Der Aufbau eines Schuhes
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Der Aufbau eines Schuhes
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warenspezifisches verkaufspraktikum – schwerpunkt schuhhandel<br />
Warenspezifisches Verkaufspraktikum<br />
Schwerpunkt Schuhhandel<br />
Kapitel 4 - <strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong><br />
Greil Denise<br />
Ein Projekt der Tiroler Fachberufsschulen und der<br />
Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Tirol<br />
© 2013 | Wirtschaftskammer Tirol – Sparte Handel<br />
<strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> Seite 1 von 20 08.02.2013
warenspezifisches verkaufspraktikum – schwerpunkt schuhhandel<br />
KAPITEL 4 - DER AUFBAU EINES SCHUHES ................................................ 3<br />
4.1 - DIE PRODUKTGESTALTUNG .......................................................................................................... 3<br />
4.2 - DIE FABRIKATION ...................................................................................................................... 4<br />
4.2.1 DIE ZUSCHNEIDEREI ............................................................................................................................. 4<br />
4.2.2 DIE STANZEREI .................................................................................................................................... 6<br />
4.2.3 DIE NÄHEREI ...................................................................................................................................... 7<br />
4.2.4 DIE MONTAGE .................................................................................................................................... 8<br />
4.3 MACHARTEN .............................................................................................................................. 9<br />
4.3.1 ÜBERSICHT ÜBER DIE MACHARTEN ....................................................................................................... 11<br />
4.3.2 GEKLEBT (AGO) ................................................................................................................................ 12<br />
4.3.3 RAHMENGENÄHT .............................................................................................................................. 13<br />
4.3.4 MOKASSINMACHART ......................................................................................................................... 14<br />
4.3.5 CALIFORNIA (MANDARIN) .................................................................................................................. 15<br />
4.3.6 FLEXIBEL .......................................................................................................................................... 16<br />
4.3.7 GESPRITZTE AUSFÜHRUNG .................................................................................................................. 17<br />
4.3.8 VULKANISIERT (VULCO) ...................................................................................................................... 18<br />
4.3.9 SPEZIELLE MACHART: ZWIEGENÄHT ..................................................................................................... 19<br />
4.4 VERZEICHNIS ............................................................................................................................ 20<br />
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Kapitel 4 - <strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong><br />
4.1 - Die Produktgestaltung<br />
