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ACHTUNG: DIE SCHWEIZ - File Server - educa.ch

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TEXTMATERIAL zum Kinodokumentarfilm «Max Fris<strong>ch</strong>, Citoyen» von Matthias von Gunten • <strong>ACHTUNG</strong>: <strong>DIE</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />

a<strong>ch</strong>tung:<br />

Die S<strong>ch</strong>weiz


TEXTMATERIAL zum Kinodokumentarfilm «Max Fris<strong>ch</strong>, Citoyen» von Matthias von Gunten • <strong>ACHTUNG</strong>: <strong>DIE</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />

a<strong>ch</strong>tung: die S<strong>ch</strong>weiz<br />

ein geSprä<strong>ch</strong> über unSere Lage<br />

und ein VorS<strong>ch</strong>Lag zur tat. 1955<br />

Die S<strong>ch</strong>weiz präsentiert si<strong>ch</strong> rund alle 25 Jahre in einer Ausstellung.<br />

Im Jahr 2002 ging die 6. S<strong>ch</strong>weizer Landesausstellung, die Expo 02,<br />

über die Bühne. Es wurden riesige Arteplagen gebaut, um na<strong>ch</strong> der<br />

Ausstellung mehrheitli<strong>ch</strong> wieder abgerissen zu werden.<br />

Gezeigt wurde, wie bereits bei den fünf vorherigen Ausstellungen,<br />

mehrheitli<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz, wie sie ist. Motivierende Gedankenanstösse<br />

und Ideen für eine gemeinsame und innovative Zukunftsplanung<br />

mit na<strong>ch</strong>haltiger Wirkung haben weitgehend gefehlt.<br />

Genau das kritisierte Max Fris<strong>ch</strong> bereits vor über 50 Jahren.<br />

Mit a<strong>ch</strong>tung: die S<strong>ch</strong>weiz hat er darum 1955, zusammen mit Lucius<br />

Bur<strong>ch</strong>hardt und Markus Kutter unter Zuzug der Ar<strong>ch</strong>itekten Rolf<br />

Gutmann und Theo Manz sowie Vertretern aus Wirts<strong>ch</strong>aft und Politik<br />

eine Idee für die Expo 1964 formuliert.<br />

Na<strong>ch</strong>folgend einige zusammenfassende Zitate aus diesem Pamphlet,<br />

das na<strong>ch</strong> Ers<strong>ch</strong>einen landesweit heftige Diskussionen und in der<br />

S<strong>ch</strong>weizerpresse über 1‘000 Kommentare und Beri<strong>ch</strong>te ausgelöst hat.<br />

« Die S<strong>ch</strong>weiz plant ni<strong>ch</strong>t in die Zukunft. Ein Gebiet wo si<strong>ch</strong> das<br />

zeigen könnte ist beispielsweise der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Städtebau,<br />

und es wird niemand behaupten, dass die vitale Frage, wie die<br />

S<strong>ch</strong>weiz von morgen oder au<strong>ch</strong> nur von heute aussehen soll, gelöst<br />

wäre. Im Gegenteil, wir stehen vor dieser Frage beinahe hilflos.<br />

Städtebau ist ni<strong>ch</strong>t das einzige Problem, gewiss ni<strong>ch</strong>t, aber bleiben<br />

wir dabei. Es ist ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>er als andere. Und es ist ein allgemeines<br />

Problem; jeder S<strong>ch</strong>weizer muss wohnen, jeder S<strong>ch</strong>weizer muss zur<br />

Arbeit gehen oder fahren, jeder S<strong>ch</strong>weizer ist sterbli<strong>ch</strong> und hat somit<br />

den Wuns<strong>ch</strong>, ni<strong>ch</strong>t überfahren zu werden, und er mö<strong>ch</strong>te au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

tägli<strong>ch</strong> eine Stunde in Verkehrsstockungen verbringen. Er mö<strong>ch</strong>te<br />

leben, und zwar so, wie es ihm gefällt, ein Leben, wie es ihm lebenswert<br />

ers<strong>ch</strong>eint. Mit andern Worten: er mö<strong>ch</strong>te eine Stadt, die seiner<br />

Lebensform entspri<strong>ch</strong>t – und diese Stadt hat er immer weniger.<br />

« In den zehn Na<strong>ch</strong>kriegsjahren hat si<strong>ch</strong> die Anzahl unserer<br />

