Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
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Information o<strong>der</strong> Illusion<br />
3|20<strong>06</strong><br />
Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Kirche und Medien o<strong>der</strong>: Wenn <strong>der</strong> Apostel Paulus einen Computer gehabt hätte<br />
Die Konstruktion unserer (Welt)Wirklichkeit – Das Bild <strong>der</strong> »Dritten Welt« aus den Medien<br />
»Mal schnell« ins Internet? – Das Projekt »Internet für Einheimische« in Kivumu, Ruanda<br />
Radio Educadora: Unterhalten und Evangelisieren – Bildungsradio in São Luis, Brasilien
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Editorial Inhalt<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
liebe Freunde <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>,<br />
als 1951 unsere ersten<br />
<strong>Mission</strong>are nach mehr<br />
als dreiwöchiger<br />
Schiffsreise endlich im<br />
Nordosten Brasiliens<br />
ankamen, konnten<br />
sie nicht »mal eben<br />
schnell« ihre Familien<br />
in Deutschland<br />
benachrichtigen. Im<br />
gesamten Bundesstaat<br />
Maranhão gab es<br />
praktisch nur eine<br />
Telefonstelle, nämlich in <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
São Luís: Am Sandstrand Olho<br />
d’Agua kam ein Telefonkabel direkt<br />
aus dem Atlantischen Ozean. Dieses<br />
Kabel war damals die einzige direkte<br />
Verbindung nach Europa. Wenn man<br />
telefonieren wollte, musste man sich<br />
bei <strong>der</strong> Zentrale <strong>der</strong> Telefongesellschaft<br />
»Western« im voraus anmelden.<br />
Telefonieren war purer Luxus<br />
und trotzdem klappte die Technik<br />
meist schlecht o<strong>der</strong> gar nicht.<br />
Als ich Anfang 1983 nach Brasilien<br />
ging, war das Kabeltelefon in São<br />
Luís zwar schon lange stillgelegt und<br />
in allen größeren Orten von Maranhão<br />
gab es Fernsprecher, aber das<br />
Telefonieren war immer noch ein sehr<br />
teurer Spaß. Wenn ich zu Weihnachten<br />
meine Eltern im Sauerland anrief,<br />
um ihnen ein frohes Fest zu wünschen,<br />
waren schnell 20 bis 30 Mark<br />
weg. Dringende Kommunikation<br />
lief am günstigsten über Fax, doch<br />
die meisten Kontakte wurden per<br />
Luftpost gepflegt.<br />
Heute sind – auch im Alltag <strong>der</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> – mo<strong>der</strong>ne<br />
Medien, die durch das Internet<br />
möglich wurden, nicht mehr wegzudenken.<br />
Wir stehen mit den meisten<br />
<strong>Mission</strong>aren in Brasilien und Ostafrika<br />
im regelmäßigen eMail-Kontakt. So<br />
kann man schnell aktuelle Informationen<br />
erfragen, die von unseren<br />
deutschen Partnergruppen über<br />
die unterstützten Projekte erbeten<br />
werden. Für diese Ausgabe unserer<br />
Zeitschrift beispielsweise benötigten<br />
wir zur Gestaltung einige Fotos aus<br />
Ruanda. Eine kurze Anfrage per<br />
eMail nach Kivumu – und schon zwei<br />
Stunden später waren die Bil<strong>der</strong> als<br />
eMail-Anhang in Dortmund.<br />
Suchmaschinen wie Google<br />
erleichtern unsere Arbeit, führen uns<br />
in Sekundenschnelle zu den Websites<br />
unserer Partner und zu den Internetauftritten<br />
von einer ganzen Reihe<br />
unserer Projekte. Wartete man früher<br />
wochenlang auf Post, ermöglichen<br />
heute günstige Telefonverbindungen<br />
eine direkte und effektive Kommunikation.<br />
Wo man sich vor noch nicht<br />
allzu langer Zeit mit Diamagazinen und<br />
Projektoren herumschlagen musste,<br />
erleichtern heute kurze Filme auf DVD<br />
o<strong>der</strong> Powerpoint-Präsentationen über<br />
Beamer einen anschaulichen Informationsfluss.<br />
Mo<strong>der</strong>ne Medien können sehr<br />
positive Verän<strong>der</strong>ungen mit sich<br />
bringen. Sie können den Benutzer aber<br />
auch in eine Scheinwelt von Illusionen<br />
führen o<strong>der</strong> ihn aufhetzen zu Hass<br />
und Gewalt. Die vorliegende Ausgabe<br />
<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> möchte Sie<br />
mitten in diese Spannung hineinführen.<br />
Wie geht z.B. die Kirche mit den<br />
Medien um? Wie ist das mit dem<br />
Nord-Süd-Gefälle in Sachen mo<strong>der</strong>ner<br />
Medien? Birgt eine immer schneller<br />
werdende Kommunikation nicht auch<br />
die Gefahr von mehr Oberflächlichkeit<br />
und weniger Menschlichkeit? Wie<br />
können wir uns die neuen technischen<br />
Errungenschaften so zu Nutze machen,<br />
dass weltumspannende Kommunikation<br />
die Völker im Frieden verbindet<br />
und durch effektive Solidarität das<br />
Schicksal so vieler Not leiden<strong>der</strong> Menschen<br />
zum Besseren verän<strong>der</strong>t?<br />
Der Heilige Paulus hatte nur eine<br />
Papyrusrolle. Wir haben Computer,<br />
Internet und satellitengestütztes Telefon.<br />
Mit dem alltäglichen Einsatz <strong>der</strong><br />
<strong>Mission</strong>are vor Ort und Ihrer treuen<br />
Unterstützung möchten wir weiter<br />
alle Mittel für eine gerechtere und<br />
friedvolle Welt nutzen.<br />
Ihr<br />
Br. Augustinus Diekmann ofm<br />
Leiter <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
1<br />
4<br />
6<br />
8<br />
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Kirche und Medien<br />
Die Konstruktion unserer (Welt)Wirklichkeit<br />
Digitales Nord-Süd-Gefälle<br />
Internet als Enwicklungshelfer?<br />
»Mal schnell« ins Internet?<br />
Radio Mille Collines: Die Stimmes des Hasses<br />
Radio Educadora: Unterhalten und Evangelisieren<br />
Die Tupari sehen fern<br />
Süchtig nach <strong>der</strong> heilen Welt<br />
Was haben Handys mit Krieg zu tun?<br />
Mit einem Klick ins Kloster<br />
Mit Franziskus und Klara im Dialog<br />
Menschenrechts-Filmpreis<br />
Besuch von meinen Enkeln<br />
Kurznachrichten<br />
Projekt<br />
Impressum<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> wird viermal im Jahr kostenlos den<br />
Freunden <strong>der</strong> franziskanischen <strong>Mission</strong>sarbeit zugestellt.<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> erscheint im Auftrag <strong>der</strong> Sächsischen<br />
und <strong>der</strong> Kölnischen <strong>Franziskaner</strong>provinz, <strong>der</strong> Provinz von<br />
Bacabal sowie <strong>der</strong> <strong>Mission</strong>szentrale <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> (Bonn).<br />
Herausgeber <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>, Dortmund<br />
Verantwortlich Augustinus Diekmann ofm<br />
Redaktion Stefan Fe<strong>der</strong>busch ofm, Frank Hartmann ofm,<br />
Franz-Josef Kröger ofm, Thomas M. Schimmel,<br />
Alfons Schumacher ofm, Hildegard Stockmann<br />
Fotos FM-Archiv: 1, 7, 12, 17, 20, 23, 27 u., 28 l.u., 28 r.<br />
KNA-Bild: 2, 3, 25. www.fotolia.de: 5. T. Nahlik: 6. B. Jaster: 9.<br />
I. Peric: 10, 11, 14. W. Wyskocil: 13. Z. Lopes: 15, 16, 29.<br />
G. Mere: 18. A. Diekmann: 19, 28 l.o. H. Gockel: 27 l.o.,<br />
27 r.o. M. Blasek: Rückseite. Dreyer: Rückseite Partnerschaftserklärung.<br />
Gestaltung sec GmbH, Osnabrück<br />
Druck Pfotenhauer, gedruckt auf Recycling-Papier<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1, 44143 Dortmund, Tel. 02 31/17 63 37 5<br />
Fax 02 31/17 63 37 70, info@franziskanermission.de<br />
Spenden erbitten wir – unter Angabe des Verwendungszwecks<br />
– auf das Konto 5100, Volksbank Hellweg eG (BLZ 414 601 16)<br />
o<strong>der</strong> Konto 34, Sparkasse Werl (BLZ 414 517 50).<br />
Dieser Ausgabe liegt eine Zahlkarte bei.
Kirche und Medien<br />
Auf seinen Lorbeeren ruht sich nun,<br />
so scheint es, das kirchliche Medienengagement<br />
aus. Denn die katholische<br />
Kirche ist in <strong>der</strong> Medienwelt<br />
von heute noch nicht angekommen.<br />
Im Gegenteil: Medien und Kirche,<br />
Kirche und Medien stehen sich<br />
häufig verständnislos gegenüber. Viele<br />
Medienarbeiter interessieren sich<br />
nicht für Kirche und Kirche hat häufig<br />
genug Angst vor kritischen Tönen<br />
in den Medien. Verglichen mit <strong>der</strong><br />
Ausstattung des Völkerapostels, <strong>der</strong><br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
o<strong>der</strong>: Wenn <strong>der</strong> Apostel Paulus einen Computer gehabt hätte<br />
Den heiligen Petrus erkennt je<strong>der</strong><br />
Besucher einer Kirche seit Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
an dem Schlüssel des Himmelreiches,<br />
den ihm <strong>der</strong> Herr verliehen<br />
hat. Der Völkerapostel Paulus trägt<br />
neben dem Schwert, mit dem er in<br />
Rom hingerichtet wurde, stets ein<br />
Buch. Paulus hat das Christentum in<br />
<strong>der</strong> alten Welt rings um das Mittelmeer<br />
verbreitet. Auf mindestens drei<br />
<strong>Mission</strong>sfahrten hat er in Stadt und<br />
Land gepredigt, Gemeinden gegründet<br />
und nach seiner Weiterreise das<br />
einzige Medium <strong>der</strong> Antike genutzt:<br />
Er hat an die neu geformten Christengruppen<br />
Briefe geschrieben, nach<br />
Korinth und Thessaloniki, nach Ephesus<br />
und Rom, an seine Mitarbeiter<br />
Titus und Timotheus, an die Galater<br />
und die Einwohner von Kolossä. Seine<br />
Schreiben wurden dort immer wie<strong>der</strong><br />
gelesen, man hat darüber debattiert<br />
und daraus gelernt. Die Briefe wurden<br />
abgeschrieben – per Hand vervielfältigt!<br />
– und an an<strong>der</strong>e Gemeinden<br />
weitergeschickt. Solche Kopien auf<br />
Papyros waren ein mühsames und<br />
teures Geschäft. Doch Paulus war ein<br />
Mediengenie. Ohne Computer und<br />
Drucker, ohne Bibliothek und Internet,<br />
ohne Rundfunk und Fernsehen,<br />
ohne Telefon und eMail-System hat<br />
er die frohe Botschaft verbreitet, die<br />
beste Nachricht, die es je gab.<br />
auf seinen gefährlichen Reisen nur<br />
einen Schreiber mit Griffel und Tontafel<br />
hatte, verfügen wir heute über<br />
eine Technik, mit <strong>der</strong> wir nahezu<br />
jeden Winkel dieser Erde in Wort<br />
und Schrift, Bild und Live-Reportagen<br />
erreichen können. Die Medienaufmerksamkeit<br />
für das Sterben von<br />
Papst Johannes Paul II., die Wahl<br />
seines – deutschen – Nachfolgers<br />
Benedikt XVI. und dessen Besuch<br />
beim Weltjugendtreffen in Köln mag<br />
das beweisen. Es waren Ereignisse,<br />
die überall Schlagzeilen machten<br />
und per Satellit rund um den Globus<br />
ausgestrahlt wurden. Aufregend für<br />
die Medien war dabei jedoch nicht<br />
die Botschaft, son<strong>der</strong>n die Inszenierung:<br />
das Drama um den weltweit<br />
bekannten, öffentlich sterbenden<br />
Pontifex, die Teilnahme <strong>der</strong> Massen,<br />
das Geheimnisvolle eines Konklave,<br />
die deutsche Herkunft des neuen<br />
Papstes. Für den kleinen Zeitraum<br />
dieser »events« schien die »ganze<br />
Welt katholisch« geworden zu sein.<br />
Doch kurze Zeit danach kam <strong>der</strong><br />
Ärger um den »pope-town«-Klamauk<br />
und den weltweiten Erfolg <strong>der</strong><br />
biblisch stilisierten Spinnergeschichte<br />
des »Da Vinci Code«, die sich völlig<br />
unverfroren in Deutschland beim<br />
zutreffenden Namen »Sakrileg«, nämlich<br />
Schändung des Heiligen, nannte<br />
und damit Millionenauflage und volle<br />
Kinos deutschlandweit bewirkte.<br />
Der Anteil an Veröffentlichungen<br />
weltlicher Medien, in denen die<br />
Kirche und das Evangelium kritisiert,<br />
in Frage gestellt, verfälscht und verspottet<br />
wird, scheint größer zu sein<br />
als die seriöse und faire Wie<strong>der</strong>gabe<br />
<strong>der</strong> christlichen Botschaft.<br />
Die Begeisterung über das<br />
Erscheinungsbild von katholischer<br />
Kirche in den Medien verpufft sehr<br />
schnell, wenn es denn um Inhalte<br />
geht. Wenn <strong>der</strong> Papst die Schönheit<br />
<strong>der</strong> Ehe preist, ist das allenfalls eine<br />
Kurzmeldung wert. Wenn er für<br />
eine »Kultur des Lebens« und gegen<br />
eine »Kultur des Todes« eintritt und<br />
Embryonenverbrauch zu Forschungszwecken<br />
ausschließt, dann wird er<br />
sehr schnell zum Fundamentalisten.<br />
Wenn er Abtreibung anprangert,<br />
mobilisiert das innere Abwehr, bei<br />
Journalisten und Lesern, weil doch die<br />
eigene Freundin, Schwester, Ehefrau,<br />
Tochter, Tante, Cousine, Kollegin, ja<br />
vielleicht sogar Mutter ... nein danke!<br />
Die katholische Kirche im<br />
Tagesgeschäft <strong>der</strong> Nachrichten wird<br />
meist durch ihren höchsten Vertreter<br />
im Fernsehen repräsentiert. Von <strong>der</strong><br />
Mehrheit <strong>der</strong> Journalisten wurde <strong>der</strong><br />
polnische Papst als charismatische<br />
Persönlichkeit respektiert, ungefähr<br />
so wie Mutter Theresa – sicher etwas<br />
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2<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
weltfremd – aber eine bedeutende<br />
»Person <strong>der</strong> Zeitgeschichte«, etwa<br />
im Zusammenhang mit Solidarnosc,<br />
nicht gerade als »Heiliger« Vater<br />
o<strong>der</strong> gar »Stellvertreter Gottes auf<br />
Erden«, doch etwas Beson<strong>der</strong>es war<br />
er schon. Sein Nachfolger hat in den<br />
deutschen Medien seit seiner Wahl<br />
ein Heimspiel: »Wir sind Papst«. Man<br />
ist von seiner Milde überrascht, hatte<br />
man Kardinal Ratzinger doch stets als<br />
eine Art Großinquisitor <strong>der</strong> Neuzeit<br />
dargestellt. Das passte besser in das<br />
heute übliche Gruselbild »Verliese des<br />
Vatikans«. Große Überraschung in<br />
den Medien, dass dieser Papst in seiner<br />
ersten Enzyklika nur von Gottes<br />
Liebe sprach und nicht von Verboten.<br />
Solche Botschaften des Bischofs von<br />
Rom werden zumeist klein gedruckt.<br />
Theologisches o<strong>der</strong> Moralisches gilt<br />
in einer wachsend kirchenfremden<br />
Gesellschaft als kaum verständlich,<br />
altmodisch und überholt, ja sogar<br />
unpräzise und unaufrichtig. Dazu<br />
gehört das Dauerthema Zölibat. Das<br />
empört so manchen, weil je<strong>der</strong> schon<br />
entsprechende Geschichten über<br />
Fehltritte im Priestergewand und<br />
Rücktritte vom Priesteramt gehört<br />
hat. Und die kirchenamtlichen Vertuschungsversuche<br />
dazu.<br />
Viele sind – was vielleicht noch<br />
schlimmer ist – gelangweilt. Berichte<br />
über aufgedeckte Verstöße gegen<br />
die – von <strong>der</strong> Kirche selbst gesetz-<br />
ten – Prinzipien von Moral, Skandale<br />
und Tragödien von priesterlichen<br />
Dunkelmännern o<strong>der</strong> Dornenvögeln<br />
hat es genug gegeben. In <strong>der</strong> Realität<br />
wie in <strong>der</strong> Fiktion, die inzwischen<br />
gern mit <strong>der</strong> Realität vermischt<br />
und dann verwechselt wird. Nicht<br />
Priester, die ihre Pflicht als Seelsorger<br />
ein Leben lang im Zölibat erfüllen,<br />
sind aufregend, denn sie bedienen<br />
nicht das Klischee vom »falschen<br />
Pfaffen«. Nicht die segnende, die<br />
sündige Hand des Priesters ist eine<br />
Nachricht wert. Getreu dem Branchenmotto:<br />
je abweichen<strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />
Regel, desto größer die Sensation,<br />
desto höher <strong>der</strong> Verkaufswert. Dass<br />
es Priesterseminare gibt, erfährt <strong>der</strong><br />
Leser <strong>der</strong> gängigen Boulevardpresse<br />
eher aus St. Pölten als aus seiner<br />
Bischofsstadt.<br />
Das Alltagsgeschäft <strong>der</strong> Journalisten<br />
ist es doch, mit kritischer Sonde<br />
dem Negativen, Kaputten, Absurden<br />
nachzuspüren. Bad News are Good<br />
News! Dafür werden sie bezahlt, das<br />
lohnt das Publikum mit hoher Einschaltquote,<br />
das ruft auch den Voyeur<br />
vor den Bildschirm, das macht die<br />
Information zur unterhaltsamen Ware<br />
am Zeitungskiosk. Niemanden interessiert<br />
die Nachricht, dass in Frankfurt<br />
»gestern alle Flugzeuge sicher<br />
gestartet und gelandet« sind. Erst<br />
eine Katastrophe macht Schlagzeilen.<br />
Der Normalfall ist keine Nachricht,<br />
<strong>der</strong> Ausnahmefall macht neugierig.<br />
Die Neugier <strong>der</strong> Leser, Hörer,<br />
Zuschauer ist <strong>der</strong> Arbeitgeber von<br />
Journalisten. Sie sind Öffentlichkeitsarbeiter,<br />
Beschäftigte im Serviceunternehmen<br />
namens Infotainment.<br />
Das Positive langweilt den Neugierigen<br />
eher, jedenfalls macht es we<strong>der</strong><br />
Auflage noch Quote. Journalisten<br />
sind bestenfalls Aufklärer, manche<br />
sind – stets auf <strong>der</strong> Suche nach Skandalen<br />
– lieber Aufdecker, viele sind<br />
wohl eher nur Aufschnei<strong>der</strong>.<br />
Die Kirche aber, die über die<br />
beste Nachricht aller Zeiten verfügt,<br />
muss sich mit dieser Presselage<br />
abfinden. Dabei neigt sie natürlich,<br />
da ist sie ganz weltlich, zu positiven<br />
Nachrichten über sich selbst. Für<br />
Journalisten aber ist die Kirche eine<br />
gesellschaftliche Organisation wie<br />
<strong>der</strong> Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
o<strong>der</strong> wie <strong>der</strong> Paritätische Wohlfahrtsverband.<br />
Kirche bekommt in<br />
<strong>der</strong> kritischen Betrachtung ihres<br />
gesellschaftlichen Erscheinungsbildes<br />
keinerlei Vorzugsbehandlung o<strong>der</strong><br />
Son<strong>der</strong>rabatt. Es ist von keinem<br />
Reporter, <strong>der</strong> über Meinungsverschiedenheiten<br />
in <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
Bischofskonferenz berichtet, zu<br />
erwarten, dass er die Kirche dabei<br />
als den »Leib Christi« betrachtet.<br />
Das zuerst wortreiche und später<br />
sprachlose Ringen <strong>der</strong> deutschen<br />
Bischöfe miteinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> mit<br />
dem Vatikan um die Schwangeren-<br />
Konfliktberatung, die Diffamierung<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter als Aussteller von<br />
»Tötungslizenzen«, all das verstanden<br />
auch wohlmeinende Journalisten<br />
nur noch als katholischen »Wettlauf<br />
um den heißen Brei«.<br />
Wer in <strong>der</strong> Hauptstadt Deutschlands<br />
an einem Zeitungskiosk eine<br />
authentische Stimme <strong>der</strong> deutschen<br />
Katholiken finden will, sucht vergebens.<br />
An<strong>der</strong>e Interessenverbände<br />
und Lobbyisten vertreiben o<strong>der</strong><br />
verteilen Hochglanzprodukte – von<br />
<strong>der</strong> Apothekerzeitung über Gewerkschaftsblätter<br />
bis zum evangelischen<br />
Monatsheft »Chrismon«, das großen
Tageszeitungen beigelegt wird.<br />
Katholische Leser sind auf Kirchenblätter<br />
<strong>der</strong> einzelnen Diözesen angewiesen,<br />
die eher wie die Mitglie<strong>der</strong>zeitung<br />
einer regionalen Organisation<br />
angelegt sind. Es gibt die Wochenzeitung<br />
»Rheinischer Merkur«, die<br />
auch kirchliche Themen aufgreift<br />
o<strong>der</strong> die in Würzburg erscheinende<br />
»Tagespost«, die vor allem den konservativen<br />
Flügel <strong>der</strong> Kirche bedient.<br />
Unsere Nachbarn Frankreich und<br />
Polen haben dagegen Tageszeitungen,<br />
die aus katholischer Sicht zu den<br />
Fragen <strong>der</strong> Zeit Position beziehen.<br />
Deutschland hat nominell 28 Millionen<br />
Katholiken. Doch bis heute ist es<br />
Bischöfen und Laien nicht gelungen,<br />
in einer gemeinsamen Kraftanstrengung<br />
ein überregionales Medienprodukt,<br />
Zeitung, Radio o<strong>der</strong> gar<br />
Fernsehprogramm für Deutschland<br />
vorzulegen. Die Übertragung von<br />
Gottesdiensten ist notwendig. In <strong>der</strong><br />
pluralistischen Gesellschaft haben die<br />
