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<strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong><br />

Das Wichtige im Überblick<br />

Mietrecht<br />

Vermieterinsolvenz: Mieter können Kaution nur bei<br />

Anlage auf gesondertem Konto herausverlangen<br />

(BGH)<br />

Verbrauchserfassungsgeräte: Mietdauer darf nicht<br />

einseitig auf zehn Jahre festgelegt werden (BGH)<br />

Arbeitsrecht<br />

Teilzeitwunsch: Verweigerte Zustimmung des<br />

Betriebsrats ist gerichtlich überprüfbar (LAG Schleswig-Holstein)<br />

Sozialrecht<br />

Hartz-IV: Arbeitsgemeinschaften sind verfassungswidrig<br />

(BVerfG)<br />

Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

Konzernauflösung: Namensrechte liegen nicht<br />

nur bei der das Ursprungsgeschäft fortführenden<br />

Tochtergesellschaft (OLG Düsseldorf)<br />

Bankrecht<br />

Bürgschaftsforderung: Verjährungfrist beginnt mit<br />

Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung<br />

(OLG Karlsruhe)<br />

Aus dem Inhalt:<br />

01/08<br />

Steuerrecht<br />

Tagesmütter: Vorerst kein Eingriff in bisherige<br />

Vergünstigungen (BMF)<br />

Mindeststreitwert: Nicht in Verfahren des vorläufigen<br />

Rechtsschutzes (BFH)<br />

Mehrwertsteuererhöhung: Familien sind nicht in<br />

Grundrechten verletzt (BVerfG)


<strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 01/08 Inhalt<br />

Vertragsrecht<br />

Strompreise dürfen nicht ohne weiteres an die<br />

Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes<br />

gekoppelt werden<br />

OLG Frankfurt am Main 13.12.2007, 1 U 41/07 4<br />

Mietrecht<br />

Insolvenz des Vermieters: Mieter können Kaution<br />

nur bei Anlage auf gesondertem Konto herausverlangen<br />

BGH 20.12.2007, IX ZR 132/06 4<br />

Mietdauer von Verbrauchserfassungsgeräten darf<br />

nicht einseitig auf zehn Jahre festgelegt werden<br />

BGH 19.12.2007, XII ZR 61/05 4<br />

Haftungs- und Versicherungsrecht<br />

Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen<br />

ist in Kraft getreten 5<br />

Familien- und Erbrecht<br />

Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts im Bundesgesetzblatt<br />

verkündet 6<br />

Arbeitsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Arbeits- und Sozialrecht 6<br />

Kommunale Arbeitgeber können von ver.di nicht<br />

die flächendeckende Einführung einer 40-Stunden-<br />

Woche verlangen<br />

ArbG Berlin 4.1.2008, 91 Ca 7827/07 7<br />

Verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zum<br />

Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers ist gerichtlich<br />

überprüfbar<br />

LAG Schleswig-Holstein 4.10.2007, 4 Sa 242/07 8<br />

Sozialrecht<br />

Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaften sind verfassungswidrig:<br />

Bund muss Betreuung von Leistungsempfängern<br />

neu regeln<br />

BVerfG 20.12.2007, 2 BvR 2433 u. 2434/04 8<br />

Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuregelungen<br />

im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 9<br />

Konzern wird aufgelöst: Namensrechte stehen nicht<br />

nur der das Ursprungsgeschäft fortführenden Tochtergesellschaft<br />

zu („Mannesmann“)<br />

OLG Düsseldorf 18.12.2007, I-20 U 69/07 10<br />

BMJ bringt Regelung zum Internationalen Gesellschaftsrecht<br />

auf den Weg – Abkehr von der „Sitztheorie“<br />

10<br />

Bankrecht<br />

Verjährungfrist einer Bürgschaftsforderung beginnt<br />

mit Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung<br />

OLG Karlsruhe 20.11.2007, 17 U 89/07 11<br />

Zwangsvollstreckung und Insolvenz<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuregelungen<br />

im Insolvenz- und Vollstreckungsrecht 11<br />

Berufsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Berufsrecht für Anwälte 11<br />

RDG im Bundesgesetzblatt verkündet 12<br />

Rechtsanwaltsvergütung: Bundesregierung<br />

beschließt Gesetzentwurf zur Vereinbarung von<br />

Erfolgshonoraren 12


<strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 01/08 Inhalt<br />

Steuerrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Steuerrecht 12<br />

Vorerst keine Änderung bei der Besteuerung der<br />

Kindestagespflege: Tagesmütter behalten die bisherigen<br />

Vergünstigungen 13<br />

In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist<br />

kein Mindeststreitwert anzusetzen<br />

BFH 14.12.2007, IX E 17/07 13<br />

Golfvereine können zum Vorsteuerabzug berechtigt<br />

sein<br />

BFH 11.10.2007, V R 69/06 14<br />

Erhöhung der Mehrwertsteuer verletzt nicht Grundrechte<br />

von Familien<br />

BVerfG 6.12.2007, 1 BvR 2129/07 14<br />

Verlag<br />

Impressum<br />

Verlag Dr. Otto Schmidt KG in Kooperation mit dem <strong>Anwalt</strong>-<strong>Suchservice</strong><br />

Gustav-Heinemann-Ufer 58<br />

50968 Köln<br />

Geschäftsführender Gesellschafter: Dr. h.c. Karl-Peter Winters<br />

Amtsgericht Köln, HRA 5237<br />

USt-Ident-Nr. DE 123047975<br />

Zitierweise<br />

<strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> Jahrgang, Ausgabe, Seite<br />

ISSN 1613-8090<br />

Schriftleitung und Verlagsredaktion:<br />

Petra Rülfing, Ass.jur; Imke Sawitzky, Ass.jur; Rüdiger Donnerbauer (verantw.)<br />

Redaktion <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong>, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln-Marienburg<br />

E-Mail: anwaltswoche@otto-schmidt.de<br />

Tel.: +49 (0) 221-93738-501<br />

Fax: +49 (0) 221-93738-951<br />

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Bezugspreis: 98,- € pro Jahr.<br />

Anzeigenleitung: Renate Becker<br />

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Haftungsausschluss<br />

Inhalte<br />

Die Inhalte der <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> werden sorgfältig geprüft und nach bestem<br />

Wissen erstellt. Jedoch kann keinerlei Gewähr für die Korrektheit, Vollständigkeit,<br />

Aktualität oder Qualität der bereitgestellten Informationen übernommen<br />

werden. Haftungsansprüche gegen den Verlag Dr. Otto Schmidt, welche<br />

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sind grundsätzlich ausgeschlossen, sofern auf Seiten des Verlages Dr. Otto-<br />

Schmidt kein nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden<br />

vorliegt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln nicht unbedingt die<br />

Meinung des Herausgebers wider.<br />

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Rechtswirksamkeit des Haftungsausschlusses<br />

Sofern Teile oder einzelne Formulierungen dieses Textes der geltenden<br />

Rechtslage nicht, nicht mehr oder nicht vollständig entsprechen sollten, bleiben<br />

die übrigen Teile des Dokumentes in ihrem Inhalt und ihrer Gültigkeit<br />

davon unberührt.


Vertragsrecht<br />

Strompreise dürfen nicht ohne weiteres<br />

an die Preisentwicklung des liberalisierten<br />

Strommarktes gekoppelt werden<br />

OLG Frankfurt am Main 13.12.2007, 1 U 41/07<br />

Energieversorgungsunternehmen dürfen in ihren Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen nicht regeln, dass sich eine Preisanpassung<br />

für die Stromlieferung an der Preisentwicklung des liberalisierten<br />

Strommarktes orientiert (so genannter Vario-Tarif), ohne<br />

dass den Kunden eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird.<br />

Eine solche Klausel ist unwirksam, weil sie die Kunden unangemessen<br />

benachteiligt.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Beklagte, das Energieversorgungsunternehmen X., ist nach<br />

ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Stromlieferungsverträge<br />

berechtigt, eine Anpassung ihrer Strompreise an die<br />

Marktpreise für vergleichbare Vertragsverhältnisse vorzunehmen.<br />

Dieser Tarif war für Verträge mit einer Dauer von mindestens<br />

zwölf Monaten gültig.<br />

Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte<br />

folgenden Wortlaut:<br />

Preisanpassung: Im Vario-Tarif wird X. die vereinbarten Preise<br />

in Anlehnung an die Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes<br />

für Tarifkunden variabel halten. Spätestens im Abstand<br />

von sechs Monaten werden die Marktpreise für vergleichbare Vertragsverhältnisse<br />

überprüft, gegebenenfalls wird eine Anpassung<br />

der Preise des Vario-Tarifes vorgenommen. Dabei stellt X. sicher,<br />

dass der Gesamtpreis des Vario-Tarifes stets unter den Preisen<br />

ihres Allgemeinen Tarifes liegen wird. X.wird den Kunden schriftlich<br />

in geeigneter Weise über Preisanpassungen informieren.<br />

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, vertrat die Auffassung,<br />

dass diese Klausel unwirksam sei, weil sie die Kunden der<br />

Beklagten unangemessen benachteilige. Die Unterlassungsklage<br />

hatte Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die Anpassungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

der Beklagten ist gemäß § 307 BGB unwirksam, weil sie die<br />

Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen<br />

benachteiligt.<br />

Die Klausel ermöglicht der Beklagten eine nachträgliche Verschiebung<br />

des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu Lasten ihrer<br />

Kunden, ohne dass ihnen aufgrund der zwölfmonatigen Vertragslaufzeit<br />

eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird.<br />

Dabei berechtigt die Klausel die Beklagte nicht nur zum Ausgleich<br />

gestiegener Kosten, sondern ermöglicht auch eine zusätzliche<br />

Gewinnerzielung zu Lasten der Kunden.<br />

Die Klausel regelt lediglich, dass die Preisanpassung sich an der<br />

Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes orientiert. Sie<br />

regelt indes nicht, dass die Preisanpassung nur im Rahmen und<br />

zum Ausgleich etwaiger Kostensteigerungen zulässig ist. Dasselbe<br />

gilt für die Bezugnahme auf „Marktpreise für vergleichbare<br />

Vertragsverhältnisse“. Die Klausel erlaubt dem Energieversorger<br />

damit eine von den Kunden nicht überprüfbare und nicht<br />

durch zwischenzeitliche Kostensteigerungen begrenzte Erhöhung<br />

des Vario-Tarifes.<br />

Mietrecht<br />

Insolvenz des Vermieters: Mieter können<br />

Kaution nur bei Anlage auf gesondertem<br />

Konto herausverlangen<br />

BGH 20.12.2007, IX ZR 132/06<br />

Mieter können die von ihnen geleistete Kaution bei Insolvenz des<br />

Vermieters nur dann ungekürzt herausverlangen, wenn der Vermieter<br />

die Kaution, wie in § 551 Abs.3 S.3 BGB vorgeschrieben, von<br />

seinem sonstigen Vermögen getrennt angelegt hat. Hat der Vermieter<br />

gegen diese Bestimmung verstoßen, stellt der Auszahlungsanspruch<br />

des Mieters nur eine einfache Insolvenzforderung dar.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Im Streitfall hatte der Vermieter die Kaution des klagenden Mieters<br />

nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt.<br />

Nachdem über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet<br />

worden war, verlangte der Mieter von dem beklagten Insolvenzverwalter<br />

die Auszahlung der vollständigen Kaution. Die hierauf<br />

gerichtete Klage hatte vor dem BGH keinen Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Dem Kläger steht das geltend gemachte Aussonderungsrecht<br />

nicht zu.<br />

Mieter können ihre Kaution bei Insolvenz des Vermieters nur<br />

dann ungeschmälert herausverlangen, wenn der Vermieter das<br />

Geld, wie gemäß § 551 Abs.3 S.3 BGB vorgeschrieben, getrennt<br />

von seinem sonstigen Vermögen angelegt hat. Anderenfalls stellt<br />

der Auszahlungsanspruch eine einfache Insolvenzforderung dar.<br />

Dies folgt aus dem insolvenzrechtlichen Grundsatz, dass eine<br />

Aussonderungsbefugnis bezüglich eines Kontoguthabens nur<br />

entstehen kann, wenn es sich um ein ausschließlich zur Aufnahme<br />

von Fremdgeldern bestimmtes Konto handelt.<br />

Wichtiger Hinweis für Mieter:<br />

Der BGH hat darauf hingewiesen, das Mieter trotz dieser Rechtslage<br />

nicht schutzlos gestellt sind. Sie können vom Vermieter den<br />

Nachweis verlangen, dass die Kaution auf ein Treuhandkonto<br />

angelegt worden ist. Solange der Vermieter diesen Nachweis<br />

nicht erbringt, dürfen sie die geschuldete Mietzahlung bis zur<br />

Höhe des Kautionsbetrags zurückhalten.<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten<br />

des BGH veröffentlicht.<br />

- Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.<br />

Mietdauer von Verbrauchserfassungsgeräten<br />

darf nicht einseitig auf zehn Jahre festgelegt<br />

werden<br />

BGH 19.12.2007, XII ZR 61/05<br />

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach<br />

Verbrauchserfassungsgeräte nur für die Dauer von zehn Jahren<br />

angemietet werden können, ist unwirksam. Eine solche Klausel<br />

benachteiligt die Mieter der Erfassungsgeräte unangemessen, weil<br />

ihnen einseitig das Verwendungsrisiko für den Mietgegenstand<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 4


auferlegt wird. So bleiben die Mieter selbst dann an den Vertrag<br />

gebunden und tragen das wirtschaftliche Risiko für die verwendeten<br />

Erfassungsgeräte, wenn sie diese gar nicht mehr benötigen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Beklagte befasst sich mit der Ermittlung und Abrechnung<br />

verbrauchsabhängiger Energiekosten und bietet ihren Kunden<br />

Verbrauchserfassungsgeräte zum Kauf sowie zur Miete an.<br />

In ihrem Formular für die Vermietung der Geräte verwendet die<br />

Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel,<br />

wonach die Laufzeit des Vertrags zehn Jahre beträgt und sich<br />

der Mietvertrag jeweils um denselben Zeitraum verlängert, wenn<br />

er nicht spätestens drei Monate vor Ablauf des Vertrags schriftlich<br />

von einem der Vertragspartner gekündigt wird. Für den Verkauf<br />

der Geräte und Zubehör regeln die Allgemeinen Geschäftsbedingungen,<br />

dass bei einem Zahlungsverzug des Kunden, die Beklagte<br />

das Recht hat, die gelieferten Geräte bis zu deren Bezahlung an<br />

sich zu nehmen (so genannte Rücknahmeklausel).<br />

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, vertrat die Auffassung,<br />

dass die Klauseln gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam seien,<br />

weil sie die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligten.<br />

Die Unterlassungsklage hatte Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die von der Beklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

verwendeten Klauseln sind gemäß § 307 Abs.1 BGB<br />

unwirksam, weil sie die Kunden der Beklagten entgegen dem<br />

Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.<br />

Eine Laufzeit von zehn Jahren beeinträchtigt die Interessen des<br />

Mieters der Erfassungsgeräte unangemessen, weil ihm einseitig<br />

das Verwendungsrisiko für den Mietgegenstand auferlegt wird.<br />

Der Mieter bleibt an den Vertrag gebunden und trägt das wirtschaftliche<br />

Risiko für die verwendeten Erfassungsgeräte, selbst<br />

wenn er diese nicht mehr benötigt. Er hat keine Möglichkeit, nach<br />

angemessener Zeit zu einem günstigeren Konkurrenzunternehmen<br />

zu wechseln oder auf einen geänderten Bedarf zu reagieren.<br />

Die Rücknahmeklausel widerspricht § 449 Abs.2 BGB, wonach<br />

der Verkäufer eine unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Sache nur<br />

herausverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist.<br />

Mit dem Grundsatz „keine Rücknahme ohne Rücktritt“ wollte<br />

der Gesetzgeber den Vorbehaltskäufer davor schützen, sowohl die<br />

Kaufsache herausgeben als auch den Kaufpreis zahlen zu müssen.<br />

Zudem ist das Sicherungsinteresse des Vorbehaltsverkäufers gegenüber<br />

dem mit der Kaufpreiszahlung in Verzug befindlichen Käufer<br />

durch die Möglichkeit des Rücktritts ausreichend gewahrt.<br />

Linkhinweis:<br />

- Die Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des<br />

BGH veröffentlicht. Für die Original-Pressemitteilung vom<br />

BGH klicken Sie bitte hier.<br />

Haftungs- und<br />

Versicherungsrecht<br />

Verordnung über Informationspflichten bei<br />

Versicherungsverträgen ist in Kraft getreten<br />

Am 1.1.2008 ist die Verordnung über Informationspflichten bei<br />

Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) in Kraft getreten. Sie<br />

beruht auf § 7 des neuen VVG und bestimmt, worüber die Versicherungen<br />

die Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss und<br />

während der Vertragslaufzeit informieren müssen. Erstmals ist<br />

eine Regelung zur Kostenangabe vorgesehen. Außerdem müssen<br />

die Versicherungen künftig ein „Produktinformationsblatt“ aushändigen.<br />

Die Regelungen zur Kostenangabe und zum „Produktinformationsblatt“<br />

gelten allerdings erst ab dem 1.7.2008.<br />

Die wesentlichen Neuerungen im Überblick:<br />

1. Pflicht zur Angabe der Kosten der Versicherung: Künftig<br />

müssen Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Vertrags darüber<br />

informiert werden, was die angebotene Lebens-, Berufsunfähigkeits-<br />

oder Krankenversicherung insgesamt kostet. Die Versicherer<br />

müssen dabei konkret angeben, welche Kosten sie in die<br />

Prämie eingerechnet haben. Die Neuregelung zur Kostenangabe<br />

tritt am 1.7.2008 in Kraft.<br />

2. Pflicht zur Aushändigung eines „Produktinformationsblattes“:<br />

Ebenfalls ab dem 1.7.2008 muss den Versicherungsnehmern<br />

vor Vertragsschluss ein „Produktinformationsblatt“<br />

ausgehändigt werden. Hierbei handelt es sich um ein Merkblatt,<br />

das die Verbraucher in übersichtlicher und verständlicher Weise<br />

über die für den Abschluss und die Erfüllung des Vertrags besonders<br />

wichtigen Umstände informieren soll. Im einzelnen muss<br />

das Merkblatt folgende Informationen enthalten:<br />

- Angaben zur Art des angebotenen Versicherungsvertrags,<br />

- Beschreibung der versicherten und ausgeschlossenen Risiken,<br />

- Angaben zur Höhe der Prämie, zur Fälligkeit und zum<br />

Zeitraum, für den die Prämie zu entrichten ist, sowie zu den<br />

Folgen unterbliebener oder verspäteter Zahlung,<br />

- Hinweise auf Leistungsausschlüsse,<br />

- Hinweise auf zu beachtende Obliegenheiten und die Rechtsfolgen<br />

ihrer Nichtbeachtung,<br />

- Angabe von Beginn und Ende des Versicherungsschutzes<br />

- und Hinweise zu den Möglichkeiten einer Beendigung des<br />

Vertrags.<br />

3. Bündelung der bisherigen Informationspflichten: Die Verordnung<br />

enthält zudem zahlreiche Informationspflichten, die seit<br />

langem geltendes Recht sind, bislang aber in unterschiedlichen<br />

Gesetzen geregelt waren. Die jetzt vorgenommene Zusammenfassung<br />

dient der Vereinheitlichung und soll dem Rechtssuchenden<br />

die Orientierung erleichtern.<br />

Der Hintergrund:<br />

Nach der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Reform des Versicherungsvertragsgesetzes<br />

(VVG) müssen Versicherungen ihre Kunden<br />

vor Vertragsabschluss umfassend beraten und die Gespräche<br />

dokumentieren. Außerdem sieht das neue Recht umfangreiche<br />

Änderungen bei der Beteiligung der Versicherten an stillen<br />

Reserven des Versicherers und bei der Berechnung des Rückkaufwerts<br />

von Lebensversicherungen vor.<br />

Linkhinweise:<br />

Auf den Webseiten des BMJ finden Sie<br />

- weitere Informationen zur VVG-InfoV und zum neuen<br />

VVG,<br />

- die VVG-InfoV im Volltext (PDF-Datei)<br />

- und die Begründung zur VVG-InfoV (PDF-Datei).<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 5


Familien- und Erbrecht<br />

Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts<br />

im Bundesgesetzblatt verkündet<br />

Am 28.12.2007 wurde das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts<br />

im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit kann es, wie<br />

geplant, zum 1.1.2008 in Kraft treten. Ebenfalls verkündet wurde<br />

das Erste Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes,<br />

das auch am 1.1.2008 in Kraft tritt. Die Dritte Verordnung<br />

zur Änderung der Kindesunterhalt-Vordruckverordnung<br />

folgte am 31.12.2007, die unter anderem den Vordruck für den<br />

Antrag auf Festsetzung von Unterhalt enthält. Die Verordnung<br />

tritt am 1.1.2008 beziehungsweise ein Tag nach der Verkündung<br />

in Kraft.<br />

Linkhinweis:<br />

Auf den Webseiten des Bundesgesetzblattes unter http://www.<br />

bgbl.de/ finden Sie<br />

- das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts<br />

(pdf-Datei),<br />

- das Erste Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes<br />

(pdf-Datei) und<br />

- die Dritte Verordnung zur Änderung der Kindesunterhalt-Vordruckverordnung<br />

