Dialog - Franziskaner Mission
Dialog - Franziskaner Mission
Dialog - Franziskaner Mission
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<strong>Dialog</strong><br />
mit anderen Religionen und Kulturen<br />
Brasilien – mehr katholische Japaner in Brasilien als in Japan<br />
Marokko – Leben unter Muslimen<br />
Libyen – Seelsorge für christliche Migranten<br />
Thailand – gelebter <strong>Dialog</strong> mit Buddhisten<br />
3 2011
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Inhalt<br />
Editorial<br />
3<br />
4<br />
6<br />
8<br />
10<br />
12<br />
13<br />
14<br />
16<br />
18<br />
Editorial<br />
von Br. Augustinus Diekmann ofm<br />
Die Botschaft von Assisi<br />
Christen wollen Werkzeuge des Friedens sein<br />
von Michael Perry ofm<br />
Ein Haus, viele Wohnungen<br />
Religiöse Vielfalt und schöpferische Mitverantwortung<br />
von Hermann Schalück ofm<br />
Keine Wortgefechte<br />
Franziskanisch-muslimische Integrationsarbeit<br />
von Thomas Martin Schimmel<br />
Last der Geschichte überwinden<br />
Interkonfessioneller <strong>Dialog</strong> in Süd- und Osteuropa<br />
von Ulrich Zankanella ofm<br />
Kirche im Gegenwind<br />
Politischer Kurswechsel in Bolivien<br />
von Reinaldo Brumberger ofm<br />
Zusammen leben und beten<br />
Interreligiöse Begegnungen in Cochabamba – Bolivien<br />
von Michael Brems ofm<br />
»Verrückt, dieses Deutschland !«<br />
Was Bolivianer und Deutsche voneinander lernen können<br />
von Philipp Bolik<br />
Mittelseite<br />
Japaner in Brasilien<br />
Gegenseitige Wertschätzung zweier Kulturen<br />
von Alécio Broering ofm<br />
Personalia<br />
Die Lage im Kongo sei zurzeit schwierig,<br />
berichtet Schwester Romana Baković,<br />
die in Bukavu ein Ausbildungszentrum für<br />
Flüchtlingsmädchen leitet. Dies hänge<br />
vermutlich mit den bevorstehenden<br />
Wahlen im Oktober zusammen. Nachts<br />
verschwänden Leute, niemand wisse, wo<br />
sie seien und was mit ihnen geschehe.<br />
Trotz dieser Umstände haben 37 ihrer<br />
Schülerinnen im Juni 2011 ihre Ausbildung<br />
zur Schneiderin erfolgreich abgeschlossen.<br />
Durch Spenden der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
konnte Schwester Romana jeder von ihnen<br />
zum Abschied eine eigene Nähmaschine<br />
schenken, damit sie von nun an für sich<br />
selbst sorgen können.<br />
19<br />
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22<br />
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28<br />
30<br />
31<br />
31<br />
<strong>Franziskaner</strong> in Marokko<br />
Leben unter Muslimen<br />
von Jorge Lázaro de Souza ofm<br />
»Ihr habt mich aufgenommen«<br />
Seelsorge für Christliche Migranten in Libyen<br />
von Salim Joseph ofm<br />
Unter einem Dach<br />
Friedliches Zusammenleben in Ostafrika<br />
von Heinrich Gockel ofm<br />
<strong>Franziskaner</strong> in Thailand<br />
Gelebter <strong>Dialog</strong> in einer buddhistischen Gesellschaft<br />
von Manipadath Varkey Johnson ofm<br />
Völkerkundemuseum Werl<br />
Begegnung mit fremden Kulturen<br />
von Reinhard Kellerhoff ofm<br />
UN fördern <strong>Dialog</strong> der Religionen<br />
Woche der interreligiösen Harmonie<br />
von Markus Heinze ofm<br />
Kinder sind offen<br />
Kulturelle Vielfalt in Dortmunder Kindertagesstätte<br />
von Anke Chávez<br />
Das Unsagbare berühren<br />
Zen und Mystik im <strong>Franziskaner</strong>kloster Dietfurt<br />
von Othmar Franthal<br />
Kurznachrichten<br />
Projekt<br />
Impressum<br />
Pater Eduard Albers hat in Brasilien sein<br />
Goldenes Priesterjubiläum gefeiert. Den<br />
50. Jahrestag seiner Priesterweihe, die<br />
er am 26. Juli 1961 im Hohen Dom zu<br />
Paderborn empfangen hatte, beging er<br />
mit seinen Mitbrüdern in einem feierlichen<br />
Gottesdienst in der Hauskapelle<br />
des Franzis kanerkonvents von Teresina.<br />
1955 trat Eduard Albers in den <strong>Franziskaner</strong>orden<br />
ein, bevor er 1962 nach Brasilien<br />
ging. Von 1964 bis 1973 wirkte er als<br />
Pfarrer in den Gemeinden São Francisco<br />
das Chagas in Bacabal und Nossa Senhora<br />
da Glória in São Luís. Seit 1973 ist Pater<br />
Eduard in Teresina tätig. Am dortigen<br />
Priesterseminar lehrte er 23 Jahre Bibelwissenschaften.<br />
Am 19. Juli 2011, eine Woche vor seinem<br />
Goldenen Priesterjubiläum, verstarb<br />
Bischof Heinrich Johannpötter in Brasilien,<br />
wo er seit 1962 tätig war. Von 1964<br />
bis 1967 wirkte er als Pfarrer von Sant’ Ana<br />
in Bacabal, von 1967 bis 1970 leitete er<br />
die Gemeinde São Raimundo in Teresina.<br />
Von 1976 bis 1983 bekleidete er gleichzeitig<br />
die Ämter als Kustos der Kustodie in<br />
Bacabal und als Generalvikar der Diözese<br />
Bacabal. Anschließend war er vier Jahre<br />
Ausbilder der Junioren in Teresina, bis er<br />
1989 zum Bischof ernannt wurde. 1997<br />
dankte er aus gesundheitlichen Gründen<br />
ab. Nach seiner Emeritierung lebte Pater<br />
Heinrich im <strong>Franziskaner</strong>konvent von<br />
Bacabal, wo er sich weiter für die Jugend<br />
engagierte.<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
liebe Freunde der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>,<br />
obwohl unsere Zeitschrift ja immer<br />
versucht, die bunte Wirklichkeit<br />
von Kirche und <strong>Mission</strong> abzubilden,<br />
macht dieses Heft vielleicht<br />
ganz besonders deutlich, wie<br />
unterschiedlich die Situation der<br />
Christen in den verschiedenen<br />
Teilen der Welt ist und wie unterschiedlich<br />
sich dementsprechend<br />
der <strong>Dialog</strong> mit anderen Kulturen<br />
und Religionen gestaltet.<br />
In Bolivien bekennt sich die<br />
Mehrheit der Bürger zum Christentum<br />
– und zwar auf eine sehr<br />
eigene, von der Religion und<br />
Kultur der indigenen Bevölkerung<br />
geprägten Art und Weise. Ganz<br />
anders stellt sich die Situation in<br />
Thailand dar. In dem buddhistischen<br />
Land gehören die Christen<br />
zu einer verschwindend kleinen,<br />
aber geschätzten Minderheit,<br />
deren soziale und spirituelle Angebote<br />
gerne angenommen werden.<br />
Wieder anders gestaltet sich die<br />
Lage in den afrikanischen Staaten:<br />
In Marokko bauen <strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
<strong>Franziskaner</strong>straße 1, 44143 Dortmund<br />
Telefon 02 31/17 63 37 5<br />
Fax 02 31/17 63 37 70<br />
info@franziskanermission.de<br />
www.<strong>Franziskaner</strong><strong>Mission</strong>.de<br />
Brücken zur islamischen Bevölkerung,<br />
in Libyen stehen sie ausländischen<br />
Migranten zur Seite<br />
und in Kenia zeigen sie durch<br />
ihren Beitrag zu einer friedlichen<br />
Gesellschaft, dass Menschen<br />
verschiedener Religionen und Kulturen<br />
gut zusammenleben können.<br />
So unterschiedlich die Länder<br />
dieser Erde, so unterschiedlich<br />
sind die Herausforderungen,<br />
denen Kirche und <strong>Mission</strong> sich in<br />
verschiedenen Zusammenhängen<br />
stellen müssen. Und doch gibt es<br />
Grundhaltungen, die überall auf<br />
der Welt gleich notwendig sind,<br />
wenn der religiöse und kulturelle<br />
<strong>Dialog</strong> vor Ort gelingen soll.<br />
Entscheidend für jedes gute<br />
Gespräch, egal, wo es stattfindet,<br />
ist, dass die Teilnehmenden einander<br />
ernst nehmen und respektieren,<br />
dass sie einander zuhören<br />
und zu verstehen versuchen und<br />
dass sie bereit sind, voneinander<br />
zu lernen. Mit anderen Worten:<br />
Am weitesten führen <strong>Dialog</strong>e,<br />
bei denen sich die Gesprächsteilnehmenden<br />
auf Augenhöhe<br />
begegnen und sich darum bemühen,<br />
die jeweils andere Seite so<br />
gut wie möglich kennenzulernen.<br />
Mit dieser Grundhaltung sind<br />
Franziskus und seine Mitbrüder<br />
vor rund 800 Jahren auf ihre Mitmenschen<br />
zugegangen und haben<br />
als friedliche Nachbarn unter<br />
ihnen gelebt. Vor allem Letzteres<br />
ist wichtig. Denn <strong>Dialog</strong> ist nicht<br />
nur eine Sache von Worten. Worte<br />
ohne Taten sind leer, Glaube ohne<br />
Werke ist tot.<br />
Spenden erbitten wir, unter Angabe des<br />
Verwendungszwecks, auf das Konto 5100,<br />
Volksbank Hellweg eG (BLZ 414 601 16) oder<br />
Konto 34, Sparkasse Werl (BLZ 414 517 50).<br />
Dieser Ausgabe liegt eine Zahlkarte bei.<br />
Wir <strong>Franziskaner</strong> versuchen, mit<br />
Menschen anderer Religionen<br />
und Kulturen über Gerechtigkeit,<br />
Frieden und Bewahrung der<br />
Schöpfung nicht nur zu reden,<br />
sondern all dies auch gemeinsam<br />
zu leben. Das ist nicht immer<br />
so einfach und führt auch nicht<br />
immer (sofort) zum Erfolg. Die<br />
interkonfessionellen Bemühungen<br />
unserer Mitbrüder in Osteuropa<br />
zeigen, wie schwierig es ist, die<br />
Last der Geschichte abzuschütteln<br />
und gemeinsam an einer guten<br />
Zukunft für alle mitzuwirken.<br />
Und das muslimisch-franziskanische<br />
Integrationsprojekt in dem<br />
Kölner Stadtteil Vingst, das wir in<br />
diesem Heft vorstellen, löst nicht<br />
die Probleme aller Migranten in<br />
Deutschland. Aber es gibt keine<br />
vernünftige Alternative zu all<br />
diesen Anstrengungen.<br />
Papst Johannes Paul II. hat<br />
vor 25 Jahren Vertreterinnen und<br />
Vertreter der Weltreligionen zum<br />
Friedensgebet nach Assisi eingeladen.<br />
An dieses Ereignis knüpfen<br />
wir mit unserem Heft an. Assisi ist<br />
so mehr denn je eine Einladung<br />
für alle Menschen dieser Erde,<br />
gemeinsam an einer friedlichen<br />
Welt mitzubauen.<br />
Pax et Bonum<br />
Ihr<br />
Br. Augustinus Diekmann ofm<br />
Leiter der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
Titel: <strong>Franziskaner</strong> Br. Arvind Kerketta<br />
mit einem buddhistischen Mönch<br />
in Thailand. Interreligiöser <strong>Dialog</strong><br />
geschieht durch Worte – und vor<br />
allem auch durch Taten.<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Die Botschaft von Assisi<br />
Christen wollen Werkzeuge des Friedens sein<br />
Für eine gute Zukunft aller Menschen auf der Welt: Friedensgebet 1986 in Assisi<br />
An die Adresse von 60 christlichen<br />
Kirchen, kirchlichen Gemeinschaften<br />
und Weltreligionen gerichtet, vermittelt<br />
uns die Rede von Papst Johannes<br />
Paul II. beim ersten großen ökumenischen<br />
Friedensgebet im Jahr 1986<br />
eine klare Vorstellung von dem wahren<br />
Geist von Assisi. Er sagte damals:<br />
»Zum ersten Mal in der<br />
Geschichte sind wir zusammengekommen,<br />
um – jede und jeder<br />
auf seine Weise – an jenem Ort zu<br />
Zeugen des Friedens zu werden,<br />
an dem der heilige Franziskus<br />
uns ein Beispiel hierfür gegeben<br />
hat ... Allein die Tatsache, dass<br />
wir aus verschiedenen Teilen der<br />
Welt nach Assisi gekommen sind,<br />
ist schon ein Zeichen für den<br />
gemeinsamen Weg, auf den die<br />
Menschheit gerufen ist. Entweder<br />
wir lernen, in Frieden und Harmonie<br />
zusammenzugehen, oder wir<br />
treiben auseinander und ruinieren<br />
uns selbst und die anderen.«<br />
Was war der Auslöser für dieses<br />
historische Ereignis Was hat<br />
Johannes Paul II. dazu bewogen,<br />
ausgerechnet Assisi für dieses<br />
Treffen zu wählen Was genau<br />
geschah während der Veranstaltung<br />
Was hat sich seitdem in<br />
Sachen Frieden getan Was ist<br />
von dem kommenden Treffen<br />
am 27. Oktober 2011 zu erwarten<br />
Und was hat das alles mit<br />
unserem eigenen Leben zu tun<br />
Lassen Sie uns diese Fragen kurz<br />
im Licht des Evangeliums und<br />
des franziskanischen Auftrags<br />
beantworten.<br />
Beweggründe<br />
Vielleicht waren es vier Gründe,<br />
die Johannes Paul II. dazu geführt<br />
haben, zu dem Treffen 1986 in<br />
Assisi einzuladen: 1. die aktuelle<br />
gewaltsame Zerrissenheit der<br />
Welt, 2. der prophetische Appell<br />
zu Frieden und Versöhnung des<br />
Zweiten Vatikanischen Konzils,<br />
3. das prophetische Zeugnis des<br />
heiligen Franziskus und 4. das<br />
Wirken des Heiligen Geistes.<br />
Vorgeschichte<br />
In der Zeit vor besagtem Oktober<br />
1986 erlebte der Papst eine Welt,<br />
die von kultureller, religiöser,<br />
politischer und wirtschaftlicher<br />
Gewalt heimgesucht wurde. In<br />
seinem eigenen Heimatland Polen<br />
erwachte die Freiheitsbewegung<br />
»Solidarität«, die gewaltsam<br />
unterdrückt wurde. Krieg und<br />
Gewalt herrschten in Nordirland,<br />
im Sudan, in Zentral- und Südafrika,<br />
auf den Philippinen, in<br />
Indien, Pakistan, Afghanistan,<br />
Tibet und anderswo auf der Welt.<br />
Eine steigende Anzahl nuklearer<br />
Tests führte Anfang und Mitte<br />
der 1980er Jahre zu Spannungen<br />
zwischen den Ost- und Westmächten.<br />
Der blutige Konflikt<br />
zwischen Israelis und Palästinensern<br />
ließ zahlreiche unschuldige<br />
Opfer beklagen. In Lateinamerika<br />
herrschte in vielen Ländern<br />
politische Gewalt, die Menschenrechte<br />
wurden mit Füßen getreten.<br />
Johannes Paul II. erlebte also<br />
eine Welt, die zielstrebig auf ihre<br />
Selbstzerstörung zusteuerte. In<br />
diesem Umfeld einer »Kultur des<br />
Todes« spielten auch die Religionen<br />
eine unrühmliche Rolle und<br />
waren weit davon entfernt, ein<br />
positives Beispiel abzugeben.<br />
Eine wichtige Inspirationsquelle<br />
für das Treffen war sicher<br />
auch das Zweite Vatikanische<br />
Konzil mit seinen Dokumenten<br />
über die Kirche in der Welt von<br />
heute, über ihr missionarisches<br />
Wirken und über ihr Verhältnis<br />
zu den anderen Konfessionen<br />
und Religionen. Diese Erklärungen<br />
ermutigten die Kirche<br />
voran zugehen in einer Welt, die<br />
ein Beispiel an Führung, Vision,<br />
Anteilnahme und Liebe brauchte.<br />
Auf all seinen Reisen ermutigte<br />
der Papst die Christen zu ökumenischem<br />
und interreligiösem<br />
<strong>Dialog</strong> und setzte auch selbst<br />
in diese Richtung ein Zeichen,<br />
indem er sich 1986 mit dem<br />
Dalai Lama und in den Jahren<br />
darauf auch mit muslimischen<br />
und hinduistischen Führern traf,<br />
um gemeinsam nach Wegen<br />
des Friedens zu suchen.<br />
<strong>Mission</strong> des Friedens<br />
Die dritte Inspirationsquelle für<br />
den Papst war Franz von Assisi.<br />
Diese prophetische Gestalt<br />
fordert die Welt bis heute dazu<br />
heraus, Heil(ung) und Versöhnung<br />
zu verwirklichen, selbst da,<br />
wo dies auf den ersten Blick völlig<br />
unmöglich erscheint. Franziskus<br />
wurde in einer Gesellschaft<br />
groß, in der ungerechte Herrschaftsstrukturen<br />
gewaltsam<br />
aufrecht erhalten wurden. Er<br />
selbst beteiligte sich an Akten der<br />
Gewalt, die andere Menschen das<br />
Leben kosteten, bis schließlich<br />
eine innere Krise zur radikalen<br />