christlichen Gemeinden zumindest in<br />
den öffentlich-rechtlichen Programmen<br />
bis heute ein Recht darauf. Man<br />
kann es auch wertneutral sagen: Die<br />
Übertragung einer Sonntagsmesse ist<br />
als Serviceangebot für Gleichgesinnte<br />
unabdingbar. Ob das aber auf<br />
Dauer – auch von einer <strong>der</strong> öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten – gewährleistet<br />
wird, ist offen. Für die Kirche<br />
bliebe in diesem Fall dann nur <strong>der</strong><br />
selbstverwaltete Spartenkanal, wenn<br />
Alte und Kranke bei zunehmendem<br />
Priestermangel die örtliche Sonntagsmesse<br />
nicht mehr erreichen können.<br />
Es gibt regionale, katholisch geprägte<br />
Rundfunkkanäle, das »Domradio<br />
Köln« und »Radio Horeb«, aber es<br />
gibt im deutschen Kirchensteuerland<br />
kein landesweites christliches<br />
Radio wie in Frankreich, das sich aus<br />
Spenden und durch Sponsoren finanziert.<br />
»Radio Chrétienne« bietet die<br />
heilige Messe morgens und abends<br />
zum Mitfeiern, Meditation zum<br />
Tage, geistliche Musik, klassisch und<br />
mo<strong>der</strong>n, kritische Interviews und<br />
Talkrunden zu Themen <strong>der</strong> Zeit und<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
regelmäßiges Rosenkranz-Gebet von<br />
Kin<strong>der</strong>n, Frauen, Männergruppen<br />
gesprochen, live. Je<strong>der</strong> kann so über<br />
das Medium an einer Gemeinschaft<br />
von Gläubigen teilnehmen. Sicher gilt<br />
hier die Verheißung des Herrn auch,<br />
wenn per Radio o<strong>der</strong> Fernsehen<br />
»zwei o<strong>der</strong> drei in Seinem Namen<br />
versammelt« sind. Von einem <strong>der</strong>art<br />
christlich orientierten überregionalen<br />
Rundfunk, <strong>der</strong> selbstverständlich<br />
auch ökumenisch betrieben werden<br />
kann o<strong>der</strong> sogar muss, sind wir in<br />
Deutschland offenbar weit entfernt.<br />
Wer den Auftrag einer Evangelisation<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> überwiegend<br />
religionsarmen Regionen Ostdeutschlands<br />
ernst nimmt, darf sich mit<br />
seinen Rundfunkanstrengungen<br />
wie etwa »Dom-Radio Köln« nicht<br />
auf Gegenden beschränken, die<br />
traditionell christlich geprägt und<br />
überwiegend katholisch sind.<br />
Die Gründe für das Fehlen eines<br />
bundesweiten katholischen Mediums<br />
mögen vielfältig sein. Natürlich wäre<br />
ein solches Unternehmen wirtschaftlich<br />
ein Risiko. Aber unter mindestens<br />
4 bis 5 Millionen regelmäßigen<br />
Besuchern <strong>der</strong> Sonntagsgottesdienste<br />
müsste ein interessiertes Publikum<br />
zu finden sein. Selbst das äußerlich<br />
wenig anspruchsvolle, dafür inhaltlich<br />
hoch interessante Wochenblatt<br />
»Christ in <strong>der</strong> Gegenwart« hat viel<br />
tausendfach Abonnenten gewonnen.<br />
Eine dem heutigen gesellschaftlichen<br />
Diskurs angemessene katholische<br />
Zeitung müsste sich in die Streitfragen<br />
<strong>der</strong> Zeit offensiv einmischen,<br />
katholisch Stellung beziehen, aber<br />
zugleich das thematische Pro und<br />
Contra pflegen und natürlich kritische<br />
Positionen ertragen. Katholische<br />
Akademien tun das auch. Erinnert sei<br />
an das segensreiche Wirken <strong>der</strong> Evangelischen<br />
Synoden in <strong>der</strong> untergegangenen<br />
DDR, die offen und deutlich<br />
Kritik geäußert haben und den<br />
Mängelkatalog des real-sozialistischen<br />
Alltags mutig offen gelegt haben. Es<br />
genügte damals nicht und es reicht<br />
auch heute nicht aus, die notwendige<br />
Debatte über heiße Themen <strong>der</strong> Zeit<br />
hinter verschlossener Tür zu führen.<br />
Die häufig schlecht informierte,<br />
zuweilen verächtliche Darstellung<br />
von Kirche, die willkürliche Auswahl<br />
kirchlicher Themen und die<br />
oft einseitige, religionsferne o<strong>der</strong> gar<br />
-feindliche Kommentierung katholischer<br />
Positionen kann unbeantwortet<br />
auf Dauer nicht kirchenfernen<br />
Medien überlassen werden. Dazu<br />
müsste zunächst allen Beteiligten <strong>der</strong><br />
Unterschied zwischen Verkündigung,<br />
die Sache <strong>der</strong> Priester ist, und Nachrichten,<br />
die Aufgabe von Journalisten<br />
sind, klar werden. Und die kirchliche<br />
Hierarchie müsste dann allerdings das<br />
Vertrauen entwickeln, die Verantwortung<br />
für Inhalt und Form eines<br />
katholisch orientierten Mediums auch<br />
den Fachleuten zu überlassen, und<br />
das sind in aller Regel keine Kleriker,<br />
son<strong>der</strong>n Laien. Ein Verzicht auf solches<br />
Engagement hätte heute ähnliche<br />
Langzeitwirkung wie vor Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
<strong>der</strong> Verzicht auf Bibeldruck.<br />
Gewiss ein gewagter Vergleich, aber<br />
wir blieben dann auf mündliche und<br />
schriftliche Mitteilungen im Kreise<br />
Gleichgesinnter angewiesen. Und<br />
dabei wäre <strong>der</strong> heilige Paulus, hätte er<br />
einen Computer besessen, sicher nicht<br />
stehen geblieben.<br />
Joachim Jauer<br />
Joachim Jauer, Fernsehjournalist,<br />
war langjähriger Leiter <strong>der</strong> Sendung<br />
»Kennzeichen D« sowie DDR- und<br />
Osteuropa-Korrespondent.<br />
Pressekonferenz mit Kardinal<br />
Lehmann: Verglichen mit <strong>der</strong><br />
Ausstattung des Völkerapostels<br />
Paulus verfügt die Kirche heute<br />
über eine Technik, mit <strong>der</strong><br />
sie fast jeden Winkel dieser<br />
Erde erreichen kann. Nutzt<br />
sie sie auch für ihre Ziele?<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Die Konstruktion unserer<br />
(Welt)Wirklichkeit<br />
Unser Bild <strong>der</strong> »Dritten Welt« aus den Medien<br />
Bereits die Redeweise von <strong>der</strong> »Dritten<br />
Welt« ist verräterisch: Das Attribut<br />
»dritte« suggeriert »drittklassig« und<br />
damit »min<strong>der</strong>wertig«. Die Einteilung in<br />
Erste Welt (Europa und Nordamerika),<br />
Zweite Welt (ehemaliger Ostblock) und<br />
Dritte bzw. Vierte Welt (Entwicklungslän<strong>der</strong><br />
mit und ohne Rohstoffe) verdeutlicht<br />
unsere Sichtweise. Wir als<br />
wirtschaftlich »fortschrittliche Län<strong>der</strong>«<br />
stehen an erster Stelle, die so genannten<br />
»Entwicklungslän<strong>der</strong>« haben sich in diese<br />
Richtung weiter zu entwickeln – woran<br />
wir sie im wirtschaftlichen Bereich durch<br />
protektionistische Maßnahmen aber<br />
massiv behin<strong>der</strong>n.<br />
Allein <strong>der</strong> Blick auf die geografischen<br />
Karten <strong>der</strong> Nachrichtensendungen<br />
untermauert stets aufs <strong>Neue</strong> diese<br />
Perspektive: Europa in <strong>der</strong> Mitte<br />
bzw. »oben«, die Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> so<br />
genannten »Dritten Welt« eher<br />
am Rand bzw. »unten«. Allein die<br />
Vorstellung, die Erdkugel einmal zu<br />
drehen und so die Perspektive zu<br />
verän<strong>der</strong>n, löst Befremden aus. Mit<br />
dem Soziologen Niklas Luhmann lässt<br />
sich feststellen: »Alles, was wir über<br />
unsere Gesellschaft, ja über die Welt,<br />
in <strong>der</strong> wir leben wissen, wissen wir<br />
durch die Massenmedien.« Zugespitzt<br />
formuliert: Worüber nicht berichtet<br />
wird, das existiert nicht. Jede<br />
Nachricht ist ein selektiv (mehr o<strong>der</strong><br />
weniger willkürlich) ausgewähltes<br />
Fenster, durch das man niemals das<br />
gesamte Weltgeschehen verfolgen<br />
kann. Jede Nachricht ist tendenziell<br />
mehr »Konstruktion« als »Wirklichkeit«.<br />
Massenmedien erzeugen<br />
und kultivieren Weltbil<strong>der</strong>, die das<br />
Realitätsverständnis <strong>der</strong> Nutzer ganz<br />
wesentlich beeinflussen. Dementsprechend<br />
ist auch unser Bild <strong>der</strong><br />
»Dritten Welt« vor allem medial<br />
bestimmt und von den Berichten des<br />
Fernsehens und <strong>der</strong> Presse geprägt.<br />
Der Hauptvorwurf, <strong>der</strong> in diesem<br />
Zusammenhang seit Jahren gegen<br />
die Medien gerichtet wird, lautet<br />
zum einen, dass die Zahl <strong>der</strong> Beiträge<br />
aus den Län<strong>der</strong>n des Südens viel<br />
zu gering, zum an<strong>der</strong>en, dass ihr<br />
Focus fast ausschließlich auf die<br />
»K-Bereiche« gerichtet sei: Krankheiten,<br />
Katastrophen, Konflikte,<br />
Krisen, Kriege. Die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Zivilgesellschaften, die jeweils<br />
spezifische Kultur, auch das Alltagsleben<br />
in Län<strong>der</strong>n und Regionen des<br />
»Südens« rücke dagegen kaum in den<br />
Blickpunkt <strong>der</strong> Medien <strong>der</strong> »Ersten<br />
Welt« – und wenn doch einmal, so<br />
vor allem in <strong>der</strong> Rubrik »Exotisches«.<br />
Klischees würden dominieren,<br />
Differenzierungen fehlen. Auslandsberichterstattung<br />
findet im Programm<br />
nur als Dauerkrisenbericht statt. Die<br />
Ursachen <strong>der</strong> Kriege und Krisen werden<br />
defizitär dargestellt o<strong>der</strong> gar ganz<br />
unterschlagen. Entwicklungsprozesse<br />
werden kaum verfolgt, es dominiert<br />
die aktualitätsgebundene Ereignisorientierung.<br />
In manchen Berichten<br />
ist noch immer ein verdeckter o<strong>der</strong><br />
offener Rassismus zu beobachten. In<br />
<strong>der</strong> Regel wird aus eurozentristischer<br />
Perspektive wahrgenommen. Die<br />
positiven Eigenleistungen <strong>der</strong> »Dritten<br />
Welt« (Zweidrittel-Welt) werden<br />
nur höchst unzureichend erwähnt<br />
und gewürdigt.<br />
Wissenschaftliche Untersuchungen<br />
belegen dies. Monika Moos<br />
überprüfte 1977 über dreihun<strong>der</strong>t<br />
Fernsehberichte zum Thema Afrika,<br />
die den Berichtszeitraum 1971 bis<br />
1975 betrafen. Sie kam zu dem<br />
Ergebnis: »In den Exotik-Sendungen<br />
spielt <strong>der</strong> Mensch des Busches,<br />
soweit Menschen überhaupt<br />
vorkommen, die Hauptrolle. Aber<br />
nur im Sinne des Aufzeigens von<br />
primitivem, recht reizvoll wirkendem<br />
fremden Verhalten und einer<br />
schicksalhaften Abhängigkeit von<br />
den Naturgewalten. In den Magazin-<br />
Beiträgen, die immerhin die Hälfte<br />
<strong>der</strong> gesamten Berichterstattung ausmachen,<br />
erscheinen sie nie. Dieser<br />
Sendetyp ist Bühne <strong>der</strong> Regierenden,<br />
des Staatsapparates und seiner<br />
Vertreter als Träger <strong>der</strong> Entwicklung<br />
und einzig Verantwortlicher für<br />
die gesellschaftlichen Verhältnisse.<br />
Die Legitimitätsbasis <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Regierung wird nicht diskutiert. [...]<br />
Damit erhalten die Eliten aus Militär,<br />
Regierung und Verwaltung ein so<br />
entscheidendes Übergewicht, dass<br />
sie das Fernseh-Bild von heutiger<br />
afrikanischer Wirklichkeit praktisch<br />
allein ausfüllen. Die 90 %ige<br />
Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung erscheint<br />
nur als unmündiges Objekt von<br />
Obrigkeit.«<br />
In diesem Ergebnis spiegelt sich<br />
ein Grundproblem sowohl abendländischer<br />
Geschichtsschreibung wie<br />
auch medialer Berichterstattung.<br />
Beide sind sie schwerpunktmäßig<br />
auf handelnde (politische) Eliten,<br />
Männer und Heroen ausgerichtet.<br />
Es sind die Mächtigen, vor allem<br />
Männer, die Geschichte machen. Die<br />
Perspektive <strong>der</strong> Opfer wird dagegen<br />
höchst selten eingenommen. Auf<br />
diese Weise besteht die Tendenz, die<br />
imperiale und patriarchale Interpretation<br />
geschichtlicher Zusammenhänge<br />
weiter zu verfestigen.
Diese Grundproblematik hatte sich<br />
auch Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre nicht<br />
geän<strong>der</strong>t. Im Frühjahr 1990 führte<br />
Walter Michler eine Auswertung <strong>der</strong><br />
ARD- und ZDF-Hauptnachrichten<br />
durch und kam dabei zu folgenden<br />
signifikanten Ergebnissen: Der<br />
Anteil <strong>der</strong> Berichterstattung »über«<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong> (etwa drei Viertel<br />
<strong>der</strong> Welt) betrug 4,5 Prozent. Von<br />
1.125 Minuten Gesamtnachrichten<br />
waren 1,7 Minuten = 0,15 Prozent<br />
Schwarzafrika gewidmet (heute<br />
46 Staaten mit 495 Millionen Einwohnern).<br />
Das heißt: Der Zuschauer<br />
erfährt praktisch nichts über das<br />
Geschehen in Schwarzafrika. Die<br />
Berichterstattung beschränkte sich<br />
auf 13 Staaten aus <strong>der</strong> Dritten Welt,<br />
das sind weniger als 10 Prozent<br />
aller Entwicklungslän<strong>der</strong>. An sieben<br />
von 31 Tagen erfolgte keinerlei<br />
Berichterstattung über die Dritte<br />
Welt. Über die zentralen Probleme<br />
Weltwirtschaftssystem, Verschuldung,<br />
Rohstoffpreisverfall und Nord-Süd-<br />
Konflikt wurde überhaupt nicht<br />
berichtet. Die Berichterstattung über<br />
gewaltsame Auseinan<strong>der</strong>setzungen,<br />
Unglücks- und Katastrophenfälle<br />
dominierte die Dritte-Welt-Nachrichten:<br />
30 von insgesamt 65 Meldungen<br />
– das sind 46 Prozent – entfielen auf<br />
diese Kategorie.<br />
Die Folgen charakterisierte<br />
Mekonnen Mesghena im Jahr 1995<br />
so: »Krisen in Afrika werden als<br />
Schlagzeilen vermittelt, als Paukenschläge<br />
aus einer dumpfen anarchi-<br />
schen Welt, die das Fernsehen in<br />
fiebern<strong>der</strong> Nervosität wach hält. Die<br />
Signalwärter, <strong>der</strong>en sich das Medium<br />
bedient, lauten immer wie<strong>der</strong><br />
›Massaker‹, ›Seuche‹, ›Hunger‹,<br />
›Aids‹, ›Korruption‹, ›Bevölkerungsexplosion‹<br />
o<strong>der</strong> ›Stammesfehde‹. Auf<br />
diese Katastrophen-Kaskaden hat sich<br />
<strong>der</strong> Zuschauer eingestellt, er erwartet<br />
im Zuge <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung kaum<br />
an<strong>der</strong>e Begriffe. Auf Gemetzel und<br />
Blutbad ist er eingerichtet, wenn<br />
aus Afrika berichtet wird, nicht auf<br />
Bewältigung von Krisen, Aufbau und<br />
positive Entwicklung.«<br />
Bei Zeitungsartikeln bestimmt<br />
bereits die Überschrift, die Schlagzeile<br />
die Interpretation des folgenden<br />
Artikels. Studien zu Artikeln<br />
über Afrika haben gezeigt, dass <strong>der</strong><br />
überwiegende Teil mit negativen<br />
Schlagzeilen betitelt war, durch die<br />
<strong>der</strong> Leser eine entsprechende Leseanleitung<br />
bekam, die den »Tunnelblick«<br />
(Wahome Mutahi) auf Afrika<br />
weiter verstärkt.<br />
Die Gesamtentwicklung <strong>der</strong><br />
Deutung von weltweiten Trends<br />
während <strong>der</strong> letzten drei Jahrzehnte<br />
lässt sich (vereinfachend) so beschreiben:<br />
In den 80er Jahren galten<br />
– medial gesehen – die meisten<br />
Konflikte als militärisch offene o<strong>der</strong><br />
verdeckte Konfrontation zwischen<br />
östlicher und westlicher Interessensphäre.<br />
In den 90er Jahren, nach<br />
Ende des Ost-West-Konfliktes, wurde<br />
vorwiegend das ethnische Argument<br />
als Erklärungsmuster für Konflikte –<br />
insbeson<strong>der</strong>e in Afrika und auf<br />
dem Balkan – herangezogen. Am<br />
Beginn des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts dominiert<br />
das religiöse Deutungsschema: Terror,<br />
Selbstmordattentate von Islamisten<br />
usw. Kritisch nachzufragen ist hier,<br />
ob <strong>der</strong>artige, oft vereinfachende<br />
Argumentationen nicht stereotype<br />
Deutungsmuster und mentale<br />
Bewusstseinsschranken verfestigen,<br />
statt sie aufzulösen. »Die ideologische<br />
Verkrustung, die damit einhergeht,<br />
dient nur zu oft <strong>der</strong> Verschleierung<br />
<strong>der</strong> tatsächlichen Ursachen für Krieg<br />
und Hunger, die weiterhin im nicht<br />
befriedeten Nord-Süd-Konflikt o<strong>der</strong><br />
in innerstaatlichen Problemen liegen<br />
können« (Christian Hörburger).<br />
Mediale Berichte tragen daher<br />
nicht automatisch zu einem besseren<br />
Verständnis und einer vertieften<br />
Sicht <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und Menschen <strong>der</strong><br />
so genannten »Dritten Welt« bei.<br />
Notwendig ist und bleibt eine kritische<br />
Gegenöffentlichkeit und das Interesse<br />
an <strong>der</strong> Nutzung »alternativer« Medien<br />
und Informationsquellen, um das oft<br />
einseitige Bild aufzubrechen und ein<br />
mehr-perspektivisches entstehen zu<br />
lassen.<br />
Stefan Fe<strong>der</strong>busch<br />
Br. Stefan Fe<strong>der</strong>busch ofm ist<br />
Schulseelsorger am <strong>Franziskaner</strong>-<br />
Gymnasium in Großkrotzenburg.<br />
5
6<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Digitales Nord-Süd-Gefälle<br />
Überwindung <strong>der</strong> digitalen Spaltung ist dringendes politisches Ziel<br />
Die wachsende Bedeutung elektronischer<br />
Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten<br />
in allen gesellschaftlichen<br />
Bereichen wird lei<strong>der</strong> noch immer allzu<br />
oft allein auf die entwickelten Län<strong>der</strong><br />
bezogen. Dieser Wandel zur Informationsgesellschaft<br />
hat aber längst auch große<br />
Auswirkungen auf die Schwellen- und<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong> und stellt diese vor<br />
enorme Herausfor<strong>der</strong>ungen. Darüber<br />
hinaus bestimmt <strong>der</strong> Wandel auch die<br />
zukünftigen Erfolgschancen sowohl <strong>der</strong><br />
Menschen wie <strong>der</strong> Wirtschaft in diesen<br />
Län<strong>der</strong>n.<br />
Während wir in Europa um<br />
Fortschritte ringen, immer weitere<br />
Bevölkerungsteile ins Internet zu<br />
bringen und hier bereits von 50 %<br />
plus X reden, die Infrastrukturen<br />
breitbandig ausbauen sowie bei<br />
Fragen des Rechtsrahmens zum<br />
Datenschutz o<strong>der</strong> zum Urheberrecht<br />
deutliche Fortschritte machen,<br />
stellt sich die digitale Spaltung zu<br />
den Schwellen- und Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
und verstärkt auch innerhalb<br />
dieser weitaus gravieren<strong>der</strong> dar.<br />
Dies ist <strong>der</strong> Grund, weshalb wir von<br />
einer eklatanten globalen Chancenungleichheit<br />
sprechen müssen.<br />
Diese Ungleichheit durch geeignete<br />
Maßnahmen zu verringern, stellt<br />
für die internationale Gemeinschaft<br />
die zentrale politische Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
dar.<br />
Dass wir von Chancengleichheit<br />
weit entfernt sind, zeigt nicht nur<br />
das sozioökonomische Nord-Süd-<br />
Gefälle, son<strong>der</strong>n auch eine ganze<br />
Reihe von Untersuchungen und<br />
statistischen Erhebungen, die Jahr<br />
für Jahr eine eklatante Ungleichheit<br />
im Zugang und in <strong>der</strong> Nutzung elektronischer<br />
Informations- und Kom-<br />
munikations-Technologien (kurz:<br />
IuK-Technologien) sichtbar machen.<br />
Laut <strong>der</strong> OECD-Studie »Un<strong>der</strong>standing<br />
the Digital Divide« von<br />
2001 o<strong>der</strong> dem World Population<br />
Data Sheet 2002 stammen weiterhin<br />
etwa 80 % <strong>der</strong> knapp 600 Millionen<br />
Internetnutzerinnen und -nutzer aus<br />
OECD-Län<strong>der</strong>n. Gleiches lässt sich<br />
für die Verfügbarkeit von Infrastrukturen<br />
sagen. Diese internationalen<br />
Unterschiede bilden ein zentrales<br />
Hemmnis für die globale Chancengleichheit.<br />
Für die Menschen <strong>der</strong><br />
Straße in São Paulo<br />
ist die Zeitung im<br />
Obdachlosenheim <strong>der</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong> die einzige<br />
Informationsquelle.