(pdf-Datei).<br />

Weitere Informationen finden Sie auch unter<br />

www.neuesunterhaltsrecht.de.<br />

Arbeitsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Arbeits- und Sozialrecht<br />

Im Arbeits- und Sozialrecht sind im Laufe des Jahres 2007 zwar<br />

keine großen Reformen, aber eine Vielzahl von kleineren Änderungen<br />

in Kraft getreten – vor allem im Bereich der Bekämpfung<br />

der Langzeitarbeitslosigkeit. Weitere Schwerpunkte waren die<br />

Verlängerung der Sozialabgabenfreiheit der Entgeltumwandlung<br />

und die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.<br />

Die zuletzt viel diskutierte Einführung eines Post-Mindestlohns<br />

ist am 20.12.2007 vom Bundesrat abgesegnet worden.<br />

+++ Die wichtigsten Neuerungen im Überblick: +++<br />

Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung: Die<br />

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung fallen ab dem 1.1.2008<br />

von bisher 4,2 auf 3,3 Prozent.<br />

Längere Arbeitslosengeld-I-Leistungen für Ältere: Das<br />

Gesetzgebungsverfahren zur Verlängerung der Arbeitslosengeld-I-<br />

Bezugsdauer für ältere Arbeitslose auf bis zu zwei Jahre konnte im<br />

laufenden Jahr zwar nicht abgeschlossen werden. Die Änderungen<br />

sollen aber rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft treten. Ab dann<br />

soll gelten, dass Arbeitslose ab 50 Jahren für 15 Monate, Arbeitslose<br />

ab 55 Jahren für 18 Monate und Arbeitslose ab 58 Jahren für<br />

24 Monate Arbeitslosengeld I erhalten, wenn die entsprechenden<br />

Vorversicherungszeiten (30, 36 oder 48 Monate) erfüllt sind.<br />

Entgeltumwandlung: Nach dem Gesetz zur Förderung der<br />

zusätzlichen Altersvorsorge und zur Änderung des SGB III<br />

bleibt die Entgeltumwandlung auch über das Jahr 2008 hinaus<br />

sozialabgabenfrei. Außerdem wurde das Unverfallbarkeitsalter<br />

bei arbeitgeberfinanzierten Betriebsanwartschaften von 30 Jahren<br />

auf 25 Jahre abgesenkt und die Riester-Zulage für ab dem<br />

1.1.2008 geborene Kinder auf 300 Euro angehoben.<br />

Post-Mindestlohn: Der Bundesrat hat am 20.12.2007 der Ausweitung<br />

des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) auf Briefdienstleistungen<br />

zugestimmt. Der zwischen den Tarifvertragsparteien<br />

ausgehandelte Mindestlohntarifvertrag kann damit pünktlich<br />

zum Wegfall des Postmonopols am 1.1.2008 für allgemeinverbindlich<br />

erklärt werden. Hiernach gilt ein Mindestlohn in Höhe<br />

von 9,80 Euro für hauptberufliche Briefzusteller im Westen und<br />

9,00 Euro für hauptberufliche Briefzusteller im Osten. Arbeitnehmer,<br />

die etwa für das Einsammeln und Weiterleiten von Briefen<br />

zuständig sind, sollen im Westen mindestens 8,40 Euro pro Stunde<br />

und im Osten 8,00 Euro pro Stunde erhalten.<br />

Neue Rechengrößen in der Sozialversicherung: Nach der Verordnung<br />

über die Sozialversicherungsrechengrößen 2008 gelten<br />

vom 1.1.2008 an folgende neue Rechengrößen:<br />

- Jahresarbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze in der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung): 48.150 Euro/Jahr (West)<br />

- 48.150 Euro/Jahr (Ost)<br />

- Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Rentenversicherung:<br />

5.300 Euro/Monat (West) - 4.500 Euro/Monat (Ost)<br />

- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung:<br />

6.550 Euro/Monat (West) 5.550 Euro/Monat (Ost)<br />

- Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Krankenversicherung:<br />

3.600 Euro/Monat (West) - 3.600 Euro/Monat (Ost)<br />

- Bezugsgröße in der Sozialversicherung: 2.485 Euro/Monat<br />

(West) - 2.100 Euro/Monat (Ost)<br />

- Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung: 30.084 Euro/<br />

Jahr (West) - 30.084 Euro/Jahr (Ost)<br />

Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose: Am 1.10.2007<br />

sind die Gesetze zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von<br />

Langzeitarbeitslosen in Kraft getreten. Ein Gesetz betrifft die Förderung<br />

von Arbeitslosengeld-II-Empfängern unter 25 Jahren, für<br />

deren Einstellung Betriebe einen Qualifizierungszuschuss erhalten<br />

können. Das andere Gesetz beinhaltet Fördermaßnahmen für<br />

Langzeitarbeitslose über 25 Jahren. Für diese kann unter bestimmten<br />

Voraussetzungen ein Beschäftigungszuschuss in Höhe von bis<br />

zu 75 Prozent der Lohnkosten gezahlt werden.<br />

„Initiative 50plus“: Am 1.5.2007 ist die „Initiative 50plus“<br />

in Kraft getreten. Das Maßnahmenbündel soll die Beschäftigungschancen<br />

für ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose verbessern.<br />

Kernpunkte der Neuregelung sind Kombilöhne für ältere<br />

Arbeitslose, die sich für eine schlechter bezahlte Tätigkeit entscheiden,<br />

sowie Eingliederungszuschüsse für Arbeitgeber, die<br />

ältere Arbeitnehmer einstellen. Außerdem gelten neue Befristungsregelungen<br />

für ältere Arbeitnehmer.<br />

Erntehelfer: Das Bundeskabinett hat am 11.12.2007 beschlossen,<br />

die Eckpunkteregelung zur Zulassung ausländischer Saisonarbeitskräfte<br />

für zwei Jahre bis Ende 2009 in modifizierter<br />

Form zu verlängern. Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben<br />

wird daher weiterhin die Zulassung von 80 Prozent der bisher<br />

beschäftigten ausländischen Saisonarbeitskräfte garantiert. Neu<br />

ist, dass in Bezirken mit einer unterdurchschnittlichen Arbeitslosenquote<br />

der Anteil der ausländischen Saisonkräfte von vornherein<br />

90 Prozent betragen darf.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 6


SGG und ArbGG: Das Bundeskabinett hat am 14.11.2007 eine<br />

Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des Arbeitsgerichtsgesetzes<br />

(ArbGG) auf den Weg gebracht. Mit den Neuregelungen<br />

sollen die gerichtlichen Verfahren vereinfacht, die Justiz<br />

entlastet und die Prozesse beschleunigt werden. So ist etwa eine<br />

erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG geplant für<br />

Verfahren, in denen es überwiegend um übergeordnete Rechts-<br />

und nicht um Tatsachenfragen des Einzelfalls geht. Im ArbGG<br />

ist unter anderem die Einführung eines neuen Gerichtsstands des<br />

Arbeitsorts geplant.<br />

Sperrzeit: Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre Durchführungsanweisung<br />

zum Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs<br />

wegen einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) aktualisiert und vollständig<br />

überarbeitet. Danach führt der Abschluss eines Aufhebungsvertrags<br />

in vielen Fällen nicht mehr zu Einbußen beim Arbeitslosengeld.<br />

Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass die<br />

dem Arbeitnehmer im Rahmen des Aufhebungsvertrags zugesagte<br />

Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro<br />

Beschäftigungsjahr beträgt.<br />

Neue Ausbildungsordnungen: Zum 1.8.2007 wurden vier<br />

neue Ausbildungsberufe (Fachkraft für Holz- und Bautenschutzarbeiten,<br />

Holz- und Bautenschützer, Mathematisch-technischer<br />

Softwareentwickler und Sportfachmann/-frau) eingeführt und 18<br />

bestehende Ausbildungsgänge modernisiert. Von der Modernisierung<br />

sind insbesondere zahlreiche Elektro- und Metallberufe<br />

betroffen, bei denen die Zwischenprüfung künftig durch eine<br />

zweigeteilte Abschlussprüfung ersetzt wird.<br />

Künstlersozialversicherung: Im Frühjahr 2007 ist das Dritte<br />

Gesetz zur Änderung der Künstlersozialversicherung in Kraft<br />

getreten. Ein Schwerpunkt der Neuregelung ist die bessere<br />

Erfassung der Unternehmen, die künstlerische und publizistische<br />

Leistungen verwerten und damit abgabepflichtig sind. Daneben<br />

sollen auch die Angaben der versicherten Künstler und Publizisten<br />

systematischer als bisher überprüft werden.<br />

Befristungen in der Wissenschaft: Am 1.4.2007 ist das Gesetz<br />

zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft<br />

in Kraft getreten. Hierdurch wurden die bisherigen Möglichkeiten<br />

für die Befristung von Arbeitsverträgen im Wissenschaftsbereich,<br />

wie zum Beispiel bei Forschungsprojekten erweitert.<br />

Befristungen sind danach über einen Zeitraum von bis zu zwölf<br />

beziehungsweise 15 Jahren zulässig. Bei der Betreuung von Kindern<br />

verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Qualifizierungsphase<br />

um zwei Jahre je Kind.<br />

Saison-Kurzarbeitergeld: Das Saison-Kurzarbeitergeld gilt<br />

ab diesem Winter auch für Arbeitskräfte, die auf dem Gebiet des<br />

Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus tätig sind. Seit dem<br />

1.4.2007 werden die materiellen und finanziellen Grundlagen<br />

für die vollständige Einbeziehung des Garten-, Landschafts- und<br />

Sportplatzbaus in das Saison-Kurzarbeitergeld-System geschaffen.<br />

Ausweitung des AEntG auf Gebäudereiniger: Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz<br />

(AEntG), das bislang vor allem in der<br />

Baubranche die Einhaltung von Mindestlöhnen garantiert hatte,<br />

ist im Frühjahr 2007 auf das Gebäudereinigungshandwerk ausgedehnt<br />

worden.<br />

„Rente mit 67“: Das Renteneintrittsalter wird schrittweise von<br />

65 auf 67 Jahre angehoben. Hiervon sind alle Geburtsjahrgänge<br />

ab 1947 betroffen. Eine Ausnahme ist allerdings für Versicherte<br />

mit mindestens 45 Pflichtbeitragsjahren vorgesehen, die weiterhin<br />

mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Gleich-<br />

zeitig soll die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern durch<br />

