00_HB_Familienunternehmen_Kalss_Probst_Titelei 1..30 - Manz
00_HB_Familienunternehmen_Kalss_Probst_Titelei 1..30 - Manz
00_HB_Familienunternehmen_Kalss_Probst_Titelei 1..30 - Manz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
XIII XIII. Macht und Kontrolle im <strong>Familienunternehmen</strong><br />
sich die Frage, ob gesetzliche Mehrheitserfordernisse für die Hauptversammlung oder<br />
die Generalversammlung – dh die qualifizierte Mehrheit bei Satzungsänderung, Kapitalerhöhung,<br />
insb mit Bezugsrechtsausschluss – auch bei Beschlussfassungen im Syndikat<br />
zu berücksichtigen sind. 44 ) Das Thema spitzt sich auf die Frage zu, ob die einfache<br />
Mehrheit im Syndikat ausreicht, um eine einheitliche Simmabgabe auch in der Hauptversammlung<br />
abzugeben, obwohl dort eine Dreiviertelmehrheit verlangt wird. Mit der<br />
ganz überwiegenden Meinung ist das Mehrheitsprinzip im Syndikatsvertrag als wirksame<br />
Regelung anzuerkennen (vgl Rz 4/53; Rz 13/35). 45 ) Hat sich die Familie einem Dritteinfluss<br />
geöffnet, behält sie ihren beherrschenden Einfluss, weil sie im Rahmen des Syndikats<br />
durch die einfache Mehrheit ihre Interessen selbst bei Uneinigkeit innerhalb der<br />
Familie wahren kann. 46 )<br />
13/42 Wenn im Syndikatsvertrag allen Gesellschaftern von Anfang an klar dargelegt wurde,<br />
dass die einheitliche Beschlussfassung in der Hauptversammlung hilft, Auseinandersetzungen<br />
zu vermeiden und klar kommuniziert wurde, dass Minderheitsgesellschafter<br />
allenfalls Rechte aufgeben, dh dass den Gesellschaftern alle rechtlichen Konsequenzen<br />
der Umgehung der qualifizierten Quoren erklärt wurden und sie diese auch verstanden<br />
haben, ist es möglich, im Syndikat mit einfachen Mehrheiten Beschlüsse zu fassen. Zur<br />
Steigerung der Akzeptanz kann es in derartigen Situationen auch sinnvoll sein, die Entscheidung<br />
einer zweifachen Abstimmung zu unterwerfen: Wenn die erste Abstimmung<br />
eine Mehrheit ergeben hat, eine weitere Syndikatsversammlungs-Sitzung nach angemessener<br />
Frist (etwa nach drei Wochen) einberufen wurde und die Versammlung noch einmal<br />
mit dieser Mehrheit nach der „Abkühlphase“ entscheidet, wird die Zustimmung<br />
noch deutlicher. Durch diese zweiteilige Beschlussfassung wird der Mechanismus der<br />
Mehrheitsbildung offenkundig. Die nicht zustimmenden Gesellschafter haben sich zu<br />
diesem Mechanismus bekannt. Zudem ist er auch in den sonstigen Konzerngestaltungen<br />
zulässig. Die Verkomplizierung durch den zweiten Abstimmungsvorgang hat zumindest<br />
den Vorteil der höheren Akzeptanz für sich (vgl Rz 10/27).<br />
13/43 Umgekehrt stellt sich ebenso die Frage der Divergenz: Im Unternehmen reicht die<br />
Dreiviertelmehrheit (zB Änderung des Unternehmensgegenstands), die Familie legt aber<br />
im Syndikat Einstimmigkeit fest. Wiederum ist die Zulässigkeit mit der privatautonomen<br />
Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter zu rechtfertigen. Die Entscheidungsfreiheit<br />
verlangt aber auch in diesem Fall die Offenlegung der Wirkungen, dh der erschwerten<br />
Entscheidungsfindung.<br />
44 ) Dafür Habersack, ZHR 2<strong>00</strong>0, 1 ff; aA Zöllner in FS Ulmer 725 ff; ferner Westermann in FS<br />
Bezzenberger 449 ff; Westermann, ZGR 1996, 272 ff; Hofmann-Becking, ZGR 1994, 443; Schäfer,<br />
ZGR 2<strong>00</strong>9, 768 ff.<br />
45 ) Tichy, Syndikatsverträge 117 ff; Diregger/Tichy in Doralt/Nowotny/<strong>Kalss</strong>, AktG 2 § 121<br />
Rz 50; Kraus, Angebotspflicht im Syndikat 114 ff; BGH ZIP 2<strong>00</strong>9, 216; Noack, Gesellschaftervereinbarungen<br />
bei Kapitalgesellschaften 207 ff; Zöllner in FS Ulmer 236 ff; Westermann in FS Bezzenberger<br />
449 ff; Schäfer, ZGR 2<strong>00</strong>9, 768 ff; Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442, 452 f; aA Habersack, ZGR<br />
2<strong>00</strong>0, 1 ff; Habersack in Wilhelmi/Tröger, Familiengesellschaften 22 ff.<br />
46 ) Kraus, Angebotspflicht im Syndikat 118.<br />
402<br />
<strong>Kalss</strong>/<strong>Probst</strong>, <strong>Familienunternehmen</strong> (2013)