<strong>Der</strong> Prozess der Schuhherstellung ist sehr komplex, da er von vielen Dingen (Materialwahl,<br />
Machart, Schnitte, Designs, ...) beeinflusst wird. Für die Bearbeitung im Vorfeld sowie den<br />
Zusammenbau <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> können diverse Maschinen verwendet werden. Heutzutage gibt<br />
es immer weniger Schuhmacher, die für den Kunden maßgeschneiderte Schuhe anbieten, die<br />
größtenteils aus Handarbeit bestehen.<br />
In der industriellen Fertigung laufen die Vorbereitungen für die kommenden Schuhmodelle<br />
bereits ein Jahr vor Start der eigentlichen Schuhproduktion. Designer befassen sich mit den<br />
essentiellen Fragen:<br />
Wie sieht die Mode in der kommenden Saison aus? Welche Farben, Formen und<br />
Materialien werden verwendet?<br />
Welche Modelle wurden bisher gut, und welche schlecht verkauft?<br />
Was aus der vergangenen Kollektion ist noch gefragt, und kann auch in die kommende<br />
Kollektion eingebunden werden?<br />
Sobald ein Designer diese Fragen für sich beantwortet hat, macht er sich an die Entwicklung<br />
des <strong>Schuhes</strong>. Zu Beginn arbeiten sie meistens mit der Hand, ohne über mögliche Grenzen bei<br />
der Produktion nachzudenken. Erst wenn die Entwürfe rein gezeichnet sind, werden sie zur<br />
Konstruktionsplanung weitergereicht. In enger Zusammenarbeit mit dem Designer versucht<br />
man unter Berücksichtigung von Materialwissen, Konstruktion- und Fabrikationsvorschriften<br />
sowie Qualitätssicherung, den Schuh am Computer zu gestalten. Dieses dreidimensionale<br />
Bildnis wird anschließend für die ersten Leistenkopien verwendet.<br />
Im Laufe der Arbeiten entstehen so am Computer alle wichtigen Teile, die man als<br />
Schablonen für die Fertigung <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> benötigt. Sämtliche Schablonen für z. B.<br />
Schaftteile werden mit allen wichtigen Markierungen versehen, anschließend dank der<br />
Gradierung (dem Vergrößern am Computer) in alle gewünschten Schuhgrößen berechnet und<br />
zum Handzuschnitt sowie dem Erstellen von Stanzeisen ausgedruckt oder direkt an das<br />
Computersystem der produzierenden Fabrik weitergeleitet.<br />
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4.2 - Die Fabrikation<br />
Da das Produzieren von Schuhen nach der jeweiligen Machart sehr aufwändig sein kann, ist<br />
die Fabrikation ein sehr zeitaufwändiger und teurer Prozess. Viele große Firmen verlagern<br />
ihre Fabriken in Länder, die mit billigen Löhnen arbeiten und versenden die im Ausland<br />
produzierten Schäfte nur zum Zusammenbau mit der Laufsohle in das Auftragsland.<br />
Die Arbeitsschritte in der Fabrikation beziehen sich auf<br />
die Zuschneiderei<br />
die Stanzerei<br />
die Näherei<br />
sowie der Montage.<br />
4.2.1 Die Zuschneiderei<br />
In der Zuschneiderei werden sämtliche Schaftteile zugeschnitten. Das kann per Hand, mit<br />
einem Stanzeisen oder mit dem Computer (CAM) mittels Cutter, Waterjet oder Laser<br />
geschehen.<br />
Eingeteilt werden die Schaftteile in<br />
Ober- und Futtermaterialien<br />
Zwischenfuttermaterialien<br />
sowie Verstärkungsmaterialien.<br />
Die Schaftteile werden auf Farb- und Materialunterschiede kontrolliert, sowie fortlaufend<br />
nummeriert (damit man rechts und links dem jeweiligen Schuhpaar zuweisen kann). Es<br />
werden sämtliche Matrizen gelocht, der Ristbereich des <strong>Schuhes</strong> bereits gewalkt (verformt)<br />
und die Stempel mit der Größe, der Weite und der Seriennummer aufgetragen.<br />
