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Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger - Universität Leipzig

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Prof. Dr. Burkhard Boemke<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong><br />

1<br />

Vorlesung BGB I – Allgemeiner Teil und Leistungsstörungen<br />

Wintersemester 2011/12<br />

Probeklausur „Z<strong>im</strong>mer mit Aussicht“<br />

Lösung<br />

Vertretungsrecht, insbesondere Probleme des § 179 BGB:<br />

Voraussetzungen der Stellvertretung, richtiger Aufbau<br />

Unwirksame Bevollmächtigung durch einen Geschäftsunfähigen<br />

<strong>Recht</strong>sschein einer ausgehändigten Vollmachtsurkunde bei geschäftsunfähi-<br />

gem Vollmachtsgeber<br />

Irrtum des Vertreters und Anfechtung durch den Vertreter selbst<br />

Vertrauensschaden und Schadensberechnung<br />

I. Anspruch von Clever (C) gegen Alt (A) auf Zahlung des Mietzinses in Höhe<br />

von 1.000 € aus § 535 Abs. 2 BGB i. V. m. Mietvertrag<br />

1. Zustandekommen des Mietvertrags<br />

Ein Anspruch von C auf Zahlung des Mietzinses gegen A setzt voraus, dass zwischen<br />

beiden ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen ist. Ein Mietvertrag<br />

kommt, wie jeder Vertrag, durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande.


2. Antrag durch A<br />

a) Keine eigene Willenserklärung von A<br />

2<br />

A selbst hat ggü. C keine Erklärungen abgegeben, also unmittelbar ggü. C nicht<br />

rechtsgeschäftlich gehandelt.<br />

b) Willenserklärung von B mit Wirkung <strong>für</strong> und gegen A gemäß § 164 I BGB<br />

aa) Voraussetzungen wirksamer Stellvertretung<br />

Allerdings hat B einen Antrag zum Abschluss eines Mietvertrags ggü. C abgegeben.<br />

Diese Erklärung könnte <strong>für</strong> und gegen A gemäß § 164 Abs. 1 BGB wirken, wenn die<br />

Voraussetzungen wirksamer Stellvertretung vorliegen. Voraussetzungen wirksamer<br />

Stellvertretung sind nach § 164 I BGB<br />

(- Zulässigkeit der Stellvertretung)<br />

- eigene WE von B<br />

- <strong>im</strong> Namen von A<br />

- <strong>im</strong> Rahmen zustehender Vertretungsmacht<br />

bb) Eigene Willenserklärung von B<br />

Zunächst müsste B eine eigene Willenserklärung abgegeben haben. Überbringt er<br />

eine fremde Willenserklärung wäre er nur Bote. Die Abgrenzung Bote - Vertreter ist<br />

nach dem äußeren Auftreten vorzunehmen, nicht entscheidend ist, was <strong>im</strong> Innenver-<br />

hältnis vereinbart war. B trat gegenüber C als Vertreter des A auf; dies kam <strong>für</strong> C<br />

deutlich in der Vollmachtsurkunde zum Ausdruck. Er konnte frei den Vertragspartner<br />

wählen und frei bis zur Grenze von 500 € über die Miethöhe entscheiden. Er hat damit<br />

eine eigene Willenserklärung abgegeben.<br />

cc) <strong>im</strong> Namen des A<br />

Als Vertreter von A müsste B deutlich gemacht haben, dass er <strong>für</strong> diesen den Mietvertrag<br />

abschließen wollte. Es gilt das Offenkundigkeitsprinzip. Anderenfalls würde<br />

ein Eigengeschäft des B vorliegen. Laut SV hat B <strong>im</strong> Namen des A den Mietvertrag<br />

unterzeichnet.


dd) <strong>im</strong> Rahmen bestehender Vertretungsmacht<br />

3<br />

B müsste zudem <strong>im</strong> Rahmen bestehender Vertretungsmacht gehandelt haben. Hier<br />

kommt nur eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht, also eine Vollmacht in Betracht.<br />

