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stadtgespräch ><br />

Zwischen Bäumen<br />

Der Aachener Wald ist Erhohlungsgebiet für die Städter, Lebensraum für unzählige Pflanzen und Tiere und für Revierleiter<br />

Johannes Odrost ist mehr <strong>als</strong> ein Ort der Holzproduktion. Er sucht in „seinem“ Wald die Stille.<br />

„Wir fahren noch eben Richtung Revierweg, da steht<br />

eine Buche, ich möchte schauen, ob meine Forstwirte<br />

die schon geschnitten haben.“<br />

Johannes Odrost steigt in seinen silbernen Suzuki<br />

mit Allradantrieb und ab geht es mitten hinein in<br />

den Wald. Mit Lederhose, dicken Schuhen und Mütze<br />

schützt er sich gegen die Widrigkeiten von Wind<br />

und Wetter. Sein Markenzeichen: der buschige, weiße<br />

Bart.<br />

Wir fahren Richtung Revierweg, Johannes Odrost<br />

grüßt jeden Spaziergänger. Man kennt einander –<br />

morgens um halb acht im Wald. Der Förster hält oft<br />

an, steigt aus, begutachtet einzelne Bäume. Xynthia<br />

hat am letzten Wochenende gewütet und im ganzen<br />

Wald sind die Folgen des Sturms offensichtlich: Bäume<br />

sind geknickt wie Mikadostäbchen, oder vom<br />

Sturm mitsamt ihrer Wurzel einfach aus dem Boden<br />

gerissen worden. Die erste Tour am Donnerstagmorgen<br />

geht Richtung Entenpfuhl: Es nieselt, ein kalter<br />

Wind pfeift über die Höhe und im Wald liegt noch<br />

eine Menge Schnee, während es in der Stadt schon<br />

taut.<br />

Gefährliche Waldarbeiten nach „Xynthia“<br />

Odrost packt eine Karte seines Reviers aus, bespricht<br />

mit seinen Leuten den Tagesplan. Noch liegen überall<br />

Stämme riesiger Bäume wild übereinander, an<br />

einigen Stellen ist kein Durchkommen.<br />

6 <strong>Klenkes</strong> April 2010<br />

Und die Arbeit ist gefährlich: Schutzhelme und<br />

Schutzkleidung sind Pflicht, Motorsägen hallen<br />

durch den Bestand, Sägespäne wirbeln durch die<br />

Luft. Zunächst müssen die dicken Stämme freigesägt<br />

und dann an den Wegesrand gezogen werden –<br />

„rücken“, so der Fachbegriff. Der „Harvester“ entastet<br />

und schneidet die dicken Stämme in gleichgroße<br />

Stücke. Diese werden in Güteklassen eingeteilt, markiert<br />

und dann erst aus dem Wald transportiert.<br />

Und all das Baum für Baum.<br />

Nächste Station ist der Bauwagen am Adamshäuschen.<br />

„Hier besuche ich meine Rotte, schaue,<br />

wie es ihnen geht und verteile Aufgaben.“ Mit „Rotte“<br />

bezeichnet Odrost seinen Trupp Waldarbeiter, im<br />

Bauwagen ist gerade Frühstückszeit. Tee aus der<br />

Thermoskanne, Butterbrote und ein Ofen, der<br />

kräftig bollert.<br />

Johannes Odrosts „Basisstation“ ist sein Forsthaus<br />

am Düsbergweg. Er ist natürlich lieber draußen, hat<br />

hier aber Heim und Büro. Er kontrolliert die Abschusspläne<br />

der Jäger, schaut, welche Bäume gefällt<br />

werden müssen und jetzt zu Beginn des Frühjahrs<br />

überlegt er sich, wo er welche Kulturen pflanzt. Planen,<br />

Säen, ernten, verkaufen – Waldarbeit heißt<br />

wirtschaften. Aber für Odrost ist der Wald viel mehr<br />

<strong>als</strong> ein Wirtschaftsobjekt, es geht nicht nur um Holzproduktion.<br />

„Ehrfurcht. Ich bin ehrfürchtig vor meinem<br />

Wald. Was ich mir heute überlege, trägt zum<br />

Teil erst in 40 oder 50 Jahren Früchte.“ Er fährt und<br />

schaut nach seinen kleinen Buchen, schaut, ob keine<br />

Rehe daran gefressen haben, denn irgendwann einmal<br />

sollen hier ja große Bäume draus werden.<br />

Seit 1882 Naherholungsgebiet<br />

Im Aachener Wald standen nicht schon immer hohe<br />

Bäume, vor 1882 gab es vorwiegend Büsche und niedere<br />

Bewaldung, daher auch der Name „Öcher<br />

Bösch“. Immer wieder wurde das Holz komplett<br />

gerodet und verheizt. Erst mit dem „Erholungsbeschluss“<br />

kam der Wald zu dem, was er jetzt ist. Dam<strong>als</strong><br />

beschloss die Stadt, dass für die schwer arbeitenden<br />

Menschen der Wald zum Erholungsgebiet<br />

gemacht werden sollte. Waldschenken, -cafés und -<br />

restaurants hatten ihre Hochzeit. „Man muss sich<br />

vorstellen, Gaststätten wie das Forsthaus Schönthal,<br />

der Bismarckturm oder das Gut Entenpfuhl hatten<br />

Außenbereiche mit insgesamt etwa 1.000 Plätzen!“<br />

Gaststätten wie die Waldschenke und Entenpfuhl<br />

sind noch Zeitzeugen aus dem 19. Jahrhundert. Von<br />

anderen Bauwerken wie dem Pelzerturm und dem<br />

Waldschlösschen gibt es bloß noch Postkarten und<br />

vielleicht noch den einen oder anderen Stein zwischen<br />

dem Wurzelwerk. Trotzdem, spaziert man<br />

durch den inzwischen frühlingshaften Wald, kann<br />

man sich gut vorstellen, wie einst die Bevölkerung<br />

hierherkam, um sich von der schweren Arbeit in der

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