Z e i t s c h r i f t f ü r i n n o v a t i o n - Lemmens Medien GmbH
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Public Affairs Hans F. Bellstedt (Hrsg.)<br />
10 news & facts<br />
PUBLIC AFFAIRS<br />
Transparenter Lobbyismus…!?<br />
Spielräume und Grenzen der Interessenvertretung<br />
Hans F. Bellstedt (Hrsg.)<br />
Public Affairs<br />
Strategien und Instrumente der Interessenvertretung<br />
f<strong>ü</strong>r Wissenschaft, Wirtschaft und Institutionen<br />
<strong>Lemmens</strong><br />
Der Sammelband „Public Affairs. Strategien und Instrumente<br />
der Interessenvertretung f<strong>ü</strong>r Wissenschaft, Wirtschaft<br />
und Institution“ ist zum Preis von 35,00 Euro erhältlich<br />
bei der <strong>Lemmens</strong> <strong>Medien</strong> <strong>GmbH</strong> (www.lemmens.<br />
de), ISBN 978-3-86856-002-2.<br />
BerLin. Gibt es „gute“ und „böse“ Lobby-<br />
isten? ist Lobbyismus ein (notwendiges)<br />
<strong>ü</strong>bel? nach den Journalisten und den Po-<br />
litikern haben die Lobbyisten im regie-<br />
rungsviertel wohl den allerschlechtesten<br />
ruf. Zu Unrecht? rund 5.000 Lobbyisten<br />
sind hauptberuflich damit beschäftigt, in<br />
Politik und <strong>Medien</strong> die interessen ihrer<br />
auftraggeber und verbände durchzusetzen.<br />
Dies legt den verdacht nahe, Politik<br />
werde zunehmend hinter verschlossenen<br />
t<strong>ü</strong>ren gemacht, demokratische Prozesse<br />
von Lobbyismus und einzelinteressen unterlaufen.<br />
Im Dezember 2010 haben rund 70 interessierte<br />
Gäste ihren Weg nach Berlin Mitte gefunden.<br />
„Immer diese Lobbyisten…!?“ heißt<br />
es provokant auf Einladung und B<strong>ü</strong>hnenkulisse.<br />
Geladen hatte Hans Bellstedt vom House<br />
wissenschaftsmanagement 6 • november/dezember • 2010<br />
of Public Affairs (hbpa <strong>GmbH</strong>) und Herausgeber<br />
eines k<strong>ü</strong>rzlich erschienenen Sammelbandes<br />
zum Thema „Public Affairs“. Ziel des<br />
Abends, erklärt Bellstedt in seiner Begr<strong>ü</strong>ßung,<br />
sei es „zur Versachlichung der Lobbyismusdebatte<br />
beizutragen“. Erste Schritte in diese<br />
Richtung stellt bereits der Ausdruck „Public<br />
Affairs“ dar: Ein Anglizismus, der bisher weniger<br />
negativ belastet ist, als seine Vettern PR<br />
und Lobbyismus.<br />
Kontrollierter Lobbyismus<br />
Unter den geladenen Experten befinden sich<br />
Vertreter von NGOs, der Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Politik. Die SPD-Bundestagsabgeordnete<br />
und Ministerin a.D., Edelgard<br />
Bulmahn, liefert den Aufschlag: Interessensverbände<br />
seien ein wichtiger, gar elementarer<br />
Bestandteil einer Demokratie, betont sie. Nur<br />
d<strong>ü</strong>rfe Lobbyismus nicht z<strong>ü</strong>gellos betrieben<br />
werden, weshalb sie ein Lobbyistenregister,<br />
das Finanzierungswege klar aufzeigt, fordere.<br />
Auch m<strong>ü</strong>sse Bestechung endlich als Straftat<br />
geahndet werden. „Lobbyismus ja, aber<br />
Transparenz!“ lautet die von Bulmahn vorgegebene<br />
Parole des Abends, und der Zuhörer<br />
merkt schnell, ein Streitgespräch wird heute<br />
nicht aufkommen.<br />
Björn Moeller, Lobbyist f<strong>ü</strong>r den Pharmakonzern<br />
Johnson & Johnson und von Moderator<br />
Daniel Goffart, Leiter der Handelsblatt-Hauptstadtredaktion,<br />
zuvor mit einem Augenzwinkern<br />
als Vertreter der „bösen“ (im Gegensatz<br />
zu NGOs und Verbrauchersch<strong>ü</strong>tzern als<br />
Vertreter der „guten“) Lobbyisten vorgestellt,<br />
bem<strong>ü</strong>ht sich eingangs noch um eine Stichelei:<br />
Auch „die Abgeordneten sind in der Pflicht“.<br />
Sie m<strong>ü</strong>ssten sich ja schließlich nicht auf Gespräche<br />
mit seinesgleichen einlassen, so<br />
Moeller. Im späteren Verlauf der Diskussion<br />
hört der Wirtschaftsvertreter jedoch andächtig<br />
zu und nickt beipflichtend, als die ehemalige<br />
Bundesministerin zum wiederholten Mal betont,<br />
dass Lobbyismus an sich nichts Schlimmes<br />
sei. Ihre Kritik treffe niemanden, der mit<br />
ihr auf der B<strong>ü</strong>hne sitze. Fragw<strong>ü</strong>rdig werde es<br />
immer dann „wenn nicht klar ersichtlich ist,<br />
von wem man angesprochen wird.“ Das sei<br />
bei der Pharmaindustrie ebenso wenig der<br />
Fall wie bei der Atomlobby, die ihre Interessen<br />
stets öffentlich erkennbar mache. Negativbeispiele<br />
wollten der SPD-Politikerin spontan<br />
nicht einfallen. Josef Zens, Sprecher der<br />
Leibniz-Gemeinschaft, eilt ihr zur Hilfe: Das<br />
Europäische Institut f<strong>ü</strong>r Klima und Energie<br />
(EIKE) sei ein solcher Fall. Hier gaukele „ein<br />
Postfachunternehmen Wissenschaftlichkeit<br />
vor, um den Klimawandel zu leugnen“.<br />
Integrität nicht in Gefahr<br />
Dennoch: Die deutsche Wissenschaft, da sind<br />
sich alle Diskussionsteilnehmer weitestgehend<br />
einig, sei in ihrer Integrität generell nicht gefährdet.<br />
Drittmittel seien nun einmal notwendig,<br />
als Dienstleistung in Auftrag gegebene<br />
Gutachten ebenso. „Forschung und Wirtschaft<br />
m<strong>ü</strong>ssen zusammenarbeiten“, so Frau Bulmahn<br />
abschließend. Josef Zens ergänzt, dass erstens<br />
„stets der Auftraggeber von Gutachten klar benannt<br />
wird“ und zweitens stets ergebnisoffen<br />
und „ohne Bias“ geforscht werden m<strong>ü</strong>sse. Die<br />
Währung eines Wissenschaftlers sei schließlich<br />
sein Ruf. Helga Springeneer, von der Verbraucherzentrale<br />
merkt hierzu an, dass Politiker und<br />
Journalisten „schlichtweg auf Expertise angewiesen“<br />
seien.<br />
Interessenverbände und transparenter Lobbyismus<br />
seien letztendlich ein notwendiges und<br />
legitimes Mittel, eigenen Interessen Gehör zu<br />
verschaffen. Das gelte f<strong>ü</strong>r Großunternehmen,<br />
aber auch f<strong>ü</strong>r Hochschulen und Wissenschaft<br />
insgesamt, so der generelle Konsens der Expertenrunde.<br />
curd Kn<strong>ü</strong>pfer