Die Vollmacht wird durch einseitige Erklärung ggü. dem Bevollmächtigten<br />

oder aber dem Geschäftspartner erteilt (§ 167 Abs. 1 BGB).<br />

(1) Erteilung einer Innenvollmacht<br />

A könnte B Innenvollmacht gemäß § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB erteilt haben. Die Innenvollmacht<br />

wird durch eine einseitige, empfangsbedürftige WE erteilt. A hat den B<br />

nach dem SV bevollmächtigt eine Ferienwohnung <strong>für</strong> 2 Wochen <strong>im</strong> November 2011<br />

<strong>im</strong> Elbsandsteingebirge anzumieten. Tatbestandlich liegt somit eine Innenvollmacht<br />

vor.<br />

Die zugrunde liegende Willenserklärung wäre aber unwirksam und damit die Innen-<br />

vollmacht nicht rechtwirksam erteilt, wenn A geschäftsunfähig oder zumindest beschränkt<br />

geschäftsfähig war. Da A älter als 17 Jahre ist, ist er grds. voll geschäftsfä-<br />

hig, soweit nicht besondere persönliche Umstände dazu führen, dass seine Ge-<br />

schäftsfähigkeit eingeschränkt ist. Nach § 105 Abs. 1 ist die WE eines Geschäftsun-<br />

fähigen nichtig. Nach § 104 Nr. 2 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die<br />

freie Willensbest<strong>im</strong>mung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistes-<br />

tätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender<br />

ist. Nach dem SV wurden bei A Durchblutungsstörungen <strong>im</strong> Gehirn festgestellt, die<br />

dazu führen, dass er sich partiell in einem Zustand befindet, der eine freie Willens-<br />

best<strong>im</strong>mung ausschließt. Unter § 104 Nr. 2 BGB fallen allerdings nur dauernde Zu-<br />

stände krankhafter Störung der Geistestätigkeit, sodass A nicht geschäftsunfähig ist.<br />

Seine Willenserklärung könnte aber nach § 105 Abs. 2 BGB nichtig sein, wenn sie<br />

<strong>im</strong> Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wurde. Nach<br />

dem SV werden bei ihm Anfang November 2011 Durchblutungsstörungen <strong>im</strong> Gehirn<br />

festgestellt, die dazu führen, dass er sich partiell in einem Zustand befindet, der eine<br />

freie Willensbest<strong>im</strong>mung ausschließt. Diese Störung der Geistestätigkeit lag auch<br />

schon vor, als er Blanko die Vollmacht erteilte. Damit ist die Erteilung der Innenvollmacht<br />

an B gemäß § 105 II BGB nichtig.<br />

B wurde damit nicht nach § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB bevollmächtigt. Vertretungsmacht<br />

auf Grund erteilter Innenvollmacht liegt somit nicht vor.


(2) Ausstellung und Vorlage einer Vollmachtsurkunde<br />

4<br />

Vertretungsmacht <strong>für</strong> B könnte sich aber aus § 172 Abs. 1 i. V. m. § 171 Abs. 2 BGB<br />

ergeben. Danach ist derjenige, dem eine Vollmachtsurkunde ausgestellt wurde und<br />

der diese dem anderen Teil vorgelegt hat als bevollmächtigt anzusehen, bis die<br />

Vollmachtsurkunde an den Vollmachtgeber zurückgegeben oder <strong>für</strong> kraftlos erklärt<br />

worden ist.<br />

A hatte B eine Vollmachtsurkunde nach § 172 Abs. 1 BGB ausgestellt und B freiwillig<br />

übergeben, also i. S. v. § 172 I BGB ausgehändigt. Diese wurde von B auch be<strong>im</strong><br />

Abschluss des Mietvertrags ggü. C vorgelegt. Diese ausgehändigte und vorgelegte<br />

Vollmachtsurkunde erzeugt nach § 172 Abs. 1 i. V. m. § 171 Abs. 2 BGB einen<br />

<strong>Recht</strong>schein der Bevollmächtigung bis die Urkunde dem Aussteller zurückgegeben<br />

oder <strong>für</strong> kraftlos erklärt wird (§§ 172 Abs. 2, 176 BGB).<br />

Damit lägen an sich die Voraussetzungen von § 172 Abs. 1 BGB mit der Folge vor,<br />

dass B entsprechend § 171 Abs. 1 BGB als vertretungsbefugt angesehen würde.<br />

Etwas anderes würde aber dann gelten, wenn über den unmittelbaren Wortlaut von<br />