Fahrzeuge vervielfa<strong>ch</strong>t; das Strassensystem aber, als System, ist<br />

das alte geblieben. Da und dort entsteht eine neue Überlandstrasse,<br />

die einigermassen entlastet, und mit einer Unsumme von Geld wird<br />

allenthalben erweitert, verbessert, geflickt. Das ist es: geflickt, denn<br />

es bleibt das alte System, bedingt dur<strong>ch</strong> unsere historis<strong>ch</strong>en Städte.<br />

(…)<br />

No<strong>ch</strong> jede Epo<strong>ch</strong>e, angefangen bei den Pfahlbauern, hat si<strong>ch</strong> das<br />

Haus und die Stadt gebaut, die ihren Mitteln und ihren Erfordernissen<br />

entspra<strong>ch</strong>en; nur wir ni<strong>ch</strong>t. Wieso ni<strong>ch</strong>t? Unsere Mittel sind<br />

grösser denn je, das ist unbestreitbar. (…)<br />

Das gilt au<strong>ch</strong> für die heutigen Wohnung, denn sie ist zwar heute gebaut,<br />

aber ni<strong>ch</strong>t heutig; sie gibt dem Heutigen keine Lebensform. Sie<br />

ist im Ausdrucksmässigen so tot, dass dagegen sogar das Antiquaris<strong>ch</strong>e<br />

no<strong>ch</strong> lebendiger wirkt.<br />

«<br />

Leider fehlt es ni<strong>ch</strong>t am Geld. Leider, denn es wäre die beste<br />

Ausrede. Wir befinden uns sogar in einem Zustand, den die<br />

Financiers als Kapitals<strong>ch</strong>wemme bezei<strong>ch</strong>nen. Vorhandenes Kapital<br />

wird ni<strong>ch</strong>t zu Gründungen verwendet, sondern gespei<strong>ch</strong>ert; vorhandene<br />

Energie wird ni<strong>ch</strong>t in Leistung umgesetzt, sondern in Angst vor<br />

dem Verlust; vorhandenes Wissen findet keine Anwendung, keine<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten.<br />

Es fehlt nur die Tat.


TEXTMATERIAL zum Kinodokumentarfilm «Max Fris<strong>ch</strong>, Citoyen» von Matthias von Gunten • <strong>ACHTUNG</strong>: <strong>DIE</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />

« Es geht ni<strong>ch</strong>t ohne die Tat, ohne eine Wandlung unseres<br />

Denkens. Und da die Tat fehlt, widmet man si<strong>ch</strong> seiner persönli<strong>ch</strong>en<br />

Karriere. Die S<strong>ch</strong>weiz als Ganzes, so s<strong>ch</strong>eint es, ist keine<br />

Aufgabe mehr; die S<strong>ch</strong>weiz begnügt si<strong>ch</strong> mit Kompromissen, mit<br />

halbbatzigen Provisorien, Mit zukunftloser Improvisation von Misere<br />

zu Misere.<br />

« Die Resignation gilt als demokratis<strong>ch</strong>e Weisheit. Und also<br />

wu<strong>ch</strong>ern unsere Städte, wie’s halt kommt, ges<strong>ch</strong>würartig, dabei<br />

sehr hygienis<strong>ch</strong>; man fährt eine halbe Stunde lang mit einem blanken<br />

Trolleybus und sieht das Erstaunli<strong>ch</strong>e, dass die Vergrösserung<br />

unserer Städte zwar unaufhaltsam stattfindet, aber keineswegs zum<br />

Ausdruck kommt. (…)<br />

« Wir leben provisoris<strong>ch</strong>, das heisst: ohne Plan in die Zukunft.<br />

Unsere politis<strong>ch</strong>en Parteien sind passiv. Sie kümmern si<strong>ch</strong><br />

gerade no<strong>ch</strong> um die Gegenwart, um Amtsperioden und die nä<strong>ch</strong>sten<br />

Wahlen; (…)<br />

Es fehlt ihnen jede Grösse eines gestalteris<strong>ch</strong>en Willens, und darum<br />

sind sie so langweilig, dass die jungen Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t von ihnen<br />

spre<strong>ch</strong>en. Unsere Politik ist ni<strong>ch</strong>t Gestaltung, sondern Verwaltung,<br />

weit davon entfernt, aus den Gegebenheiten der Gegenwart eine<br />

andere Zukunft zu planen. Wozu soll die Zukunft anders sein? Sie<br />

wird aber anders sein, ohne unser Zutun, gegen uns. (…)<br />

« Wir wollen die S<strong>ch</strong>weiz ni<strong>ch</strong>t als Museum, als europäis<strong>ch</strong>er<br />

