />
uraufgeführt.<br />
1937 Horváth distanziert sich von fast allen seinen bisherigen Bühnenstücken und faßt den Entschluß,<br />
ein Komödie des Menschen zu schreiben. Entstanden sind inzwischen das Lustspiel Ein Dorf<br />
ohne Männer und die Komödie eines Erdbebens Pompeji, die einzigen beiden Stücke, die<br />
Horváth bereit ist, seiner Komödie des Menschen zu integrieren.<br />
In Henndorf bei Salzburg beendet Horváth den Roman Jugend ohne Gott.<br />
2. April: Uraufführung von Figaro läßt sich scheiden in Prag.<br />
24. September: Uraufführung von Ein Dorf ohne Männer in Prag.<br />
Im Herbst erscheint bei Allert de Lange in Amsterdam der Roman Jugend ohne Gott und wird<br />
ein außerordentlicher Erfolg; zahlreiche ausländische Agenturen erwerben Übersetzungsrechte.<br />
Horváth beginnt seinen nächsten Roman Ein Kind unserer Zeit.<br />
5 Dezember: Uraufführung von Himmelwärts (in einer Bearbeitung) als Matinee-Vorstellung in<br />
Wien.<br />
11. Dezember: Uraufführung von Der jüngste Tag in Mährisch-Ostrau. Bis zum Jahresende wird<br />
der letzte Roman Horváths Ein Kind unserer Zeit abgeschlossen und vom Allert de Lange <strong>Verlag</strong><br />
übernommen.<br />
1938 Starke Depressionen, Unzufriedenheit im Künstlerischen, verstärkt durch finanzielle Sorgen,<br />
hindern Horváth an der Verwirklichung weiterer Pläne. Von dem Romankonzept Adieu Europa!<br />
entstehen nur wenige – ständig variierte - Seiten.<br />
März: Flucht seiner Freunde - Walter Mehring nach Zürich, Hertha Pauli nach Paris, Franz<br />
Theodor Csokor nach Polen.<br />
12./13. März: Auch Horváth verläßt Wien und folgt einer Einladung von Lajos Hatvany nach<br />
Ofen.<br />
30. März: Horváth besucht die Schauspielerin Lydia Busch in Teplitz-Schönau, bleibt dort bis in<br />
die zweite Aprilhälfte, will von Prag aus nach Amsterdam fliegen, läßt diesen Plan jedoch<br />
wieder fallen.<br />
Anfang Mai: Über Budapest - Jugoslawien - Triest - Venedig und Mailand fährt Horváth nach<br />
Zürich.<br />
18. Mai: Ankunft in Brüssel, Weiterreise nach Amsterdam.<br />
28. Mai: Ankunft in Paris zu Besprechungen mit Armand Pierhal, dem Übersetzer von Jugend<br />
ohne Gott und Ein Kind unserer Zeit, und Robert Siodmak, der Jugend ohne Gott verfilmen will.<br />
1. Juni: Treffen mit Robert Siodmak. Horváth hat die Absicht, am nächsten Morgen nach Zürich<br />
zu reisen. Gegen 19.30 Uhr wird Ödön von Horváth durch einen stürzenden Ast gegenüber dem<br />
Théâtre Marigny getötet.<br />
7. Juni: Ödön von Horváth wird auf dem Friedhof St. Ouen, im Norden von Paris, bestattet.<br />
8. Dezember: Im Salle d’Lena in Paris findet eine Gedenkfeier für Ödön von Horváth mit Glaube<br />
Liebe Hoffnung statt.<br />
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Ein Dichtertod<br />
von Klaus Mann<br />
Die Nachricht, daß Ödön von Horváth in Paris von einem Baum erschlagen worden ist, klang<br />
zunächst so finster kraß, absurd und unwahrscheinlich, daß es schwer fiel, sie für wahr zu halten. Seit<br />
wann stürzen Bäume auf den Champs-Élysées und zerschmettern vorüberschlendernden Dichtern<br />
das Haupt? Sind wir denn schon mitten drin im Weltuntergang? Suchen sich die Gewitterstürme<br />
dieses gefahrenschwangeren Sommers ihre Opfer mit diabolischer Sicherheit unter unseren Besten?<br />
- Denn Ödön von Horváth ist einer unserer Besten gewesen.<br />
