Das Magazin für Funk Elektronik · Computer
Das Magazin für Funk Elektronik · Computer
Das Magazin für Funk Elektronik · Computer
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Funk</strong><br />
Nationale Nachrichten-<br />
Satellitensysteme der USA<br />
Dipl.-Ing. HANS-DIETER NAUMANN<br />
Obwohl die USA bereits im Dezember 1958 begannen, mit Nachrichtensatelliten<br />
zu experimentieren, verging noch mehr als ein Jahrzehnt, ehe<br />
der erste nationale Satellit des Landes in den Orbit gelangte. Und obwohl<br />
schon 1962 amerikanische Experten Gedanken zu künftigen Direktempfangsmöglichkeiten<br />
über Satelliten vorlegten, dauerte es gar bis 1993,<br />
ehe der erste Direktempfangssatellit betriebsbereit war. Zu diesem Zeitpunkt<br />
aber gehörte der individuelle TV-Direktempfang via Fernmeldesatelliten<br />
schon nahezu ein Jahrzehnt zum amerikanischen Alltag.<br />
Über die scheinbar etwas verworrenen<br />
Wege nationaler Nachrichten-Satellitensysteme<br />
in den USA geht es in diesem zweiten<br />
Beitrag unserer zwanglosen Folge über<br />
nationale Nachrichten-Satellitensysteme<br />
rund um den Erdball.<br />
Schon 1962 berichteten die Amerikaner<br />
Havilland (General Electric) sowie Martin<br />
und Jacobs (NASA) anläßlich des 2. Internationalen<br />
Fernsehsymposiums in Montreux<br />
über „Erste Möglichkeiten <strong>für</strong> einen<br />
Weltraum-Rundflug“ und „Möglichkeiten<br />
<strong>für</strong> eine direkte Rundfunkversorgung von<br />
Satelliten aus“.<br />
Zu diesem Zeitpunkt wurden gerade die ersten<br />
Experimentalstationen der USA (Telstar,<br />
Relay) <strong>für</strong> den Start vorbereitet, die<br />
Monate später erstmals die Frage beantworten<br />
sollten, ob TV-Übertragungen über<br />
größere Entfernungen via Satellit überhaupt<br />
möglich sein würden. Die Frage des<br />
Direktempfangs durch den einzelnen Teilnehmer<br />
schien zu diesem Zeitpunkt recht<br />
vermessen und wurde dementsprechend<br />
wenig ernstgenommen.<br />
Trotzdem begannen Anfang der sechziger<br />
Jahre in den USA parallel mit der Entwicklung<br />
der ersten experimentellen Fernmeldesatelliten<br />
bereits Verhandlungen über<br />
die Schaffung eines nationalen Nachrichten-Satellitensystems.<br />
Doch die <strong>für</strong> die<br />
Genehmigung zuständige nationale Fernmeldebehörde<br />
FCC lehnte den Aufbau<br />
nationaler Systeme zunächst kategorisch<br />
ab und verzögerte Entscheidungen durch<br />
langwierige Streitigkeiten um damals banal<br />
anmutende Fragen, die ohnehin durch<br />
die technischen Grenzen der Satellitentechnologie<br />
beantwortet werden.<br />
■ 3,5 oder 10 m Durchmesser?<br />
Ein solcher Streitpunkt z. B. waren die<br />
maximalen Größen der Bodenempfangsantennen.<br />
Die FCC beharrte auf großen<br />
Antennen von mindestens 10 m Durchmesser,<br />
um Satelliten-Sendeleistungen geringhalten<br />
und damit Satelliten möglichst<br />
dicht beieinander stationieren zu können.<br />
252 • FA 3/95<br />
Die Nutzer in Gestalt der Fernmeldegesellschaften<br />
hingegen orientierten auf<br />
maximal 3,5 m Durchmesser, weil ein<br />
System insgesamt umso wirtschaftlicher<br />
ist, je mehr der leistungsmäßige Aufwand<br />
beim Satelliten konzentriert ist.<br />
Grund der FCC-Strategie aber war ureigenst<br />
das Intelsat-System, von den USA als internationales<br />
System initiiert und vom<br />
Reglement her monopolistisch beherrscht,<br />