Umkehr seines Lebenswandels<br />
führte. Diese Krise führte ihn zu<br />
der unerschütterlichen Überzeugung,<br />
dass die <strong>Mission</strong> der Kirche<br />
eine <strong>Mission</strong> des Friedens sei.<br />
»Pax et Bonum – Friede und Heil«<br />
war von nun an seine Devise,<br />
mit der er seine Mitmenschen<br />
begrüßte, mit der er seine Briefe<br />
unterzeichnete, vor allem aber:<br />
die er fortan durch sein Leben<br />
verwirklichte. Vor diesem Hintergrund<br />
ist auch sein Einsatz zu<br />
verstehen, mit dem er während<br />
des Fünften Kreuzzuges die<br />
beiden Vertreter der verfeindeten<br />
Lager, Sultan al-Malik al-Kamil auf<br />
muslimischer Seite und Erzbischof<br />
Pelagius auf christlicher Seite,<br />
dazu aufrief, »im Namen Gottes«<br />
das sinnlose Töten zu beenden<br />
und Frieden zu schließen.<br />
Wirken des Geist Gottes<br />
Die vierte Inspirationsquelle<br />
für Johannes Paul II. stellte der<br />
Heilige Geist dar. Als der Papst<br />
die 60 Vertreter von 32 christlichen<br />
Kirchen und kirchlichen<br />
Gemeinschaften sowie von<br />
28 nicht-christlichen Religionen<br />
einlud, den dringend notwendigen<br />
<strong>Dialog</strong> über Toleranz,<br />
Vergebung, Versöhnung und<br />
Frieden aufzunehmen, war<br />
sicher auch der Heilige Geist<br />
daran beteiligt, dass sich alle<br />
Religionsvertreter gemeinsam<br />
auf den Weg machten, Liebe<br />
gegen Hass zu säen, Vergebung<br />
gegen Verletzungen, Eintracht<br />
gegen Zwietracht. Zahlreiche<br />
kirchliche Basisgruppen haben<br />
in der Folgezeit dafür gesorgt,<br />
dass den Armen und Unterdrückten<br />
Recht verschafft wird, dass<br />
Notleidende Hilfe erhalten und<br />
dass die Schöpfung bewahrt<br />
wird. Auch ihr Engagement ist<br />
sicht bares Zeichen dafür, dass<br />
der Geist Gottes auch in der<br />
Welt von heute noch wirkt.<br />
Für uns Christen und für alle<br />
Andersgläubigen stellt es eine<br />
bleibende Herausforderung dar,<br />
gemeinsam für eine Welt zu<br />
sorgen, in der alle in Gerechtigkeit<br />
und Frieden leben können.<br />
Johannes Paul II. mahnte 1986:<br />
»Frieden ist eine Aufgabe von<br />
universaler Verantwortung. Er<br />
wird in den tausend kleinen<br />
Dingen unseres alltäglichen<br />
Lebens verwirklicht – oder<br />
verspielt.«<br />
Religion und Frieden<br />
1999 lud der Papst erneut<br />
200 Vertreter von 20 verschiedenen<br />
Religionsgemeinschaften<br />
ein, um gemeinsam für den<br />
Frieden zu beten und zu fasten.<br />
Die Worte, die er bei diesem<br />
Anlass sprach, gelten für alle, die<br />
sich als Kinder Gottes verstehen:<br />
»Religion darf niemals als Vorwand<br />
für einen Konflikt genutzt<br />
werden. Wo immer Religion zur<br />
Gewalt beiträgt, wird sie missbraucht.<br />
Religion und Frieden<br />
müssen eine unzertrennliche<br />
Einheit bilden.«<br />
Friedensarbeit<br />
Wir bereiten uns auf das<br />
25- jährige Jubiläum des historischen<br />
Treffens in Assisi vor,<br />
das wir am 27. Oktober dieses<br />
Jahres feiern werden. Im Hinblick<br />
auf dieses Ereignis hat<br />
auch Papst Benedikt XVI. alle<br />
Gläubigen dazu aufgerufen,<br />
durch ihr persönliches Leben<br />
Zeugnis für den Frieden abzulegen.<br />
Mögen wir alle, die wir<br />
uns dem Wort Gottes und der<br />
Botschaft von Assisi verpflichtet<br />
fühlen, zu Werkzeugen des<br />
Friedens werden. Auf diese Weise<br />
wollen wir dazu beitragen, dass<br />
das Reich Gottes durch gelebte<br />
Versöhnung in jedem einzelnen<br />
von uns und in allen Ländern<br />
dieser Welt Wirklichkeit wird.<br />
Michael Perry ofm<br />
Bruder Michael ist stellvertretender Leiter<br />
des <strong>Franziskaner</strong>ordens.<br />
4<br />
5
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Ein Haus, viele Wohnungen<br />
Religiöse Vielfalt und schöpferische Mitverantwortung<br />
Eine persönliche Grundüberzeugung<br />
stelle ich an den Anfang:<br />
Die Vielzahl der Religionen und<br />
Kulturen ist kein Unfall in Gottes<br />
Schöpfung, kein Zufall und auch<br />
keine Folge menschlicher Verirrungen.<br />
Sie muss etwas mit<br />
Gottes Schöpfungsplan selber zu<br />
tun haben. Am Anfang der Bibel<br />
(Genesis 1) heißt es doch bereits,<br />
dass aus Chaos und Durcheinander<br />
ein Kosmos, also eine Ordnung<br />
in Schönheit wurde. Könnte es<br />
vielleicht so sein, dass durch die<br />
gesamte Geschichte der Evolution<br />
von Kosmos, Welt und Kulturen<br />
dieser Schöpfungsakt durch alle<br />
Menschen, die das eine Haus der<br />
Schöpfung bewohnen, fortgeführt<br />
werden soll<br />
Nach dem Vorbild Jesu leben: Fußwaschung in der Jerusalemer Benediktinerabtei dormitio<br />
Ein Anknüpfungspunkt für ein<br />
solches Verständnis von Entwicklung<br />
und für eine Spiritualität<br />
schöpferischer Mitverantwortung<br />
liegt für mich in der Gotteserfahrung,<br />
die Paulus im Philipperbrief<br />
thematisiert und die auch<br />
bei Franziskus zentral war: Gott<br />
selber hebt in seinem Kommen<br />
in menschlicher » Knechtsgestalt«<br />
alle scheinbar absoluten »Differenzen«<br />
auf: Weil er selber arm<br />
wurde (Phil 2), ist er damals wie<br />
heute nicht der völlig Ferne und<br />
Fremde. Unter dem einen Herrn<br />
können Menschen Grenzen<br />
überschreiten, Geschwister sein,<br />
Beziehungen knüpfen und dem<br />
»Anderen« ohne Angst begegnen.<br />
Der Raum der Kirche ist nicht in<br />
erster Linie ein Gebäude oder ein<br />
hierar chisches Machtgefüge, sondern<br />
ein Raum der Begegnung,<br />
der Gastfreiheit, des <strong>Dialog</strong>s und<br />
der Solidarität. Sie muss offen bleiben<br />
für den prophetischen Geist<br />
Jesu, ein einziges Haus, aber mit<br />
vielen Wohnungen, in denen in<br />
vielstimmiger Weise das Bekenntnis<br />
abgelegt wird, dass Gott in der<br />
Geschichte »viele Male und auf<br />
vielerlei Weise« (Hebr 1,1) zu den<br />
Menschen gesprochen hat.<br />
Leben in Fülle<br />
Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit<br />
der Kirche Jesu Christi ist,<br />
dass sie die spirituelle Erfahrung<br />
der »Demut Gottes« (Franziskus)<br />
und seines Angebotes für Entwicklung<br />
und Leben für alle in<br />
die heutige Weltkirche und Weltgesellschaft<br />
zu übersetzen versteht:<br />
Durch die Selbstmitteilung<br />
Gottes in Jesus Christus und durch<br />
die Gegenwart seines Geistes ist<br />
doch kein elitärer und exklusiver<br />
Herrschaftsanspruch in die Welt<br />
gekommen, vielmehr ein Angebot<br />
von »Leben in Fülle« (1 Joh<br />
4,8 f), von Heil und Heilung und<br />
Befreiung für alle. Ich bin überzeugt,<br />
dass im heutigen globalen<br />
Weltkontext mit seinen zum Teil<br />
militanten Expansionstendenzen<br />
von Religionen und Konfessionen<br />
die Verheißung vom »Leben in<br />
Fülle für die Welt« unter den neutestamentlichen<br />
Definitionen von<br />
<strong>Mission</strong> die wichtigste ist. Sie ist<br />
inklusiv, nicht exklusiv, das heißt,<br />
sie grenzt nicht aus und bedroht<br />
nicht die Identität des Anderen.<br />
Sie lädt zur gemeinsamen Suche<br />
nach Wahrheit, Gerechtigkeit<br />
und Freiheit ein. Sie hat zum Ziel<br />
die universale Versöhnung und<br />
Vollendung alles Geschaffenen.<br />
Im <strong>Dialog</strong>, verstanden als hohe<br />
Sensibilität füreinander und als<br />
Weg gemeinsamer Weltgestaltung,<br />
werden neue Beziehungen<br />
unter den Menschen möglich,<br />
die auf der Grundlage der gleichen<br />
Würde vor Gott beruhen<br />
(vgl. Gal 3,28) und in denen,<br />
wenn auch vielleicht verschlüsselt<br />
und nicht immer eindeutig zu<br />
entziffern, eine neue Schöpfung<br />
beginnt (vgl. Röm 8).<br />
<strong>Mission</strong> heißt dienen, nicht herrschen: Pater Benedikt aus der Benediktinerabtei dormitio bei der Fußwaschung<br />
Das Fremde als Bereicherung<br />
Die Begegnung zwischen den<br />
Religionen und Kulturen hat eine<br />
bestimmte Form der Relativierung<br />
des eigenen Wertesystems<br />
zur Voraussetzung. Keineswegs<br />
der Grundüberzeugungen als<br />
solcher, aus denen ich zu leben<br />
versuche. Wohl aber muss ich<br />
mir der Begrenztheit bewusst<br />
bleiben, mit der ich sie verstehe,<br />
vor anderen bezeuge und anderen<br />
vermittle. Gott ist immer<br />
unendlich größer als unser Herz<br />
und unser Verstand. Deshalb<br />
bedarf es in der Begegnung mit<br />
dem »Anderen« einer ständigen<br />
Öffnung und Bereitschaft im<br />
Sinne eines Verzichtes auf unveränderliche<br />
eigene Vorverständnisse<br />
und einseitig vertretene<br />
Interessen und »letzte« Wahrheitsansprüche.<br />
Es bedarf angesichts<br />
der Differenzen, die unsere<br />
religiösen und kulturellen Welten<br />
kennzeichnen, vielmehr einer<br />
ständigen empathischen, das<br />
heißt einfühlsamen Annäherung,<br />
eines bestimmten Maßes<br />
an Sympathie und sensibler<br />
Aufmerksamkeit. Das ist und<br />
bleibt immer auch ein Wagnis.<br />
Es bleiben die Gefahren der<br />
Missverständnisse, der Manipulation,<br />
auch jener mancherorts<br />
anzutreffenden naiv trunkenen<br />
Begeisterung für Fremdes, das<br />
man sich, indem man es glorifiziert,<br />
umso unkritischer und<br />
im Grunde umso respektloser<br />
aneignen möchte. Denn eines<br />
bleibt festzuhalten: Sowohl im<br />
interkulturellen als erst recht im<br />
interreligiösen <strong>Dialog</strong> bleibt die<br />
»Differenz« eine Realität. Aber<br />
je mehr ich das »Eigene« kenne<br />
und liebe, desto besser kann ich<br />
das »Andere« ohne Angst nicht<br />
nur zulassen, sondern schätzen<br />
und aus ihm lernen. Dann ist<br />
Begegnung mit dem Fremden<br />
nicht Gefahr, sondern Bereicherung.<br />
Auch Pluralität und Pluralismus<br />
sind dann Ausdruck<br />
kreatürlicher, von Gott gewollter<br />
Vielheit und symphonischer<br />
Schönheit. Differenzen werden<br />
nicht länger als feindlich und<br />
abgrenzend, sondern als Einladung<br />
zur Begegnung erfahren.<br />
Die Spiritualität und Praxis eines<br />
solchen <strong>Dialog</strong>s würde unsere<br />
Kirche an Haupt und Gliedern<br />
erneuern und dem Frieden<br />
dienen.<br />
Hermann Schalück ofm<br />
Pater Hermann lebt als Autor im <strong>Franziskaner</strong>kloster<br />
München. Von 1991 bis 1997<br />
stand er dem <strong>Franziskaner</strong>orden als Generalminister<br />
vor. Von 1998 bis 2008 war er<br />
Präsident des Internationalen Katholischen<br />
<strong>Mission</strong>swerkes e. V. missio in Aachen.<br />
6<br />
7
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Keine Wortgefechte<br />
Franziskanisch-muslimische Integrationsarbeit<br />
Werte vermitteln und bewahren<br />
Die Jugendlichen selbst, die zu ihm<br />
kommen, sind sehr unterschiedlich religiös:<br />
Die einen sind fromm und gehen<br />
in die Moschee, die anderen weniger.<br />
Das spielt im Alltag der Einrichtung<br />
jedoch keine Rolle. Bruder Jürgen und<br />
seinen Mitstreitern geht es um Werte,<br />
für die auch Franziskus steht: um Werte<br />
wie Frieden, Gerechtigkeit, Toleranz<br />
und um die Bewahrung der Schöpfung.<br />
8<br />
Bruder Jürgen Neitzert<br />
Dass Jürgen Neitzert <strong>Franziskaner</strong> ist,<br />
spielt für die muslimischen Jugendlichen<br />
im sozialen Brennpunkt von<br />
Köln-Vingst eigentlich keine Rolle.<br />
Wenn sie den Religionsdialog wollen,<br />
können sie kommen und ihn fragen.<br />
Ansonsten hält sich Bruder Jürgen an<br />
die Regel des heiligen Franziskus: »Eine<br />
Art (für die Brüder) unter Muslimen<br />
anwesend zu sein besteht darin, dass<br />
sie weder Streitgespräche noch Wortgefechte<br />
beginnen, sondern ›um Gottes<br />
Willen jeder menschlichen Kreatur‹<br />
Untertan sind und bekennen, dass<br />
sie Christen sind«.<br />
Die Beschäftigung mit dem Islam<br />
ist für Bruder Jürgen in seinem<br />
franziskanischen Leben zur Berufung<br />
geworden. Ein Brief von<br />
Brüdern aus muslimischen Ländern<br />
an den weltweiten Orden<br />
hat ihn zu Beginn seines Ordenslebens<br />
damals berührt. Diese<br />
Brüder trafen sich 1982 in Assisi<br />
zu einer Konferenz, um über<br />
die Verpflichtung zum <strong>Dialog</strong><br />
mit der muslimischen Welt zu<br />
sprechen, die Franziskus seinen<br />
Brüdern aufgegeben hatte.<br />
Ergebnis dieser Konferenz war<br />
die Aufforderung an die Brüder<br />
des <strong>Franziskaner</strong> ordens, dieses<br />
Erbe ernst zu nehmen und in den<br />
aktiven <strong>Dialog</strong> mit dem Islam<br />
einzutreten. Mit der Gruppe für<br />
Gerechtigkeit und Frieden seiner<br />
<strong>Franziskaner</strong>provinz suchte Jürgen<br />
Neitzert damals das Gespräch<br />
mit musli mischen Studenten und<br />
organisierte im Rheinland die<br />
ersten interreligiösen Gespräche<br />
und die ersten interreligiösen<br />
Friedensgebete. Seitdem ist<br />
er dabei geblieben, studierte<br />
Islamwissenschaft und interkulturelle<br />
Pädagogik, lernte Türkisch<br />
und Arabisch.<br />
Brüderliche Hilfe<br />
bei der Integration<br />
Bei seiner Arbeit mit türkischen<br />
Jugendlichen im Kölner Jugendtreff<br />
Vingst geht es weniger um<br />
interkulturellen und interreligiösen<br />
<strong>Dialog</strong> als vielmehr um Integration.<br />
Dabei hilft es Bruder Jürgen, die<br />
religiösen und kulturellen Wurzeln<br />
seiner Jugendlichen gut zu kennen.<br />
Er kennt sich auch in ihrer Welt aus<br />
und ist so für sie wie ein großer<br />
Bruder, der sie ernst nimmt. Klar<br />
spricht er auch über Religion und<br />
über sein Leben als <strong>Franziskaner</strong>.<br />
Aber nur, wenn er explizit gefragt<br />
wird. Die Jugendlichen wissen,<br />
dass er aus Überzeugung Christ<br />
und <strong>Franziskaner</strong> ist: »Das wird respektiert<br />
– die Jugendlichen haben<br />
grundsätzlich großen Respekt vor<br />
Religiosität, sie haben keine Vorbehalte<br />
– und ich will ihnen ihre<br />
Religion auch nicht nehmen«,<br />
sagt Bruder Jürgen.<br />
Gemeinsam lernen, spielen, reisen<br />
»Wir möchten die muslimischen<br />
Jugendlichen, die zwischen zehn und<br />
28 Jahre alt sind und in der Mehrzahl<br />
türkische Wurzeln haben, in die Lage<br />
versetzen, ein aktives Leben in unserer<br />
offenen Gesellschaft zu führen: Unser<br />
Angebot hat etwas pfadfinderhaftes«,<br />
sagt Bruder Jürgen und lacht. Er<br />
berichtet, wie er und seine Mitstreiter,<br />
die muslimischen bzw. alevitischen<br />
Glaubens sind, schon seit den 1990er<br />
Jahren Hausaufgabenhilfe geben, Kurse<br />
und Veranstaltungen zur Prüfungs- und<br />
Bewerbungsvorbereitung anbieten,<br />
mit den Jugendlichen Sport machen,<br />
kochen oder Plan- und Rollenspiele<br />
veranstalten. Regelmäßig werden<br />
Fußballturniere angeboten, um auch<br />
