BK-Heft 2012-03 - Baukammer Berlin
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<strong>Baukammer</strong> / Berufspolitik / Bildung<br />
Bildung oder Ausbildung – Wie<br />
werden wir in der Zukunft Bauingenieurwesen<br />
lehren?<br />
Wichtige Fragen dabei sind zum<br />
Beispiel:<br />
• Wie lehren wir Lernen?<br />
• Suchen wir breit angelegte<br />
oder hoch spezialisierte Profile?<br />
• Wieviel Wahl- und Gestaltungsmöglichkeit<br />
räumen wir<br />
den Studenten im Bachelor-<br />
Studium ein?<br />
• Wie halten wir es mit den<br />
Zwängen der Regelstudienzeit?<br />
Und besonders:<br />
• Wie definieren wir in der Zukunft<br />
„Bauingenieur“?<br />
Das David-Gilly-Institut überträgt die<br />
positiven Erfahrungen aus dem Projektstudium<br />
in der Cottbuser Lehre in zwei<br />
vernetzte Bachelor-Studiengänge an der<br />
BTU Cottbus und an der Hochschule<br />
Lausitz. An der BTU wird seit dem Wintersemester<br />
2011/12 ein forschungsorientierter<br />
universitärer Bachelor-Studiengang<br />
Bauingenieurwesen (B.Sc.) mit den<br />
Profilen Konstruktiver Ingenieurbau und<br />
Energie und Umwelt angeboten. Die<br />
Hochschule Lausitz bietet die Vertiefungen<br />
Bauingenieurwesen und Gebäudeund<br />
Energietechnik in einem praxisorientierten<br />
Studiengang Civil and Facility<br />
Engineering (B.Eng.) an. Beide Studiengänge<br />
enthalten anfangs grundlagenorientierte<br />
Inhalte in sogenannten gemeinsamen<br />
Modulen. Weitere, spezifisch<br />
angepasste Inhalte differenzieren dann<br />
im fortschreitenden Studium beide Studienangebote<br />
aus. Besonders am Cottbuser<br />
Modell sind aber nicht nur die Flexibilisierung<br />
und vereinfachte Studiengangswechsel,<br />
sondern auch der komplexe<br />
Wissenserwerb in Projektmodulen.<br />
Ergänzt werden die modellhaften Studiengänge<br />
durch die auf die Profile abgestimmte<br />
Vermittlung von weichen Fähigkeiten<br />
in Organisation, Kommunikation<br />
und Datenverarbeitung als auch in<br />
Grundlagen des wissenschaftlichen<br />
Arbeitens. Ein Mentoring-Programm<br />
unterstützt das Angebot durch spezifische<br />
Studierendenberatung, um auf persönliche<br />
oder systemische Probleme<br />
zeitnah reagieren zu können.<br />
Von entscheidender Bedeutung ist die<br />
außerordentlich kollegiale Zusammenarbeit<br />
der Lehrenden im Bereich Bauwesen<br />
beider Hochschulen. Deutlich angestie-<br />
40 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 3/<strong>2012</strong><br />
Studenten der École Polytechnique beim<br />
Schiffsbaupraktikum, 1809 [Lorenz 20<strong>03</strong>]<br />
gene Studienanfängerzahlen gegenüber<br />
den Vorjahren zeigen, dass die Studierenden<br />
das neue Modell sehr interessiert<br />
aufnehmen und sich von einem stringenten,<br />
wohl durchdachten Studienplan<br />
sowie der engen Betreuung an beiden<br />
Hochschulen überzeugen lassen.<br />
Natürlich gibt es noch Verbesserungspotential.<br />
Die Balance zwischen neuer Wissensfülle<br />
und Wissensvermittlung muss<br />
in den Grundlagensemestern weiter verbessert<br />
werden. Der kollegiale Diskurs<br />
über Lehrinhalte, Lehrbelastung sowie<br />
die optimale Abwägung zwischen<br />
Grundlagenvermittlung und freier Projektarbeit<br />
ist weiter zu führen. Die organisatorischen<br />
