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Schleudertrauma und die daraus resultierende Insuffizienz der ...

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EURAK – Ausbildungszentrum für Physiotherapie<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>daraus</strong><br />

<strong>resultierende</strong> <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen<br />

Nackenflexoren<br />

Behandlung mit aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL<br />

Diplomarbeit eingereicht durch<br />

OBERHOFER THERESA<br />

Zur Erlangung des Titels<br />

„Diplomierter Physiotherapeut“<br />

Februar 2007


Vorwort<br />

Während meiner Ausbildungszeit wurde ich das ein <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Mal mit<br />

<strong>der</strong> Problematik von Nackenschmerzen <strong>und</strong> einer Instabilität <strong>der</strong><br />

Halswirbelsäule konfrontiert. Im Frühjahr 2005 wurde <strong>die</strong> Thematik erneut<br />

im FBL – Unterricht aufgegriffen <strong>und</strong> über <strong>die</strong> Möglichkeit einer<br />

Wie<strong>der</strong>erlangung <strong>der</strong> Stabilität mit Hilfe von Übungen nach Susanne Klein<br />

– Vogelbach gesprochen.<br />

Dies veranlasste mich zu meinen ersten Überlegungen, meine<br />

Diplomarbeit <strong>die</strong>sem Thema zu widmen. Die Tatsache, dass bei mir selbst<br />

<strong>der</strong> Nackenbereich eine Schwachstelle darstellt <strong>und</strong> ich oft von<br />

Verspannungen, Schmerzen im Nackenbereich <strong>und</strong> Kopfschmerzen<br />

geplagt bin, verstärkten mein Interesse <strong>und</strong> motivierten mich für <strong>die</strong><br />

Bearbeitung <strong>der</strong> Thematik.<br />

In den darauf folgenden Monaten blieb mir noch genügend Zeit für <strong>die</strong><br />

Konkretisierung <strong>und</strong> dafür, mich richtig damit auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Im<br />

Laufe von weiteren Gedankengängen kam ich dann schlussendlich auf<br />

das <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>. In meinem Bekanntenkreis gibt es einige<br />

Betroffene, <strong>die</strong> noch heute, Jahre später, Schmerzen haben. Mir wurde<br />

<strong>die</strong> Häufigkeit <strong>die</strong>se Problematik immer bewusster. Nun lag meine<br />

Aufgabe darin, zu klären, inwieweit eine <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen<br />

Nackenflexoren, <strong>die</strong> sich in einer Instabilität bemerkbar macht, mit einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zusammenhängt. Im Zuge <strong>der</strong> Arbeit konnte ich sogar<br />

feststellen, dass es bereits innerhalb eines Monats nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zu solchen Verän<strong>der</strong>ungen kommt.<br />

1


Danksagung<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle möchte ich mich hiermit ganz herzlich bei meinen beiden<br />

Betreuern Christa Köchl <strong>und</strong> Stefan Motter bedanken. Die<br />

Zusammenarbeit war stets angenehm <strong>und</strong> sie standen mir wann immer ich<br />

Hilfe benötigte mit Rat <strong>und</strong> Tat zur Seite.<br />

Als nächstes gilt ein ganz beson<strong>der</strong>er Dank meinen Eltern. Sie ermutigten<br />

mich zu <strong>die</strong>sem Studium <strong>und</strong> unterstützten mich stets mit ihrer Liebe <strong>und</strong><br />

gaben mir <strong>die</strong> nötige Kraft. Ohne sie würde ich heute gewiss nicht da<br />

stehen wo ich bin.<br />

Nicht nur sie beide, son<strong>der</strong>n auch meine Geschwister Julia <strong>und</strong> Andreas<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e hatten viel Geduld mit mir <strong>und</strong> begleiteten mich in all meinen<br />

Höhen <strong>und</strong> Tiefen. Dafür sei auch Ihnen mein Dank ausgesprochen.<br />

Last – but not least sei auch <strong>der</strong> Person gedankt, <strong>die</strong> sich als Patientin<br />

bereit erklärte, an <strong>die</strong>ser Arbeit teilzunehmen.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

1 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 5<br />

2 ABSTRACT 6<br />

3 EINLEITUNG 8<br />

4 THEORETISCHER TEIL 11<br />

4.1 DAS SCHLEUDERTRAUMA 11<br />

4.1.1 DEFINITION 11<br />

4.1.2 EPIDEMIOLOGIE 12<br />

4.1.3 BIOMECHANIK 12<br />

4.1.4 PATHOPHYSIOLOGIE 14<br />

4.1.5 DIAGNOSE 14<br />

4.1.6 KLINIK 16<br />

4.1.7 STADIEN 17<br />

4.1.8 THERAPIE 17<br />

4.1.9 PROGNOSE 19<br />

4.2 STABILITÄT 21<br />

4.3 DYSFUNKTION DER TIEFEN NACKENFLEXOREN NACH EINEM<br />

SCHLEUDERTRAUMA 24<br />

5 MATERIAL UND METHODEN/ DATENAUSWERTUNG 27<br />

5.1 FUNKTIONELLE BEWEGUNGSLEHRE 27<br />

5.2 PATIENTENAUSWAHL 29<br />

5.3 ERSTBEFUNDUNG 30<br />

5.3.1 ANAMNESE 30<br />

5.3.2 FUNKTIONELLE UNTERSUCHUNG 32<br />

5.3.3 MÖGLICHE SCHLEUDERTRAUMA - SPEZIFISCHE SYMPTOME 33<br />

5.3.4 NECK DISABILITY INDEX 34<br />

5.3.5 DER CRANIOCERVICALE FLEXIONSTEST 35<br />

5.4 THERAPIE 37<br />

5.4.1 ALLGEMEINES 37<br />

5.4.2 THERAPIEPROGRAMM 39<br />

3


5.4.3 BESCHREIBEN DER ÜBUNGEN 39<br />

6 ERGEBNISSE 45<br />

6.1 AKTIVE BEWEGLICHKEIT 45<br />

6.2 NDI 47<br />

6.3 SCHLEUDERTRAUMASPEZIFISCHE SYMPTOME 48<br />

6.4 CRANIOCERVICALER FLEXIONSTEST 51<br />

7 DISKUSSION UND KONSEQUENZEN 53<br />

8 SCHLUSSWORT 63<br />

9 LITERATURVERZEICHNIS 65<br />

10 TABELLENVERZEICHNIS 67<br />

11 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 68<br />

12 ANHANG 69<br />

4


1 Abkürzungsverzeichnis<br />

BWS Brustwirbelsäule<br />

CT Computertomographie<br />

CCFT Cervikocranialer Flexionstest<br />

CROM Cervikales Range of Motion<br />

EMG Elektromographie<br />

FBL Funktionelle Bewegungslehre<br />

HWS Halswirbelsäule<br />

KLD Körperlängsachse<br />

MRI Magnetresonanztomographie<br />

SCM Musculus Sternocleidomastoideus<br />

WAD Whiplash – Associated Disor<strong>der</strong>s<br />

WS Wirbelsäule<br />

ZNS Zentrales Nervensystem<br />

5


2 Abstract<br />

Fragestellung<br />

Zunächst geht es um das Klären <strong>der</strong> Forschungsfrage, wie eine<br />

<strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zu<br />

erklären ist <strong>und</strong> was sie für eine Rolle bezüglich des Beschwerdebilds<br />

spielt.<br />

Weiters soll <strong>der</strong> Effekt von aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL auf <strong>die</strong><br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle, <strong>die</strong> Schmerzsymptomatik <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Beweglichkeit nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> untersucht werden.<br />

Material <strong>und</strong> Methoden<br />

Es wurde eine <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patientin rekrutiert. In drei aufeinan<strong>der</strong><br />

folgenden Bef<strong>und</strong>en wurden aktive Beweglichkeit mit einem Maßband, <strong>die</strong><br />

tiefen Nackenflexoren mit Hilfe einer Blutdruckmanschette <strong>und</strong> dem<br />

craniocervicalen Flexionstest <strong>und</strong> <strong>die</strong> Symptomatik mit dem Neck<br />

Disability Index <strong>und</strong> einem Fragebogen mit einer Skala von eins bis vier<br />

untersucht. Weiters wurde anhand zwei Follow Ups erneut <strong>die</strong><br />

Symptomatik überprüft.<br />

Es wurden acht Therapieeinheiten im Zeitausmaß von einer St<strong>und</strong>e<br />

durchgeführt.<br />

Als Therapiemethode wurden vier aktive Übungen aus <strong>der</strong> Funktionellen<br />

Bewegungslehre nach Susanne Klein – Vogelbach gewählt.<br />

Ergebnisse<br />

Es konnten sowohl <strong>die</strong> Beweglichkeit, <strong>die</strong> Symptomatik als auch <strong>die</strong><br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle verbessert werden.<br />

Schlussfolgerung<br />

Aktive Übungen aus <strong>der</strong> FBL haben sich als geeignete Therapie für<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> bewährt, wobei <strong>die</strong> tiefen Nackenflexoren als<br />

stabilisierende Muskulatur eine zentrale Rolle spielen.<br />

Schlüsselwörter<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>, HWS – Dostorsion, Klein – Vogelbach, Funktionelle<br />

Bewegungslehre, Tiefe Nackenflexoren, segmentale Stabilisation<br />

6


Purpose<br />

To explain a dysfunction of the deep cervical flexor muscles after a<br />

whiplash injury and its role to the symptom situation.<br />

Next to investigate the effect of active exercises of FBL on movement and<br />

holding control, the symptoms and the range of the motion after a<br />

whiplash injury.<br />

Materials and Methods<br />

A whiplash patient was recruited. Active range of motion was measured at<br />

three times using a tapeline, deep cervical flexor muscles were measured<br />

with a sphygmomanometer and the test of the craniocervical flexion and<br />

the symptoms were measured with the neck disability index and a four<br />

scaled questionnaire. Furthermore the symptoms were measured in two<br />

follow ups.<br />

Eight therapies of an hour were executed.<br />

As a therapy method four active exercises of “FBL nach Susanne Klein –<br />

Vogelbach” were chosen.<br />

Results<br />

Active range of motion as well as symptoms and movement and holding<br />

control improved.<br />

Conclusion<br />

Active exercises of FBL are a qualified therapy for whiplash and the deep<br />

cervical flexors as a stabilising musculature play an important role.<br />

Keywords<br />

Whiplash injury, Whiplash associated disor<strong>der</strong>, active treatment, deep<br />

cervical flexor muscle dysfunction, segmental stabilization<br />

7


3 Einleitung<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzungen <strong>und</strong> vor allem <strong>die</strong> Entwicklung chronischer<br />

Schmerzen <strong>und</strong> Behin<strong>der</strong>ung im alltäglichen Leben sind ein steigendes<br />

klinisches <strong>und</strong> soziales Problem. 1 Sie treten relativ häufig auf, werden oft<br />

entwe<strong>der</strong> ignoriert o<strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> eines Mangels an Verstehen<br />

fehlbehandelt <strong>und</strong> können so signifikante Langzeitkonsequenzen nach<br />

sich ziehen. Der Großteil <strong>der</strong> Betroffenen erholt sich zwar schnell, jedoch<br />

berichten zwischen 4 <strong>und</strong> 42% <strong>der</strong> Patienten einige Jahre später noch<br />

über unfallbezogene Symptome. In einer Stu<strong>die</strong> zeigten sogar 55% <strong>der</strong><br />

2 3<br />

Stu<strong>die</strong>nteilnehmer 17 Jahre posttraumatisch verbleibende Spätfolgen.<br />

Bis heute wurde bereits eine Vielzahl an Strukturen als Ort <strong>der</strong> Ursache<br />

für <strong>die</strong> Symptomatik gesehen. Das Modell von Panjabi zeigt, dass bei<br />

strukturellen Schäden eine Instabilität entstehen kann, woraufhin an<strong>der</strong>e<br />

Systeme kompensatorisch arbeiten müssen. Jedoch wurde in<br />

verschiedenen Stu<strong>die</strong>n herausgef<strong>und</strong>en, dass es nicht selten zu einer<br />

Dysfunktion <strong>der</strong> stabilisierenden tiefen Muskulatur kommt. Auf Schmerz<br />

<strong>und</strong> Pathologie reagiert <strong>die</strong>se mit Hemmung <strong>und</strong> funktioneller Schwäche. 4<br />

5<br />

Sterling et al. wiesen nach, dass <strong>die</strong>se Verän<strong>der</strong>ungen bereits innerhalb<br />

des ersten Monats posttraumatisch festzustellen sind. Somit ergibt sich<br />

<strong>die</strong> erste Fragestellung.<br />

„Wie ist <strong>die</strong> <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zu erklären <strong>und</strong> was für eine Rolle spielt sie bezüglich<br />

1<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506<br />

2<br />

Eck J. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001; 110:651-<br />

656<br />

3<br />

Rosenfeld M. et al. Active intervention in patients with whiplash-associated disor<strong>der</strong>s<br />

improves long-term prognosis: a randomized controlled clinical trial. “Spine“ 15 Nov 2003;<br />

28(22):2491-8.<br />

4<br />

Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.2-3,9-14<br />

5<br />

Jull GA. Deep cervical flexor muscle dysfunction in whiplash. “Journal of Musculoskeletal<br />

Pain” 2000; 8(1/2)143- 154<br />

8


des Beschwerdebilds?“<br />

Die Behandlung eines <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s betreffend wird in verschiedenen<br />

Stu<strong>die</strong>n darauf hingewiesen, dass eine aktive Therapie einer<br />

Immobilisation in einer Schanzkrawatte vorzuziehen ist. Dennoch ist es<br />

heutzutage immer noch weit verbreitet, <strong>die</strong> Patienten mit <strong>die</strong>ser cervicalen<br />