Kombilöhne, Eingliederungszuschüsse und neue Befristungsregelungen<br />

gefördert werden („Initiative 50plus“).<br />

Kommunale Arbeitgeber können von ver.di<br />

nicht die flächendeckende Einführung einer<br />

40-Stunden-Woche verlangen<br />

ArbG Berlin 4.1.2008, 91 Ca 7827/07<br />

Die Gewerkschaft ver.di und die dbb Tarifunion sind trotz des<br />

mit den kommunalen Arbeitgebern abgeschlossenen „Tarifvertrags<br />

Meistbegünstigung“ nicht verpflichtet, aufgrund einer entsprechenden<br />

Regelung in Bayern flächendeckend eine 40-Stunden-Woche<br />

für die Beschäftigten des kommunalen öffentlichen<br />

Dienstes einzuführen. Der „Tarifvertrag Meistbegünstigung“<br />

berechtigt nicht zur Übernahme einzelner günstigerer Regelungen<br />

eines anderen Tarifvertrags, sondern nur zur Übernahme<br />

eines kompletten „Regelungspakets“.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Bei der Klägerin handelt es sich um die Vereinigung der kommunalen<br />

Arbeitgeberverbände (VKA). Nach einem zwischen ihr<br />

und der Gewerkschaft ver.di sowie der dbb Tarifunion (Beklagten)<br />

abgeschlossenen „Tarifvertrag Meistbegünstigung“ sind die<br />

Beklagten verpflichtet, einen anderweitig abgeschlossenen, für<br />

die Arbeitgeberseite günstigeren Tarifvertrag auch mit ihr abzuschließen.<br />

Unter Berufung auf diese Klausel verlangte die Klägerin von den<br />

Beklagten, die in einem Tarifvertrag der Tarifgemeinschaft deutscher<br />

Länder (TdL), bezogen auf Bayern, vorgesehene 40,1 Stundenwoche<br />

flächendeckend für die Beschäftigten des kommunalen<br />

öffentlichen Dienstes zu übernehmen. Die Beklagten lehnten<br />

den Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrags ab. Die hiergegen<br />

gerichtete Klage hatte vor dem ArbG keinen Erfolg. Die<br />

Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.<br />

Die Gründe:<br />

Die in dem Tarifvertrag der TDL vorgesehene Arbeitszeit ist<br />

zwar eine für die Klägerin günstigere Regelung als das aktuelle<br />

Tarifwerk im kommunalen öffentlichen Dienst , da dieses eine<br />

kürzere Wochenarbeitszeit vorsieht. Die Regelungen des „Tarifvertrags<br />

Meistbegünstigung“ erlauben es aber nicht, nur einzelne,<br />

eng gefasste Teilbereiche – wie hier die Arbeitszeit-Regelung<br />

– aus einem anderen Tarifvertrag zu übernehmen. Denn solche<br />

Einzelbestimmungen gehören regelmäßig zu einem „Paket“<br />

von Regelungen und können hiervon nicht in sinnvoller Weise<br />

getrennt werden.<br />

Der Hintergrund:<br />

Die VKA hat bereits angekündigt, gegen dieses Urteil Berufung<br />

einlegen zu wollen. Die Verlängerung der Arbeitszeit von 38,5<br />

auf 40 Wochenstunden werde zudem ein Schwerpunkt der Tarifrunde<br />

des öffentlichen Dienstes der Kommunen. Zu den kommunalen<br />

Arbeitgebern gehören unter anderem Verwaltungen,<br />

Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Sparkassen, Ver- und<br />

Entsorgungsbetriebe sowie Nahverkehrsunternehmen und Flughäfen.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 7


Verweigerte Zustimmung des Betriebsrats<br />

zum Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers ist<br />

gerichtlich überprüfbar<br />

LAG Schleswig-Holstein 4.10.2007, 4 Sa 242/07<br />

Verweigert der Betriebsrat im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts<br />

über die Lage der Arbeitszeit gemäß § 87 Abs.1 Nr.2<br />

BetrVG seine Zustimmung zum Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers,<br />

so muss der Arbeitgeber dies zwar beachten und darf dem<br />

Teilzeitwunsch zunächst nicht entsprechen. Erhebt der Arbeitnehmer<br />

jedoch hiergegen Klage, kann das Arbeitsgericht die<br />

Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats im Lichte des § 8<br />

TzBfG überprüfen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Kläger ist seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt, die mehrere<br />

Baumärkte betreibt. Nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit<br />

im Frühjahr 2007, begehrte die Klägerin die Verringerung<br />

ihrer Arbeitszeit von 37,5 auf 30 Stunden pro Woche und äußerte<br />

den Wunsch, montags bis freitags von 08:30 Uhr bis 14:30 Uhr<br />

sowie nach Absprache ein- bis zweimal pro Monat am Samstag<br />

zu arbeiten. Zur Begründung machte sie geltend, dass sie alleinerziehende<br />

Mutter eines dreijährigen Kindes sei und dieses nur<br />

in der Zeit von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr im Kindergarten betreut<br />

werden könne.<br />

Die Beklagte war zwar mit der Reduzierung, nicht aber mit der<br />

gewünschten Verteilung der Arbeitszeit einverstanden. Aufgrund<br />

der Öffnungszeiten der Baumärkte von 08:00 bis 20:00 Uhr würden<br />

alle Arbeitnehmer flexibel eingesetzt und zwar so, dass jeder<br />

ungefähr gleich oft für die weniger begehrten Nachmittags– und<br />

Samstagsschichten eingeteilt würde. Mit diesem Organisationskonzept<br />

seien die von der Klägerin gewünschten „starren“<br />

Arbeitszeiten nicht vereinbar.<br />

Auch der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zur gewünschten<br />

Lage der Arbeitszeit, da eine Ausnahme von der flexiblen<br />

Arbeitszeit für einzelne Arbeitnehmer den Betriebsfrieden<br />

erheblich stören würde.<br />

Die gegen die Ablehnung des Verteilungswunsches gerichtete<br />

Klage wies das ArbG ab. Auf die Berufung der Klägerin hob<br />

das LAG diese Entscheidung auf und gab der Klage statt. Die<br />

Beklagte hat hiergegen mittlerweile beim BAG unter dem Aktenzeichen<br />

9 AZR 893/07 Revision eingelegt.<br />

Die Gründe:<br />

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung<br />

zur gewünschten Verteilung der reduzierten Arbeitszeit.<br />

Betriebliche Gründe im Sinn von § 8 Abs.4 S.1,2 TzBfG stehen<br />

dem Verteilungswunsch nicht entgegen.<br />

Bei der Prüfung entgegenstehender betrieblicher Gründe ist<br />

zunächst zu fragen, ob ein betriebliches Organisationskonzept<br />

der vom Arbeitgeber für erforderlich gehaltenen Arbeitszeitregelung<br />

zugrunde liegt. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen,<br />

ob und inwieweit diese Arbeitszeitregelung dem Arbeitsverlangen<br />

des Arbeitnehmers entgegensteht. In einem dritten Schritt ist<br />

zu fragen, ob die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung<br />

besondere betriebliche Belange oder das Organisationskonzept<br />

wesentlich beeinträchtigen. Dabei müssen auch die Besonderheiten<br />

des konkreten Einzelfalls, wie etwa die Familiensituation<br />

des Arbeitnehmers, berücksichtigt werden.<br />

Der von der Beklagten für erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung<br />

liegt das Organisationskonzept zugrunde, den Bau-<br />

markt von 08:00 bis 20:00 Uhr zu öffnen und die Arbeitnehmer in<br />

diesem Arbeitszeitrahmen flexibel einzusetzen. Der Verteilungswunsch<br />

der Klägerin steht diesem Organisationskonzept zwar<br />

entgegen, weil sie nicht mehr flexibel, sondern zu bestimmten<br />

Arbeitszeiten eingesetzt werden möchte. Die dem Verteilungswunsch<br />

entgegenstehenden Gründe haben jedoch kein so großes<br />

Gewicht, dass hierdurch betriebliche Belange wesentlich beeinträchtigt<br />

würden.<br />

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zustimmungsverweigerung<br />

des Betriebsrats. Der Betriebsrat muss ebenso wie der<br />

Arbeitgeber abwägen, ob der Verteilungswunsch des Arbeitnehmers<br />

die besonderen betrieblichen Belange oder das betriebliche<br />

Organisationskonzept wesentlich beeinträchtigt. Verweigert also<br />

der Betriebsrat – wie hier - die Zustimmung zum Verteilungswunsch,<br />

muss der Arbeitgeber dies zwar zunächst beachten und<br />

darf dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers nicht entsprechen.<br />

Im Rahmen einer hiergegen gerichteten Klage ist die Zustimmungsverweigerung<br />

des Betriebsrats jedoch im Lichte des § 8<br />

TzBfG zu überprüfen.<br />

Diese Überprüfung fällt im Streitfall zugunsten der Klägerin aus.<br />

Weder die Beklagte noch der Betriebsrat haben die besondere<br />

familiäre Situation der Klägerin berücksichtigt und eine Einzelfallwürdigung<br />

vorgenommen, sondern sich starr auf das im<br />

Unternehmen bestehende Prinzip der flexiblen Arbeitszeit berufen.<br />

Linkhinweis:<br />

Für den auf den Webseiten des LAG Schleswig-Holstein veröffentlichten<br />

Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier<br />

(PDF-Datei).<br />

Sozialrecht<br />

Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaften sind verfassungswidrig:<br />

Bund muss Betreuung von<br />

Leistungsempfängern neu regeln<br />

BVerfG 20.12.2007, 2 BvR 2433 u. 2434/04<br />

Die im Rahmen der Hartz-IV-Reform beschlossene Zusammenlegung<br />

von Aufgaben der Kommunen und der Bundesagentur<br />

für Arbeit in gemeinsamen Arbeitsgemeinschaften („Argen“)<br />

ist verfassungswidrig. Eine solche Gemeinschaftseinrichtung<br />

ist im Grundgesetz nicht vorgesehen und verletzt die Kommunen<br />

in ihrem Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs.2 GG. Der<br />

Gesetzgeber muss spätestens bis zum 31.12.2010 eine verfassungskonforme<br />

Neuregelung schaffen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Mehrere Kommunen hatten sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde<br />

gegen die mit der Hartz-IV-Reform erfolgte neue Aufgabenverteilung<br />

bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen und bisherigen<br />

Sozialhilfeempfängern gewandt.<br />

Kernpunkt der Hartz-IV-Reform war die Zusammenlegung der<br />

Sozial- und Arbeitslosenhilfe zur neuen Grundsicherung für<br />

Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II). Nachdem sich Bundestag<br />

und Bundesrat nicht auf eine alleinige Aufgabenwahrnehmung<br />

entweder durch die Bundesagentur oder durch die kommunalen<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 8


