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Wir halten Wort. - wob AG

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Professor Michael Throm lehrt Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Typografie<br />

an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim. Daneben arbeitet er als<br />

Designer auch für kirchliche Institutionen. Steffen Herbold hat sich mit ihm über das<br />

Thema Kirche und Kommunikation unter<strong>halten</strong>.<br />

¬ Michael, du befasst dich als Designer auch mit kirchlichen Projekten. Worum geht es dir dabei?<br />

Michael Throm: Im Unterschied zum klassischen Unternehmen und zur klassischen Marke gibt es – im christlichen Kontext – das<br />

allumfassendste Markenzeichen der Welt: das Kreuz. Dieses ist nicht nur Form, sondern es ist Programm für alle, die mit ihm, in<br />

seinem Zeichen arbeiten und an es glauben. In Medien gesprochen heißt das aber auch: Kirche und ihre Institutionen können es sich<br />

nicht erlauben, sich von der Welt abzukehren – auch wenn dies ein jahrhundertealtes christliches Motiv ist. Nach dem Eremitentum<br />

kommt immer die Verkündigung. Im spirituellen Vielerlei muss Farbe bekannt werden.<br />

¬ Behandelst du eine kirchliche Institution wie einen „ganz normalen“ Kunden oder legst du da besondere Maßstäbe an?<br />

Michael Throm: In der Führung der Marke, der gestalterischen Stringenz, der Struktur der Medienformen gelten gleich hohe Maßstäbe<br />

wie bei der Betreuung anderer Marken. Doch kommt im Bereich des Markenkerns ein Moment hinzu, das den meisten Brands in<br />

unterschiedlichen industriellen oder institutionellen Bereichen fehlt – das Moment einer langen Tradition des Miteinander. In der<br />

Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Angehörigen christlich-kirchlicher Institutionen fällt auf, dass der einzelne Mensch mit seinem<br />

Leben zur Lebendigkeit der Institution beiträgt – mit der Widmung eines ganzen Lebens oder auf ehrenamtlicher Basis; dass aber<br />

allen Mitarbeitern die hohe Verantwortung der Tradition und des gemeinsamen Glaubens und damit gemeinsamer Ziele sehr wichtig ist.<br />

Man könnte also im Umgang mit dem Redesign alter und dem Aufbau neuer kirchlicher Marken von einem höheren Respekt sprechen.<br />

¬ Mir wurde mal die Frage gestellt, was die Kirche vom modernen Marketing lernen kann; ich habe darauf geantwortet:<br />

„Gar nichts, weil das moderne Marketing alles von der Kirche gelernt hat.“ Wie denkst du darüber?<br />

Michael Throm: Ich gebe dir in dieser Beurteilung recht. Eingangs sprach ich schon über die Prägnanz des Zeichens „Kreuz“. Der<br />

Interpretationen dieses Zeichens gibt es viele. Angefangen von der Kreuzung, der Begegnung zweier Linien und Wege, dem Verweis<br />

nach „oben“ (Vertikale) und auf das umgebende Sichtfeld (Horizontale) der Menschen, der mit am einfachsten zu erlernenden Krakulur<br />

für Kinder, dem Konstruktionsprinzip für Architekten und damit dem Prinzip, wie wir in der westlichen Welt bauen und sie vermessen.<br />

Und natürlich im christlichen Sinne das Zeichen des Leidens. Aber schon durch die Aufzählung der heutigen Assoziationen allein zum<br />

Zeichen „Kreuz“ – die ja längst nicht alle sind – wird deutlich, welche Macht im Sinne von Marke und Marketing christliche Kirche<br />

durch die Jahrhunderte erlangt hat. Mit allen Höhen, wie der Beschäftigung der exquisitesten Künstler und später auch Wissenschaftler<br />

und Tiefen, wie Feld-, Kreuzzüge und Zwangsmission – den Begriff Marketing damit sehr weit dehnend. Ich würde sagen, dass Kirche<br />

unser Denken von Marke und Marketing geprägt hat. Man bemerkt dabei sehr wohl, dass sich alle Marken weltweit – vor allem wenn<br />

sie größer und älter werden – genau um den gleichen Markenkern und den gleichen Geist bemühen wie Kirche: Die Mitarbeiter eines<br />

Unternehmens/einer Marke sollen nach wie vor an die Marke glauben; diese ist für das Arbeitsleben mit Identifikation. Gleiches soll<br />

der Kunde bei Kauf oder Umgang mit Marke fühlen und glauben. Man kann dies eindrucksvoll nachweisen, indem man Mitarbeiter von<br />

aufgelösten oder „gemergten“ Unternehmen befragt, wie es ihnen unter dem neuen Dach eines Unternehmens oder einer Institution<br />

geht; die meisten beklagen einen Verlust beruflicher Werte und der Heimat.<br />

¬ Wie würdest du die zentrale Aufgabenstellung beim Marketing für kirchliche Institutionen umreißen?<br />

Michael Throm: Das Bemühen um Verständlichkeit für ein rational-materialistisches Umfeld bei Wahrung der Kommunikation der<br />

Tradition des christlichen Miteinander.<br />

¬ Verkomplizieren wir als Europäer oder als Deutsche das Thema?<br />

Michael Throm: Wenn wir den inneren und geistigen Reichtum, die Vielzahl von Meinungen und Institutionen an der Basis der Hauptamtlichen,<br />

Laien- und ehrenamtliche Organisationen mit ins Bild hineinnehmen, dann möchte ich die Frage eindeutig mit „ja“<br />

beantworten. <strong>Wir</strong> gehen zu sehr auf hochgespielte Einzelthemen ein und vergessen dabei etwas, das auch die kulturelle Mitte von sehr<br />

vielen von uns ist.<br />

¬ Ich danke dir für dieses interessante Gespräch.<br />

<strong>wob</strong>mag interview ¬ 33

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