23.07.2013 Aufrufe

Pflanzenbau Die Winterfestigkeit ist gefragt - Dr. Neinhaus Verlag AG

Pflanzenbau Die Winterfestigkeit ist gefragt - Dr. Neinhaus Verlag AG

Pflanzenbau Die Winterfestigkeit ist gefragt - Dr. Neinhaus Verlag AG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8 <strong>Pflanzenbau</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Winterfestigkeit</strong> <strong>ist</strong> <strong>gefragt</strong><br />

Welche Vorteile bringt die Aussaat von Sommerdurumsorten im Herbst?<br />

Eine Untersuchung der Universtiät Hohenheim <strong>ist</strong> dieser Frage nachgegangen<br />

Der Durumanbau in<br />

Deutschland blickt seit<br />

seinem Beginn Anfang<br />

der 1980er Jahre auf eine<br />

wechselvolle Flächenentwicklung<br />

zurück. <strong>Die</strong>se <strong>ist</strong> geprägt<br />

vom Wechselspiel zwischen den<br />

Preiserwartungen der Erzeuger<br />

und den Preisangeboten der<br />

Durummühlen. Einerseits sind<br />

die Anbauentscheidungen der<br />

Erzeuger vom Qualitätsrisiko<br />

und der Attraktivität von Konkurrenzfrüchten<br />

bestimmt. Andererseits<br />

hängt das Preisangebot<br />

der Durummühlen vom<br />

Weltmarktangebot und –preis<br />

ab. Eine Kontinuität der Anbauflächen<br />

konnte in dem mehr als<br />

25-jährigen Durumanbau nicht<br />

erreicht werden.<br />

Durumanbau stützen<br />

Eine nachhaltige Stützung des<br />

Durumanbaus könnte mit einer<br />

deutlichen Steigerung des Ertragspotenzials<br />

und einer Minderung<br />

des Qualitätsrisikos erreicht<br />

werden. <strong>Die</strong>s ließe sich<br />

mit der Aussaat im Herbst beziehungsweise<br />

als Wintergetreide<br />

bewerkstelligen. Denn so würde<br />

die Vegetationsperiode verlängert<br />

und die Winterfeuchtigkeit<br />

könnte von Durumweizen optimal<br />

genutzt werden. Ein mit der<br />

Herbstaussaat verbundener früherer<br />

Erntezeitpunkt würde das<br />

Qualitätsrisiko hinsichtlich Glasigkeit<br />

und Dunkelfleckigkeit<br />

möglicherweise vermindern.<br />

Durumweizen stammt ursprünglich<br />

aus den Mittelmeerländern<br />

und dem Nahen Osten<br />

und hat herkunftsbedingt nur<br />

gering ausgeprägte <strong>Winterfestigkeit</strong>seigenschaften.<br />

In winterharten<br />

Durumsorten, die in<br />

erster Linie in Osteuropa, Russland<br />

und der Türkei bekannt<br />

sind, wurden <strong>Winterfestigkeit</strong>seigenschaften<br />

durch Einkreuzungen<br />

mit Rauhweizen (Triticum<br />

turgidum) oder Weichweizen<br />

(Triticum aestivum) er-<br />

Tabelle: Winter- und Sommerdurumsorten<br />

sowie Standorte von drei je zweijährigen Versuchsserien<br />

Sommerdurum bringt zwar mehr Ertrag, reagiert aber empfindlicher auf<br />

frostige Winter als Winterdurum. Foto, Tabelle und Abbildungen: Kling<br />

zielt. Durch diese Artkreuzungen<br />

sank das Qualitätsniveau<br />

vor allem bei den Eigenschaften<br />

Farb- und Kochpotenzial, die<br />

für die deutsche Teigwarenindustrie<br />

eine zentrale Rolle spielen.<br />

In diesem Sortenmaterial<br />

wurde eine negative Beziehung<br />

zwischen <strong>Winterfestigkeit</strong> und<br />

technologischer Qualität festgestellt.<br />

Seit einigen Jahren sind<br />

Sorten aus Österreich auf dem<br />

Markt, in denen diese negative<br />

Beziehung zumindest teilweise<br />

durchbrochen <strong>ist</strong>.<br />

<strong>Die</strong> zurückliegenden Winter<br />

waren häufig mild ohne aus-<br />

Sorten Sorten Sorten<br />

BW Stuttgart-<br />

