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Bedeutung der Tränkewassermenge und –qualität für Milchvieh

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Einleitung<br />

<strong>Bedeutung</strong> <strong>der</strong> <strong>Tränkewassermenge</strong> <strong>und</strong> <strong>–qualität</strong> <strong>für</strong> <strong>Milchvieh</strong><br />

Isabelle Dufrasne - Service de Nutrition, Faculté de Médecine Vétérinaire, Université de Liège<br />

Adresse: Station Expérimentale, chemin de la ferme, 6 B39 – 4000 Liège<br />

Tel: 04/366 23 73 - Mail: Isabelle. Dufrasne@ulg.ac.be<br />

Übersetzung: Jean-Marie Lentz – Technischer Beratungsdienst <strong>der</strong> AWE<br />

Adresse: Rue de la Clé 41, 4650 Herve<br />

Gsm.: +32 (0) 478 43 55 07 – Mail: jmlentz@awenet.be<br />

Wasser ist ein Gr<strong>und</strong>nahrungsmittel <strong>für</strong> die Tiere. Es wird benötigt <strong>für</strong> die Verdauung, den<br />

Stoffwechsel, den Transport von Nährstoffen <strong>und</strong> Stoffwechselprodukten im Organismus, die<br />

Hydrolyse von Molekülen <strong>und</strong> die Ausscheidung von Abfällen, den Kampf gegen die Hitze, die<br />

Entwicklung des Fötus. Es nimmt ebenfalls teil an <strong>der</strong> Gelenkschmierung, <strong>der</strong> Sicht <strong>und</strong> an <strong>der</strong><br />

Tonübertragung im Ohr.<br />

Eine Kuh besteht aus 60 bis 80% Wasser. 20% dieses Wassers zu verlieren (Schwitzen, Stuhlgang,<br />

Sekrete, Speichel) kann <strong>für</strong> das Tier den Tod bedeuten. Die laktierende Milchkuh hat spezielle<br />

Bedürfnisse an Wasser aufgr<strong>und</strong> ihrer Produktion.<br />

Wasseraufnahme<br />

Die Wasseraufnahme besteht aus dem im Futter enthaltenen Wasser <strong>und</strong> dem Tränkewasser. Der<br />

Bedarf an Wasser variiert je nach Temperatur, relativer Luftfeuchtigkeit, <strong>der</strong> Menge des im Futter<br />

enthaltenen Wassers, dem physiologischen Zustand, <strong>der</strong> körperlichen Aktivität <strong>und</strong> des Gerüstes <strong>der</strong><br />

Tiere. Gewisse Futtermittel - wie frisches Gras - können bis zu 85% Wasser enthalten. Für weidende<br />

Kühe zeichnet man sehr niedrige Aufnahmen von Tränkewasser auf. Im Gegensatz dazu enthält<br />

Kraftfutter nur etwa 13% Wasser. Die Milchkuh ist beson<strong>der</strong>s anspruchsvoll in Wasser: Milch besteht<br />

nämlich zu 87% aus Wasser. Die Produktion von 30 Litern Milch stellt alleine schon eine<br />

Wasserausgabe von 26 Litern dar. Wasser hilft <strong>der</strong> Kuh auch gegen den Hitzestress anzukämpfen,<br />

denn Rin<strong>der</strong> reagieren aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> durch die Pansengärung erzeugten Hitze beson<strong>der</strong>s empfindlich<br />

auf hohe Temperaturen.<br />

Bei einer Lufttemperatur von 10°C kann man den Bedarf an Wasser auf 4 Liter/L Milch o<strong>der</strong> 3,3<br />

Liter/aufgenommene kg Trockenmasse abschätzen.<br />

Eine vorausschauende Gleichung wurde <strong>für</strong> Milchkühe erstellt (Murphy, 1992):<br />

Wasser (kg/Tag) = 15,99 + 1,58 * FATM + 0,90 * Milch + 0,05 * Natrium + 1,20 * °C<br />

FATM = freie Aufnahme von Trockenmasse (kg/Tag)<br />

Milch = produzierte Milchmenge (kg/Tag)<br />

Natrium = aufgenommene Gesamtmenge Natrium (g/Tag)<br />

°C = durchschnittliche Tagesmindesttemperatur (°C)<br />

Bei hohen Temperaturen <strong>und</strong> einer trockenmassereichen Ration hat eine hochleistende Milchkuh<br />

demnach einen maximalen Wasserbedarf bzw. -aufnahme.<br />

Eine unzureichende Tränke senkt zwangsläufig die Milchproduktion einer in Laktation befindlichen<br />

Kuh.


