Frühling 2010
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9 783034 010061<br />
+ + + d e r m a t h e m a t i k e r u n d d i e p h i l o s o p h i e + + +<br />
April <strong>2010</strong><br />
Br. ca. 400 S.,<br />
ca. CHF 58 / EUR 38<br />
Legierungen, Band 8<br />
ISBN 978-3-0340-1006-1<br />
Norman Sieroka<br />
geb. 1974, studierte Philosophie,<br />
Physik und Mathematik in Heidelberg<br />
und Cambridge. Er ist promovierter<br />
Physiker und Philosoph<br />
und arbeitet als Assistent für<br />
Wissenschaftsphilosophie an der<br />
er der bedeutendsten Mathematiker und<br />
genen Jahrhunderts. Seine Arbeiten sind in<br />
en philosophischen Überlegungen inspiriert<br />
matische Debatte um Intuitionismus und Forr<br />
Auseinandersetzung zwischen Husserlscher<br />
Konstruktivismus, Koordinatensysteme been<br />
der Ich-Vernichtung» und über den Begriff<br />
n auf Meister Eckhart und Nikolaus von Kues)<br />
eologie und Mathematik auf. Den Umgang des<br />
rsucht er mit Heideggerschen Begriffen, und<br />
einer Relativitätstheorie und Quantenmechaaterietheorie<br />
zurück, die er – in Anlehnung<br />
eine historische Dialektik des neuzeitlichen<br />
ETH Zürich.<br />
ucht.<br />
ch die Zusammenhänge und Einheitlichkeit<br />
b es um Mathematik, Physik, Subjektivität<br />
riiert Weyl einen Begriff der Aktivität, der<br />
rm von Umgebung bezieht. Eine Person konr<br />
Handeln, in gesellschaftlichen Umgebungen;<br />
en in einer raumzeitlichen Umgebung hervor;<br />
Analogien, die Weyls Überlegungen auszeich-<br />
ion durch die historische Betrachtung von<br />
bung, vor allem des intensiven Wechsel-<br />
Fritz Medicus (1876-1956). – Damit ist der<br />
lich, sondern auch methodisch zentral für eine<br />
he und philosophisch-systematische Relevanz<br />
r Anschlüsse der Positionen von Weyl und<br />
n bietet.<br />
Umgebungen Norman Sieroka<br />
Legierungen 8<br />
Norman Sieroka<br />
Norman Sieroka<br />
umgebungen<br />
SyMBOLISCHER KONSTRuKTIVISMuS IM ANSCHLuSS AN HERMANN<br />
WEyL uND FRITZ MEDICuS<br />
Umgebungen<br />
Symbolischer Konstruktivismus<br />
im Anschluss an<br />
Hermann Weyl und Fritz Medicus<br />
Hermann Weyl (1885–1955) ist einer der bedeutendsten<br />
In diesem Werk verfolgt der bekannte amerikanische Philosoph und Filmtheoretiker<br />
Stanley Cavell seine hermeneutische Auseinandersetzung mit der Tradi-<br />
Mathematiker und theoretischen tion des «moralischen Perfektionismus» physiker über alle Grenzen des der akademischen vergange-<br />
Disziplinen und Genres hinweg: Eine philosophische Tradition, die auf Platon<br />
nen Jahrhunderts. Seine zurückgeht, Arbeiten aber auch die Klassiker sind der modernen in Philosophie auffälliger einschließt, wird Weise<br />
mit Gesichtspunkten der Psychoanalyse, der Literatur und einer Tradition der<br />
populären Filmkunst konfrontiert, in der das, was bei Platon als Problem der<br />
von umfassenderen philosophischen überlegungen inspi-<br />
politischen Gemeinschaft erscheint, in komödiantischer und melodramatischer<br />
Gestalt als Problem der ehelichen Gemeinschaft angesprochen wird.<br />
riert und durchdrungen. «Moralischer Perfektionismus» bedeutet für Cavell nicht, die wirklichen Gegebenheiten<br />
im Lichte eines abstrakten Ideals zu verurteilen, sondern umgekehrt<br />
einen konventionellen Moralismus zu überwinden, der durch eine abstrakte<br />
Die innermathematische Debatte um Intuitionismus und<br />
Sicht des Guten bedingt ist. Der «moralische Perfektionist» im Sinne Cavells ist<br />
auf dem Weg nach der Stadt der Worte, nach einer wirklichen Gemeinschaft des<br />