Anforderungen steigen und<br />
die Planungen sind nun auch auf die zu<br />
modernisierenden konsekutiven Master-<br />
Studiengänge auszudehnen. Das<br />
Erreichte macht dabei Hoffnung, dass<br />
aus der Zusammenarbeit von BTU Cottbus<br />
und Hochschule Lausitz im David-<br />
Gilly-Institut ein beispielgebendes und<br />
nachhaltiges Projekt wird. In der täglichen<br />
Arbeit wird das Projekt weiter reifen.<br />
Theoria cum praxi, mit einem<br />
geschichtlichen Rückblick in das Jahr<br />
1809 auf die Ausbildung junger Studenten<br />
an der Ecole Polytechnique in Paris<br />
spannte Prof. Lorenz einen Bogen positiver<br />
Erfahrung aus der Anwendung des<br />
Wissens und dem Lernen aus der Praxis:<br />
Schon damals begannen die Studenten<br />
ihr Zivilingenieurstudium mit einem<br />
Schiffbaupraktikum (Bild 4).<br />
Das Projektstudium in Cottbus<br />
in Beispielen<br />
Im geförderten Konzept des DGI nimmt<br />
das Projektstudium eine besondere Stellung<br />
in den Curricula der Bachelor-Studi-<br />
engänge beider Hochschulen ein.<br />
Je Semester werden in einem<br />
Projektmodul die verschiedenen<br />
Wissensstränge vertieft und<br />
zusammengeführt. Während des<br />
dynamischen Bearbeitungsprozesses<br />
muss sehr schnell neues<br />
Wissen erworben und zielführend<br />
angewendet werden. Beispielhaft<br />
für diese Konzeption stellten drei<br />
Studententeams ihre Projektentwürfe<br />
des vergangenen Jahres<br />
vor.<br />
Für das Bachelor-Studium an der<br />
BTU stand das Projekt “Entwurf<br />
eines Stabtragwerks” von Patrick<br />
Schramm, Marcus Else und Matthias<br />
Jedamzik. Sie entwarfen und konstruierten<br />
ein Autohaus, das mit einer<br />
abgehängten Dachkonstruktion überspannt<br />
und in statischer als auch konstruktiver<br />
Hinsicht gleichermaßen<br />
anspruchsvoll war.<br />
Ein Team von Studierenden der Hochschule<br />
Lausitz um Tim Hannewald, stellte<br />
das Preisträger-Projekt “Kohlebeißer”<br />
der letztjährigen deutschlandweit ausgeschriebenen<br />
Betonkanu-Regatta vor. Die<br />
außerordentlich engagierten Studenten<br />
hatten einen schwimmfähigen Lausitzer<br />
Kohlebagger unter Nutzung von ultrahochfesten<br />
Betonen für die Strebenkonstruktion<br />
des Auslegers nachgebaut.<br />
Neben der schlichten Größe überzeugten<br />
die innovativen modularen Verbindungsmittel<br />
für das Betonfachwerk die<br />
Fachleute (Bild 5).<br />
Das dritte Team um Matthias Kositz und<br />
Hagen Balscheit stellte Entwurfsgedanken<br />
aus dem Master-Studium für eine<br />
weitgespannte Eisenbahnbrücke vor.<br />
Dort standen der Entwicklungsprozess<br />
des statisch-konstruktiven Ansatzes<br />
einer Betonbogenbrücke und Lösungsansätze<br />
für konstruktionsbestimmende<br />
Details wie zum Beispiel Betongelenke<br />
im Vordergrund.<br />
Herausforderungen der<br />
Bauingenieurausbildung –<br />
Ansichten von Fachleuten<br />
Anschließend an die Vorstellung der<br />
Cottbuser Ansätze begleiteten die neuberufenen<br />
Beiratsmitglieder mit ihrer<br />
fachlichen Kompetenz die inhaltliche<br />
Diskussion um die Herausforderungen<br />
an eine neue Generation von Bauingenieuren:<br />
Prof. Dr. sc. techn. Eugen Brühwiler<br />
Prof. Dr. sc. techn. Eugen Brühwiler,<br />
Direktor des Fachbereichs Bauingenieur-