Die digitale globale Spaltung hat<br />
aber neben <strong>der</strong> technischen auch<br />
erhebliche soziale und kulturelle<br />
Dimensionen. Bereits die Enquete-<br />
Kommission »Globalisierung <strong>der</strong><br />
Weltwirtschaft« des 14. <strong>Deutschen</strong><br />
Bundestages (2002) hat darauf<br />
hingewiesen, dass sich die einzelnen<br />
Ungleichheiten in den Schwellen-<br />
und Entwicklungslän<strong>der</strong>n wechselseitig<br />
verstärken und in ihrer Summe<br />
sowohl zu enormen innergesellschaftlichen<br />
digitalen Kluften als<br />
auch zu behin<strong>der</strong>nden Zugangs- und<br />
Nutzungsbarrieren führen. Die<br />
hohen Zugangspreise, die technischen<br />
Voraussetzungen und die<br />
notwendigen individuellen Kompetenzen<br />
privilegieren die ohnehin<br />
besser gestellten kleinen Eliten in<br />
den städtischen Zentren.<br />
Hinter diesen Fakten verbirgt<br />
sich ein enormes Risiko für die<br />
ökonomische, soziale und politische<br />
Stabilität dieser Län<strong>der</strong>. Die digitale<br />
Spaltung von heute droht auf globaler<br />
Ebene die Chancenungleichheit<br />
zu reproduzieren und auch für kommende<br />
Generationen zu verfestigen.<br />
Dies ist <strong>der</strong> Grund, weshalb eine<br />
mo<strong>der</strong>ne Entwicklungspolitik nicht<br />
an den beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Informationsgesellschaft vorbeisehen<br />
kann und es zunehmend<br />
auch nicht tut. Wir müssen uns<br />
hierbei insbeson<strong>der</strong>e um die Län<strong>der</strong><br />
kümmern, die laut Entwicklungsprojektionen<br />
<strong>der</strong> Weltbank drohen,<br />
weiter den Anschluss an den Wandel<br />
zur Informationsgesellschaft zu<br />
verlieren. Zu diesen so genannten<br />
Latecomern gehören aber nicht<br />
nur die am wenigsten entwickelten<br />
Län<strong>der</strong> – die »least developed<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
countries« –, son<strong>der</strong>n auch die beiden<br />
bevölkerungsreichsten Staaten<br />
<strong>der</strong> Erde, Indien und China. Diese<br />
beiden Staaten sind auch deshalb<br />
sehr gute Beispiele für die innere<br />
digitale Spaltung in Schwellen- und<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n, weil durchaus<br />
international vergleichbare IT-Infrastrukturen,<br />
Dienstleistungsangebote<br />
und Nutzungskompetenzen in<br />
diesen Län<strong>der</strong>n bestehen. Diese<br />
sind jedoch lokal begrenzt und nur<br />
geringe Bevölkerungsteile können<br />
daran teilhaben. Die Konzentration<br />
<strong>der</strong> Verfügbarkeit und Nutzungskompetenz<br />
auf die wohlhabenden<br />
städtischen Eliten und die strukturelle<br />
Ausblendung <strong>der</strong> ländlichen<br />
Regionen, in denen nach wie vor<br />
die Bevölkerungsmehrheit lebt, ist<br />
eklatant.<br />
Die Dimension <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
für die internationale Gemeinschaft<br />
ergibt sich aus <strong>der</strong> Größenordnung<br />
globaler Ungleichheiten.<br />
Aus diesem Grund war die Frage <strong>der</strong><br />
digitalen Spaltung ein Schwerpunkt<br />
beim UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft<br />
vor drei Jahren in<br />
Genf und bei seiner Fortsetzung im<br />
vergangenen Jahr in Tunis. Als zentrale<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung wurde hier<br />
neben <strong>der</strong> Verringerung <strong>der</strong> globalen<br />
Chancenungleichheit festgestellt,<br />
dass die gesellschaftlichen Potenziale<br />
neuer IuK-Technologien weltweit für<br />
Bildung, Wissenschaft, Kultur und<br />
Demokratie sowie für Wirtschaft<br />
und Verwaltung stärker genutzt<br />
werden müssen. Vor diesem Hintergrund<br />
ist es beson<strong>der</strong>s wichtig,<br />
dass in die Dokumente des Gipfels<br />
grundlegende Prinzipien Eingang<br />
gefunden haben, die weit über<br />
technisch-wirtschaftliche Problemaspekte<br />
hinausgreifen und ethische,<br />
bürgerrechtliche, soziale, politische<br />
und kulturelle Fragen gleichberechtigt<br />
daneben stellen.<br />
Der Wandel zur Informationsgesellschaft<br />
ist eben nicht nur eine<br />
Frage technischer Infrastrukturen<br />
und wirtschaftlicher Globalisierung,<br />
son<strong>der</strong>n vielmehr ein umfassen<strong>der</strong><br />
gesellschaftlicher Wandel. Aus<br />
diesem Grund bleibt es eine zentrale<br />
politische Aufgabe, Schulen, Bibliotheken,<br />
Krankenhäuser, öffentliche<br />
Verwaltungen und an<strong>der</strong>e lokale und<br />
nationale Institutionen bis 2015 ans<br />
weltweite Netz anzuschließen und<br />
nationale Programme und Initiativen<br />
in den Bereichen e-Government,<br />
e-Learning und e-Health zu starten.<br />
Einen wichtigen Beitrag zur Überwindung<br />
<strong>der</strong> digitalen Kluft soll beispielsweise<br />
das 100-Dollar-Notebook<br />
leisten, um die IT-Ausstattung in den<br />
Entwicklungs- und Schwellenlän<strong>der</strong>n<br />
zu verbessern.<br />
Mit dem Ende 2005 abgeschlossenen<br />
UN-Weltgipfel »Informationsgesellschaft«<br />
ist ein wichtiger erster<br />
Schritt in Richtung einer globalen<br />
Entwicklungsperspektive für eine<br />
globale Informationsgesellschaft<br />
gelungen. Jetzt gilt es sicherzustellen,<br />
dass das Ende des Weltgipfels<br />
»Informationsgesellschaft«<br />
nicht das Ende <strong>der</strong> Debatte ist.<br />
Jörg Tauss<br />
Jörg Tauss, MdB, ist bildungs-,<br />
forschungs- und medienpolitischer<br />
Sprecher <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD im<br />
<strong>Deutschen</strong> Bundestag.<br />
7
8<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Internet als Entwicklungshelfer?<br />
Die Dritte Welt und das Internet<br />
»Ich bin schon drin!«, sagt Boris<br />
Becker in einem Werbespot zur Nutzung<br />
des Internets. Und tatsächlich:<br />
Rund 55 Prozent <strong>der</strong> Erwachsenen<br />
<strong>Deutschen</strong> haben Zugang zum Internet<br />
und nutzen dies auch, sei es am<br />
Arbeitsplatz, in <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong> Universität<br />
o<strong>der</strong> zu Hause. Doch für Menschen<br />
aus den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
ist dies noch lange nicht Realität. In<br />
Afrika z.B. hat noch nicht einmal ein<br />
Prozent <strong>der</strong> Bevölkerung Gelegenheit<br />
eine eMail zu schreiben, geschweige<br />
denn im Netz zu surfen.<br />
Warum ist das so? Zum einen ist es<br />
die fehlende Infrastruktur. Es fehlen<br />
Telefonleitungen, Computer, Modem<br />
und Internetanschlüsse, sei es über<br />
Glasfaserkabel o<strong>der</strong> Satellit. Vor<br />
allem aber fehlt elektrischer Strom<br />
zum Betrieb <strong>der</strong> Informations- und<br />
Kommunikationsgeräte. Das ländliche<br />
Afrika ist nur zu acht Prozent ans<br />
Stromnetz angeschlossen und auch in<br />
Indien sind die Hälfte <strong>der</strong> Häuser in<br />
ländlichen Regionen ohne Licht.<br />
Der entscheidende Faktor ist zum<br />
an<strong>der</strong>en die große Armut in <strong>der</strong> Dritten<br />
Welt. Für einen Afrikaner mit nur<br />
ca. 28 Dollar Einkommen im Monat<br />
ist selbst <strong>der</strong> Besuch eines Internetcafés<br />
in den großen Städten unerschwinglich.<br />
Wenn man rund einen<br />
Dollar pro Stunde Internetnutzung<br />
zahlen muss – dies entspräche bei<br />
unseren Einkommensverhältnissen<br />
ca. 50 Euro – , überlegt man es sich<br />
zweimal, ob das Vergnügen mit<br />
Freunden zu chatten o<strong>der</strong> eMails von<br />
den Verwandten aus den USA o<strong>der</strong><br />
Europa zu lesen dies wert ist.<br />
Doch es ist nicht nur die fehlende<br />
Infrastruktur und das fehlende<br />
Geld, das es vielen nicht erlaubt,<br />
das Internet als Informations- und<br />
Kommunikationsmedium zu nutzen.<br />
Es sind auch die Sprachbarrieren.<br />
Fast 60 Prozent aller Informationen<br />
im weltweiten Netz sind auf<br />
Englisch. Doch für nur fünf Prozent<br />
<strong>der</strong> Weltbevölkerung ist Englisch<br />
die Muttersprache, ganz abgesehen<br />
davon, dass viele Menschen aus <strong>der</strong><br />
Dritten Welt we<strong>der</strong> Schreiben noch<br />
Lesen können.<br />
Viele Dritte-Welt-Staaten streben<br />
daher eine stärkere sprachliche<br />
Vielfalt und eine Betonung <strong>der</strong><br />
kulturellen Identität auch im Netz<br />
an und wollen ihren Bürgern mittels<br />
Spracheingabe und Touchscreens<br />
den Zugang zu den Informationen<br />
im Internet ermöglich. So ist es<br />
z.B. in <strong>der</strong> Bamako-Erklärung vom<br />
Mai 2002 <strong>der</strong> afrikanischen Staaten<br />
zur Vorbereitung des Weltinformationsgipfels<br />
im Dezember 20<strong>03</strong> in<br />
Genf zu lesen. Doch auch wenn man<br />
sich durch Sprachbefehle o<strong>der</strong> Berühren<br />
von Symbolen auf Touchscreens<br />
zu den Web-Dokumenten durchgehangelt<br />
hat, die man einsehen<br />
möchte – irgendwann muss man die<br />
Information lesen und verstehen.<br />
Hier helfen dann nur Lesekenntnisse<br />
und eine fundierte Ausbildung. Um<br />
es diesen Menschen dennoch zu<br />
ermöglichen Informationen aus dem<br />
Internet zu bekommen, sind alternative<br />
Lösungen gefragt. Eine solche<br />
vielversprechende Lösung ist das so<br />
genannte Radiobrowsing. Hier surft<br />
die Radiostation stellvertretend für<br />
seine Hörerinnen und Hörer im Netz<br />
und übermittelt die recherchierten<br />
Ergebnisse im normalen Programm.<br />
Das hat auch den Vorteil, dass in<br />
einheimischer Sprache gesendet<br />
werden kann und Radios sind auch<br />
in <strong>der</strong> Dritten Welt weit verbreitet.<br />
Es lässt sich auch ohne Netzanschluss<br />
als Kurbelradio betreiben. In Afrika<br />
haben immerhin 200 von 1.000 Einwohnern<br />
ein Radiogerät im Gegensatz<br />
zu nicht einmal 10 von 1.000,<br />
die einen Internetanschluss besitzen.<br />
Die deutsche GTZ unterstützt<br />
z.B. den katholischen Radiosen<strong>der</strong><br />
Marañon in Jaen im Norden Perus<br />
beim Radiobrowsing und auch die<br />
UNESCO finanziert mehrere Projekte<br />
in Westafrika und Südasien.<br />
Warum aber eigentlich sollen<br />
auch Menschen aus <strong>der</strong> Dritten<br />
Welt Zugang zum Internet haben?<br />
Das Argument vieler Politiker und<br />
Wirtschaftsfachleute aus den Industrienationen<br />
ist, dass sich damit die<br />
Entwicklungsprobleme und insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Armut in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
lösen bzw. überwinden<br />
ließe. Voraussetzung sei allerdings<br />
eine Liberalisierung und Deregulierung<br />
<strong>der</strong> Märkte dieser Staaten, um<br />
in den Genuss von För<strong>der</strong>mitteln zu<br />
kommen.<br />
Lei<strong>der</strong> hat sich diese Hoffnung<br />
bis jetzt nicht erfüllt. Die großen<br />
Telefongesellschaften aus dem<br />
Norden konnten zwar in Lateinamerika,<br />
Afrika und Südasien Fuß<br />
fassen und mit den Eliten dieser<br />
Län<strong>der</strong> gute Geschäfte machen, für<br />
die Normalbürger hat sich dies aber<br />
nicht ausgezahlt. Im Gegenteil: viele<br />
Angestellte <strong>der</strong> früheren nationalen<br />
Telefongesellschaften verloren im<br />
Zuge <strong>der</strong> Privatisierungen ihre<br />
Arbeitsplätze und die Län<strong>der</strong> selbst<br />
verloren wichtige Einnahmen durch<br />
Ausgleichszahlungen für Telefongespräche,<br />
die in ihre Län<strong>der</strong> gingen<br />
und oft die einzige wichtige Deviseneinnahmequelle<br />
waren.<br />
Die Investitionen im Informations-<br />
und Kommunikationssektor<br />
<strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong> gingen<br />
fast ausschließlich als Gewinne in<br />
die Industrienationen, denn die<br />
Hard- und Software kommt aus dem<br />
Norden. Gewinne macht man eben<br />
nicht durch den Konsum, son<strong>der</strong>n<br />
durch die Produktion. Brasilien<br />
mit seinen »Volkscomputern« o<strong>der</strong><br />
Indien mit seinem »Simputer«<br />
(simple computer) sind da schon eher<br />
auf dem richtigen Weg. Nach Informationen<br />
von Prof. Richard Heeks<br />
aus England sind 80 Prozent aller<br />
Entwicklungsprojekte mit Internetbezug<br />
gescheitert.