die nationalen Gruppen im Stadtviertel,<br />
die in der Regel unter sich bleiben, in<br />
Kontakt zu bringen. Durch Gruppenreisen<br />
nach Berlin, Paris, Hamburg,<br />
Rom und Istanbul öffnet Bruder Jürgen<br />
den Jugendlichen den Horizont.<br />
Bruder Jürgen mit Mädchen aus dem Jugendtreff<br />
Bruder Jürgen mit Jungen aus dem Jugendtreff<br />
Angebote aus übergreifenden<br />
Kooperationen<br />
Auch mit städtischen Einrichtungen,<br />
den Dachorganisationen der Moscheegemeinden<br />
oder der katholischen<br />
Pfarrgemeinde hat der Jugendtreff<br />
guten Kontakt. Hier gibt es immer<br />
wieder Kooperationen, z.B. bei dem<br />
Angebot, kostenfrei Gabelstaplerführerscheine<br />
zu machen.<br />
Engagement über Landesgrenzen<br />
hinaus<br />
Doch Bruder Jürgens Engagement in<br />
Sachen Kultur- und Religionsdialog<br />
bezieht sich nicht nur auf die Arbeit<br />
mit Jugendlichen in Köln: Er gehört<br />
auch zu einer internationalen Gruppe<br />
von Brüdern, die regelmäßig im<br />
internationalen <strong>Franziskaner</strong>konvent<br />
in Istanbul leben. Darüber hinaus<br />
leitet er eine kleine Hilfsorganisation,<br />
die humanitäre Projekte in der Türkei<br />
unterstützt, und setzt sich immer<br />
wieder auch im politischen Bereich<br />
für Gerechtigkeit und Frieden ein.<br />
Vorbild sein im Sinne Franziskus<br />
In seiner Arbeit versucht Bruder Jürgen,<br />
die Regel des heiligen Franziskus tagtäglich<br />
umzusetzen: als Christ, der die<br />
Werte des Evangeliums lebt und der<br />
den Jugendlichen dadurch ein Vorbild<br />
im Sinne von Franziskus ist.<br />
Thomas Martin Schimmel<br />
leitet das Berliner Büro der <strong>Mission</strong>szentrale der<br />
<strong>Franziskaner</strong>.<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Last der Geschichte überwinden<br />
Interkonfessioneller <strong>Dialog</strong> in Süd- und Osteuropa<br />
Ökumenische Vesper der rumänisch orthodoxen Pfarrei Goldtal in Sibiu und der Franziskanischen Familie Rumäniens<br />
Die religiöse Wirklichkeit in Süd- und<br />
Osteuropa ist weitgehend geprägt von<br />
der Begegnung zwischen orthodoxen,<br />
unierten und katholischen Christen<br />
sowie dem Islam. Protestantische<br />
Kirchen gab es nur in Ungarn und<br />
Rumänien. Neuerdings entstehen hier<br />
allerdings Kleinkirchen meist amerikanischer<br />
Herkunft. <strong>Franziskaner</strong>innen<br />
und <strong>Franziskaner</strong> leben und arbeiten<br />
in allen Ländern zwischen Albanien<br />
und Sibirien. Aus dem Zusammenleben<br />
mit anderen Kirchen und dem Islam<br />
ergibt sich die Notwendigkeit eines<br />
oft schwierigen <strong>Dialog</strong>s.<br />
Die Welt der Orthodoxie<br />
Die Balkanhalbinsel und die ehemalige<br />
Sowjetunion sind geprägt<br />
von der Orthodoxie. Wer darunter<br />
eine einheitliche Kirche erwartet,<br />
irrt. Für die Struktur der orthodoxen<br />
Kirchen galt: »jedem Reich<br />
seine Kirchenleitung«. Daher sind<br />
die Patriarchen oder autokephalen,<br />
das heißt selbstbestimmenden<br />
Erzbischöfe und Metropoliten<br />
weitgehend unabhängig voneinander.<br />
Im <strong>Dialog</strong> mit den<br />
orthodoxen Kirchen stehen<br />
deshalb in jedem Land andere<br />
Gesprächspartner. Das eine Evangelium<br />
wuchs in vielen Köpfen<br />
und Herzen, die frohe Botschaft<br />
wird in vielen Sprachen und<br />
Traditionen verkündet.<br />
Vielfalt in der »Einheit«<br />
Ein Beispiel für die Vielgestaltigkeit<br />
der Orthodoxie ist die Ukraine.<br />
Schon vor der Zarenzeit gab es<br />
dort die russisch-orthodoxe-<br />
Kirche. Nach dem Zerfall der<br />
Sowjetunion machte sich ein<br />
Teil von Episkopat und Klerus<br />
selbstständig. Seither gibt<br />
es in der Ukraine neben der<br />
russisch-orthodoxen-Kirche<br />
des Moskauer Patriarchats die<br />
ukrainisch-orthodoxe-Kirche<br />
des Kiewer Patriarchats. Außerdem<br />
gibt es die ukrainischorthodoxe-Auslandskirche<br />
mit einem eigenen Oberhaupt.<br />
Es stehen den zwei<br />
katholischen Teilkirchen – der<br />
römisch-katholischen und der<br />
griechisch-katholischen-Kirche<br />
– auf orthodoxer Seite gleich<br />
drei Teilkirchen gegenüber,<br />
wenn es um Gespräche und<br />
Verhandlungen geht.<br />
Da es keine »Kirchensteuer«<br />
gibt, die den Unterhalt des<br />
Klerus und der kirchlichen<br />
Einrichtungen sichert, geht<br />
es in Verhandlungen auch um<br />
Besitz: um Kirchen, Pfarrhäuser,<br />
um wirtschaftlich nutzbare<br />
Gebäude und Gründe, also<br />
um Geld. Die Sorge für die<br />
Familien der Diözesanpriester<br />
der Ostkirchen (sie kennen ja<br />
keinen Zölibat) macht diese<br />
Fragen nicht einfacher.<br />
Die Last der Geschichte<br />
Das Gesprächsklima ist oft<br />
belastet durch die Geschichte.<br />
Bekannt ist die Situation in der<br />
Ukraine. Ursprünglich orthodoxe<br />
Pfarren und Diözesen im<br />
damals polnisch-litauischen Staat<br />
unterstellten sich in der Union<br />
von Brest (1596) dem Papst, um<br />
einen Brückenschlag zwischen<br />
Orthodoxie und katholischer<br />
Kirche zu versuchen. Später<br />
fiel diese Region an das Zarenreich.<br />
Die nunmehr »unierten«<br />
oder »griechisch-katholischen«<br />
Pfarren blieben bestehen, bis<br />
in der Sowjetunion die unierte<br />
Kirche verboten wurde. Alle<br />
Pfarrgemeinden und der<br />
gesamte Kirchenbesitz fielen an<br />
die russisch-orthodoxe-Kirche.<br />
Mit dem politischen Tauwetter<br />
(»Glasnost und Perestroika«,<br />
1987) forderten die unierten<br />
Christen ihren Besitz zurück,<br />
aber die Orthodoxie erinnerte<br />
daran, dass Pfarren und Kirchenbesitz<br />
vor 1596 orthodox gewesen<br />
waren. Seither gibt es ein<br />
Theatergruppe der Franziskanischen Familie Rumäniens<br />
Feilschen um diese Grund stücke<br />
und Gebäude, das den <strong>Dialog</strong><br />
zwischen den Kirchenleitungen,<br />
aber auch den <strong>Dialog</strong> in den<br />
lokalen Gemeinden belastet.<br />
Ähnlich wie in der Ukraine<br />
sind die Verhältnisse in Rumänien.<br />
Auch dort belastet die Frage<br />
des Besitzes von Kirchen die<br />
Gespräche zwischen römischen<br />
und unierten Katholiken und der<br />
orthodoxen Kirche.<br />
Ethnische Differenzen<br />
Oft wird der <strong>Dialog</strong> auch durch<br />
ethnische Fakten erschwert.<br />
Deutlich wird dies auf dem<br />
Balkan, zum Beispiel in Ungarn.<br />
Seit der Teilung des Landes<br />
nach dem Ersten Weltkrieg<br />
leben 1,4 Millionen mehrheitlich<br />
katholische Ungarn als Minderheit<br />
unter 23 Millionen mehrheitlich<br />
orthodoxen Christen auf<br />
rumänischem Staatsgebiet. Dies<br />
belastet die Gespräche zwischen<br />
den Kirchen bis heute. Denn die<br />
Grenzen von Volkszugehörigkeit<br />
und Religionsbekenntnis sind oft<br />
deckungsgleich. Ist das Verhältnis<br />
der beiden ethnischen Gruppen<br />
gespannt, wirkt sich dies auch<br />
auf den religiösen <strong>Dialog</strong> aus.<br />
Ähnlich ist die Situation in<br />
Bosnien: Seit Jahrhunderten stehen<br />
den orthodoxen Serben die<br />
katholischen Kroaten gegenüber.<br />
Beide suchten unter dem Druck<br />
der islamischen Osmanen einen<br />
Überlebensraum. Der Krieg, der<br />
zum Zerfall Jugoslawiens führte, ist<br />
nicht nur vor politischem, sondern<br />
auch vor religiösem Hintergrund<br />
zu sehen. Politik und Religion<br />
lassen sich kaum trennen. Der<br />
<strong>Dialog</strong> zwischen den Glaubensgemeinschaften<br />
ist daher immer<br />
noch schwierig.<br />
Sonderfall Albanien<br />
Das kommunistische Regime in<br />
Albanien wollte ab 1968 jede<br />
Religion auslöschen. Es galt:<br />
»Die Religion der Albaner ist das<br />
Albanertum«. Katholische und<br />
orthodoxe Priester sowie islamische<br />
Mullahs wurden verfolgt<br />
und ermordet. Die leidvolle<br />
Geschichte, der die drei Religionen<br />
bis zur Öffnung des Landes im Jahr<br />
1999 ausgesetzt waren, führte zu<br />
einem positiven und friedlichen<br />
Miteinander von Christen und<br />
Muslimen bis zum heutigen Tag.<br />
<strong>Dialog</strong> mit dem Islam<br />
Im Islam gibt es keine »Dogmen«.<br />
Als Glaubensbekenntnis genügt:<br />
»Allah ist der einzige Gott und<br />
Mohammed ist sein Prophet.«<br />
Daher ist auch ein interreligiöses<br />
Gespräch sehr schwierig. Hier<br />
bleibt fast nur der <strong>Dialog</strong> des<br />
Lebens. Ein respektvolles Miteinander<br />
ohne Gewalt führt auch zur<br />
Anerkennung der gottgegebenen<br />
Würde und damit zum einzigen<br />
Schöpfer aller Menschen.<br />
Antwort der <strong>Franziskaner</strong>innen<br />
und <strong>Franziskaner</strong><br />
Für die Schwestern und Brüder<br />
der Franziskanischen Familie sind<br />
Situation und Herausforderung<br />
an jedem Ort anders. Bei aller<br />
notwendigen Selbstbehauptung<br />
müssen sie den Auftrag des heiligen<br />
Franziskus beachten: »Wenn<br />
wir sehen oder hören, dass andere<br />
Böses tun und Böses reden, dann<br />
wollen wir Gutes tun und Gott<br />
loben.« Nur so ist ein <strong>Dialog</strong> der<br />
Religionen und Kulturen im Alltag<br />
möglich.<br />
Ulrich Zankanella ofm<br />
Pater Ulrich ist Leiter des in Wien ansässigen<br />
Werkes Franz hilft.<br />
10<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Kirche im Gegenwind<br />
Politischer Kurswechsel in Bolivien<br />
Zusammen leben und beten<br />
Interreligiöse Begegnung in Cochabamba – Bolivien<br />
Marienprozession in Copacabana: Die Bolivianer halten nicht viel von einer verkopften Theologie.<br />
Sie lieben ihre »Heiligen zum Anfassen«.<br />
Momentan ist Bolivien dabei,<br />
sich »neu zu gründen«. Viele<br />
Bolivianer sprechen vom<br />
» cambio«, vom totalen Wandel.<br />
Alles, was die Spanier mit ins<br />
Land gebracht haben und was<br />
seitdem dort gewachsen ist, gilt<br />
als Teil der Kolonisierung und<br />
daher endlich zu überwinden.<br />
Kirche und katholischer Glaube<br />
gehören dazu und müssen folglich<br />
ebenso abgeschafft werden.<br />
So jedenfalls ist es ständig<br />
vonseiten der Regierung unter<br />
Evo Morales zu hören. Die Sache<br />
ist ziemlich komplex und auch<br />
konfliktiv. Beleuchten wir einige<br />
der Aspekte etwas genauer.<br />
Seit dem interreligiösen Friedensgebet<br />
von Papst Johannes Paul II.<br />
mit Vertretern anderer Konfessionen<br />
und Religionen am 27. Oktober 1986<br />
in Assisi setzen Anhänger verschiedener<br />
Glaubensrichtungen diese<br />
Tradition in vielen Teilen der Welt<br />
fort. In Bolivien treffen sich seit 2003<br />
jeweils am Jahrestag verschiedene<br />
religiöse Gruppen, um zusammen zu<br />
sein und gemeinsam zu beten. Die<br />
bunt gemischte Teilnehmerschaft<br />
setzt sich zusammen aus Juden<br />
und Muslimen, Katholiken, Methodisten,<br />
Baptisten und Pfingstkirchlern,<br />
Anhängern des bolivianischen<br />
Aymara-Kultes, Buddhisten und<br />
Bahá’ís.<br />
Einander kennenlernen, zusammen beten: Verschiedene Religions- und Volksgruppen beteiligen sich<br />
an den Friedensgebeten in Cochabamba.<br />
12<br />
Seit etwa 30 Jahren gibt es eine starke<br />
indigene Bewegung. Viele Nichtregierungsorganisationen<br />
(NROs) haben<br />
landesweit daran gearbeitet, das Selbstbewusstsein<br />
der Indigenas zu heben,<br />
ihnen zur Anerkennung ihrer Würde zu<br />
verhelfen und sich hierzu selbst zu organisieren.<br />
Insbesondere auf dem Land,<br />
wo die indigene Bevölkerung lebt, sind<br />
und waren diese Bestrebungen fruchtbar.<br />
Dies ist gut und lobenswert, denn<br />
dass vieles hinsichtlich der indigenen<br />
Bevölkerung hier in Bolivien im Argen<br />
lag, steht außer Zweifel. Bis 1825 war<br />
Bolivien unter spanischer Herrschaft.<br />
Aber auch nach Ausrufung der Unabhängigkeit<br />
und der Republik wurde das<br />
Land bis vor kurzem weiter von den<br />
Weißen, also den Nachkommen der<br />
Spanier, beherrscht. Die indianische<br />
Bevölkerung wurde weiterhin ausgebeutet<br />
oder unterdrückt.<br />
Endlich ein Indianer<br />
Es war also eigentlich gut, dass sich<br />
zusammen mit der indigenen Bewegung<br />
auch ein Kurswechsel in der<br />
Politik abzeichnete. Das Problem war<br />
nur das Wie: Es bildete sich die Partei<br />
MAS (movimiento al socialismo), eine<br />
Bewegung zum Sozialismus hin. Vorbild<br />
war und ist das kommunistische<br />
Kuba. Freunde sind Hugo Chávez aus<br />
Venezuela, das politische System im<br />
Iran und das Gaddafi-Regime in Libyen.<br />
Mit Hilfe der NROs, der Gewerkschaften<br />
und der neuen linken Partei schaffte es<br />
Evo Morales, erster indigener Präsident<br />
zu werden. Dies wurde weltweit bewundert.<br />
Endlich ist ein Indianer Präsident<br />
von Bolivien! Dazu wurde eine große<br />
Feier an dem alten indianischen Kultort<br />
Tiwanaku mit seinem berühmten<br />
Sonnentor inszeniert, wo sich der<br />
neue Präsident von einem Inka-Priester<br />
segnen ließ. Die katholische Kirche war<br />
praktisch nicht präsent, und es gab<br />
auch keine christliche Vereidigung. Das<br />
Christen tum wird mit der Kolonisierung<br />
in Zusammenhang gebracht und ist<br />
nun unerwünscht.<br />
Heilige zum Anfassen<br />
Da zeigt sich das große Problem!<br />
Auf der einen Seite muss vieles aufgearbeitet<br />
werden, was nicht gut war<br />
in der Vergangenheit. Einheimische<br />
Kulturen, Religionen und Kulte wurden<br />
unterdrückt und gingen verloren. Die<br />
europäische Kultur und die katholische<br />
Religion wurden der einheimischen<br />
Bevölkerung teilweise aufgezwungen.<br />
Das hätte nicht sein dürfen. Andererseits<br />
wird der christliche Glaube heute<br />
von einem Großteil der Bolivianer von<br />
Herzen gelebt, und zwar auf eine ganz<br />
eigene, ganz und gar nicht europäische<br />
Weise. Die Bolivianer hatten es noch<br />
nie mit einem verkopften Glauben oder<br />
mit philosophischen-theologischen<br />
Reflexionen. Für sie sind die Heiligen<br />
wichtig, ganz konkrete Menschen<br />
»zum Anfassen«, die durch ihr Beispiel<br />
Wegweiser und Wegbegleiter sind zu<br />
Gott. Eine besondere Rolle spielt dabei<br />
die »Virgen«, die Mutter Gottes.<br />
Förderung des Indianischen<br />
Doch neuerdings hetzen amerikanische<br />
Sekten die Menschen gegen die<br />
Kirche auf. Sie sagen: Marienverehrung<br />
ist Götzendienst, der Papst ist der<br />
Antichrist. Durch ihre Höllenpredigten<br />
und die Verbreitung von Weltuntergangsstimmung<br />
stellen sie die sozialen<br />
kirchlichen Projekte in Frage und lassen<br />
die Menschen glauben, ihr Engagement<br />
auf dieser Welt habe keinen Sinn.<br />
Auf dieser Basis sind Ökumene und<br />
interreligiöser <strong>Dialog</strong> schwierig. Trotzdem<br />
müssen wir versuchen, so gut<br />
wie möglich miteinander im Gespräch<br />