Orthese mit dem Auftrag, sich zu schonen, nach Hause zu schicken. Die<br />

temporäre Schmerzlin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Stütze kann jedoch schädlich sein <strong>und</strong><br />

den Heilungsprozess betroffener Patienten verlängern. Dies zieht soziale<br />

<strong>und</strong> ökonomische Folgen mit erhöhter Morbidität <strong>und</strong> einer längeren<br />

Dauer bis zur Rückkehr zur Arbeit nach sich.<br />

Anstelle dessen sollte möglichst schnell mit einer aktiven Therapie<br />

begonnen werden. Diese zielt darauf ab, das Bewegungsausmaß <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Funktionstüchtigkeit <strong>der</strong> stabilisierenden Muskulatur zu erhalten bzw. zu<br />

6 7 8 9<br />

verbessern.<br />

Während in <strong>der</strong> Literatur viel über <strong>die</strong> Wichtigkeit einer segmentalen<br />

Stabilisation bei Problemen im Lendenwirbelbereich berichtet wird, gibt es<br />

nur spärlichere Informationen bezüglich Nackenschmerzen, sei es in<br />

akutem o<strong>der</strong> chronischem Stadium, traumatischer o<strong>der</strong> idiopatischer<br />

Natur. Weiters kann nichts Spezifisches dazu gef<strong>und</strong>en werden, ob <strong>die</strong><br />

Funktionelle Bewegungslehre eine geeignete Behandlungsform nach<br />

einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> darstellt.<br />

Ziel <strong>die</strong>ser Arbeit ist es also weiters, folgende Hypothesen zu überprüfen.<br />

„Verbesserung <strong>der</strong> Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“<br />

„Verbesserung <strong>der</strong> Schmerzsymptomatik nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit<br />

6<br />

Schnabel M et al. Randomised, controlled outcome study of active mobilisation compared<br />

with collar therapy for whiplash injury. “Emerg Med J“ 2004; 21(3):306-10<br />

7<br />

Logan AJ et Holt MD. Management of whiplash injuries presenting to accident and<br />

emergency departments in Wales. “Emerg. Med. J.” 2003; 20:354-355.<br />

8<br />

Schnabel M et al. Randomised, controlled outcome study of active mobilisation compared<br />

with collar therapy for whiplash injury. “Emerg Med J“ 2004; 21(3):306-10<br />

9<br />

Eck JC et al. Whiplash: A Review of a Commonly Mis<strong>und</strong>erstood Injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

9


aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“<br />

„Verbesserung <strong>der</strong> Beweglichkeit nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit<br />

aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“<br />

Die vorliegende Arbeit stellt eine Fallstu<strong>die</strong>, eine spezielle Form <strong>der</strong><br />

prospektiven Stu<strong>die</strong>, dar. Sie glie<strong>der</strong>t sich in einen theoretischen <strong>und</strong><br />

einen praktischen Teil. Zu Beginn <strong>der</strong> Arbeit wird vorerst ein Einblick in<br />

den theoretischen Hintergr<strong>und</strong> eines <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s gegeben. Zum<br />

besseren Verständnis <strong>der</strong> <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren wird dann<br />

ein Kapitel <strong>der</strong> Stabilität gewidmet. Daraufhin wird <strong>die</strong> durch ein<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> entstehende Dysfunktion <strong>der</strong> stabilisierenden<br />

Muskulatur, ein weiterer wichtiger Kernpunkt <strong>der</strong> Arbeit, besprochen.<br />

Der zweite große Abschnitt umfasst einen Überblick über das Konzept <strong>der</strong><br />

Funktionellen Bewegungslehre nach Susannen Klein – Vogelbach. In<br />

Folge wird <strong>der</strong> Patient vorgestellt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erstbef<strong>und</strong>ung beschrieben.<br />

Daraufhin bekommt <strong>der</strong> Leser allgemeine Informationen über <strong>die</strong><br />

Therapie, um dann das Therapieprogramm <strong>und</strong> <strong>die</strong> Übungen vorzustellen.<br />

Zum Abschluss werden <strong>die</strong> Ergebnisse miteinan<strong>der</strong> verglichen <strong>und</strong> in <strong>der</strong><br />

Diskussion näher durchleuchtet.<br />

10


4 Theoretischer Teil<br />

4.1 Das <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong><br />

4.1.1 Definition<br />

Der Begriff „Whiplash“ wurde das erste Mal im Jahre 1928 von H. E.<br />

Crowe verwendet. Er beschrieb damit den Effekt rascher Beschleunigungs<br />

– Verzögerungskräfte auf <strong>die</strong> HWS <strong>und</strong> den oberen Rumpf aufgr<strong>und</strong><br />

äußerer Kräfte mit einem peitschenschlagähnlichen Effekt. 10 Für lange<br />

Zeit gab es keine Übereinstimmung über <strong>die</strong> Definition. 11<br />

1995 hat <strong>die</strong> Quebec Task Force on Whiplash – Associated Disor<strong>der</strong>s<br />

(WAD), eine multidisziplinäre Fachgruppe, <strong>die</strong> sich eingehend mit <strong>der</strong><br />

Literatur über „Whiplash“ beschäftigte, <strong>die</strong> Bezeichnung mit folgenden<br />

Worten neu definiert: “Whiplash is an acceleration – deceleration<br />

mechanism of energy transfer to the neck. It may result from rear end or<br />

side – impact motor vehicle collisions, but can also occur during diving or<br />

other mishaps. The impact may result in bony or soft tissue injuries<br />

(whiplash injury), which in turn may lead to a variety of clinical<br />

manifestations called WAD.”<br />

Ins Deutsche übersetzt bedeutet <strong>die</strong>s folgendes. „Das <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> ist<br />

ein Beschleunigungs – Verzögerungmechanismus mit einem<br />

Energietransfer auf <strong>die</strong> Halswirbelsäule. Es kann aus einem Heck- o<strong>der</strong><br />

Seitenanprall infolge eines Autounfalls resultieren, aber auch beim<br />

Tauchen o<strong>der</strong> ähnlichen Unfällen auftreten. Der Aufprall kann als Folge<br />

knöcherne o<strong>der</strong> Weichteilverletzungen (<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzungen)<br />

nach sich ziehen, welche wie<strong>der</strong>um zu einer Vielfalt an klinischen<br />

Manifestationen, so genannten <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> – spezifischen<br />

12 13<br />

Beschwerden, führen können.“<br />

10<br />

Eck J. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001; 110:651-<br />

656<br />

11<br />

Verhagen AP et al. Conservative treatments for whiplash. „The Cochrane Collaboration.”<br />

Published by John Wiley & Sons, Ltd. 2006; (1):1-25<br />

12<br />

Scholten-Peeters GGM et al. Clinical practice guideline for the physiotherapy of patients<br />

with whiplash-associated disor<strong>der</strong>s. “Spine“ 2002; 27(4):412-22.<br />

13<br />

http://www.craniotherapie.ch/<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>.pdf<br />

11


4.1.2 Epidemiologie<br />

Trotz kontinuierlicher Verbesserungen <strong>der</strong> Sicherheitseinrichtungen in<br />

Fahrzeugen steigen <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzungen. Man schätzt, dass <strong>die</strong><br />

Inzidenz einer <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzung etwa vier auf 1000 Personen<br />

beträgt. 14 Die Prävalenz chronischer Nackenschmerzen nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> entspricht etwa <strong>der</strong> durch an<strong>der</strong>e Ursachen. Dies macht<br />

es schwierig, in <strong>der</strong> Untersuchung festzustellen, woher <strong>die</strong> Symptome<br />

kommen. Bei jenen, <strong>die</strong> drei Monate nach dem Unfall noch Beschwerden<br />

haben, kann man davon ausgehen, dass sie noch mindestens zwei Jahre<br />

symptomatisch sind. Wie bei an<strong>der</strong>en skeletomuskulären Störungen<br />

haben chronische <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten multiple Beschwerden. 15<br />

4.1.3 Biomechanik<br />

Biomechanische Betrachtungen geben einen Einblick in betroffene<br />

Strukturen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Wahrscheinlichkeit <strong>und</strong> Schweregrad einer Verletzung.<br />

Viele Autounfälle finden zwar bei geringer Geschwindigkeit statt, jedoch<br />

geht man davon aus, dass bereits bei relativ geringer<br />

Geschwindigkeitsän<strong>der</strong>ung ein Gewebeschaden entsteht. Weiters spielt<br />

<strong>die</strong> Richtung des Aufpralls eine Rolle. Bei einem Heckaufprall kommt es<br />

am ehesten zu Läsionen. Die Prognosen stehen schlechter, wenn sich <strong>die</strong><br />

HWS zusätzlich in Rotation o<strong>der</strong> in Lateralflexion befindet. 16 Die nötige<br />

Geschwindigkeit für eine Verletzung ist weiters geringer, wenn <strong>die</strong><br />

betroffene Person nicht darauf gefasst ist, dass es einen Aufprall geben<br />

wird. 17<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> resultiert in den meisten Fällen aus einem Autounfall mit<br />

einem Heckaufprall. 18 Hier kommt es zu <strong>der</strong> typisch beschriebenen<br />

14<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

15<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506.<br />

16<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506.<br />

17<br />

Kumar S. An electromyographic Study of Low-Velocity Rear-End Impacts. “Spine” 2002;<br />

27(10):1044-1055<br />

18<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a Commonly Mis<strong>und</strong>erstood Injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

12


Extensions – Flexionsbewegung <strong>der</strong> HWS. Der Kopf verbleibt relativ zum<br />

Rumpf gesehen aufgr<strong>und</strong> seiner Trägheit hinten <strong>und</strong> wird daraufhin in eine<br />

flektierte HWS – Position, <strong>der</strong> so genannten Rebo<strong>und</strong>phase, gezwungen.<br />

Penning L [1992] beschrieb <strong>die</strong> so entstehende Hypertranslation <strong>der</strong><br />

oberen HWS als primären Mechanismus einer<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzung. Weiters fand man heraus, dass es in <strong>der</strong><br />

gesamten HWS zu einer S – Form kommt, da Occiput bis C2 in einer<br />

Flexion <strong>und</strong> <strong>die</strong> untere HWS in einer Extension stehen. Als nächstes<br />

kommt es in <strong>der</strong> gesamten HWS zu einer vollständigen Extension <strong>und</strong><br />

daraufhin zu einer Bewegungsumkehr. Die Hyperextension in <strong>der</strong> HWS<br />

führt zu Kompressionskräften <strong>der</strong> posterioren <strong>und</strong> zu Zugkräften <strong>der</strong><br />

anterioren Strukturen, <strong>der</strong> umgekehrte Fall tritt bei <strong>der</strong> Flexionsbewegung<br />

auf. Die Hypertranslation produziert horizontale Scherkräfte zwischen den<br />

Wirbeln. So tragen sowohl untere als auch obere HWS potentielles Risiko,<br />

eine Gewebsschädigung zu erleiden, welche für <strong>die</strong> Schmerzentwicklung<br />

för<strong>der</strong>lich sein kann. McConell et al. [1993] fanden heraus, dass sogar<br />

dann Verletzungen auftreten, wenn sich <strong>die</strong> HWS innerhalb ihres<br />

19 20 21 22<br />

physiologischen Bewegungsausmaßes bewegt.<br />

Abbildung 1 HWS – Verformung, Kräfte- <strong>und</strong> Momentendiagramme in den drei<br />

Sta<strong>die</strong>n eines Auffahrunfalls 23<br />

19<br />

Cusick JF et al. Whiplash syndrome. Kinematic factors influencing pain patterns. “Spine”<br />

2001; 26(11):1252-1258<br />

20<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

21<br />

Brault JR et al. Cervical muscle response during whiplash: evidence of a lengthening<br />

muscle contraction. “Clin Biomech” 2000; 15:426-435<br />

22<br />

Magnusson ML et al. Cervical electromyographic activity during low – speed rear impact.<br />

“Eur Spine J” 1999; 8:118-125<br />

23<br />

Luan F et al. Qualitative analysis of neck kinematics during low – speed rear – end impact.<br />

“Clinical Biomechanics” 2000; 15:649-657<br />

13


4.1.4 Pathophysiologie<br />

Die ausschlaggebenden pathologischen Prozesse, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Klinik <strong>der</strong> WAD<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen, sind umstritten. Ein Gr<strong>und</strong> dafür ist das weite Spektrum<br />

an Symptomen, welches von leichtem Unbehagen bis zu langzeitig<br />

behin<strong>der</strong>nden Schmerzen reicht. 24<br />

Seit dem Jahre 1945 bis heute haben Forscher unterschiedlichste<br />

Strukturen als Orte <strong>der</strong> Ursache für Symptome gesehen.<br />

Dazu gehören unter an<strong>der</strong>em cervikale Bän<strong>der</strong>, Bandscheiben,<br />

zygapophysiale Gelenke, <strong>die</strong> zervikalen Nervenwurzeln, Spinalnerven, N.<br />

Trigeminus, sympathisches <strong>und</strong> autonomes Nervensytem, das<br />

Bindegewebe am Hals <strong>und</strong> <strong>die</strong> tiefe Halsfaszie, <strong>der</strong> Frontal- <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Okzipitallappen am Gehirn, Hirnstamm, A. Vertebralis <strong>und</strong> Basilaris, das<br />

Rückenmark, Gehörknöchelchen, das Labyrinth im Innenohr, lumbale o<strong>der</strong><br />

thorakale Bandscheiben <strong>und</strong> Nerven, Nackenmuskeln <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Temporomandibulargelenke. 25<br />

4.1.5 Diagnose<br />

Prinzipiell stehen für <strong>die</strong> Diagnosestellung eines <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s<br />