Die Dehnungsregel:<br />
Beim Zuschneiden muss immer das Zugverhältnis (die Dehnung) des Leders beachtet werden.<br />
Das bedeutet: Schaftteile können nicht in beliebiger Form aus einem Leder gestanzt werden,<br />
sondern müssen optimal auf der Lederhaut aufgelegt werden (der Schaft darf z. B. in<br />
Längsrichtung keine übermäßige Dehnung aufweisen).<br />
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Arbeitsprozesse in der Zuschneiderei sind:<br />
1. Lederkontrolle<br />
2. Zuschneiden von Hand (bei kleinen Serien oder Einzelstücken)<br />
3. Spalten (das Leder wird, wenn nötig, in die richtige Dicke gebracht)<br />
4. Oberleder stanzen (Schaftschnitte werden händisch oder mit Hilfe von CAM aus dem<br />
Leder gestanzt)<br />
5. Zwischenfutter und Verstärkungsmaterialien werden ausgestanzt<br />
6. Stempeln (auf der Innenseite des Leders!)<br />
7. Kanten färben (abgeschnittene Kanten werden gleich in der passenden Farbe<br />
eingefärbt)<br />
Die Schablonen werden<br />
auf das Leder gelegt und<br />
per Hand ausgeschnitten.<br />
Mit Hilfe von speziellen<br />
Maschinen können<br />
Zackenränder leichter<br />
ausgestanzt werden.<br />
Spezielle Musterungen<br />
werden zuerst per<br />
Hand auf das Leder<br />
übertragen.<br />
Anschließend werden<br />
sie ausgestanzt.<br />
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4.2.2 Die Stanzerei<br />
Folgende Komponenten werden in der Stanzerei für den Boden des <strong>Schuhes</strong> hergestellt:<br />
Laufsohlen, Zwischensohlen und Brandsohlen<br />
Absätze und Oberflecke<br />
Einstechrahmen und Zierrahmen<br />
Für die Herstellung der Bodenteile <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong>, sind verschiedene Stanzeisen nötig. Sie<br />
müssen höher geschnitten sein als die Stanzeisen für das Obermaterial und sind meistens dazu<br />
geeignet, mehrere Schichten gleichzeitig auszustanzen.<br />
Die Hinterkappen müssen entsprechend der Fersenform geformt werden und werden am Ende<br />
mit Klebstoff versehen, der im Schritt der Montage (5.2.4 Die Montage) durch<br />
Wärmeeinwirkung wieder weich wird.<br />
Beispielbilder bei einem in Handarbeit hergestellten Maßschuh:<br />
Aus 4 mm dicken Leder<br />
wird die Brandsohle<br />
ausgeschnitten<br />
Zum leichteren<br />
Verarbeiten wird die<br />
Brandsohle in ein<br />
Wasserbad gelegt<br />
Die Narbenseite der<br />
Sohle wird abgeglast<br />
(der Fußschweiß wird<br />
besser aufgenommen)<br />
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4.2.3 Die Näherei<br />
Die zugeschnittenen Schaftteile werden in der Näherei zusammengefügt. Je nach<br />
Schaftschnitt (Pumps, <strong>Der</strong>by) kann der Zeit- und Arbeitsaufwand sehr hoch sein und stellt<br />
hohe Anforderungen an den Menschen wie die Maschine.<br />
Bevor man mit dem Vernähen und Kleben der Teile beginnen kann, muss man die Schaftteile<br />
an den Kanten schärfen. Dieser Prozess soll später verhindern, dass die Schuhe sichtbare<br />
Übergänge an den Nähten bilden. Unterlagen sowie das Zwischenfutter muss aufgeklebt<br />
werden und die Verstärkungsbänder an den Kanten angebracht werden. Diese Bänder dienen<br />
dazu, dass beim Umbuggen von Kanten (dem Umbiegen) kein Verzug entsteht.<br />
Anschließend wird, je nach Zeichnung, das Oberteil (der Schaft) zusammengenäht. Dazu wird<br />
der Oberschaft mit dem Futterschaft verbunden. Eventuelle, helle Lederkanten werden<br />
neuerlich eingefärbt und die Hinternaht (zum Schutz vor Druck) verrieben.<br />
Nahtausführungen:<br />