zu bleiben. Vor allem die wichtigen<br />
Anliegen der indianischen Religionen<br />
in Bezug auf die Schöpfung müssen<br />
wir sehen und fördern.<br />
Reinald Brumberger ofm<br />
Pater Reinald ist <strong>Mission</strong>ar in Bolivien.<br />
Wir feiern diese interreligiöse Begegnung<br />
nicht allein, um des Weltereignisses<br />
vor 25 Jahren in Assisi zu gedenken,<br />
sondern um einander heute im<br />
<strong>Dialog</strong>, bei Meditation und Gebet<br />
geschwisterlich näherzukommen. Alle<br />
Beteiligten lernen einander bei diesen<br />
Treffen auf der persönlichen Ebene<br />
besser kennen. Wir erleben dabei aber<br />
auch, wie verschieden unterschiedliche<br />
Religionen und Konfessionen ihren<br />
Glauben ausdrücken. Diese Vielfalt wird<br />
als Bereicherung erfahren und bestärkt<br />
uns darin, einander als Schwestern und<br />
Brüder anzunehmen. Bei aller Unterschiedlichkeit<br />
wollen wir zusammen den<br />
gleichen Weg gehen und träumen den<br />
gemeinsamen Traum von einer gerechten,<br />
solidarischen und brüderlichen<br />
Welt, an deren Verwirklichung wir mit<br />
vereinten Kräften mitarbeiten wollen.<br />
Bei den interreligiösen Treffen<br />
herrscht ein großer Respekt vor<br />
den jeweils anderen Glaubensüberzeugungen.<br />
Das ist zu spüren, wenn<br />
die Vertreter einer Glaubensgruppe ihre<br />
Religion vorstellen und mit Lesungen<br />
und Gebetstexten zu <strong>Dialog</strong> und<br />
Meditation einladen.<br />
Wege der Nächstenliebe<br />
Eines der vergangenen Treffen stand<br />
unter dem Motto: »die goldene Regel«.<br />
Dabei entdeckte ich, dass dieser<br />
Grundsatz auch in anderen Religionen<br />
eine wichtige Rolle spielt. Jesus fordert:<br />
»Alles, was Ihr von anderen erwartet,<br />
das tut auch Ihnen!« (Mt 7,12 ) Buddha<br />
zieht den Umkehrschluss: »Behandle<br />
andere nicht in der Art, die Du selbst<br />
als verletzend empfinden würdest.«<br />
Mohammed hält fest: »Ihr glaubt<br />
erst dann richtig, wenn Ihr anderen<br />
das wünscht, was Ihr für Euch selbst<br />
ersehnt.« Und Bahá’u’lláh, Stifter der<br />
Bahá’í-Religion, sagt: »Gesegnet, wer<br />
seinen Bruder mehr liebt als sich selbst.«<br />
All den genannten Religionen ist gemeinsam,<br />
dass sie das Gebot der Nächstenliebe<br />
nicht auf menschliches Ermessen<br />
zurückführen, sondern in ihrem Glauben<br />
verankert sehen. Das heißt: Der Weg<br />
der Nächstenliebe ist ein Weg zu Gott.<br />
Musik und Gebet<br />
Einen wichtigen Beitrag zur Einheit im<br />
Gebet leistet auch die Musik. Sie spricht<br />
von Herz zu Herz und sagt oft mehr als<br />
tausend Worte. Deswegen freuen wir<br />
uns, dass eine Jugendgruppe mit ihrer<br />
musikalischen Gestaltung in den vergangenen<br />
Jahren stets für Höhepunkte<br />
des Programms sorgte und dadurch<br />
einen wichtigen Beitrag zur Einheit im<br />
Gebet leistete.<br />
Während unserer Treffen sprechen<br />
wir Gebete, die etwa folgendermaßen<br />
lauten:<br />
»Gütiger Vater, der Du Dich mit dem<br />
Frieden identifizierst und alle vereinigst,<br />
die sich voneinander distanziert haben,<br />
einer vom anderen.<br />
Mach uns zu Instrumenten von Einheit<br />
und Frieden und mit den Mitteln, die Du<br />
wünschst. Du bist die vollkommene Liebe.<br />
Lass uns den Weg finden, der zur Einheit<br />
und zum Frieden führt; im Gehorsam zu<br />
Deiner Liebe und Wahrheit.«<br />
Mit dem franziskanischen Friedensgruß<br />
»Paz y Bien« (»Friede und Heil«) lassen wir<br />
unser Gebet ausklingen. Anschließend halten<br />
wir gemeinsam Mahl mit dem, was die<br />
einzelnen Gruppen als Zeichen der Solidarität<br />
mitgebracht haben. Mittlerweile sind<br />
die rund 200 Frauen und Männer, die so im<br />
Durchschnitt mitmachen, gute Freunde,<br />
und wir freuen uns, wenn wir uns auch im<br />
Alltag hier und dort begegnen.<br />
Und wenn die Franziskanische Familie<br />
einen Friedensmarsch am Portiunkula-Tag<br />
durch die Stadt Cochabamba macht, sind<br />
die anderen auch alle mit dabei, ebenso<br />
wie wir bei der ökumenischen Gebetswoche<br />
alle da sind. Ein schönes Zeichen<br />
der Hoffnung!<br />
Michael Brems ofm<br />
Pater Michael ist <strong>Franziskaner</strong>missionar und war der<br />
erste Provinzial der 1984 gegründeten bolivianischen<br />
<strong>Franziskaner</strong>provinz.<br />
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
14<br />
»Verrückt, dieses Deutschland!«<br />
Was Bolivianer und Deutsche voneinander lernen können<br />
Philipp Bolik, 19, stammt aus<br />
Germering bei München. Nach<br />
seinem Abitur hat er ein Jahr in der<br />
bolivianischen Kleinstadt Concepción<br />
verbracht und dort im Rahmen des<br />
»weltwärts«-Freiwilligendienstes bei<br />
den <strong>Franziskaner</strong>n mitgearbeitet.<br />
Seine Hauptaufgaben bestanden<br />
darin, die Partnerschaft zwischen der<br />
Katholischen Landjugendbewegung<br />
in Bayern und der Jugend in Bolivien<br />
zu vertiefen sowie die Jugendlichen<br />
von Concepción an den Umgang<br />
mit dem Computer heranzuführen.<br />
Dazu gehörte die Einrichtung eines<br />
Internetcafés und eines Jugendkinos.<br />
Auszüge aus Briefen, die er während<br />
dieser Zeit nach Hause geschrieben<br />
hat, spiegeln seine Erfahrung wider,<br />
dass beide Kulturen, die deutsche und<br />
die bolivianische, ihre Faszination<br />
haben – und dass die Menschen aus<br />
beiden Teilen der Welt voneinander<br />
lernen können.<br />
Einige Monate nach meiner<br />
Ankunft in Bolivien habe ich<br />
bereits einige Erfahrungen<br />
gesammelt und fühle mich der<br />
ganzen südamerikanischen Kultur<br />
gar nicht mehr so fremd. Die<br />
schlimmsten »Durststrecken«<br />
waren bisher immer mit einer<br />
Krankheit verbunden. Wenn<br />
man körperlich in schlechter<br />
Verfassung ist, hat man oftmals<br />
auch keinen Nerv für die<br />
»Macken« der anderen. Und<br />
die fallen einem neben den<br />
faszinierenden Seiten an einer<br />
anderen Kultur eben auch auf.<br />
Zurzeit bin ich intensiv mit der<br />
Vorbereitung für den Austausch<br />
zwischen der Katholischen Landjugendbewegung<br />
in Bayern und<br />
acht Jugendlichen aus Bolivien<br />
beschäftigt.<br />
Neulich hatten wir das erste<br />
Vorbereitungsseminar hier in<br />
Concepción. Wir haben dabei<br />
über Deutschland, Bolivien und<br />
die kulturellen Unterschiede<br />
zwischen beiden Ländern<br />
»In Deutschland ist man pünktlich«: Mauro, der die Neuigkeiten der Pfarrei übers Radio in die abgelegenen<br />
Dörfer sendet, war beim Weltjugendtag in Köln dabei und fand damals so manches seltsam.<br />
gesprochen, und ich habe dabei<br />
meinen bolivianischen Freunden<br />
die ersten Grundkenntnisse in<br />
Deutsch vermittelt. Lucas kann<br />
jetzt schon recht gut »Verzeihung<br />
bite wo is das Badd« sagen.<br />
Abends werde ich mittlerweile<br />
immer mit einem freundlichen<br />
»Gute Nackt« verabschiedet.<br />
Typisch deutsch!<br />
Als wir über Deutschland<br />
gesprochen haben, erfuhr ich,<br />
was die Teilnehmer des Seminars<br />
mit Deutschland verbinden.<br />
Eine kleine Auswahl: viele Autos,<br />
entwickelte, supergroße, wunderbare<br />
Städte, viele Einwohner,<br />
attraktive Deutsche (), Leute<br />
mit goldenem Haar und heller<br />
Haut.<br />
Mauro, der Mann von<br />
unserem Gemeinde-Radio, der<br />
fast alles kann und der schon<br />
beim Weltjugendtag 2005 in<br />
Köln mit von der Partie war, hat<br />
uns dann noch seine Eindrücke<br />
von Deutschland geschildert.<br />
Er meinte, die Deutschen seien<br />
direkter, unabhängiger, solidarischer,<br />
ordentlicher, systematischer,<br />
strikter, aber auch<br />
einsamer. Er fand es höchst<br />
befremdlich, dass er ein paar<br />
Stunden allein in einem Haus<br />
war. Ohne Kinder, ohne Großmutti,<br />
ohne Frau, die die Wäsche<br />
wäscht und kocht, ohne Hunde,<br />
ohne Hühner …<br />
In Deutschland kann man<br />
dem Busfahrer auch nicht einfach<br />
sagen, wo er anhalten soll, sondern<br />
es gibt feste Bushaltestellen.<br />
Verrückt, dieses Deutschland.<br />
Als Hauptratschlag gab Mauro<br />
den anderen mit auf den Weg,<br />
jetzt schon mal anzufangen, ihre<br />
Pünktlichkeit zu »trainieren« …<br />
Absage mit einem Lächeln<br />
Ich fühle mich sehr wohl hier,<br />
aber manchmal ärgere ich mich<br />
auch. Zum Beispiel, wenn ich<br />
daran denke, dass ich vor vier<br />
Monaten einen Fußschemel zum<br />
Gitarre spielen bestellt habe.<br />
Jeden Tag bin ich in die Werkstätten<br />
gegangen, um nach dem<br />
Fortschritt zu fragen, und mir<br />
wurde jeden Tag mit einem großen<br />
»Hola Felipe! Cómo estás«<br />
(»Hallo Philipp, wie geht’s«) und<br />
einem breiten Lächeln gesagt, ich<br />
solle am nächsten Tag wiederkommen.<br />
Nach zwei Wochen hab<br />
ich’s aufgegeben. Jetzt dienen<br />
mir eine Bibel und ein Stück Holz<br />
dazu, meinen Fuß zu stützen. Auf<br />
ein Schachspiel warte ich auch<br />
schon zwei Monate.<br />
Warum machen das die<br />
Bolivianer Warum sagen sie<br />
nicht einfach: »Für deine lustigen<br />
Ideen mit Fußschemel und<br />
Schachspiel haben wir einfach<br />
keine Zeit oder Lust.« Ich glaube,<br />
es liegt daran: Für Bolivianer<br />
bedeutet eine direkte Absage<br />
einen herben Gesichtsverlust für<br />
den Bittsteller. Dieses Aufschieben<br />
beziehungsweise diese Form der<br />
indirekten Absage (»otro día« –<br />
»ein andermal« oder »mañana«<br />
– »morgen«) dient dazu, dem<br />
anderen seinen Respekt zu erweisen<br />
und die Harmonie nicht zu<br />
gefährden. Für Deutsche ist das<br />
eher befremdlich, sie sind direkter<br />
und formulieren ihre Anliegen<br />
offener. Aber mittlerweile komme<br />
ich mit dieser Art ganz gut klar.<br />
Man muss es einfach wissen.<br />
Was wir voneinander<br />
lernen können<br />
Faszinierend finde ich: Die<br />
Bolivianer aus dem Tiefland sind<br />
immer entspannt. Sie genießen<br />
den Moment. Zeit ist hier nicht<br />
Geld, sondern einfach da, und an<br />
morgen wird erst über morgen<br />
gedacht. Die Menschen hier<br />
leben einfach und glücklich,<br />
obwohl sie sehr arm sind. Ich<br />
frage mich deshalb: Können<br />
Mittelseite<br />
»Der eine Geist und die Vielfalt der Religionen«<br />
war das Thema einer Indienreise,<br />
die Pater Francis Kaviyil von der <strong>Mission</strong>szentrale<br />
der <strong>Franziskaner</strong> in Bonn Anfang<br />
des Jahres 2011 mit einer Pilgergruppe aus<br />
Deutschland durchgeführt hat. Es kam zu<br />
vielfältigen interkulturellen Begegnungen<br />
wir Europäer nicht ganz viel von<br />
ihnen lernen Es gibt zwar einige<br />
Lebensbereiche, die in Deutschland<br />
ganz klar weiter entwickelt<br />
sind: das Gesundheitswesen, die<br />
Art der Ernährung, die Bildung,<br />
die Infrastruktur, das politische<br />
System und die Wirtschaft. Aber<br />
was das Wir-Gefühl angeht, der<br />
Zusammenhalt in den Familien,<br />
die Gelassenheit in allen<br />
Lebenslagen oder der gelebte<br />
Glaube im Alltag: Hier könnten<br />
wir Nordeuropäer sicher ganz<br />
viel »Entwicklungshilfe« von den<br />
Lateinamerikanern brauchen.<br />
Ich bin mir sicher, dass der<br />
Austausch von deutschen und<br />
bolivianischen Jugendlichen<br />
beim Weltjugendtag in Madrid<br />
eine wertvolle Erfahrung für<br />
beide Parteien wird und dass<br />
wir Deutschen genauso viel<br />
von den Bolivianern wie diese<br />
von uns lernen können.<br />
Philipp Bolik<br />
Philipp Bolik ist Ende Juli 2011 von seinem<br />
einjährigen »weltwärts«-Freiwilligendienst<br />
bei den <strong>Franziskaner</strong>n in Concepción,<br />
Bolivien, zurückgekehrt. Ab dem kommen<br />
den Wintersemester wird er an der<br />
TU München Bauingenieurwesen studieren.<br />
»Verzeihung bite wo is das Badd« – Deutschunterricht mit Philipp Bolik<br />
Jugendliche im neu eingerichteten Internetcafé von Concepción<br />
zwischen der deutschen Reisegruppe und<br />
der indischen Bevölkerung. Auch ein interreligiöses<br />
Podiumsgespräch in Neu Delhi<br />
stand auf dem Programm. Eine ähnliche Reise<br />
ist vom 5. Januar bis 27. Januar 2012 geplant.<br />
Nähere Informationen bei P. Francis unter<br />
Tel. 02 28/9 53 54 31. >><br />
15
Ökumenisches<br />
Friedensgebet 2011<br />
Guter Gott,<br />
hilf uns Menschen in aller Welt,<br />
neue Wege zu finden,<br />
um eine Welt der Gerechtigkeit<br />
aufzubauen, eine<br />
Welt ohne Rassismus, ohne<br />
Gewalt und ohne Krieg.<br />
Hilf uns, eine Welt aufzubauen,<br />
in der Kinder Zugang<br />
zu Wasser haben und zur<br />
Schule gehen können.<br />
Hilf uns, eine Welt aufzubauen,<br />
in der die Kinder<br />
Zugang finden zu Bildung<br />
und genug zu essen haben,<br />
ohne auf der Straße betteln<br />
zu müssen, am Busbahnhof<br />
oder an den Schienen, vor<br />
den Moscheen, den Kirchen<br />
und Synagogen.<br />
Guter Gott,<br />
hilf uns Menschen in aller Welt,<br />
neue Wege zu finden, um<br />
eine Welt ohne Tränen<br />
aufzubauen, eine Welt<br />
ohne Hunger, ohne Durst,<br />
eine Welt des Friedens.<br />
Du schenkst uns überall<br />
auf der Welt die Kraft,<br />
neue Wege zu finden:<br />
Mit dir überwinden wir<br />
Unterschiede, die keine<br />
Bedrohung mehr sind.<br />
Mit dir nehmen wir uns<br />
gegenseitig ohne Vorbehalte<br />
an. Und Hand in Hand<br />
gehen wir voran ohne Angst.<br />
Wir schenken ein Lächeln,<br />
ein Augenzwinkern,<br />
einen Händedruck.<br />
Guter Gott,<br />
hilf uns Menschen in aller Welt,<br />
neue Wege zu finden,<br />
um eine Welt aufzubauen,<br />
in der alle Frieden finden.<br />
Amen.<br />
aus dem Senegal<br />
Quelle: missio
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Japaner in Brasilien<br />
Gegenseitige Wertschätzung zweier Kulturen<br />
<strong>Franziskaner</strong> in Marokko<br />
Leben unter Muslimen<br />
18<br />
Shintoistenpriesterin bei einem japanischen Fest in<br />
Curitiba, Paraná, Brasilien<br />
Vor 100 Jahren kamen die ersten<br />
Japaner nach Brasilien: auf der Suche<br />
nach Arbeit und einer neuen Heimat.<br />
Gut die Hälfte von ihnen ließ sich<br />
taufen, so dass es heute in Brasilien<br />
mehr katholische Japaner gibt als in<br />
Japan selbst. Wenn viele von ihnen<br />
nun auf der Suche nach Arbeit die<br />
Reise in die umgekehrte Richtung<br />
antreten, bringen sie ihren Glauben<br />
mit nach Japan. Und prägen dort das<br />
Gesicht der Kirche.<br />
Als <strong>Franziskaner</strong> stehe ich<br />
zusammen mit meinen Mitbrüdern<br />
natürlich ganz besonders<br />
in dieser Tradition. Mein Leben<br />
und Wirken ist von der täglichen<br />
Begegnung mit Menschen<br />
aus einem anderen Kulturkreis<br />
geprägt. Ich bin in der brasilianischen<br />
Japaner-Seelsorge tätig,<br />