Träger einigen konnten, verständigten sie sich im Vermittlungsausschuss<br />

auf eine zwischen der Bundesagentur für Arbeit und<br />

den kommunalen Trägern geteilten Leistungsträgerschaft.<br />

Damit die Betroffenen trotz der geteilten Leistungsträgerschaft<br />

„aus einer Hand“ betreut werden können, sieht § 44b SGB II vor,<br />

dass die Bundesagentur und die kommunalen Träger zur einheitlichen<br />

Wahrnehmung ihrer Aufgaben Arbeitsgemeinschaften<br />

errichten sollen.<br />

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde machten die Beschwerdeführer<br />

unter anderem geltend, dass sie durch die in § 44b SGB II vorgeschriebene<br />

Zusammenlegung von Aufgaben der Kommunen und<br />

der Bundesagentur für Arbeit in gemeinsamen Arbeitsgemeinschaften<br />

in ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie verletzt<br />

würden. Die Verfassungsbeschwerde hatte insoweit Erfolg.<br />

Das BVerfG gab dem Gesetzgeber auf, bis zum 31.12.2010 eine<br />

verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen.<br />

Die Gründe:<br />

Die in § 44b SGB II vorgesehene gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung<br />

von kommunalen Trägern und Bundesagentur für<br />

Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften verletzt die Beschwerdeführer<br />

in ihrem Grundrecht aus Art. 28 Abs.2 GG und verstößt<br />

gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Diese sieht<br />

Arbeitsgemeinschaften als Gemeinschaftseinrichtungen von<br />

Bundesagentur und kommunalen Trägern nicht vor. Es sind auch<br />

keine besonderen Gründe ersichtlich, die die gemeinschaftliche<br />

Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen<br />

könnte.<br />

Die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung kann insbesondere<br />

nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Grundsicherung für<br />

Arbeitssuchende „aus einer Hand“ gewährt werden soll. Hierbei<br />

handelt es sich zwar um ein sinnvolles Regelungsziel. Dieses<br />

Ziel kann aber auch dadurch erreicht werden, dass der Bund für<br />

die Ausführung den Weg der bundeseigenen Verwaltung wählt<br />

oder der Gesamtvollzug insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit<br />

überlassen wird.<br />

Eine sachliche Rechtfertigung ergibt sich auch nicht daraus, dass<br />

sich Bundestag und Bundesrat nicht auf eine alleinige Aufgabenwahrnehmung<br />

entweder durch die Bundesagentur oder durch die<br />

kommunale Ebene einigen konnten. Mangelnde politische Einigungsfähigkeit<br />

kann keinen Kompromiss rechtfertigen, der mit<br />

der Verfassung nicht vereinbar ist.<br />

Die Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft widerspricht außerdem<br />

dem Grundsatz der eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung.<br />

Dieser verpflichtet den zuständigen Verwaltungsträger,<br />

seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen,<br />

also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und<br />

eigener Organisation wahrzunehmen. Dies ist in den Arbeitsgemeinschaften<br />

weder für die Agenturen für Arbeit noch für die<br />

kommunalen Träger gewährleistet.<br />

§ 44b SGB II verstößt zudem gegen den Grundsatz der Verantwortungsklarheit.<br />

Die organisatorische und personelle Verflechtung<br />

bei der Aufgabenwahrnehmung behindert eine klare Zurechnung<br />

staatlichen Handelns zu einem der beiden Leistungsträger.<br />

Beleg hierfür sind die Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit<br />

von Bundes- und Landesrecht, wie sie etwa im Vollstreckungsrecht<br />

und beim Datenschutz aufgetreten sind.<br />

Der Hintergrund:<br />

Die Beschwerdeführer hatten sich außerdem dagegen gewandt,<br />

dass ihnen der Bundesgesetzgeber die Zuständigkeit für bestimmte<br />

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugewie-<br />

sen habe, ohne einen vollständigen Ausgleich der sich hieraus<br />

ergebenden finanziellen Mehrbelastungen vorzusehen. Insoweit<br />

hatte die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg.<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BVerfG veröffentlicht.<br />

- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

Handels- und<br />

Gesellschaftsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuregelungen<br />

im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht<br />

Das Jahr 2007 hat im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht<br />

einige Änderungen mit sich gebracht. Mit dem EHUG ist eine<br />

grundlegende Umstellung im Umgang mit veröffentlichungspflichtigen<br />

Unternehmensdaten erfolgt und das MoMiG soll<br />

GmbH-Gründungen erleichtern.<br />

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:<br />

Gesetz über das elektronische Handels- und Genossenschaftsregister<br />

sowie das Unternehmensregister (EHUG): Seit dem<br />

1.1.2007 gilt das EHUG, das eine grundlegende Umstellung im<br />

Umgang mit veröffentlichungspflichtigen Unternehmensdaten<br />

zur Folge hat. Veröffentlichungspflichtige Unternehmen müssen<br />

ihre Abschlüsse spätestens zum 31.12.2007 für das Geschäftsjahr<br />

2006 elektronisch beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers<br />

einreichen.<br />

Gesetzentwurf zur Modernisierung des GmbH-Rechts und<br />

zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG): Kernpunkt der<br />

Reform ist die Erleichterung und Beschleunigung von GmbH-<br />

Gründungen. So soll das Mindeststammkapital einer GmbH von<br />

bisher 25.000 auf 10.000 Euro herabgesetzt und in bestimmten<br />

Fällen sogar ganz auf ein bestimmtes Mindeststammkapital<br />

verzichtet werden. Außerdem sollen GmbH-Gründungen mit<br />

einer Mustersatzung nicht mehr beurkundungspflichtig sein. Das<br />

Gesetz wird voraussichtlich Mitte 2008 verabschiedet.<br />

Entwurf eines Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (Bil-<br />

Mog): Nach dem Gesetzentwurf sollen Unternehmen von vermeidbarem<br />

Bilanzierungsaufwand entlastet werden. So sollen<br />

mittelständische Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften<br />

(OHG, KG), die nur einen kleinen Geschäftsbetrieb<br />

unterhalten, von der handelsrechtlichen Buchführungs- und<br />

Bilanzierungspflicht gänzlich befreit werden. Für Kapitalgesellschaften<br />

wie AG und GmbH sind ebenfalls Befreiungen und<br />

Erleichterungen bei der Bilanzierung vorgesehen. Das Kabinett<br />

wird sich voraussichtlich im Januar 2008 damit befassen.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 9


Konzern wird aufgelöst: Namensrechte stehen<br />

nicht nur der das Ursprungsgeschäft<br />

fortführenden Tochtergesellschaft zu<br />

(„Mannesmann“)<br />

OLG Düsseldorf 18.12.2007, I-20 U 69/07<br />

Wird ein Konzern mit zahlreichen Tochtergesellschaften aufgelöst<br />

(hier: „Mannesmann“), so steht das Recht zur Verwendung<br />

des Konzern-Namens als Unternehmenskennzeichen nicht automatisch<br />

und ausschließlich der das Ursprungsgeschäft des Konzerns<br />

fortführenden Tochtergesellschaft zu. Das gilt jedenfalls<br />

dann, wenn der Umsatzanteil dieser Tochtergesellschaft über die<br />

Jahre kontinuierlich zurückgegangen ist und zum Schluss nur<br />

noch rund ein Zehntel des Gesamtumsatzes ausgemacht hat.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Bei der Klägerin handelt es sich um eine ehemalige Tochtergesellschaft<br />

des Mannesmann-Konzerns. Sie hatte das Geschäft<br />

mit der Herstellung von Röhren als den historischen Ursprung<br />

des Konzerns fortgeführt und war jedenfalls seit 1952 eine Tochtergesellschaft<br />

unter vielen. Ihr Anteil am Gesamtumsatz hatte<br />

über die Jahre erheblich abgenommen und betrug zuletzt zwölf<br />

Prozent.<br />

Die Beklagte ist ebenfalls eine ehemalige Tochtergesellschaft<br />

des Mannesmann-Konzerns. Sie war 1997 gegründet worden,<br />

um die Konzern-Aktivitäten im Bereich der Kunststofftechnik<br />

zusammenzufassen.<br />

Im Jahr 2000 wurde Mannesmann von Vodafone übernommen<br />

und der Mannesmann-Konzern aufgelöst. Daraufhin wurden die<br />

Klägerin und die Beklagte verkauft. Im vorliegenden Verfahren<br />

verlangte die Klägerin von der Beklagten, die Verwendung des<br />

Namens „Mannesmann“ als Unternehmenskennzeichen zu unterlassen.<br />

Aufgrund ihrer älteren Rechte stehe ihr das alleinige und<br />

ausschließliche Recht zur weiteren Benutzung des Namens zu.<br />

Die Klage hatte sowohl vor dem LG als auch vor dem OLG keinen<br />

Erfolg. Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.<br />

Die Gründe:<br />

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, die Verwendung<br />

des Namens „Mannesmann“ in ihrem Unternehmenskennzeichen<br />

zu unterlassen. Aufgrund ihrer gemeinsamen früheren<br />

Konzernzugehörigkeit steht beiden Parteien das Recht zur<br />

Benutzung des Namens „Mannesmann“ zu.<br />

Die Parteien waren während der gemeinsamen Konzernzugehörigkeit<br />

mit Erlaubnis der Konzernmutter unter teilweise gleichem<br />

Namen nebeneinander geschäftlich tätig. Dabei hat sich<br />

eine Gleichgewichtslage entwickelt, die keine ausschließliche<br />

Zuordnung des Rechts am Namen „Mannesmann“ an die eine<br />

oder die andere Partei erlaubt.<br />

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum gerade der Klägerin<br />

als eine Tochtergesellschaft unter vielen das alleinige und ausschließliche<br />

Recht zur Führung der früheren Konzernbezeichnung<br />

zustehen sollte. Sie hat zwar das Ursprungsgeschäft des<br />

Unternehmens fortgeführt, war aber dennoch nicht Muttergesellschaft,<br />

sondern spätestens seit 1952 nur noch Tochtergesellschaft.<br />

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ihr Anteil am Gesamtumsatz<br />

