Klare Anleitung - Fzarchiv.de

MANAGEMENT
Klare Anleitung
Vollzug des Produktsicherheitsgesetzes bedenken
Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) und Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) können
einen Einfluss auf die Struktur und Dokumentation im Wertschöpfungsprozess haben.
Was durch eine Verbraucherbeschwerde ausgelöst wird, kann Arbeit und Kosten verursachen.
Als Verbraucher ärgert man sich über
ein unsicheres, schlecht dokumentiertes
Produkt und als Hersteller ist man froh
über alles, was man im Rahmen eines
modernen Supply-Chain-Prozesses nicht
auch noch organisieren muss, weil es
Arbeitszeit und Mühe kostet.
Geht jedoch, aus welchen Gründen
auch immer, am Ende der Herstellungsund
Lieferkette beim Verbraucher etwas
schief, so kann eine Anzeige wegen
Versto ßes gegen das Produktsicherheits -
gesetz (ProdSG) oder Produkthaftungsgesetz
(ProdHaftG) bei der zuständigen
Aufsichts behörde für Arbeit und Kosten,
vielleicht sogar einen teuren Rückruf sorgen.
So trivial, vielleicht lächerlich es auf den
ersten Blick klingen mag, eine Montageanleitung,
die lieblos gestaltet ist, feh -
lende, aber notwendige Informationen
oder eine miserable Bedienungsanleitung
können eine Lawine entlang einer Lieferkette
in Gang setzen. Dann, wenn nicht
auszuschließen ist, dass die Sicherheit
der Verbraucher gefährdet ist.
Unklare Bedienungsanleitungen
So kann eine ungenaue Montageanleitung
von extern bezogenen Kleinteilen wie
bei spielsweise Verbindungselementen in
Tüten und eine leichtfertig gekritzelte
Skizze, die einem Haushaltsprodukt beigefügt
sind, den Stein ins Rollen bringen.
Ein Kunde stellt beispielsweise fest, dass
das gelieferte Teil nicht ordnungsgemäß
dokumentiert ist, sei es die Verständlichkeit,
Erkennbarkeit oder auch das Risiko
einer falschen Montage.
Er schaut dann ganz praktisch nach, welches
Unternehmen das Produkt in den
Verkehr gebracht hat, und wendet sich
an das zuständige Regierungspräsidium,
Wirtschaftministerium oder die Regierung,
um sich nach dem sogenannten Mark t -
überwacher beziehungsweise Zuständi-
8 · INDUSTRIEBEDARF 3/2013
gen für die Überwachung der anzuwendenden
Gesetze zu erkundigen. Die be -
hördliche Zuständigkeit liegt in Deutsch -
land in Länderhand und die erste Anlaufstelle
ist in der Regel das Regierungspräsidium,
in dem der Inverkehrbringer seinen
Sitz hat. In der Regel reicht eine kurze
telefonische Abklärung, um die Anzeige
letztlich an den richtigen be hördlichen
Adressaten zu richten. Da zu reicht es für
den Verbraucher den Sachverhalt darzulegen.
Die „weitere Veranlassung“, wie es in der
präzisen und sehr effizienten Behördensprache
heißt, wenn ein Vorgang auf
den richtigen Tisch bugsiert wird, erfolgt
durch die Behörde, bei der die Anzeige
erfolgt ist. Die Dinge gehen dann in der
Regel sehr zügig ihren Gang, weil die
mögliche, nicht auszuschließende Gefähr -
dung von Verbrauchern schwerer wiegt
als eine etwas zu große Werbetafel an
einem Geschäftshaus. Nämlich unverzüglich.
Aber auch über das Internet gibt es für
den Verbraucher die Möglichkeit, EU-weit
einen möglichen Verstoß an zu zeigen.
Und zwar über die Website www.icsms.
org. Dahinter steckt das European Market
Surveillance System, das in sämt li -
chen Amtssprachen die strukturierte und
schnelle Meldung für den Verbraucher
erlaubt. Meldungen, die hierüber erfolgen,
werden in einer zentralen Datenbank
gespeichert, deren Einträge über eine
Suchmaske abrufbar sind.
Somit besteht die Möglichkeit der EUweiten,
amtlichen Überprüfung von für
den Verbraucher in Verkehr gebrachten
Produkten, die eventuell nicht rechts -
konform sind.
Händler als Inverkehrbringer
gefordert
Klar ist, wenn beispielsweise ein Han -
dels unternehmen um Stellungnahme mit
Frist setzung gegenüber der zuständigen
Be hörde aufgefordert wird, dass die -
ses absolut nicht begeistert ist. Denn es
muss fristgerecht reagieren, prüfen und
nö tigenfalls entlang seiner eigenen Supply
Chain diesen „Kelch weiterreichen“.
Nimmt man alleine den bereits erwähnten
Beutel mit Verbindungselementen bei ei -
nem Haushaltsgegenstand, der irgendwo
an einem Punkt in die Supply Chain gebracht
worden ist, dann hat der Handel
zu klären, bei welchen Produkten und
somit von wem dieses fehlerhafte Produkt
in den Verkehr gebracht worden ist.