Schäfte können in verschiedenen Ausführungen verarbeitet und produziert werden. Je mehr<br />
Teile zusammengenäht oder geklebt werden, umso verschiedener gestalten sich die<br />
Nahtverbindungen von ihnen.<br />
Halternähte: Diese Nähte dienen einzig dazu, den Schaft zusammenzuhalten.<br />
Ziernähte: Durch verschiedene Fäden, Stichmusterungen oder Farben beeinflussen<br />
sie die Optik des <strong>Schuhes</strong>.<br />
Schaftnähte: An dieser Naht wurde der Oberschaft mit dem Futterschaft verbunden.<br />
Man nennt sie auch Einsteppnähte.<br />
Wulstnaht: Kann sowohl zur Zierde als auch zur Verbindung dienen (Zick-Zack-Stich).<br />
Riegelnähte: <strong>Der</strong> Riegel verhindert das Ausreißen des Leders (beim Anziehend und<br />
Tragen des <strong>Schuhes</strong>, vermindern sie den Zug an Schwachstellen).<br />
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4.2.4 Die Montage<br />
Letzter Schritt bei der Verarbeitung der verschiedenen Teile zu einem Paar Schuhe ist die<br />
Montage. Man bezeichnet sie auch als Schusterei. Hier wird der Schaft mit den Bestandteilen<br />
der Sohle zusammengefügt und verbunden.<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, WIE man den Schaft mit der Sohle verbindet. Diese<br />
Versionen bezeichnet man als Machart.<br />
Klassische Arbeitsschritte bei der Montage sind:<br />
1. Befestigen der Brandsohle an dem Leisten<br />
2. Einkleben der Vorderkappe und der Hinterkappe (zwischen Schaft und Futter)<br />
3. Befestigen des Schaftes (provisorische Fixierung auf dem Leisten)<br />
4. Zwicken (endgültige Fixierung auf dem Leisten, verlangt sehr viel Feingefühl und<br />
Können)<br />
5. Einstechen (Annähen des Rahmens durch Schaft und Futter an die<br />
Brandsohlenrißlippe)<br />
6. Einsetzen der Gelenkfeder<br />
7. Sohlen- und Absatzbefestigung (je nach Machart erfolgt dies durch kleben, nähen oder<br />
schrauben, oder einer Kombination aus diesen)<br />
8. Montage des Absatzes (in vielen Fällen verwendet man heute schon vorgefertigte<br />
Absätze)<br />
Ebenfalls zur Montage gehört die Ausrüsterei oder sogenannte Finissage. Hier erhalten die<br />
Schuhe die gewünschte Politur, Imprägnierung sowie Einfärbung. Anschließend werden sie,<br />
wenn sie Schnürschuhe sind, geschnürt oder man bringt Schnallen, Schleifen oder<br />
Firmenzeichen an.<br />
Zum Abschluss kontrolliert man die Schuhe noch einmal, bevor sie eingepackt werden und<br />
bereit sind zum Ausliefern.<br />
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4.3 Macharten<br />
Unter dem Wort Machart versteht man die Verbindung zwischen dem Schaft mit der Laufsohle<br />
beziehungsweise der Brandsohle. Die Machart hat gravierenden Einfluss auf die späteren<br />
Eigenschaften des <strong>Schuhes</strong>! Sie können mit anderen kombiniert werden, sowie innerhalb einer<br />
Machart sind viele Varianten möglich.<br />
Zum Beispiel:<br />
Beim Mokassinschuh kann die Laufsohle entweder angeklebt oder durchgenäht werden. Man<br />
spricht dann von einem Mokassin mit durchgenähter Laufsohle.<br />
Man unterteilt Macharten in drei Gruppen:<br />
Aktuelle Sind häufig auf dem Markt anzutreffen<br />
Spezielle Werden je nach Schuhart oder Fabrikant hergestellt<br />
Historische Wurden früher oder werden noch vereinzelt hergestellt.<br />
Das linke Bild zeigt einen aufgeschnittenen Schuh in geklebter Machart. Das rechte Bild zeigt<br />
die Vergrößerung der Verbindung zwischen Schaft und Laufsohle.<br />
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Schuhe in geklebter Machart sind heute am häufigsten in den Geschäften anzutreffen. Die<br />