Eine französische Studie, welche durch das „Institut de l'Elevage“ (Quelle CASDAR, 2012)<br />

durchgeführt wurde, hat den Wasserverbrauch in 11 Betrieben <strong>für</strong> verschiedene Arten von Tieren<br />

<strong>und</strong> Rationen gemessen. Das Tränkewasser stellte ¾ des Wasserverbrauchs <strong>der</strong> Betriebe dar. Das<br />

Reinigen <strong>der</strong> Melkanlage verbrauchte 14% Wasser <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rest des konsumierten Wassers in einem<br />

Betrieb ist verloren. Im Durchschnitt lag <strong>der</strong> Gesamtverbrauch bei 7,8 Liter Wasser pro Liter Milch.<br />

Der Wasserverbrauch zur Reinigung ist regelmäßig mit einem Durchschnitt von 1,3 Liter pro Liter<br />

gelieferter Milch (von 1 bis 4 Liter je nach Melkanlage <strong>und</strong> Praktiken). Die niedrigsten<br />

Tränkewasseraufnahmen wurden bei weidenden Milchkühen mit einer tiefen Produktion beobachtet<br />

(43 Liter Wasser pro Tag) <strong>und</strong> die höchsten bei Milchkühen mit einer auf Maissilage basierten Ration<br />

<strong>und</strong> einer Produktion von mehr als 35 L Milch (97 Liter Wasser pro Tag).<br />

Wasserqualität<br />

Das den Kühen zu Verfügung stehende Wasser muss von guter Qualität sein. Diese Qualität bestimmt<br />

sich durch physische, chemische <strong>und</strong> bakteriologische Eigenschaften.<br />

Die physischen Eigenschaften beziehen sich auf den Geruch, die Trübheit, die Temperatur, die Farbe<br />

<strong>und</strong> den Geschmack. Der Geruch <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geschmack sind oft miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en. Der Geruch ist<br />

bedingt durch im Wasser aufgelöste verflüchtigende Verbindungen. Gas <strong>und</strong> Öl zum Beispiel geben<br />

dem Wasser einen Geruch, welcher seine Aufnahme sinken lässt. Den Geschmack des Wassers<br />

negativ verän<strong>der</strong>n können Mineralien wie Eisen, Chloride <strong>und</strong> Mangan.<br />

Die chemischen Eigenschaften des Wassers stehen in Zusammenhang mit seinem pH, <strong>der</strong> Härte, dem<br />

Salzgehalt <strong>und</strong> dem Vorhandensein von Pestiziden <strong>und</strong> Giften.<br />

Ein pH von 6,5 bis 8,5 bereitet keine Probleme.<br />

Die Härte, welche die Konzentration von gelösten Magnesium- <strong>und</strong> Kalziumsalzen misst, kann wichtig<br />

sein zu berücksichtigen, weil eine übermäßige Zufuhr von Kalzium negative Einflüsse auf die Kuh im<br />

Trockenstand haben kann. Beede <strong>und</strong> Myers (2000) sind <strong>der</strong> Auffassung, dass Wasser mit bis zu<br />

120 mg/L als gut angesehen werden kann.<br />

Die Gesamtmenge aufgelöster Salze soll idealerweise unter 1000 mg/L Wasser liegen. Bei über 3000<br />

mg/L können Durchfallprobleme auftreten.<br />

Mit über 0,3 mg Eisen/L schätzt man ein, dass <strong>der</strong> Geruch des Wassers als unangenehm empf<strong>und</strong>en<br />

wird.<br />

Die Konzentration an Sulfaten muss unter 600 mg/L bleiben.<br />

Die Konzentration in Nitrat beträgt idealerweise weniger als 50 mg/L Wasser.<br />

Die bakteriologischen Eigenschaften sind verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> Anwesenheit von Viren, Bakterien <strong>und</strong><br />

Algen. Die Zählung <strong>der</strong> E. coli Bakterien wird häufig benutzt um die Wasserqualität zu messen. Die<br />

Anwesenheit von fäkalen E. coli weist auf eine Verunreinigung durch Fäkalien hin. Verschmutztes<br />

Wasser sollte nicht an Milchkühe verteilt werden. Die zootechnischen Leistungen können bereits mit<br />