Woran liegt es, dass so viele Projekte<br />
nicht den erhofften Erfolg bringen?<br />
Auch dies hat Prof. Heeks untersucht.<br />
Meist sind es zu ambitionierte Projekte,<br />
die mehr den Vorstellungen <strong>der</strong><br />
Geldgeber aus dem Norden entsprechen<br />
als den Notwendigkeiten. All zu<br />
oft ist das Internet zum Selbstzweck<br />
verkommen und wird nicht als eines<br />
von vielen Werkzeugen in <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeitangesehen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e geht die Propagierung<br />
des elektronischen Handels<br />
vollkommen an <strong>der</strong> Wirklichkeit <strong>der</strong><br />
Entwicklungslän<strong>der</strong> vorbei. We<strong>der</strong><br />
lassen sich durch Internetportale<br />
neue Kunden gewinnen, noch ist<br />
Online-Shopping eine Option, da dies<br />
schon an den fehlenden Kreditkarten<br />
scheitert. Und vor allem müssen die<br />
bestellten Waren auch möglichst<br />
zeitnah zur Bestellung zum Kunden<br />
transportiert werden. Doch in ganz<br />
Afrika gibt es nur ein Drittel soviel<br />
gepflasterte Straßen wie in Deutschland<br />
und selbst im relativ entwickelten<br />
Lateinamerika sind die wenigsten<br />
Straßen genügend befestigt: In Chile<br />
sind sie z.B. nur zu 19,5 Prozent und<br />
in Brasilien gar nur zu 9,3 Prozent<br />
befestigt. Die wenigen, die sich das<br />
Einkaufen per Internet leisten können,<br />
bestellen außerdem ihre Waren<br />
in den Industrielän<strong>der</strong>n. So gehen<br />
z.B. 75 Prozent <strong>der</strong> Internetbestellungen<br />
<strong>der</strong> Lateinamerikaner in die USA<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> des Nordens.<br />
Häufig wird übersehen, dass man<br />
Lösungen aus dem Norden nicht<br />
einfach auf den Süden übertragen<br />
kann. Jedes Land hat seine eigene<br />
Kultur und seine Beson<strong>der</strong>heiten.<br />
Wissenschaftler <strong>der</strong> London School<br />
of Economics haben herausgefunden,<br />
dass sich neue Geschäftsbeziehungen<br />
in Afrika und Asien häufig nur durch<br />
direkte reale Beziehungen herstellen<br />
lassen. Außerdem ist es oftmals nicht<br />
<strong>der</strong> fehlende Internetzugang, <strong>der</strong> die<br />
wirtschaftliche Entwicklung in diesen<br />
Län<strong>der</strong>n behin<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n Zoll- und<br />
Handelsschranken für verarbeitete<br />
Waren aus den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> hohe Subventionen <strong>der</strong><br />
Europäischen Union und den USA<br />
o<strong>der</strong> Japan auf Agrarexporte in diese<br />
Län<strong>der</strong>.<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
»Schulen ans Netz« ist nicht nur ein<br />
beliebtes Projekt in Deutschland,<br />
meist allerdings angetrieben von<br />
Firmeninteressen und weniger von<br />
Lehrern und Pädagogen. Auch in<br />
vielen Entwicklungslän<strong>der</strong>n gibt es<br />
ähnliche Initiativen. Helfen diese<br />
Maßnahmen die hohen Analphabetenraten<br />
in Dritte-Welt-Staaten zu senken<br />
o<strong>der</strong> vertiefen sie nur die schon<br />
bestehende Spaltung innerhalb dieser<br />
Gesellschaften? Fakt ist: Viele Kin<strong>der</strong><br />
aus Entwicklungslän<strong>der</strong>n gehen<br />
nicht zur Schule, weil sie mitarbeiten<br />
müssen, um ihre Familien zu<br />
ernähren. Schulspeisungen haben da<br />
mehr geholfen als Computer in Schulen,<br />
die we<strong>der</strong> über ausgebildetes<br />
Lehrpersonal noch über elektrischen<br />
Strom zum Anschluss <strong>der</strong> Geräte<br />
verfügen. Und meist stehen diese<br />
Geräte auch nur in den Eliteschulen<br />
dieser Län<strong>der</strong>.<br />
Wissen und Bildung ist sicher das<br />
Mittel zur Armutsbeseitigung, doch<br />
ob ausgerechnet das Internet das<br />
kostengünstigste und beste Mittel ist,<br />
bleibt zweifelhaft. <strong>Neue</strong>re Untersuchungen<br />
zeigen jedenfalls, dass in<br />
Bezug auf Fernlernen das Internet bei<br />
weitem das teuerste und am wenigsten<br />
erfolgreiche Instrument ist. Hier<br />
schnitten mittels Post versandte Lehrmaterialien<br />
am besten ab. Und kein<br />
noch so mo<strong>der</strong>ner Computer kann<br />
einen gut ausgebildeten Lehrer ersetzen,<br />
<strong>der</strong> meist zudem viel billiger ist.<br />
Mit dem Geld für einen Computer<br />
kann z.B. in Peru das Jahresgehalt<br />
eines Lehrers finanziert werden,<br />
<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um mehr als 20 Schüler<br />
gleichzeitig unterrichtet – an einem<br />
Computer hingegen können höchstens<br />
zwei Kin<strong>der</strong> gemeinsam arbeiten.<br />
Keine Frage allerdings ist es, dass<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen<br />
im Süden mit einem Anschluss<br />
ans Internet versorgt werden müssen,<br />
denn nur so können auch Forscher<br />
und Studenten aus diesen Län<strong>der</strong> am<br />
internationalen Wissensaustausch<br />
teilhaben.<br />
Poul Nielsen, europäischer Kommissar<br />
für Entwicklung und humanitäre<br />
Hilfe, sagte anlässlich einer<br />
Konferenz in Bonn im Juni 2001:<br />
»Der Einsatz von Informationstechnologie<br />
macht aus einem schlechten<br />
Projekt kein gutes Projekt. Ein gutes<br />
Projekt ist ein Projekt, das einen<br />
spürbaren Beitrag zur Armutsreduzierung<br />
liefert, und nicht eins, das dazu<br />
dient, die Informationstechnologie zu<br />
beför<strong>der</strong>n.«<br />
Uwe Afemann<br />
Uwe Afemann, seit 1979 wissenschaftlicher<br />
Angestellter im Rechenzentrum <strong>der</strong> Universität<br />
Osnabrück, ist stellvertreten<strong>der</strong> Sprecher<br />
<strong>der</strong> Fachgruppe »Informatik und Dritte Welt«<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft für Informatik e.V.<br />
Jugendliche im Sozialprojekt<br />
<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong><br />
in Porto Alegre, Brasilien,<br />
nehmen an einem<br />
Computerkurs teil.<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
»Mal schnell« ins Internet?<br />
Das Projekt »Internet für Einheimische« in Kivumu<br />
Mal schnell etwas im Internet nachschauen<br />
– das ist für die meisten von<br />
uns mittlerweile schon genau so normal<br />
wie telefonieren, sodass das Internet<br />
aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken<br />
ist. Dass dies nicht überall<br />
so ist, wird beim Blick in viele Län<strong>der</strong><br />
außerhalb <strong>der</strong> westlichen Welt schnell<br />
deutlich. Dort stellt das Internet für<br />
weite Teile <strong>der</strong> Bevölkerung noch etwas<br />
völlig Unbekanntes und Fremdes dar.<br />
Der Grund dafür liegt darin, dass oftmals<br />
nicht einmal die technischen Voraussetzungen<br />
für die Nutzung des Internets<br />
wie Strom und Telefonleitungen, ganz zu<br />
schweigen von Computergeräten selbst,<br />
vorhanden sind. Deshalb müssen dort<br />
zunächst diese Vorbedingungen erfüllt<br />
werden, um anschließend die Einheimischen<br />
an eine sinnvolle und »gewinnbringende«<br />
Verwendung von Computer<br />
und Internet heranführen zu können.<br />
Auf dem Weg zu diesem Ziel befinden<br />
sich <strong>der</strong>zeit einige Einwohner<br />
<strong>der</strong> Gemeinde Kivumu in Ruanda, in<br />
<strong>der</strong> die <strong>Franziskaner</strong> ein Spital und<br />
eine Berufsschule leiten sowie weitere<br />
Einrichtungen betreuen. Auch<br />
in diesem ca. 40 Kilometer westlich<br />
<strong>der</strong> Hauptstadt Kigali gelegenen<br />
Ort hat das Internet bis vor kurzem<br />
überhaupt keine Rolle gespielt. Doch<br />
seit mehr als einem Jahr haben die<br />
dortigen Brü<strong>der</strong> Zugang zu dem<br />
neuen Informations- und Kommunikationsmedium.<br />
Da sie auch zuvor<br />
schon sehr viel mit dem Computer<br />
garbeitet hatten, war <strong>der</strong> Erwerb<br />
<strong>der</strong> Grundkenntnisse im Umgang<br />
mit dem Internet für sie unproblematisch.<br />
Wie für so viele an<strong>der</strong>e ist<br />
auch für die Brü<strong>der</strong> das Internet in<br />
<strong>der</strong> Zwischenzeit unverzichtbares<br />
Hilfsmittel bei ihrer täglichen Arbeit<br />
geworden – nicht zuletzt deswegen,<br />
weil Informations- und Kommuni-<br />
kationsfluss in einer solch großen<br />
Provinz wie <strong>der</strong> von Nairobi an<strong>der</strong>s<br />
nur weitaus schwieriger aufrecht<br />
zu erhalten wären. Nichtsdestoweniger<br />
bleibt es hier weiterhin<br />
unmöglich, je<strong>der</strong>zeit schnell etwas<br />
online nachzusehen, weil es immer<br />
noch eines Generators (und für<br />
diesen wie<strong>der</strong>um des Treibstoffes)<br />
zur Stromerzeugung bedarf, um<br />
die Geräte in Betrieb nehmen zu<br />
können – <strong>der</strong> Strom kommt hier<br />
nicht so selbstverständlich aus <strong>der</strong><br />
Steckdose wie bei uns. Da es in<br />
Kivumu insgesamt zwei Generatoren<br />
gibt, die bei ausreichend vorhandenem<br />
Treibstoff je<strong>der</strong>zeit in Betrieb<br />
genommen werden können, ist <strong>der</strong><br />
Internetzugang zumindest nach kurzer<br />
Wartezeit fast immer möglich.<br />
An<strong>der</strong>s stellt sich die Situation<br />
in <strong>der</strong> von den Brü<strong>der</strong>n geleiteten<br />
benachbarten Pater-Vjeko-Schule,<br />
einer Berufsschule, dar. Hier gibt<br />
es seit Mai 20<strong>06</strong> fünf neue Rechner,<br />
die mittels kurzer technischer<br />
Adaption internettauglich gemacht<br />
werden können. Zurzeit werden den<br />
Lehrern <strong>der</strong> Schule, die alle noch<br />
nie mit einem Computer gearbeitet<br />
haben, Grundkenntnisse im Umgang<br />
mit dem Computer beigebracht,<br />
damit sie danach das neuartige<br />
Informationsmedium nutzen<br />
können. Das Projekt »Internet für<br />
Einheimische« in Kivumu steckt also<br />
noch in den Kin<strong>der</strong>schuhen, doch<br />
sobald diese anfänglichen Hürden<br />
überwunden sind, wird das Internet<br />
auch hier entscheidend an Bedeutung<br />
gewinnen. Mittelfristig wird<br />
seine Nutzung Vorteile in zweifacher<br />
Hinsicht für die Lehrer bringen: Im<br />
Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit<br />
werden die Lehrer mit Hilfe von<br />
Computer und Internet ihre Unter-
ichtsvorbereitung effizienter durchführen<br />
und dazu Anregungen aus<br />
dem Internet verwenden können.<br />
Auf einer allgemeinen Ebene werden<br />
sie imstande sein, jede gewünschte<br />
Information aus dem Internet zu<br />
erhalten. Durch zunehmende<br />
Beschäftigung mit dem Medium<br />
werden sie im weiteren Verlauf lernen,<br />
die unterschiedlichen Quellen<br />
zu vergleichen und zu bewerten.<br />
Auf diese Weise wird das Internet<br />
den Lehrern in Kivumu langfristig zu<br />
noch mehr »Mündigkeit« verhelfen.<br />
Neben den Lehrern werden mittel-<br />
bis langfristig auch die Schüler<br />
von diesem technischen Fortschritt<br />
profitieren, denn sobald die Lehrer<br />
sicher im Umgang mit diesen<br />
Medien sind, werden sie ihr Wissen<br />
weitergeben. Auf fachlicher Ebene<br />
können Computer und Internet den<br />
Schülern zur Veranschaulichung des<br />
Unterrichtsstoffes dienen und die<br />
Anfertigung von Entwürfen in den<br />
einzelnen Berufssparten erleichtern.<br />
Auf einer allgemeinen Ebene können<br />
dann auch die Schüler von den<br />
»mündigen« Lehrern zur kritischen<br />
Betrachtung <strong>der</strong> Medien erzogen<br />
werden. Selbst wenn – o<strong>der</strong> gerade<br />
weil – viele von den Jungen und<br />
Mädchen niemals die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Internetnutzung bei sich zu<br />
Hause haben werden, bleibt das<br />
Heranführen an eine kritische<br />
Nutzung dieses immer weiter an<br />
Bedeutung zunehmenden Mediums<br />
eine wichtige Aufgabe, die die Pater-<br />
Vjeko-Schule übernehmen sollte.<br />
Abgesehen von den <strong>Franziskaner</strong>n<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
selbst und <strong>der</strong> Schule könnte in<br />
Zukunft ebenfalls das örtliche Krankenhaus<br />
vom Internet profitieren,<br />
beispielsweise bei <strong>der</strong> Erleichterung<br />
von Kommunikation und Kooperation<br />
mit an<strong>der</strong>en Krankenhäusern<br />
sowie bei <strong>der</strong> Einholung fachbezogener<br />
Informationen jeglicher Art, z.B.<br />
Informationen zu Produkten und<br />
zu neuen Behandlungsmethoden,<br />
Preisvergleiche usw.<br />
Selbst in dem kleinen ruandischen<br />
Ort Kivumu hält also bereits<br />
das Zeitalter des Internets Einzug.<br />
Langsam aber stetig wird dieses<br />
Informations- und Kommunikationsmedium<br />
hier für viele Menschen<br />
seine Bedeutungslosigkeit verlieren<br />
und zu einem wichtigen Hilfsmittel<br />
im Alltag werden. Ob jedoch jemals<br />
<strong>der</strong> Zeitpunkt kommen wird, zu<br />
dem es auch in Kivumu für die<br />
meisten Bewohner normal sein wird,<br />
»mal schnell« etwas im Internet<br />
nachzuschauen, ist <strong>der</strong>zeit noch<br />
fraglich.<br />
Wolfgang Wyskocil<br />
Wolfgang Wyskocil, Mitglied des<br />
Gemein<strong>der</strong>ates <strong>der</strong> Katholischen<br />
Hochschulgemeinde von Hamburg,<br />
war vom 12. Juli bis zum 27. September<br />
20<strong>06</strong> als <strong>Mission</strong>ar auf Zeit<br />
in Kivumu.<br />
Besuchen Sie die Homepage<br />
<strong>der</strong> Pater-Vjeko-Schule in<br />
Kivumu:<br />
www.vjeko-rwanda.info/<br />
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12<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Radio Mille Collines:<br />
Die Stimme des Hasses<br />
Das Wort als Waffe<br />
»Worauf wartet ihr? Rottet sie<br />
aus! Tötet diese Kakerlaken! Die<br />
Gräber sind noch nicht voll!«<br />
schallt es 1994 aus den Radios<br />
in Ruanda. Radio-Télévision<br />
Libre des Mille Collines (RTLM)<br />
erreicht mit seinen Hasstiraden<br />
auch die entferntesten Hügel.<br />
Rund um die Uhr jagt <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong><br />
seine rassistischen Parolen durch<br />
den Äther. Und teilt die Menschen<br />
in Opfer und Täter, in Lebende<br />
und Tote: in Hutu o<strong>der</strong> Tutsi.<br />
Stand in <strong>der</strong> vorkolonialen Zeit<br />
ie Bezeichnung »Hutu« o<strong>der</strong> »Tutsi«<br />
für die soziale Stellung, legten die<br />
Kolonialmächte später damit den<br />
ethnischen Unterschied fest und<br />
spalteten so eine Bevölkerung, die<br />
sich in ihrer Sprache, Kultur und<br />
ihrem Alltagsleben nicht voneinan<strong>der</strong><br />
unterschied. »Hutu« und »Tutsi«<br />
wurde als »ethnische Zugehörigkeit«<br />
in die Pässe eingetragen und setzte<br />
sich immer mehr im Bewusstsein<br />
<strong>der</strong> Ruan<strong>der</strong> fest.<br />
Kurz vor <strong>der</strong> Unabhängigkeit 1962,<br />
als die Hutu-Mehrheit die Macht<br />
eroberte, begann die Hetze auf die<br />
verhasste Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> von den<br />
Kolonialmächten privilegierten<br />
Tutsi. Immer neue blutige Unruhen<br />
zwischen den beiden Ethnien ziehen<br />
sich seitdem wie ein roter Faden<br />
durch die ruandische Geschichte.<br />
1993 starten regierungstreue Medien<br />
eine offene Hasskampagne gegen<br />
die Tutsi. Der Hörfunk beteiligt<br />
sich mit durchschlagendem Erfolg.<br />
Die weitgehend analphabetische<br />
Landbevölkerung, die keinen Zugang<br />
zu an<strong>der</strong>en Informationsquellen<br />
hat, wird von offizieller Seite zum<br />
Radiohören aufgefor<strong>der</strong>t, »damit<br />
ihr erfahrt, was von euch erwartet<br />
wird.« Bürgermeister ermahnen<br />
die Bürger, alle Befehle, die bei<br />
öffentlichen Versammlungen o<strong>der</strong><br />
durch das Radio erteilt werden, zu<br />
befolgen.<br />
Je<strong>der</strong>mann hörte es<br />
Radio Mille Collines geht am<br />
8. Juli 1993 als Teil des extremistischen<br />
Netzwerks auf Sendung und<br />
kann weitgehend unbehelligt bereits<br />
im Vorfeld des Genozids eine rassistische<br />
Ideologie verbreiten. Es ist ein<br />
reiner Musiksen<strong>der</strong>, <strong>der</strong> vor allem<br />
bei jungen Leuten sehr beliebt ist.<br />
Schlagfertige Mo<strong>der</strong>atoren präsentieren<br />
rund um die Uhr die neuesten<br />
Hits und ziehen in <strong>der</strong> Art von<br />
Talkradio humorvoll, locker, scharfzüngig,<br />
unterhaltsam über die angebliche<br />
Abneigung zwischen Hutu<br />
und Tutsi her, über die Unterschiede<br />
zwischen beiden Ethnien. Bald schon<br />
schicken sie subtile, verklausulierte,<br />
indirekte Hassbotschaften über den<br />
Sen<strong>der</strong> und erweisen sich dabei als<br />
Meister des zynischen Wortspiels. So<br />
verwenden sie anstelle von »umbringen«<br />
und »töten« ein Vokabular aus<br />
dem Alltagsbereich: Sie sprechen<br />
von »Kakerlaken, die zertreten«<br />
werden müssen, von »Buschwerk,<br />
das zurück geschnitten« o<strong>der</strong> von
»gemeinsamer Arbeit«, die getan<br />
werden muss. Die damalige kanadische<br />
Botschafterin in Ruanda, Lucie<br />
Ewards, sagte später: »Die Frage <strong>der</strong><br />
Propaganda von Radio Mille Collines<br />
ist eine schwierige. Es gab so viele<br />
ganz offensichtlich unsinnige Dinge,<br />
die in dem Radio gesagt wurden, so<br />
viele offensichtliche Lügen, dass es<br />
schwer war, es ernst zu nehmen.<br />
Dennoch, je<strong>der</strong>mann hörte es.«<br />
Soundtrack<br />
zum Völkermord<br />
Pausenlos werden extremistische<br />
Lie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> Volkslie<strong>der</strong><br />
gespielt. Simon Bikindi, ein<br />
gefeierter ruandischer Popstar, wird<br />
durch seine Kompositionen zum<br />
Troubadour des Todes. In seinen<br />
Lie<strong>der</strong>n macht er Stimmung gegen<br />
die Tutsi, besingt Morde an Tutsi<br />
und ruft die Hörer auf, wachsam<br />
zu sein: »Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht mitmacht,<br />
hilft dem Feind«, singt er, »aber wir<br />
gewinnen!« Und er ruft den Hutu-<br />
Bauern zu: »Die wollen uns wie<strong>der</strong><br />
versklaven, aber wir haben ihren<br />
Plan durchschaut. Und jetzt zeigen<br />
wir ihnen, wer <strong>der</strong> Stärkere ist. Ich<br />
rede doch zu Leuten, die das verstehen?«<br />
Und sein Chor antwortet:<br />
»Ja, ja, wir verstehen!« Bald kann<br />
je<strong>der</strong> diese Lie<strong>der</strong> mitsingen. Ein<br />
UN-Tribunal im tansanischen Arusha<br />
wird Bikindi später vorwerfen, er<br />
habe den »Soundtrack zum Völkermord«<br />
geliefert.<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Die Saat geht auf<br />
Gefälschte Nachrichten über<br />
angebliche Attentatspläne <strong>der</strong><br />
Tutsi, bösartige Gerüchte und fatale<br />
Andeutungen verbreiten Angst und<br />
Schrecken unter den Menschen und<br />
nisten sich wie schleichendes Gift<br />
in den Köpfen ein. Der anerzogene<br />
Autoritätsgehorsam tut sein Übriges.<br />
Der von offizieller Seite gepredigte<br />
Hass auf Tutsi und mo<strong>der</strong>ate Hutu<br />
lässt die Bevölkerung langsam in die<br />
Gewalt abgleiten.<br />
Am Abend des 6. April 1994<br />
wird die Maschine mit Präsident<br />
Habyarimanas an Bord beim Landeanflug<br />
auf den Flughafen Kigali aus<br />
bis heute ungeklärten Gründen<br />
abgeschossen. Radio Mille Collines<br />
ist das erste Medium, das über das<br />
Attentat berichtet. Zeitgleich mit <strong>der</strong><br />
Nachricht vom Tod des Präsidenten<br />
beginnt in <strong>der</strong> Hauptstadt Kigali eine<br />
mör<strong>der</strong>ische Treibjagd auf Tutsi. In<br />
Windeseile werden Straßensperren<br />
errichtet, an denen je<strong>der</strong> Passant seinen<br />
Pass vorzeigen muss. Radio Mille<br />
Collines ruft – zwischen zwei Songs<br />
– zum Morden auf: »Man erkennt sie<br />
leicht, die inyenzi (die Kakerlaken),<br />
die euch beherrschen wollen. Man<br />
kann sie an <strong>der</strong> Körpergröße und<br />
<strong>der</strong> langen Nase erkennen. Wenn<br />
ihr lange Nasen seht, brecht sie.«<br />
»Liebe Zuhörer, seid wachsam! Öffnet<br />
eure Augen! Greift sie an, die mit<br />
den langen Nasen. Sie wollen euch<br />
versklaven. Nehmt euer Werkzeug<br />
und macht euch an die Arbeit!« Die<br />
Wörter »Arbeit« und »Werkzeug« werden<br />
Synonyme für Töten und Waffen.<br />
Die Saat des Hasses ist aufgegangen.<br />
Soldaten, Polizisten, Dorfbürgermeister<br />
bis hin zum Grundschullehrer<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
organisieren die Massaker im ganzen<br />
Land. In nur 100 Tagen werden eine<br />
Million Menschen bestialisch abgeschlachtet.<br />
Nachbarn, Verwandte,<br />
Freunde fallen mit Macheten,<br />
Hacken, Messern übereinan<strong>der</strong> her,<br />
Lehrer bringen ihre Schüler, Ärzte<br />
ihre Patienten, Pfarrer ihre Gemeindemitglie<strong>der</strong><br />
auf grausamste Weise<br />
um. Todesschwadrone ziehen mit<br />
Namenslisten durch die Dörfer. Sie<br />
töten Männer, Frauen und Kin<strong>der</strong><br />
auf den Fel<strong>der</strong>n, in Häusern, in<br />
Schulen, in Krankenhäusern und in<br />
Kirchen. Begleitet wird das Morden<br />
von Radio Mille Collines.<br />
Radio als Werkzeug<br />
<strong>der</strong> Mör<strong>der</strong><br />
Das Radio wird nicht nur zur<br />
Volksverhetzung missbraucht,<br />
son<strong>der</strong>n auch zur Organisation<br />
und Kommunikation unter den<br />
Mör<strong>der</strong>n: Über den Rundfunk<br />
werden Suchtrupps dirigiert und<br />
Ausgangssperren verhängt, um die<br />
Arbeit <strong>der</strong> Todesschwadrone zu<br />
erleichtern. Ehemalige Soldaten<br />
sowie Arbeiter für Son<strong>der</strong>einsätze,<br />
beispielsweise Bulldozerfahrer,<br />
werden aufgerufen sich zu melden.<br />
Durch ihre Transistorradios erfahren<br />
die Mör<strong>der</strong>, auf welcher Straße<br />
gerade ein LKW mit Flüchtlingen<br />
fährt, den sie stoppen sollen.<br />
Namen und vermutliche Aufenthaltsorte<br />
geflüchteter Tutsi werden<br />
verlesen. Die Bevölkerung, die<br />
an den Überlandstraßen wohnt,<br />
wird aufgefor<strong>der</strong>t, auf bestimmte<br />
Autokennzeichen zu achten und<br />
sie zu melden. Man hört praktische<br />
Ratschläge, wie Häuser zu überfallen<br />
und <strong>der</strong>en Bewohner zusammenzutreiben<br />
sind.<br />
Faszination Hass-Radio<br />
Während landauf, landab vergewaltigt,<br />
gefoltert, denunziert, gemordet<br />
wird, berichtet Mille Collines in<br />
seinem gewohnt locker-leichten,<br />
spritzigen Ton – unterbrochen durch<br />
aktuelle Radiohits und untermalt<br />
von eingespielten Geräuschen<br />
explodieren<strong>der</strong> Minen – über die<br />
Ereignisse vor Ort, in Kigali. So<br />
wird das Geschehen in <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
auch für die Menschen auf<br />
den entferntesten Hügeln real.<br />
Die Zuhörer sind mitten drin,<br />
sind dabei, sind fasziniert. Außer<br />