BW Stuttgart-<br />

BW Stuttgart-<br />

W - Prowidur<br />

Hohenheim W - Prowidur<br />

Hohenheim W - Auradur<br />

Hohenheim<br />

Inverdur Eckartsweier Auradur Eckartsweier Coradur Eckartsweier<br />

Yukon Lunadur<br />

RP 1) Herxheim RP Herxheim Windur RP Herxheim<br />

Wörrstadt Wörrstadt SWS – TD 24 Wörrstadt<br />

Biedesheim Biedesheim 3)<br />

S - Kombo S - Kombo S - Kombo<br />

Orjaune SA Bernburg Orjaune SA 2) Serie 1<br />

Serie 2<br />

Serie 3<br />

2003/2004 – 2004/2005<br />

2005/2006 – 2006/2007<br />

2007/2008 – 2008/2009<br />

Orte Orte Orte<br />

Bernburg Karur SA Bernburg<br />

Lloyd Walbeck Karur Walbeck Duramar Walbeck<br />

Durabon Duramar Rosadur<br />

Joyau TH Friemar Floradur Duroprimus NR Euskirchen<br />

Kirchengel Rosadur Floradur<br />

Wimadur<br />

1) ab 2004/05 beteiligt 2) 2005/06 ausgewintert 3) 2008/09 ausgewintert<br />

Landpost 36/2009<br />

geprägte Frostperioden. <strong>Die</strong>s<br />

könnte bereits den prognostizierten<br />

Klimawandel angedeutet<br />

haben. Unter diesen Vorzeichen<br />

<strong>ist</strong> zu prüfen, wie sich das<br />

Ertrags- und Qualitätspotenzial<br />

von qualitätsstarken Sommerdurumsorten<br />

beim Anbau<br />

im Herbst verhält. In den<br />

nördlichen Anbaugebieten von<br />

Frankreich und Italien werden<br />

schon seit vielen Jahren Sommerdurumsorten<br />

im Herbst ausgesät.<br />

Im Folgenden werden Ergebnisse<br />

von Anbauversuchen<br />

mit Winter- und Sommerdurumsorten<br />

bei Herbstaussaat erläutert.<br />

Versuchsserien<br />

In drei je zweijährigen Versuchsserien<br />

wurden an unterschiedlichen<br />

Standorten in<br />

Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz,<br />

Sachsen-Anhalt<br />

und Thüringen Winter- und<br />

Sommerdurumsorten in Herbstaussaat<br />

geprüft. Aus der Tabelle<br />

gehen Sorten und Standorte der<br />

drei Serien hervor. <strong>Die</strong> Pflanzenschutzmaßnahmen<br />

wurden<br />

standortangepasst optimal gewählt.<br />

Je nach Standort wurden<br />

die Parzellen in drei- bis vierfacher<br />

Wiederholung angebaut.<br />

In der Tabelle wird eine Gegenüberstellung<br />

des Ertragspotenzials<br />

der Winterdurum- mit den<br />

Sommerdurumsorten dargestellt.<br />

Ein Vergleich der Erträge<br />

der Sommerdurumsorten für<br />

beide Aussaattermine — Herbst<br />

und Frühjahr — wurde möglich,<br />

da an den Versuchsstandorten<br />

auch die Sommerdurum-<br />

Landessortenversuche (LSV) mit<br />

dem Sommerdurumsortiment<br />

durchgeführt wurden. Da die<br />

Sommerdurum-LSV 2009 noch<br />

nicht vollständig ausgewertet<br />

sind, fehlt hier der Vergleich in<br />

Serie 3.<br />

Ergebnisse<br />

Im Mittel über Sorten, Orte<br />

und Jahre erzielten Sommerdurumsorten<br />

bei der Herbstaussaat<br />

teilweise bis zu 20 Prozent<br />

höhere Erträge gegenüber<br />

der Frühjahrsaussaat (siehe<br />

Abbildung 1). <strong>Die</strong> bessere Ausnutzung<br />

der Winterfeuchtigkeit<br />

kommt Durumweizen mit seiner<br />

kurzen vegetativen Phase und<br />

dem erhöhten Wasserbedarf in<br />

dieser Wachstumsperiode entgegen.<br />

Im Vergleich von Win-


Landpost 36/2009 <strong>Pflanzenbau</strong> 9<br />

Abbildung 1: Vergleich von Erträgen im Mittel über Winterdurum-<br />

und Sommerdurumsorten sowie Standorte zu zwei Aussaatterminen<br />

mit Spannweiten von drei Versuchsserien<br />

dt/ha<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Serie 1 Serie 2 Serie 3<br />

