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Die „goldene Finanzierungsregel“ - Anwalt-Suchservice

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ei Aktenbergen überempfindlich<br />

reagiert. In der Interessensammlung<br />

wurde dieser Punkt mit „Trauma X“<br />

dargestellt. Zugleich wurde seine persönliche<br />

Belastung nachvollziehbar, da<br />

er sich verpflichtet fühlt, nachhalten<br />

zu müssen, was von dem jungen Kollegen<br />

I noch nicht erledigt ist. <strong>Die</strong>se<br />

Belastung konnte mit „Elefantengedächtnis“<br />

umrissen werden. Damit<br />

wurde auch klargestellt, dass es ihm<br />

nicht um „Gängeleien“ oder „Überempflindlichkeiten“<br />

geht, sondern<br />

darum, die eigenständige Arbeitsleistung<br />

und Arbeitseinteilung zu gewährleisten,<br />

um damit eine Entlastung zu<br />

erreichen.<br />

Reinigendes Gewitter<br />

Am Ende der ersten Sitzung nach<br />

ca. 2,5 Stunden war eine Stimmung<br />

erreicht, die der Luft nach einem heftigen<br />

Gewitter gleicht. Es war viel „heruntergekommen“,<br />

aber es hatte auch<br />

gut getan und nun stand ein klarer<br />

Himmel vor einem. Aber es war noch<br />

nicht aufgeräumt und es bestand auch<br />

noch keine Sicherheit, dass nicht ein<br />

weiteres Gewitter einsetzt oder sich<br />

der Himmel wieder zuzieht.<br />

Vom Alltag wieder eingeholt<br />

Nach ca. drei Wochen wurde eine weitere<br />

Sitzung einberufen, um konkret<br />

an einem gemeinsamen Lösungsweg<br />

zu arbeiten. Zwischenzeitlich hatte<br />

der Alltag wieder Raum gewonnen.<br />

Der junge <strong>Anwalt</strong> I hatte sich aus der<br />

Erkenntnis der Interessensammlung<br />

bemüht, Rückstände abzubauen. Aber<br />

natürlich waren noch nicht alle Altakten<br />

erledigt. <strong>Die</strong> Stimmung war daher<br />

gemischt: auf der einen Seite war das<br />

Bemühen des jungen <strong>Anwalt</strong>s I deutlich<br />

geworden, die Rückstände abzuarbeiten.<br />

<strong>Die</strong>s wurde schon zu Beginn<br />

der Sitzung vom Senior anerkannt.<br />

Das Klima war jedoch stark belastet,<br />

da erneut eine Akte „liegen geblieben“<br />

war. <strong>Die</strong> Befürchtung: „Es geht alles<br />

wieder von vorne los!“ bzw. „Es hat<br />

sich nichts verändert!“ stand spürbar<br />

im Raum.<br />

Positives Arbeitsklima<br />

herstellen<br />

Zunächst war es daher wichtig, eine<br />

Gesprächsbasis zu finden, die eine<br />

innere Bereitschaft für eine gemeinsame<br />

Lösungssuche eröffnete. Deswegen<br />

wurde die zweite Sitzung damit<br />

eingeleitet, dass jeder schildern sollte,<br />

was das Positive an der Arbeit in der<br />

konkreten Kanzlei ist. Bei der Diskussion<br />

über den Stellenwert der Arbeit in<br />

dieser Kanzlei wurde deutlich, dass der<br />

junge Kollege I sich nicht einbezogen<br />

fühlte. Sowohl der Senior wie auch der<br />

junge Kollege II arbeiteten weitgehend<br />

in den gleichen juristischen Schwerpunkten,<br />

nämlich Familienrecht und<br />

Strafrecht, während der junge Kollege<br />

I mit den Themenbereichen Verkehrs-,<br />

Vollstreckungs- und Mietrecht sich<br />

ohne juristischen Austauschpartner<br />

sah. Ein Hinterfragen ergab, dass er<br />

das Gefühl hatte, mit seiner juristischen<br />

Arbeit nicht die gleiche Akzeptanz<br />

erreichen zu können. Er scheute<br />

sich, „seine“ juristischen Probleme in<br />

die gemeinsamen Gesprächsrunden<br />

einzubringen, einmal weil er fürchtete,<br />

die Anderen mit Dingen zu belasten,<br />

die er eben alleine entscheiden müsste,<br />

