Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Vertragsrecht<br />
Strompreise dürfen nicht ohne weiteres<br />
an die Preisentwicklung des liberalisierten<br />
Strommarktes gekoppelt werden<br />
OLG Frankfurt am Main 13.12.2007, 1 U 41/07<br />
Energieversorgungsunternehmen dürfen in ihren Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen nicht regeln, dass sich eine Preisanpassung<br />
für die Stromlieferung an der Preisentwicklung des liberalisierten<br />
Strommarktes orientiert (so genannter Vario-Tarif), ohne<br />
dass den Kunden eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird.<br />
Eine solche Klausel ist unwirksam, weil sie die Kunden unangemessen<br />
benachteiligt.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Beklagte, das Energieversorgungsunternehmen X., ist nach<br />
ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Stromlieferungsverträge<br />
berechtigt, eine Anpassung ihrer Strompreise an die<br />
Marktpreise für vergleichbare Vertragsverhältnisse vorzunehmen.<br />
Dieser Tarif war für Verträge mit einer Dauer von mindestens<br />
zwölf Monaten gültig.<br />
Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte<br />
folgenden Wortlaut:<br />
Preisanpassung: Im Vario-Tarif wird X. die vereinbarten Preise<br />
in Anlehnung an die Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes<br />
für Tarifkunden variabel halten. Spätestens im Abstand<br />
von sechs Monaten werden die Marktpreise für vergleichbare Vertragsverhältnisse<br />
überprüft, gegebenenfalls wird eine Anpassung<br />
der Preise des Vario-Tarifes vorgenommen. Dabei stellt X. sicher,<br />
dass der Gesamtpreis des Vario-Tarifes stets unter den Preisen<br />
ihres Allgemeinen Tarifes liegen wird. X.wird den Kunden schriftlich<br />
in geeigneter Weise über Preisanpassungen informieren.<br />
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, vertrat die Auffassung,<br />
dass diese Klausel unwirksam sei, weil sie die Kunden der<br />
Beklagten unangemessen benachteilige. Die Unterlassungsklage<br />
hatte Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Die Anpassungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
der Beklagten ist gemäß § 307 BGB unwirksam, weil sie die<br />
Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen<br />
benachteiligt.<br />
Die Klausel ermöglicht der Beklagten eine nachträgliche Verschiebung<br />
des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu Lasten ihrer<br />
Kunden, ohne dass ihnen aufgrund der zwölfmonatigen Vertragslaufzeit<br />
eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird.<br />
Dabei berechtigt die Klausel die Beklagte nicht nur zum Ausgleich<br />
gestiegener Kosten, sondern ermöglicht auch eine zusätzliche<br />
Gewinnerzielung zu Lasten der Kunden.<br />
Die Klausel regelt lediglich, dass die Preisanpassung sich an der<br />
Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes orientiert. Sie<br />
regelt indes nicht, dass die Preisanpassung nur im Rahmen und<br />
zum Ausgleich etwaiger Kostensteigerungen zulässig ist. Dasselbe<br />
gilt für die Bezugnahme auf „Marktpreise für vergleichbare<br />
Vertragsverhältnisse“. Die Klausel erlaubt dem Energieversorger<br />
damit eine von den Kunden nicht überprüfbare und nicht<br />
durch zwischenzeitliche Kostensteigerungen begrenzte Erhöhung<br />
des Vario-Tarifes.<br />
Mietrecht<br />
Insolvenz des Vermieters: Mieter können<br />
Kaution nur bei Anlage auf gesondertem<br />
Konto herausverlangen<br />
BGH 20.12.2007, IX ZR 132/06<br />
Mieter können die von ihnen geleistete Kaution bei Insolvenz des<br />
Vermieters nur dann ungekürzt herausverlangen, wenn der Vermieter<br />
die Kaution, wie in § 551 Abs.3 S.3 BGB vorgeschrieben, von<br />
seinem sonstigen Vermögen getrennt angelegt hat. Hat der Vermieter<br />
gegen diese Bestimmung verstoßen, stellt der Auszahlungsanspruch<br />
des Mieters nur eine einfache Insolvenzforderung dar.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Im Streitfall hatte der Vermieter die Kaution des klagenden Mieters<br />
nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt.<br />
Nachdem über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet<br />
worden war, verlangte der Mieter von dem beklagten Insolvenzverwalter<br />
die Auszahlung der vollständigen Kaution. Die hierauf<br />
gerichtete Klage hatte vor dem BGH keinen Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Dem Kläger steht das geltend gemachte Aussonderungsrecht<br />
nicht zu.<br />
Mieter können ihre Kaution bei Insolvenz des Vermieters nur<br />
dann ungeschmälert herausverlangen, wenn der Vermieter das<br />
Geld, wie gemäß § 551 Abs.3 S.3 BGB vorgeschrieben, getrennt<br />
von seinem sonstigen Vermögen angelegt hat. Anderenfalls stellt<br />
der Auszahlungsanspruch eine einfache Insolvenzforderung dar.<br />
Dies folgt aus dem insolvenzrechtlichen Grundsatz, dass eine<br />
Aussonderungsbefugnis bezüglich eines Kontoguthabens nur<br />
entstehen kann, wenn es sich um ein ausschließlich zur Aufnahme<br />
von Fremdgeldern bestimmtes Konto handelt.<br />
Wichtiger Hinweis für Mieter:<br />
Der BGH hat darauf hingewiesen, das Mieter trotz dieser Rechtslage<br />
nicht schutzlos gestellt sind. Sie können vom Vermieter den<br />
Nachweis verlangen, dass die Kaution auf ein Treuhandkonto<br />
angelegt worden ist. Solange der Vermieter diesen Nachweis<br />
nicht erbringt, dürfen sie die geschuldete Mietzahlung bis zur<br />
Höhe des Kautionsbetrags zurückhalten.<br />
Linkhinweis:<br />
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten<br />
des BGH veröffentlicht.<br />
- Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.<br />
Mietdauer von Verbrauchserfassungsgeräten<br />
darf nicht einseitig auf zehn Jahre festgelegt<br />
werden<br />
BGH 19.12.2007, XII ZR 61/05<br />
Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach<br />
Verbrauchserfassungsgeräte nur für die Dauer von zehn Jahren<br />
angemietet werden können, ist unwirksam. Eine solche Klausel<br />
benachteiligt die Mieter der Erfassungsgeräte unangemessen, weil<br />
ihnen einseitig das Verwendungsrisiko für den Mietgegenstand<br />
01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 4