Wi-Du So-Du<br />

ter- und Sommerdurumsorten<br />

zeigt sich, dass die höchsten Erträge<br />

von Sommerdurumsorten<br />

bei der Herbstaussaat erreicht<br />

wurden. <strong>Die</strong>ser Ertragsabstand<br />

wurde von Serie 1 zur Serie 3<br />

zwar geringer, da neuere ertragsstärkereWinterdurumsorten<br />

auf den Markt kamen und<br />

in die Versuche aufgenommen<br />

wurden. Dennoch blieb der Ertragsvorteil<br />

der Sommerdurumsorten<br />

erhalten.<br />

Auswinterungsschäden<br />

Wie in der Abbildung 1 zu sehen<br />

<strong>ist</strong>, bildet die Serie 3 hier eine<br />

Ausnahme. Bei den Ertragsdarstellungen<br />

in den Säulen handelt<br />

es sich um Mittelwerte über<br />

Jahre, Orte und Sorten. <strong>Die</strong> Mittelwerte<br />

von Winter- und Sommerdurumsorten<br />

bei Herbstaussaat<br />

in dieser Serie sind gleich.<br />

Grund dafür waren zum Teil<br />

hohe Auswinterungsschäden im<br />

vergangenen Winter. <strong>Die</strong> Streuung<br />

jedoch deutet die Ertragsüberlegenheit<br />

der Sommerdurumsorten<br />

in der Ernte 2008<br />

und der Standorte an, die 2009<br />

nicht durch Auswinterungsschäden<br />

betroffen waren, da der<br />

Schnee sie bedeckt hat.<br />

Unter diesen Gesichtspunkten<br />

liegt die Überlegung nahe,<br />

ob im Durumanbau generell die<br />

Aussaat von Sommerdurumsorten<br />

im Herbst der Frühjahrsaussaat<br />

vorzuziehen <strong>ist</strong>. Neben<br />

der Abschätzung des Vor- bezeihungsweise<br />

Nachteils aus arbeitstechnischer<br />

Sicht sind vor<br />

dieser Entscheidung zunächst<br />

die Einflüsse auf andere Merkmale<br />

durch den Aussaattermin<br />

zu prüfen, nicht zuletzt die in<br />

Deutschland vordergründige<br />

Herbstaussaat Frühjahrsaussaat<br />

Frage der Qualitätsausprägung.<br />

Das Ährenschieben der Sorten<br />

bei der Herbstaussaat findet<br />

im Mittel bis zu 20 Tage früher<br />

statt. Dabei wurden die in der<br />

Prüfung stehenden Sommerdurumsorten<br />

einige Tage früher<br />

bonitiert als die Winterdurumsorten.<br />

<strong>Die</strong>ser Entwicklungsvorsprung<br />

hält bis zur Ernte an. Bei<br />

der Wuchshöhe sind die Unterschiede<br />

zwischen den Aussaatterminen<br />

unwesentlich und betragen<br />

für die Winterung im<br />

Mittel 5 cm längeres Stroh.<br />

Im Rahmen der Qualitätsausprägung<br />

<strong>ist</strong> die Ausbildung glasiger<br />

Körner und die Dunkelfleckigkeit<br />

für die Durummüllerei<br />

von Bedeutung. Für beide<br />

Merkmale <strong>ist</strong> eine trockenheiße<br />

Witterung zur Abreife Voraussetzung.<br />

<strong>Die</strong> qualitätsbeeinflussenden<br />

Niederschlagsmengen<br />

unterscheiden<br />

sich im Juli und<br />

August im langjährigenMittel<br />

zwar nur unwesentlich.<br />

Für<br />

die Ausprägung<br />

der beiden Kornmerkmale<br />

dürfte<br />

der frühere Erntezeitpunkt<br />

bei<br />

der Herbstaussaat<br />

jedoch begünstigend<br />

sein,<br />

da im Juni und<br />

Juli häufig längereGutwetterperiodenauftreten.<br />

<strong>Die</strong> Daten<br />

in den Versuchsserien<br />

bestätigen<br />

dies bisher nicht<br />

eindeutig, da die<br />

Niederschlags-<br />

9<br />

7<br />

5<br />

3<br />

1<br />

Auradur<br />

Coradur<br />

verhältnisse in den verschiedenen<br />

Jahren und Orten sehr differierten.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse für die Merkmale<br />