Kurort, als Altersasyl, als Passbehörde, als Tresor, als Treffpunkt<br />

der Krämer und Spitzel, als Idylle; sondern wir wollen die S<strong>ch</strong>weiz als<br />

ein kleines, aber aktives Land, das zur Welt gehört. (…)<br />

« Was ni<strong>ch</strong>t ohne Streit gehen wird, selbstverständli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t; wir<br />

werden streiten müssen. Aber er wird uns ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en,<br />

sondern stärken; denn es wäre endli<strong>ch</strong> wieder ein Streit um das<br />

Wesentli<strong>ch</strong>e, und es wird si<strong>ch</strong> zeigen, wieviel lebendiger Geist no<strong>ch</strong><br />

vorhanden ist. Oder sind wir bereits eine Mumie, die man besser<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr berührt?<br />

« Wir wollen die S<strong>ch</strong>weiz als eine Aufgabe.<br />

Fangen wir an -<br />

Wir, das heisst: alle, wel<strong>ch</strong>e die S<strong>ch</strong>weiz ni<strong>ch</strong>t für eine Mumie halten<br />

- zum Beispiel: Irgendwo im Seeland, im Dreieck zwis<strong>ch</strong>en Bieler-,<br />

Murten- und Neuenburgersee, nahe der Spra<strong>ch</strong>grenze, an einem<br />

Wasser gelegen, eingebettet in eine der rei<strong>ch</strong>sten Bauerngegenden<br />

der S<strong>ch</strong>weiz, in Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft zur mittelgrossen und kleinen<br />

Industrie. Oder wir da<strong>ch</strong>ten an das Rhonedelta, eine ausgespro<strong>ch</strong>en<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Lands<strong>ch</strong>aft, bestimmt dur<strong>ch</strong> See und Gebirge. (…)<br />

« Im Ernst: gründen wir eine Stadt.<br />

Die Stadt, die es zu gründen gilt, soll eine Musterstadt sein in<br />

dem Sinne, dass sie eine Entwicklung einleitet, die natürli<strong>ch</strong>erweise<br />

au<strong>ch</strong> sie überholen wird, also ni<strong>ch</strong>t eine Endstation, ni<strong>ch</strong>t ein Diktat,<br />

dem die Standardisierung aller S<strong>ch</strong>weizerstädte folgt. Wir meinen<br />

keinen Unsinn, sondern einen Versu<strong>ch</strong>, der uns in jedem Fall, ob er<br />

glückli<strong>ch</strong>er oder etwas weniger glückli<strong>ch</strong> gelingt, zeigen wird, wo<br />

wir mit unseren Problemen stehen. (…)<br />

« Es werden Millionen um Millionen, (…) Jahr für Jahr verbaut:<br />

für eine provisoris<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>weiz, eine bereits überholte S<strong>ch</strong>weiz,<br />

(…) eine lä<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>weiz, eine S<strong>ch</strong>weiz mit der blinden Emsigkeit<br />

der S<strong>ch</strong>ildbürger.<br />

« Die Frage ist brennend, und zwar für alle, ni<strong>ch</strong>t für die Fa<strong>ch</strong>leute<br />

allein; die Stadt, die wir gründen wollen, gründen wir<br />

ni<strong>ch</strong>t für die Ar<strong>ch</strong>itekten und Ingenieure und Verkehrspolizisten,<br />

sondern für uns, für die S<strong>ch</strong>weiz: als Prüfung, ob wir wissen, was für<br />

eine Zukunft wir wollen, und ob die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Idee no<strong>ch</strong> die<br />

vitale Kraft hat, ihre Manifestation zu wagen.<br />

«<br />

(…) Das ist aber der Punkt: die S<strong>ch</strong>weiz s<strong>ch</strong>eint ni<strong>ch</strong>t zu wissen,<br />

was sie will, und überlässt ihre Zukunft der glückli<strong>ch</strong>en oder<br />

unglückli<strong>ch</strong>en Hand ihrer Beamten. Das Ergebnis ist ni<strong>ch</strong>t verwunderli<strong>ch</strong>,<br />

aber ers<strong>ch</strong>reckend. (…)


TEXTMATERIAL zum Kinodokumentarfilm «Max Fris<strong>ch</strong>, Citoyen» von Matthias von Gunten • <strong>ACHTUNG</strong>: <strong>DIE</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />

« Die Stadt, die es zu gründen gilt, muss mindestens 0 000 bis<br />

5 000 Einwohner haben. Dieses Minimum ergibt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

aus einem pathetis<strong>ch</strong>en Bedürfnis, sondern aus der Re<strong>ch</strong>nung, denn<br />

sobald die Einwohnerzahl kleiner wäre, kommen wir ni<strong>ch</strong>t zu den<br />

Anlagen, die zum Gesi<strong>ch</strong>t einer Stadt gehören. Und der Vors<strong>ch</strong>lag<br />

verliert seinen Sinn, wenn es ni<strong>ch</strong>t zu einem Gesi<strong>ch</strong>t kommt; es<br />

geht darum, eine Musterstadt oder Versu<strong>ch</strong>sstadt aufzustellen, die<br />

Gelegenheit bietet, alle lebenswi<strong>ch</strong>tigen Probleme unserer Existenz<br />

gemäss den neuesten Erkenntnissen in Angriff zu nehmen, und<br />

selbstverständli<strong>ch</strong> muss sie leben können als Einheit. Sie kann ni<strong>ch</strong>t<br />

das Anhängsel einer bestehenden Stadt sein. Sie soll Anspru<strong>ch</strong> erheben<br />

können, Ausdruck der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Demokratie im<br />

0. Jahrhundert zu sein, ni<strong>ch</strong>t mehr und ni<strong>ch</strong>t weniger.<br />

« (…) Wer je erlebt hat, wel<strong>ch</strong>e Kräfte zum Vors<strong>ch</strong>ein kommen,<br />

wenn eine Generation von dem kühnen Bewusstsein getragen<br />

wird, für das Gesi<strong>ch</strong>t ihres Landes verantwortli<strong>ch</strong> zu sein, der weiss,<br />

wieviel mehr Glückli<strong>ch</strong>keit mögli<strong>ch</strong> ist, als wir sie in der heutigen<br />

S<strong>ch</strong>weiz finden, und zwar in unserer Zeit.<br />

« Unser Vors<strong>ch</strong>lag, eine s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Stadt zu bauen, ist freili<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t aus der Sorge geboren, wie man die nä<strong>ch</strong>ste Landesausstellung<br />

ma<strong>ch</strong>en soll; der Hase läuft umgekehrt: wir wollen eine<br />

Stadt gründen und eine Manifestation wagen, die nur gelingen<br />

kann, wenn sie von Anfang an und bis zum Aufri<strong>ch</strong>tefest und darüber<br />

hinaus als eine Angelegenheit des ganzen Volkes verstanden<br />

und empfunden wird.<br />

« Man sehe si<strong>ch</strong> die Budgets unsrer Städte an, man re<strong>ch</strong>ne<br />

zusammen, was allein das beliebte Strassenaufreissen mit<br />

ans<strong>ch</strong>liessendem Zus<strong>ch</strong>ütten kostet, das stete Ein-wenig-verbreitern,<br />

das immerwährende Korrigieren und Umlegen und Leider-wiederaufreissen-müssen.<br />

All dies kann unsere Stadt si<strong>ch</strong> auf Jahrzehnte<br />

hinaus ersparen, weil sie ni<strong>ch</strong>t das Heute flickt, sondern ihre Zukunft<br />

plant. Und es wird trotzdem ni<strong>ch</strong>t langweilig sein, au<strong>ch</strong> wenn man<br />

in unsrer Stadt ni<strong>ch</strong>t jahrein und jahraus die Pressluftbohrer hört, es<br />

wird nur etwas stiller sein.<br />

Unsere Stadt wird billiger sein. Sie kann si<strong>ch</strong> leisten, was man si<strong>ch</strong> in<br />

unseren bisherigen Städten ni<strong>ch</strong>t leisten kann. Sie kann beispielsweise<br />

ihre Strassen so breit ma<strong>ch</strong>en, dass es für Fahrer wie Fussgänger<br />

eine alltägli<strong>ch</strong>e Freude ist, die Stadt zu dur<strong>ch</strong>queren. Sie kann es si<strong>ch</strong><br />

leisten, eine Gartenstadt zu sein.<br />

« (…) Die Stadt, die wir gründen, finanziert si<strong>ch</strong> aus der Aufwertung.<br />

Sie ers<strong>ch</strong>liesst ein Gebiet, das si<strong>ch</strong> bisher auf einem geringen<br />

Nutzungsgrad befunden hat, und erzeugt eine wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Intensivierung, dadur<strong>ch</strong> dass sie gebaut wird. (…)<br />