Er war ein Dichter, nur wenige verdienen diesen Ehrennamen. Die Atmosphäre echter Poesie war in<br />
jedem Satz, den er geschrieben hat, und sie war auch um seine Person, war in seinem Blick, seiner<br />
Rede. Er hatte eine merkwürdige langsame, etwas träge, zugleich schläfrige und eindringliche Art<br />
des Sprechens. Mit einem Lächeln, das kindlich aber nicht ganz ohne Grausamkeit war, liebte er<br />
es, wunderliche und schreckliche Geschichten vorzutragen - Geschichten, in denen seltsame<br />
Krüppel oder groteske Unglücksfälle, komische, ausgefallene, fürchterliche Begebenheiten ihre<br />
Rolle spielten. Er sah aus, wie ein gemütlicher Mann, der gern ißt und trinkt und mit Freunden<br />
plaudert. Er aß und trank auch gern, und er plauderte gern mit Freunden. Freilich waren seine<br />
Plaudereien von solcher Art, daß es den Freunden zuweilen eiskalt den Rücken herunterlief. Er war<br />
verliebt ins Unheimliche; aber durchaus nicht spielerischer, ästhetizistischer, literarischer Weise;<br />
vielmehr war das Unheimliche, war das Dämonische in ihm, als ein Element seines Wesens. In seiner<br />
poetischen Produktion wie in seiner Natur trafen sich zärtliche und naive, lyrisch heitere<br />
Stimmungen aufs reizvollste und originellste mit den finsteren, den dämonischen Zügen...<br />
V. FILMOGRAPHIE<br />
<strong>ÖDÖN</strong> <strong>VON</strong> HORVÁTH<br />
FILME, THEATERAUFZEICHNUNGEN, TV<br />
TITEL PROD./JAHR REGIE, BEMERKUNGEN<br />
BUCHHALTER SCHNABEL =<br />
EIN JUNGER HERR AUS<br />
OXFORD<br />
Ö 1935 Kinofilm; Drehbuch unter "H. W. Becker"<br />
R: J. A. Hübler-Kahla<br />
DAS EINMALEINS DER LIEBE D 1935 Kinofilm; Drehbuch-Bearbeitung unter Becker<br />
R: Carl Hoffmann<br />
DIE POMPADOUR Ö 1935 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Willy Schmidt-Gentner, Heinz Helbig, Paul Hörbiger<br />
FIAKERLIED = FAHR'N MA,<br />
EUER GNADEN = SERVUS<br />
WIEN<br />
DAS HERMÄNNCHEN = NEE,<br />
NEE, WAS ES NICH' ALLES<br />
GIBT<br />
D 1936 Kinofilm; Drehbuch & Idee<br />
R: E. W. Emo<br />
D 1936 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Heinz Paul<br />
RENDEZVOUS IN WIEN Ö 1936 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Viktor Janson<br />
21
PETER IM SCHNEE Ö 1937 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Carl Lamac, Paul Hörbiger<br />
DER PFARRER <strong>VON</strong><br />
KIRCHFELD<br />
Ö 1937 Kinofilm; Drehbuch<br />
R: Jakob und Luise Fleck<br />
DISKRETION - EHRENSACHE D 1938 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Johannes Meyer<br />
SEITENSPRÜNGE D 1940 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Alfred Stöger<br />
IHR PRIVATSEKRETÄR D 1940 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Charles Klein<br />
DER KLEINSTADTPOET =<br />
VERKANNTE BEKANNTE<br />
HIN UND HER = DER WIND<br />
HAT MEINE EXISTENZ<br />
VERWEHT<br />
UND FÜHRE UNS NICHT IN<br />
VERSUCHUNG<br />
D 1940 Kinofilm; Drehbuch unter Becker<br />
R: Josef von Baky<br />
Ö 1947/50 Kinofilm; Originalstoff<br />
R: Theo Lingen<br />
D 1957 Kinofilm; Originalstoff<br />
R: Rolf Hansen<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG SDR 1958 Fernsehspiel; Originalstoff<br />
R: Franz Peter Wirth<br />
KASIMIR UND KAROLINE BR 1959 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
DER JÜNGSTE TAG ORF 1960 Fernsehspiel; Originalstoff<br />
R: Erich Neuberg<br />
GESCHICHTEN AUS DEM<br />
