Leseprobe (PDF-Datei) - Sieben Verlag
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leckte sich die Pfoten. Dann stellte sie sie manierlich nebeneinander<br />
und sah Onisha ruhig an. „Dachte ich es mir, dass du bei der erstbesten<br />
Gelegenheit kneifst und heulend zurück in deinen Palast rennst.<br />
Unter die Fittiche dieses MENSCHEN!“ Sie schnaufte verächtlich.<br />
„Ich finde es durchaus angebracht, in Erwägung zu ziehen, wieder<br />
nach Hause zu gehen. Nachdem ich diesen furchtbaren Sturm nur<br />
mit Müh und Not überlebt habe.“ Onisha erschauderte bei der Vorstellung,<br />
was alles hätte passieren können. Aber ihr behagte der Gedanke,<br />
alleine zurückzugehen, noch weniger.<br />
„Musst du immer so geschwollen daherreden? In Erwägung ziehen<br />
… Und dann diese schamlose Übertreibung: ‚mit Müh und Not<br />
überlebt‘ … Du hast vielleicht einen Knall.“<br />
„Es kann ja nicht jeder wie du durch die Gegend laufen. Schau dich<br />
doch einmal an. Du siehst aus wie ein wild gewordener Handfeger“,<br />
erwiderte Onisha eingeschnappt. Sie war es nicht gewöhnt, dass man<br />
so mit ihr sprach. Sascha von Hohenbergs Stimme hatte sich nie erhoben,<br />
auch wenn sie als kleines Kätzchen einmal Blödsinn angestellt<br />
hatte. Wenngleich das äußerst selten vorgekommen war. Onisha war<br />
nun einmal ein ruhiges, sittsames Katzenkind gewesen. Ruhig, sittsam<br />
und langweilig.<br />
Fleur war nicht im Geringsten beleidigt. Sie blickte Onisha herausfordernd<br />
an. „Ich ziehe jetzt weiter. Was ist, kommst du nun mit<br />
oder gehst du zurück?“<br />
Onisha überlegte nicht lange. Sie war fest davon überzeugt, dass sie<br />
alleine niemals nach Hause gefunden hätte. Mit ihrem Orientierungssinn<br />
war es nicht weit her. Das ist ja wohl stark untertrieben, dachte<br />
sie im Anfall eines Ehrlichkeitswahns, ich habe überhaupt keinen.<br />
Fleur ging einfach los. Sie wartete weder Onishas Antwort ab, noch<br />
achtete sie darauf, ob diese ihr folgte. Onisha blieb nichts anderes<br />
übrig, als eilig hinter ihr herzurennen. Fleur hatte eine Art, durch die<br />
Welt zu gehen, als gehöre sie ihr, und sie war dabei in ihrer Unternehmungslust<br />
nicht zu bremsen.<br />
Onisha betrachtete sie verstohlen. Fleur war wirklich eine Schönheit.<br />
Die Bezeichnung war keineswegs übertrieben. Man musste nur<br />
zweimal hinsehen, um sie zu entdecken. Unter all ihrer Wildheit verbarg<br />
sich ein Kleinod. Das Gesicht mit den ausgeprägten Zügen, die<br />
zierliche Gestalt und die unter ihrer Wuschelmähne verborgenen<br />
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