politischen Scharfmachern kommt<br />
auch <strong>der</strong> »Mann von <strong>der</strong> Straße«<br />
zu Wort, <strong>der</strong> mal eben im Sen<strong>der</strong><br />
vorbeischaut, um seine Familie zu<br />
Hause zu grüßen, und bei dieser<br />
Gelegenheit im Plau<strong>der</strong>ton erzählt,<br />
wie soeben jemand an einer Straßensperre<br />
nicht den richtigen Ausweis<br />
vorzeigen konnte, »was ihn wahrscheinlich<br />
den Kopf kosten wird«.<br />
Mille Collines feiert die Massaker<br />
als Befreiung von einer Rattenplage.<br />
Der Funke <strong>der</strong> Begeisterung springt<br />
auf die Hörer über. »Man konnte<br />
spüren, wie die Mo<strong>der</strong>atoren jubilierten,<br />
wenn sie das Massaker an<br />
einer Tutsi-Familie kommentierten,<br />
wenn wie<strong>der</strong> ›Kakerlaken‹ getötet<br />
worden waren. Man spürte, das war<br />
echt. Man spürte mit jedem Satz,<br />
den sie sagten, wie sehr sie die Tutsi<br />
hassten«, sagt später ein Zeuge aus.<br />
Das Wort als Waffe<br />
Dem Sen<strong>der</strong> Radio Mille Collines<br />
wird eine wesentliche Rolle beim<br />
Völkermord in Ruanda zugeschrieben.<br />
Aus diesem Grund hat <strong>der</strong><br />
internationale Strafgerichtshof<br />
für Ruanda verantwortliche Mitarbeiter<br />
des »Hassradios« wegen<br />
Aufwiegelung zum Völkermord<br />
und Aufhetzung zu Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit zu hohen<br />
Haftstrafen verurteilt. Damit ist die<br />
Verantwortung von Menschen, die<br />
das Wort als Waffe benutzt haben,<br />
auch erstmals international rechtlich<br />
anerkannt.<br />
Hildegard Stockmann<br />
Hildegard Stockmann ist Mitarbeiterin<br />
<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> in Dortmund.<br />
Quellen<br />
Reporters sans<br />
Frontières 12/94<br />
Radio Netherlands Media<br />
Network<br />
Vercammen: Anatomie<br />
du Génocide<br />
Human Rights Watch:<br />
Voice of the campaign
Radio Educadora:<br />
Dom Belisário, seit über 40 Jahren<br />
beteiligt sich die Erzdiözese<br />
São Luis in Maranhão nun fe<strong>der</strong>führend<br />
an einem Volks- o<strong>der</strong><br />
besser: Bildungsradio. Was ist<br />
<strong>der</strong> Zweck und das Ziel eines<br />
solchen Engagements? Warum<br />
wurde das Radio seinerzeit<br />
gegründet?<br />
Das Bildungsradio wurde in den<br />
60er Jahren als Antwort auf den<br />
damals herrschenden Zeitgeist<br />
gegründet: In Lateinamerika und<br />
vor allem in Brasilien war eine<br />
wachsende Beteiligung <strong>der</strong> Massen<br />
an politischen Fragen spürbar. Die<br />
brasilianische Kirche beteiligte sich<br />
an diesem Prozess und gründete<br />
die Bewegung <strong>der</strong> Basisbildung<br />
(»Movimento de Educacao de Base«<br />
– MEB). Ziel <strong>der</strong> MEB war nicht nur<br />
die Alphabetisierung, son<strong>der</strong>n, wie<br />
man sagte, »in dem an den Rand<br />
gedrängten Volk ein Bewusstsein zu<br />
wecken«, das ihm für die aufkommenden<br />
Debatten eine Stimme<br />
geben sollte. Das Bildungsradio war<br />
eine Initiative von Dom Delgado zu<br />
Beginn <strong>der</strong> 60er Jahre. Doch es war<br />
sein Nachfolger, Dom Motta, <strong>der</strong> das<br />
Radio am 12. Juni 1966 auf Sendung<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Unterhalten und Evangelisieren<br />
Fragen zum Bildungsradio an Dom José Belisário ofm<br />
gehen ließ. Ironischerweise war das<br />
schon mitten in <strong>der</strong> Militärdiktatur,<br />
denn, wie wir wissen, folgten in fast<br />
allen Län<strong>der</strong>n Lateinamerikas den<br />
großen Volksbewegungen die Militärputsche<br />
<strong>der</strong> Rechten.<br />
Hat sich das Programm<br />
im Laufe <strong>der</strong> Zeit verän<strong>der</strong>t?<br />
Jemand hat die ursprüngliche Idee<br />
des Bildungsradios so zusammengefasst:<br />
Mitmachen, Unterhalten,<br />
Evangelisieren. Ich glaube, dass das<br />
Radio dieser Grundidee treu geblieben<br />
ist, auch wenn es an internen<br />
und externen Schwierigkeiten nicht<br />
fehlte. Die Militärdiktatur dauerte bis<br />
1985. Es war eine schwierige Zeit, in<br />
<strong>der</strong> jedes gesprochene Wort vorher<br />
auf die Goldwaage gelegt werden<br />
musste. Die Kirche in Brasilien hat<br />
aber nie geschwiegen. Danach kam<br />
die Zeit <strong>der</strong> politischen Öffnung, die<br />
Zeit <strong>der</strong> großen Hoffnungen. Die Zeit,<br />
in <strong>der</strong> wir jetzt leben, ist vielleicht<br />
eine Zeit <strong>der</strong> Mutlosigkeit: Jene großen<br />
Ideen von Gerechtigkeit, Gleichheit,<br />
strukturellen Reformen scheinen<br />
sich immer weiter zu entfernen.<br />
Neben diesen externen Schwierigkeiten<br />
mussten viele interne über-<br />
wunden werden, wie zum Beispiel<br />
kompetente und vertrauenswürdige<br />
Personen zu finden, um den Alltag<br />
des Radios zu bewältigen.<br />
Welche Inhalte wollen Sie heute<br />
mit dem Radio vermitteln?<br />
Können Sie uns Beispiele für<br />
beliebte Sendungen nennen?<br />
Das Bildungsradio hat immer Wert<br />
auf ein abwechslungsreiches Programm<br />
gelegt, das sich an den Zielen<br />
Mitmachen – Unterhalten – Evangelisieren<br />
ausrichtet. Wahrscheinlich ist<br />
das populärste Programm das Morgenmagazin,<br />
das schon seit <strong>der</strong> Gründung<br />
ausgestrahlt wird. Es beginnt<br />
um 6 Uhr, dauert zwei Stunden<br />
und ist sehr informativ und beliebt.<br />
Volkstümliche Musik wechselt ab mit<br />
verschiedensten Nachrichten und<br />
privaten Meldungen für die Stadtteile<br />
am Rand <strong>der</strong> Inselstadt São Luis und<br />
dem Landesinneren von Maranhão.<br />
Ein an<strong>der</strong>es beliebtes Programm, an<br />
dem viele Hörer über das Telefon<br />
teilnehmen, ist »Das Gesetz ist für<br />
alle«. Verantwortlich dafür zeichnet<br />
die Kommission für Gerechtigkeit<br />
und Frieden <strong>der</strong> Erzdiözese. Die<br />
Sendung wird samstags ausgestrahlt<br />
und dauert eine Stunde.<br />
15
16<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Wenn ich Sie richtig verstehe,<br />
gehören für Sie die Vermittlung<br />
von Wissen (Volksbildung) und<br />
die Bewusstseinsbildung über<br />
Gesundheit, Umwelt und Politik,<br />
die Kontrolle und Kritik <strong>der</strong><br />
Regierung und die Evangelisierung<br />
zusammen? Können Sie uns<br />
das erläutern?<br />
Das stimmt. Das Programmraster des<br />
Bildungsradios variiert sehr. Verschiedenste<br />
Themen werden behandelt,<br />
wie zum Beispiel Gesundheit,<br />
Hygiene, Grundbildung, Menschenrechte,<br />
Sport, Informationen <strong>der</strong><br />
Polizei und religiöse Inhalte. Was<br />
allen diesen Aspekten gemein ist<br />
– zumindest ist das unser Ziel – das<br />
ist die Grundinspiration, das Evangelium<br />
und was es ausmacht.<br />
Sie wollen kein ausschließlich<br />
frommes Programm machen:<br />
Aber welche Rolle spielen die<br />
Übertragung von Messen, die<br />
Ausstrahlung von Andachten<br />
und die geistlichen Worten des<br />
Erzbischofs?<br />
Interessant ist, dass wir in letzter Zeit<br />
ein wachsendes Interesse <strong>der</strong> Hörer<br />
an religiösen Themen verzeichnen.<br />
Der lateinamerikanische Theologe<br />
Pe. Libánio spricht vom »Aufkommen<br />
überschäumen<strong>der</strong> Religiösität«. In<br />
diesem Moment, so sagt er, muss<br />
man falsche Wege vermeiden, beispielsweise<br />
Spiritualität mit geistlicher<br />
Emotion verwechseln. Das<br />
Bildungsradio hat immer von großen<br />
kirchlichen Ereignissen berichtet, sei<br />
es auf lokaler, überregionaler o<strong>der</strong><br />
nationaler Ebene. In diesen Berichterstattungen<br />
versuchen wir, ein<br />
positives Bild <strong>der</strong> Kirche und ihrer<br />
Botschaften zu vermitteln.<br />
Inwieweit verstehen Sie sich<br />
dabei als Konkurrenz o<strong>der</strong><br />
Korrektiv zu den Pentekostalen<br />
Kirchen, die den Umgang mit<br />
mo<strong>der</strong>nen Medien professionell<br />
vorantreiben? Wo sehen Sie<br />
den Unterschied zwischen den<br />
Botschaften unserer Kirche und<br />
denen dieser neuen geistlichen<br />
Bewegungen?<br />
Ich möchte noch einmal die Ideen<br />
von Pe. Libanio zitieren: »Mo<strong>der</strong>nität<br />
und Postmo<strong>der</strong>nität – zum einen<br />
durch extreme Verweltlichung, zum<br />
an<strong>der</strong>en durch eine Übertreibung<br />
des Sakralen – sind für die Religion<br />
problematisch. Das Christentum<br />
findet sich darin in einer schwierigen<br />
Rolle wie<strong>der</strong>, weil es seine religiöse<br />
Dimension vertreten muss, sich aber<br />
auch mit antireligiösen Tendenzen<br />
auseinan<strong>der</strong>setzen muss. Die gegenwärtige<br />
übertriebene Frömmigkeit<br />
kann von <strong>der</strong> eigentlichen <strong>Mission</strong><br />
des Christentums ablenken, indem<br />
sie ihm falsche Wege <strong>der</strong> Spiritualität<br />
zeigt. In <strong>der</strong> Theologie und <strong>der</strong> Pastoral<br />
müssen wir diese Situation ganz<br />
bewusst und weitsichtig angehen.<br />
Welche Rolle spielen die politischen<br />
Sendungen? Kommen Sie<br />
oft in Konflikt mit den Herrschenden?<br />
Kann ein Radio für mehr<br />
Gerechtigkeit sorgen?<br />
Das Bildungsradio will prinzipiell<br />
unparteiisch sein, jedoch nicht<br />
unpolitisch. In diesem Sinn gehen<br />
vor allem einige Programme auf<br />
die großen Fragen unseres Volkes<br />
ein, zum Beispiel Bürgerrechte und<br />
-pflichten, die Pflichten des Staates,<br />
aktuelle wirtschaftliche, soziale und<br />
politische Fragen. Manchmal, vor<br />
allem während <strong>der</strong> Wahlkämpfe, hatte<br />
unser Radio große Probleme mit Politikern.<br />
Das ging sogar so weit, dass<br />
<strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> eine Zeitlang außer Betrieb<br />
gesetzt wurde. Ich glaube – allerdings<br />
ohne große Illusionen – dass das Bildungsradio<br />
auch för<strong>der</strong>lich für an<strong>der</strong>e<br />
Volksbewegungen sein kann, <strong>der</strong>en<br />
Ziel eine gerechteren Gesellschaft,<br />
basierend auf Gleichheit, ist.<br />
Was teilen Sie als Erzbischof den<br />
Menschen in Ihren Beiträgen und<br />
Botschaften gewöhnlich mit?<br />
Ich habe eine tägliche Sendezeit<br />
von 10 Minuten. Ausgehend vom<br />
Tagesevangelium, versuche ich den<br />
Hörern täglich eine »gute Nachricht«<br />
zu übermitteln.<br />
Wie viele Menschen erreichen<br />
Sie mit Ihrem Radio?<br />
Der Sen<strong>der</strong> steht in Maranhão<br />
aufgrund <strong>der</strong> Einschaltquoten an<br />
zweiter Stelle. Man hört oft, dass<br />
er in Sachen Glaubwürdigkeit sogar<br />
ganz vorn liegt. Unser Bildungsradio<br />
erreicht den am dichtest besiedelten<br />
Teil von Maranhão. Das ist einmal die<br />
Inselstadt São Luis mit mehr als einer<br />
Million Einwohnern und <strong>der</strong> gesamte<br />
nördliche Teil des Bundesstaates.<br />
Es ist sicher nicht falsch, wenn wir<br />
sagen, dass <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> wenigstens die<br />
Hälfte <strong>der</strong> Bewohner von Maranhão<br />
erreicht, also etwa 3 Millionen Bürgerinnen<br />
und Bürger.<br />
Wie ist die Akzeptanz bei den<br />
Menschen Ihrer Diözese?<br />
Gibt es auch Kritik am Radio?<br />
Das Bildungsradio ist sehr beliebt, vor<br />
allem auch bei den armen Schichten.<br />
Es gibt natürlich auch Bedenken wegen<br />
einiger Programminhalte. Einige<br />
Stimmen <strong>der</strong> Kirche würden ein rein<br />
religiöses Programm vorziehen.
Gibt es Sendungen, bei denen<br />
sich die Hörer beteiligen? Wenn<br />
ja, welche und in welcher Form?<br />
Der größte Teil des Programms ist für<br />
die Beteiligung <strong>der</strong> Hörer offen. Da<br />
es hierzulande immer mehr Telefone<br />
gibt, können auch immer mehr<br />
Zuhörer das Programm mitgestalten.<br />
Darüber hinaus gibt es an<strong>der</strong>e<br />
Formen des Mitmachens. So wird die<br />
wöchentliche Sendung <strong>der</strong> Basisgemeinden<br />
in <strong>der</strong> Regel direkt aus<br />
einer solchen Gemeinde übertragen.<br />
Gibt es auch in an<strong>der</strong>en Teilen<br />
Brasiliens ein solches Bildungs-<br />
und Volksradio, und gibt es eine<br />
Vernetzung <strong>der</strong> kirchlichen<br />
bzw. franziskanischen Radios?<br />
Es gibt viele an<strong>der</strong>e solcher Radiostationen.<br />
Fast alle sind in den 60er<br />
Jahren entstanden. In den letzten<br />
Jahren kamen viele so genannte<br />
Bürgerradios dazu. Das sind UKW-<br />
Sen<strong>der</strong> mit kurzer Reichweite, die<br />
sich bestimmten Themen o<strong>der</strong><br />
spezifischen Gruppen widmen. Diese<br />
Radios mussten mit den gesetzlichen<br />
Vorschriften, die ja sehr streng sind,<br />
konform gehen, gerade weil sie ja<br />
alternativ senden wollten. Die nationale<br />
brasilianische Bischofskonferenz<br />
hat versucht, die verschiedensten<br />
Initiativen <strong>der</strong> Katholiken im Bereich<br />
<strong>der</strong> sozialen Kommunikation zu verbinden.<br />
Es gibt einige Sen<strong>der</strong>netze,<br />
unter ihnen das »Netz Katholischer<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Radios«, die vom Radio <strong>der</strong> franziskanischen<br />
Minoriten (Konventualen)<br />
koordiniert werden.<br />
Welche Musik wird im<br />
Bildungsradio gespielt?<br />
Unser Sen<strong>der</strong> spielt alle Musikrichtungen,<br />
vor allem populäre Lie<strong>der</strong>.<br />
Senden Sie rund um die Uhr?<br />
Ja, wobei wir uns von Mitternacht<br />
bis 5.55 Uhr in das »Netz Katholischer<br />
Radios« einschalten.<br />
Welche an<strong>der</strong>en Organisationen<br />
sind am Bildungsradio beteiligt?<br />
Mit wem arbeiten Sie zusammen?<br />
Das Bildungsradio arbeitet mit<br />
verschiedensten Organisationen<br />
zusammen, sowohl innerhalb als<br />
auch außerhalb <strong>der</strong> kirchlichen Institutionen.<br />
Um nur einige zu nennen:<br />
die Gewerkschaften, die zweimal<br />
in <strong>der</strong> Woche eine halbe Stunde<br />
Programm haben; <strong>der</strong> Dachverband<br />
<strong>der</strong> Rechtsanwälte Brasiliens; <strong>der</strong><br />
Zusammenschluss <strong>der</strong> katholischen<br />
Schulen, die Basisgemeinden, die<br />
Kommission für Gerechtigkeit und<br />
Frieden <strong>der</strong> Erzdiözse, dazu viele<br />
an<strong>der</strong>e Bewegungen und pastorale<br />
kirchliche Gruppen.<br />
Wie können wir Sie in Europa<br />
bei Ihrer Arbeit unterstützen?<br />
Europa hilft unserem Sen<strong>der</strong> schon<br />
sehr. Doch Unterstützung bei <strong>der</strong><br />
Dom José Belisário besuchte Europa<br />
Seine erste Auslandsreise als Erzbischof<br />
von São Luis führte Dom<br />
José Belisário da Silva ofm nach<br />
Rom, wo er am 29. Juni 20<strong>06</strong>, dem<br />
Fest des Hl. Petrus und Paulus,<br />
zusammen mit 26 an<strong>der</strong>en neu<br />
ernannten Erzbischöfen aus den<br />
Händen von Papst Benedikt XVI.<br />
das Pallium, äußeres Zeichen <strong>der</strong><br />
Würde des Erzbischofs, erhielt.<br />
Als <strong>Franziskaner</strong>bischof ließ es sich<br />
Dom Belisário, ehemaliger Bischof<br />
von Bacabal, nicht nehmen, neben<br />
verschiedenen Hilfswerken, Partnergemeinden<br />
und Klöstern auch die<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> in Dortmund<br />
zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit<br />
sprach er ausführlich von seiner<br />
Arbeit, seinen Hoffnungen, Plänen<br />
und Sorgen. Ein großes Anliegen des<br />
Erzbischofs ist die Konsolidierung<br />
des Sen<strong>der</strong>s »Radio Educadora«, wie<br />
aus unserem Interview hervorgeht.<br />
Erneuerung <strong>der</strong> Sendetechnik und<br />
<strong>der</strong> Ausbildung unserer Radiojournalisten<br />
wäre sehr willkommen.<br />
Was wünschen Sie sich für<br />
die Zukunft des Radios?<br />
Unser Sen<strong>der</strong> befindet sich gerade<br />
in einer recht schwierigen Phase.<br />
Bis jetzt hatte er die rechtliche<br />
Form einer Handelsgesellschaft,<br />
wobei 95 Prozent <strong>der</strong> Anteile in den<br />
Händen meines Vorgängers, Dom<br />
Paulo Ponte, lagen. Die Erzdiözese<br />
von São Luis hat nun die Stiftung<br />
»Dom José de Medeiros Delgado« ins<br />
Leben gerufen, <strong>der</strong>en Hauptziel die<br />
För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Evangelisierung durch<br />
soziale Kommunikationsmittel ist.<br />
Diese Stiftung ist bereits Eigentümerin<br />
von zwei Verteilern katholischer<br />
TV-Sen<strong>der</strong>: die »Rede Vida« und die<br />
»Rede Nazaré«. Wir möchten das<br />
Bildungsradio <strong>der</strong> Verantwortung<br />
dieser Stiftung übertragen. Dabei<br />
handelt es sich allerdings nicht nur<br />
um einen reinen Verwaltungsschritt,<br />
vielmehr müssen wir diese Gelegenheit<br />
nutzen und die Aktionslinien<br />
unserer Ortskirche bezüglich ihres<br />
Engagements in den sozialen Kommunikationsmitteln<br />
diskutieren und<br />
hinterfragen.<br />
Mit Dom Belisário sprach<br />
Thomas M. Schimmel, Leiter<br />
des Berliner Büros <strong>der</strong> <strong>Mission</strong>szentrale<br />
<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong>.<br />
17
Das Fernsehen bringt eine<br />
an<strong>der</strong>e Wirklichkeit in die<br />
Hütten <strong>der</strong> Tupari.<br />
Foto: Gleice Mere<br />
18<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Die Tupari sehen fern<br />
Fernsehen verän<strong>der</strong>t die Welt <strong>der</strong> Tupari-Indianer in Brasilien<br />
Die in Berlin lebende brasilianische Fotografin<br />
Gleice Mere hat das indigene Volk<br />
<strong>der</strong> Tupari-Indianer im brasilianischen<br />
Bundesstaat Rondônia besucht und fotografiert.<br />
Dabei wandelte sie auf den Spuren<br />
des deutschen Ethnologen Franz Caspar,<br />
<strong>der</strong> vor über 50 Jahren das Leben <strong>der</strong><br />
Tupari fotografisch dokumentiert hat. Die<br />
Fotos von Caspar neben den Bil<strong>der</strong>n von<br />
Gleice Mere und den Fotos, die die Tupari<br />
beim Besuch von Gleice Mere selbst von<br />
sich und ihren Alltagssituationen gemacht<br />
haben, zeichnen ein interessantes Bild <strong>der</strong><br />
Vergangenheit, Entwicklung und Gegenwart<br />
des indigenen Stammes.<br />
Frau Mere, dieses Bild haben<br />
Sie bei Ihrem Aufenthalt bei<br />
den Tupari-Indianern gemacht.<br />
Was zeigt es?<br />
Auf dem Bild sieht man die Faszination,<br />
die das Fernsehen auf die<br />
Indianer hat.<br />
Das Fernsehen bringt eine<br />
an<strong>der</strong>e Wirklichkeit zu den<br />
indigenen Völkern. Zeigt sich<br />
das im Alltag?<br />
Absolut. Früher haben sich die<br />
Menschen abends unterhalten, sie<br />
haben ihre Geschichten erzählt, da<br />
ihre Traditionen mündlich weitergegeben<br />
wurden. Abends war<br />
die Zeit, sich in <strong>der</strong> Familie und<br />
im Stamm auszutauschen. Heute<br />
sitzen sie alle vor dem Fernseher<br />
und schweigen.<br />
Hat das Fernsehen das soziale<br />
Verhalten <strong>der</strong> Menschen<br />
verän<strong>der</strong>t?<br />
Das Problem des brasilianischen<br />
Fernsehens ist, dass wir einen großen<br />
Medienkonzern haben, <strong>der</strong> die<br />
Trends bestimmt und inhaltlich sehr<br />
wenig vermittelt. Telenovelas sind<br />
das Lieblingsprogramm <strong>der</strong> meisten<br />
Brasilianer, auch <strong>der</strong> Indianer. Es ist<br />
schwierig zu sagen, wie die indigenen<br />
Menschen das Programm bezogen<br />
auf die Realität interpretieren. Aber<br />
es ist deutlich, dass für viele Indianer<br />
die Grenze zwischen Realität und<br />
Schauspielerei nicht klar zu ziehen<br />
ist. Außerdem steigen die Gewalttaten<br />
innerhalb <strong>der</strong> Familien, <strong>der</strong><br />
Reservate. Das war früher bei indigenen<br />
Völkern nicht üblich.<br />
Sehen Sie auch eine positive<br />
Wirkung des Fernsehens?<br />
Positiv ist, dass sich die Menschen<br />
von <strong>der</strong> Welt nicht ausgeschlossen<br />
fühlen. Würden mehr kulturelle<br />
Programme gezeigt, könnte es ein<br />
Gewinn für diese Völker und ihre<br />
Anliegen sein.<br />
Ihre Bil<strong>der</strong> zeigen, wie sehr die<br />
indigenen Völker auf <strong>der</strong> Grenze<br />
zwischen Bewahrung <strong>der</strong> Traditionen<br />
und mo<strong>der</strong>ner Welt leben.<br />
Historisch und menschlich betrachtet<br />
ist es wirklich bedauerlich, wie die<br />
indigenen Völker mit <strong>der</strong> nichtindigenen<br />
Kultur in Kontakt gekommen<br />
sind. Dadurch haben sie keine gute<br />
Botschaft aus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Kultur<br />
vermittelt bekommen. Beson<strong>der</strong>s in<br />
den letzten 50 Jahren sind ihre sozialen<br />
Strukturen, die ihre Gesellschaft<br />
bestimmt haben, verschwunden. Auf<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gibt es einen kulturellen<br />
Wi<strong>der</strong>stand. Indianer haben<br />
eine indigene Seele, ein indigenes<br />
Dasein, obwohl sie vieles von <strong>der</strong><br />
nichtindigenen Kultur aufgenommen<br />
haben. Diese Spuren können wir in<br />
den Bil<strong>der</strong>n erkennen. Zwischen den<br />
Zeilen kann <strong>der</strong> Betrachter ihre Realität<br />
sehen und interpretieren.<br />
Welche Botschaft wollen Sie<br />
mit Ihren Bil<strong>der</strong>n in Europa<br />
vermitteln?<br />
Durch unser Engagement in <strong>der</strong><br />
Gesellschaft tragen wir täglich, aktiv<br />
o<strong>der</strong> passiv, Verantwortung für viele<br />
Dinge, die auf <strong>der</strong> Erde geschehen.<br />
Die Politik beeinflusst die Kultur <strong>der</strong><br />
Indigenen. Es existiert die ILO-Konvention<br />
169, die indigene Völker<br />
schützen und mit Rechten ausstatten<br />
will. Deutschland und an<strong>der</strong>e<br />
europäische Län<strong>der</strong> weigern sich<br />
seit 20 Jahren, diese Konvention zu<br />
ratifizieren. Die Jahre 2005 bis 2015<br />
haben die Vereinten Nationen zur<br />
»Indigenen Dekade« ausgerufen, um<br />
die internationale Aufmerksamkeit<br />
auf die Probleme indigener Völker zu<br />
lenken. Trotzdem weigern sich auf<br />
politischer Ebene die meisten europäischen<br />
Län<strong>der</strong>, die Rechte von ca.<br />
300 Millionen indigenen Menschen<br />
offiziell anzuerkennen. Daran sollten<br />
wir die politisch Verantwortlichen<br />
täglich erinnern und sie zur Än<strong>der</strong>ung<br />
ihrer Politik auffor<strong>der</strong>n.<br />
Interview: Thomas M. Schimmel<br />
Eine Ausstellung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> ist<br />
Ende 20<strong>06</strong> in <strong>der</strong> Suppenküche <strong>der</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong> in Berlin-Pankow und<br />
Anfang 2007 in <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong> in Dortmund zu sehen.