Anamnese, funktionelle Untersuchung, Röntgen, Computertomographie,<br />

Magnetresonanztomographie, neurologische Untersuchung <strong>und</strong><br />

verschiedene an<strong>der</strong>e Tests zur Verfügung. 26<br />

Das große Problem ist, dass <strong>die</strong> klinischen Symptome oft nicht in Relation<br />

zu den objektiven Bef<strong>und</strong>en stehen. Der Mangel an handfesten<br />

diagnostischen Stu<strong>die</strong>n, eine spezifische Verletzung zu bestätigen <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

große Anzahl an Betroffenen, <strong>die</strong> über eine Verletzung berichten, haben<br />

viele dazu veranlasst, <strong>die</strong> Echtheit einer <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzung<br />

anzufechten. Betroffene werden dann häufig als hypochondrisch <strong>und</strong> als<br />

Simulanten abgetan. Dieser Mangel an Vertrauen <strong>und</strong> Verständnis von<br />

Seite des klinischen Personals kann psychosoziale Probleme, <strong>die</strong> aus <strong>der</strong><br />

24<br />

Rodriquez AA, Barr KP, Burns SP. Whiplash: Pathophysiology, diagnosis, treatment and<br />

prognosis. “Muscle and Nerve“ 2004 Jun; 29 (6): 768-781<br />

25 nd<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The Facts and Myths of Whiplash. 2 Edition 2006.<br />

S.619-620<br />

26<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The Facts and Myths of Whiplash. 2nd Edition<br />

2006. S. 583-596<br />

14


Verletzung resultieren können, noch weiter verstärken. 27<br />

Bildgebende Verfahren sind sinnvoll, um Frakturen o<strong>der</strong> ernsthafte<br />

Rückenmarks-, Nerven-, Band- <strong>und</strong> Bandscheibenläsionen<br />

auszuschließen. Die Patienten sollten jedoch bei Fehlen positiver Bef<strong>und</strong>e<br />

<strong>die</strong>ser nicht entlassen, son<strong>der</strong>n mittels Anamnese <strong>und</strong> funktioneller<br />

Untersuchung genauer begutachtet werden. 28<br />

4.1.5.1 Klassifikation<br />

Für <strong>die</strong> Schweregradbestimmung verwendet man international <strong>die</strong><br />

Klassifikation nach <strong>der</strong> Quebec Task Force (QTF). Im Jahre 1995<br />

entwickelte sie ein System, welches WAD in fünf Grade unterteilte. Später<br />

wurde sie nochmals genauer eingeteilt, wie in <strong>der</strong> folgenden Tabelle<br />

dargestellt wird. 29<br />

Abbildung 2 Die modifizierte Quebec Klassifikation <strong>der</strong> WAD 30<br />

27<br />

Eck JC et al. Whiplash: A Review of a Commonly Mis<strong>und</strong>erstood Injury. “Am J Med”<br />

2001;110:651-656<br />

28<br />

Dommerholt Jan. Persistent myalgia following whiplash. “Current pain and headache<br />

reports” 2005; 9:326–330<br />

29<br />

Seferiadis A et al. A review of treatment interventions in whiplash-associated disor<strong>der</strong>s.<br />

“Eur Spine J“ 2004; 13(5):387-97<br />

30<br />

Seferiadis A et al. A review of treatment interventions in whiplash-associated disor<strong>der</strong>s.<br />

“Eur Spine J“ 2004; 13(5):387-97<br />

15


4.1.6 Klinik<br />

Laut Norris [1983], Hildingsson [1990], Radanov [1991] <strong>und</strong> Stovner<br />

[1996] sind <strong>die</strong> häufigsten Symptome akut nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong><br />

Nackenschmerzen (88 – 100%) <strong>und</strong> Kopfschmerzen (54 – 66%). Daneben<br />

können weiters Bewegungseinschränkungen <strong>der</strong> HWS, Nackensteifigkeit,<br />

Muskelspasmen, Druckdolenz <strong>der</strong> anterioren <strong>und</strong> posterioren Strukturen<br />

<strong>der</strong> HWS, Bewusstlosigkeit, Rücken-, Schulter- o<strong>der</strong> Armschmerzen,<br />

Parästhesien, Schwäche, Schlafstörungen, Dysphagie, Übelkeit,<br />

Erbrechen, visuelle <strong>und</strong> auditive Störungen o<strong>der</strong> (Dreh-) Schwindel<br />

31 32 33<br />

auftreten.<br />

Psychosoziale Probleme sind ebenso üblich, vor allem im chronischen<br />

Stadium, wo Betroffene unter chronischen Schmerzen leiden, welche man<br />

eher mit stressvollen Lebensphasen als mit klinischen Bef<strong>und</strong>en in<br />

Verbindung bringen konnte. Eine soziale Einglie<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Fähigkeit,<br />

aktive Verarbeitungsstrategien anzuwenden, können sich hierbei<br />

vorbeugend auswirken. 34<br />

Stu<strong>die</strong>n über chronische <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten beschreiben daneben<br />

generalisierte Hypererregbarkeit <strong>und</strong> Sensibilisierung des ZNS. 35 Ein<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> kann emotionale <strong>und</strong> kognitive Verän<strong>der</strong>ungen wie<br />

Reiseangst, posttraumatische Überlastungsstörung, Depression, Angst<br />

vor Bewegung, Schlafstörungen <strong>und</strong> kognitive Dysfunktionen wie<br />

Gedächtnisverlust o<strong>der</strong> Konzentrationsschwierigkeiten triggern. Diese<br />

Symptome entwickeln sich in den ersten drei posttraumatischen<br />

Monaten. 36<br />

31 nd<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The facts and myths of whiplash. 2 Edition 2006.<br />

S. 96-110<br />

32<br />

Verhagen AP et al. Conservative treatments for whiplash. „The Cochrane Collaboration“<br />

2006; (1): S.2<br />

33<br />

http://www.craniotherapie.ch/<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>.pdf<br />

34<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

35<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506.<br />

36<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506.<br />

16


4.1.7 Sta<strong>die</strong>n<br />

Laut Rodriquez AA et al. [2004] unterteilt man ein <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> in <strong>die</strong><br />

akute Phase, <strong>die</strong> vom Tag 0 bis zu zwei Wochen dauert, das subakute<br />

Stadium <strong>und</strong> das chronische Stadium, das nach sechs Monaten startet. 37<br />

4.1.8 Therapie<br />

Im Allgemeinen gibt es eine Menge an Therapieformen, <strong>die</strong> bei<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten angewandt werden. Zum Einsatz kommen<br />

Ruhigstellung in <strong>der</strong> Halskrause, steroidale Medikamente,<br />

Elektromagnetfeldtherapie, Traktion, aktives Training, Akupunktur,<br />

intraartikuläre Kortikosteroide, Ultraschall, Kurzwellendiathermie, Wärme,<br />

Eisanwendungen, Massage, Botulinum Toxin als Muskelrelaxantium,<br />

Behandlung <strong>der</strong> temporomandibulären Gelenken, Mobilisation,<br />

chiropraktische Manipulation, transkutane Nervenstimulation, Analgetika,<br />

subkutane sterile Wasserinjektionen in <strong>die</strong> Triggerpunkte bis hin zu<br />

chirurgischen Nervendurchtrennungen an den Facettengelenken. 38<br />

Es gibt jedoch wenige Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> <strong>die</strong> meisten Therapien befürworten. 39<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten sind nicht einfach zu behandeln, weil <strong>die</strong><br />

Symptome oft subjektiv sind <strong>und</strong> es üblicherweise nicht möglich ist, <strong>die</strong><br />

Ursache anhand klinischer o<strong>der</strong> radiologischer Methoden zu verifizieren.<br />

Wichtig ist eine adäquate Aufklärung des Patienten, was eine Entwicklung<br />

zusätzlicher psychosozialer Faktoren aufgr<strong>und</strong> Hilflosigkeit vermeiden<br />

kann.<br />

Ähnlich wie bei an<strong>der</strong>en muskuloskeletalen Verletzungen erholt sich <strong>der</strong><br />

Großteil <strong>der</strong> Betroffenen innerhalb von sechs Monaten. Dennoch kann<br />

eine Therapie in <strong>der</strong> akuten Phase den Heilungsprozess beschleunigen<br />

<strong>und</strong> das Ausmaß an Schmerzen reduzieren. 40<br />

37<br />

Rodriquez AA et al. Whiplash: pathophysiology, diagnosis, treatment, and prognosis.<br />

”Muscle & Nerve“ 2004;29(6):768-81<br />

38<br />

Rodriquez AA et al. Whiplash: pathophysiology, diagnosis, treatment, and prognosis.<br />

”Muscle & Nerve“ 2004; 29(6):768-81<br />

39 nd<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The Facts and Myths of Whiplash. 2 Edition 2006.<br />

S.210<br />

40<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

17


4.1.8.1 Passive versus aktive Therapie<br />

Häufig wird einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten direkt nach dem Trauma<br />

eine Halskrause verschrieben. Sie soll dem Ziel <strong>die</strong>nen, durch <strong>die</strong><br />

Ruhigstellung weitere Verletzungen zu vermeiden. Aber jüngere Stu<strong>die</strong>n<br />

berichten, dass Bewegungsrestriktion in <strong>der</strong> Krause sogar schädlich sein<br />

<strong>und</strong> den Heilungsprozess verzögern kann, auch bei Patienten mit<br />

an<strong>der</strong>nfalls gut erwartetem Resultat. [Bonk et al. 1997, Schnabel et al.<br />

2004] 41 42 Viele standardisierte Halskrausen neigen daneben dazu, den<br />

Hals in leichter Extension zu schienen, was für geschädigte anteriore<br />

Strukturen eine Dehnung bewirkt. 43 McClune T et al. [2002] sprechen<br />

davon, dass durch <strong>die</strong> Ruhigstellung ein Krankheitsverhalten geför<strong>der</strong>t<br />

werden kann, vor allem wenn <strong>die</strong> Krause über 72 St<strong>und</strong>en hinaus<br />

getragen wird. 44<br />

Randomisierte kontrollierte Stu<strong>die</strong>n zeigen übereinstimmend, dass frühe<br />

aktive Therapie <strong>die</strong> effektivste Strategie für WAD – Patienten darstellt. Sie<br />

führt nicht nur zu einem signifikant besseren Outcome in Bezug auf HWS<br />

– Beweglichkeit <strong>und</strong> Schmerzintensität, son<strong>der</strong>n auch zu verbesserten<br />

Langzeitergebnissen. 45<br />

In einer Stu<strong>die</strong> von Borchgrevink et al. [1998] wurde beobachtet, dass sich<br />

eine „Act as usual“ Gruppe im Vergleich zu einer Gruppe mit Halskrause<br />

signifikant bezüglich <strong>der</strong> Nackensteifigkeit, Kopf- <strong>und</strong> Nackenschmerzen,<br />

<strong>der</strong> Konzentration, Gedächtnis <strong>und</strong> Schmerzen während täglicher<br />

Aktivitäten verbesserte. Die Autoren führen <strong>die</strong> starken Unterschiede auf<br />

psychologische Faktoren zurück. Die Ruhigstellung in <strong>der</strong> Halskrause <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Krankschreibung lassen den Patienten vermehrte Aufmerksamkeit auf<br />

den Unfall <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>resultierende</strong>n Symptome lenken <strong>und</strong> sich daher über<br />

41<br />

Eck JC et al. Whiplash: A review of a commonly mis<strong>und</strong>erstood injury. “Am J Med” 2001;<br />

110:651-656<br />

42 nd<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The Facts and Myths of Whiplash. 2 Edition<br />

2006. S.210. ISBN: 0-7637-2934-5<br />

43<br />

Pennie BH et Agambar LJ. Whiplash injuries. A trial of early management “The Journal of<br />

Bone and Joint Surgery (Br)” Mar 1990; 72-B: 277 – 279.<br />

44<br />

McClune T et al. Whiplash associated disor<strong>der</strong>s: a review of the literature to guide patient<br />

information and advice “Emerg. Med. J.” Nov 2002; 19: 499-506.<br />

45<br />

Logan AJ et Holt MD. Management of whiplash injuries presenting to accident and<br />

emergency departments in Wales “Emerg. Med. J.” Jul 2003; 20:354.<br />

18


langfristige Probleme sorgen. Im Gegensatz dazu ist es für <strong>die</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Gruppe ein angenehmer Gedanke, sich normal wie üblich zu verhalten<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong>s wirkt sich positiv auf <strong>die</strong> Psyche aus. 46<br />

Ferrari R [2006] versteht <strong>die</strong> Situation so, dass bei einer aktiven Therapie,<br />

welche hauptsächlich therapeutisches Üben beinhaltet, im Gegensatz zu<br />

einer passiven Therapie sich <strong>der</strong> Patient für den Erfolg <strong>der</strong> Behandlung<br />

selbst verantwortlich fühlt. Er behauptet, dass Therapeuten <strong>und</strong><br />

Institutionen oft eine Menge Geld mit passiven Therapien machen. Sie<br />

„verkaufen“ <strong>die</strong> Idee an den Patienten, dass sie helfen. Wenn nicht lassen<br />

sie <strong>die</strong> Patienten glauben, ein „resistenter“ Fall zu sein. 47<br />

4.1.9 Prognose<br />

Ungünstig auf <strong>die</strong> Prognose auswirkende Faktoren sind bezogen auf <strong>die</strong><br />

Kollision eine heftige Kollision, keine Heckkollision, mangelnde<br />

Gurtbenutzung <strong>und</strong> Opfer eines an<strong>der</strong>en Fahrzeugs als Auto o<strong>der</strong> Taxi zu<br />

sein. Weiters verschlechtern rotierte o<strong>der</strong> flektierte Kopfstellung <strong>die</strong><br />