Rohprotein- und Gelbpigmentgehalt<br />

sowie Kochpotenzial<br />

sind durch die Ertragsverhältnisse<br />

beeinflusst. <strong>Die</strong> höheren<br />

Erträge der Sommerdurumsorten<br />

bei der Herbstaussaat<br />

führten beim Gelbpigmentgehalt<br />

und vor allem beim Rohproteingehalt<br />

zu Verdünnungseffekten.<br />

Während die Unterschiede<br />

beim Gelbpigmentgehalt<br />

nicht wesentlich sind, haben<br />

die im Durchschnitt zwei<br />

Prozent weniger Rohproteingehalt<br />

negative Auswirkungen auf<br />

das Kochpotenzial. Dem müsste<br />

mit einer beim Frühjahrsanbau<br />

der Sommerdurumsorten nicht<br />

üblichen Qualitätsstickstoffdüngung<br />

begegnet werden.<br />

Schlussfolgerung<br />

Ist nun wegen dieser Ergebnisse<br />

die Herbstaussaat von Sommerdurumsorten<br />

zu empfehlen?<br />

Während die Verläufe der Winter<br />

ab 2003 / 04 weitgehend mild<br />

waren und lediglich 2005 / 06<br />

an den Standorten in Sachsen-<br />

Anhalt Blachfröste mit Auswinterungsschäden<br />

auftraten, berechtigen<br />

die Erfahrungen nach<br />

dem Winter 2008 / 09 zu Zweifeln.<br />

In Abbildung 2 sind die<br />

Bonituren „Stand nach Winter“<br />

im Mittel über die Orte aus den<br />

Jahren 2008 und 2009 gegenübergestellt.<br />

An der Streuung in<br />

2009 zeigt sich, dass an einigen<br />

Lunadur<br />

Windur<br />

SWS-TD.24<br />

Duramar<br />

Duroprimus<br />

Orten die „<strong>Winterfestigkeit</strong>seigenschaften“<br />

der Sommerdurumsorten<br />

nicht ausreichen. Untersuchungen<br />

der <strong>Winterfestigkeit</strong><br />

nach der Weihenstephaner<br />

Kastenmethode auf der Schwäbischen<br />

Alb 2008 / 2009 bestätigten<br />

bei Sommerdurumsorten<br />

im Mittel 90 Prozent Blattschäden<br />

gegenüber 30 Prozent<br />

bei Winterdurumsorten. Auswinterungsschäden,vorwiegend<br />

bei den Sommerdurumsorten,<br />

betrafen 2009 vor allem<br />

die Standorte in Rheinland-<br />

Pfalz, die während der strengen<br />

Frostperioden keine Schneeauflage<br />

hatten. An den Orten, an<br />

denen sich der Frost wegen der<br />

Schneebedeckung nicht auswirkte,<br />

waren die Sommerdurumsorten<br />

eindeutig im Vorteil.<br />

<strong>Die</strong> Klimaerwärmung, die zu<br />

höheren mittleren Jahrestemperaturen<br />

führt, bedeutet nicht,<br />

dass nicht Witterungsextreme<br />

auftreten können. Frostperioden<br />

mit tiefen Temperaturen wie im<br />

vergangenen Winter, vor allem<br />

ohne schützende Schneeauflage,<br />

können sich wiederholen.<br />

<strong>Die</strong> höheren Ertrags- und Qualitätsaussichten<br />

des Herbstanbaus<br />

von Sommerdurumsorten<br />

<strong>ist</strong> deshalb gegen das Risiko der<br />

Auswinterung abzuwägen. <strong>Die</strong><br />

sicherere Entscheidung dürfte<br />

der Anbau von Winterdurumsorten<br />

unter der Inkaufnahme<br />

eines Ertragsverzichts sein.<br />

<strong>Dr</strong>. C. I. Kling<br />

Universität Hohenheim<br />

Landessaatzuchtanstalt<br />

Abbildung 2: Bonituren „Stand nach Winter“ von Winterund<br />

Sommerdurumsorten im Mittel über sechs Orte<br />

in den Jahren 2008 (blau) und 2009 (grün, mit Streuung der Orte)<br />

Floradur<br />

Karur<br />

Kombo<br />

Rosadur<br />

Wimadur

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!