einem gemeinnützigen Verein, der<br />
es sich zur Aufgabe gemacht hat,<br />
Japanern und japanisch-stämmigen<br />
Brasilianern zur Seite zu stehen.<br />
Priester, Ordensleute und Laien<br />
verrichten ihren Dienst in diesem<br />
Verein Hand in Hand.<br />
Wertschätzen und<br />
geschätzt werden<br />
Es gibt viele Japaner in Brasilien. Die<br />
ersten kamen am 18. Juni 1908 hier<br />
an, inzwischen leben rund anderthalb<br />
Millionen Menschen aus Japan<br />
oder mit japanischen Vorfahren in<br />
unserem Land. Mehr als die Hälfte<br />
von ihnen ist getauft, so dass es jetzt<br />
mehr katholische Japaner in Brasilien<br />
gibt als in Japan. In Japan selbst sind<br />
es nämlich nur gut 400.000.<br />
Die Japaner leisten einen wichtigen<br />
Beitrag zur brasilianischen<br />
Gesellschaft. Sie sind ein Vorbild an<br />
Fleiß, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit.<br />
Ihr Lebensstil unterscheidet sich<br />
von dem brasilianischen in vielerlei<br />
Hinsicht: intellektuell und kulturell<br />
ebenso wie in Bezug auf Kunst und<br />
Politik. Die Japaner schätzen ihr<br />
Leben in Brasilien sehr – und werden<br />
auch von den Brasilianern sehr<br />
geschätzt.<br />
Gegenseitiger Respekt<br />
In Brasilien sind 29 Priester in der<br />
Seelsorge für die japanischstämmige<br />
Bevölkerung tätig. Einige der Seelsorger<br />
haben selbst japanische<br />
Vorfahren, andere sind Brasilianer,<br />
und ein Franzose ist auch mit<br />
dabei. Außerdem unterstützen<br />
uns 94 Ordensschwestern.<br />
Es gibt auch viele Brasilianer, die<br />
nach Japan gehen, um dort Geld zu<br />
verdienen, die sogenannten »Dekasseguis«.<br />
Diese in Brasilien übliche<br />
Bezeichnung leitet sich aus den beiden<br />
japanischen Verben »deru« und<br />
»kassegu« ab und bedeutet soviel<br />
wie »weit von zu Hause weggehen,<br />
um zu arbeiten«. Sie werden in Japan<br />
von elf brasilianischen Priestern und<br />
einigen Ordensschwestern begleitet.<br />
Das japanische Stadtviertel Liberdade in São Paulo<br />
Viele Japaner pflegen auch hier in<br />
Brasilien weiter ihre religiösen Bräuche.<br />
Sie sagen: »Japaner in Japan sind<br />
Buddhisten, Japaner in Brasilien: Katholiken.«<br />
In unserem Land werden die<br />
verschiedenen Religionen und Konfessionen<br />
in stillschweigendem gegenseitigen<br />
Respekt praktiziert, und man<br />
tut viele Dinge gemeinsam. Wir haben<br />
zum Beispiel alle den 100. Geburtstag<br />
der Ankunft der ersten Japaner<br />
in Brasilien gefeiert, und überhaupt<br />
sind Feste aller Art immer eine gute<br />
Gelegenheit zur Begegnung.<br />
Alécio Broering ofm<br />
Bruder Alécio ist Mitglied der brasilianischen<br />
<strong>Franziskaner</strong>provinz. Er hat drei Jahre in Japan<br />
studiert und war 20 Jahre Präsident der brasilianischen<br />
Japaner-Seelsorge.<br />
Japanplatz in Curitiba, Paraná, Brasilien<br />
Schule für Kinder mit Down-Syndrom<br />
Der <strong>Dialog</strong> mit den Muslimen<br />
gehört zum franziskanischen<br />
Charisma, zum franziskanischen<br />
Auftrag. Die Wurzel dieser guten<br />
Tradition liegt in der Begegnung<br />
zwischen dem Sultan und Franziskus<br />
im Jahr 1219, der daraufhin<br />
einige seiner Mitbrüder nach<br />
Marokko schickte, um dort mit den<br />
Muslimen zu leben. Dass Franziskus<br />
dies nicht als vorübergehenden,<br />
sondern als dauerhaften Auftrag<br />
ansah, lässt sich aus der Tatsache<br />
schließen, dass er ganz konkrete<br />
Kriterien dafür festlegte, wie das<br />
Leben seiner Mitbrüder in einer<br />
muslimischen Umwelt aussehen<br />
sollte.<br />
<strong>Dialog</strong> als Auftrag der Kirche<br />
Welche Bedeutung dem interreligiösen<br />
<strong>Dialog</strong> in der jüngeren Geschichte<br />
beigemessen wird, zeigen neben den<br />
Dokumenten des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils die Antrittsenzyklika<br />
»Ecclesiam Suam« von Papst Paul VI.<br />
aus dem Jahr 1964 sowie das Friedensgebet<br />
1986 von Papst Johannes Paul II.<br />
mit Vertretern der Weltreligionen in<br />
Assisi. Der interreligiöse <strong>Dialog</strong> muss als<br />
eins der größten Anliegen der Kirche<br />
angesehen werden. Es ist wichtig, dass<br />
sich Vertreter verschiedener Religionen<br />
und Konfessionen über wichtige Fragen<br />
von Glaube und Gesellschaft ausein-<br />
andersetzen – und dass sie ihr gemeinsames<br />
Streben nach einem guten, friedlichen,<br />
solidarischen Leben für alle auch<br />
im gemeinsamen Gebet zum Ausdruck<br />
bringen. Dass als Ort für dieses Treffen<br />
Assisi gewählt wurde, unterstreicht die<br />
Bedeutung von Franziskus und seinen<br />
Ordensbrüdern als Friedensapostel.<br />
Glaubhaft Zeugnis ablegen<br />
Die franziskanische <strong>Mission</strong> in Marokko<br />
ist dem Geist von Assisi ganz dicht auf<br />
der Spur. Kürzlich hat sie noch einmal<br />
ganz neue Aktualität erlangt. Die Enzyk<br />
lika »Redemptoris Missio« (RM 55-77)<br />
und das Dokument »<strong>Dialog</strong> und Verkündigung«<br />
unterstreichen das Gewicht<br />
des interreligiösen <strong>Dialog</strong>s in der Sendung<br />
der Kirche als »Weg in Richtung<br />
Reich Gottes«. Es ist manchmal ein<br />
schwieriger Weg, wie auch im Falle der<br />
<strong>Mission</strong> in Marokko. Aber es ist »der<br />
einzige Weg, glaubhaft Zeugnis abzulegen<br />
für Christus und einen großen<br />
Dienst an den Menschen zu vollbringen«<br />
(RM 57). Die <strong>Mission</strong> in Marokko<br />
ist eine vielleicht kleine, aber doch<br />
reale Brücke zwischen Christentum und<br />
Islam, zwischen Katholiken und Muslimen,<br />
zwischen Orient und Okzident.<br />
Das Evangelium<br />
ins Leben übersetzen<br />
<strong>Franziskaner</strong> versuchen, unter den Menschen,<br />
die dem Islam folgen, lebendiges<br />
Evangelium zu sein. Seit den Tagen<br />
des heiligen Franziskus besteht ihre<br />
Sendung darin, dem Evangelium Leben<br />
zu verleihen: durch ihr Da- und Mitsein<br />
für die Menschen, durch ihr Tun, durch<br />
ihre Predigt.<br />
Die <strong>Mission</strong> in Marokko beruht auf<br />
einem für die Mitmenschen geöffneten<br />
Herzen. Sie beruht auf einem von<br />
Respekt und Liebe geprägten Gebet,<br />
das vom Leben übersetzt wird. Und sie<br />
beruht auf einem <strong>Dialog</strong>, der auf einem<br />
tiefen Glauben basiert.<br />
Normalerweise äußern sich all<br />
diese Aufgaben nicht auf glänzende,<br />
besonders hervorstechende Weise.<br />
Meistens besteht die Herausforderung<br />
darin, einen ganz bescheidenen Dienst<br />
zu leisten an Menschen, die beherbergt<br />
werden möchten, die jemanden<br />
suchen, der ihnen zuhört oder der sie<br />
begleitet.<br />
Durch ihre Art, unter Muslimen<br />
zu leben, machen die <strong>Franziskaner</strong><br />
die lebendige Gegenwart Christi und<br />
seiner Kirche sichtbar. Daher ist die<br />
<strong>Mission</strong> in Marokko vor allem für die<br />
Armen da. Arm sind die Menschen, die<br />
von der <strong>Mission</strong> profitieren, und arm<br />
sind in der Regel auch die, zu denen<br />
die <strong>Mission</strong> in Verbindung tritt.<br />
Diese <strong>Mission</strong> ist das Abbild<br />
eines Bruders, der zwischen anderen<br />
Menschen durch die Welt geht. In<br />
diesem Fall handelt es sich um einen<br />
Weg durch ein Land der sogenannten<br />
Dritten Welt. Marokko ist komplett<br />
vom Islam geprägt, die Kirche ist<br />
dort eine Fremde. Angesichts ihrer<br />
ökonomischen, politischen, sozialen<br />
und religiösen Bedeutungslosigkeit<br />
wird sie in dem nordafrikanischen<br />
Staat bestenfalls toleriert. Und doch:<br />
Der heilige Franziskus schickte seine<br />
Mitbrüder unter die Muslime, um auch<br />
sie die Liebe Gottes, die Christus gelebt<br />
und gepredigt hat, erfahren zu lassen.<br />
Sich hierfür einzusetzen, ist Auftrag der<br />
<strong>Franziskaner</strong> bis heute.<br />
Jorge Lázaro de Souza ofm<br />
Bruder Jorge ist brasilianischer <strong>Franziskaner</strong> und<br />
hat viele Jahre in Marokko gelebt.<br />
19
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
»Ihr habt mich aufgenommen«<br />
Seelsorge für christliche Migranten in Libyen<br />
»Wir versuchen, ihnen das Leben zu erleichtern«: Seelsorge für Migranten in Libyen<br />
Die Kirche von Libyen ist eine pilgernde<br />
Kirche. Man kann auch sagen: Sie ist<br />
eine Kirche der Migranten. In jedem<br />
Fall ist sie eine Kirche von Menschen,<br />
die unterwegs sind. Und das aus ganz<br />
unterschiedlichen Gründen.<br />
Die Christen in Libyen kommen<br />
von den Philippinen, aus Nigeria,<br />
dem Sudan, Kamerun, dem<br />
Kongo, Eritrea, dem Tschad,<br />
Pakistan, Indien, Korea und<br />
Europa sowie aus den arabisch<br />
sprechenden Ländern Irak,<br />
Syrien und Ägypten. Ein buntes<br />
Gemisch! Der kulturellen und<br />
sprachlichen Vielfalt entspricht<br />
die Vielfalt an spirituellen und<br />
materiellen Herausforderungen,<br />
denen sich die Kirche in Libyen<br />
ihren Mitgliedern gegenüber ausgesetzt<br />
sieht. Die größte Gruppe<br />
besteht aus illegalen Migranten,<br />
Exilanten oder Flüchtlingen, das<br />
heißt: Menschen, die aus verschiedenen<br />
Gründen ihre Heimat<br />
aufgeben mussten. Wir versuchen,<br />
ihnen ihr Leben so weit<br />
wie möglich zu erleichtern und<br />
erträglich zu machen. Natürlich<br />
treten wir dabei auch in einen<br />
<strong>Dialog</strong> mit den Muslimen ein.<br />
Dabei verfolgen wir <strong>Franziskaner</strong><br />
folgende Ziele.<br />
Pastorale Ziele<br />
Wie Sie alle wissen, ist Libyen<br />
ein muslimisches Land. Aber wir<br />
haben dort das offizielle Recht,<br />
unseren christlichen Glauben<br />
frei auszuüben. Wir <strong>Franziskaner</strong><br />
machen Gebrauch von dieser<br />
Freiheit, indem wir uns verschiedenen<br />
Bereichen des christlichen<br />
Lebens widmen, die Messe feiern<br />
und die Sakramente spenden.<br />
Wir verbringen viel Zeit mit den<br />
Menschen und haben vor allem<br />
auch die gesellschaftlichen und<br />
finanziellen Probleme im Blick,<br />
die alle Migranten bedrücken.<br />
Wir versuchen, ihnen in verzweifelten<br />
Momenten Mut zu machen<br />
und den Herausforderungen ihres<br />
Lebens ins Auge zu sehen, damit<br />
sie ihren Weg mit neuer Kraft<br />
und mit frischem Mut fortsetzen<br />
können. Zur Seelsorge in Libyen<br />
gehört außerdem, Lösungen für<br />
die sozialen, wirtschaftlichen und<br />
institutionellen Problemen der<br />
Menschen zu finden. Nur so kann<br />
die Kirche ihnen dabei helfen,<br />
ihre schwierige Situation als<br />
Chance anzunehmen, im christlichen<br />
Glauben zu wachsen.<br />
Soziale Ziele<br />
Die soziale Herausforderung<br />
der Kirche in Libyen besteht<br />
darin, dafür zu sorgen, dass<br />
den Mi granten alle lebensnotwendigen<br />
materiellen Güter zur<br />
Verfügung gestellt werden, die<br />
sie benötigen, um ein menschenwürdiges<br />
Leben zu führen. Dabei<br />
muss sie sich ein Beispiel an Jesus<br />
nehmen, der schließlich auch<br />
nicht auf die Welt kam, um sich<br />
bedienen zu lassen, sondern um<br />
zu dienen. Wenn Jesus das Haupt<br />
der Kirche ist, muss die Kirche<br />
seinem Lebensstil nacheifern.<br />
Im Matthäusevangelium sagt<br />
Jesus: Ich war hungrig, und Ihr<br />
habt mir zu essen gegeben. Ich<br />
war durstig, und Ihr habt mir zu<br />
trinken gegeben. Ich war fremd,<br />
und Ihr habt mich bei Euch<br />
aufgenommen. Ich war nackt,<br />
und Ihr habt mich bekleidet. Ich<br />
war krank, und Ihr habt Euch<br />
um mich gekümmert. Ich war<br />
im Gefängnis, und Ihr habt mich<br />
besucht.<br />
Darauf fragten ihn die Gerechten:<br />
Wann, Herr, haben wir Dich<br />
hungrig, durstig, nackt , krank<br />
oder als Fremden gesehen und<br />
all das für Dich getan<br />
Jesus antwortete: Was immer<br />
Ihr für eine(n) meiner geringsten<br />
Schwestern oder Brüder getan<br />
habt, habt Ihr für mich getan.<br />
(Mt 25,35 – 40)<br />
Was Ihr für eine(n) meiner<br />
Brüder oder Schwester<br />
getan habt ...<br />
Im Leiden der Migranten<br />
begegnen uns die Hungernden,<br />
Dürstenden Heimatlosen – und in<br />
ihnen Christus. Deshalb können<br />
wir nicht einfach die Augen vor<br />
ihrer Not verschließen, uns<br />
zurücklehnen und sagen: »Bin<br />
ich meines Bruders Hüter« Der<br />
Jakobusbrief ermahnt uns: »Es<br />
genügt nicht, das Wort Gottes<br />
nur anzuhören. Ihr müsst es in<br />
die Tat umsetzen, sonst betrügt<br />
ihr euch selbst!« (Jak 1,22) Und<br />
er fährt fort: »Gott, der Vater,<br />
wird auf die rechte Art geehrt,<br />
wenn jemand den Waisen und<br />
Witwen in ihrer Not beisteht und<br />
sich nicht an dem ungerechten<br />
Treiben dieser Welt beteiligt.«<br />
(Jak 1,27)<br />
Um unser Christsein auf die<br />
Weise zu leben, wie wir sie als<br />
von Jesus gewollt und daher für<br />
richtig halten, sorgen wir für<br />
Flüchtlingsfrauen und -kinder, für<br />
Gefangene und Unterdrückte.<br />
Und deshalb haben wir auch<br />
einen Sozialdienst unter der<br />
Flagge von Caritas International<br />
bzw. Caritas Libyen eingerichtet.<br />
Durch dieses Projekt können<br />
wir auf folgenden Feldern<br />
tätig sein: in der Gefangenenseelsorge,<br />
in der Bildung für<br />
Migrantenkinder, in der Ausbildung<br />
von arbeitslosen Frauen,<br />
im medizinischen Bereich, in<br />
der spirituellen und psychologischen<br />
Begleitung und in der<br />
Familienpastoral. Außerdem<br />
helfen wir bei der Lösung von<br />
Einwanderungsproblemen. Eine<br />
große Anzahl von Migranten hat<br />
bereits von diesem Programm<br />
profitiert und profitiert weiterhin<br />
Kulturelle Vielfalt, materielle Not: Migrantenfrauen in Libyen<br />
davon. Es soll daher noch weiter<br />
ausgebaut werden. In Zukunft<br />
wollen wir auch unverheirateten<br />
Müttern und ihren Kindern zu<br />
Seite stehen. Wir möchten eine<br />
Arbeitsvermittlungsstelle für<br />
Migranten einrichten und Leute<br />
dafür qualifizieren, soziale Not<br />
zu entdecken und kompetent<br />
zu bekämpfen. Unser Hauptproblem<br />
besteht in der Finanzierung<br />
dieser Vorhaben. Viele gemeinnützige<br />
Organisationen lehnen<br />
es ab, uns zu unterstützen, weil<br />
sie meinen, dass Libyen ein<br />
reiches Land sei. Sie vergessen<br />
dabei, dass die Kirche in Libyen<br />
eine Kirche der Migranten und<br />
der Armen ist. Wir lassen uns<br />
von Schwierigkeiten und Rückschlägen<br />
aber nicht entmutigen.<br />
Wir freuen uns über das, was<br />
wir tun können – und vor allem<br />
auch über die vielfältige Unterstützung,<br />
die wir von Freiwilligen<br />
erhalten.<br />
Ökumenische<br />
Herausforderung<br />
An dieser Stelle muss ich zuerst<br />