§ 172 I BGB hinaus die Wirkungen der Vollmachtsurkunde davon abhängig wären,<br />

dass der Vollmachtgeber selbst in seiner Geschäftsfähigkeit nicht beschränkt ist.<br />

Hierzu sind verschiedene Lösungsansätze denkbar:<br />

Die Aushändigung einer Vollmachtsurkunde <strong>im</strong> Sinne von § 172 Abs. 1 BGB<br />

setzt voraus, dass der Vertretene diese willentlich überbegeben hat. Daran<br />

kann man zweifeln, wenn sich der Vertretene wie hier in einem Zustand be-<br />

fand, der die freie Willensbildung ausschließt. Das Aushändigen durch einen<br />

in diesem Zeitpunkt Geschäftsunfähigen wäre dann der Entwendung der Ur-<br />

kunde durch den Vertreter vergleichbar. Die Geistesstörung führt dann dazu,<br />

dass kein <strong>Recht</strong>sschein nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB besteht, weil<br />

deren Voraussetzungen nicht gegeben sind.<br />

Teilweise wird angenommen, dass in der Kundgabe der Innenvollmacht oder<br />

Vollmachtsaushändigung und -vorlage nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB<br />

eine Außenvollmacht zu sehen ist. Diese ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung,<br />

sodass bei Anwendung von § 105 Abs. 2 BGB keine Vollmacht<br />

erteilt wurde. Im Einzelfall kann zwar mit der Kundmachung auch eine Außenvollmacht<br />

vorliegen, diesen Fall regeln aber §§ 171 ff. BGB nach dem eindeutigen<br />

Wortlaut nicht. Diese Meinung ist daher abzulehnen.


5<br />

Nach herrschender Meinung muss der Mitteilende nach § 171 Abs. 1 BGB <strong>im</strong><br />

Zeitpunkt der Mitteilung zumindest geschäftsfähig sein. Dies begründet sich<br />

dadurch, dass in der Mitteilung und damit auch in der Übergabe der Vollmachtsurkunde<br />

nach § 172 Abs. 1 BGB, der auf § 171 BGB verweist, eine<br />

rechtsgeschäftsähnliche Handlung zu sehen ist. Auf eine solche sind die Vorschriften<br />

der §§ 104 ff. und §§ 119 ff. BGB anwendbar. Damit scheidet eine<br />

<strong>Recht</strong>sscheinsvollmacht gegenüber einem Geschäftsunfähigen nach §§ 104<br />

Nr. 2 i V. m. § 105 Abs. 1 BGB oder einem <strong>im</strong> vorübergehenden Zustand der<br />

Geistesstörung befindlichen Vertretenen (§ 105 Abs. 2 BGB) aus, da deren<br />

Kundgaben unwirksam sind.<br />

Weiterhin spricht da<strong>für</strong>, dass der Geschäftsunfähige noch vor dem Vertragspartner<br />

den Schutz der <strong>Recht</strong>sordnung genießt. Anderenfalls könnten die<br />

§§ 104 ff. BGB ausgehebelt werden.<br />

Von einer Mindermeinung wird angenommen, dass die Kundgabe der Innenvollmacht<br />

und die Aushändigung und Vorlage einer Vollmachtsurkunde eine<br />

Wissenserklärung ist, die zu einem <strong>Recht</strong>sschein führt, der nachträglich nicht<br />

durch Anfechtung beseitigt werden kann. Bei Geschäftsunfähigkeit stellt diese<br />

Meinung dann darauf ab, ob der veranlasste <strong>Recht</strong>sschein zurechenbar ist.<br />

Dies ist aber gerade dann nicht der Fall, wenn eine rechtsgeschäftsähnliche<br />

Handlung eines Geschäftunfähigen vorliegt. Diese kann nicht vom Willen des<br />

Geschäftsunfähigen gesteuert werden, sodass eine Zurechnung entfällt.<br />

Medicus führt nachvollziehbar an, dass die Tatbestände der §§ 171 Abs. 1,<br />

172 Abs. 1 BGB den Vertretenen nicht stärker binden können und dürfen als<br />

eine von ihm erklärte Außenvollmacht. Es sei kein Grund ersichtlich den Ver-<br />

tragspartner stärker zu schützen, als wenn eine Außenvollmacht vorliegen<br />

würde. Daher ist von der Anfechtbarkeit der Kundgabe oder<br />

Vollmachtserteilung auszugehen. Wäre eine Außenvollmacht nach § 105<br />

Abs. 2 BGB nichtig, so muss dies auch <strong>für</strong> die Tatbestände der §§ 171 Abs. 1,<br />