Formalismus versteht Gesprächs. er entlang Das verlangt die Bereitschaft, einer eine Auseinandersetzung<br />
eigene Stimme zu entwickeln,<br />
nicht übereinzustimmen. Gerade an diesem Punkt erweisen sich die klassischen<br />
Traktate der Philosophie – Cavell zitiert Aristoteles zur Freundschaft, Milton zur<br />
zwischen husserlscher Phänomenologie und fichteschem<br />
Ehe und Nietzsche zur Rolle des bewunderten Genies – als zwar inspirierend,<br />
aber unzureichend, weil sie nur verallgemeinernd abhandeln, was einer Analyse<br />
Konstruktivismus, Koordinatensysteme von Einzelfällen bedarf. Das perfektionistische beschreibt Ziel, sich aus der platonischen er als<br />
Höhle des Gefangenseins in falschen Vorstellungen zu befreien, kann erst in<br />
«notwendige Residuen Relation der zu der jeweils IchVernichtung» besonderen Art von Unbewusstheit und Gefangenschaft, über den<br />
von der eine bestimmte Person betroffen ist, genauere Gestalt annehmen.<br />
Die philosophische Herangehensweise bedarf daher der Ergänzung durch die<br />
Begriff des Unendlichen Psychoanalyse; (und am anschaulichsten mit Verweisen aber sieht Cavell diese auf Problematik Meister in den<br />
Ehekonflikten eines Genres von Hollywood-Komödien vorgeführt, das er als Wie-<br />
Eckhart und Nikolaus derverheiratungskomödien von Kues) bezeichnet zeigt und er als eine Verbindungen<br />
Auseinandersetzung mit den<br />
Bedingungen nicht nur des moralischen, sondern auch des politischen Lebens<br />
deutet. Der Band bietet neben Werkinterpretationen von Freud, Shakespeare,<br />
zwischen Theologie Ibsen, und Shaw Mathematik und Henry James nicht nur eine auf. Einführung Den zu Klassikern Umgang der Philo- des<br />
sophie von Platon über Aristoteles, Locke, Kant, Emerson, Nietzsche zu Mill und<br />
Mathematikers mit Symbolen Rawls, sondern auch einen untersucht neuen, höchst vergnüglichen er mit Zugang zu heidegger<br />
Klassikern<br />
der Filmgeschichte wie It Happened one Night, The Philadelphia Story, Adam`s<br />
Rib, Gaslight, Mr. Deeds Goes to Town, Now, Voyager, Stella Dallas, The Lady Eve,<br />
schen Begriffen, und im Zuge der Etablierung von Allgemei<br />
His Girl Friday, The Awful Truth und Ein Wintermärchen (Rohmer).<br />
ner Relativitätstheorie und Quantenmechanik greift er auf<br />
eine leibnizsche Materietheorie zurück, die er – in Anleh<br />
Legierungen 7<br />
nung an den Deutschen herausgegeben Idealismus von Michael Hampe – in eine historische<br />
Dialektik des neuzeitlichen Materiebegriffs zu integrieren<br />
versucht.<br />
Norman Sieroka zeigt in seinem Buch die Zusammenhänge und die Einheitlichkeit all dieser<br />
Überlegungen auf. Egal ob es um Mathematik, Physik, Subjektivität oder Symboltheorie<br />
geht, immer variiert Weyl einen Begriff der Aktivität, der sich jeweils auf eine bestimmte<br />
Form von Umgebung bezieht. Eine Person konstituiert sich über ihre Aktivität, ihr Handeln,<br />
in gesellschaftlichen Umgebungen; Materie ruft physikalische Wirkungen in einer<br />
raumzeitlichen Umgebung hervor; usw. Es sind hier die strukturellen Analogien, die Weyls<br />
Überlegungen auszeichnen und verbinden.<br />
Ermöglicht wird diese Rekonstruktion durch die historische Betrachtung von Weyls eigener<br />
akademischer Umgebung, vor allem des intensiven Wechselverhältnisses mit dem Philosophen<br />
Fritz Medicus (1876–1956). Damit ist der Umgebungsbegriff nicht nur inhaltlich,<br />
sondern auch methodisch zentral für eine Arbeit, die wissenschaftshistorische und philosophischsystematische<br />
Relevanz beansprucht und die immer wieder Anschlüsse der Positionen<br />
von Weyl und Medicus an gegenwärtige Debatten bietet.<br />
8<br />
Cities of Words Stanley Cavell