Wenn es gelingt, eine s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Stadt zu gründen, die na<strong>ch</strong>her<br />

lebt, ist die Finanzierung grundsätzli<strong>ch</strong> gelöst. Die Häuser in<br />

dieser Stadt werden genau so viel wert sein wie in anderen Städten,<br />

viellei<strong>ch</strong>t sogar mehr. Die Industrien, die si<strong>ch</strong> in der neuen Stadt<br />

niederlassen, finden einige Probleme gelöst, die anderswo fast nie<br />

wirkli<strong>ch</strong> gelöst werden können: sie wissen, wo ihre Belegs<strong>ch</strong>aften<br />

wohnen können, und zwar wohnen diese Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t irgendwo<br />

im leeren Land, wo sie nur ihre Fabrik und die Villa ihres Direktors<br />

sehen, sondern sie wohnen in einer kleinen, lebendigen, na<strong>ch</strong> den<br />

Bedürfnissen heutiger Mens<strong>ch</strong>en angelegten Stadt, wo au<strong>ch</strong> endli<strong>ch</strong><br />

einmal (im Gegensatz zu den alten Städten, wo es ni<strong>ch</strong>t zu ma<strong>ch</strong>en<br />

ist) der Weg von der Arbeit zur Wohnung ein vernünftiger ist. Was<br />

die öffentli<strong>ch</strong>en Bauten betrifft, so finanzieren sie si<strong>ch</strong> teils aus der<br />

Landesausstellung, das heisst es kommt ihnen die Summe zugute,<br />

die sonst für eine temporäre Ausstellung vers<strong>ch</strong>wendet wird, zum<br />

andern Teil wird es kein S<strong>ch</strong>aden sein, wenn die neue Stadt mit einer<br />

angemessenen öffentli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>uld beginnt - das gibt ihr die eidgenössis<strong>ch</strong>e<br />

Realität!<br />

« Unsere S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>e (in der Auseinandersetzung dieses Jahrhunderts)<br />

ist die grausli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>e, dass wir, als Land, seit Jahren<br />

aufgehört haben zu denken, zu entwerfen; wir sind die Erben und<br />

Nutzniesser einer grossen Idee - ohne aus einer eigenen Idee zu<br />

leben.<br />

«<br />

Unsere Hoffnung: Dass man dur<strong>ch</strong> ein Unternehmen, das vom<br />

Volk gewollt wird, zur grundsätzli<strong>ch</strong>en Auseinandersetzung<br />

kommt, was wir uns unter unseren s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>lagworten<br />

vorstellen, und dass die S<strong>ch</strong>weiz si<strong>ch</strong> besinnen muss, wo sie steht,


TEXTMATERIAL zum Kinodokumentarfilm «Max Fris<strong>ch</strong>, Citoyen» von Matthias von Gunten • <strong>ACHTUNG</strong>: <strong>DIE</strong> <strong>SCHWEIZ</strong> 5<br />

woher sie kommt und wohin sie will; - dass es zur Wiedergeburt der<br />

lebendigen Idee kommt, zu einem Plan, der uns gegenwärtig ma<strong>ch</strong>t,<br />

indem wir etwas Zukünftiges haben -; dass es ni<strong>ch</strong>t nur angenehm<br />

und bequem ist, S<strong>ch</strong>weizer zu sein, sondern eine Freude …<br />

Quelle Lucius Burckhardt, Max Fris<strong>ch</strong>, Markus Kutter:<br />

a<strong>ch</strong>tung: die S<strong>ch</strong>weiz. Ein Gesprä<strong>ch</strong> über unsere Lage<br />

und ein Vors<strong>ch</strong>lag zur Tat<br />

Zuerst ers<strong>ch</strong>ienen als Bros<strong>ch</strong>üre im Januar 955,<br />

Verlag Felix Hands<strong>ch</strong>in, Basel. Au<strong>ch</strong> in GW III 9 ff.<br />

Text zur Verfügung gestellt vom<br />

Max Fris<strong>ch</strong> - Ar<strong>ch</strong>iv<br />

ETH-Bibliothek<br />

Lesesaal Spezialsammlungen<br />

ETH Zentrum HG H 7.<br />

Rämistrasse 0<br />

809 Züri<strong>ch</strong><br />

Tel: + (0) 6 0 5<br />

Fax: + (0) 6 0<br />

E-Mail: mfa@library.ethz.<strong>ch</strong><br />

website: www.mfa.ethz.<strong>ch</strong><br />

Mit freundli<strong>ch</strong>er Genehmigung des<br />

Suhrkamp Verlags Frankfurt am Main

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