folgende Darstellung zeigt einen groben Ablauf zu deren Herstellung:<br />
1. Hinter- und Vorderkappe in den Schaft einlegen und verpressen.<br />
2. Brandsohle auf den Leisten heften<br />
3. Leisten mit aufgehefteter Brandsohle (in der Mitte sind die zwei Brandsohlen sichtbar)<br />
4. Schaft über den Leisten auf Brandsohle zwicken (Spitze, Gelenk und Ferse zwicken)<br />
5. Fertigsohle aufkleben<br />
6. Schuh ausleisten (vorher Schnürung öffnen)<br />
7. Halbe Decksohle einkleben<br />
8. Schuhe ausrüsten und einpacken<br />
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4.3.1 Übersicht über die Macharten<br />
Aktuelle Macharten:<br />
Geklebt (Ago)<br />
Rahmengenäht<br />
Mokassin<br />
California<br />
Flexibelgenäht<br />
Gespritzte Ausführungen<br />
Vulkanisiert<br />
Spezielle Macharten:<br />
Angeflochten<br />
Opanke<br />
Zwiegenäht<br />
Sacchetto<br />
Holzschuh<br />
Historische Macharten:<br />
Geschraubt<br />
Wendegenäht (cosy)<br />
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4.3.2 Geklebt (Ago)<br />
Diese Machart bezeichnet man auch als AGO (nach der Firma AGO Industriale in Triest<br />
benannt, die den Klebstoff zum ersten Mal ~1925 herstellte). Hauptmerkmal besteht darin,<br />
dass als Verbindung zwischen Schaft und Brandsohle / Laufsohle ein Klebstoff dient.<br />
Heutzutage bemüht man sich, lösungsfreien Klebstoff einzusetzen, der die Umwelt schont.<br />
Vorteile:<br />
sehr einfache Fabrikation (schnell und preisgünstig)<br />
sehr leichter, biegsamer Schuh<br />
problemlos zum reparieren<br />
die Klebstoffe sind nicht wasserlöslich<br />
Nachteile:<br />
der Schaftrand kann ausreißen<br />
bei zu dünner Sohle spürt man jede Unebenheit<br />
dünne Einballung (wenn überhaupt vorhanden, wodurch der Komfort leidet)<br />
Verwendung:<br />
alle Schuhe (flexibles, leichtes Schuhwerk bis zu Wander- oder Militärschuhe)<br />
1. 2. 3.<br />
1. geklebt OHNE Decksohle<br />
2. geklebt MIT Decksohle<br />
3. geklebt mit Rahmen<br />
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4.3.3 Rahmengenäht<br />
Dieser Schuh ist wohl die wertvollste Machart im Bereich der klassischen Schuhmode. Hierbei<br />
wird das Oberleder mit dem Futterleder und den Kappen sowie dem Rahmen an der<br />
Brandsohle mit Hilfe von Pechdraht dauerhaft vernäht.<br />
Als Höhenausgleich klebt man ein Bett aus Kork in den Schuh (zwischen Laufsohle und<br />
Brandsohle). Je schmäler der Rahmen ist, desto eleganter ist der Schuh.<br />
Vorteile:<br />
durch seine feste Lederbrandsohle, sowie der Verbindung zum Schaft ohne Klebstoff<br />
bietet der Schuh ein hohes Maß an Komfort<br />
sehr formbeständig<br />
bietet dem Fuß Halt, obwohl er biegsam bleibt<br />
Nachteile:<br />
komplizierte und aufwändige Fabrikation<br />
hohe Anfertigungskosten<br />
Verwendung:<br />
exklusive Herrenschuhe<br />
Damenschuhe für den Geschäftsbereich<br />
Maßangefertigte Einzelstücke<br />
1. 2. 3.<br />
1. rahmengenäht mit geklebter Sohle<br />
2. rahmengenäht mit angenähter Sohle<br />
3. rahmengenäht mit angenähter Zwischensohle<br />
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4.3.4 Mokassinmachart<br />
Als Vorbild diente die Fußbekleidung der Ureinwohner Amerikas. Das wesentliche Merkmal<br />
<strong>eines</strong> echten Mokassins ist der aus einem Stück geschnittene Schaft, welcher gleichzeitig als<br />
Brandsohle/Laufsohle dient.<br />
Vorteile:<br />
sehr anschmiegsam<br />
leicht und biegsam<br />
passt sich schnell dem Fuß an<br />
Nachteile:<br />