festhalten, dass die bunte<br />
Mischung an Nationalitäten und<br />
Glaubensgemeinschaften, mit<br />
der uns die Migranten konfrontieren,<br />
automatisch auch eine<br />
ökumenische Herausforderung<br />
für die Seelsorge darstellt. Die<br />
Menschen gehören verschiedenen<br />
christlichen Konfessionen<br />
an. Daher sind wir gefordert,<br />
eine ökumenische Atmosphäre<br />
zu schaffen, wenn wir zusammen<br />
beten und uns über<br />
reli giöse Fragen austauschen.<br />
Auch Nichtchristen die<br />
Liebe Gottes vermitteln<br />
Neben dem <strong>Dialog</strong> mit anderen<br />
christlichen Konfessionen ist<br />
außerdem der <strong>Dialog</strong> mit anderen<br />
Religionen ganz wichtig.<br />
Denn viele Migranten gehören<br />
anderen Religionsgemeinschaften<br />
wie dem Hinduismus,<br />
Buddhismus oder Islam an.<br />
Durch die Begegnung von<br />
Franziskus mit dem Sultan sind<br />
wir als <strong>Franziskaner</strong> natürlich<br />
dem christlich-muslimischen<br />
<strong>Dialog</strong> ganz besonders verpflichtet.<br />
Aber auch, was den<br />
Austausch mit den anderen<br />
Religionen angeht: Nur wenn<br />
wir einem fruchtbaren, respektvollen<br />
Gespräch mit den<br />
Andersgläubigen Raum geben,<br />
dienen wir auf überzeugende<br />
Weise dem Wort Gottes und den<br />
Sakramenten. Nur so können wir<br />
der Kirche ein Gesicht verleihen,<br />
in dem auch Nichtchristen die<br />
Liebe Gottes zu den Menschen<br />
erkennen können.<br />
Die sieben vergangenen<br />
Jahre, die ich in Libyen als<br />
Seelsorger tätig sein durfte,<br />
waren sehr bereichernd für<br />
mich. Während dieser Zeit habe<br />
ich erkannt, dass Migration<br />
eine der größten Herausforderungen<br />
für die Gesellschaft und<br />
Kirche unserer Zeit darstellt. Wir<br />
müssen eine Lösung für dieses<br />
Problem finden. Lassen Sie<br />
uns das, was wir haben, teilen<br />
und durch die Sorge füreinander<br />
dazu beitragen, dass<br />
eine geschwisterliche und von<br />
gegenseitiger Liebe getragene<br />
Welt Wirklichkeit wird.<br />
Salim Joseph ofm<br />
Bruder Salim war sieben Jahre <strong>Franziskaner</strong><br />
in Libyen, bevor er durch die<br />
Unruhen im Land gezwungen war, nach<br />
Hyderabad in Indien zu gehen, wo er<br />
nun in einer Pfarrei seinen Dienst als<br />
Seelsorger verrichtet.<br />
20<br />
21
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Unter einem Dach<br />
Friedliches Zusammenleben in Ostafrika<br />
Nairobi, die Hauptstadt Kenias, gilt als<br />
Drehscheibe Ostafrikas. Mit drei Millionen<br />
Einwohnern zeigt sie internationales<br />
Gepräge und starke Gegensätze<br />
zwischen Arm und Reich: modernste<br />
Hochhäuser im Zentrum und etliche<br />
Elendsviertel an der Peripherie.<br />
Eine Statistik der Bevölkerung<br />
Ostafrikas zählt 53,3 % Christen,<br />
34,5 % Muslime und 12,2 % Mitglieder<br />
anderer Religionen. Sie alle haben ihre<br />
Kirchen, Moscheen oder Tempel und<br />
leben weitgehend friedlich miteinander,<br />
wie der folgende Beitrag von<br />
Ostafrika-<strong>Mission</strong>ar Heinrich Gockel<br />
zeigt.<br />
Eines Tages besuchte mich Herr<br />
Fernandes, Inder und Mitglied<br />
der Theosophischen Gesellschaft<br />
Nairobis und fragte: »Können<br />
Sie uns einen Vortrag über<br />
Franziskus und seinen Sonnengesang<br />
halten« Er informierte<br />
mich über Ziele und Mitglieder<br />
der Gemeinschaft: »Wir wollen<br />
Selbstlosigkeit und Nächstenliebe<br />
fördern und sind offen für<br />
alle Menschen, ohne Unterscheidung<br />
von Rasse, Nationalität,<br />
Glauben oder Geschlecht.«<br />
Gern nahm ich die überraschende<br />
Einladung an und<br />
machte mich an dem vereinbarten<br />
Abend auf den Weg in das<br />
Zentrum in Parklands. An der<br />
Toreinfahrt stand das Hinweisschild:<br />
»Theosophical Society<br />
of Kenya«. An den Wänden des<br />
Vortragssaales hingen große<br />
Porträts ihrer Gründer, ferner<br />
die Symbole der Weltreligionen,<br />
darunter auch das Kreuz und<br />
der Name »Jesus«.<br />
Franzsikanermissionar Hermann Borg (re) mit Guru Swami Swaroopananda in Nairobi, Kenia.<br />
Etwa 30 Teilnehmende hatten<br />
sich eingefunden: Frauen und<br />
Männer, Afrikaner, Europäer und<br />
Inder; sie waren Buddhisten,<br />
Christen, Hindus, Juden, Muslime<br />
oder Sikhs.<br />
Der Abend begann mit einer<br />
stillen Besinnung, einem gemeinsamen<br />
Gebet und einer kurzen<br />
Einführung durch den Vorsitzenden.<br />
Während des Vortrags<br />
erlebte ich aufmerksame Zuhörer.<br />
Anschließend gab es Fragen und<br />
weiterführende Kommentare.<br />
Pünktlich nach einer Stunde<br />
schloss das Treffen so, wie es<br />
begonnen hatte: mit einem<br />
gemeinsamen Gebet.<br />
Weitere Vortragsabende über<br />
die historische Begegnung zwischen<br />
Franziskus und dem Sultan,<br />
über das interreligiöse Friedens-<br />
gebet mit dem Papst und Vertretern<br />
der Weltreligionen in Assisi<br />
sowie über die Auferstehung Jesu<br />
folgten. Bei einer anderen Zusammenkunft<br />
ging es um Gebet und<br />
Meditation in den verschiedenen<br />
Religionen, wobei eine Inderin die<br />
islamische, eine Engländerin die<br />
buddhistische und ich die christliche<br />
Sicht darstellte.<br />
Alle Abende waren bereichernde<br />
Begegnungen mit den<br />
Werten und Überzeugungen<br />
anderer Religionen. Sie öffneten<br />
mir den Blick über meine<br />
gewohnten Grenzen hinweg und<br />
machten mir wieder einmal deutlich,<br />
dass wir <strong>Franziskaner</strong> nicht<br />
für uns selbst da sind, sondern<br />
für die anderen. Und zu diesen<br />
anderen zählen eben auch die<br />
anderen Religionen.<br />
Gegenseitige Hilfe<br />
Gelungene Beispiele friedlichen<br />
Miteinanders bezeugen auch folgende<br />
vier Berichte aus Ostafrika.<br />
Bruder Juvenal, ein junger<br />
<strong>Franziskaner</strong> aus Ruanda, der in<br />
Uganda sein Noviziat gemacht<br />
und in Nairobi Theologie studiert<br />
hat, erinnert sich:<br />
»In Mbarara (Uganda) hatten<br />
wir muslimische Nachbarn.<br />
Einige kamen manchmal zu uns<br />
in den Konvent zum Essen. Wenn<br />
wir Hilfe brauchten, haben wir sie<br />
erhalten. Es gab kein Misstrauen<br />
zwischen uns; die Begegnungen<br />
waren freundlich.<br />
In Nairobi erteilte ich während<br />
des Theologiestudiums<br />
Firmunter richt. Der Vater eines<br />
Firmlings war Muslim. Jedes Mal,<br />
wenn ich die Familie besuchte,<br />
wurde ich von beiden Eltern<br />
freundlich aufgenommen. Sie<br />
schätzten mich als <strong>Franziskaner</strong><br />
und meinen Einsatz als Katechet.<br />
Der Vater sagte, es sollte keine<br />
Feindschaft geben zwischen<br />
Muslimen und Christen, da<br />
wir alle an denselben Gott und<br />
Schöpfer glauben.<br />
Auch in Ruanda habe ich<br />
nie von Spannungen zwischen<br />
Christen und Muslimen gehört.<br />
In Schulen und Universitäten sind<br />
Studierende beider Glaubensgemeinschaften<br />
vertreten, die<br />
Beziehungen sind unkompliziert<br />
und herzlich. Wenn es Schwierigkeiten<br />
gibt, ist die Grundlage<br />
selten religiöser Natur. Muslime<br />
und Katholiken besuchen<br />
gemeinsam Krankenhäuser oder<br />
Gefängnisse. Da beide Gemeinschaften<br />
an ein Leben nach dem<br />
Tod glauben, sind sie überzeugt:<br />
Man kommt nicht wegen der<br />
Religion in den Himmel, sondern<br />
wegen praktizierter Nächstenliebe.«<br />
Gemeinsame Feste<br />
George, Student aus Tansania,<br />
berichtet: »Ich wurde in Bukoba<br />
geboren und wuchs in meiner<br />
Nachbarschaft zusammen mit<br />
Muslimen und Lutheranern auf.<br />
Wann immer ein Fest gefeiert<br />
wurde, luden wir uns gegenseitig<br />
zum Essen ein: Wir gingen zu<br />
unseren muslimischen Nachbarn<br />
zum Fastenbrechen (›Id-ul-Fitr‹)<br />
und sie kamen an Weihnachten<br />
oder Ostern zu uns. Wir nahmen<br />
auch gemeinsam an Hochzeiten<br />
und Beerdigungen teil, ohne<br />
nach der Religionszugehörigkeit<br />
zu fragen. Allgemein hieß es:<br />
›Es gibt einen Gott und verschiedene<br />
Religionen.‹<br />
Mein Vater war Schulleiter<br />
an einer muslimischen Schule<br />
und legte genauso großen Wert<br />
da rauf, dass die musli mischen<br />
Schüler am Freitagsgebet teilnahmen,<br />
wie darauf, dass die<br />
katholischen Schüler den Sonntagsgottesdienst<br />
mitfeierten.«<br />
Schwester Florence, kenianische<br />
<strong>Franziskaner</strong>in, arbeitet<br />
seit einigen Jahren in Tansania<br />
und bestätigt die gegenseitige<br />
Verbundenheit der verschiedenen<br />
Glaubensgemeinschaften auch<br />
dort: »In Tansania leben Christen<br />
und Muslime in Harmonie<br />
zusammen; Krankenhäuser sind<br />
unterschiedslos für alle da; jeder<br />
hat ein Recht auf Arbeit und wird<br />
angestellt je nach Qualifikation.<br />
Frauen kleiden sich oft so, dass<br />
man nicht sieht, wer Christin<br />
oder Muslimin ist. Und an großen<br />
kirchlichen Anlässen, wie<br />
zum Beispiel einer katholischen<br />
Bischofsweihe, nehmen auch<br />
Muslime selbstverständlich teil.«<br />
Religiöser <strong>Dialog</strong> in der Familie<br />
Dr. Peter Tindo, <strong>Franziskaner</strong> aus<br />
dem Sudan, schreibt: »Ich wurde in<br />
eine Gemeinschaft mit vielen Kulturen<br />
und Religionen hineingeboren.<br />
Man findet bei uns nicht selten in<br />
einer Familie Christen, Animisten<br />
und Muslime unter einem Dach. In<br />
einer Familie kann ein Ehepartner<br />
Christ und der andere Muslim sein,<br />
auch die Kinder können verschiedenen<br />
Religionen angehören. Auf<br />
diese Weise wird in vielen Familien<br />
der <strong>Dialog</strong> konkret praktiziert und<br />
gelebt.«<br />
Gesellschaftliche<br />
Herausforderungen<br />
Diese Zeugnisse aus Kenia,<br />
Tansania, Uganda, Ruanda und<br />
dem Sudan zeigen: Friedliches<br />
Zusammenleben von Christen,<br />
Muslimen und Angehörigen anderer<br />
Religionen ist möglich und wird<br />
in diesen afrikanischen Ländern<br />
gelebt. Jedoch gibt es – trotz<br />
aller Erfolge – immer wieder auch<br />
Herausforderungen hinsichtlich<br />
religiöser Toleranz und Chancengleichheit<br />
für alle. Diese müssen<br />
offen und fair angegangen werden,<br />
um religiösen und sozialen Frieden<br />
in Ostafrika dauerhaft zu bewahren.<br />
Heinrich Gockel ofm<br />
Pater Heinrich ist Mitarbeiter der <strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong> mit Schwerpunkt Afrika. Er was 21<br />
Jahre als <strong>Mission</strong>ar in Kenia tätig.<br />
Interreligiöses Treffen mit Vertretern der franziskanischen Familie und muslimischen Scheichs in Nairobi<br />
22<br />
23
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
<strong>Franziskaner</strong> in Thailand<br />
Gelebter <strong>Dialog</strong> in einer buddhistischen Gesellschaft<br />
Völkerkundemuseum Werl<br />
Begegnung mit fremden Kulturen<br />
24<br />
Der Name »Thailand« leitet sich ab<br />
von dem Wort »thai«, was soviel heißt<br />
wie »frei«. Thailand bedeutet also<br />
»Land der Freien«. Thailand hat etwa<br />
61 Millionen Einwohner, darunter<br />
rund neun Millionen Chinesen. Fast<br />
zwei Drittel der Bevölkerung leben<br />
auf dem Land, die meisten von ihnen<br />
sind Bauern.<br />
Die Religion spielt eine sehr wichtige<br />
Rolle im thailändischen Alltag. 95 % der<br />
Einwohner sind Buddhisten. Der Buddhismus<br />
ist Staatsreligion und wird von der<br />
Regierung überwacht, unterstützt und<br />
geschützt. Es gibt Religionsfreiheit, und<br />
alle größeren Religionen sind vertreten,<br />
wenn auch zum Teil mit einer kleinen<br />
Anhängerschaft. Zum Islam bekennen sich<br />
4 % der Inselbewohner, zum Christentum<br />
0,5 %, auch Hindus und Sikhs sind<br />
vertreten.<br />
Die ersten <strong>Mission</strong>are, die im 16. Jahrhundert<br />
nach Thailand – oder, wie man<br />
damals noch sagte, nach »Siam« – kamen,<br />
waren Kapläne an Bord von portugiesischen<br />
Schiffen. Die <strong>Franziskaner</strong> kamen<br />
1582 nach Thailand und wirkten dort<br />
bis zur Zerstörung von Ayutthaya im<br />
Jahr 1767. Im Jahr 1985 nahmen sie<br />
ihre <strong>Mission</strong> auf Einladung von Kardinal<br />
Michai Kitbunchu wieder auf und siedelten<br />
sich in der Provinz Pathumthani an.<br />
Zurzeit gibt es neben den einheimischen<br />
Brüdern, Postulanten und Kandidaten<br />
sieben <strong>Mission</strong>are aus drei Ländern<br />
in Thailand. Wir haben vier Häuser: in<br />
Bangkok, Lamsai, Khirikhan und Sampran.<br />
Die Ziele der franziskanischen <strong>Mission</strong><br />
in Thailand bestehen in der Förderung<br />
des einheimischen Ordensnachwuchses,<br />
im christlich-buddhistischen <strong>Dialog</strong>, im<br />
Dienst an den Armen und an der Förderung<br />
des kontemplativen Lebens.<br />
Der interreligiöse <strong>Dialog</strong> gehört also<br />
zu unseren wichtigsten Aufgaben. Dabei<br />
geht es weniger um spezielle Treffen oder<br />
Veranstaltungen als vielmehr um die Art<br />
und Weise, wie wir miteinander leben,<br />
das heißt: wie wir im täglichen Leben<br />
miteinander umgehen. Hierbei verfolgen<br />
wir folgende Ziele:<br />
Bruder Arvind Kerketta mit buddhistischem Mönch<br />
1. Wir versuchen, uns anzupassen:<br />
Thailand ist ein buddhistisches<br />
Land. Die thailändische Kultur, die<br />
Sprache des Landes, der Lebensstil<br />
der Menschen – all das hat mit ihrer<br />
Religion zu tun. Wir bemühen uns,<br />
ihre Sprache zu lernen, ihre Kultur<br />
zu verstehen und ihre Bräuche und<br />
ihren Lebensstil zu respektieren.<br />
2. Wir sind Diener: Wir haben ein<br />
HIV-/Aids-Zentrum eingerichtet.<br />
Die meisten der Kranken, die zu<br />
uns kommen, sind Buddhisten.<br />
Unsere Liebe, unser Respekt und<br />
unsere Fürsorge diesen Patienten<br />
gegenüber wird von den Menschen<br />
geschätzt. Jeden Tag kommen<br />
Besucher zu unseren Patienten und<br />
zu uns. Auch buddhistische Mönche<br />
besuchen unsere Krankenstation. Ich<br />
weiß, dass zwei unserer ehemaligen<br />
Patienten später Mönche wurden.<br />
3. Wir fördern das kontemplative<br />
Leben: Wir haben ein Einkehr-<br />
Zentrum in Lamsai eingerichtet.<br />
Auch Menschen anderer Glaubensrich<br />
tungen, darunter viele buddhistische<br />
Gruppen, kommen hierhin,<br />
um zu meditieren.<br />
4. Wir nehmen Anteil: Wir arbeiten<br />
mit den benachteiligten Stämmen<br />
im Norden und mit anderen armen<br />
Bevölkerungsgruppen in ganz<br />
Thailand.<br />
5. Wir sind präsent: Wir nehmen<br />
an interreligiösen Treffen und<br />
Gebeten teil.<br />
6. Wir hören zu: Wir besuchen die<br />
buddhistischen Mönche in ihren<br />
Tempeln.<br />
7. Wir gehören dazu: Wir sind oft zu<br />
buddhistischen Zeremonien wie<br />
