Vor Ort - Mieterberatung Prenzlauer Berg GmbH in Berlin
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Tagesaufgaben e<strong>in</strong>er BVV, s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong><br />
grundsätzlichen Fragen durch ihren<br />
Befragungscharakter e<strong>in</strong> wichtiges<br />
Kommunikations<strong>in</strong>strument zwischen<br />
Vertretungskörperschaft, Verwaltung<br />
und Bevölkerung. Dennoch<br />
sollten Bezirksamt und BVV aber<br />
immer jene Institutionen bleiben, wo<br />
die Entscheidungen letztlich getroffen<br />
werden, auch weil sie für ihre<br />
Entscheidungen und die daraus resultierenden<br />
Konsequenzen dann ganz<br />
konkret <strong>in</strong> Verantwortung genommen<br />
werden können.<br />
Der erste Versuch e<strong>in</strong>es Bürgerbegehrens <strong>in</strong><br />
unserem Bezirk, es g<strong>in</strong>g um die weitere<br />
Sanierung des Wasserturmplatzes <strong>in</strong> <strong>Prenzlauer</strong><br />
<strong>Berg</strong>, sche<strong>in</strong>t bereits gescheitert, bevor er<br />
überhaupt richtig zum Zuge kam. Der<br />
Bezirksstadtrat für Umwelt und Natur, Matthias<br />
Köhne, setzte die mit Anwohnern zum Schluss<br />
sehr <strong>in</strong>tensiv diskutierte Neugestaltung mit<br />
Unterstützung der BVV und gegen die Akteure<br />
des Bürgerbegehrens durch. Ist das nicht auch<br />
e<strong>in</strong> Konflikt zwischen BVV und Bürgern?<br />
Natürlich haben Anwohner das Recht,<br />
die Umgestaltung e<strong>in</strong>er Grünanlage<br />
zum Anlass e<strong>in</strong>es Bürgerbegehrens zu<br />
machen. Ob aber e<strong>in</strong> so lokal<br />
begrenztes Ereignis, wie es die<br />
Gestaltung e<strong>in</strong>es Platzes nun mal ist,<br />
tatsächlich auch e<strong>in</strong> geeigneter Gegenstand<br />
ist, darf zum<strong>in</strong>dest bezwei-<br />
Das Interview<br />
©Hartmut Seefeld<br />
Sanierungsbedürftige Kita am Wasserturm. Ohne Fördergelder werden Investitionen <strong>in</strong> die Infrastruktur viel schwieriger.<br />
felt werden. Immerh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d dafür<br />
zunächst über 8.000 Stimmen ausschließlich<br />
aus dem Bezirk notwendig,<br />
<strong>in</strong> der zweiten Etappe werden dann<br />
sogar über 40.000 Stimmen aus<br />
Pankow für den angestrebten Erfolg<br />
benötigt.<br />
Die Planung, die jetzt umgesetzt<br />
wird, ist ja längst schon e<strong>in</strong> Kompromissprodukt,<br />
das mit Anwohnern <strong>in</strong><br />
diversen Workshops ausgehandelt<br />
wurde. Auch die Akteure des Bürgerbegehrens<br />
haben im <strong>Vor</strong>feld wesentlich<br />
dazu beigetragen, dass es überhaupt<br />
zu e<strong>in</strong>em Kompromiss kam und<br />
auch deutlich weniger Baumfällungen<br />
stattgefunden haben als ursprünglich<br />
vorgesehen. Um Entscheidungen zur<br />
Gestaltung des Wasserturmplatzes zu<br />
bee<strong>in</strong>flussen, hätte es me<strong>in</strong>es Erachtens<br />
gar ke<strong>in</strong>es Bürgerbegehrens<br />
bedurft, denn, daran sei er<strong>in</strong>nert, die<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürger<br />
<strong>in</strong> der BVV und ihren Ausschüssen<br />
s<strong>in</strong>d sehr groß. Mit e<strong>in</strong>er eigenen<br />
Antragsidee für die BVV ist bei mir<br />
niemand vorstellig geworden.<br />