Dies kann möglicherweise zu einer Sisyphus-Arbeit
werden, wenn verschiedene
Produzenten des Hauptproduktes im
Spiel sind und die Kommissionierung bei
einem Dienstleister, der es in einheitlich
gestaltete Kartons packt, erfolgt. Kurz -
um, es wird komplex, kompliziert und
teuer. Alleine schon deshalb, weil der
Sachverhalt rechtskonform zu klären ist.
Auch ohne eine notwendige Rückruf -
aktion ein mühseliges, ressourcenfressendes
Unterfangen…
Auch das Internet zählt
Das Internet ist praktisch, weil der Verbraucher
dort mit wenigen Klicks eine
Bedienungsanleitung „downloaden“ kann.
Solange sie ordnungsgemäß ist, ist das
im Sinne der Kostengestaltung entlang
der Supply Chain sicherlich interessant.
Nur, wenn sich beispielsweise der mit der
Materie unvertraute Inverkehrbringer die
Sache zu einfach macht und ein Pro -
dukt mit einem reichlich überschaubaren
Zettel in zwei oder drei Amtssprachen
beilegt, auf das Internet verweist und dort
beispielsweise nur auf Englisch die Kunden
informiert, dann braucht er sich nicht
zu wundern, wenn das Ärger bringt. Vielleicht
sogar noch mit einem Marken -
zeichen eines Unternehmens versehen,

das für diesen Zweck genutzt werden
darf, aber das selbst von der Lücken -
haftigkeit nichts weiß.
Man braucht sich nicht großartig aus -
zumalen, was geschieht, wenn aufgrund
einer falschen Bedienung, die möglich
war, weil keine hinreichend verständliche
und erschöpfende Information vorlag,
ein Schaden angerichtet worden ist.
Konsistente Dokumentation
sicherstellen
Unabhängig von den möglichen Aus -
wirkungen einer mangelhaften Produkt -
in formation im Sinne des Verbraucherschutzes,
ist es aus technischer Sicht
sinnvoll, das Produkthaftungsgesetz und
Produktsicherheitsgesetz zu beachten
und deren Maßgaben grundsätzlich und
vollumfänglich zu implementieren. In je -
dem Bereich der Supply Chain. Denn,
durch die Beachtung der Maßgaben wird
nicht alleine die Produktsicherheit ge -
fördert, sondern auch die Methodik der
Produktentwicklung und -herstellung verbessert.
Denn, wenn die anzuwendenden
Gesetze als Handlungsmaßgabe verstanden
werden, denkt und handelt man
insofern besser, weil mehr Fragen beim
Produktentstehungsprozess sorgfältig zu
beantworten sind. Und wenn es nur
etwas vermeintlich Simples ist.
„Ist die Beschreibung für jeden tatsächlich
verständlich?“, „Gibt es Rückmeldungen
über bereits verkaufte Produkte im Rahmen
der Garantie und Gewährleistung,
die Hinweise darauf geben, dass eine
Fehlbedienung erfolgt ist?“ Fragen wie
diese, die sicherlich zunächst Arbeit und
verlängerte Durchlaufzeit für den Pro zess -
schritt „Produktentwicklung und -kon struk -
tion“ bedeuten, tragen dazu bei, ein besseres
Produkt anbieten zu können und
Ärger zu vermeiden.
Jeder ist Verbraucher und so mag der
Selbstversuch als Verbraucher vielleicht
mit der aktivierten Stoppuhrfunktion beim
Durchlesen und Umsetzen der Montageund
Bedienungsanleitung für mehr per -
sönliche Sensibilisierung und Verständnis
für die Gesetze sorgen.
Herbert J. Joka
MANAGEMENT
Praxishandbuch Strategischer Einkauf
Der Einkäufer der Zukunft ist ein interner Projekt- und Prozessmanager, der
alle Wertschöpfungsstufen der Supply Chain optimiert. Er muss entspre -
chende Beschaffungsstrategien erarbeiten, diese im Unternehmen abstimmen
und umsetzen. Mario Büsch vermittelt umfassendes Know-how dazu
und beschreibt bewährte Vorgehens- und Verfahrensweisen für den strate -
gischen Einkauf. So gelingt es Unternehmen, ihr Beschaffungsmanagement
frühzeitig auf die Herausforderungen der Zukunft auszurichten.
Der Autor ist selbstständiger Unternehmensberater, der sich auf Einkauf und
Supply Chain Management spezialisiert hat. Weiterhin ist er Fachhoch schul -
dozent für Beschaffungs- und Produktionswirtschaft.
Mario Büsch: Praxishandbuch Strategischer Einkauf – 3. korr. Auflage 2013,
XVII, 355 S. 121 Abb. – Springer-Verlag GmbH, Heidelberg
ISBN 978-3-8349-4567-9 – erhältlich als E-Book oder broschierte Ausgabe