172 Abs. 1 BGB geltend. Danach wäre die Kundmachung durch eine Vollmachtsurkunde<br />

hier wirkungslos, ein <strong>Recht</strong>sschein entsteht nicht.<br />

Alle Ansichten kommen zum gleichen Ergebnis. Durch die Aushändigung und Vorlage<br />

der Vollmachtsurkunde wird daher nur dann ein <strong>Recht</strong>sschein gesetzt, wenn der<br />

Vollmachtgeber <strong>im</strong> Zeitpunkt der Aushändigung der Vollmachtsurkunde rechtsge-


6<br />

schäftlich wirksam handeln konnte. Da A <strong>im</strong> Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde<br />

sich in einem Zustand i. S. v. § 105 II BGB befand, war er zu diesem Zeitpunkt<br />

geschäftsunfähig. Die Wirkungen von §§ 172 I, 171 I BGB konnten nicht eintreten.<br />

(3) Zwischenergebnis<br />

B handelte ohne Vertretungsmacht, ein wirksamer Mietvertrag ist zwischen C und A<br />

nicht zustande gekommen. Der Mietvertrag ist nach § 177 Abs. 1 BGB schwebend<br />

unwirksam.<br />

(Korrekturhinweis: Sollte der Bearbeiter fälschlicherweise davon ausgehen, dass eine <strong>Recht</strong>sscheinvollmacht<br />

besteht, so müsste der Fall wie folgt weiter gelöst werden.<br />

- die Betreuerin D könne den Vertrag anfechten<br />

- nach § 166 Abs. 1 BGB kommt einmal der Irrtum des B (§ 119 Abs. 1 BGB siehe unten) in Betracht,<br />

die Anfechtung geht unproblematisch durch, A würde aber nach § 122 Abs. 1 BGB haften,<br />

zur Schadensberechnung vgl. unten<br />

- ob die <strong>Recht</strong>sscheinsvollmacht nach §§ 171, 172 BGB anfechtbar ist, ist str., hier stellt sich<br />

wieder die Frage, ob eine Willenserklärung oder Wissenserklärung vorliegt und ob man diese<br />

anfechten kann, je nachdem besteht ein weiterer Anfechtungsgrund<br />

- eine Haftung des B liegt dann nicht vor)<br />

c) Fehlende Genehmigung<br />

Die Wirksamkeit des Mietvertrags hängt nach § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung<br />

des Vertretenen ab, in der Zwischenzeit ist der Vertrag schwebend unwirksam.<br />

A selbst hat die Genehmigung weder erteilt noch verweigert. Allerdings ist <strong>für</strong> ihn<br />

seine Tochter D am 05.11.2001 als Betreuerin bestellt worden, und zwar <strong>für</strong> sämtli-<br />

che, den A betreffenden Angelegenheiten. D kann nunmehr A in sämtlichen Angele-<br />

genheiten vertreten (§ 1902 BGB). Diese erklärte, dass A keinen Urlaub <strong>im</strong> Elbsandsteingebirge<br />

verbringen wird. Darin ist die Verweigerung der Genehmigung des<br />

Mietvertrags zu sehen, sodass dieser endgültig unwirksam wird.<br />

3. Ergebnis<br />

Zwischen A und C wurde mangels wirksamer Vertretung kein Mietvertrag geschlossen,<br />

sodass C keinen Anspruch auf Mietzinszahlung gegen A hat.