Prognose. Frühanzeichen, <strong>die</strong> in verschiedenen Stu<strong>die</strong>n mit bleibenden<br />

Symptomen in Zusammenhang gebracht wurden, sind Parästhesien in<br />

den Fingern, Radikulopathien, prätraumatische Kopfschmerzen, initial<br />

heftige Kopf- <strong>und</strong> Nackenschmerzen, eine Mannigfaltigkeit an Symptomen<br />

<strong>und</strong> starke HWS – Bewegungseinschränkungen. Daneben sind auch<br />

auffällige degenerative röntgenologische Verän<strong>der</strong>ungen wie Arthrose<br />

nicht unbedeutend. 48<br />

Soziodemographische negative Faktoren sind weibliches Geschlecht,<br />

höheres Alter <strong>und</strong> stärkeres Vorhandensein von Abhängigkeiten. Radanov<br />

et al. [1995] behaupten, dass auch <strong>die</strong> Psyche eine Rolle spielt <strong>und</strong> stellen<br />

fest, dass Patienten, <strong>die</strong> anfangs größere Sorgen vor möglichen<br />

langfristigen Symptomen hatten, eher zu Chronifizierung neigen. 49<br />

46<br />

Borchgrevink GE et al. Acute treatment of whiplash neck sprain injuries. A randomized<br />

trial of treatment during the first 14 days after a car accident. “Spine” 1998; 23(1): 25-31<br />

47 nd<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The facts and myths of whiplash. 2 Edition 2006.<br />

S.211-212<br />

48<br />

Radanov BP et al. Long term outcome after whiplash injury. A 2-year follow-up consi<strong>der</strong>ing<br />

features of injury mechanism and somatic, radiologic, and psychosocial findings. “Medicine”<br />

1995; 74:281:297<br />

49<br />

Rodriquez AA et al. Whiplash: pathophysiology, diagnosis, treatment, and<br />

19


Dommerholt J [2005] geht davon aus, dass sich <strong>die</strong> meisten Patienten<br />

nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> vollkommen erholen <strong>und</strong> sich keinen<br />

Langzeitbehandlungen unterziehen müssen. Dennoch wird berichtet, dass<br />

bis zu 40% <strong>der</strong> Betroffenen chronische WAD entwickeln. 50<br />

Das späte <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>syndrom wird beschrieben als eine<br />

Erkrankung charakterisiert durch eine Vielfalt an chronischen Symptomen.<br />

Diese beinhalten Kopf-, Nackenschmerzen, Nackensteifheit, Schwindel,<br />

Parästhesien in <strong>der</strong> oberen Extremität <strong>und</strong> psychologisch – emotionale<br />

Faktoren, welche sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit erst entwickeln o<strong>der</strong> über sechs<br />

Monate nach dem Trauma bestehen bleiben. 51<br />

Sterling et al. [2003] stellten in ihrer Stu<strong>die</strong> fest, dass 62% von betroffenen<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten drei Monate posttraumatisch noch von<br />

bestehenden Schmerzen berichteten, was Ergebnissen an<strong>der</strong>er Stu<strong>die</strong>n<br />

entspricht. 52<br />

Die Autoren des Quebec Task Force Reports recherchierten in<br />

verschiedensten Stu<strong>die</strong>n über <strong>die</strong> Prognose <strong>und</strong> stellten fest, dass <strong>die</strong>se<br />

sich teilweise ziemlich unterschieden. Die angegebenen Stu<strong>die</strong>n zeigten<br />

auf, dass bei anfangs symptomatischen Patienten eine Prävalenz von<br />

bestehenden Symptomen nach sechs Monaten von 27% bis zu 66%<br />

besteht <strong>und</strong> darauf folgende Berichte gaben eine Prävalenz von 44% zwei<br />

Jahre posttraumatisch an.<br />

prognosis.”Muscle & Nerve“ Jun 2004;29(6):768-81<br />

50<br />

Dommerholt Jan. Persistent Myalgia Following Whiplash. “Current Pain and Headache<br />

Reports” 2005; 9:326–330<br />

51<br />

Kasch H et al. Headache, neck pain and neck mobility after acute whiplash injury. A<br />

prospective study. “Spine” 2001; 26(11):1246-1251<br />

52<br />

Sterling M et al. Development of motor system dysfunction following whiplash injury.<br />

“Pain.“ May 2003; 103(1-2):65-73.<br />

20


4.2 Stabilität<br />

Panjabi [1992] hat ein Modell zur Beschreibung einer Instabilität<br />

entwickelt, welches stabilisierende Mechanismen in Beziehung setzt.<br />

Dieses Modell hat weit verbreitete Akzeptanz erhalten [Richardson et al.<br />

1998; Bogduk 1998].<br />

Abbildung 3 Subsysteme, <strong>die</strong> an <strong>der</strong> spinalen Stabilität beitragen 53<br />

Er geht davon aus, dass drei Subsysteme für <strong>die</strong> Stabilität <strong>der</strong> Wirbelsäule<br />

verantwortlich sind. Das passive System umfasst knöcherne <strong>und</strong><br />

knorpelige Strukturen, Bän<strong>der</strong>, Kapseln, Bandscheiben <strong>und</strong> passive<br />

Komponenten <strong>der</strong> Muskeln. Das aktive Subsystem besteht aus dem<br />

kontraktilen Element <strong>der</strong> Muskeln <strong>und</strong> initiiert bzw. beschränkt Bewegung.<br />

Das Kontrollsystem bezieht sich auf das periphere <strong>und</strong> zentrale<br />

Nervensystem. Es empfängt sensorische Informationen aus <strong>der</strong> Peripherie<br />

<strong>und</strong> steuert <strong>die</strong> Antwort <strong>der</strong> Muskeln bezüglich motorischer Kontrolle <strong>und</strong><br />

Rekrutierung. Taucht in einem Element ein Defizit auf, haben <strong>die</strong> jeweils<br />

an<strong>der</strong>en Systeme <strong>die</strong> Fähigkeit zu kompensieren. Faktoren wie Angst<br />

können das System als Ganzes beeinflussen [Hildebrandt et al. 1997;<br />

Vlaeyen et al. 1998].<br />

Durch eine traumatische Läsion kann eine „klinische Instabilität“ aufgr<strong>und</strong><br />

einer vergrößerten „Neutralzone“ entstehen. Diese Neutralzone<br />

beschreibt den Bereich einer Verlagerung aus <strong>der</strong> Neutralstellung, in dem<br />

53 Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 1: Concept and terms.<br />

“Orthopaedic Division Review” March/April 2001:21-27<br />

21


<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen Gelenksbewegung minimal ist. Dieser<br />

Stabilitätsverlust kann durch <strong>die</strong> lokalen Stabilisatoren kompensiert<br />

werden. Können <strong>die</strong>se das strukturelle Problem nicht kompensieren, weil<br />

es ihre Kompetenzen überschreitet, entwickeln sich Schmerz <strong>und</strong><br />

Funktionsstörung. Daher sollte in <strong>der</strong> Therapie neben <strong>der</strong> Heilung <strong>der</strong><br />

betroffenen Struktur das kompensatorische System nicht zu kurz kommen.<br />

Für das aktive Subsystem gibt es verschiedene Unterteilungen. Ein<br />

klinisch brauchbares Modell <strong>der</strong> funktionellen Klassifizierung wurde durch<br />

das Zusammenlegen zweier Konzepte erreicht <strong>und</strong> teilt in lokale <strong>und</strong><br />

globale Stabilisatoren <strong>und</strong> globale Mobilisatoren ein.<br />

Mobilisatoren sind biartikulär o<strong>der</strong> multisegmental. An <strong>der</strong> Wirbelsäule<br />

liegen sie lateral <strong>und</strong> oberflächlich, haben keine Verbindung zu jedem<br />

Segment <strong>und</strong> produzieren schnelle o<strong>der</strong> großamplitudige Bewegung.<br />

Stabilisatoren liegen medial <strong>und</strong> tief, haben an spinalen Wirbeln Ansatz<br />

<strong>und</strong> Ursprung <strong>und</strong> Verbindungen zu jedem Segment. Sie können bei<br />

exzessiver Bewegung <strong>und</strong> Überanstrengung funktionelle Kontrolle<br />

gewährleisten <strong>und</strong> propriozeptives Feedback geben. Dabei liegen <strong>die</strong><br />

lokalen Muskeln tief <strong>und</strong> sind verantwortlich für <strong>die</strong> Erhöhung <strong>der</strong><br />

segmentalen Steifheit, für <strong>die</strong> Vermin<strong>der</strong>ung exzessiver intersegmentaler<br />

Beweglichkeit <strong>und</strong> den Erhalt <strong>der</strong> Kontrolle bei geringer physiologischer<br />

Last. Im Gegensatz dazu liegen globale Stabilitätssysteme oberflächlicher<br />

<strong>und</strong> sind verantwortlich für <strong>die</strong> Bewegung <strong>und</strong> Kontrolle bei hoher<br />

physiologischer Last. 54<br />

Um einwandfrei ihrer Funktion nachzukommen, müssen lokale Muskeln<br />

gut koordiniert <strong>und</strong> ausdauernd sein <strong>und</strong> auf eine Vielfalt von Bewegungen<br />

<strong>und</strong> Stellungen reagieren können. Die so genannte Stiffness, <strong>der</strong><br />

Fe<strong>der</strong>steifigkeitsgrad, ist ein neuromuskulärer Mechanismus, <strong>der</strong> <strong>die</strong>se<br />

Muskeln wie eine zusätzliche Gelenkskapsel agieren lässt. Durch<br />

Aktivitätssteigerung o<strong>der</strong> –verringerung können sie reflexgesteuert <strong>die</strong>se<br />

Stiffness an den Bedarf anpassen.<br />

Die segmentale Stabilität ist umso besser, je mehr lokale Muskeln<br />

kokontrahierend zusammenarbeiten. Dies sollte ohne Aktivierung globaler<br />

54 Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.2-3,9-14<br />

22


Muskeln geschehen. Das Kontrollsystem steuert <strong>die</strong>se Kokontraktion <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> zeitliche Abstimmung muskulärer Aktivität. Angst <strong>und</strong> Schmerz<br />

beeinflussen <strong>die</strong> Kokontraktion <strong>und</strong> können eine Bewegung ineffizient<br />

machen. Für <strong>die</strong> korrekte zeitliche Abstimmung gibt es Feedforward –<br />

55 56 57<br />

Mechanismen, welche Muskeln antizipatorisch wirken lassen.<br />

Die Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle von Kopf <strong>und</strong> HWS wird von einer<br />

vielschichtigen Gruppierung von Muskeln in einer sehr koordinierten<br />

Weise gewährleistet. Die Flexoren an <strong>der</strong> Halswirbelsäule betreffend,<br />

zählen <strong>der</strong> M. rectus capitis anterior, <strong>der</strong> M. rectus capitis lateralis <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

mediale Teil des M. longus colli zu den lokalen Stabilisatoren, <strong>der</strong> laterale<br />

Teil des M. longus colli <strong>und</strong> <strong>der</strong> M. longus capitis zu den globalen<br />

Stabilisatoren <strong>und</strong> <strong>die</strong> Mm. Scaleni, <strong>der</strong> M. sternocleidomastoideus, <strong>die</strong><br />

Mm. Supra- <strong>und</strong> infrahyoideus <strong>und</strong> <strong>der</strong> M. platysma zu den globalen<br />

Mobilisatoren. Muskelgruppen, welche Kopf o<strong>der</strong> HWS mit Thorax o<strong>der</strong><br />

Schultergürtel verbinden, spielen eine primäre Rolle beim Kontrollieren <strong>der</strong><br />

Ausrichtung von HWS <strong>und</strong> Kopf. Sie sind jedoch nicht befähigt,<br />

segmentale Stabilität zu gewährleisten.<br />

Eine Dysfunktion <strong>der</strong> lokalen Stabilisatoren bedeutet ein Defizit <strong>der</strong><br />

motorischen Kontrolle, sprich ein Timings- o<strong>der</strong> Rekrutierungsproblem.<br />

Auf Schmerz <strong>und</strong> Pathologie reagieren sie mit Hemmung <strong>und</strong> funktioneller<br />

Schwäche. Es kommt zu einem Kontrollverlust <strong>der</strong> Neutralstellung, zu<br />

einer verringerten Muskelsteifheit <strong>und</strong> einer schlechten segmentalen<br />

Kontrolle. 58 Falla D et al. [2003] gehen davon aus, dass <strong>der</strong> M. longus colli<br />

<strong>und</strong> M. longus capitis den wichtigsten Teil des muskulären Systems<br />

darstellen. Daneben bekräftigten Mayoux – Benhamou et al. [1994] <strong>die</strong><br />

59 60 61<br />

wichtige Haltefunktion des M. longus colli.<br />

55<br />

Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 1: Concept and terms.<br />

“Orthopaedic Division Review” March/ April 2001:21-27<br />

56<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen. 2001.<br />

5.Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3540662871 Seiten 279-302<br />

57<br />

Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.20-21<br />

58<br />

Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.2-3,9-14<br />

59<br />

Falla D et al. An electromyographic analysis of the deep cervical flexor muscles in<br />

performance of craniocervical flexion. “Physical Therapy” 2003; 83(10):899-906<br />

60<br />

Sahrmann S. “Muscle Balance” für <strong>die</strong> dynamische Stabilität <strong>der</strong> Halswirbelsäule <strong>und</strong> des<br />

oberen Quadranten. S.2<br />

23


Abbildung 4 Tiefe Halsmuskeln in <strong>der</strong> Ansicht von ventral 62<br />

