Wir halten Wort. - wob AG

Als deutschem Sohn eines mauretanischen Chinesen und einer tunesischen
Französin scheint Christophe Chan Hin eine gewisse kulturelle
Vielfältigkeit angeboren. Doch Multikulti ist zu kurz gesprungen für sein
Erstlingswerk „Ideal“, das ganz unbescheiden den Untertitel „Die neue
Weltreligion“ trägt. Chan Hin kreuzt darin die Philosophien, Religionen,
Werte und Generationenkonflikte der ganzen Welt. Locker an die Genesis
angelehnt, erfindet sich der schöpferische Protagonist eine Welt
samt Menschen und beobachtet, was dann passiert.
Da sprach die übergeordnete Entität: „Ich werde eine Welt schaffen, auf
dass ich mich nie wieder langweilen muss.“ Höret: Nicht das Wort, nicht
die Tat, nicht das Brainstorming und auch nicht die Fleischeslust stehen
am Anfang allen Schaffens, sondern die Langeweile – denn aus der Langeweile
entsprang die Tat.
Um Langeweile zu vermeiden, beschenkt der Schöpfer seine Menschen
nach und nach mit allerlei Idealen. Gottgleiche Vorbilder, denen sie huldigen
und nacheifern müssen. So ein Spaß, wenn sich Krieg und Liebe,
kosmische Ordnung, Konsumzwang und Kommunismus gegenseitig in
die Quere kommen.
Die satirische Leichtfüßigkeit, mit der Chan Hin das menschliche Verlangen
nach Führung und Fügung seziert, bestimmt auch seinen allgegenwärtigen,
vektorgrafischen Illustrationsstil. Form und Farbe nehmen
alles, was sie an Symbolik und psychologischer Wirksamkeit aufbieten
können und schreien es dem Leser geradezu entgegen. Wie ein Leitsystem
führen Tapetenmuster und seltsam bekannte Gesichter durch die
Ideal-Welt, detailverliebt und plakativ zugleich.
„Ideal“ ist eine Diplomarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign
der Hochschule Mannheim. Christophe Chan Hin verknüpft darin seinen
eigenen Text vor allem mit Lehrinhalten der Fakultätsinstitute für Designwissenschaft
und Printorientierte Medien. www.incredibul.de
Mannheimer Schule
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