II. Ansprüche C gegen B<br />

7<br />

1. Anspruch auf Zahlung des Mietzinses in Höhe von 1.000 € aus § 179 Abs. 1<br />

BGB i. V. m. Mietvertrag<br />

C könnte gegen B als Vertreter ohne Vertretungsmacht einen Erfüllungsanspruch auf<br />

Zahlung des vereinbarten Mietzinses in Höhe von 1.000 € aus § 179 Abs. 1 BGB i.<br />

V. m. § 535 Satz 2 BGB haben.<br />

Dann müssten die Voraussetzungen des § 179 BGB erfüllt sein.<br />

B müsste als Vertreter einen Vertrag geschlossen und der Vertretene (= A) müsste<br />

die Genehmigung verweigert haben.<br />

a) Vertrag geschlossen<br />

B hat nach dem oben dargelegten als Vertreter von A mit C einen Mietvertrag geschlossen.<br />

D hat als gesetzliche Vertreterin des A die Genehmigung des Mietvertrags<br />

entgültig verweigert.<br />

b) Rückwirkende Vernichtung durch Anfechtung<br />

(Korrekturhinweis: Aufbautechnisch unzutreffend wäre es, die Anfechtung nicht zu prüfen und sogleich<br />

auf § 179 II BGB abzustellen. § 179 II BGB setzt nämlich voraus, dass an sich eine Haftung des<br />

Vertreters ohne Vertretungsmacht nach § 179 II BGB besteht. Da aber auch diesem Falle die zentralen<br />

Fragen zum Schadensersatz angesprochen werden, wiegt der Fehler nicht allzu schwer.)<br />

Der Erfüllungsanspruch von C gegen B könnte allerdings entfallen, wenn B seine<br />

Willenserklärung als Vertreter zum Vertragsschluss anfechten könnte. In Betracht<br />

kommt hier ein Erklärungsirrtum gemäß § 119 I Alt. 2 BGB, weil B davon ausging,<br />

der Mietzins betrage insgesamt 500 € und nicht 500 €/Woche, also insgesamt 1.000<br />

€.<br />

Dann müsste die Anfechtung zulässig sowie B zur Anfechtung berechtigt sein. Weiter<br />

müsste ein Anfechtungsgrund vorliegen und die Anfechtung innerhalb der Anfechtungsfrist<br />

erklärt worden sein.


aa) Zulässigkeit der Anfechtung<br />

8<br />

Nach allgemeiner Auffassung ist die Erfüllungshaftung nach § 179 I BGB ausge-<br />

schlossen, wenn das abgeschlossene <strong>Recht</strong>sgeschäft an einem Wirksamkeitsmangel<br />

leidet, es insbesondere wirksam angefochten worden ist. § 179 I BGB will den<br />

Dritten nämlich davor schützen, dass er auf die Wirksamkeit der Vertretungsmacht<br />

vertraut hat; er soll aber nicht besser gestellt werden als er <strong>im</strong> Falle wirksamer Stellvertretung<br />

gestanden hätte.<br />

bb) Anfechtungsberechtigter<br />

Bei der Stellvertretung ist grds. der Vertretene anfechtungsberechtigt, weil das<br />

<strong>Recht</strong>sgeschäft, das i. S. v. § 142 I BGB angefochten werden kann, in seinem Namen<br />

geschlossen wurde und daher <strong>für</strong> und gegen ihn wirkt.<br />

Ein Anfechtungsrecht des Vertreters ist aber dann zu bejahen, wenn eine wirksame<br />

Vertretung mangels Vertretungsmacht ausscheidet. Der „Vertretene“ wurde dann<br />

nicht gebunden, der Vertreter kann seine eigene Willenserklärung selbst anfechten,<br />

um der Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB zu entgehen. Der Schutz des Vertragspart-<br />

ners gegenüber Vertretern ohne Vertretungsmacht geht nur so weit, wie die Vertreter<br />

an ihre Willenserklärung gebunden sind.<br />

cc) Anfechtungsgrund<br />

Als Anfechtungsgrund könnte hier ein Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB<br />

in Betracht kommen. Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn schon der äußere Erklärungstatbestand<br />

vom Gewollten abweicht. Der Erklärende wollte eine solche Erklärung<br />

überhaupt nicht abgeben (Versprechen, Verschreiben). Ein Inhaltsirrtum hingegen<br />

liegt vor, wenn der äußere Tatbestand der Erklärung dem Gewollten zwar entspricht,<br />

der Erklärende aber über die Bedeutung oder die Tragweite der Erklärung<br />

irrt.<br />

Hier hat B sich Verlesen. Er nahm an, mit seiner Unterschrift zu erklären, 500 €<br />