4.3 Dysfunktion <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong><br />

Verschiedene Stu<strong>die</strong>n berichten von einer Dysfunktion im tiefsegmentalen<br />

Stabilitätssystem, worauf in Folge eine Instabilität resultieren kann.<br />

Schmerz <strong>und</strong> Dysfunktion sind zwar miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en, doch ist es<br />

möglich, dass <strong>der</strong> Schmerz verschwindet <strong>und</strong> <strong>die</strong> Dysfunktion bleibt. Diese<br />

63 64<br />

Tatsache erklärt mögliche Rückschläge.<br />

Es bestehen Korrelationen zwischen Schmerzen im Lumbalbereich <strong>und</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> tiefsegmentalen Muskeln in <strong>der</strong> Histologie,<br />

Ermüdbarkeit <strong>und</strong> Koordination. Unbekannt ist jedoch, ob <strong>die</strong>se<br />

61 Jull GA. Deep cervical flexor muscle dysfunction in whiplash. “Journal of Musculoskeletal<br />

Pain” 2000; 8(1/2)143- 154<br />

62 Michael Schünke et al. Prometheus. Lernatlas <strong>der</strong> Anatomie. Hals <strong>und</strong> innere<br />

Organe. Thieme. Stuttgart. 2005. USBN: 3-13-139531-1. S.9<br />

63 Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.3<br />

64 Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 1: Concept and terms.<br />

“Orthopaedic Division Review” March/ April 2001:21-27<br />

24


Verän<strong>der</strong>ungen Folge o<strong>der</strong> Ursache des Schmerzes sind. 65<br />

Auf Schmerz <strong>und</strong> Pathologie reagieren lokale Stabilisatoren mit Hemmung<br />

<strong>und</strong> funktioneller Schwäche. Es kommt zu einem Kontrollverlust <strong>der</strong><br />

Neutralstellung, zu einer verringerten Muskelsteifigkeit <strong>und</strong> einer<br />

schlechten segmentalen Kontrolle. 66<br />

Bei einer <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>verletzung können Läsionen im passiven<br />

System <strong>die</strong> Stabilität in <strong>der</strong> HWS gefährden. Wie bereits beobachtet, geht<br />

eine strukturelle Gelenksverletzung mit einer Beeinträchtigung <strong>der</strong><br />

Muskelfunktion einher. 67<br />

Wurden in Stu<strong>die</strong>n Personen mit Nackenproblemen idiopatischen o<strong>der</strong><br />

traumatischen Ursprungs mit ges<strong>und</strong>en Individuen verglichen, fielen<br />

Defizite in <strong>der</strong> Kontraktion <strong>der</strong> craniocervicalen Flexoren auf. 68<br />

Um <strong>die</strong> segmentale Stabilität beurteilen zu können, sind spezifische Tests<br />

des tiefen Muskelsystems nötig. Es gibt jedoch wenige Erkenntnisse über<br />

<strong>die</strong> tiefen Nackenflexoren nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>. Der Gr<strong>und</strong> dafür<br />

ist ihre Unzugänglichkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schwierigkeit, ihre Aktivität zu messen.<br />

Falla et al. [2003] testeten eine neu entwickelte Technik. Sie lässt viel<br />

versprechend in zukünftige Untersuchungen bei Patienten mit<br />

Nackenschmerzen blicken <strong>und</strong> darüber hinaus <strong>die</strong> Beeinträchtigungen<br />

verstehen, welche beim Testen <strong>der</strong> craniocervicalen Flexion bei Patienten<br />

mit WAD festzustellen sind. 69<br />

Dysfunktionen im motorischen System sind ein beson<strong>der</strong>es Merkmal bei<br />

persistierenden WAD. Die beobachteten Verän<strong>der</strong>ungen lassen sich durch<br />

reduzierte HWS – Beweglichkeit, Beeinträchtigungen in <strong>der</strong> cervicalen<br />

kinästhetischen Wahrnehmung, Fehler im Repositionieren von Kopf <strong>und</strong><br />

Hals <strong>und</strong> erhöhte elektromyographische Aktivität in <strong>der</strong> Nacken- <strong>und</strong><br />

65<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen. 2001.<br />

5.Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3540662871. Seiten 299-300<br />

66<br />

Mark Comerford & Kinetic Control Ltd. S.2-3,9-14<br />

67<br />

Jull GA. Deep cervical flexor muscle dysfunction in whiplash. “Journal of Musculoskeletal<br />

Pain” 2000; 8(1/2)143- 154<br />

68<br />

Leary SPO et al. A new method of isometric dynamometry for the craniocervical flexor<br />

muscles. “Physical Therapy” 2005; 85(6):556-564<br />

69<br />

Falla D et al. An electromyographic analysis of the deep cervical flexor muscles in<br />

performance of craniocervical flexion. “Physical Therapy” 2003; 83(10):899-906<br />

25


Schultergürtelmuskulatur erkennen. 70<br />

Beim craniocervicalen Flexionstest kann <strong>die</strong> Aktivität <strong>der</strong> tiefen von den<br />

oberflächlichen Muskeln unterschieden werden. 71 Jull [2000] wies dabei<br />

eine erhöhte Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren bei Personen<br />

mit anhaltenden WAD nach. Diese EMG – Verän<strong>der</strong>ungen bringt man mit<br />

verän<strong>der</strong>ten Muskelrekrutierungsmustern <strong>der</strong> lokalen Stabilisatoren in<br />

Zusammenhang. Ebenso ist <strong>die</strong> Vorstellung eines bewegungsabhängigen<br />

Schmerzes ein beeinflussen<strong>der</strong> Faktor.<br />

Sterling et al [2003] haben sich zum ersten Mal mit <strong>der</strong> Funktionsstörung<br />

in früheren Phasen des <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s befasst. In <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong><br />

wurden HWS – Beweglichkeit, <strong>die</strong> kinästhetische Wahrnehmung <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

EMG – Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren während <strong>der</strong><br />

craniocervicalen Flexion beurteilt. Sie bietet <strong>die</strong> ersten Beweise für frühe<br />

Funktionsverän<strong>der</strong>ungen im motorischen System nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>. Die Analysen brachten einen signifikanten Unterschied<br />

in <strong>der</strong> EMG – Aktivität zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb eines<br />

Monats zum Vorschein, welcher über <strong>die</strong> Zeit hinweg anhielt. Die EMG –<br />

Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren nach drei Monaten war sogar<br />

in einer genesenen Gruppe signifikant höher als in <strong>der</strong> Vergleichsgruppe.<br />

Die erhöhte Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren während des<br />

CCFT wurde bei Patienten mit chronischen Nackenschmerzen sowohl<br />

traumatischen als auch nichttraumatischen Ursprungs identifiziert. [Jull<br />

2000, Jull et al. 2002]<br />

Nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> können verletzte cervicale Strukturen als<br />

Folge Beeinträchtigungen in <strong>der</strong> motorischen Funktion nach sich ziehen.<br />

Randomisiert kontrollierte Stu<strong>die</strong>n über spezifisches Retraining <strong>der</strong><br />

craniocervicalen Flexionsbewegung haben Effektivität in <strong>der</strong> Behandlung<br />

chronischer Nackenschmerzen bewiesen. Dies könnte einen Benefit im<br />

Management von akuten WAD bedeuten. 72<br />

70<br />

Sterling M, Jull G, Vicenzino B, Kenardy J, Darnell R. Development of motor system<br />

dysfunction following whiplash injury. “Pain.“ May 2003; 103(1-2):65-73<br />

71<br />

Jull GA. Deep cervical flexor muscle dysfunction in whiplash. “Journal of Musculoskeletal<br />

Pain” 2000; 8(1/2)143- 154<br />

72<br />

Sterling M et al. Development of motor system dysfunction following whiplash injury.<br />

26


5 Material <strong>und</strong> Methoden/ Datenauswertung<br />

Bei vorliegen<strong>der</strong> Arbeit handelt es sich um eine Fallstu<strong>die</strong>, sprich einer<br />

beson<strong>der</strong>en Form einer prospektiven Stu<strong>die</strong>. Es werden nun <strong>die</strong> Patientin<br />

kurz vorgestellt, verwendete Messmethoden erwähnt <strong>und</strong> sowohl<br />

Bef<strong>und</strong>ung als auch <strong>die</strong> Therapiemethode beschrieben. In <strong>der</strong><br />

Untersuchung wurden ein Maßband zur Messung <strong>der</strong> aktiven<br />

Beweglichkeit, eine Blutdruckmanschette zur Messung <strong>der</strong> tiefen<br />

Nackenflexoren, <strong>der</strong> Neck Disability Index (NDI) zur Überprüfung <strong>der</strong><br />

Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben <strong>und</strong> ein Fragebogen über<br />

mögliche Symptome zum Feststellen <strong>der</strong> subjektiv empf<strong>und</strong>enen<br />

Beschwerden verwendet. Die Behandlung beinhaltete vier aktive Übungen<br />

aus dem Konzept <strong>der</strong> Funktionellen Bewegungslehre nach Susanne Klein<br />

– Vogelbach. Weiters wurde eine Behandlungsliege, ein Stuhl <strong>und</strong> ein<br />

Tisch verwendet. Durchgeführt wurden <strong>die</strong> acht Therapieeinheiten in Form<br />

von Hausbesuchen, sprich bei <strong>der</strong> Patientin zu Hause, was sich mit Hilfe<br />

einer mobilen Liege als unproblematisch herausstellte. Die<br />

Literaturbeschaffung erfolgte über Literaturdatenbanken, über <strong>die</strong><br />

Betreuer, über <strong>die</strong> Universitätsbibliothek Innsbruck, über Recherche im<br />

Internet <strong>und</strong> Referenzen verschiedenster Artikel.<br />

5.1 Funktionelle Bewegungslehre<br />

Das Konzept <strong>der</strong> Funktionellen Bewegungslehre wurde von <strong>der</strong> Schweizer<br />

Gymnastiklehrerin <strong>und</strong> Physiotherapeutin Susanne Klein – Vogelbach<br />

(1909 – 1996) begründet. Es bietet eine Anleitung, ges<strong>und</strong>e Bewegungen<br />

zu analysieren, das funktionelle Problem <strong>und</strong> seine Ursachen<br />

herauszufinden <strong>und</strong> zu beschreiben <strong>und</strong> daraufhin entsprechende<br />

Behandlungsschritte zu wählen.<br />

Vorerst wird ein funktioneller Status des Patienten erhoben. Dieser<br />

orientiert sich an einer hypothetischen Norm <strong>und</strong> lässt Abweichungen<br />

erkennen. Im Falle eines <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s kommt es zu strukturellen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> zu einer gestörten Funktion <strong>der</strong> Trophik im Gewebe.<br />

Die Muskulatur kann ihre physiologische Gestalt <strong>und</strong> Funktion nicht mehr<br />

“Pain.“ May 2003; 103(1-2):65-73<br />

27


erhalten, da sie eine intakte Innervation, normale Informationen aus den<br />

zugehörigen Gelenken, eine normale Sensomotorik, eine regelmäßige<br />

Dehnung <strong>und</strong> eine fortgesetzte Kontraktionsauslösung bräuchte. 73<br />

Zur Beobachtung von Bewegung <strong>die</strong>nen neben <strong>der</strong> Vorstellung von<br />

Ebenen <strong>und</strong> Achsen <strong>der</strong> Drehpunkt als Schaltstelle einer Bewegung <strong>und</strong><br />

Zeiger bzw. Distanzpunkte. 74<br />

Bei <strong>der</strong> Analyse eines Organismus ist es beson<strong>der</strong>s wichtig, seine<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Schwerkraft zu beachten. Daneben gilt es,<br />

eine Bewegung als Lageän<strong>der</strong>ung des Körpers im Raum <strong>und</strong> als<br />

Stellungsän<strong>der</strong>ungen in den Gelenken zu sehen. Somit können aus<br />

Bewegungen <strong>die</strong> gefor<strong>der</strong>ten Muskelaktivitäten erkannt werden. Weiters<br />

gilt <strong>die</strong> Berücksichtigung, dass das Bewegungsverhalten von<br />

Gleichgewichtsreaktionen geprägt ist.<br />

Definierte Beobachtungskriterien helfen beim Gewinnen von<br />

Erkenntnissen über <strong>die</strong> Harmonie einer Bewegung, <strong>die</strong> Koordination, den<br />

Rhythmus <strong>und</strong> das Bewegungsausmaß. Davon kann im nächsten Schritt<br />

das funktionelle Problem abgeleitet <strong>und</strong> Hypothesen über dessen Ursache<br />

formuliert werden. Dies stellt <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> Behandlung dar, <strong>der</strong>en<br />

Ziele im Beheben des funktionellen Problems <strong>und</strong> des Wie<strong>der</strong>erlangens<br />

eines ökonomischen Bewegungsverhaltens liegen. 75<br />

Eine Orientierung des Menschen am eigenen Körper, im Raum durch <strong>die</strong><br />

Wirkung <strong>der</strong> Schwerkraft o<strong>der</strong> vom eigenen Körper aus durch <strong>die</strong> visuelle<br />

Kontrolle verhilft in <strong>der</strong> Therapie dabei, dem Patienten Bewegungen gut zu<br />

vermitteln <strong>und</strong> anzuleiten. Der Patient sollte möglichst früh erlernen,<br />

eigenständig <strong>und</strong> unabhängig von Fremdkontrolle zu bewegen. Das<br />

therapeutische Üben hat den Zweck, funktionelle Defizite auf reaktivem<br />

Weg zu überwinden <strong>und</strong> differenzierte Bewegungsabläufe zu schulen.<br />

Ökonomische Bewegung bedeutet maximale Leistung bei optimalem<br />

Kraftaufwand <strong>und</strong> minimalem Materialverschleiß. Eine zu niedrige<br />