über 10 Bakterien pro 100 ml Wasser reduziert sein. Kälber sind noch empfindlicher <strong>und</strong> sollten nicht<br />

mit Wasser mit mehr als 1 Bakterie/100ml versorgt werden. Das Vorhandensein von Algen (blaugrün),<br />

welche in Becken wachsen, in denen Wasser <strong>für</strong> eine lange Zeit gestanden hat, sollte<br />

vermieden werden, da sie Vergiftungen verursachen können, welche Durchfall, Appetitlosigkeit,


Leber-Erkrankungen <strong>und</strong> unkoordinierte Bewegungen nach sich ziehen. Diese Vergiftungen können in<br />

gewissen Fällen tödlich sein.<br />

Empfehlungen <strong>für</strong> eine optimale Wasseraufnahme<br />

Im Laufstall trinken die Kühe etwa zehn Mal am Tag. Die Wasseraufnahme ist oft verb<strong>und</strong>en mit den<br />

Mahlzeiten <strong>und</strong> wird ebenfalls häufig nach dem Melken beobachtet.<br />

Die Tränken müssen leicht erreichbar <strong>und</strong> nahe den Futterkrippen platziert sein. Man zählt eine<br />

individuelle Tränke <strong>für</strong> 10 Kühe. Für Tränkebecken ist eine Länge von 65 cm <strong>für</strong> 10 Kühe nötig. Ideal<br />

ist es 2 Wasserstellen <strong>für</strong> eine gleiche Gruppe Kühe zu Verfügung zu haben, sodass auch<br />

untergeordnete Kühe ohne Probleme Zugriff auf Wasser haben. Es muss genügend Platz<br />

(Laufgangbreite) vorhanden sein, damit die Kühe trinken können, ohne den Verkehr hinter ihnen zu<br />

hin<strong>der</strong>n.<br />

Da Kühe durch Ansaugen trinken, ist es notwendig, dass <strong>der</strong> Trog tief genug ist, um ein einfaches<br />

Trinken zu ermöglichen. Doch zu tiefe Tränken sind nicht zu empfehlen, weil sie schwierig zu reinigen<br />

sein können <strong>und</strong> das Wasser einen schlechten Geschmack haben kann, da es zu lange im Becken<br />

stagniert (zu wenig Wasserwechsel).<br />

Ungehin<strong>der</strong>t können Kühe bis zu 20 Liter pro Minute trinken. Sie benötigen mehr Zeit mit<br />

individuellen Tränken als mit Tränkebecken. Der Durchfluss ist ebenfalls wichtig, insbeson<strong>der</strong>e bei<br />

individuellen Tränken. Ein niedriger Durchfluss kann die Wasseraufnahme begrenzen, ganz<br />

beson<strong>der</strong>s bei untergeordneten Kühen. Die Milchproduktion kann demnach gehemmt sein.<br />

Im Idealfall sollte das Wasser temperiert sein. Bei heißem Wetter ist es am besten die Tiere mit<br />

gekühltem Wasser zu versorgen – schwarze Kunststoffrohre ermöglichen dies nicht.<br />

Es ist wichtig, dass die Tränken o<strong>der</strong> Becken keine Störspannungen provozieren, welche die Kühe<br />

beim Trinken stören würden.<br />

Schließlich ist es erfor<strong>der</strong>lich, dass die Tränken regelmäßig gereinigt werden, um eine einwandfreie<br />

Wasserqualität zu gewährleisten. Eine tägliche Kontrolle <strong>und</strong> eine wöchentliche Reinigung sind<br />

Aktivitäten, die in einer systematischen Art <strong>und</strong> Weise durchgeführt werden sollten! Es ist wichtig<br />

beim Kauf eines Beckens o<strong>der</strong> Troges darauf zu achten, dass er mit einem leicht zu handhabenden<br />

Abflusssystem ausgestattet ist.<br />

Mit <strong>der</strong> Wasseraufnahme verb<strong>und</strong>ene Probleme<br />

Eine eingeschränkte Wassermenge verringert die Mengen an Urin <strong>und</strong> Kot, die Milchproduktion,<br />

Gewichtszunahme <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>t bestimmte Blutwerte wie Hämatokrit. Die Aufnahme von Urin o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Quellen von ungenießbarem Wasser wird auch beobachtet, kann jedoch auch mit Natrium-<br />

Mangel entstehen.<br />

Beim Überschuss bestimmter Mineralstoffe, wie Natrium o<strong>der</strong> Kalium, kann eine anormal hohe<br />