Mietzins <strong>für</strong> 2 Wochen, <strong>im</strong> Vertragsformular stand aber 500 € je Woche. Seine Erklärung<br />

konnte nach §§ 133, 157 BGB von C nur so verstanden werden, dass er den<br />

Inhalt des Vertragsformulars auch zum Inhalt seiner Erklärung gemacht hatte. Gewolltes<br />

und Erklärtes fallen damit auseinander, es liegt ein Erklärungsirrtum vor, der<br />

B zu einer Anfechtung nach § 119 Abs. 1 Fall 2 BGB berechtigt.


dd) Anfechtungserklärung<br />

9<br />

Nach dem Bearbeitervermerk ist von einer Anfechtungserklärung von B gemäß<br />

§ 143 Abs. 1 BGB auszugehen. Anfechtungsgegner ist Frau C als Empfängerin der<br />

ursprünglichen Willenserklärung von B.<br />

ee) Anfechtungsfrist<br />

Von der Einhaltung der Anfechtungsfrist nach § 121 BGB (ohne schuldhaftes Zögern)<br />

ist nach dem Bearbeitervermerk auszugehen.<br />

c) Zwischenergebnis<br />

Damit hat B seine Willenserklärung wirksam angefochten. Diese ist nach § 142<br />

Abs. 1 BGB rückwirkend nichtig. Damit hat B als Vertreter keinen wirksamen Vertrag<br />

geschlossen. Eine Haftung von B nach § 179 Abs. 1 BGB besteht damit nicht.<br />

2. Anspruch auf Schadensersatz nach § 122 Abs. 1 BGB i. V. m. § 119 Abs. 1<br />

Alt. 2 BGB<br />

C könnte aber einen Schadensersatzanspruch nach § 122 Abs. 1 BGB i. V. m. § 119<br />

Abs. 1 Alt. S BGB gegen B in Höhe von 1.200 € haben, weil er es auf Grund der Ab-<br />

gabe der Erklärung von B, die dieser später angefochten hat, unterlassen hat, mit I<br />

einen Mietvertrag über diesen Zeitraum in Höhe von 1.200 € zu schließen.<br />

a) Anspruchsvoraussetzungen<br />

Tatbestandsvoraussetzung ist, dass der Schuldner eine WE nach § 119 BGB angefochten<br />

hat.<br />

Wie oben festgestellt, hat B wirksam nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB angefochten.<br />

Der Anspruch auf Schadensersatz besteht damit dem Grunde nach.<br />

b) <strong>Recht</strong>sfolge<br />

aa) Vertrauensschaden<br />

B hat C den Schaden zu erstatten, dem dieser dadurch entstanden ist, dass dieser<br />

auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat. C ist also so zu stellen, wie er stehen<br />

würde, wenn er von der Erklärung des B nie etwas gehört hätte.


10<br />

Hätte C nicht auf die Wirksamkeit des Vertrags vertraut, hätte sie anderweitig an I zu<br />

600 €/Woche, insgesamt also zu 1.200 € vermietet. Insoweit hat C einen<br />

Gewinnentgang in Höhe 1.200 €. Hätte sie allerdings an I vermietet, dann hätte C<br />

nicht <strong>für</strong> 50 €/Tag ab dem 19.11. vermieten können. Insoweit wären ihr diese Einnahmen<br />

in Höhe von 50 €/Tag x 6 Tage (19. – 24.11) = 300 € entgangen. Ihr Vertrauensschaden<br />

beläuft sich daher auf 900 €.<br />

bb) Begrenzung auf das Erfüllungsinteresse<br />

Die Höhe des Schadens ist allerdings nach § 122 Abs. 1 a. E. BGB auf das Erfüllungsinteresse<br />

begrenzt. C soll nicht besser stehen als sie gestanden hätte, wenn<br />

ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. In diesem Falle hätte sie durch die Vermietung<br />

<strong>im</strong> Zeitraum vom 11. – 24.11.2011 insgesamt 1.000 € erzielt. Tatsächlich hat C in<br />

diesem Zeitraum allerdings durch Vermietung 300 € eingenommen, sodass sich ihr<br />

Erfüllungsinteresse auf 700 € beläuft.<br />

c) Ergebnis<br />

C kann von B Schadensersatz in Höhe von 700 € verlangen.

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