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Konzern wird aufgelöst: Namensrechte stehen<br />
nicht nur der das Ursprungsgeschäft<br />
fortführenden Tochtergesellschaft zu<br />
(„Mannesmann“)<br />
OLG Düsseldorf 18.12.2007, I-20 U 69/07<br />
Wird ein Konzern mit zahlreichen Tochtergesellschaften aufgelöst<br />
(hier: „Mannesmann“), so steht das Recht zur Verwendung<br />
des Konzern-Namens als Unternehmenskennzeichen nicht automatisch<br />
und ausschließlich der das Ursprungsgeschäft des Konzerns<br />
fortführenden Tochtergesellschaft zu. Das gilt jedenfalls<br />
dann, wenn der Umsatzanteil dieser Tochtergesellschaft über die<br />
Jahre kontinuierlich zurückgegangen ist und zum Schluss nur<br />
noch rund ein Zehntel des Gesamtumsatzes ausgemacht hat.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Bei der Klägerin handelt es sich um eine ehemalige Tochtergesellschaft<br />
des Mannesmann-Konzerns. Sie hatte das Geschäft<br />
mit der Herstellung von Röhren als den historischen Ursprung<br />
des Konzerns fortgeführt und war jedenfalls seit 1952 eine Tochtergesellschaft<br />
unter vielen. Ihr Anteil am Gesamtumsatz hatte<br />
über die Jahre erheblich abgenommen und betrug zuletzt zwölf<br />
Prozent.<br />
Die Beklagte ist ebenfalls eine ehemalige Tochtergesellschaft<br />
des Mannesmann-Konzerns. Sie war 1997 gegründet worden,<br />
um die Konzern-Aktivitäten im Bereich der Kunststofftechnik<br />
zusammenzufassen.<br />
Im Jahr 2000 wurde Mannesmann von Vodafone übernommen<br />
und der Mannesmann-Konzern aufgelöst. Daraufhin wurden die<br />
Klägerin und die Beklagte verkauft. Im vorliegenden Verfahren<br />
verlangte die Klägerin von der Beklagten, die Verwendung des<br />
Namens „Mannesmann“ als Unternehmenskennzeichen zu unterlassen.<br />
Aufgrund ihrer älteren Rechte stehe ihr das alleinige und<br />
ausschließliche Recht zur weiteren Benutzung des Namens zu.<br />
Die Klage hatte sowohl vor dem LG als auch vor dem OLG keinen<br />
Erfolg. Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.<br />
Die Gründe:<br />
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, die Verwendung<br />
des Namens „Mannesmann“ in ihrem Unternehmenskennzeichen<br />
zu unterlassen. Aufgrund ihrer gemeinsamen früheren<br />
Konzernzugehörigkeit steht beiden Parteien das Recht zur<br />
Benutzung des Namens „Mannesmann“ zu.<br />
Die Parteien waren während der gemeinsamen Konzernzugehörigkeit<br />
mit Erlaubnis der Konzernmutter unter teilweise gleichem<br />
Namen nebeneinander geschäftlich tätig. Dabei hat sich<br />
eine Gleichgewichtslage entwickelt, die keine ausschließliche<br />
Zuordnung des Rechts am Namen „Mannesmann“ an die eine<br />
oder die andere Partei erlaubt.<br />
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum gerade der Klägerin<br />
als eine Tochtergesellschaft unter vielen das alleinige und ausschließliche<br />
Recht zur Führung der früheren Konzernbezeichnung<br />
zustehen sollte. Sie hat zwar das Ursprungsgeschäft des<br />
Unternehmens fortgeführt, war aber dennoch nicht Muttergesellschaft,<br />
sondern spätestens seit 1952 nur noch Tochtergesellschaft.<br />
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ihr Anteil am Gesamtumsatz<br />
über die Jahre kontinuierlich zurückgegangen ist.<br />
Die Klägerin hatte damit im Konzern keine derart herausragende<br />
Stellung inne, dass sie sämtlichen anderen früheren Tochtergesellschaften<br />
die Führung des Namens „Mannesmann“ untersagen<br />
könnte.<br />
BMJ bringt Regelung zum Internationalen<br />
Gesellschaftsrecht auf den Weg – Abkehr<br />
von der „Sitztheorie“<br />
Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 7.1.2008 einen<br />
Gesetzentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht auf den<br />
Weg gebracht. Hiermit soll erstmals ausdrücklich geregelt werden,<br />
welches Recht auf grenzüberschreitend tätige Gesellschaften<br />
anwendbar ist. Dabei soll es entgegen der bisherigen Rechtspraxis<br />
nicht mehr auf den Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes<br />
der Gesellschaft ankommen („Sitztheorie“), sondern darauf, in<br />
welchem Land die Gesellschaft in ein öffentliches Register eingetragen<br />
worden ist („Gesellschaftsstatut“).<br />
Die wesentlichen Eckpunkte des Entwurfs im Überblick:<br />
- Anwendungsbereich: Der Entwurf betrifft grenzüberschreitend<br />
tätige Gesellschaften, Vereine und juristische Personen.<br />
Er soll das Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) entsprechend<br />
ergänzen und auch für solche Gesellschaften, Vereine<br />
und juristische Personen gelten, die nicht der EU oder dem<br />
Europäischen Wirtschaftsraum angehören.<br />
- Gesellschaftsstatut: Gesellschaften sollen grundsätzlich dem<br />
Recht des Staates unterliegen, in dem sie in ein öffentliches<br />
Register eingetragen sind. Auf eine in Großbritannien im<br />
Handelsregister eingetragene Gesellschaft soll also beispielsweise<br />
auch dann englisches Recht zur Anwendung kommen,<br />
wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausschließlich in einer<br />
Niederlassung in Deutschland ausübt. Das Gesellschaftsstatut<br />
soll insbesondere für Fragen der inneren Verfassung der Gesellschaft<br />
und ihres Auftretens im Rechtsverkehr sowie für die<br />
Haftung der Gesellschaft und ihrer Mitglieder gelten.<br />
- Umwandlung: Das Verfahren der Umwandlung einer Gesellschaft<br />
– zum Beispiel im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen<br />
- soll sich nach dem Recht des Gründungsstaats<br />
richten.<br />
- Grenzüberschreitender Rechtsformwechsel: Gesellschaften<br />
sollen unter Wahrung ihrer Identität dem Recht eines anderen<br />
Staates unterstellt werden können, wenn die betroffenen Rechtsordnungen<br />
dies zulassen. So kann etwa eine deutsche GmbH<br />
ihren Sitz nach Frankreich verlegen, indem sie sich als „Société<br />
à responsabilité limitée“ (S.A.R.L.) in das französische Register<br />
eintragen und im deutschen Handelsregister löschen lässt.<br />
Der Hintergrund:<br />
Bislang gibt es im deutschen Recht keine geschriebene Regelung<br />
zum anwendbaren Recht bei grenzüberschreitend tätigen<br />
Gesellschaften. In der Rechtspraxis wurde bisher an den tatsächlichen<br />
Verwaltungssitz der Gesellschaft und das dort geltende<br />
Recht angeknüpft. Diese „Sitztheorie“ verletzt nach Auffassung<br />
des EuGH allerdings die Niederlassungsfreiheit, da sie zur Folge<br />
hat, dass eine nach ausländischem Recht errichtete Gesellschaft<br />
mit Hauptsitz in Deutschland nicht wirksam am Rechtsverkehr<br />
teilnehmen kann, wenn sie nicht gleichzeitig auch die deutschen<br />
gesellschaftsrechtlichen Vorgaben einhält.<br />
Der vorliegende Referentenentwurf greift diese Kritik auf und<br />
will sicherstellen, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat<br />
wirksam gegründete Gesellschaft mit tatsächlichem Hauptsitz in<br />
Deutschland als rechts- und parteifähig anzusehen ist, ohne dass<br />
sie zusätzliche Anforderungen des deutschen Gesellschaftsrechts<br />
erfüllen muss. Das BMJ hat den Entwurf den Ländern, Fachkreisen<br />
und Verbänden zur Stellungnahme übersandt und rechnet im<br />
Frühjahr 2008 mit einer Beschlussfassung im Kabinett.<br />
01/2008 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 10