Aufnahme von Wasser begleitet mit einer Zunahme <strong>der</strong> Mengen an Urin <strong>und</strong> Kot beobachtet<br />

werden.<br />

Wenn Probleme bei <strong>der</strong> Einnahme von Wasser vermutet werden, empfiehlt es sich die<br />

Wasseraufnahme <strong>der</strong> Tiere mit einem Zähler zu messen <strong>und</strong> ihnen eine zweite Wasserquelle


anzubieten. Wenn sich die Situation nicht verbessert, kann man die Wasserqualität analysieren<br />

lassen, unter <strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>der</strong> Tatsache, dass diese Analysen relativ kostenintensiv sind.<br />

Wasserprobenentnahme<br />

Wenn eine Wasserprobe genommen werden soll, ist es anzuraten, diese durch eine bevollmächtigte<br />

Person entnehmen zu lassen, welche die Probe in einem geeigneten Behälter unter optimalen<br />

Bedingungen bis zu ihrer Analyse aufbewahrt.<br />

Was tun bei Problemen mit <strong>der</strong> Wasserqualität?<br />

Wenn ein Problem erkannt wurde, ist <strong>der</strong> einfachste Weg die Wasserversorgung zu wechseln. Wenn<br />

dies nicht möglich ist, können abhängig von <strong>der</strong> Ursache des Problems verschiedene Behandlungen<br />

angewendet werden (Beede, 2006). Die wichtigsten Behandlungen sind nachfolgend aufgeführt:<br />

- Die Behandlung mit Aktivkohle-Filter wird verwendet, um Probleme im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Anwesenheit von Chlor, Pestiziden, Quecksilber, Radon o<strong>der</strong> flüchtigen organischen Verbindungen zu<br />

lösen.<br />

- Die Behandlung mit Chlor ermöglicht eine Säuberung des Wassers, eine Verbesserung <strong>der</strong> Farbe,<br />

des Geschmacks <strong>und</strong> des Geruchs. Es erlaubt Ihnen auch, Radon, flüchtige organische Verbindungen<br />

<strong>und</strong> Schwefelwasserstoff zu entfernen. Bei <strong>der</strong> Zugabe von zu viel Chlor kann die Wasseraufnahme<br />

jedoch auch reduziert werden.<br />

- Das System des Anionen-Kationen-Austausches betrifft die Härte des Wassers, aber diese bereitet<br />

wenige Probleme bei Milchkühen. Dieses System kann auch bestimmter Probleme bei Geschmack,<br />

Geruch o<strong>der</strong> Farbe lösen.<br />

- Mechanische Filter können verwendet werden, um Wasser zu behandeln, welches reich an<br />

Magnesium, an unlöslichem Eisen, an Sand o<strong>der</strong> Lehm ist.<br />

- Die Umkehrosmose kann verwendet werden, um die Anwesenheit von bestimmten Pestiziden,<br />

anorganischen Substanzen, Nitrat o<strong>der</strong> einem schlechten Geschmack zu bekämpfen. Es hat jedoch<br />

bestimmte Kosten sowohl in <strong>der</strong> Investition als auch in seiner Nutzung.<br />

Schlussfolgerung<br />

Es ist wichtig, Rin<strong>der</strong>n eine ausreichende <strong>und</strong> komfortable Tränke zur Verfügung zu stellen. Darüber<br />

hinaus muss das Wasser den Qualitätsmindestanfor<strong>der</strong>ungen genügen: es muss klar, sauber,<br />

geruchlos <strong>und</strong> unverschmutzt sein. Es muss also trinkbar sein. Wasser, welches von den Kühen<br />

getrunken wird, muss auch vom Menschen getrunken werden können!<br />

Verweise<br />

Beede D.K., 2006. Evaluation of water quality and nutrition for dairy cattle. High Plains Dairy Conference, USA.<br />

pp129-154<br />

Beede, D. K., and Z. H. Myers. 2000. Water Nourishment of Dairy Cattle. In: Proc. 24th Symp. Sur Les Bovins<br />

Laitiers, Centre de Reference en Agriculture et Agroalimentaire du Quebec. Saint-Hyacinthe, Québec, pp 71-91<br />

Murphy, M. R. 1992. Nutritional factors affecting animal water and waste quality. J.Dairy. Sci 75:326-333<br />

Référentiel Casdar, 2012, Maitrise des consommations d’eau en élevage. Institut de l’Elevage ; dans Réussir<br />

Lait, juin 2012, pp28-29

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