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Süchtig nach <strong>der</strong> heilen Welt<br />
Phänomen Telenovela<br />
Vor etwa 25 Jahren, als das Fernsehen<br />
im Nordosten Brasiliens begann, bis in<br />
die entferntesten Buschdörfer im Hinterland<br />
vom Maranhão vorzudringen,<br />
hat mir ein erfahrener brasilianischer<br />
Weltpriester, Padre Jocy Rodrigues,<br />
bekannt für seine Volksnähe und seine<br />
im brasilianischen Rhythmus gesungenen<br />
Kirchenlie<strong>der</strong>, gesagt: »Wenn<br />
du zu Beginn einer Predigt die ungeteilte<br />
Aufmerksamkeit deiner Zuhörer<br />
gewinnen willst, also einen guten<br />
›Aufhänger‹ brauchst, dann fang an<br />
mit einer Episode <strong>der</strong> im Moment im<br />
Fernsehen laufenden Telenovela. Alle<br />
Zuhörer spitzen die Ohren, recken die<br />
Hälse und sind gespannt, welche Meinung<br />
wohl <strong>der</strong> Priester über den Inhalt<br />
und Wert <strong>der</strong> am Vorabend gesendeten<br />
Fortsetzungsgeschichte äußern wird.«<br />
Telenovelas in Brasilien: ein Phänomen.<br />
Alle Fernsehkanäle setzen auf<br />
sie. Zuschauerprozente bestimmen,<br />
wie die Geschichte weitergeht. Die<br />
Fernsehkanäle achten sogar auf den<br />
Zeitpunkt ihrer Werbeunterbrechungen<br />
und senden sie zeitgleich mit<br />
ihrer Konkurrenz, damit niemand in<br />
Versuchung kommt, den Kanal zu<br />
wechseln. Die Telenovelas werden<br />
tagtäglich ausgestrahlt, sie laufen<br />
über Monate, eine folgt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en.<br />
Zielgruppe ist vor allem die arme<br />
Bevölkerung, weil sie leicht manipulierbar<br />
ist und kritiklos schluckt,<br />
was in gefälliger Verpackung auf dem<br />
Tablett <strong>der</strong> Telenovela angeboten<br />
wird: Liebesgeschichten, Familiendramen,<br />
Generations-, Sozial- und<br />
Rassenkonflikte. Es geht um Leidenschaft,<br />
Rache, Intrige, Tragik, Glück,<br />
Geld, Homosexualität, Ehebruch,<br />
Abtreibung, Gewalt. Themen, die<br />
starke Emotionen wecken und – wie<br />
man in Brasilien sagt – den Leuten<br />
»den Kopf machen«, d.h. die Leute<br />
manipuliert. Werte wie Anstand,<br />
Charakterstärke, Ehrlichkeit,<br />
Treue, wahre Liebe, Gradlinigkeit,<br />
Verantwortungsbewusstsein, feste<br />
Prinzipien, religiöse Überzeugungen<br />
werden relativiert o<strong>der</strong> verdreht.<br />
Die Leidenschaft für die Telenovelas<br />
führt bei den Leuten dazu, dass <strong>der</strong><br />
Fernsehapparat bei <strong>der</strong> Anschaffung<br />
von Gebrauchsgegenständen<br />
an erster Stelle steht. Sobald in<br />
einem entlegenen Buschdorf die<br />
erste elektrische Hochleitung gelegt<br />
wird, sprießen auf den strohgedeckten<br />
Dächern <strong>der</strong> Lehmhütten die<br />
Fernsehantennen – ein bizarrer, oft<br />
schockieren<strong>der</strong> Anblick. Selbst wenn<br />
im Dorf die Schule o<strong>der</strong> eine kleine<br />
Gesundheitsstation fehlt, selbst wenn<br />
das Dorf wegen <strong>der</strong> miserablen Straßenverhältnisse<br />
vom Rest <strong>der</strong> Welt<br />
abgeschnitten ist, man kann darauf<br />
wetten, dass im nächsten Wahlkampf<br />
alle Kandidaten die Leute fragen<br />
werden: »Wollt ihr lieber eine Schule,<br />
einen Schotterweg, medizinische<br />
Versorgung, einen Kin<strong>der</strong>garten...<br />
o<strong>der</strong> Fernsehen?« Und es wird wie<br />
aus einem Mund die Antwort kommen:<br />
»Wir wollen das Fernsehen!«<br />
Dass die Politiker dann später das<br />
Fernsehen missbrauchen, um unter<br />
dem Deckmäntelchen <strong>der</strong> Telenovela<br />
ihre schmutzige und korrupte Politik<br />
unter das Volk zu bringen, merken<br />
die Leute nicht.<br />
Die Telenovela ist wie eine Droge.<br />
Wer einmal an <strong>der</strong> Angel hängt,<br />
kommt nicht mehr davon los. Hausfrauen<br />
und Dienstmädchen vertratschen<br />
manche Stunde damit, ob das<br />
arme, schöne Landarbeitermädchen<br />
sich dem reichen Sohn des Großgrundbesitzers<br />
hingeben soll, damit<br />
ihre Eltern <strong>der</strong> drohenden Vertreibung<br />
von ihrem Stückchen Land entgehen,<br />
o<strong>der</strong> ob sie doch lieber den dunkelhäutigen<br />
Sklavenabkömmling heiraten<br />
soll. Selbst das kirchliche Leben steht<br />
unter dem Einfluss <strong>der</strong> Telenovela.<br />
Versammlungen, Katechese, Veranstaltungen,<br />
Gottesdienst werden durch<br />
sie beeinträchtigt. Nachbarschaftsbeziehungen<br />
schlafen ein, Kin<strong>der</strong> spielen<br />
nicht mehr miteinan<strong>der</strong>, Jugendliche<br />
vernachlässigen ihr Lernpensum. Die<br />
Telenovela ist gemeinschaftsverän<strong>der</strong>nd.<br />
Aber in welche Richtung?<br />
Claudio Krämer<br />
P. Claudio Krämer ofm ist Pfarrer<br />
in <strong>der</strong> Gemeinde São Luis Gonzaga<br />
im Nordosten Brasiliens.<br />
19
20<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Was haben Handys mit Krieg zu tun?<br />
Gewaltökonomie und Unternehmerverantwortung<br />
am Beispiel Koltan im Osten <strong>der</strong> DR Kongo<br />
Koltan ist ein Rohstoff, <strong>der</strong> für die<br />
Herstellung von Leiterplatten u.a. für<br />
Mobiltelefone und Spielkonsolen relevant<br />
ist. Lange Zeit war Koltan ein Hauptfaktor<br />
für die Finanzierung des Krieges<br />
in <strong>der</strong> Demokratischen Republik Kongo<br />
(vormals Zaire), <strong>der</strong> seit 1996 vor allem<br />
in den Provinzen Nord- und Südkivu<br />
und im Ituri den Alltag bestimmt. Es<br />
wird von mehr als drei Millionen Toten<br />
ausgegangen, die durch direkte Gewalt<br />
o<strong>der</strong> an den Folgen des Krieges, durch<br />
Unterernährung, fehlende medizinische<br />
Versorgung, Vergewaltigung, Vertreibung<br />
starben. Am Beispiel von Koltan lässt sich<br />
beson<strong>der</strong>s deutlich darstellen, wie sich<br />
die Verantwortungslosigkeit von Unternehmern<br />
zum Motor von massiven Menschenrechtsverletzungen<br />
machen lässt.<br />
Die DR Kongo ist eines <strong>der</strong> ressourcenreichsten<br />
Län<strong>der</strong> Afrikas, dennoch<br />
steht sie auf Rang 168 von 177 des<br />
Human Development Index. Von<br />
mehr als 50 Millionen Einwohnern<br />
<strong>der</strong> DR Kongo leben mehr als 20 Millionen<br />
in den Konfliktgebieten des<br />
Ostens. Dort ist <strong>der</strong> Staat mit seiner<br />
Infrastruktur, die für Sicherheit, Bildung,<br />
Gesundheit, Rechtsstaatlichkeit<br />
und Steuerregulierungen zuständig<br />
wäre, seit über 30 Jahren abwesend.<br />
Aus diesem Machtvakuum heraus ist<br />
es für bewaffnete Gruppierungen ein<br />
Leichtes, lokale Gebiete zu kontrollieren.<br />
Dies kommt allerdings nicht <strong>der</strong><br />
Bevölkerung zu Gute, son<strong>der</strong>n steht<br />
in einer Tradition <strong>der</strong> Selbstbereicherung,<br />
wie sie seit <strong>der</strong> Regierung von<br />
Mobutu Sese Seko für die DR Kongo<br />
zur Normalität geworden ist.<br />
Bewaffnete Gruppierungen kontrollieren<br />
Minen, in denen teilweise<br />
unorganisierte Schürfer, teilweise<br />
zur Arbeit gezwungene Menschen<br />
arbeiten. Erze wie Tantal und Cassiterite,<br />
die als »Koltan« bezeichneten<br />
Grundstoffe für Festplatten und<br />
Mobiltelefone, werden mit Millionenprofiten<br />
jährlich ausgebeutet.<br />
Die lokale Bevölkerung o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong><br />
Staatshaushalt profitieren nur gering<br />
von diesen Rohstoffen.<br />
Neben dem illegalen Transfer<br />
<strong>der</strong> Rohstoffe in Nachbarlän<strong>der</strong>, von<br />
denen aus sie auf dem Weltmarkt<br />
verkauft werden, sind es auch<br />
internationale Unternehmen, die in<br />
diesem rechtlosen Zustand an schnellem<br />
Profit interessiert sind. Der globalisierte<br />
Markt und seine Unternehmen<br />
billigen die Gewalt gegen die<br />
Bevölkerung, den illegalen Transfer,<br />
die Kontrolle <strong>der</strong> Minen durch<br />
bewaffnete Milizen und Zwangs- und<br />
Kin<strong>der</strong>arbeit. Sie verhelfen durch<br />
die direkte Abwicklung <strong>der</strong> Verkäufe<br />
über Anführer bewaffneter Gruppierungen<br />
als Mittelsmänner diesen zur<br />
Finanzierung ihrer Waffeneinkäufe.<br />
Für die Konsumenten, also uns<br />
Handybenutzer, ist <strong>der</strong> Kongo weit<br />
weg. Dabei sind die Wege, die das<br />
Koltan nimmt, keineswegs umständlich.<br />
Koltan hat einen ungeheuren<br />
Boom erfahren, weil immer mehr<br />
Menschen auf <strong>der</strong> Welt immer mehr<br />
Handys benutzen. Auch <strong>der</strong> Verkauf<br />
und die Möglichkeit, den Rohstoff<br />
illegal an den Steuerbehörden vorbei<br />
aus dem Land zu schaffen, wurde per<br />
Handy geregelt. Trotz enormer Armut<br />
funktioniert das Telekommunikations-<br />
netz im Osten <strong>der</strong> DR Kongo besser<br />
als in <strong>der</strong> Uckermark. Trotz des<br />
Krieges ist es kein Problem für die<br />
Kriegsherren, vor Ort per Handy ein<br />
Geschäft mit einem Einkäufer in <strong>der</strong><br />
Ukraine o<strong>der</strong> Goslar auszuhandeln.<br />
Der Sicherheitsrat <strong>der</strong> Vereinten<br />
Nationen hat sich seit dem Jahr 2000<br />
mit diesem menschenverachtenden<br />
Kreislauf beschäftigt und durch ein<br />
Expertenkomitee mehrere Berichte<br />
erstellen lassen, in denen 157 internationale<br />
Einzelunternehmen,<br />
Nachbarlän<strong>der</strong> und Einzelpersonen<br />
aus <strong>der</strong> Regierung als Verantwortliche<br />
benannt sind. Bis auf wenige<br />
Ausnahmen wurde gegen keine <strong>der</strong><br />
Firmen gerichtlich vorgegangen. Das<br />
Volumen <strong>der</strong> Gewinne aus kongolesischen<br />
Rohstoffen, die durch Nachbarlän<strong>der</strong><br />
erwirtschaftet wurden, wird<br />
seit 1998 auf mehr als 5 Milliarden<br />
Dollar geschätzt.<br />
Am Beispiel Koltan lässt sich ein<br />
brutales, menschenverachtendes<br />
Laissez-faire <strong>der</strong> Wirtschaft nachzeichnen.<br />
Unternehmen, die vor Ort<br />
direkt o<strong>der</strong> indirekt mit Kriegsherren<br />
kooperieren, denen ungeheure Menschenrechtsverletzungennachgewiesen<br />
wurden, müssen zur Verantwortung<br />
gezogen werden. Straflosigkeit<br />
kann nicht als Grundlage für profitable<br />
Wirtschaft gelten. Bislang gibt<br />
es allerdings kein verbindliches<br />
Instrument, das Unternehmen eine<br />
direkte Beteiligung an Gewaltökonomien<br />
gerichtlich verweigern könnte.<br />
Es gibt auch kein Instrument, das<br />
verbindlich dafür eingesetzt wird,<br />
dass Unternehmertätigkeit an Menschenrechten<br />
gemessen werden und<br />
sich pro-aktiv darum zu kümmern<br />
hätten, dass sie eben nicht Profite aus<br />
Gewaltökonomien schöpfen.<br />
Annette Weber<br />
Annette Weber ist Koordinatorin<br />
des Ökumenischen Netzes Zentralafrika,<br />
Berlin.