verformt sich leicht und ist kaum wasserdicht<br />
je nach Sohlenausführung spürt man den Boden sehr deutlich<br />
Verwendung:<br />
je nach Sohlenausführung in allen Bereichen anwendbar (leichte Herren- wie<br />
Damenschuhe)<br />
1. Das Klebeverfahren<br />
Hierbei wird sowohl die Außenseite des Schaftes wie auch die<br />
Innenseite der Laufsohle aufgeraut, entstaubt und mit Klebstoff<br />
versehen. Dann wird die Laufsohle auf den Schaft gepresst.<br />
<strong>Der</strong> Absatz wird meist durch eine Innennagelung befestigt.<br />
2. Das Klebe- / Durchnähverfahren<br />
Bei diesem Verfahren wird die Laufsohle erst geklebt und dann,<br />
nachdem der Leisten entfernt wurde, durchgenäht.<br />
3. Das Vulkanisationsverfahren<br />
Neuerdings findet man auch Mokassin-Schuhe mit anvulkanisierter<br />
Gummisohle bzw. angespritzter Kunststoffsohle (siehe<br />
Vulkanisiert).<br />
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4.3.5 California (Mandarin)<br />
Sie hat ihren Ursprung im asiatischen und arabischen Raum. Kennzeichnend dafür ist, dass die<br />
Innensohle, der Schaft und der Überzugsstreifen exakt ausgeschnitten werden und dicht am<br />
Rand zusammengenäht werden.<br />
Sie besteht somit hautsächlich aus Näharbeiten, da der Zwickvorgang entfällt.<br />
Vorteile:<br />
der Schaft ist sehr elastisch (da er nicht gezwickt wurde)<br />
die Plateausohle schützt den Fuß vor Unebenheiten<br />
einfache Herstellunng<br />
sehr leichter Schuh<br />
Nachteile<br />
nicht formbeständig<br />
bei zu starker Dehnung kann die Naht ausreißen<br />
nur beschränkt wasserdicht<br />
Verwendung:<br />
Hausschuhe<br />
Sandalen und Sandaletten<br />
1. 2.<br />
1. klassischer California<br />
2. California mit Gummistreifenband<br />
<strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> Seite 15 von 20 08.02.2013
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4.3.6 Flexibel<br />
Man bezeichnet diese Machart auch als "Stiched down". <strong>Der</strong> Schaft wird hierzu nach außen<br />
umgebogen und auf der vorstehenden Brandsohle, die auch gleichzeitig die Zwischensohle und<br />
Laufsohle sein kann , fixiert (durch nähen oder kleben).<br />
Vorteile:<br />
sehr flexibel, biegsam und angenehm<br />
einfache Herstellung<br />
die vorstehende Sohle schützt den Schaft und die Schuhspitze<br />
Nachteile:<br />
verformt sich sehr leicht<br />
je nach Ausführung weniger wasserdicht<br />
Verwendung<br />
Kinderschuhe<br />
Sandalen oder Sandaletten<br />
Schlupfschuhe für Damen wie Herren<br />
1. 2. 3.<br />
1. flexibel einfach mit Rahmen<br />
2. flexibel ohne Rahmen mit Untersohle<br />
3. flexibel mit überzogener Untersohle<br />
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4.3.7 Gespritzte Ausführung<br />
Diese Machart eignet sich hervorragend in der Massenproduktion. Die Sohlenform und der<br />
Leisten müssen bei der Herstellung aus Metall sein, damit das flüssige Granulat, welches<br />
erhitzt wurde, keine Schäden hinterlässt.<br />
Theoretisch kann bei fast allen Macharten die Sohle angespritzt werden, die gebräuchlichsten<br />
sind jedoch:<br />
Californiamachart: leichte und flexible Schuhe<br />
Mokassinmachart: leichte und flexible Schuhe<br />
geklebte Machart: schwere Schuhe<br />
Vorteile:<br />
sehr gute Verbindung zwischen der Sohle und dem Schaft<br />
preisgünstige Produktion bei großen Stückzahlen<br />
verschiedene Härtegrade bei der Sohle möglich<br />
einlegen einer Gummisohle in die Spritzform möglich (Mehrschichtsohle)<br />
Nachteile:<br />
Formen und Leisten sind sehr teuer<br />
