Leseprobe (PDF-Datei) - Sieben Verlag
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Onisha hockte gelangweilt auf ihrem Fensterplatz und beobachtete<br />
das rege Treiben in den angrenzenden Gärten unter sich. Aus jadegrünen<br />
Augenschlitzen starrte sie auf die gepflegten Rasenflächen<br />
und Blumenbeete. Ihr Blick verweilte an dem Kompostsilo und wanderte<br />
dann zu dem kunstvoll angelegten Teich. Dort saß wie jeden<br />
Tag diese Katze, über die sich Onisha immer maßlos ärgerte. Es war<br />
eine junge Herumtreiberin. Eine Regenrinnenkatze, die nirgends zu<br />
Hause war. Deren rötliches Fell wild in alle Richtungen abstand. Sie<br />
war unverschämt schlank und bewegte sich elegant und schnell. Und<br />
ihre Augen leuchteten in einem Himmelsblau, das einen anzog und<br />
bannte, wenn man auf ihren Blick traf.<br />
Das war Onisha jedoch nur dann möglich, wenn die Herumtreiberin<br />
den Kopf hob und zu ihr hinaufsah. Was sie auch regelmäßig und<br />
in einer so herausfordernden Art tat, die Onisha deutlich zeigte, dass<br />
die fremde Katze nicht gerade die beste Meinung von ihr hatte. Respektlos<br />
begegnete die Punkerin, wie Onisha sie heimlich nannte, aber<br />
auch den anderen Katzen, die sich in den Gärten tummelten. Sie<br />
zeigte nicht die geringste Spur Scheu oder gar Ehrfurcht. Selbst dann<br />
nicht, wenn der kräftige Kater ihren Weg kreuzte, der das Revier um<br />
den Garten herum für sich beanspruchte. Sie plusterte sich wie ein<br />
statisch geladener Staubwedel auf, wenn der Macho auf vier Pfoten<br />
ihren Weg kreuzte, und fauchte ihn feindselig an. Dabei wirkte sie<br />
nicht primitiv oder heruntergekommen. Selbst dann nicht, wenn sie<br />
ihm die Mittelkralle zeigte. Sie war allenfalls selbstbewusst und beeindruckend<br />
mutig.<br />
Onisha gähnte und streckte vorsichtig eine Pfote gegen die Fensterscheibe.<br />
Da traf sie der Blick der Streunerin. Doch ehe Onisha<br />
empört aufmaunzen konnte, hatte sich die andere herumgedreht und<br />
die Rasenfläche um den Teich verlassen. Onisha stieß einen verächtlichen<br />
Laut aus. Sie hatte nicht vor, allzu viele Gedanken um die<br />
merkwürdige Katze zu verschwenden. Wohlgefällig betrachtete sie<br />
stattdessen ihr gepflegtes Fell. Dann hob sie eine Pfote graziös in die<br />
Luft und putzte sie ausdauernd. Wie ein kleiner Waschlappen fuhr<br />
ihre raue Zunge über das pechschwarze Fell.<br />
Pah, dachte sie und verzog das Näschen. Was kümmert mich die<br />
Punkerin? Warum soll ich mir über sie Gedanken machen? Wir haben<br />
NICHTS gemein. Onisha liebte die Mittagsstunden, wenn die<br />
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