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Rechtsanwaltskammern sollen<br />
Anschubfinanzierung leisten<br />
B eim<br />
11. Mediationskongress der<br />
Centrale für Mediation Mitte<br />
September 2006 in Köln diskutierten<br />
Vertreter aus <strong>Anwalt</strong>schaft<br />
und Justiz unter anderem über Sinn<br />
und Unsinn der gerichtsnahen Mediation,<br />
die sich derzeit landauf, landab<br />
verbreitet. Mitten in die zweitägige<br />
Veranstaltung platzte dann auch noch<br />
die Nachricht, dass die bayerische<br />
Justizministerin Dr. Beate Merk das<br />
in Bayern seit Anfang 2005 laufende<br />
Mediationsprojekt an 8 Landgerichten<br />
im Freistaat auf Grund des erfolgreichen<br />
bisherigen Verlaufs bis Ende<br />
2007 verlängert hat.<br />
Landgericht Paderborn wähnt<br />
sich auf der Erfolgsspur<br />
Moderiert wurde die Diskussion vom<br />
Kölner Rechtsanwalt und Mediator,<br />
Dr. h.c. Ludwig Koch, ehemaliger Präsident<br />
des Deutschen <strong>Anwalt</strong>vereins.<br />
Zu den Teilnehmern der Diskussion<br />
gehörten der Präsident des Landgerichts<br />
Paderborn, Dr. Volker Brüggemann,<br />
sein Kölner Kollege Helmut<br />
Zerbes und der Mönchengladbacher<br />
Rechtsanwalt Hans-Georg Monßen.<br />
Zunächst referierte Dr. Brüggemann<br />
über die Situation am Landgericht<br />
Paderborn. Dort wurden bis zum<br />
30.6.2006 insgesamt 654 Verfahren<br />
von den Streitrichtern an die gerichtliche<br />
Mediationsabteilung abgegeben.<br />
Davon endeten 268 mit einem<br />
Vergleich nach rund 2 Stunden Mediation.<br />
Brüggemann wertete dies als<br />
großen Erfolg, weshalb die Mediation<br />
nunmehr auch auf das Landgericht<br />
Detmold sowie das Verwaltungsgericht<br />
Arnsberg erweitert werde.<br />
Keine wirkliche<br />
Entlastung<br />
Genau umgekehrt argumentiert der<br />
Präsident des Landgerichts Köln, Helmut<br />
Zerbes: Letztlich seien die scheinbaren<br />
Erfolgszahlen der gerichtsnahen<br />
Mediation Augenwischerei. Denn rund<br />
25 Prozent aller Verfahren würden ohnehin<br />
auf konventionellem Weg durch<br />
Prozessvergleich erledigt. So liege die<br />
Vergleichsquote beim Landgericht Aachen<br />
bei 20 bis 22 %, beim Landgericht<br />
Bonn bei zirka 29 % und beim Landgericht<br />
Köln bei knapp unter 20 %.<br />
Dass demgegenüber die Mediation ein<br />
wesentliches Mehr an Erledigungen<br />
bislang streitiger Verfahren brächte, sei<br />
bisher nicht nachgewiesen. Im Gegenteil:<br />
Durch die weitere Spezialisierung<br />
werde die Justiz nicht ent-, sondern<br />
zusätzlich belastet. Allein am Landgericht<br />
Köln würden jährlich 14.000<br />
Verfahren von 60 Richtern bearbeitet.<br />
Eine wirkliche Entlastung wäre allenfalls<br />
dann denkbar, wenn die Verfahren<br />
durch externe Mediatoren bearbeitet<br />
würden. Dazu existiert in Köln eine<br />
Vereinbarung mit der dortigen Rechtsanwaltskammer,<br />
die KollegInnen mit<br />
Mediationsausbildung benennt, die<br />
die Mediation für 150 Euro pro Stunde<br />
durchführen. In Braunschweig beträgt<br />
das Honorar nur 75 Euro pro Mediation.<br />
Zerbes räumte allerdings ein,<br />
dass die Empfehlungen der Richterkollegen,<br />
eine außergerichtliche Mediation<br />
zu probieren, bisher eher bescheiden<br />
ausgefallen sei – und das trotz des<br />
Angebots der Anwälte, in der ersten<br />
Stunde kostenfrei zu arbeiten.<br />
MEDIATION<br />
Gerichtsnahe Mediation<br />
irreführend?<br />
Nach Ansicht von Rechtsanwalt<br />
Hans-Georg Monßen befindet sich<br />
die derzeitige gerichtsnahe Mediation<br />
in einer rechtlichen Grauzone. Freie<br />
Mediatoren genössen einen verfassungsrechtlich<br />
verbrieften Schutz gegen<br />
diese irreführende Geschäftserweiterung<br />
der Justiz. Diese werde aber<br />
nur dann entlastet, wenn die Richter<br />
tatsächlich externe Mediatoren beauftragten.<br />
Zudem sieht Monßen bei<br />
einzelnen Projektgerichten derzeit die<br />
Gefahr des Rechtsstreit-Tourismus, soweit,<br />
wie zum Beispiel am Landgericht<br />
Göttingen, alle eingehenden Klagen<br />
zunächst in das Mediationsverfahren<br />
laufen.<br />
Mediations-PKH<br />
gefordert<br />
Dr. h.c. Ludwig Koch bekräftigte indes,<br />
er habe überhaupt nichts gegen<br />
Richter als Mediatoren, wenn sie denn<br />
eine entsprechende Ausbildung absolvierten.<br />
Allerdings sei er dagegen,<br />
dass Mediation im Gerichtssaal stattfindet.<br />
Damit die Mediation verstärkt<br />
an freie Mediatoren abgegeben werden<br />
könne, müssten diese wie auch<br />
Anwälte, die als Mediatoren arbeiten,<br />
mehr unternehmerisches Risiko übernehmen.<br />
„Wir Mediatoren sind bereit,<br />
einen Probelauf zu machen“, gab<br />
Koch die Parole aus. Um dies zu finanzieren,<br />
schlug Koch vor, dass die<br />
Rechtsanwaltskammern als „reichste<br />
Institutionen Deutschland´s“ Anschubhilfe<br />
leisten sollten. Dabei<br />
schwebt Koch eine Mediations-Prozesskostenhilfe<br />
vor. Nach vier bis<br />
fünf Jahren könne man dann sehen,<br />
wie stark dadurch die Justiz tatsächlich<br />
entlastet worden sei.<br />
Linkhinweise:<br />
Centrale für Mediation<br />
in der <strong>Anwalt</strong>-<strong>Suchservice</strong> Verlag<br />
Dr. Otto Schmidt GmbH, Köln<br />
www.centralefuermediation.de<br />
6 / 2006 anwaltsreport<br />
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