WIENERWALD<br />
ORF 1961 Fernsehspiel; Originalstoff<br />
R: Erich Neuberg<br />
DER JÜNGSTE TAG BR 1961 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
DON JUAN KOMMT ZURÜCK WDR 1963 Fernsehfilm; Originalstoff ("Don Juan kommt aus dem Krieg")<br />
R: Kurt Wilhelm<br />
HIN UND HER WDR 1963 Fernsehfilm<br />
R: Otto Schenk, Kurt Wilhelm<br />
EIN DORF OHNE MÄNNER ZDF 1963 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Axel Corti<br />
GESCHICHTEN AUS DEM<br />
WIENERWALD<br />
FIGARO LÄSST SICH<br />
SCHEIDEN<br />
BR 1964 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
ZDF 1965 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
TV-Bearbeitung: Traugott Krischke<br />
R: Günther Fleckenstein<br />
ITALIENISCHE NACHT BR 1966 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
DIE UNBEKANNTE AUS DER<br />
SEINE<br />
BR 1968 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
22
DON JUAN REVIENT DE<br />
GUERRE - Don Juan kommt<br />
aus dem Krieg<br />
WIE ICH EIN NEGER WURDE D 1969<br />
(gezeigt im<br />
ZDF)<br />
F 1968 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
Prod: ORTF<br />
R: Marcel Cravenne<br />
Kinofilm; Romanvorlage ("Jugend ohne Gott")<br />
P, R: Roland Gall<br />
EIN DORF OHNE MÄNNER BR 1969 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG ORF/Neue<br />
Thalia 1969<br />
Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Herbert Fuchs<br />
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT ORF 1970 TV-Aufzeichnung aus dem Grazer Schauspielhaus<br />
Inszenierung: Gerald Szyszkowitz<br />
Bildregie: Hermann Lanske<br />
NUR DER FREIHEIT GEHÖRT<br />
UNSER LEBEN<br />
ZDF 1970 Fernsehspiel; Romanvorlage ("Jugend ohne Gott")<br />
R: Eberhard Itzenplitz<br />
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT SDR 1972 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Hans Hollmann<br />
CASIMIR ET CAROLINE -<br />
Kasimir und Karoline<br />
F 1973 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Jean-Pierre Dougnac, Henri Carrier<br />
DIE BERGBAHN ORF 1975 TV-Aufzeichnung vom Theater im Künstlerhaus, Wien (Die<br />
Komödianten)<br />
Inszenierung: Gerhard Jax<br />
Bildregie: Georg Madeja<br />
SLADEK ODER DIE<br />
SCHWARZE ARMEE<br />
LA FOI, L’ESPERANCE ET LA<br />
CHARITE - Glaube Liebe<br />
Hoffnung<br />
GESCHICHTEN AUS DEM<br />
WIENERWALD<br />
SFB 1976 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Oswald Döpke<br />
F 1977 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
Prod: TF1<br />
R: Yvon Davis, Bernard Rothstein<br />
D/Ö 1978 Kinofilm; Originalstoff<br />
R: Maximilian Schell<br />
KASIMIR UND KAROLINE ORF 1979 TV-Aufzeichnung aus dem Theater in der Josefstadt<br />
Inszenierung: Fritz Zecha<br />
Bildregie: C. Rainer Ecke<br />
DIE UNBEKANNTE AUS DER<br />
SEINE<br />
ORF 1980 TV-Aufzeichnung v. Theater in der Josefstadt, Wien<br />
Inszenierung: Fritz Zecha<br />
Bildregie: C. Rainer Ecke<br />
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG BR 1980 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
R: Michael Kehlmann<br />
SECHSUNDDREISSIG<br />
STUNDEN<br />
ORF/BR 1981 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
Buch: Traugott Krischke<br />
R: Georg Madeja<br />
EIN DORF OHNE MÄNNER ORF 1981 TV-Aufzeichnung von Schloßfestspielen Kobersdorf<br />
Inszenierung: Fritz Zecha<br />
Bildregie: Zoltan Pataky<br />
23