über die Jahre kontinuierlich zurückgegangen ist.<br />

Die Klägerin hatte damit im Konzern keine derart herausragende<br />

Stellung inne, dass sie sämtlichen anderen früheren Tochtergesellschaften<br />

die Führung des Namens „Mannesmann“ untersagen<br />

könnte.<br />

BMJ bringt Regelung zum Internationalen<br />

Gesellschaftsrecht auf den Weg – Abkehr<br />

von der „Sitztheorie“<br />

Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 7.1.2008 einen<br />

Gesetzentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht auf den<br />

Weg gebracht. Hiermit soll erstmals ausdrücklich geregelt werden,<br />

welches Recht auf grenzüberschreitend tätige Gesellschaften<br />

anwendbar ist. Dabei soll es entgegen der bisherigen Rechtspraxis<br />

nicht mehr auf den Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes<br />

der Gesellschaft ankommen („Sitztheorie“), sondern darauf, in<br />

welchem Land die Gesellschaft in ein öffentliches Register eingetragen<br />

worden ist („Gesellschaftsstatut“).<br />

Die wesentlichen Eckpunkte des Entwurfs im Überblick:<br />

- Anwendungsbereich: Der Entwurf betrifft grenzüberschreitend<br />

tätige Gesellschaften, Vereine und juristische Personen.<br />

Er soll das Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) entsprechend<br />

ergänzen und auch für solche Gesellschaften, Vereine<br />

und juristische Personen gelten, die nicht der EU oder dem<br />

Europäischen Wirtschaftsraum angehören.<br />

- Gesellschaftsstatut: Gesellschaften sollen grundsätzlich dem<br />

Recht des Staates unterliegen, in dem sie in ein öffentliches<br />

Register eingetragen sind. Auf eine in Großbritannien im<br />

Handelsregister eingetragene Gesellschaft soll also beispielsweise<br />

auch dann englisches Recht zur Anwendung kommen,<br />

wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausschließlich in einer<br />

Niederlassung in Deutschland ausübt. Das Gesellschaftsstatut<br />

soll insbesondere für Fragen der inneren Verfassung der Gesellschaft<br />

und ihres Auftretens im Rechtsverkehr sowie für die<br />

Haftung der Gesellschaft und ihrer Mitglieder gelten.<br />

- Umwandlung: Das Verfahren der Umwandlung einer Gesellschaft<br />

– zum Beispiel im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen<br />

- soll sich nach dem Recht des Gründungsstaats<br />

richten.<br />

- Grenzüberschreitender Rechtsformwechsel: Gesellschaften<br />

sollen unter Wahrung ihrer Identität dem Recht eines anderen<br />

Staates unterstellt werden können, wenn die betroffenen Rechtsordnungen<br />

dies zulassen. So kann etwa eine deutsche GmbH<br />

ihren Sitz nach Frankreich verlegen, indem sie sich als „Société<br />

à responsabilité limitée“ (S.A.R.L.) in das französische Register<br />

eintragen und im deutschen Handelsregister löschen lässt.<br />

Der Hintergrund:<br />

Bislang gibt es im deutschen Recht keine geschriebene Regelung<br />

zum anwendbaren Recht bei grenzüberschreitend tätigen<br />

Gesellschaften. In der Rechtspraxis wurde bisher an den tatsächlichen<br />

Verwaltungssitz der Gesellschaft und das dort geltende<br />

Recht angeknüpft. Diese „Sitztheorie“ verletzt nach Auffassung<br />

des EuGH allerdings die Niederlassungsfreiheit, da sie zur Folge<br />

hat, dass eine nach ausländischem Recht errichtete Gesellschaft<br />

mit Hauptsitz in Deutschland nicht wirksam am Rechtsverkehr<br />

teilnehmen kann, wenn sie nicht gleichzeitig auch die deutschen<br />

gesellschaftsrechtlichen Vorgaben einhält.<br />

Der vorliegende Referentenentwurf greift diese Kritik auf und<br />

will sicherstellen, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat<br />

wirksam gegründete Gesellschaft mit tatsächlichem Hauptsitz in<br />

Deutschland als rechts- und parteifähig anzusehen ist, ohne dass<br />

sie zusätzliche Anforderungen des deutschen Gesellschaftsrechts<br />

erfüllen muss. Das BMJ hat den Entwurf den Ländern, Fachkreisen<br />

und Verbänden zur Stellungnahme übersandt und rechnet im<br />

Frühjahr 2008 mit einer Beschlussfassung im Kabinett.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 10


Bankrecht<br />

Verjährungfrist einer Bürgschaftsforderung<br />

beginnt mit Fälligkeit der gesicherten<br />

Hauptforderung<br />

OLG Karlsruhe 20.11.2007, 17 U 89/07<br />

Die Verjährungfrist einer Bürgschaftsforderung beginnt gleichzeitig<br />

mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung. Da die<br />

Bürgschaftsverpflichtung mit dem Sicherungsfall entsteht, liegt<br />

kein so genannter verhaltener Anspruch vor. Auf eine Zahlungsaufforderung<br />

des Gläubigers an den Bürgen kommt es daher für<br />

den Eintritt der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung nicht an.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Klägerin hatte der S. GmbH im Jahr 1999 ein Existenzgründungsdarlehen<br />

in Höhe von 55.000 DM gewährt. Die Beklagte<br />

hatte als Geschäftsführerin der Beklagten die selbstschuldnerische<br />

Bürgschaft hierfür übernommen.<br />

Nachdem über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren<br />

eröffnet worden war, kündigte die Klägerin im August 2001 das<br />

Darlehen und stellte es zur Rückzahlung fällig. Erst rund fünf<br />

Jahre später, im Juni 2006, nahm sie die Beklagte aus der Bürgschaft<br />

in Anspruch und verlangte Zahlung. Hiergegen erhob die<br />

Beklagte die Einrede der Verjährung.<br />

Die Zahlungsklage hatte keinen Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Der Anspruch der Klägerin ist verjährt.<br />

Grundsätzlich ist für den Beginn der Regelverjährung nach §§<br />

195, 199 Abs.1 Nr.1 BGB (früher: § 198 BGB) auf den Zeitpunkt<br />

abzustellen, in dem der Anspruch entstanden ist. Das ist dann der<br />

Fall, sobald der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht<br />

werden kann.<br />

Auf Grund der Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der<br />

Hauptforderung (§ 767 Abs.1 S.1 BGB) richtet sich die Verjährung<br />

danach, wann der Anspruch auf Rückzahlung der Hauptforderung<br />

fällig geworden ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die<br />

Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger zur vertraglichen<br />

Fälligkeitsvoraussetzung gemacht worden ist. Ein solcher<br />

Ausnahmefall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Daher tritt im<br />

Streitfall der Beginn der Verjährung der Bürgschaftsforderung<br />

gleichzeitig mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung<br />

ein, also im August 2001.<br />

Da die Bürgschaftsverpflichtung mit dem Sicherungsfall entsteht,<br />

handelt es sich nicht um einen so genannten verhaltenen<br />

Anspruch handelt. Auf eine Zahlungsaufforderung des Gläubigers<br />

an den Bürgen kommt es daher für den Eintritt der Fälligkeit<br />

der Bürgschaftsforderung nicht an.<br />

Zwangsvollstreckung und<br />

Insolvenz<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten<br />

Neuregelungen im Insolvenz- und Vollstreckungsrecht<br />

Im Jahr 2007 sind im Insolvenz- und Vollstreckungsrecht einige<br />

wichtige Neuregelungen auf den Weg gebracht worden. Mit<br />

der Reform des Insolvenzrechts soll ein vereinfachtes Entschuldungsverfahren<br />

für mittellose Schuldner und mit dem Gesetz<br />

zur Reform des Kontopfändungsschutzes ein so genanntes Pfändungsschutzkonto<br />

(„P-Konto“) eingeführt werden.<br />

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:<br />

Reform des Insolvenzrechts: Mit dem Gesetzentwurf zur<br />

Reform des Insolvenzrechts soll ein vereinfachtes Entschuldungsverfahrens<br />

bei mittellosen Schuldnern eingeführt werden.<br />

Hiernach soll das dem Restschuldbefreiungsverfahren bislang<br />

zwingend vorgeschaltete Insolvenzverfahren entfallen, wenn der<br />

Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird. Das Gesetzgebungsverfahren<br />

soll in der ersten Hälfte von 2008 abgeschlossen<br />

werden.<br />

Reform des Kontopfändungsschutzes: Mit dem Gesetz<br />

zur Reform des Kontopfändungsschutzes soll ein so genanntes<br />

Pfändungsschutzkonto („P-Konto“) eingeführt werden, auf dem<br />

Schuldner für ihre Guthaben einen automatischen Sockel-Pfändungsschutz<br />

in Höhe von 985,15 Euro pro Monat erhalten sollen.<br />

Das Gesetz soll Ende 2008 in Kraft treten. Damit die Kreditwirtschaft<br />

ausreichend Zeit hat, sich auf die geänderte Rechtslage<br />

einzustellen, ist jedenfalls ein Zeitraum von sechs Monaten zwischen<br />

Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen.<br />

Gesetz zum Pfändungsschutz in der Altersvorsorge von<br />

Selbständigen: Nach der am 31.3.2007 in Kraft getretenen Neuregelung<br />

werden Leistungen aus Lebensversicherungen, die der<br />

Altersvorsorge eines Selbständigen dienen, genau so geschützt<br />

wie die Renten oder Pensionen von abhängig Beschäftigten.<br />

Berufsrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Berufsrecht für Anwälte<br />

Das Jahr 2007 hat für das anwaltliche Berufsrecht einige Änderungen<br />

gebracht. Nach dem neuen RDG dürfen künftig auch<br />

Nichtanwälte im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen<br />

Tätigkeit juristische Nebenleistungen erbringen. Ein weiterer<br />

Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Anwälte<br />

künftig in Einzelfällen Erfolgshonorare vereinbaren dürfen.<br />

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:<br />

Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG): Das neue RDG wird<br />

zum 1.7.2008 in Kraft treten und es künftig auch Nichtanwälten<br />

erlauben, im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen<br />

Tätigkeit juristische Nebenleistungen zu erbringen. Die im<br />

Gesetzentwurf der Bundesregierung noch vorgesehene Erweite-<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 11


ung der Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Angehörigen<br />

anderer Berufe ist im Gesetzgebungsverfahren dagegen vorläufig<br />

zurückgestellt worden.<br />

Neue <strong>Anwalt</strong>sordnung: Am 1.6.2007 ist das Gesetz zur Stärkung<br />

der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft in Kraft getreten.<br />

Das Gesetz beinhaltet eine umfassende Novellierung der<br />

Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Danach können Anwälte<br />

Zweigstellen einrichten und ab dem ersten Tag der Zulassung<br />

vor den OLG auftreten.<br />

Erfolgshonorare: Die Bundesregierung hat am 19.12.2007<br />

einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung<br />

von Erfolgshonoraren beschlossen. Danach sollen Rechtsanwälte<br />

in Einzelfällen mir ihren Mandanten eine erfolgsabhängige<br />

Vergütung vereinbaren dürfen.<br />

RDG im Bundesgesetzblatt verkündet<br />

Am 17.12.2007 wurde das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes<br />

(RDG) im Bundesgesetzblatt verkündet. Das<br />

RDG tritt damit zum 1.7.2008 in Kraft und erlaubt es künftig<br />

auch Nichtanwälten, im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen<br />