und zum anderen, weil er auch<br />

befürchtete, von den beiden anderen<br />

Kollegen keine Hilfestellung erfahren<br />

zu können. An dieser Stelle wurde<br />

erfahrbar, dass sich der junge Kollege<br />

I in einer „Außenseiterstellung“ fühlte.<br />

Deswegen wurde in die Interessensammlung<br />

nachträglich erneut eingestiegen<br />

und der Punkt „Akzeptanz des<br />

juristischen Könnens“ eingefügt.<br />

Lösungssuche zur Erprobung<br />

Nachdem diese Struktur offenbar<br />

wurde, eröffnete sich eine Lösungsdiskussion,<br />

in der die beiden familienrechtlich<br />

arbeitenden Kollegen<br />

einräumten, in der Sache zu schwierigen<br />

verkehrs-, miet- oder zwangsvollstreckungsrechtlichen<br />

Themen möglicherweise<br />

nicht die passende Rechtsprechung<br />

parat zu haben; auf der<br />

anderen Seite wurde aber konstatiert,<br />

dass schon die Diskussion mit Kollegen<br />

oft weiter helfe bzw. gemeinsam<br />

das weitere Vorgehen abgesprochen<br />

werden könne und so das negative<br />

Gefühl des „Alleingelassenseins“ mit<br />

schwierigen Fällen behoben werden<br />

kann. Außerdem wurde erkannt, dass<br />

durch die Hereingabe von Problemfällen<br />

auch die Akzeptanz der schwierigen<br />

Bearbeitung erfolgen kann. <strong>Die</strong><br />

wohltuende Wirkung eines Schriftsatzentwurfes<br />

wurde gewürdigt. Wenn<br />

erst mal etwas „da steht“, kann man<br />

gut darüber diskutieren, um ein besseres<br />

Ergebnis zu erzielen.<br />

Es konnte daran anschließend zielgerichtet<br />

folgende Lösung zur Erpro-<br />

MEDIATION<br />

bung vereinbart werden:<br />

Es werden regelmäßige Gesprächsrunden<br />

abgehalten<br />

Alle Kollegen sprechen offen ihre Problemfälle<br />

(„Bauchschmerzakten”) an<br />

In schwierigen Fällen werden frühzeitig<br />

Schriftsatzentwürfe zur gemeinsamen<br />

Diskussion gefertigt<br />

Der Entwurf soll möglichst nach der<br />

Hälfte der vorhandenen Frist vorliegen<br />

Am Ende der zweiten Sitzung wurde<br />

nach ca. 2,5 Stunden vereinbart, dass<br />

die Kollegen zunächst versuchen,<br />

anhand der erarbeiteten Kriterien<br />

eine Richtschnur für die gemeinsame<br />

Arbeit miteinander zu erproben. Es<br />

wurde ins Auge gefasst, dass nach ca.<br />

vier Monaten ein neuer Termin vereinbart<br />

werden sollte, da die gefundene<br />

Regelung dann die Feuerprobe, den<br />

arbeitsmäßig „heißen Herbst“ überstanden<br />

habe und man dann noch<br />

vorhandene Mängel ansprechen und<br />

nachbessern könne.<br />

Fazit<br />

Es zeigte sich jedoch, dass diese dritte<br />

Sitzung im Laufe des nächsten Jahres<br />

nicht erforderlich war. Ob das Wagnis<br />

„Mediation“ sich gelohnt habe, wurden<br />

die Teilnehmer ca. acht Monate<br />

nach der letzten Mediationssitzung<br />

befragt. Und siehe da: <strong>Die</strong> Medianten<br />

konnten einen besseren Umgang<br />

miteinander, mehr Respekt vor dem<br />

Anderen und ein freundlicheres<br />

Betriebsklima ausmachen. Eindeutig<br />

sahen sie dafür die Mediation als ausschlaggebenden<br />

Grund. Alle Teilnehmer<br />

waren sich zudem einig, dass sie<br />

die Mediation erst in die Lage versetzt<br />

habe, eigenständig die Probleme in der<br />

Kanzlei besser zu lösen.<br />

Autorin:<br />

Editha Brandt<br />

Mediatorin/Fachanwältin für<br />

Familienrecht<br />

56335 Neuhäusel, Eisenköppel<br />

Tel./Fax: 02620-95 48 81<br />

E-Mail: editha.brandt@t-online.de<br />

Internet:<br />

www.anwalt-familien-mediation.de<br />

6 / 2005 anwaltsreport<br />

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