<strong>für</strong> das keine Konkurrenz durch private<br />
oder nationale Systeme zugelassen werden<br />
sollte. So begannen erst 1970 neue Verhandlungen<br />
zwischen der FCC und nationalen<br />
Fernmeldegesellschaften, die schließlich<br />
1974 zum Start des ersten nationalen<br />
Fernmeldesatelliten der USA, Westar 1,<br />
der Western Union führten. Von wesentlichem<br />
Einfluß auf die Entwicklung der<br />
USA waren die zwischenzeitlich gefaßten<br />
Pläne des nördlichen Nachbarn Kanada.<br />
Hier war der Start des ersten nationalen<br />
Telemetrie- und<br />
Kommando-Antenne<br />
Antennen-<br />
Feeds<br />
Radiator<br />
Treibstofftank<br />
Apogäums-<br />
Motor<br />
Antennen-<br />
Reflektor<br />
Solarzellen<br />
Batterien<br />
Transponder-<br />
Endstufen<br />
Solarzellen<br />
Nationaler Nachrichtensatellit vom Typ<br />
Galaxy der Hughes Communications Inc.<br />
Bild: Archiv Autor<br />
Satelliten Anik 1 <strong>für</strong> 1972 geplant, der<br />
auch amerikanischen Nutzern zur Verfügung<br />
stehen sollte und damit als potentieller<br />
Konkurrent Handlungsbedarf der<br />
USA erforderte. Kanada übrigens begründete<br />
damit als erster Staat des amerikanischen<br />
Kontinents und nach der UdSSR<br />
zweiter in der Welt ein nationales Nachrichten-Satellitensystem.<br />
■ Boom im C-Band<br />
Nach dem Start von Westar 1 setzte in den<br />
USA ein wahrer Boom nationaler Satelliten<br />
ein, der Mitte der achtziger Jahre seinem<br />
Höhepunkt zustrebte. Gearbeitet wurde vorrangig<br />
im C-Band (6/4 GHz). Erst danach<br />
erfolgte zunehmend auch eine Nutzung des<br />
Ku-Bandes. Vorrangige Anwendungsbereiche<br />
der nationalen Satellitensysteme waren<br />
die Programmverteilung an die Kabelanlagen,<br />
was geringere Betriebskosten und<br />
höhere Flexibilität bei der Programmgestaltung<br />
ergab, sowie die Geschäftskommunikation.<br />
Daneben dienten und dienen<br />
diese Satellitensysteme <strong>für</strong><br />
– die Programmzuführung von Live-Veranstaltungen<br />
zu Kabel- und sonstigen<br />
regionalen Verteilanlagen, die in den<br />
USA eine wesentlich größere Rolle spielen<br />
als in Europa (im System Galaxy,<br />
z. B. an Wochenenden bis zu 40 Übertragungen),<br />
– Videokonferenzen im Geschäftsverkehr<br />
und Bildungswesen, z. B. auch zur Schulung<br />
der Vertriebsmitarbeiter von Großunternehmen<br />
wie IBM und Ford,<br />
– Verteilung der Meldungen von Presseagenturen,<br />
– digitale Übertragungen von Zeitungsfaksimiles<br />
zum Zwecke des dezentralen,<br />
regionalen Drucks,<br />
– Datenübertragungen im Geschäftsverkehr.<br />
Zu einem wahren Volkssport aber entwickelte<br />
sich von Anfang an das „Anzapfen“<br />
der Satelliten zum Zwecke des<br />
individuellen TV-Direktempfangs, wo<strong>für</strong><br />
sie ureigenst nicht geplant waren. Dieses<br />
Anzapfen war und ist – im Gegensatz zu<br />
Deutschland – nach amerikanischem Recht<br />
von jeher legal. War dieses Anzapfen nicht<br />
erwünscht, blieb es Aufgabe der Programmverteiler,<br />
ihre Sendungen entsprechend<br />
zu schützen. An einer solchen Kodierung<br />
waren andererseits die Auftraggeber<br />
von Werbespots nicht unbedingt<br />
interessiert, denn der Satellitenempfang<br />
erhöhte die Zuschauerzahlen und das in<br />
ganz Amerika.<br />
■ In der Prärie unverzichtbar<br />
So entwickelte sich der US-amerikanische<br />
Markt <strong>für</strong> den individuellen Satellitenempfang<br />
auf seine Weise. 1989 gab es