Im Nachbarbezirk Lichtenberg wird Bürgerbeteiligung<br />
noch auf e<strong>in</strong>er ganz anderen Ebene<br />
probiert. Dort praktiziert man jetzt e<strong>in</strong>en<br />
Bürgerhaushalt als Modellprojekt. Geld aus dem<br />
Bezirkshaushalt sollen Bürgergremien, unabhängig<br />
von der BVV und ihren Ausschüssen, <strong>in</strong><br />
eigener Hoheit für Investitionen verteilen<br />
<strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> 04. 2006 5<br />
können. Ist so e<strong>in</strong> Parallelhaushalt tatsächlich<br />
e<strong>in</strong>e gute Idee?<br />
Wir verfolgen das <strong>Vor</strong>haben dort sehr<br />
<strong>in</strong>teressiert. Es ist ja nicht umsonst e<strong>in</strong><br />
Modellprojekt, warten wir also ab,<br />
welche Erfahrungen dort gemacht<br />
werden. Auf die Auswertung s<strong>in</strong>d wir<br />
<strong>in</strong> der BVV sehr gespannt. Man sollte<br />
auch die Erwartungen an e<strong>in</strong>en<br />
solchen Bürgerhaushalt nicht zu hoch<br />
hängen, denn nur e<strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>ger<br />
Teil des Bezirkshaushalts, der <strong>in</strong><br />
Pankow <strong>in</strong>sgesamt rund 500 Millionen<br />
Euro jährlich umfasst, kann für solche<br />
D<strong>in</strong>ge zur Verfügung gestellt werden.<br />
Wenn aber e<strong>in</strong> Bürgerhaushalt dazu<br />
beitragen kann, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere<br />
Beteiligung der Bürger an der Haushaltspolitik<br />
des Bezirks, e<strong>in</strong> größeres<br />
Engagement für das Geme<strong>in</strong>wesen zu<br />
erreichen, kann es nur recht se<strong>in</strong>.<br />
Wor<strong>in</strong> werden die größten Herausforderungen<br />
nach den Wahlen im September für die neue BVV<br />
bestehen?<br />
Ganz oben auf der Agenda steht die<br />
Entwicklung und Sicherung der kommunalen<br />
Infrastruktur. Aufgrund der<br />
komplizierten Haushaltssituation <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> wie eben auch <strong>in</strong> Pankow wird<br />
es immer schwieriger, Schulen, Jugendfreizeite<strong>in</strong>richtungen,<br />
Galerien,<br />
Bibliotheken, die Musikschule, Seniorenfreizeittreffs<br />
und Kulturhäuser weiterh<strong>in</strong><br />
und vor allem auf qualitativ<br />
gutem Niveau zu betreiben oder <strong>in</strong><br />
Kooperation betreiben zu lassen.<br />
Dann werden wir uns mit dem<br />
Investitionsstau ause<strong>in</strong>andersetzen<br />
müssen. Immer weniger Geld wird ja<br />
aufgrund der desolaten Haushaltssituation<br />
<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätten, Straßen,<br />
Spielplätze oder Grünanlagen<br />
<strong>in</strong>vestiert. Das wird sich bald rächen.<br />
Und auch die Personalausstattung der<br />
Verwaltung wird noch weiter reduziert<br />
werden müssen. Hier ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
die Frage zu beantworten, ob<br />
wir das auch für den Preis e<strong>in</strong>er<br />
Reduzierung der Dienstleistungen<br />
wollen. Zudem steht <strong>in</strong> der kommenden<br />
Wahlperiode der Beg<strong>in</strong>n der<br />
Aufhebung der sieben Sanierungsgebiete<br />
<strong>in</strong>s Haus. Ke<strong>in</strong>er weiß heute<br />
genau zu sagen, welche Konsequenzen<br />
das haben wird.<br />
Das Gespräch führte Hartmut Seefeld.