Verwendung:<br />
alle Schuhtypen für Damen, Herren und Kinder.<br />
1. 2.<br />
1. gespritzt für leichte Schuhe<br />
2. gespritzt für schwere Schuhe<br />
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4.3.8 Vulkanisiert (Vulco)<br />
Auch diese Machart ist wegen der Anschaffungskosten für Leisten und Formen nur für<br />
Massenproduktionen geeignet.<br />
Im Gegensatz zur gespritzten Variante, wird hier das kalte Granulat in die Form geschüttet<br />
und anschließend auf 130° direkt am Schuh erhitzt.<br />
Als Basismachart empfiehlt sich die California-, die Geklebte- oder die Mokassinmachart.<br />
Vorteile:<br />
sehr gute Verbindung zwischen Schaft und Sohle<br />
preisgünstig durch die Massenproduktion<br />
flexibel, warm und rutschfest<br />
Nachteile:<br />
die Sohle ist eher matt<br />
Verwendung:<br />
Hausschuhe<br />
Winterschuhe<br />
Arbeitsschuhe<br />
Gummistiefel<br />
1. 2.<br />
1. vulkanisiert für leichte Schuhe<br />
2. vulkanisiert für schwere Schuhe<br />
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4.3.9 Spezielle Machart: Zwiegenäht<br />
Zwiegenähte Schuhe können entweder elegant-sportiv oder zum Outdoorbereich geeignet<br />
sein. Die Machart lässt den Schuh derber (gröber) erscheinen. Zudem ist er wasserresistenter<br />
als der rahmengenähte Schuh. Hauptmerkmal besteht darin, dass das Oberteil und die<br />
Zwischensohle rundum fest miteinander verbunden werden.<br />
Vorteile:<br />
durch seine massive Sohle bietet der Schuh den höchsten Komfort<br />
bleibt formbeständig und bietet dem Fuß Halt<br />
kann je nach Sohlenausführung biegsam bis starr sein<br />
beinahe wasserdicht<br />
Nachteile:<br />
komplizierte und sehr aufwändige Fabrikation<br />
hohe Anfertigungskosten<br />
die Nähte können durch Jauche, Zement oder Säuren usw. geschwächt werden und<br />
Verwendung:<br />
werden deshalb heute vielfach zur Sicherheit versiegelt<br />
Berg-, Kletter- sowie Wanderschuhe<br />
Jagd- und Motorradstiefel<br />
schwere Halbschuhe<br />
1. 2.<br />
1. zwiegenäht OHNE Rahmen (Beilagriehmen)<br />
2. zwiegenäht MIT Rahmen (Beilagriehmen)<br />
<strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> Seite 19 von 20 08.02.2013
warenspezifisches verkaufspraktikum – schwerpunkt schuhhandel<br />
4.4 Verzeichnis<br />
Version 2<br />
Quellenverzeichnis:<br />
Bundesgremium des Schuhhandels (Hg.): Schuhhandel - Für Schule und Praxis.<br />
Wien (o.J.)<br />
Deutsches Schuhinstitut (Hg.): Wie finde ich meinen passenden Schuh?<br />
Offenbach 2011 (Selbstverlag)<br />
Feyerabend, F.V.: Accessoires - Vorlagen für Modedesign und zweisprachiges<br />
Nachschlagewerk (Deutsch / Englisch). Stiebner Verlag, München 2009<br />
Füchsel, Heinz: Warenkunde für den Schuhhandel (Aufl. 19). Winklers Verlag,<br />
Darmstadt 1981<br />
Himer, Axel: Maßschuhe - Mit einem Vorwort von Albrecht Prinz von Croy.<br />
Fackelträger Verlag GMBH, Köln (o.J.)<br />
Schweizerischen Schuhhändlerverband (Hg.): Alles über Schuhe. Gelterkinden<br />
(o.J.)<br />
Abbildungsverzeichnis:<br />
Die Abbildungen in diesem Buch stammen aus den Büchern:<br />
Bundesgremium des Schuhhandels (Hg.): Schuhhandel - Für Schule und Praxis. Wien (o.J.)<br />
Himer, Axel: Maßschuhe - Mit einem Vorwort von Albrecht Prinz von Croy. Fackelträger Verlag GMBH,<br />
Köln (o.J.)<br />
Schweizerischen Schuhhändlerverband (Hg.): Alles über Schuhe. Gelterkinden (o.J.)<br />
Danke, dass wir sie benutzen dürfen!<br />
<strong>Der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> <strong>Schuhes</strong> Seite 20 von 20 08.02.2013