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Mit einem Klick ins Kloster<br />
Franziskanische Präsenz<br />
im multimedialen Zeitalter<br />
Das Internet, unendliche Weiten.<br />
Wir schreiben das Jahr 20<strong>06</strong>, in<br />
dem eine Ordensgemeinschaft<br />
auf ihr 800-jähriges Jubiläum<br />
zusteuert – die <strong>Franziskaner</strong>.<br />
Vor rund 800 Jahren ließ <strong>der</strong><br />
Hl. Franziskus seine Ordens-<br />
und Lebensregel vom Papst<br />
bestätigen. Zugegeben, verglichen<br />
mit <strong>der</strong> Ordensgründung<br />
des Hl. Benedikt rund 700 Jahre<br />
zuvor sind wir <strong>Franziskaner</strong><br />
noch ein vergleichsweise<br />
junger Orden. Dennoch liegen<br />
800 wechselhafte, turbulente<br />
und durch viele Entwicklungen<br />
gekennzeichnete Jahre hinter<br />
uns. Wie viele noch vor<br />
uns liegen, das weiß <strong>der</strong> Herr<br />
alleine – wechselhaft und anpassungsfähig<br />
an die Gegebenheiten<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Zeit bleiben<br />
wir mit Sicherheit. Müssen wir<br />
bleiben, um weiterhin lebendiger<br />
Leib Jesu Christi zu sein. Bei<br />
<strong>der</strong> Zahl 800 mag man vielleicht<br />
in Ehrfurcht erstarren o<strong>der</strong> die<br />
Stirn in Sorgenfalten legen, weil<br />
man fürchtet, auf verkrustete<br />
Strukturen und einen rückwärts<br />
gewandten Blick zu stoßen.<br />
Doch das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall:<br />
Wir <strong>Franziskaner</strong> sind zukunftsorientiert,<br />
richten den Blick<br />
nach vorne und sind im Hier<br />
und Jetzt verankert. Ein Beispiel<br />
dafür ist unsere Homepage im<br />
Internet.<br />
Ohne eine ansprechende und<br />
informative Internetpräsenz geht<br />
es heute einfach nicht mehr. Viele<br />
Informationen werden heute aus<br />
dem Internet bezogen, Kontakte<br />
finden über Homepages und<br />
eMails statt: Das geht schnell<br />
und direkt und ist praktisch von<br />
überall möglich. Klickt man auf<br />
www.franziskaner.de, öffnet sich<br />
eine in angenehmem Orange-Gelb<br />
gestaltete Homepage, die sehr<br />
umfangreich, aber auch übersichtlich<br />
gestaltet ist und auf <strong>der</strong> sich<br />
auch nicht so geübte Internetnutzer<br />
schnell zurecht finden. Unter den<br />
sechs Punkten <strong>der</strong> Hauptmenüleiste<br />
ist nahezu alles zu finden, was den<br />
Besucher <strong>der</strong> Seite hergeführt hat.<br />
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22<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
»Franziskus«<br />
Der Punkt »Franziskus« bietet Informationen<br />
über die beiden Grün<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> franziskanischen Ordensfamilie:<br />
Franziskus und Clara. Ein virtueller<br />
Ausflug nach Assisi ermöglicht es,<br />
sich einen ersten visuellen Eindruck<br />
von Franz’ und Claras Lebens- und<br />
Wirkungsort zu verschaffen. Von<br />
hier gelangt man auch auf weitere<br />
Internetseiten über die Stadt Assisi.<br />
Ebenso ist ein Stammbaum <strong>der</strong> franziskanischen<br />
Familie dargestellt und<br />
Interessierte können sich prägnante<br />
Informationen über die Ordensgeschichte<br />
durchlesen. Ferner gibt es<br />
einen kleinen Exkurs in franziskanischer<br />
Spiritualität.<br />
»Bibliografie«<br />
Der Punkt »Bibliografie« stellt<br />
weiterführende Literatur zu<br />
unterschiedlichen franziskanischen<br />
Themen vor.<br />
»Wer sind wir«<br />
Der nächste Punkt »Wer sind wir«<br />
geht <strong>der</strong> Frage nach, wer o<strong>der</strong> was<br />
sich eigentlich hinter dem Wort<br />
»<strong>Franziskaner</strong>« verbirgt. Hier wird<br />
versucht, dem <strong>Franziskaner</strong> ein<br />
Gesicht zu geben. Neben kurzen<br />
Statements einiger Mitbrü<strong>der</strong> zu <strong>der</strong><br />
Frage »<strong>Franziskaner</strong>-Sein bedeutet<br />
für mich ...« kommen in vier Kurzbiografien<br />
Brü<strong>der</strong> zu Wort, die über<br />
ihren Lebens-, Entwicklungs- und<br />
Berufungsweg berichten. An diesen<br />
einzelnen Schil<strong>der</strong>ungen ist schnell<br />
ablesbar, dass es nicht den <strong>Franziskaner</strong><br />
und den Berufungsweg gibt.<br />
Es ist die Vielfalt und Unterschiedlichkeit<br />
an Brü<strong>der</strong>n, Biografien und<br />
Berufungen, die die Lebendigkeit des<br />
Ordens und Buntheit unseres Lebens<br />
und Wirkens zum Ausdruck bringen.<br />
Im Unterpunkt »<strong>Franziskaner</strong>-Werden«<br />
begleitet die kleine Figur Jan<br />
am Ordensleben interessierte junge<br />
Männer über ein von Br. Michael<br />
Blasek ofm gezeichnetes Cartoon<br />
durch die unterschiedlichen Ausbildungsstufen<br />
als Ordensmann.<br />
»Was wir tun«<br />
Unter dem Punkt »Was wir tun«<br />
kann man sich umfassend über die<br />
unterschiedlichen Tätigkeits- und<br />
Aufgabenfel<strong>der</strong> des Ordens und<br />
einzelner Mitbrü<strong>der</strong> in den Bereichen<br />
Seelsorge, Forschung, <strong>Mission</strong>,<br />
handwerklicher, pädagogischer<br />
und sozial-solidarischer Tätigkeiten<br />
usw. informieren. Hier finden sich<br />
auch weiterführende Links u.a. zu<br />
ordenseigenen Schulen, zum Institut<br />
<strong>der</strong> franziskanischen Geschichte,<br />
Suppenküche, Straßenambulanz,<br />
<strong>Mission</strong>szentrale und zu an<strong>der</strong>en<br />
Einrichtungen.<br />
»Wo wir leben«<br />
»Wo wir leben« informiert über<br />
unsere Lebens- und Wirkungsorte.<br />
Die klar geglie<strong>der</strong>te und in die<br />
vier deutschen Provinzen untergeteilte<br />
Deutschlandkarte führt<br />
durch Anklicken zunächst auf die<br />
betreffende Provinz und von dort<br />
wie<strong>der</strong>um zu den einzelnen Klöstern<br />
und Gemeinschaften. Alle Klöster<br />
und Gemeinschaften sind von diesem<br />
Punkt aus per eMail erreichbar,<br />
viele verfügen über eine eigene<br />
Homepage.<br />
»Angebot«<br />
Unter »Angebot« findet <strong>der</strong><br />
Besucher eine wahre Fundgrube<br />
unterschiedlicher Themen: Hier<br />
können Männer, die Interesse am<br />
Ordensleben haben, den für ihre<br />
Region zuständigen Mitbru<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Berufungspastoral ermitteln und<br />
sofort per Mail kontaktieren. Für wen<br />
dieser Schritt zu schnell ist, <strong>der</strong> kann<br />
sich in <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Mitlebehäuser<br />
umschauen, das für ihn am nächsten<br />
gelegene auswählen und ebenfalls per<br />
eMail anschreiben. Das Angebot <strong>der</strong><br />
Mitlebehäuser richtet sich wohlgemerkt<br />
nicht nur an Männer mit<br />
Interesse am Ordensleben.<br />
Unter diesem Punkt gibt es<br />
zudem die Möglichkeit, sich einzelne<br />
Provinzzeitschriften anzuschauen,<br />
herunterzuladen o<strong>der</strong> zu abonnieren.<br />
Am Puls <strong>der</strong> Zeit<br />
Der Internetauftritt <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong><br />
ist anprechend und übersichtlich<br />
gestaltet. Dem Besucher bietet sich<br />
hier keine »Bleiwüste«, die das weitere<br />
Durchklicken eher verhin<strong>der</strong>n<br />
würde. Um zu vermeiden, dass die<br />
Homepage unnötig aufgebläht und<br />
schwerfällig in <strong>der</strong> Nutzung wird,<br />
wird vielerorts auf weiterführende<br />
Links verwiesen – es lohnt sich,<br />
immer mal in die linke Bildleiste<br />
zu schauen. Sollte jemand wi<strong>der</strong><br />
Erwarten doch einmal den Überblick<br />
verloren haben: Die Hauptmenüleiste<br />
ist in je<strong>der</strong> Ansicht präsent und<br />
bringt den Besucher wie<strong>der</strong> an seinen<br />
gewünschten Ausgangsort zurück.<br />
Ein Klick auf www.franziskaner.de<br />
zeigt: 800 Jahre <strong>Franziskaner</strong> – und<br />
immer noch am Puls <strong>der</strong> Zeit.<br />
Guido Roth<br />
Br. Guido Roth ofm arbeitet<br />
als Sozialarbeiter in Dortmund.
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Mit Franziskus und Klara im Dialog<br />
Grundkurs zum franziskanisch-missionarischen Charisma (CCFMC)<br />
Aus dem Wunsch, die missionarische<br />
Dimension <strong>der</strong> franziskanischen<br />
Spiritualität neu zu entdecken<br />
und zu vertiefen, entstand 1982 die<br />
Idee eines Grundkurses, <strong>der</strong> das<br />
missionarische Charisma des Franz<br />
von Assisi, wie es in den verschiedenen<br />
franziskanischen Gemeinschaften<br />
und in unterschiedlichen<br />
Kulturen gelebt wird, behandeln<br />
sollte.<br />
Franziskanisch denken,<br />
handeln und leben<br />
Ausgehend von dem Willen, von<br />
an<strong>der</strong>en eher zu lernen, als sie zu<br />
unterrichten, versucht <strong>der</strong> Kurs,<br />
den interkulturellen Dialog zu<br />
för<strong>der</strong>n und sich den Anregungen<br />
zu stellen, die aus den franziskanischen<br />
Familien an<strong>der</strong>er Kontinente<br />
und Kulturen kommen. Mit Erfolg<br />
und Begeisterung haben Tausende<br />
von Schwestern und Brü<strong>der</strong>n in<br />
<strong>der</strong> ganzen Welt mit dem Kurs<br />
gearbeitet. Sie bestimmten die<br />
Themenschwerpunkte. In einem<br />
zweiwöchigen Evaluierungstreffen<br />
in Assisi 1994 wurden die Ideen<br />
zusammengetragen und ausgetauscht.<br />
Ein Redaktionsteam aus<br />
dem deutschsprachigen Raum wurde<br />
beauftragt, die Anregungen und<br />
Än<strong>der</strong>ungsvorschläge von Assisi in<br />
eine Neufassung des Kurses einzuarbeiten.<br />
Es gibt wohl kein vergleichbares<br />
Kursangebot, das in einem so intensiven,<br />
weltweiten und interkulturellen<br />
Dialogprozess entstanden ist.<br />
Der Kurs überschreitet Grenzen und<br />
führt uns in eine Weite, in <strong>der</strong> die<br />
eigenen Probleme ihren beherrschenden<br />
Eindruck verlieren. Die<br />
Faszination und <strong>der</strong> Reichtum an<strong>der</strong>er<br />
Kulturen und Religionen können<br />
unserer verkümmerten Religiosität<br />
neue Kraft geben.<br />
Ziele des Kurses<br />
Wie Franziskus und Klara auf ihrer<br />
gemeinsamen Suche nach dem Willen<br />
Gottes ihre Berufung entdeckten,<br />
so möchte <strong>der</strong> »Grundkurs zum<br />
franziskanisch-missionarischen<br />
Charisma« einladen, die mo<strong>der</strong>nen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen an die eigene<br />
Spiritualität im menschlichen,<br />
geschwisterlichen Miteinan<strong>der</strong> zu<br />
erleben und die persönliche Berufung<br />
zu vertiefen. Die diakonische<br />
Dimension dieser Spiritualität wird<br />
offenkundig in den wesentlichen<br />
franziskanischen Optionen, die alle<br />
Lehrbriefe durchziehen:<br />
Zuwendung zu den Armen<br />
als Schlüssel zum Verständnis<br />
<strong>der</strong> Botschaft Jesu<br />
Toleranz und Dialogbereitschaft<br />
gegenüber dem An<strong>der</strong>en und<br />
Fremden<br />
Kirche als Weggemeinschaft<br />
von Schwestern und Brü<strong>der</strong>n,<br />
in <strong>der</strong> Herrschaftsstrukturen<br />
keinen Platz haben<br />
Frieden als Frucht von<br />
Gerechtigkeit und gewaltfreier<br />
Konfliktlösung<br />
Bewahrung <strong>der</strong> Schöpfung<br />
Gottes durch eine neue Schöpfungsspiritualität.<br />
Wir sind<br />
nicht die Herren <strong>der</strong> Schöpfung,<br />
son<strong>der</strong>n Mitgeschöpfe<br />
(Sonnengesang)<br />
Vom Briefkasten<br />
zum Internetportal<br />
Ein internationaler Kurs lebt von<br />
<strong>der</strong> Güte <strong>der</strong> Kommunikation. War<br />
das vor 20 Jahren per Brief, Telefon<br />
und Fax noch recht mühsam, so<br />
machen seit 10 bis 15 Jahren eMail,<br />
Internet, Computertelefon die Welt<br />
zu einem globalen Dorf. Heute<br />
erfolgt unsere Kommunikation<br />
mit den Schwestern und Brü<strong>der</strong>n<br />
weltweit zu gut 80 Prozent über<br />
eMail und Internet. Informationen<br />
können rasch ausgetauscht werden,<br />
und zwar nicht nur vom CCFMC-<br />
Zentrum in die Kontinente des<br />
Südens, son<strong>der</strong>n in alle Richtungen.<br />
Das verän<strong>der</strong>t den Charakter des<br />
Kurses. Schwestern und Brü<strong>der</strong><br />
bleiben nicht mehr unter sich,<br />
wenn sie die Lehrbriefe studieren.<br />
Sie erfahren, wie an<strong>der</strong>e damit<br />
umgehen in ganz unterschiedlichen<br />
kulturellen Kontexten.<br />
Wir versuchen, diesen interkulturellen<br />
Dialog anzuregen und<br />
zu för<strong>der</strong>n durch die monatlichen<br />
CCFMC-News, durch ein Netzwerk<br />
von Internetportalen, durch<br />
Austausch aktueller Texten zu<br />
neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen. Das<br />
sind spannende Prozesse, die uns<br />
täglich neu verpflichten. Aber es<br />
ist eine wun<strong>der</strong>bare Aufgabe, auf<br />
diese Weise den Zusammenhalt<br />
<strong>der</strong> Franziskanischen Familie zu<br />
stärken und uns als Schwestern<br />
und Brü<strong>der</strong> gemeinsam auf dem<br />
Weg zu wissen.<br />
Andreas Müller<br />
P. Andreas Müller ofm ist<br />
Geschäftsführer des CCFMC.<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Menschenrechts-Filmpreis<br />
Auszeichnung für den Schutz <strong>der</strong> Menschenrechte<br />
In einer großen Gala wird am<br />
9. Dezember in Nürnberg zum Tag<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte wie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Deutsche Menschenrechts-Filmpreis<br />
verliehen. Mit diesem renommierten<br />
Filmpreis werden seit<br />
1998 alle zwei Jahre herausragende<br />
Film- und Fernsehproduktionen<br />
ausgezeichnet, die die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte thematisieren.<br />
Zugleich würdigt <strong>der</strong> Preis den<br />
oftmals lebensgefährlichen Einsatz<br />
engagierter Filmemacher und<br />
Filmemacherinnen für den Schutz<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte.<br />
Der Deutsche Menschenrechts-<br />
Filmpreis will das Bewusstsein für<br />
die Bedeutung <strong>der</strong> Menschenrechte<br />
schärfen. Film und Fernsehen beeinflussen<br />
unsere Wahrnehmung in<br />
immer größerem Maße. Engagierte<br />
Berichterstattung, sachkundige<br />
Dokumentation und mutige Kritik<br />
von Film- und Medienschaffenden<br />
sind oft Voraussetzung dafür, dass<br />
Regierungen und nichtstaatliche<br />
Akteure ihren Verpflichtungen zum<br />
Schutz und zur Achtung <strong>der</strong> Menschenrechte<br />
nachkommen.<br />
Neben dem Hinweis auf<br />
schwere Menschenrechtsverstöße<br />
in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n ist es aber auch<br />
entscheidend, die Wichtigkeit <strong>der</strong><br />
Menschenrechte in unserem eigenen<br />
Alltag bewusst zu machen. Die<br />
Institutionen unserer Gesellschaft<br />
müssen immer wie<strong>der</strong> neu aufgefor<strong>der</strong>t<br />
werden, die Menschenrechte zu<br />
respektieren. Mit <strong>der</strong> Auszeichnung<br />
herausragen<strong>der</strong> Filmproduktionen<br />
betont <strong>der</strong> Preis so auch die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Informations-, Bildungs-<br />
und Kontrollfunktion <strong>der</strong> Medien.<br />
Der Deutsche Menschenrechts-<br />
Filmpreis wird in den Kategorien<br />
Profi, Amateur und Hochschule<br />
für Filmproduktionen verliehen, in<br />
denen das Thema Menschenrechte<br />
inhaltlich wie formal herausragend<br />
umgesetzt wird. Der Preis will<br />
Amateure sowie professionelle<br />
Filmemacher und Filmemacherinnen<br />
ermutigen, sich verstärkt dem<br />
Thema Menschenrechte zu widmen<br />
und vor allem TV-Journalistinnen<br />
und -Journalisten bestärken, ihren<br />
Bildungsauftrag und ihre Kontrollfunktion<br />
wahrzunehmen. Darüber<br />
hinaus will <strong>der</strong> Deutsche Menschenrechts-Filmpreis<br />
den Stellenwert<br />
menschenrechtlicher Themen in den<br />
TV-Sendeanstalten aufwerten.<br />
Beson<strong>der</strong>s Jugendliche setzen<br />
sich immer wie<strong>der</strong> engagiert mit<br />
Menschenrechtsthemen auseinan<strong>der</strong>.<br />
Der Deutsche Menschenrechts-<br />
Filmpreis ermutigt sie, das Thema<br />
durch eigene Filmprojekte zu<br />
erarbeiten und in <strong>der</strong> Kategorie<br />
Amateur einzureichen. Um Jugendliche<br />
an die filmische Umsetzung<br />
von Menschenrechtsfragen heranzuführen,<br />
bieten die Veranstalter<br />
medienpädagogische Unterstützung<br />
an. Aktiver Umgang mit dem<br />
Medium Film in Verbindung mit <strong>der</strong><br />
inhaltlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit den Menschenrechten stärkt<br />
die Medienkompetenz <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
und sensibilisiert sie für<br />
Fragen des Medienkonsums, <strong>der</strong><br />
Kommunikation von Inhalten und<br />
<strong>der</strong> Gestaltung des menschlichen<br />
Zusammenlebens.<br />
Die prämierten Filme werden<br />
nach <strong>der</strong> Preisverleihung durch die<br />
Schirmherrin Jutta Limbach auch<br />
in diesem Jahr wie<strong>der</strong> mit didaktischen<br />
Materialien für den Einsatz in<br />
Schulen, auf Festivals o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Veranstaltungen <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
angeboten. Dadurch gibt <strong>der</strong> Preis<br />
wichtige Impulse für die schulische<br />
und außerschulische Bildungsarbeit.<br />
Derzeit wird <strong>der</strong> Deutsche Menschenrechts-Filmpreis<br />
von einem Kreis<br />
von 13 Organisationen verliehen, zu<br />
dem als Gründungsmitglied auch die<br />
<strong>Mission</strong>szentrale <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong><br />
gehört. Weitere Mitglie<strong>der</strong> sind u.a.<br />
amnesty International, <strong>der</strong> Nationale<br />
Rat <strong>der</strong> Ba’hai, die deutsche Unesco-<br />
Kommission o<strong>der</strong> missio sowie weitere<br />
bundesweit tätige kirchliche und<br />
nichtkirchliche Organisationen <strong>der</strong><br />
Menschenrechts-, Bildungs-, Kultur-<br />
und Medienarbeit.<br />
Informationen<br />
www.menschenrechts-filmpreis.de
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Besuch von meinen Enkeln<br />
Eine Geschichte aus <strong>der</strong> nahen Zukunft<br />
Gestern hatte ich Besuch von meinen<br />
Enkelkin<strong>der</strong>n. Ich bin die einzige,<br />
die sie noch persönlich besuchen,<br />
weil ich kein Handy habe. Dass sie<br />
sich den weiten Weg machen, hängt<br />
nicht unbedingt damit zusammen,<br />
dass sie mich so gern haben, da<br />
mache ich mir nichts vor. Es liegt<br />
eher daran, dass sie das eines Tages<br />
wie<strong>der</strong>um ihren Enkelkin<strong>der</strong>n<br />
erzählen wollen: »Stell Dir vor, meine<br />
Großmutter damals, die hatte nicht<br />
einmal ein Handy.« Ja, ich habe auch<br />
immer davon geträumt, den letzten<br />
Nean<strong>der</strong>taler kennen gelernt zu haben.<br />
»Oma, Oma, erzähl doch noch mal,<br />
wie das damals war, als es noch keine<br />
Handys gab!« riefen sie, als wir am<br />
Kaffeetisch saßen. »Also«, habe ich<br />
angefangen zu erzählen, »damals<br />
waren die Telefonapparate an einer<br />
Stelle <strong>der</strong> Wohnung fest eingebaut.<br />
Von dieser einen Stelle aus konnte<br />
man dann telefonieren.«<br />
»Was!« schrieen sie, »nur von dieser<br />
einen Stelle!« Und meine älteste<br />
Enkelin meinte, »Das ist ja irre,<br />
Oma, wie habt ihr denn euer Leben<br />
geregelt, wenn ihr nie eure Wohnung<br />
verlassen konntet?« Ich blickte sie<br />
irritiert an, »Aber wieso das denn?«<br />
»Na, wenn das Telefon fest installiert<br />
war, musstet ihr doch immer in <strong>der</strong><br />
Wohnung bleiben, um erreichbar zu<br />
sein.«<br />
»Na ja«, antwortete ich, »wir<br />
waren einfach nicht immer erreichbar.«<br />
Unter meinen Enkelkin<strong>der</strong>n brach<br />
ein Tumult aus. »Wie, nicht immer<br />
erreichbar, ihr seid einfach ohne<br />
Telefon aus dem Haus gegangen?<br />
Und wenn dann jemand versucht<br />
hat, euch zu erreichen?«<br />
»Denkt mal an«, sagte ich, »dann<br />
musste die Sache eben verschoben<br />
werden. Dann hat <strong>der</strong>jenige einfach<br />
später noch mal angerufen.«<br />
Wie<strong>der</strong> Tumult. »Und wenn ihr<br />
von unterwegs telefonieren musstet,<br />
wie war das zum Beispiel im Supermarkt«,<br />
fragte mein jüngster Enkel,<br />
»wenn ihr da nicht telefonieren<br />
konntet, wie wusstet ihr denn dann,<br />
was ihr kaufen solltet?«<br />
Ich klopfte mir gegen den Kopf.<br />
»Wir haben einfach überlegt.« Meine<br />