Hochzeiten, Beerdigungen, der<br />
Ordination von Mönchen oder<br />
Tempelfesten eingeladen und<br />
nehmen hieran teil.<br />
8. Wir beten zusammen: Wir<br />
medi tieren zusammen mit den<br />
buddhistischen Mönchen.<br />
Kurz: Wir reden nicht soviel über<br />
Religion, wir praktizieren sie. Bekehrung<br />
ist etwas, das tief innen in<br />
einer Person geschieht. Das ist eine<br />
Erfahrung, ein Geheimnis, das nicht<br />
in Worte gefasst werden kann. Aber<br />
ich habe erlebt, wie Menschen durch<br />
unsere Art zu leben und zu beten<br />
zum Glauben gefunden haben.<br />
Manipadath Varkey Johnson ofm<br />
Pater Manipadath Varkey ist Franzis kaner-<br />
<strong>Mission</strong>ar in Sampran, Thailand.<br />
Seit 50 Jahren gibt es in Werl ein<br />
Museum, das sich mit Fragen und<br />
Problemen der Einen Welt befasst.<br />
1962 wurde es als »<strong>Mission</strong>smuseum<br />
der <strong>Franziskaner</strong>« eröffnet.<br />
In die ersten Jahre des Museums<br />
fiel die Zeit des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils (1962 bis 1965),<br />
währenddessen das Verhältnis<br />
der katholischen Kirche zu den<br />
anderen Religionen eine bis<br />
dahin nicht gekannte Öffnung<br />
erfuhr. Dieser Entwicklung<br />
galt es auch mit dem Museum<br />
Rechnung zu tragen. Aus dem<br />
»<strong>Mission</strong>smuseum« wurde 1983<br />
das »Forum der Völker«. Erweiterungsbauten<br />
zu den Themenbereichen<br />
Papua-Neuguinea,<br />
West-Afrika, Ostasien und Ostafrikanische<br />
Hirtenvölker haben<br />
dazu geführt, dass sich hinter der<br />
schmalen Fassade das inzwischen<br />
größte Völkerkundemuseum<br />
Westfalens mit mehr als 12.000<br />
Exponaten aus aller Welt befindet.<br />
Anliegen und Ziel<br />
Ziel des Hauses ist es, die Begegnung<br />
und Auseinandersetzung<br />
mit fremden Völkern, Kulturen<br />
und Religionen zu fördern. Die<br />
verschiedenen Aktivitäten sollen<br />
der Fremdenfeindlichkeit entgegenwirken,<br />
ein tieferes Verständnis<br />
für andere Religionen<br />
wecken, über fremde Lebensweisen<br />
informieren und dadurch<br />
Frieden stiftend wirken.<br />
Unser Anliegen ist der <strong>Dialog</strong><br />
zwischen den Religionen, Völkern<br />
und Kulturen. Die Kirche hat<br />
allzu lange gemeint, sie sei allein<br />
im Besitz der Wahrheit. Heute<br />
entdecken wir Wahrheit auch<br />
in anderen Religionen. Diese<br />
zu respektieren und ernst zu<br />
nehmen, ist die Voraussetzung<br />
für den Frieden auf der Welt.<br />
Das Forum der Völker möchte<br />
aller Fremdenfeindlichkeit, allem<br />
Fremdenhass entgegentreten<br />
und so der Völkerverständigung<br />
dienen.<br />
Seidenbatik aus dem Forum der Völker mit Muttergottheiten<br />
aus verschiedenen Religionen: der Grünen Tara<br />
aus Nepal, der chinesischen Fee Ma Gu, der ägyptischen<br />
Göttin Isis und der Göttin Guanyin mit Buddha als Kind<br />
(von links oben im Uhrzeigersinn). Im Zentrum: Göttin<br />
von der Elfenbeinküste.<br />
Franziskanische Aspekte<br />
des <strong>Dialog</strong>s<br />
Ich denke, gerade im heutigen<br />
Weltkontext ist es eine besondere<br />
franziskanische Herausforderung,<br />
die Spiritualität Jesu und unseres<br />
Bruders Franziskus zu leben. Viele<br />
Menschen, nicht nur Christen,<br />
sehen in Franziskus den Prototypen<br />
eines »dialogischen Christen«,<br />
der sich nicht selber zum<br />
Maßstab macht, sondern auf den<br />
einen Herrn und das freie Wirken<br />
seines Geistes verweist. Wir brauchen<br />
heute in der interkonfessionellen<br />
Ökumene und im <strong>Dialog</strong><br />
mit den anderen Religionen<br />
dringend Vorbilder und Haltungen,<br />
die ich bei dem Mann aus<br />
Assisi sehe: auf der einen Seite ein<br />
klares eigenes Profil, aber ohne<br />
Fundamentalismus und Rechthaberei;<br />
auf der anderen Seite<br />
eine bedingungslose Bereitschaft<br />
zur Begegnung, zum Abbau von<br />
Vorurteilen und Feindbildern. Nur<br />
so kann das Trennende überwunden<br />
und das Verbindende immer<br />
stärker werden.<br />
<strong>Dialog</strong> und Frieden<br />
Religionen haben immer zu<br />
Intoleranz, Hass und Krieg geführt<br />
– aber Religionen haben auch<br />
immer Toleranz, Mitmenschlichkeit<br />
und Frieden vorgelebt.<br />
Der Friede unter den Völkern<br />
hängt zu einem guten Teil vom<br />
Frieden unter den Religionen ab.<br />
Schon deswegen ist der <strong>Dialog</strong><br />
zwischen ihnen unerlässlich.<br />
Reinhard Kellerhoff ofm<br />
Pater Reinhard ist Leiter des Museums<br />
Forum der Völker.<br />
www.forum-der-voelker.de<br />
25
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
UN fördern <strong>Dialog</strong> der Religionen<br />
Woche der interreligiösen Harmonie<br />
Kinder sind offen<br />
Kulturelle Vielfalt in Dortmunder Kindertagesstätte<br />
26<br />
Gebetsraum der UN<br />
Eine »Woche der interreligiösen<br />
Harmonie« wurde im vergangenen<br />
Jahr von den Vereinten Nationen (UN)<br />
auf deren 65. General-Versammlung<br />
in New York ausgerufen. Diese Resolution<br />
ermutigt die Staaten in der<br />
ersten Februarwoche eines jeden<br />
Jahres Initiativen zu unterstützen,<br />
die das gegenseitige Verständnis<br />
der Religionen fördern.<br />
Die Resolution geht auf eine<br />
Initiative des jordanischen Königs<br />
Abdullah II. bin al-Hussein zurück.<br />
In seiner Rede sagte der seit<br />
langem für sein Friedensengagement<br />
bekannte Monarch:<br />
Ȇber all auf der Welt sind die<br />
Menschen durch das Gebot<br />
miteinander verbunden, Gott<br />
und den Nächsten zu lieben. Wir<br />
schlagen daher eine besondere<br />
Woche vor, in der die Völker<br />
der Welt entsprechend ihrer<br />
jeweiligen Tradition zum Ausdruck<br />
bringen können, wo in<br />
ihrer Religion Toleranz, Respekt<br />
vor dem Nächsten und Frieden<br />
verankert sind.«<br />
Förderung des Friedens<br />
Es mag zunächst verwundern,<br />
dass die Vereinten Nationen,<br />
die ja ein Zusammenschluss von<br />
Staatsvertretern sind, eine solch<br />
»spirituelle« Resolution verabschieden,<br />
die die Menschen in<br />
ihrem Bezug zu ihrer Religion<br />
und ihrem Glauben anspricht.<br />
Halten wir uns jedoch vor<br />
Augen, dass 80 % der Menschheit<br />
einer der großen Weltreligionen,<br />
also Christentum,<br />
Islam, Judentum, Hinduismus,<br />
Buddhismus, Taoismus und<br />
Konfuzianismus, angehören.<br />
Allein zu Christentum und Islam<br />
bekennt sich mehr als die Hälfte<br />
der Menschheit. Vor diesem<br />
Hintergrund ist eine solche<br />
Entscheidung durchaus verständlich<br />
und sinnvoll. Sowohl<br />
der Generalsekretär der UN, Ban<br />
Ki-moon, als auch der Vertreter<br />
des Vatikans bei den UN in New<br />
York, Ambassador Miguel Díaz,<br />
begrüßen diese Initiative als<br />
einen guten Beitrag zur Förderung<br />
des <strong>Dialog</strong>s zwischen den<br />
Konfessionen und Religionen und<br />
damit des Friedens in der Welt.<br />
Glaube als Motivation<br />
Der König von Jordanien<br />
begründet die Einführung der<br />
besonderen Woche damit, dass<br />
gerade in der Gegenwart eine<br />
Zunahme von Gewalt zwischen<br />
den Religionen erfahrbar ist und<br />
dass die Religionszugehörigkeit<br />
von Menschen dazu missbraucht<br />
wird, diese zum Krieg gegeneinander<br />
zu motivieren. Gewaltbereitschaft<br />
gegen Andersgläubige<br />
und die – scheinbare<br />
– entsprechende ideologische<br />
bzw. religiöse Rechtfertigung<br />
hierzu können wir bei allen<br />
Religionen finden. Gleichzeitig<br />
können wir jedoch auch feststellen,<br />
dass es gerade Menschen<br />
des Glaubens sind, die sich in<br />
starkem Maße für Verständigung<br />
und Frieden einsetzen, und dass<br />
sich viele Politiker in guter Weise<br />
von ihrem Glauben inspirieren<br />
und motivieren lassen.<br />
Hat die »Woche der interreligiösen Harmonie« bei den<br />
UN vorgeschlagen: König Abdullah von Jordanien<br />
In diesem Jahr (2011) fand<br />
die Woche der interreligiösen<br />
Harmonie zum ersten Mal statt.<br />
Auch in Deutschland gab es<br />
zahlreiche Veranstaltungen,<br />
zu denen vor allem auch der<br />
Ökumenische Rat der Kirchen<br />
aufgerufen hatte. Bleibt zu<br />
hoffen, dass wir als Franziskanische<br />
Familie, die wir durch<br />
F ranciscans International in<br />
besonderer Weise mit der<br />
Arbeit der Vereinten Nationen<br />
verbunden sind, diese Woche<br />
der interreligiösen Harmonie<br />
auch in Zukunft jeweils aktiv<br />
mitgestalten.<br />
Schließen möchte ich mit<br />
einem Satz des persischen<br />
Dichters und muslimischen<br />
Mystikers Rumi, den der ehemalige<br />
Generalsekretär der UN,<br />
Dag Hammarskjöld, in seinem<br />
Tagebuch zitiert: »Wer Gott<br />
liebt, hat keine Religion außer<br />
Gott.«<br />
Markus Heinze ofm<br />
Bruder Markus ist regionaler Leiter<br />
für Afrika und Europa von Franciscans<br />
International (FI) in Genf.<br />
Quelle:<br />
www.worldinterfaithharmonyweek.com<br />
Knapp 150 Kinder spielen, turnen,<br />
toben, träumen täglich im Kinderhaus<br />
St. Franziskus, der Kindertage<br />
sstätte der <strong>Franziskaner</strong> in<br />
Dortmund. 150 Kinder aus 16 Nationen<br />
kommen täglich zusammen.<br />
»Interkultureller <strong>Dialog</strong>« ist hier<br />
an der Tagesordnung.<br />
Gibt es da manchmal Probleme<br />
Sabine Prinz, Leiterin der<br />
katholischen Einrichtung, lacht:<br />
»Nein. Kinder sind Kinder. Für sie<br />
ist das kein Thema. Sie sind vollkommen<br />
vorurteilslos. Für sie ist<br />
es normal, dass andere anders aussehen<br />
oder sprechen. Sie nehmen<br />
die anderen so, wie sie sind. Erst<br />
die Erwachsenen machen manchmal<br />
ein Problem daraus, wenn<br />
jemand anders ist.«<br />
Alle machen mit<br />
In der katholischen Kindertagesstätte<br />
ist die nationale Mischung<br />
bunter als die religiöse. 80 %<br />
der Mädchen und Jungen sind<br />
katholisch, die meisten anderen<br />
sind evangelisch oder konfessionslos,<br />
drei Kinder sind Muslime<br />
und ein Kind ist Hindu. Auch die<br />
Kleinen, die nicht katholisch sind,<br />
werden in die religiösen Feste des<br />
Kindergartens miteinbezogen.<br />
Zum Beispiel an St. Martin, wenn<br />
das ganze Kinderhaus zusammen<br />
feiert. Oder in der Karwoche,<br />
wenn jede Gruppe einzeln das<br />
letzte Abendmahl mit Fladenbrot<br />
nachspielt. Und selbstverständlich<br />
sind auch alle mit dabei,<br />
wenn eine Gruppe die <strong>Franziskaner</strong>kirche<br />
nebenan zum Singen<br />
besucht – weil dort die Lieder<br />
so schön klingen. Das ist bei der<br />
Anmeldung mit den Eltern so<br />
abgesprochen.<br />
Brückenschlag<br />
Viele Mütter und Väter kommen<br />
über ihre Kinder und das<br />
Kinderhaus auch selbst (wieder)<br />
in Berührung mit der Kirchengemeinde:<br />
sei es bei den Gottesdiensten<br />
des Kindergartens, zu<br />
denen sie als Eltern mit eingeladen<br />
sind, oder sei es durch<br />
Feste der Pfarrei, an denen das<br />
Kinderhaus teilnimmt und zu<br />
denen die Mädchen und Jungen<br />
ihre Eltern mitbringen können.<br />
Die Kinder erfüllen auf diese<br />
Weise eine wichtige Brückenfunktion<br />
zwischen Kirche und Elternhaus.<br />
Und sie haben auch kein<br />
Problem damit, dass manches zu<br />
Hause vielleicht anders gehandhabt<br />
wird als im Kindergarten.<br />
Bereicherung<br />
Die Familien erfahren im Kinderhaus<br />
auch durch den engen<br />
Kontakt zu den <strong>Franziskaner</strong>n,<br />
dass sie unabhängig von ihrer<br />
Nationalität und Religionszugehörigkeit<br />
willkommen sind. »Es<br />
ist ein großes Glück für uns«,<br />
sagt Sabine Prinz, »dass wir<br />
direkt an das Kloster angrenzen.<br />
Die <strong>Franziskaner</strong> gehören zur<br />
Wirklichkeit des Kinderhauses mit<br />
dazu. Sie feiern mit uns Gottesdienste,<br />
wir treffen sie auf der<br />
Straße oder im Garten, und einmal<br />
in der Woche kommt einer<br />
der Brüder zu uns und besucht<br />
alle Gruppen.«<br />
Im Kinderhaus Dortmund<br />
stellt die Multikulturalität kein<br />
Problem, sondern eine Bereicherung<br />
dar. Sabine Prinz: »Ich freue<br />
mich, dass es so gut läuft. Unterschiedlichkeit<br />
ist kein Thema hier.<br />
Das macht die Sache schön.«<br />
Kinder aus dem Franziskushaus in Dortmund:<br />
Verschiedenheit ist kein Problem<br />
Anke Chávez<br />
Anke Chávez ist verantwortlich für den<br />
Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit<br />
der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>.<br />
27
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Das Unsagbare berühren<br />
Zen und Mystik im <strong>Franziskaner</strong>kloster Dietfurt<br />
Seit nun mehr als 30 Jahren wird in<br />
Dietfurt die Zen-Meditation gepflegt.<br />
Was in den 1970er und 1980er Jahren<br />
vielleicht noch als vorübergehende<br />
Modeerscheinung angesehen wurde,<br />
hat sich mittlerweile nachhaltig<br />
bewährt. Denn das, was in Dietfurt<br />
architektonisch gelungen ist, ein<br />
<strong>Franziskaner</strong>kloster aus dem 16. Jahrhundert<br />
mit einer im japanischen Stil<br />
erbauten Meditationshalle und Kapelle<br />
zu verbinden, das ist auch auf geistiger<br />
Ebene geglückt.<br />
Der erste große Brückenbauer<br />
zwischen Ost und West, Zen-<br />
Meditation und christlicher<br />
Mystik war der Jesuitenpater<br />
Hugo Enomiya Lassalle. Seine<br />
Arbeit wird in Dietfurt erfolgreich<br />
weitergeführt, und sie<br />
trägt auch heute weiter reiche<br />
Früchte. Hier machen sich Menschen<br />
immer wieder gemeinsam<br />
auf den Weg, um in Versenkung<br />
und Meditation, in Stille und<br />
im gemeinsamen intensiven<br />
Schweigen ihr Leben zu ordnen,<br />
zu klären. Gestärkt und neu<br />
orientiert, kehren sie dann in<br />
ihren Alltag zurück, um sich den<br />
Aufgaben ihres Lebens zu stellen.<br />
So ist das <strong>Franziskaner</strong>kloster<br />
und Meditationshaus für viele<br />
Frauen und Männer zu einer<br />
geistigen Heimat geworden, die<br />
ganz unterschiedliche Weltanschauungen<br />
mitbringen und die<br />
von verschiedenem Alter und<br />
verschiedener sozialer Herkunft<br />
sind. Gerade in der Stille, im<br />
Schweigen und in der Versenkung<br />
kommt es auch zu einem<br />
<strong>Dialog</strong> des Glaubens, so paradox<br />
das auch klingen mag. Gerade<br />
dort, wo das »Unsagbare« und<br />
das »Unfassbare« selbst berührt<br />
werden kann, wird dazu der<br />
Boden bereitet. Das möchte eine<br />
begriffliche und theologische<br />
Auseinandersetzung keinesfalls<br />
Zen-Meister Othmar Franthal bei der Meditation im <strong>Franziskaner</strong>kloster Dietfurt<br />
abwerten, mindern oder schmälern,<br />