73<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen. 2001.<br />

5.Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3540662871. S.115-117<br />

74<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen. 2001.<br />

5.Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3540662871<br />

75<br />

http://www.fbl-klein-vogelbach.org/<br />

28


Aktivität, <strong>die</strong> bei den tiefen Nackenflexoren aufgr<strong>und</strong> eines<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s entstehen kann, verzögert <strong>die</strong><br />

Gleichgewichtsreaktionen. Dies hat eine übermäßige Belastung <strong>und</strong><br />

Abnutzung <strong>der</strong> passiven Strukturen des Bewegungssystems zur Folge.<br />

Eine Unterteilung des Körpers in funktionelle Körperabschnitte <strong>die</strong>nt als<br />

Beobachtungskriterium. Dabei gewährleistet <strong>der</strong> Brustkorb dynamische<br />

Stabilität. Auf <strong>die</strong>sem balanciert <strong>der</strong> Kopf <strong>und</strong> reguliert von kranial her <strong>die</strong><br />

Feineinstellung <strong>der</strong> Statik <strong>der</strong> Wirbelsäule. Bei richtiger Einordnung <strong>der</strong><br />

Bereiche Becken, Brustkorb <strong>und</strong> Kopf befindet sich <strong>der</strong> Kopf in einem<br />

labilen Gleichgewicht <strong>und</strong> verfügt über potentielle Beweglichkeit, was <strong>die</strong><br />

Muskulatur reaktionsbereit macht. Bei einer muskulären Dysfunktion kann<br />

<strong>die</strong>se Reaktionsbereitschaft eingeschränkt sein, was wie<strong>der</strong>um zu<br />

Überlastung passiver Strukturen führt. 76<br />

Für ein selektives Muskeltraining ist es wichtig, funktionell zu arbeiten. Im<br />

Falle <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren gilt zu beüben, dass sie bei Bewegungen<br />

des Rumpfes längenstabil bleiben <strong>und</strong> das Körpergewicht gegen <strong>die</strong><br />

Schwerkraft stabilisieren können. Weiters soll eine schnelle<br />

Ansprechbarkeit, <strong>die</strong> notwendig ist für eine dynamische Stabilisation,<br />

wie<strong>der</strong> erlernt werden. Dafür eignet sich <strong>die</strong> Übung „Kurz <strong>und</strong> Bündig“, <strong>die</strong><br />

später noch näher beschrieben wird. 77<br />

5.2 Patientenauswahl<br />

Als Einschlusskriterien für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> galten ein Alter von 18 bis 60 Jahren,<br />

ein erlittenes <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> vor maximal vier Wochen, eine <strong>Insuffizienz</strong><br />

<strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren, eingeschränkte Beweglichkeit <strong>und</strong> eine<br />

vorhandene Symptomatik. Als Ausschlusskriterien galten Frakturen an <strong>der</strong><br />

HWS, ein Diskusprolaps im Bereich <strong>der</strong> HWS, gröbere Kopfverletzungen,<br />

Gefäß- o<strong>der</strong> Nervenverletzungen, Segmentinstabilitäten durch<br />

Bandrupturen, Osteoporose o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e schwerwiegende<br />

Nebenerkrankungen. Die Patientin, <strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Arbeit zur Verfügung<br />

76<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen.<br />

5.Auflage. 2006, Springer, Berlin. ISBN: 3540662871. S.43-78<br />

77<br />

Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen.<br />

5.Auflage. 2006, Springer, Berlin. ISBN: 3540662871. S.254-257<br />

29


stellte, wurde über das Schwazer Bezirkskrankenhaus rekrutiert. Sie ist 46<br />

Jahre alt <strong>und</strong> hat elf Tage vor dem Erstbef<strong>und</strong> ein <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> im<br />

Rahmen eines Autounfalls erlitten.<br />

5.3 Erstbef<strong>und</strong>ung<br />

Die erste Untersuchung <strong>der</strong> Patientin wurde am Mittwoch, den 17.05.05<br />

durchgeführt. Sie beinhaltete <strong>die</strong> Anamnese mit <strong>der</strong> Körpertabelle, dem<br />

24h Verhalten, <strong>der</strong> vorherigen <strong>und</strong> jetzigen Geschichte, speziellen Fragen,<br />

einer sozialen Anamnese <strong>und</strong> einer unfallspezifischen Befragung.<br />

Daraufhin folgte eine funktionelle Untersuchung mit Inspektion, Palpation,<br />

funktioneller Demonstration, Überprüfung <strong>der</strong> aktiven Beweglichkeit mit<br />

dem Maßband, passive Testung <strong>der</strong> einzelnen Bewegungssegmente <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> craniocervicale Flexionstest zur Verifizierung <strong>der</strong> muskulären<br />

<strong>Insuffizienz</strong>. Weiters bekam <strong>die</strong> Patientin zwei Fragebögen, wobei <strong>der</strong><br />

erste <strong>die</strong> momentane Symptomatik <strong>und</strong> <strong>der</strong> zweite <strong>die</strong> subjektiv<br />

empf<strong>und</strong>ene Beeinträchtigung im alltäglichen Leben eruierte. In <strong>die</strong>sem<br />

Abschnitt werden <strong>die</strong> Methoden beschrieben <strong>und</strong><br />

Untersuchungsergebnisse präsentiert, <strong>die</strong> in einem späteren Kapitel mit<br />

den darauf folgenden Testungen verglichen werden.<br />

5.3.1 Anamnese<br />

Die Patientin betrachtete Unbeweglichkeit, Schwindel, Übelkeit <strong>und</strong><br />

Kopfschmerzen als momentane Hauptprobleme im Erstbef<strong>und</strong>. Anhand<br />

<strong>der</strong> Körpertabelle beschrieb sie vorrangig einen kontinuierlichen<br />

drückenden Schmerz mit Steifigkeit in mittlerer <strong>und</strong> unterer HWS mit einer<br />

Schmerzstärke von neun auf <strong>der</strong> Visual Analogue Scale.<br />

Verschlechternde Faktoren umfassten längeres Gehen, Bewegen des<br />

Kopfes bzw. <strong>der</strong> HWS, psychische Belastung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Patientin aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Unfallsituation bekam <strong>und</strong> Müdigkeit. Verbessernde Faktoren waren<br />

Ruhe o<strong>der</strong> Schlaf, Abstützen bzw. Anlehnen des Kopfes <strong>und</strong> das Liegen<br />

auf <strong>der</strong> rechten Seite.<br />

Im Eruieren <strong>der</strong> vorherigen Geschichte gab <strong>die</strong> Patientin Verspannungen<br />

im Nacken bzw. Schultergürtel <strong>und</strong> Schmerzen am gesamten Rücken<br />

durch ihre Bürotätigkeit vor dem Trauma an Sie hatte daraufhin bereits<br />

30


Serien von Massagen <strong>und</strong> Fango erhalten. Weiters erwähnte sie eine<br />

Migräne, <strong>die</strong> etwa alle drei Monate aufgetreten war <strong>und</strong> nach einer<br />

Unterleibsoperation etwas besser wurde.<br />

Die jetzige Geschichte betreffend stufte <strong>die</strong> Patientin ihr Wohlbefinden als<br />

verschlechternd seit Beginn ein <strong>und</strong> gab an, ihre Schmerzen kontinuierlich<br />

zu haben. Als bisherige Therapie bekam <strong>die</strong> Patientin eine<br />

Schanzkrawatte verschrieben, welche sie seit dem Unfalltag tags als auch<br />

nachts trug <strong>und</strong> mittlerweile etwa zwei Mal täglich für eine halbe St<strong>und</strong>e<br />

herunternahm. Weiters wurde sie mit Proxen <strong>und</strong> Myolastan<br />

medikamentös versorgt.<br />

In <strong>der</strong> unfallspezifischen Befragung schil<strong>der</strong>te <strong>die</strong> Patientin, dass sie am<br />

06.05.06 mit ihrem Auto auf <strong>der</strong> Autobahn fuhr, als plötzlich ein H<strong>und</strong> auf<br />

<strong>die</strong> Fahrbahn sprang. Sie bremste stark, kam ins Schleu<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

kolli<strong>die</strong>rte an <strong>der</strong> linken Leitplanke schräg hinten zweifach. Sie war auf <strong>die</strong><br />

Kollision gefasst <strong>und</strong> trug den Sicherheitsgurt. Sie kann sich an einen<br />

Kopfaufprall erinnern, jedoch nicht an <strong>die</strong> Stellung des Kopfes während<br />

<strong>der</strong> Gewalteinwirkung. Sie hatte noch am Unfallort Erbrechen. Die<br />

Patientin spricht von einer Gedächtnislücke bezogen auf den Unfall. Nach<br />

einem kurzen Schockzustand traten sofort Schmerzen im Kopf, an <strong>der</strong><br />

Schulter <strong>und</strong> im Nacken auf. Sie wurde sobald mit <strong>der</strong> Rettung ins<br />

Krankenhaus Schwaz gebracht. Es bestand darauf folgend eine<br />

Bettlägerigkeit von zwei Tagen.<br />

Spezielle Fragen in <strong>der</strong> Anamnese betrachtend stellte sich heraus, dass<br />

<strong>die</strong> Patientin vor zehn Jahren an <strong>der</strong> Schilddrüsenerkrankung Morbus<br />

Hashimoto erkrankte. Sie wurde operiert <strong>und</strong> nahm daraufhin 30<br />

Kilogramm zu. Die Erkrankung hat <strong>die</strong> Patientin jetzt medikamentös<br />

halbwegs im Griff.<br />

Zu sozialen Anamnese gilt zu sagen, dass <strong>die</strong> Patientin gemeinsam mit<br />

ihrem Mann in einer Wohnung in Schwaz lebt <strong>und</strong> einen H<strong>und</strong> besitzt, mit<br />

dem sie meistens zwei St<strong>und</strong>en täglich spazieren geht. Weiters betreute<br />

sie lange Jahre einen schweren Pflegefall, <strong>der</strong> bedauerlicherweise kurze<br />

Zeit nach den Therapien verstarb. Dieses Ereignis verstärkte ihre<br />

31


psychischen Belastungen, wie in dem Follow Up festgestellt wurde.<br />

5.3.2 Funktionelle Untersuchung<br />

Tabelle 1 Inspektion<br />

Von dorsal Von lateral Von ventral<br />

Rechtslateralflexion <strong>der</strong><br />

HWS<br />

Schulterhochstand <strong>und</strong><br />

Trapeziushartspann links<br />

Protraktion des Kopfs<br />

Schulterprotaktion<br />

Flexion obere HWS<br />

Knick in Höhe C5/6<br />

Knick in LWS<br />

Flache obere BWS<br />

Linksrotation <strong>der</strong> HWS<br />

In <strong>der</strong> Palpation wurde generell ein hoher Muskeltonus im Schultergürtel–<br />

<strong>und</strong> HWS – Bereich festgestellt. Druckdolent waren rechter <strong>und</strong> linker<br />

Levatoransatz, linker Trapeziusbereich etwas stärker als <strong>der</strong> rechte, stark<br />

druckdolent war Proc. Spinosus auf Höhe C7 <strong>und</strong> <strong>die</strong> Procc. Spinosi leicht<br />

druckdolent in <strong>der</strong> oberen HWS.<br />

In <strong>der</strong> funktionellen Demonstration zeigte sich eine Symptomverstärkung<br />

generell bei Bewegungen <strong>der</strong> HWS, speziell bei einer Linksrotation <strong>und</strong><br />

beim Sitzen mit vorgeneigtem Oberkörper.<br />

Die Testung <strong>der</strong> aktiven Beweglichkeit wurde mit Hilfe eines Maßbandes<br />

durchgeführt <strong>und</strong> kam zu folgenden Resultaten. Bei <strong>der</strong> Flexion <strong>der</strong> HWS<br />

wurden beim Abstand <strong>der</strong> Kinnspitze zur Incisura Jugularis sechs<br />

Zentimeter gemessen mit Steifigkeitsgefühl, Schmerzhaftigkeit <strong>und</strong><br />

auffallendem zahnradartigen Bewegen. Bei <strong>der</strong> Extension wurden 14<br />

Zentimeter gemessen mit Schmerz im Bereich des linken Trapezius. Bei<br />

<strong>der</strong> Linkslateralflexion wurden beim Abstand vom Ohrläppchen zum<br />

Acromion 13 Zentimeter gemessen mit Schmerzhaftigkeit in <strong>der</strong> unteren<br />

HWS, Kopfschmerz <strong>und</strong> einer Linksrotation als beobachtbare<br />

Ausweichbewegung. Die Rechtslateralflexion ergab 15cm mit<br />

Schmerzhaftigkeit im linken Trapeziusbereich. Bei <strong>der</strong> Rechtsrotation<br />

wurden beim Abstand <strong>der</strong> Kinnspitze zum Acromion 19,5 Zentimeter<br />

gemessen mit Schmerzhaftigkeit im linken Nackenbereich. Bei <strong>der</strong><br />

Linksrotation wurden beim Abstand <strong>der</strong> Kinnspitze zum Acromion 18<br />

32


Zentimeter gemessen, <strong>die</strong> Patientin verspürte ein Spannungsgefühl mit<br />

Schmerz <strong>und</strong> als Ausweichbewegung konnte eine Linkslateralflexion<br />

beobachtet werden.<br />

Bei den passiven Bewegungsprüfungen wurden generell eine starke<br />

Schmerzhaftigkeit <strong>und</strong> eine muskuläre Gegenspannung festgestellt. Bei<br />

allen Bewegungsrichtungen überwiegte ein Schmerz in <strong>der</strong> unteren HWS<br />

in den linken Nackenbereich ausstrahlend.<br />

5.3.3 Mögliche <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> - spezifische Symptome<br />

Zur Erfassung <strong>der</strong> subjektiv empf<strong>und</strong>enen Schmerzsituation bekam <strong>die</strong><br />