Enkel starrten mich an, als hätte ich<br />
gesagt, dass wir damals auch fliegen<br />
und uns unsichtbar machen konnten.<br />
»Wie jetzt«, fragte meine älteste<br />
Enkelin, »überlegt«. »O<strong>der</strong> einen<br />
Einkaufszettel geschrieben«, fügte<br />
ich hinzu. »Was ist denn das?« riefen<br />
alle durcheinan<strong>der</strong>. »Ein Zettel, auf<br />
den man schrieb, was man einkaufen<br />
wollte. Den hat man im Supermarkt<br />
dann abgearbeitet. Ein Palm aus<br />
Papier, sozusagen.« Sie lachten, dass<br />
sie sich die Seiten halten mussten.<br />
»Hattest du zum Rechnen statt eines<br />
Taschenrechners auch noch so ein<br />
Holzdings, bei dem man Perlen von<br />
einer Seite auf die an<strong>der</strong>e schieben<br />
konnte?«<br />
»Ja, ja«, schrie die jüngste Enkelin,<br />
»so ein Ding habe ich zuletzt mit<br />
<strong>der</strong> Schule im Museum für Ur- und<br />
Frühgeschichte gesehen!«<br />
»Nein«, sagte ich, »gerechnet<br />
haben wir meistens im Kopf.«<br />
Wie<strong>der</strong> starrten sie mich an.<br />
Jetzt würden sie doch noch nach<br />
<strong>der</strong> Sache mit dem Zaubern und<br />
Unsichtbarwerden fragen.<br />
»Na gut«, sagte mein jüngster<br />
Enkel etwas misstrauisch. »Aber<br />
wie habt ihr denn unterwegs Photos<br />
gemacht und verschickt?«<br />
»Gar nicht«, antwortete ich.<br />
»Das war irgendwie nicht nötig.<br />
Wenn wir mal unbedingt Photos<br />
machen mussten, dann haben wir<br />
einen Fotoapparat mitgenommen.«<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
»Ah«, schrie wie<strong>der</strong> meine jüngste<br />
Enkelin, »das kenne ich aus dem<br />
Museum für Ur- und Frühgeschichte!<br />
Das war so ein Monstrum, bei dem<br />
man einen Kasten auf drei Beinen<br />
aufgebaut und sich ein schwarzes<br />
Tuch über den Kopf geworfen hat.«<br />
Ich musste lachen. »Nein«, sagte ich,<br />
»das ist viel länger her. Wir hatten<br />
ganz normale handgroße Apparate.«<br />
»Aber wenn ihr euch ganz dringend<br />
etwas sagen wolltet?« Meine älteste<br />
Enkelin kam wie<strong>der</strong> auf die Sache<br />
mit <strong>der</strong> Erreichbarkeit zurück. »Das<br />
ging dann doch nicht!«<br />
»Nee«, stimmte ich ihr zu. »Wir<br />
konnten uns nicht ständig sagen,<br />
was wir gerade in diesem Moment<br />
unbedingt sagen wollten. ›Ich stehe<br />
hier vor dem Kaufhof‹, zum Beispiel.«<br />
»Auch keine SMS schicken?«<br />
fragte nun mein ältester Enkel. Ich<br />
schüttelte den Kopf. Alle stöhnten auf<br />
vor Mitleid. »Ihr konntet euch nichts<br />
schreiben?« fragte meine älteste<br />
Enkelin mit Grabesstimme.<br />
»Ah, doch«, sagte ich, »schreiben<br />
konnten wir uns schon, aber das<br />
wurde dann mit <strong>der</strong> Post verschickt.«<br />
Post, das kannten sie nicht. Nicht<br />
einmal meine jüngste Enkeltochter<br />
aus dem Museum für Ur- und<br />
Frühgeschichte. »Man hat etwas<br />
auf Papier o<strong>der</strong> auf eine bunte Karte<br />
geschrieben, also mit einem Stift<br />
mit <strong>der</strong> Hand«. Die Kin<strong>der</strong> stöhnten<br />
wie<strong>der</strong> – das hatten sie mal für ein<br />
halbes Jahr im Geschichtsunterricht<br />
geübt, um mal zu spüren, wie es<br />
ihren Vorfahren gegangen war.<br />
Entsetzlich!<br />
»Also«, fuhr ich fort, »wir haben<br />
etwas auf Papier geschrieben, in<br />
einen Umschlag gesteckt und drauf<br />
geschrieben, an wen wir das schicken<br />
wollten. Und eine <strong>der</strong> vielen Personen,<br />
die bei <strong>der</strong> Post arbeiteten,<br />
brachte dann den Brief dorthin.«<br />
»Puh!« rief mein jüngster Enkel, »das<br />
hat dann ja Stunden gedauert!«<br />
»Tage«, sagte ich, »das dauerte<br />
mindestens einen Tag, manchmal<br />
länger.« Die Kin<strong>der</strong> johlten. »Ist ja<br />
irre!« schrieen sie, »einen Tag, haha,<br />
da kann man ja gleich persönlich<br />
hingehen!« Das wie<strong>der</strong>um kam ihnen<br />
so lustig vor, dass sie sich schier<br />
ausschütteten. »Stimmt«, sagte ich,<br />
»wir haben uns eigentlich regelmäßig<br />
persönlich getroffen.«<br />
»Huhu«, jaulte meine älteste<br />
Enkeltochter auf, »gleich wirst du<br />
uns erzählen, dass ihr in <strong>der</strong> Kneipe<br />
nicht telefoniert habt, son<strong>der</strong>n<br />
geredet!« Ich nickte. »Genau«, sagte<br />
ich. »Wir haben uns nicht gegenüber<br />
gesessen und telefoniert, son<strong>der</strong>n wir<br />
haben miteinan<strong>der</strong> gesprochen.«<br />
»Ui«, sagte mein ältester Enkelsohn<br />
mit schreckgeweiteten Augen.<br />
»Und was habt ihr gemacht, wenn<br />
die Person gegenüber blöd war o<strong>der</strong><br />
langweilig? Dann konntet ihr ja gar<br />
niemand an<strong>der</strong>s anrufen.« Die vier<br />
sahen mich mitleidig an. Langsam<br />
fragte ich mich schon selber, wie das<br />
damals alles gehen konnte.<br />
»Also, ich glaube, wir haben uns<br />
nicht mit blöden Leuten verabredet.«<br />
»Ihr habt vorher nachgedacht, was?«<br />
fragte mein jüngster Enkelsohn mit<br />
Blick auf die an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>. Sie<br />
prusteten. »Jawohl«, sagte ich. »Ich<br />
denke mal, wir haben vorher darüber<br />
nachgedacht.«<br />
»Und wenn ihr auf dem Weg<br />
irgendwohin wart, was habt ihr denn<br />
dann gemacht, wenn ihr nicht telefonieren<br />
konntet? Nachgedacht?« Die<br />
an<strong>der</strong>en johlten. »O<strong>der</strong> einen Brief<br />
geschrieben, den ihr dann jemandem<br />
gleich mitbringen konntet, weil ihr<br />
euch ja eher getroffen habt, als dass<br />
ihr euch mit dem fest installierten<br />
Telefon erwischt habt?« Die an<strong>der</strong>en<br />
Enkelkin<strong>der</strong> wälzten sich inzwischen<br />
ausgelassen auf dem Boden.<br />
Es half nichts. Ich wollte ihnen gerade<br />
erklären, dass wir durchaus mal<br />
stolpern konnten, ohne das direkt<br />
am Telefon jemandem mitteilen zu<br />
müssen, dass wir an jemanden denken<br />
konnten, ohne eine SMS »Ich denk<br />
an dich« zu schicken, und dass es uns<br />
meist auch ohne Handy gelungen ist,<br />
uns miteinan<strong>der</strong> zu verabreden und<br />
uns während <strong>der</strong> Verabredungen gar<br />
nichts fehlte, wenn wir nicht gleichzeitig<br />
telefonieren konnten.<br />
Als ich sagte, »Manchmal hatte<br />
ich sogar Besuch und das Telefon<br />
klingelte. Dann bin ich natürlich nicht<br />
dran gegangen«, starrten mich meine<br />
auf dem Boden liegenden Enkelkin<strong>der</strong><br />
entgeistert an. »Da hattest du<br />
eh schon so eine geringe Chance,<br />
mit einem fest installierten Telefon<br />
angerufen zu werden«, rief mein<br />
ältester Enkelsohn, doch da klingelte<br />
das erste Handy. Und als würden die<br />
an<strong>der</strong>en davon angesteckt o<strong>der</strong> herausgefor<strong>der</strong>t,<br />
klingelten gleich danach<br />
alle an<strong>der</strong>en auch. Während alle<br />
telefonierten und dabei endlich wie<strong>der</strong><br />
einen entspannten Eindruck machten,<br />
ging ich mit meiner Tasse in die Küche<br />
und blickte aus dem Fenster. »Grad<br />
blicke ich aus dem Fenster, und du?«<br />
hätte ich als SMS an jemanden schreiben<br />
können. Blöd, ich habe einfach<br />
kein Handy.<br />
Daniela Böhle<br />
Daniela Böhle, geb. 1970, arbeitet als freie<br />
Autorin in Berlin. Die Geschichte stammt<br />
aus ihrem Erzählungenband »Amokanrufbeantworter«<br />
(Satyr-Verlag, 2005), <strong>der</strong><br />
auch über www.franziskanerbuch.de zu<br />
beziehen ist.
Kurznachrichten<br />
Provinzkapitel in Nairobi<br />
Im Juli fand in Nairobi das Provinzkapitel<br />
statt. In die Leitung <strong>der</strong><br />
ostafrikanischen Provinz wurden<br />
vier einheimische und drei ausländische<br />
<strong>Franziskaner</strong> gewählt.<br />
<strong>Neue</strong>r Provinzialminister ist<br />
P. Sebastian Unsner aus Polen (Foto),<br />
zum Provinzvikar wurde P. Oscar<br />
Girardi aus Italien ernannt.<br />
In die Ordensleitung wurden<br />
gewählt:<br />
P. Fidelis Mwesigye,<br />
Uganda<br />
P. Fredrick Odhiambo,<br />
Kenia<br />
P. Krisnah Ramsamy,<br />
Mauritius<br />
P. Aloys Hakizimana,<br />
Ruanda<br />
P. Cornelius Smith,<br />
England<br />
Provinz N. S. da Assuncao<br />
in Bacabal<br />
Auch die <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />
N. S. da Assuncao in Bacabal hat<br />
eine erfreuliche Entwicklung zu<br />
verzeichnen: Im April wurde ein<br />
junger Brasilianer zum Diakon<br />
geweiht, und von Mai bis September<br />
konnten die <strong>Franziskaner</strong><br />
jeden Monat eine Priesterweihe<br />
feiern.<br />
Am 27. Mai 20<strong>06</strong><br />
wurde Frei Antonio<br />
Marcos Morais ofm<br />
in São Luis Gonzaga<br />
zum Priester geweiht.<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Die ostafrikanische Provinz setzt<br />
sich aus 67 Prozent einheimischen<br />
und 33 Prozent ausländischen<br />
Brü<strong>der</strong>n zusammen – eine äußerst<br />
positive Entwicklung seit Gründung<br />
des »Afrika-Projekts« vor 23 Jahren!<br />
Seit dem letzten Kapitel vor drei Jahren<br />
konnte die Provinz 14 Feierliche<br />
Professen und 18 Priesterweihen<br />
feiern.<br />
Teilnehmer am Provinzkapitel<br />
vom 17. bis<br />
25. Juli 20<strong>06</strong> in Nairobi.<br />
27
28<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong> — Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n<br />
Besuch aus Ruanda<br />
Zwei Monate war <strong>der</strong> ruandische<br />
<strong>Franziskaner</strong> P. Juvenal Ndayambaje<br />
aus Kivumu/Ruanda zu Gast im<br />
<strong>Franziskaner</strong>kloster in Dortmund.<br />
P. Juvenal hat in <strong>der</strong> Carl-Duisberg-<br />
Schule mit großem Erfolg Deutsch<br />
gelernt und konnte in zahlreichen<br />
Gesprächen und Begegnungen sehr<br />
lebendig vom Leben in Ruanda<br />
berichten. Am 3. September ist er<br />
nach Louvain-la-Neuve (Belgien)<br />
zurückgekehrt, um sein Philosophiestudium<br />
fortzusetzen. Durch die<br />
gewonnenen Sprachkenntnisse und<br />
die Erfahrungen mit <strong>der</strong> deutschen<br />
Kultur wird er die Brücke nach<br />
Ostafrika stärken. fm<br />
Erzbischof Luciano Mendes tot<br />
Am 27. August 20<strong>06</strong> verstarb im<br />
Alter von 75 Jahren Dom Luciano<br />
Pedro Mendes de Almeida, SJ,<br />
Erzbischof von Mariana.<br />
Geboren am 5. Oktober 1930 in<br />
Rio de Janeiro, trat er mit 21 Jahren<br />
in den Jesuitenorden ein und wurde<br />
am 2. Mai 1976 zum Bischof<br />
ernannt. Von 1979 bis 1987 war er<br />
Generalsekretär <strong>der</strong> Brasilianischen<br />
Konferenz (CNBB) und von 1987<br />
bis 1994 ihr Präsident. Seit 1992<br />
war er Mitglied <strong>der</strong> Päpstlichen<br />
Kommission für Gerechtigkeit und<br />
Frieden und 1995 bis 1998 Vizepräsident<br />
<strong>der</strong> Lateinamerikanischen<br />
Bischofskonferenz (CELAM). Bis zu<br />
seinem Tod leitete er den Bischöflichen<br />
Rat zur Beseitigung von<br />
Elend und Hunger in Brasilien.<br />
Korruption in Brasilien<br />
In Brasilien droht 72 Kongressmitglie<strong>der</strong>n<br />
ein Disziplinarverfahren<br />
wegen Korruption. Drei<br />
Senatoren und 69 Abgeordnete<br />
müssen sich vor dem Ethikrat des<br />
Parlaments verantworten, teilte<br />
<strong>der</strong> zuständige Ausschuss mit.<br />
Gegen 50 <strong>der</strong> 72 Verdächtigen<br />
gebe es »starke Beweise«, dass sie<br />
Rechnungen überhöhten und Geld<br />
abzweigten. afp<br />
»Niemand hat die Absicht<br />
eine Mauer zu errichten«<br />
Jugendseminar zur<br />
deutschen Geschichte<br />
Vom 16. bis 20. Oktober 20<strong>06</strong> lädt<br />
das Franziskanische Bildungswerk<br />
gemeinsam mit dem Berliner<br />
Büro <strong>der</strong> <strong>Mission</strong>szentrale <strong>der</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong> junge Menschen<br />
zu einem historischen Seminar<br />
nach Berlin ein. Thema ist die<br />
Geschichte <strong>der</strong> deutschen Teilung.<br />
In Gesprächen mit Zeitzeugen und<br />
Politikern, Besuchen von authentischen<br />
Orten und einer Reflexion<br />
geschichtlicher Bil<strong>der</strong> und Texte<br />
werden Alltag und Politik jener Zeit<br />
erfahrbar. Darüber hinaus werden<br />
die Teilnehmenden versuchen,<br />
auch einmal die innereuropäische<br />
Sicht zu verlassen und fragen, was<br />
die deutsche Teilung im internationalen<br />
Kontext und für Menschen<br />
aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n bedeutet hat.<br />
Anmeldungen sind möglich bis<br />
zum 1. Oktober:<br />
per eMail:<br />
berlin@missionszentrale.de<br />
per Telefon:<br />
<strong>03</strong>0/488 396 40<br />
Franziskanischer<br />
Freiwilligendienst<br />
Karin Gaida und Dorothee Ahlers<br />
waren sechs Monate als »<strong>Mission</strong>arinnen<br />
auf Zeit« in São Luis und Bacabal<br />
im Nordosten Brasiliens. Im Juli 20<strong>06</strong><br />
sind sie mit vielen neuen Eindrücken<br />
und Erfahrungen nach Deutschland<br />
zurückgekehrt. Die beiden haben die<br />
Freundschaft und Sympathie vieler<br />
Menschen gewonnen.<br />
Am 30. Juli wurden in Dortmund<br />
Lena Wilhelmus, Maria Bürger,<br />
Carmen Vielstädte, Anika Klostermann<br />
und Felix Fleischhauer in<br />
die brasilianischen Bundesstaaten<br />
Maranhão und Piauí ausgesandt. Die<br />
fünf jungen Leute werden in Bacabal,<br />
Vitorino Freire, São Luis und Piripiri<br />
mitleben.<br />
Internationaler Freiwilligendienst<br />
2007: Jetzt bewerben!<br />
Auch 2007 gibt es die Möglichkeit,<br />
für sechs bis zwölf Monate in einem<br />
sozialen Projekt von <strong>Franziskaner</strong>innen<br />
o<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong>n in<br />
Südamerika (Brasilien, Peru, Bolivien)<br />
mitzuleben und mitzuarbeiten.<br />
Bewerbungen für den Internationalen<br />
Freiwilligendienst sind bis Ende<br />
Oktober 20<strong>06</strong> einzureichen:<br />
per Briefpost:<br />
Büro <strong>der</strong> <strong>Mission</strong>szentrale<br />
<strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong><br />
Wollankstraße 19<br />
13187 Berlin<br />
per eMail: info@freifranz.de<br />
Informationen im Internet:<br />
www.freifranz.de<br />
MAZ-Aussendungsgottesdienst<br />
in Dortmund<br />
am 30. Juli 20<strong>06</strong>
Projekt<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Spenden Sie doch mal Sendezeit ...<br />
»Radio Educadora« in São Luis, Nordost-Brasilien<br />
Um den Menschen in <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
und im Landesinnern von Maranhão<br />
die Teilnahme am politischen, kulturellen<br />
und religiösen Geschehen zu<br />
ermöglichen, hat sich die Erzdiözese<br />
von São Luis vor etwa 20 Jahren<br />
eine Stimme gegeben, als sie die<br />
Radiostation »Radio Educadora« auf<br />
Sendung gehen ließ. Rund um die Uhr<br />
wird das thematisiert, was wirklich<br />
interessiert: die aktuelle Situation und<br />
die Ereignisse <strong>der</strong> Region.<br />
Der Radiosen<strong>der</strong> sieht sich in erster<br />
Linie als Anwalt <strong>der</strong> Wahrheit und<br />
leistet damit über den Äther religiöse,<br />
soziale und kulturelle Bewusstseinsbildung<br />
– daher <strong>der</strong> Name »Radio<br />
Educadora«, »Bildungsradio«. Verschiedene<br />
Gruppen und Initiativen<br />
berichten über ihre Arbeit, kündigen<br />
Veranstaltungen an, besprechen<br />
Probleme und diskutieren Lösungen.<br />
In den Programmen wird auf<br />
die Fragen und Nöte <strong>der</strong> Zuhörer<br />
eingegangen. Das Radio erreicht vor<br />
allem auch die Menschen, die keinen<br />
Zugang zu Zeitungen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Informationsquellen haben. An<strong>der</strong>e<br />
suchen nach religiöser Orientierung<br />
o<strong>der</strong> sie nehmen auf diesem Weg an<br />
Gottesdiensten teil.<br />
Wenn Sie sich über das Projekt<br />
»Radio Educadora« näher informieren<br />
möchten, lesen Sie bitte dazu<br />
das ausführliche Interview mit dem<br />
Erzbischof von São Luis, Dom José<br />
Belisário ofm, auf den Seiten 15 bis<br />
17 in diesem Heft. Was <strong>der</strong> Radiosen<strong>der</strong><br />
für die Menschen und die<br />
brasilianische Ortskirche bedeutet,<br />
geht aus den Antworten des <strong>Franziskaner</strong>-Bischofs<br />
sehr eindrucksvoll<br />
hervor.<br />
Die <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> sieht<br />
in dem Sen<strong>der</strong> »Radio Educadora«<br />
eine große Chance für eine Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong><br />
Armen im Bundesstaat Maranhão,<br />
denn Bewusstsein ist <strong>der</strong> Schlüssel<br />
zur positiven Verän<strong>der</strong>ung.<br />
Bitte unterstützen Sie diesen<br />
Verän<strong>der</strong>ungsprozess durch<br />
eine Spende: Eine Stunde<br />
Sendezeit von Radio Educadora<br />
kostet 180 Euro.<br />
29
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1<br />
44143 Dortmund<br />
Spendenbescheinigung<br />
zur Vorlage beim Finanzamt<br />
Provinzialat <strong>der</strong> Sächsischen <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />
vom Hl. Kreuz e.V. (<strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong>, 44143 Dortmund) ist durch den<br />
Freistellungsbescheid des Finanzamtes<br />
Soest vom 3. Februar 20<strong>06</strong>, Steuernummer<br />
343/5840/0181, als ausschließlich<br />
und unmittelbar kirchlichen Zwecken<br />
dienende Körperschaft anerkannt und<br />
nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von <strong>der</strong> Körperschaftssteuer<br />
befreit.<br />
Wir bestätigen, dass wir den zugewendeten<br />
Betrag nur für kirchliche Zwecke<br />
verwenden werden.<br />
Bis 100 Euro gilt <strong>der</strong> abgestempelte<br />
Beleg als Spendenbescheinigung.<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1<br />
44143 Dortmund<br />
Ein alternatives Geschenk zum<br />
Geburtstag, zur Hochzeit, zum Jubiläum...<br />
Bildungsradio in São Luis, Brasilien<br />
Eine Stunde Sendezeit von »Radio Educadora«<br />
Übertragung eines Gottesdienstes<br />
aus einer Basisgemeinde<br />
Monatsgehalt eines Mo<strong>der</strong>ators<br />
Monatsgehalt eines Journalisten<br />
Mein Alternativ-Vorschlag<br />
180 Euro<br />
235 Euro<br />
350 Euro<br />
380 Euro<br />
Jede Spende hilft, dass die Stimme <strong>der</strong> Erzdiözese von São Luis nicht verstummt!<br />
Meine Partnerschaftserklärung<br />
Die <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> setzt sich dafür ein, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
weltweit Nahrung, Schul- und Ausbildung sowie zuverlässige Hilfe bekommen.<br />
Ihre Spende hilft uns dabei – vielen Dank!
Absen<strong>der</strong><br />
Spen<strong>der</strong> Nr.<br />
Ich habe die<br />
angekreuzte<br />
Summe<br />
am<br />
auf das Konto 34<br />
<strong>der</strong> Sparkasse Werl<br />
BLZ 414 517 50<br />
überwiesen.<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1<br />
44143 Dortmund<br />
Meine Partnerschaftserklärung Ich möchte die Arbeit <strong>der</strong> <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> unterstützen.<br />
Ich spende für Projekt|Zweck<br />
monatlich vierteljährlich halbjährlich jährlich<br />
Euro bis auf Wi<strong>der</strong>ruf, erstmalig ab<br />
Damit meine Hilfe <strong>der</strong> Projektarbeit ohne Abzug von Bankgebühren<br />
zugute kommt, ermächtige ich Sie hiermit, jeweils am 15. des Monats<br />
meine Spende bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos<br />
Konto-Nummer Bankleitzahl<br />
Kreditinstitut<br />
mittels Lastschrift einzuziehen. Wenn mein Konto nicht ausreichend<br />
gedeckt ist, ist mein kontoführendes Kreditinstitut nicht verpflichtet,<br />
den Betrag einzulösen. Diese Einzugsermächtigung ist je<strong>der</strong>zeit kündbar.<br />
Bitte in Druckschrift ausfüllen<br />
Name<br />
Vorname<br />
Straße, Hausnummer<br />
Postleitzahl, Ort<br />
Datum, Unterschrift<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1<br />
44143 Dortmund<br />
Beleg | Quittung für den Kontoinhaber<br />
Bestätigung für das Finanzamt<br />
Kto.-Nr. des Kontoinhabers<br />
Begünstigter<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1 44143 Dortmund<br />
Kto.-Nr. bei<br />
34 Sparkasse Werl<br />
Verwendungszweck<br />
Spen<strong>der</strong>-Nr.<br />
Kontoinhaber | Einzahler<br />
Datum<br />
Telefon 02 31/17 63 37 – 5<br />
Telefax 02 31/17 63 37 – 70<br />
info@franziskanermission.de<br />
EUR<br />
Quittung des Kreditinstituts bei Bareinzahlung
Euer Leben soll Verkündigung sein.<br />
nach Franz von Assisi<br />
Bild: Br. Michael Blasek ofm