Tätigkeit juristische Nebenleistungen zu erbringen.<br />

Linkhinweis:-<br />

Für das auf den Webseiten des Bundesgesetzblattes unter<br />

http://www.bgbl.de/ veröffentlichte RDG klicken Sie bitte<br />

hier (pdf-Datei).<br />

Rechtsanwaltsvergütung: Bundesregierung<br />

beschließt Gesetzentwurf zur Vereinbarung<br />

von Erfolgshonoraren<br />

Die Bundesregierung hat am 19.12.2007 einen Gesetzentwurf zur<br />

Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren<br />

beschlossen. Danach sollen Rechtsanwälte in Einzelfällen mir ihren<br />

Mandanten eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbaren dürfen.<br />

Nach bislang geltendem Recht ist die Vereinbarung von Erfolgshonoraren<br />

generell unzulässig. Das BVerfG hat aber am 12.12.2006<br />

(Az.: 1 BvR 2576/04) entschieden, dass dieses generelle Verbot verfassungswidrig<br />

ist und der Gesetzgeber bis zum 30.6.2008 eine verfassungskonforme<br />

Neuregelung schaffen muss.<br />

Beschränkung auf Einzelfälle<br />

Anwälte und Mandanten sollen künftig in bestimmten Fällen eine<br />

erfolgsabhängige Vergütung vereinbaren können. Dies gilt insbesondere<br />

für Fälle, in denen der Mandant in Anbetracht seiner<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung absehen<br />

würde, wenn er nicht die Möglichkeit hat, mit dem Rechtsanwalt<br />

ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Ein solcher Fall kann beispielsweise<br />

vorliegen, wenn eine Partei einen wertvollen, aber<br />

sehr unsicheren Wiedergutmachungsanspruch geltend machen<br />

will und die <strong>Anwalt</strong>skosten hierfür nicht aufbringen kann. Auch<br />

hohe, streitige Schmerzensgeldforderungen können für Geschädigte<br />

ohne die Möglichkeit zur Vereinbarung von Erfolgshonoraren<br />

wirtschaftlich nur durchsetzbar sein.<br />

Nicht nur wirtschaftliche Verhältnisse der Mandanten<br />

sind ausschlaggebend<br />

Nach dem Gesetzentwurf ist ein Erfolgshonorar aber nicht nur<br />

für die Fälle zulässig, in denen die Mandanten über geringe<br />

finanzielle Mittel verfügen. Das BVerfG hat vielmehr gefordert,<br />

dass es nicht allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern<br />

auch auf das Kostenrisiko und seine Bewertung ankommt. Deshalb<br />

ermöglicht es der Vorschlag den Vertragsparteien, mit der<br />

Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf der Grundlage individueller<br />

und subjektiver Nutzen-Risiko-Erwägungen den besonderen<br />

Umständen der konkreten Rechtsangelegenheit Rechnung<br />

zu tragen.<br />

Schriftliche Belehrung erforderlich<br />

Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass Vereinbarungen über<br />

ein Erfolgshonorar zum Schutz der Vertragspartner der Schriftform<br />

bedürfen. Außerdem muss der <strong>Anwalt</strong> den Mandanten<br />

zuvor über die Bedeutung und die Risiken des Erfolgshonorars<br />

informieren.<br />

Linkhinweis:<br />

- Für den auf den Webseiten des BVerfG veröffentlichten<br />

Volltext der Entscheidung vom 12.12.2006 (Az.: 1 BvR<br />

2576/04) klicken Sie bitte hier.<br />

Steuerrecht<br />

Jahresüberblick 2007: Die wichtigsten Neuerungen<br />

im Steuerrecht<br />

Im Steuerrecht sind im Laufe des Jahres 2007 zahlreiche wichtige<br />

Neuerungen beschlossen worden. So sieht allein das Jahressteuergesetz<br />

2008 über 200 Änderungen vor. Außerdem hat der<br />

Gesetzgeber die Unternehmensteuerreform 2008 verabschiedet<br />

und eine Erbschaftsteuerreform auf den Weg gebracht.<br />

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:<br />

Unternehmensteuerreform: Schwerpunkt der bereits in Kraft<br />

getretenen Unternehmensteuerreform ist die Absenkung der<br />

Steuerlast von Kapitalgesellschaften auf unter 30 Prozent. Die<br />

Körperschaftsteuer wurde auf 15 Prozent reduziert. Weiteres<br />

Kernstück ist die Einführung einer Abgeltungsteuer, die überwiegend<br />

ab 2009 - für bestimmte Anlagen allerdings schon ab<br />

dem 9.11.2007 - Erträge aus Zinsen, Dividenden oder Kursgewinnen<br />

mit einheitlich 25 Prozent erfasst. Im Rahmen der Verabschiedung<br />

des Jahressteuergesetzes 2008 wurden bereits erste<br />

Korrekturen an der Reform beschlossen, die insbesondere die<br />

Abgeltungsteuer betreffen.<br />

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter www.unternehmensteuerreform.de.<br />

Jahressteuergesetz 2008: Das neue Jahressteuergesetz, das<br />

zum 1.1.2008 in Kraft tritt, sieht über 200 Änderungen vor und<br />

soll insbesondere dem Bürokratieabbau sowie der Rechtsvereinfachung<br />

dienen. Wichtige Punkte sind etwa die Einführung<br />

der elektronischen Steuerkarte und einer „Steuerzentraldatei“<br />

sowie die Präzisierung des Missbrauchstatbestands in § 42 AO.<br />

Ursprünglich war zudem die Einführung eines Anteilsverfahrens<br />

für berufstätige Ehepaare vorgesehen, das eine anteilsmäßige<br />

Verteilung der Lohnsteuer erlaubt hätte. Dieses Vorhaben wurde<br />

aber wieder aufgegeben.<br />

Erbschaftsteuerreform: Das Bundeskabinett hat am<br />

11.12.2007 einen Gesetzentwurf zur Reform des Erbschaftsteu-<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 12


er- und Bewertungsrechts beschlossen. Kernpunkt der Reform<br />

ist eine einheitliche Bewertung aller Vermögenswerte nach dem<br />

gemeinen Wert. Die hiermit verbundene Höherbewertung von<br />

Grundeigentum soll durch deutlich höhere Freibeträge für nahe<br />

Familienangehörige ausgeglichen werden. Außerdem sieht der<br />

Gesetzentwurf vor, dass 85 Prozent des Betriebsvermögens von<br />

der Erbschaftsteuer verschont bleiben, wenn der Großteil der bisherigen<br />

Arbeitsplätze über mindestens zehn Jahre erhalten bleibt<br />

und der Betrieb über mindestens 15 Jahre fortgeführt wird.<br />

Finanzverwaltungsgesetz: Der Bundesrat hat am 30.11.2007<br />

dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes<br />

zugestimmt. Durch das Gesetz sollen die Wirtschaftlichkeit<br />

und Effektivität der Zollverwaltung verbessert werden. Gleichzeitig<br />

soll der Veränderung der Aufgabenschwerpunkte in der<br />

Zollverwaltung Rechnung getragen werden.<br />

Lohnsteuer-Richtlinien 2008: Die neuen Lohnsteuer-Richtlinien<br />

(LStR 2008) sind ab dem 1.1.2008 anzuwenden. Sie sehen<br />

unter anderem eine Vereinfachung des steuerlichen Reisekostenrechts<br />

vor. In diesem Zusammenhang entfällt beispielsweise bei<br />

der Einsatzwechseltätigkeit die 30-Kilometer-Grenze.<br />

„Hilfen für Helfer“: Das Gesetz zur weiteren Stärkung des<br />

bürgerschaftlichen Engagements („Hilfen für Helfer“) ist rückwirkend<br />

zum 1.1.2007 in Kraft getreten und sieht für Einnahmen<br />

aus allen nebenberuflichen Tätigkeiten im gemeinnützigen,<br />

mildtätigen oder kirchlichen Bereich einen allgemeinen Freibetrag<br />

in Höhe von 500 Euro vor. Daneben wurde der Übungsleiterfreibetrag<br />

von bisher 1.848 Euro auf 2.100 Euro angehoben.<br />

Steuerberatungsgesetz: Das Bundeskabinett hat am 19.9.2007<br />

das Achte Steuerberatungsänderungsgesetz auf den Weg gebracht.<br />

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, das Berufsrecht der Steuerberater<br />

zu liberalisieren und an die berufsrechtlichen Regelungen<br />

der Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer anzupassen. Von der<br />

ursprünglich geplanten Befugniserweiterung geprüfter Bilanzbuchhalter<br />

bei der Vornahme von Umsatzsteuer-Voranmeldungen<br />

hat die Bundesregierung allerdings Abstand genommen.<br />

MoRaKG: Das Bundeskabinett hat am 15.8.2007 ein Gesetz<br />

zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen<br />

(MoRaKG) auf den Weg gebracht. Ziel des Gesetzes<br />

ist die Förderung von Kapitalbeteiligungen in junge und mittelständische<br />

Unternehmen. Der Schwerpunkt des Maßnahmenpakets<br />

ist ein neues Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (WKBG), das<br />

unter anderem eine Gewerbsteuerbefreiung für Gesellschaften<br />

vorsieht, die gezielt in junge Unternehmen investieren.<br />

REITs: Das Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften<br />

mit börsennotierten Anteilen (REITs) ist rückwirkend<br />

zum 1.1.2007 in Kraft getreten. Durch die Neuregelung<br />

wurde auch in Deutschland ein Markt für an der Börse handelbare<br />

Immobilien geschaffen. Die deutschen REITs sind wie ihre<br />

ausländischen Vorbilder auf Unternehmensebene unter bestimmten<br />

Voraussetzungen von der Körperschaft- und Gewerbesteuer<br />

befreit. Die Aktionäre müssen allerdings Steuern zahlen.<br />

Vorerst keine Änderung bei der Besteuerung<br />

der Kindestagespflege: Tagesmütter<br />

behalten die bisherigen Vergünstigungen<br />

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die angekündigte<br />

Besteuerung der Einkünfte aus der öffentlich geförderten Kindertagespflege<br />

um ein Jahr verschoben. Tagesmütter, die für<br />

die Kinderbetreuung eine „laufende Geldleistung“ im Sinn von<br />

§ 23 SGB VIII erhalten, müssen daher auch im Jahr 2008 auf<br />

diese Einkünfte grundsätzlich keine Steuer- und Sozialabgaben<br />

entrichten. Außerdem ist weiterhin eine beitragsfreie Familienversicherung<br />

im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

möglich.<br />

Stimmige Gesamtlösung geplant<br />

Mit diesem Schritt hat die Bundesregierung auf die Verunsicherung<br />

reagiert, zu der die neue einkommensteuerrechtliche<br />

Behandlung der Kindertagespflege geführt hat. Das Jahr 2008<br />

soll nun genutzt werden, um im Rahmen einer Bund-Länder-<br />

Arbeitsgruppe eine stimmige Gesamtlösung zu finden. Zum<br />

einen sollen Standards für die Aus- und Weiterbildung der Tagespflegepersonen<br />

eingeführt und zum anderen die Vergütungssätze<br />

erhöht werden. Dies soll mit klar umrissenen und aufeinander<br />

abgestimmten finanziellen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen<br />