FIGARO LÄSST SICH<br />
SCHEIDEN<br />
DON JUAN KOMMT AUS DEM<br />
KRIEG<br />
ORF 1981 TV-Aufzeichnung Th.i.d.Josefstadt<br />
Inszenierung: Dietrich Haugk<br />
Bildregie: C.R. Ecke<br />
ORF 1982<br />
(Erstsendung<br />
1984)<br />
TV-Aufzeichnung aus dem Wiener Akademietheater<br />
Inszenierung: Rudolf Jusits<br />
Bildregie: C.R. Ecke<br />
DER JÜNGSTE TAG WDR 1984 TV-Aufzeichnung aus den Ver. Städt. Bühnen Krefeld-<br />
Mönchengladbach<br />
R: Joachim Fontheim<br />
DER EWIGE SPIESSER ZDF 1985 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
ITALIENISCHE NACHT ORF 1986 TV-Aufzg. v. Schauspielhaus Graz<br />
Inszenierung: Fritz Zecha<br />
Bildregie: Claus Homschak<br />
(EIN LEBEN OHNE GELÄNDER<br />
- <strong>ÖDÖN</strong> <strong>VON</strong> <strong>HORVATH</strong>)<br />
ORF/Satel<br />
1986<br />
Biographischer Fernsehfilm<br />
Buch: Traugott Krischke<br />
R: Georg Madeja<br />
DER JÜNGSTE TAG ORF 1988 Fernsehspiel; Originalstoff<br />
R: Walter Davy<br />
JUGEND<br />
OHNE GOTT<br />
DDR 1989/90 Kinofilm (eine der letzten Defa-Produktionen der DDR!);<br />
Originalstoff<br />
R: Michael Knof<br />
DER JÜNGSTE TAG ORF 1991 TV-Aufzeichnung eines Gastspiels des Kölner<br />
Schauspielhauses am Wiener Volkstheater (Co-Produktion<br />
mit Wr. Festwochen)<br />
Inszenierung: Günter Krämer<br />
Bildregie: C. Rainer Ecke<br />
AOÛT - Kasimir und Karoline Arte 1992 Kinofilm; Originalstoff<br />
Prod: Les Productions Lazennec<br />
R: Henri Herré<br />
LEGENDES DE LA FORET<br />
VIENNOISE - Geschichten<br />
aus dem Wienerwald<br />
UNE JEUNESSE SANS DIEU -<br />
Jugend ohne Gott<br />
Arte 1993 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
Prod: Agat Films & Cie<br />
R: André Engel<br />
Arte 1996 Fernsehfilm; Originalstoff<br />
Prod: Ellipse/La Sept.Arte<br />
R: Cathérine Corsini<br />
24
THEATERSTÜCKE<br />
Dósa (Fragment), 1923. Ein Epilog, 1923. Mord in der Mohrengasse, 1923. Zur schönen Aussicht,<br />
1926. Die Bergbahn, 1926. Sladek, der schwarze Reichswehrmann, 1928. Rund um den Kongreß,<br />
1929. Italienische Nacht, 1930. Der Fall E., 1930. Geschichten aus dem Wiener Wald, 1931.<br />
Entwürfe für eine Revue Magazin des Glücks, 1931. Kasimir und Karoline, 1931. Glaube Liebe<br />
Hoffnung, 1932. Die Unbekannte aus der Seine, 1933. Hin und Her, 1933. Himmelwärts, 1934. Mit<br />
dem Kopf durch die Wand, 1935. Don Juan kommt aus dem Krieg, 1936. Figaro läßt sich<br />
scheiden, 1936. Der jüngste Tag, 1936. Ein Dorf ohne Männer, 1937. Pompeji, 1937.<br />
PROSA<br />
Sportmärchen, 1923. Sechsunddreißig Stunden, 1929. Der ewige Spießer, 1930. Jugend ohne<br />
Gott, 1937. Ein Kind unserer Zeit, 1937.<br />
Außerdem:<br />
Lieder für Siegfried Kallenberg, 1924. Das Buch der Tänze, 1920. Das Buch der frühen Weisen,<br />
1922. Aus einem Herbst, 1922. Kleine Prosaskizzen, autobiographische Notizen, Verse, Lieder.<br />
Die Gesammelten Werke, herausgegeben von Traugott Krischke und Dieter Hildebrandt, sind im<br />
Suhrkamp <strong>Verlag</strong> erschienen.<br />
Ödön von Horváths letztes Gedicht 1938<br />
Und die Leute werden sagen<br />
In fernen blauen Tagen<br />
Wird es einmal recht<br />
Was falsch ist und was echt<br />
Was falsch ist, wird verkommen<br />
Obwohl es heut regiert.<br />
Was echt ist, das soll kommen -<br />
Obwohl es heut krepiert.<br />
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