Patientin einen Fragebogen mit möglichen Symptomen <strong>und</strong> sollte bei<br />

jedem Bereich einen Grad auf <strong>der</strong> Four – graded Scale wählen. Tabelle<br />

zwei präsentiert <strong>die</strong> Bedeutung <strong>der</strong> vier Grade <strong>und</strong> Tabelle drei stellt <strong>die</strong><br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Patientin dar.<br />

Tabelle 2 Four – graded Scale<br />

1 Keine Symptome/ Schmerzen<br />

2 Mild ausgeprägte Symptome/ Schmerzen<br />

3 Mittelmäßig ausgeprägte Symptome/ Schmerzen<br />

4 Heftig ausgeprägte Symptome/ Schmerzen<br />

Tabelle 3 Mögliche schleu<strong>der</strong>traumaspezifische Symptome<br />

Kopfschmerz Druck <strong>und</strong><br />

Schmerzen bei<br />

Kopfbewegungen<br />

Stechen 4<br />

Leichte Erschöpfbarkeit 2<br />

3-4 Leistungsmin<strong>der</strong>ung 2-3<br />

Nackenschmerzen Links 3-4 Reizbarkeit 3<br />

Steifigkeitsgefühl 3 Depressive Verstimmungen 3-4<br />

Instabilitätsgefühl 3 Nervosität 3<br />

Rüttelschmerz 4 Mit<br />

Übelkeit<br />

Vergesslichkeit 2<br />

Muskelverspannungen 3 Sehstörungen 2<br />

Schmerzen zwischen den<br />

Schulterblättern<br />

Linksseitig<br />

<strong>und</strong> mittig<br />

3-4<br />

Übelkeit 3<br />

Taubheitsgefühle 1 Erbrechen 3<br />

Schwindel Beim<br />

Bewegen 4<br />

33


5.3.4 Neck Disability Index<br />

Der Neck Disability Index (NDI) wurde 1989 als eine Modifikation des<br />

„Oswestry low back pain disability questionnaire“ entworfen. Verschiedene<br />

Stu<strong>die</strong>n bestätigten eine hohe Reliablität <strong>und</strong> Validität. 78 Er kommt bei<br />

Patienten mit Nackenschmerzen zum Einsatz. Mit <strong>der</strong> Methode werden<br />

subjektiv empf<strong>und</strong>ene Schmerzen <strong>und</strong> funktionelle Beeinträchtigungen im<br />

alltäglichen Leben durch einen Fragebogen mit zehn Abschnitten zu je<br />

fünf Antwortmöglichkeiten erfasst. 79 Die maximal zu erreichende<br />

Punktezahl 50 wird verdoppelt <strong>und</strong> somit werden Prozente ermittelt. 0%<br />

80 81<br />

bedeutet keine <strong>und</strong> 100% maximale Beeinträchtigung.<br />

Der Fragebogen wurde <strong>der</strong> Patientin beim Erst-, Zwischen-, Endbef<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> den zwei Follow Ups ausgehändigt. Der Bereich „Heben“ konnte nicht<br />

bestimmt werden, da <strong>die</strong> Patientin aufgr<strong>und</strong> ihrer Blasensenkung<br />

schweres Heben vermeidet. Somit war <strong>die</strong> zu erreichende<br />

Höchstpunktezahl nur 45. Beim Erstbef<strong>und</strong> erlangte <strong>die</strong> Patientin 46,6<br />

Prozent <strong>und</strong> wurde im Bereich <strong>der</strong> mittelmäßigen Schmerzen <strong>und</strong><br />

Beeinträchtigung eingestuft. Tabelle vier zeigt <strong>die</strong> an <strong>die</strong> Patientin<br />

angepasste Auswertung. In Tabelle fünf werden <strong>die</strong> Antworten auf den<br />

Fragebogen präsentiert.<br />

Tabelle 4 Neck Disability Index 82<br />

0 – 8% 0 – 3,6 Punkte Keine Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />

10 – 28% 4,5 – 12,6<br />

Punkte<br />

Leichte Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />

30 – 48% 13,5 – 21,6<br />

Punkte<br />

Mittelmäßige Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />

50 – 68% 22,5 – 30,6<br />

Punkte<br />

Starke Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />

72 – 100% 32,4 – 45 Punkte Totale Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />

78<br />

http://www.chiro.org/LINKS/OUTCOME/Painter_1.shtml<br />

79<br />

http://www.proqolid.org/public/neck_di.html<br />

80<br />

Lankester B et al. The classification of outcome following whiplash injury—a comparison of<br />

methods. “European Spine Journal”, 2004; 13(7)605-609<br />

81<br />

Sterling M et al. Development of motor system dysfunction following whiplash injury. “Pain.“<br />

May 2003; 103(1-2):65-73<br />

82<br />

http://www.chiro.org/LINKS/OUTCOME/Painter_1.shtml<br />

34


Schmerz-<br />

intensität<br />

Körperpflege<br />

Tabelle 5 Neck Disability Index im Erstbef<strong>und</strong><br />

E: Der Schmerz ist stark, aber kommt <strong>und</strong> geht.<br />

B: Ich kann <strong>die</strong>se Aktivitäten ausführen, aber es verursacht<br />

zusätzlichen Schmerz.<br />

Heben Ungültig<br />

Lesen C: Ich kann lesen so viel ich will <strong>und</strong> verspüre mittelstarke<br />

Schmerzen im Nacken.<br />

Kopfschmerzen B: Ich habe leichte Kopfschmerzen, welche regelmäßig auftreten.<br />

Konzentration<br />

B: Ich kann mich wann immer ich will mit leichten Schwierigkeiten<br />

voll konzentrieren.<br />

Arbeit D: Ich kann meine übliche Arbeit nicht vollbringen.<br />

Autofahren F: Es ist mir unmöglich Auto zu fahren.<br />

Schlafen A: Ich habe keine Schlafstörungen.<br />

Entspannung<br />

5.3.5 Der Craniocervicale Flexionstest<br />

D: Ich bin imstande, mich nur auf einige meiner üblichen<br />

entspannenden Tätigkeiten einzulassen aufgr<strong>und</strong> meiner<br />

Nackenschmerzen.<br />

Der craniocervicale Flexionstest wurde entwickelt als eine indirekte<br />

Messung <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren. Es wird <strong>die</strong> Fähigkeit eruiert, eine<br />

präzise Flexionsbewegung <strong>der</strong> oberen HWS langsam durchzuführen <strong>und</strong><br />

zu halten. Es kann Auskunft über <strong>die</strong> Koordination zwischen<br />

oberflächlichen <strong>und</strong> tiefen Nackenflexoren gewonnen werden. Wie im<br />

theoretischen Teil bereits ausführlicher beschrieben, reflektiert eine<br />

craniocervicale Flexion eine koordinierte Aktivität <strong>der</strong> Mm. Longus colli<br />

<strong>und</strong> capitis <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mm. Rectus capitis anterior <strong>und</strong> lateralis. Im<br />

Gegensatz dazu befindet sich <strong>der</strong> Ansatz des M. Sternocleidomastoideus<br />

hinter <strong>der</strong> Bewegungsachse. Da es bei <strong>die</strong>sem Test zu keiner Flexion <strong>der</strong><br />

mittleren <strong>und</strong> unteren HWS kommen sollte, stellt eine übermäßige Aktivität<br />

<strong>der</strong> oberflächlichen Flexoren <strong>der</strong> HWS wie <strong>der</strong> M. Sternocleidomastoideus<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> M. Scalenus anterior keine ideale neuromuskuläre Kontrolle dar,<br />

son<strong>der</strong>n eine kompensatorische Strategie aufgr<strong>und</strong> einer<br />

Funktionsstörung <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren. Keine Koaktivität <strong>der</strong><br />

oberflächlichen Nackenflexoren bedeutet somit ideale neuromuskulärer<br />

Kontrolle.<br />

35


In Rückenlage gelagert wurde eine Druckmanschette subokzipital platziert<br />

<strong>und</strong> auf 20 mm Hg aufgepumpt. Somit wird eine neutrale Position von<br />

Kopf <strong>und</strong> HWS gewährleistet. Durch <strong>die</strong> Kontraktion <strong>der</strong> zu testenden<br />

Muskeln kommt es zu einer feinen Abflachung <strong>der</strong> cervicalen Lordose,<br />

was eine Druckerhöhung auf <strong>der</strong> Manschette bewirkt. Jegliches<br />

ungewollte Heben des Kopfes o<strong>der</strong> Flexion <strong>der</strong> mittleren o<strong>der</strong> unteren<br />

HWS resultiert in einem Druckabfall. Vor <strong>der</strong> Testung erfolgte eine<br />

Instruktion <strong>der</strong> durchzuführenden Bewegung, <strong>die</strong> für eine Minute geübt<br />

werden konnte. Der Test startete bei 20 mm Hg <strong>und</strong> <strong>der</strong> Druck wurde in<br />

Schritten von jeweils 2 mm Hg bis auf 30 mm Hg erhöht.<br />

Bei <strong>der</strong> Testung war es wichtig, auf Ausweichmechanismen wie eine<br />

Retraktion des Kopfes zu achten. Pro Teststufe wurde eruiert, auf welchen<br />

Wert <strong>die</strong> Patientin den Druck erhöhen konnte. Die Aktivität <strong>der</strong><br />

oberflächlichen Nackenflexoren wurde palpatorisch beobachtet <strong>und</strong> das<br />

Ausmaß <strong>der</strong> Aktivität notiert. Zwischen den Teststufen wurde eine Pause<br />

von jeweils 30 Sek<strong>und</strong>en genehmigt.<br />

In einer zweiten Phase wurde <strong>die</strong> Ausdauer <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren<br />

ermittelt. Hier wurde <strong>der</strong> Patientin aufgetragen, <strong>die</strong> Bewegung auf je<strong>der</strong><br />

Teststufe zehn Sek<strong>und</strong>en lang zu halten. Notiert wurde <strong>der</strong> Druckwert,<br />

den <strong>die</strong> Patientin auf <strong>der</strong> jeweiligen Stufe zehn Sek<strong>und</strong>en halten konnte.<br />

Daneben wurde wie<strong>der</strong>um <strong>die</strong> Aktivität <strong>der</strong> M. SCM bzw. M. Scalenus<br />

anterior palpiert.<br />

Als dritter Test wurde <strong>die</strong> Haltekontrolle überprüft. Dabei wurde vorerst <strong>die</strong><br />

Manschette auf 25 mm Hg aufgeblasen <strong>und</strong> dann das Kopfgewicht von<br />

<strong>der</strong> Testperson abgenommen, sodass <strong>die</strong> Manschette <strong>die</strong> Druckstufe 20<br />

mm Hg anzeigte. Nun sollte <strong>die</strong> Patientin auf Kommando das Gewicht des<br />

Kopfes übernehmen <strong>und</strong> versuchen, <strong>die</strong> Position 15 Sek<strong>und</strong>en lang zu<br />

halten. 83 84 85 86 87 88 89 Tabelle sechs zeigt <strong>die</strong> Ergebnisse.<br />

83<br />

Jull GA. Deep cervical flexor muscle dysfunction in whiplash. “Journal of Musculoskeletal<br />

Pain” 2000; 8 (1/2): 143-154<br />

84<br />

Falla D. Evidenzbasierte Übungen für <strong>die</strong> Halswirbelsäule – Muskeln effektiv kontrollieren.<br />

„physio praxis – <strong>die</strong> Fachzeitschrift für Physiotherapie“. Februar 2006; 4. Jahrgang, Thieme,<br />

18-21<br />

85<br />

Falla D et al. Patients with neck pain demonstrate reduced electromyographic activity of the<br />

deep cervical flexor muscles during performance of the craniocervical flexion test. “Spine“ Oct<br />

2004; 1;29(19):2108-14<br />

36


Tabelle 6 Craniocervicaler Flexionstest<br />

Test 1 20 -> 23 SCM aktiv<br />

22 -> 24 SCM stark aktiv<br />

Begleiten<strong>der</strong> Kopfschmerz<br />

24 -> 24 selbiges<br />

26 -> 28 selbiges<br />

28 -> 28 selbiges<br />

30 -> 30 selbiges<br />

Test 2 Nicht durchgeführt wegen <strong>der</strong> starken Schmerzen<br />

Test 3<br />

5.4 Therapie<br />

5.4.1 Allgemeines<br />

Wert gesunken auf 11 (Kopf geht parallel zur Decke hoch)<br />

Ziehen<strong>der</strong> Schmerz im linken Nackenbereich <strong>und</strong> ventral am Hals<br />

Wie im theoretischen Teil bereits ausgeführt, ist eine aktive frühzeitige<br />

Therapie einer passiven vorzuziehen. Laut Quebec Task Force (QTF)<br />

fokussiert <strong>die</strong> Behandlung nach wenigen Tagen das Erhalten bzw.<br />

Verbessern des Bewegungsausmaßes, Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schmerzen <strong>und</strong><br />

Stabilität. Daneben empfiehlt sie, alltägliche Aktivitäten so rasch wie<br />

möglich wie<strong>der</strong> aufzunehmen. Der Patient soll außerdem wissen, dass<br />

Betätigung besser ist als zu viel Ruhe <strong>und</strong> Ruhigstellung. Nach etwa drei<br />

Wochen folgen eine Steigerung <strong>der</strong> Betätigung <strong>und</strong> das Verbessern <strong>der</strong><br />