Rahmenbedingungen einher gehen.<br />

Der Hintergrund:<br />

Bis zum Jahr 2013 sollen für durchschnittlich 35 Prozent aller<br />

Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze angeboten werden.<br />

Die Kindertagespflege stellt mit einem geplanten Anteil von 30<br />

Prozent einen entscheidenden Pfeiler der Kleinkinderbetreuung<br />

dar. Beabsichtigt ist, den insoweit erforderlichen quantitativen<br />

Ausbau mit einer qualitativen Stärkung der Kindertagespflege<br />

zu verbinden und hierdurch das Vertrauen in die Kindertagespflege<br />

zu stärken.<br />

In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes<br />

ist kein Mindeststreitwert anzusetzen<br />

BFH 14.12.2007, IX E 17/07<br />

Im finanzgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes<br />

ist als Streitwert regelmäßig zehn Prozent des Betrages anzusetzen,<br />

um den im Hauptverfahren gestritten wird. Dies gilt auch<br />

nach der Einführung des so genannten Mindeststreitwerts von<br />

1.000 Euro gemäß § 52 Abs.4 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Erinnerungsführerin hatte beim FG ohne Erfolg die Aussetzung<br />

der Vollziehung eines Kfz-Steuerbescheids über 538 Euro<br />

begehrt. Nachdem der BFH die Sache im Beschwerdeverfahren<br />

an das FG zurückverwiesen hatte, stellte dieses das Verfahren ein.<br />

Die Kostenstelle des BFH setzte gegen die Erinnerungsführerin<br />

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 110<br />

Euro fest und legte hierbei den so genannten Mindeststreitwert<br />

von 1.000 Euro zugrunde. Demgegenüber vertrat die Erinnerungsführerin<br />

die Auffassung, dass die Gerichtskosten anhand<br />

eines Streitwertes von 53,80 Euro (zehn Prozent von 538 Euro)<br />

zu ermitteln seien. Im finanzgerichtlichen Verfahren des einstweiligen<br />

Rechtsschutzes sei als Streitwert regelmäßig zehn Prozent<br />

des Betrages anzusetzen, um den im Hauptverfahren gestritten<br />

werde. Ihre Erinnerung hatte Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Im finanzgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes<br />

ist als Streitwert regelmäßig zehn Prozent des Betrags anzusetzen,<br />

um den im Hauptverfahren gestritten wird. Dies gilt auch nach der<br />

Einführung des so genannten Mindeststreitwerts von 1.000 Euro<br />

gemäß § 52 Abs.4 GKG in der Fassung des am 1.7.2004 in Kraft<br />

getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 13


Der durch dass Kostenrechtsmodernisierungsgesetz eingeführte<br />

Mindeststreitwert von 1.000 Euro gilt in finanzgerichtlichen Verfahren<br />

ausschließlich in Hauptverfahren und nicht in so genannten<br />

Nebenverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Denn der<br />

eindeutige Wortlaut des § 53 Abs.3 Nr.3 GKG n.F., der nur auf<br />

§ 52 Abs.1 und 2 GKG n.F. verweist, schließt es aus, auch im<br />

finanzgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes<br />

auf den Mindeststreitwert des § 52 Abs.4 GKG n.F. zurückzugreifen.<br />

Bei Zugrundelegung eines Streitwerts von 53,80 Euro (zehn Prozent<br />

des Aussetzungsbetrags von 538 Euro) ergeben sich danach<br />

im Streitfall Gerichtskosten in Höhe von 50 Euro.<br />

Linkhinweis:<br />

- Für die auf den Webseiten des BFH veröffentlichte Entscheidung<br />

klicken Sie bitte hier.<br />

Golfvereine können zum Vorsteuerabzug<br />

berechtigt sein<br />

BFH 11.10.2007, V R 69/06<br />

Golfvereine mit hohen vorsteuerbelasteten Investitionen können<br />

zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Die entgeltliche Überlassung<br />

von Sportanlagen ist zwar nach der Richtlinie 77/388/EWG<br />

– anders als nach § 4 Nr.22 UStG – umsatzsteuerfrei. Wenn sich<br />

Sportvereine allerdings nicht auf die Steuerbefreiung nach dem<br />

Gemeinschaftsrecht berufen, weil wegen der Möglichkeit zum<br />

Vorsteuerabzug das nationale Recht im Ergebnis für sie günstiger<br />

ist, bleibt es bei der nationalen Regelung.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Kläger ist ein eingetragener, gemeinnütziger Golfverein.<br />

Er errichtete in den Streitjahren 2000 und 2001 die ersten<br />

neun Spielbahnen seiner geplanten 18-Loch-Anlage. In seinen<br />

Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre erklärte er seine Einnahmen<br />

aus Mitgliedsbeiträgen (44.000 DM) und Unterrichtsgebühren<br />

(2.100 DM) als steuerpflichtige Umsätze. Gleichzeitig<br />

begehrte er den Abzug der im Zusammenhang mit der Errichtung<br />

der Golfanlage angefallenen Vorsteuerbeträge in Höhe von<br />

rund 323.000 DM.<br />

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Mitgliedsbeiträge<br />

nicht steuerbar seien und die Voraussetzungen für den geltend<br />

gemachten Vorsteuerabzug daher nicht vorlägen. Es erließ deshalb<br />

auf null DM lautende Umsatzsteuerbescheide. Die hiergegen<br />

gerichtete Klage wies das FG ab. Auf die Revision des Klägers<br />

hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur<br />

erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.<br />

Die Gründe:<br />

Entgegen der Auffassung des Finanzamts und des FG ist der<br />

Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Vom Vorsteuerabzug<br />

sind zwar steuerfreie Umsätze ausgeschlossen. Die streitige<br />

Nutzungsüberlassung des Golfplatzes durch den Kläger an seine<br />

Mitglieder ist aber keine sportliche Veranstaltung im Sinn von<br />

§ 4 Nr.22b UStG und damit nach nationalem Recht nicht steuerfrei.<br />

Auch aus Art.13 Teil A Abs.1 m) der Richtlinie 77/388/EWG<br />

ergibt sich nichts anderes. Die Steuerbefreiung gilt hiernach zwar<br />

für alle in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung<br />

stehenden Dienstleistungen und damit grundsätzlich auch<br />

für die hier streitige Überlassung von Sportanlagen an Sportler<br />

zur Nutzung. Sportvereine können sich zudem unmittelbar auf<br />

die Richtlinie berufen, sie müssen es aber nicht, wenn wegen der<br />

Möglichkeit zum Vorsteuerabzug die Steuerpflicht der Umsätze<br />

nach nationalem Recht im Ergebnis für sie günstiger ist.<br />

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger der Abzug der im<br />

Zusammenhang mit der Errichtung des Golfplatzes angefallenen<br />

Vorsteuerbeträge zu. Die Sache ist allerdings noch nicht entscheidungsreif,<br />

da sich das FG bislang noch nicht mit der Steuerpflicht<br />

und Steuerbarkeit der Aufnahmegebühren befasst hat.<br />

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch die Aufnahmegebühren<br />

zum Entgelt für die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit an<br />

den Sportanlagen gehören können, soweit sie in unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit<br />

für das betreffende Mitglied stehen.<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BFH veröffentlicht.<br />

- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

Erhöhung der Mehrwertsteuer verletzt nicht<br />

Grundrechte von Familien<br />

BVerfG 6.12.2007, 1 BvR 2129/07<br />

Auch Familien müssen die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum<br />

1.1.2007 auf 19 Prozent hinnehmen. Sie werden hierdurch zwar<br />

stärker belastet als Kinderlose gleichen Einkommens. Dies kann<br />

aber nur bei der Einkommensteuer im Rahmen des Familienlastenausgleichs<br />

berücksichtigt werden und nicht im Umsatzsteuerrecht.<br />

Die zu Kindererziehungszwecken verbrauchten Güter und<br />

Dienstleistungen können auch nicht generell von der Umsatzsteuer<br />

befreit werden.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um ein Ehepaar mit<br />

sechs Kindern.<br />

Sie wandten sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die<br />

Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1.1.2007 von 16 auf 19 Prozent.<br />

Zur Begründung machten sie geltend, dass die Erhöhung das<br />

Prinzip der Steuergerechtigkeit verletze, weil Familien mit Kindern<br />

hierdurch stärker belastet würden als Kinderlose gleichen<br />

Einkommens. Der Gesetzgeber hätte das von der Einkommensteuer<br />

frei bleibende Existenzminimum für Kinder entsprechend<br />

erhöhen oder die zu Kindererziehungszwecken verbrauchten<br />

Güter und Dienstleistungen generell von der Umsatzsteuer freistellen<br />

müssen.<br />

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung<br />

an.<br />

Die Gründe:<br />

Die Beschwerdeführer werden durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung<br />

nicht in ihren Grundrechten verletzt. Die relativ stärkere<br />

Belastung von Familien mit Kindern durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung<br />

kann nach derzeitiger Rechtslage lediglich bei der<br />

Einkommensteuer im Rahmen des dort verankerten Systems des<br />

Familienlastenausgleichs und nicht bei der indirekt das Steuergut<br />

erfassenden Umsatzsteuer berücksichtigt werden.<br />

Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, dass der Gesetzgeber<br />

zum Ausgleich der Mehrwertsteuer-Erhöhung das von der<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 14


Einkommensteuer frei bleibende Existenzminimum für Kinder<br />

hätte erhöhen müssen, können sie dies nicht mit Erfolg im Rahmen<br />

eines Angriffs gegen die Vorschriften des Umsatzsteuerrechts<br />

geltend machen. Sie müssten vielmehr die entsprechenden<br />

Vorschriften des Einkommensteuerrechts anfechten.<br />

Die Beschwerdeführer können auch nicht verlangen, dass der<br />

Gesetzgeber die zu Kindererziehungszwecken verbrauchten<br />

Güter und Dienstleistungen generell von der Umsatzsteuer freistellt<br />

oder zumindest dem ermäßigten Steuersatz unterwirft. Eine<br />

solche Regelung würde gegen die EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />

verstoßen, die die Besteuerung der fraglichen Güter<br />

nach Art und Höhe zwingend vorschreibt. Dem Gesetzgeber<br />

steht folglich insoweit kein Gestaltungsspielraum zu.<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BVerfG veröffentlicht.<br />

- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 15

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