vielmehr scheint mir diese<br />
tiefe Erfahrung des »Unfassbaren«<br />
und des »Unsagbaren« so etwas<br />
wie eine Voraussetzung für alles<br />
weitere Hinterfragen zu sein. Vor<br />
diesem Hintergrund mag auch<br />
die Zen-Praxis in Dietfurt angesehen<br />
werden.<br />
Zen als intensive Erfahrung<br />
Natürlich ist es schwer, ja geradezu<br />
unmöglich, in Begriffe zu<br />
fassen, was Zen ist bzw. welche<br />
Erfahrungen ich persönlich damit<br />
gemacht habe.<br />
Folgende Worte vermitteln<br />
jedoch möglicherweise eine<br />
Ahnung, in welche Richtung es<br />
gehen kann: Geh in die Stille,<br />
und Du wirst Dich dort finden<br />
... Geh zu Dir, und Du wirst Gott<br />
dort finden ... Geh zu Gott, und<br />
Du wirst Dich mitten in der Welt<br />
wieder finden ...!<br />
Zen ist ja nichts anderes als<br />
das Leben selbst ...<br />
Zen-Erfahrung heißt, das Leben<br />
in seiner ganzen Unergründlichkeit<br />
und Tiefe »wahrzunehmen«.<br />
Bei der Zen-Meditation berühre<br />
ich das »Unfassbare«, das<br />
»Unsagbare« – bzw. lasse ich<br />
mich vom »Unsagbaren« und<br />
»Unfassbaren« berühren ...<br />
Es ist wie ein Ankommen<br />
bzw. Heimkommen in einem<br />
ganz tiefen Sinn. Alle »Vorstellungen«<br />
im eigentlichen Sinn<br />
des Wortes fallenlassen ...,<br />
loslassen ... und »einfach<br />
gegenwärtig sein«.<br />
Es ist buchstäblich in der<br />
»Gegenwart« des »Gegenwärtigen«<br />
zu sein ... und genau hier<br />
muss auch die Sprache enden<br />
... und Du kannst dich dann nur<br />
noch in Erfurcht zu verbeugen<br />
beginnen ...<br />
Die zeitlose Ewigkeit<br />
Christlich ausgedrückt und<br />
gedeutet, bedeutet dies, sich<br />
hier der Ursprungserfahrung<br />
unseres Glaubens selbst zu<br />
öffnen. In der Heiligen Schrift<br />
sagt Gott ja von sich selbst,<br />
als er von Moses gefragt wird<br />
»Wer bist Du, nenne mir Deinen<br />
Namen«: »Ich bin da.« Gottes<br />
Wesen ist das »DA SEIN«. Gottes<br />
Wesen ist, so gesehen, die zeitlose<br />
Ewigkeit, die das DA SEIN<br />
selbst durchdringt. HIER, JETZT,<br />
NUN. Die Frage ist nur, ob<br />
wir dies erkennen bzw. auch<br />
erfahren können<br />
Das uranfängliche Angesicht<br />
Die Zen-Meditation will uns auf<br />
diese Ebene des Daseins führen,<br />
die kein Entstehen und kein Vergehen<br />
kennt. Meister Mumon,<br />
einer der alten Zen-Meister<br />
schreibt: Weder beschrieben<br />
kann es werden, noch gemalt.<br />
Kein Lob kann es erreichen. Hör<br />
auf, es mit dem Kopf begreifen<br />
zu wollen. Das uranfängliche<br />
Angesicht ist nie verborgen.<br />
Selbst wenn die Welt zugrunde<br />
geht, bleibt Es unzerstörbar.<br />
Und die christliche Mystik<br />
weiß: In der eigenen Tiefe, dort,<br />
wo die wahre Gottähnlichkeit<br />
der menschlichen Natur verborgen<br />
ist, wo sich seine hohe<br />
Berufung offenbart, dort sieht<br />
der Mensch das, was demjenigen,<br />
der nicht in sein eigenes<br />
Herz »hinabgestiegen« ist,<br />
vollkommen unbekannt bleibt.<br />
Erfahrung zählt mehr<br />
als Wissen<br />
Im tiefsten Grund seines Wesens<br />
findet sich der Mensch selbst<br />
als gottebenbildlicher Geist, als<br />
unsterbliche Person schaut er<br />
bildlos Gott.<br />
Natürlich ist es eigentlich<br />
müßig, über solch tiefe Erfahrungen<br />
des Ursprünglichen zu<br />
sprechen oder zu schreiben, da<br />
es sich niemals in Worte fassen<br />
lässt. Das gesagte bzw. geschriebene<br />
Wort kann bestenfalls ein<br />
Fingerzeig sein, der versucht,<br />
auf den Mond selbst zu weisen.<br />
Bleibe also nicht bei diesem<br />
Finger stehen ... du musst den<br />
Mond selbst am Himmel schauen<br />
... Selbst ein Tropfen Erfahrung<br />
ist mehr wert als ein Meer von<br />
Wissen …<br />
So heißt es im Zen.<br />
Den Geschmack des Zen kosten<br />
Auch diese Zeilen können also<br />
bestenfalls ein Ansporn sein, sich<br />
selbst auf den Weg zu machen,<br />
um den Geschmack des Zen<br />
selbst zu kosten. Denn das Lesen<br />
und Betrachten von Kochbüchern<br />
und Rezepten macht ja bekanntlich<br />
noch nicht satt.<br />
Othmar Franthal<br />
Zen-Meister und Leiter des Meditationshauses<br />
St. Franziskus in Dietfurt<br />
Othmar Franthal wurde1956 in Vorau<br />
(Österreich) geboren und hat vom<br />
20. Lebensjahr an regelmäßige Zen geübt;<br />
geschult wurde er von Prof. Nagaya,<br />
P. Lassalle, P. Viktor Löw, Kubota Jiun Roshi<br />
(Kamakura) und Yamada Ryoun Roshi<br />
(Tokyo). 1997 hat er die Lehrerlaubnis<br />
erhalten und wurde 2006 von Yamada<br />
Ryoun Roshi als Zenmeister (Jun-shike<br />
Associate Zen Master) autorisiert und<br />
anerkannt.<br />
Der Garten des <strong>Franziskaner</strong>klosters Dietfurt: Die ruhige, idyllische Lage trägt zur inneren Sammlung bei.<br />
28<br />
29
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />
Kurznachrichten<br />
Kapuzinerbischof Luigi Padovese (✝ 2010)<br />
Erinnerung an ermordeten Bischof<br />
Mit einer Gedenkstele für den ermordeten<br />
Kapuzinerbischof Luigi Padovese<br />
erinnert die Gemeinde Stegaurach<br />
im Bistum Bamberg an dessen Einsatz<br />
für den christlich-muslimischen<br />
<strong>Dialog</strong> in der Türkei. Padovese fiel am<br />
3. Juni 2010 einem Mordanschlag zum<br />
Opfer. Die Verbindung des gebürtigen<br />
Italieners zu der Gemeinde Stegaurach<br />
rührt daher, dass er dort über 35 Jahre<br />
hinweg die Seelsorger im Urlaub<br />
vertrat.<br />
Interreligiöses Gebet in Berlin<br />
Seit 2002 treffen sich in Berlin jeden<br />
1. Sonntag im Monat zwischen 20 und<br />
40 Menschen verschiedener Religionen<br />
auf dem Gendarmenmarkt zum<br />
gemeinsamen Gebet. Das öffentliche<br />
Gebet entwickelt sich ohne Vorgaben<br />
einer Leitungsgruppe und ist auf den<br />
Mut der Teilnehmenden angewiesen,<br />
sich in den geschützten Kreis der<br />
Mitbetenden einzubringen. Beginn ist<br />
jeweils um 15 Uhr vor dem Deutschen<br />
Dom.<br />
Symposion in Graz<br />
Bei einem Symposion, das die Franziskanische<br />
Familie vom 13. bis 14.<br />
Dezember in Graz veranstaltet, werden<br />
alte und neue Wege im Mittelpunkt<br />
stehen, die zum besseren gegenseitigen<br />
Verständnis der verschiedenen<br />
Religionen und Kulturen beitragen<br />
und den Frieden fördern.<br />
Die Tagung wird von der <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />
Austria und der Katholisch-Theologischen<br />
Fakultät Graz<br />
organisiert und findet im <strong>Franziskaner</strong>kloster<br />
und im Universitätszentrum<br />
Theologie in Graz statt. Zu dem<br />
»Gebet der Religionen um Frieden«<br />
am 13. Oktober um 19:30 Uhr im<br />
Kreuzgang des Minoritenklosters sind<br />
nicht nur die Konferenzteilnehmer<br />
eingeladen.<br />
Aufruf für eine prophetische Kirche<br />
»Ich bin gekommen, damit sie das<br />
Leben haben und es in Fülle haben.«<br />
(Joh 10,10) An diesem Wort Jesu orientieren<br />
sich zahlreiche einzelne sowie in<br />
Gruppen und Verbänden organisierte<br />
Christen, die gemeinsam einen Aufruf<br />
für eine prophetische Kirche unterschrieben<br />
haben. Mit dieser Initiative<br />
möchten sie ein Zeichen setzen für<br />
eine gerechte Verteilung der Güter<br />
und für den Erhalt der Schöpfung. Es<br />
werden weitere Unterstützer(-kreise)<br />
für die Kampagne gesucht. Genaue<br />
Informationen über den Aufruf,<br />
seinen Hintergrund und seine Ziele<br />
sowie eine Liste der bisher Unterzeichnenden<br />
gibt es im Internet unter<br />
www.leben-in-fuelle-fuer-alle.de.<br />
Ökumenischer Kodex für <strong>Mission</strong><br />
»<strong>Mission</strong> gehört zutiefst zum Wesen<br />
der Kirche. Darum ist es für jeden<br />
Christen unverzichtbar, Gottes Wort<br />
zu verkünden und seinen Glauben in<br />
der Welt zu bezeugen.«<br />
Mit diesen Worten beginnt ein<br />
ausdrücklich auf die Praxis zielendes<br />
Dokument, das fünf Jahre lang<br />
gemeinsam vom Ökumenischen<br />
Rat der Kirchen (ÖRK), dem Päpstlichen<br />
Rat für den Inter religiösen<br />
<strong>Dialog</strong> sowie der Weltweiten Evangelischen<br />
Allianz (WEA) erarbeitet<br />
und am 28. Juni in Genf der Öffentlichkeit<br />
vorgestellt wurde. Damit gilt<br />
es für 90 % der rund 2,2 Milliarden<br />
Christen weltweit.<br />
Das Empfehlungsschreiben enthält<br />
einen Aufruf zu ökumenischer<br />
Solidarität, zu vorbildhaftem Leben,<br />
zu sozialem und karitativen Handeln<br />
sowie die unbedingte »Ablehnung<br />
von Gewalt und Machtmissbrauch«<br />
jeder Art. Das Dokument ist im<br />
Internet veröffentlicht unter<br />
www.oikoumene.org/de.<br />
<strong>Franziskaner</strong><br />
»<strong>Franziskaner</strong>« – Das Magazin für Franziskanische Kultur und Lebensart<br />
30<br />
Der bekannte amerikanische <strong>Franziskaner</strong><br />
und Buchautor Richard Rohr<br />
ofm war im Juni zu Besuch in Deutschland.<br />
»<strong>Franziskaner</strong>« traf ihn zu einem<br />
Gespräch über männliche Spiritualität<br />
und Initiationsrituale und seinen<br />
Eindruck vom Zustand der Kirche in<br />
Deutschland und in der Welt.<br />
Weitere Themen: Die Fachstelle<br />
Franziskanische Forschung (FFF) in<br />
Münster // Abenteuer <strong>Franziskaner</strong><br />
– als Nichtchristin im Kloster Frauenberg<br />
// Geistlicher Wegbegleiter<br />
Um die kostenlos erhältliche<br />
Zeitschrift »<strong>Franziskaner</strong>«<br />
zu beziehen, wenden Sie<br />
sich bitte an:<br />
<strong>Franziskaner</strong>kloster<br />
Am Frauenberg 1<br />
36039 Fulda<br />
Angela Heiner<br />
Tel.: 06 61/10 95-36<br />
E-Mail: angela.heiner@franziskaner.de<br />
www.zeitschrift.franziskaner.de
<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />
Projekt<br />
Interreligiöser <strong>Dialog</strong> in den Projekten der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
Wo auch immer <strong>Franziskaner</strong> ihren<br />
Dienst verrichten, verstehen sie sich<br />
als Brückenbauer zwischen verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen, Kulturen<br />
und Religionen. Hierzu einige Beispiele<br />
aus den Projekten der <strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong>:<br />
Versöhnung nach dem<br />
Völkermord<br />
Seit der belgischen Kolonialzeit<br />
gibt es starke Rivalitäten zwischen<br />
den beiden größten Volksgruppen<br />
in Ruanda, den Hutus und<br />
den Tutsis. Die Konflikte kulminierten<br />
im Völkermord von 1994,<br />
bei dem innerhalb von 100 Tagen<br />
mehr als 800.000 Menschen ums<br />
Leben kamen. Durch den gemeinsamen<br />
Unterricht für junge Ruandesen<br />
an der Pater-Vjeko-Schule<br />
in Kivumu tragen die <strong>Franziskaner</strong><br />
zur Versöhnung und Normalisierung<br />
der Beziehungen zwischen<br />
den beiden Volksgruppen bei.<br />
Überwindung von Rassismus<br />
In Brasilien ist mehr als die<br />
Hälfte der Bevölkerung afrikanischer<br />
Herkunft und damit<br />
schwarz. Aber in Politik und<br />
Gesellschaft haben immer noch<br />
fast ausschließlich die Weißen<br />
das Sagen. Durch das Projekt<br />
»Educafro« bereiten die <strong>Franziskaner</strong><br />
schwarze Jugendliche auf<br />
die Zulassung zur Universität<br />
vor und fördern sie während des<br />
Studiums, soweit dies nötig und<br />
möglich ist, durch Stipendien.<br />
Die Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen<br />
trägt dazu bei,<br />
dass die Absolventen anschließend<br />
auch eine ihrer Ausbildung<br />
entsprechende Stelle erhalten.<br />
Relogiöse Vielfalt<br />
friedlich gelebt<br />
In einigen Teilen Afrikas führt das<br />
Zusammenleben von Christen<br />
und Muslimen zu gewaltsamen<br />
Konflikten. Im Sudan trennen<br />
sich nun nach jahrzehntelangem<br />
Bürgerkrieg der christliche Süden<br />
und der muslimische Norden<br />
voneinander. Ganz anders ist die<br />
Situation in Kenia. Dort leben<br />
Christen, Muslime und Anhänger<br />
anderer Religionsgemeinschaften<br />
friedlich zusammen – nicht<br />
zuletzt dank des unermüdlichen<br />
Einsatzes, den die <strong>Franziskaner</strong><br />
dort für Frieden und interreligiösen<br />
<strong>Dialog</strong> leisten.<br />
An der Pater-Vjeko-Schule in Kivumu lernen und feiern alle Bevölkerungsgruppen gemeinsam.<br />
Bitte tragen Sie durch Ihre<br />
Spende dazu bei, dass die<br />
<strong>Franziskaner</strong> weiter den<br />
Frieden zwischen den Völkern<br />
und Religionen fördern<br />
können.<br />
Spendenhinweis<br />
Bitte nutzen Sie den<br />
beiliegenden Überweisungsträger<br />
für Ihre Spende.<br />
Ab 50 Euro erhalten Sie<br />
von uns automatisch eine<br />
Spendenbescheinigung.<br />
Für Spenden unter 50 Euro<br />
erhalten Sie diese auf<br />
Anfrage.<br />
Telefon 02 31/17 63 37 5<br />
Fax 02 31/17 63 37 70<br />
info@franziskanermission.de<br />
Impressum<br />
<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> wird viermal im Jahr<br />
kostenlos den Freunden der franziskanischen<br />
<strong>Mission</strong>sarbeit zugestellt. <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />
erscheint im Auftrag der Deutschen <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />
von der Heiligen Elisabeth ( Germania),<br />
der Provinz von Bacabal ( Brasilien) sowie<br />
der <strong>Mission</strong>szentrale der Franzis kaner in<br />
Bonn-Bad Godesberg.<br />
Herausgeber <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>, Dortmund<br />
Verantwortlich Augustinus Diekmann ofm<br />
Redaktion Anke Chávez, Stefan Federbusch ofm,<br />
Natanael Ganter ofm, Frank Hartmann ofm,<br />
Thomas M. Schimmel, Alfons Schumacher ofm<br />
Fotos <strong>Franziskaner</strong>provinz Thailand: Titel, S. 3, 24.<br />
Augustinus Diekmann: S. 2 (alle). FM-Archiv: S. 3.<br />
Ernst Herb/KNA-Bild: S. 4. Benediktinerabtei<br />
dormitio: S. 6 –7. Thomas Schimmel: S. 8. Jugendtreff<br />
Köln-Vingst: S. 9. Ulrich Zankanella: S. 10 –11.<br />
<strong>Franziskaner</strong>provinz Bolivien: S. 12, 13. Philipp Bolik: S. 14 –15.<br />
Francis Kaviyil/MZF: Mittelseite. Nutzer, Wikimedia Commons<br />
(GNU-Lizenz): S. 18. Jorge Lázaro de Souza: S. 19. Salim Joseph:<br />
S. 20 –21. Hermann Borg: S. 22 – 23. <strong>Franziskaner</strong> provinz Thailand:<br />
S. 24. Forum der Völker, Werl: S. 25. Markus Heinze: S. 26 li.<br />
Nutzer, Wikimedia Commons (GNU-Lizenz): S. 26 re.<br />
Sabine Prinz: S. 27. <strong>Franziskaner</strong>kloster Dietfurt: S. 28 –29, Rückseite.<br />
Raimond Spekking cc-by-sa-3.0: S. 30. Ivica Perić: S. 31.<br />
Gestaltung sec GmbH, Osnabrück<br />
Druck IVD, Ibbenbüren; gedruckt auf Recycling-Papier<br />
31
Geh in die Stille<br />
und du wirst dich dort finden<br />
Geh zu dir<br />
und du wirst Gott dort finden<br />
Geh zu Gott<br />
und du wirst dich mitten in<br />
der Welt wiederfinden<br />
Verfasser unbekannt