Muskelkraft als zusätzliche Ziele. 90<br />

Falla D. [2006] betont, dass für Patienten mit Nackenschmerzen<br />

therapeutische Übungen für <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Muskelfunktion <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Genesung unerlässlich sind. In klinischen Stu<strong>die</strong>n wurde<br />

nachgewiesen, dass sich mit spezifischen Übungsprogrammen für <strong>die</strong><br />

86<br />

Falla D. An Electromyographic Analysis of the Deep Cervical Flexor Muscles in<br />

Performance of Craniocervical Flexion. “Physical Therapy” 2003; 83(10):899-906<br />

87<br />

Chiu TT et al. Performance of the craniocervical flexion test in subjects with and without<br />

chronic neck pain. “The Journal of Orthopaedic and Sports Physical Therapy“ Sep 2005;<br />

35(9):567-71<br />

88<br />

Sterling M et al. Development of motor system dysfunction following whiplash injury. “Pain“<br />

2003; 103(1-2):65-73<br />

89<br />

Sahrmann S. “Muscle Balance” für <strong>die</strong> dynamische Stabilität <strong>der</strong> Halswirbelsäule <strong>und</strong> des<br />

oberen Quadranten.<br />

90<br />

Scholten-Peeters GG et al. Clinical practice guideline for the physiotherapy of patients with<br />

whiplash-associated disor<strong>der</strong>s. “Spine.“ 25 Feb 2002; 27(4):412-22<br />

37


cervicalen Muskeln Nackenschmerzen verringern <strong>und</strong> Muskelfunktionen<br />

verbessern lassen. Außerdem sollte ab <strong>der</strong> ersten Behandlung an einer<br />

korrekten Haltung geübt werden. In einer Stu<strong>die</strong> wurde nachgewiesen,<br />

dass spezifisches Üben einer korrigierten Haltung <strong>die</strong> Aktivierung <strong>der</strong><br />

tiefen cervicalen Flexoren verbessert. 91<br />

Gibbons SGT <strong>und</strong> Comerford MC [2001] nehmen in ihrer Stu<strong>die</strong> Stellung<br />

zu Stabilitäts- versus Krafttraining. Stabilitätstraining definieren sie als<br />

Regulierung des ZNS einer effizienten nie<strong>der</strong>schwelligen Rekrutierung<br />

<strong>und</strong> Integration lokaler <strong>und</strong> globaler Muskelsysteme. Sie empfehlen, bei<br />

einer Dysfunktion <strong>der</strong> Stabilität unter geringer Belastung zu üben, um<br />

überwiegend <strong>die</strong> langsamen motorischen Einheiten, sprich lokale<br />

Stabilisatoren, zu aktivieren. Sie erwähnen nebenbei <strong>die</strong> Wichtigkeit des<br />

Auflösens gestörter Bewegungsmuster, welche eine Ursache für<br />

Pathologien darstellen können. Sie bringen eine vermin<strong>der</strong>te<br />

Propriozeption mit einer vermin<strong>der</strong>ten Rekrutierung <strong>der</strong> langsamen<br />

motorischen Einheiten <strong>und</strong> geringerer Muskelsteifigkeit in<br />

Zusammenhang. Demzufolge erwähnen sie <strong>die</strong> Entwicklung zentraler<br />

Schmerzmechanismen, <strong>die</strong> sich in chronischen Schmerzen äußern. So<br />

könnten spezifische Übungen unter geringer Belastung für <strong>die</strong><br />

Rehabilitation propriozeptiver Defizite effizient sein. Dies wird bei einer<br />

korrekten Haltung gewährleistet. Dies bedeutet, dass das passive<br />

osteoligamentäre System wenig unterstützend arbeitet, während das<br />

92 93<br />

aktive Muskelsystem für dynamische Stabilisation essentiell ist.<br />

Ebenso befürworten Wing Chiu et al. [2005] therapeutische Übungen<br />

unter geringer Belastung, <strong>die</strong> anstelle <strong>der</strong> Muskelkraft <strong>die</strong> motorische<br />

Kontrolle betonen, als effektive Rehabilitation von<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten. 94<br />

91<br />

Falla D. Evidenzbasierte Übungen für <strong>die</strong> Halswirbelsäule – Muskeln effektiv kontrollieren.<br />

„physio praxis – <strong>die</strong> Fachzeitschrift für Physiotherapie“. Thieme. 2006(4)18-21<br />

92<br />

Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 2: Limitations and benefits.<br />

“Orthopaedic Division Review.” March/April 2001: 28-33<br />

93<br />

Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 1: Cpncept and terms.<br />

“Orthopaedic Division Review” March/April 2001:21-27<br />

94<br />

Chiu TT et al. Performance of the craniocervical flexion test in subjects with and without<br />

chronic neck pain. “The Journal of Orthopaedic and Sports Physical Therapy“ Sep 2005;<br />

35(9):567-71.<br />

38


Rosenfeld M et al. [2000, 2003] erforschten in ihren Stu<strong>die</strong>n, dass<br />

Rotationsbewegungen <strong>der</strong> HWS, <strong>die</strong> Patienten nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zu Hause täglich öfters selbst ausführten, für <strong>die</strong><br />

Schmerzreduktion effektiver sind als eine Ruhigstellung in <strong>der</strong><br />

95 96<br />

Halskrause.<br />

5.4.2 Therapieprogramm<br />

Es wurden insgesamt acht Therapieeinheiten mit einer jeweiligen Dauer<br />

von 60 Minuten durchgeführt. Die erste Behandlung fand am 17.05.06<br />

statt, sprich 11 Tage nach dem Trauma <strong>und</strong> <strong>die</strong> achte <strong>und</strong> letzte Therapie<br />

am 10.06.06. Die verschiedenen Übungen, <strong>die</strong> im nächsten Abschnitt<br />

näher beschrieben werden, wurden nach <strong>und</strong> nach in <strong>die</strong> Therapien<br />

eingebaut <strong>und</strong> zum Hausübungsprogramm hinzugefügt. Anhand eines<br />

Übungsprotokolls konnte nachvollzogen werden, wie lange <strong>und</strong> wie oft <strong>die</strong><br />

Patientin übte. Tabelle sieben listet das Therapieprogramm auf.<br />

1. Therapie<br />

Tabelle 7 Therapieprogramm<br />

Erstbef<strong>und</strong>, Wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation<br />

2. Therapie Korrektur<br />

3. Therapie Klötzchenspiel<br />

4. Therapie Der eingeklemmte Bart im Sitz<br />

5. Therapie Zwischenbef<strong>und</strong>, Der eingeklemmte Bart in BL<br />

6. Therapie Korrektur<br />

7. Therapie Kurz <strong>und</strong> Bündig<br />

8. Therapie Endbef<strong>und</strong><br />

5.4.3 Beschreiben <strong>der</strong> Übungen<br />

5.4.3.1 Wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation<br />

Die Wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation ist neben <strong>der</strong> mobilisierenden Massage<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> hubfreien Mobilisation eine Behandlungstechnik aus <strong>der</strong> FBL.<br />

Durch gegensinniges Bewegen zweier Gelenkspartner schöpft man das<br />

95<br />

Rosenfeld M et al. Active intervention in patients with whiplash-associated disor<strong>der</strong>s<br />

improves long-term prognosis: a randomized controlled clinical trial. “Spine.“ 15 Nov 2003;<br />

28(22):2491-8<br />

96<br />

Rosenfeld M et al. Early intervention in whiplash-associated disor<strong>der</strong>s: a comparison of two<br />

treatment protocols. “Spine.“ 15 Jul 2000; 25(14):1782-7<br />

39


vorhandene Bewegungsausmaß maximal aus <strong>und</strong> begrenzt eine<br />

weiterlaufende Bewegung.<br />

Für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> wurde <strong>die</strong>se Technik aus folgenden Gründen gewählt. Die<br />

Patientin soll lernen, ihre Ausweichmechanismen abzubauen <strong>und</strong> in den<br />

einzelnen Bewegungsniveaus selektiv, bewusst <strong>und</strong> kontrolliert zu<br />

bewegen. Daneben wird das <strong>der</strong>zeitig mögliche Bewegungsausmaß<br />

ausgeschöpft <strong>und</strong> nach <strong>und</strong> nach verbessert. Weiters werden Schmerzen<br />

durch <strong>die</strong> wie<strong>der</strong>holenden Bewegungen gelin<strong>der</strong>t <strong>und</strong> <strong>die</strong> W<strong>und</strong>heilung<br />

aufgr<strong>und</strong> von Durchblutungssteigerung <strong>und</strong> Entstauung unterstützt <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Regeneration verletzten Gewebes geför<strong>der</strong>t. Die tiefen Nackenflexoren<br />

werden bezüglich <strong>der</strong> inter- <strong>und</strong> intramuskulären Koordination <strong>und</strong><br />

Reaktionsbereitschaft geschult <strong>und</strong> <strong>die</strong> selektive kinästhetische<br />

Wahrnehmung geför<strong>der</strong>t.<br />

Proximale <strong>und</strong> distale Distanzpunkte verhalfen dabei, geplante<br />

Bewegungen deutlich zu machen. Diese sollten sich auf einan<strong>der</strong> zu bzw.<br />

voneinan<strong>der</strong> wegbewegen, während <strong>der</strong> Drehpunkt ausweicht bzw. sich<br />

dazwischen schiebt. Bei einer Rotation wurden im Gegensatz dazu Zeiger<br />

verwendet.<br />

Für den Erfolg ist eine gute Instruktion wesentlich, wobei verbale<br />

Führungen wie „Die Kinnspitze nähert sich dem Grübchen an.“ verwendet<br />

wurden. Es muss dem Patienten weiters Zeit gegeben werden, sich auf<br />

eine Bewegung zu konzentrieren <strong>und</strong> auftretende Muskelaktivitäten<br />

abzubauen.<br />

Die Bewegungen dürfen keinen starken Schmerz hervorrufen, um keine<br />

reflektorische Tonuserhöhung zu provozieren. Es gibt verschiedene<br />

Ausführungsmöglichkeiten, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Praxis angewandt werden können.<br />

In <strong>der</strong> ersten Einheit wurden <strong>die</strong> geplanten Bewegungen bewusst gemacht<br />

<strong>und</strong> langsam einstu<strong>die</strong>rt. In den darauf folgenden Therapien wurden wenn<br />

nötig Korrekturen vorgenommen. Da <strong>die</strong> Patientin darüber klagte, sich zu<br />

verspannen, wenn sie den proximalen Gelenkspartner bewegt, wurde auf<br />

<strong>die</strong> Ausführungsmöglichkeit gewechselt, wo <strong>der</strong> proximale Gelenkspartner<br />

stabilisiert bzw. kontrolliert wird <strong>und</strong> <strong>der</strong> distale Gelenkspartner bewegt<br />

wird. 97<br />

97 Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Behandlungstechniken. 2005.<br />

40


5.4.3.2 „Klötzchenspiel“<br />

Abbildung 5 Mittelstellung des Klötzchenspiels<br />

Abbildung 6 Vorgeneigte KLD Abbildung 7 Rückgeneigte KLD<br />

Diese Übung wurde für <strong>die</strong> Patientin in <strong>die</strong>ser Arbeit mit dem Ziel gewählt,<br />

<strong>die</strong> Körperabschnitte Becken, Brustkorb <strong>und</strong> Kopf in <strong>die</strong> vertikal stehende<br />

Körperlängsachse (KLD) einzuordnen. Wie bereits zuvor erwähnt, ist eine<br />

korrekte Haltung wesentlich für <strong>die</strong> Therapie bei Patienten mit<br />

Nackenschmerzen. Nur so kann <strong>der</strong> Kopf auf dem stabilen Rumpf<br />

balancieren <strong>und</strong> potentiell beweglich sein. Mit Hilfe <strong>der</strong> Selbstpalpation bei<br />

Springer, Berlin. ISBN: 3-540-41304-9. S.28-33<br />

41


<strong>die</strong>ser Übung sollte <strong>die</strong> Patientin eine ökonomische Haltung erlernen <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Körperlängsachse auch dann halten können, wenn sie sich aus <strong>der</strong><br />

Vertikalen neigt. Es ist eine „Low load“ Übung, <strong>die</strong> daher lokale<br />

Stabilisatoren aktiviert. Durch <strong>die</strong> Rückneigung <strong>der</strong> Körperlängsachse<br />

lernen <strong>die</strong> tiefen Nackenflexoren ihre Funktion <strong>der</strong> dynamischen<br />

Stabilisation <strong>der</strong> HWS in ihrer Nullstellung <strong>und</strong> ihre schnelle<br />

Ansprechbarkeit. Weiters ist <strong>die</strong> Übung zur Integration zwischen<br />

cervicalen Flexoren <strong>und</strong> Extensoren geeignet.<br />

Als Ausgangsstellung wurde <strong>der</strong> Sitz am Eck eines Stuhls gewählt, um <strong>die</strong><br />

potentielle Beweglichkeit im Becken zu gewährleisten. Dann wurde <strong>die</strong><br />

Dorsal- <strong>und</strong> Ventralkippung des Beckens einstu<strong>die</strong>rt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Mittelstellung<br />

gef<strong>und</strong>en. Nun erlernte <strong>die</strong> Patientin <strong>die</strong> Bewegung des Vor- <strong>und</strong><br />

Rückneigens des Oberkörpers aus den Hüftgelenken heraus. Das<br />

Beibehalten <strong>der</strong> Abstände Bauchnabel – Symphyse, Bauchnabel –<br />

Processus Xiphoideus bzw. Incisura Jugularis – Kinnspitze wurde mit Hilfe<br />

<strong>der</strong> Abstände zwischen Daumen <strong>und</strong> Zeigefinger <strong>der</strong> eigenen Hände<br />

eingeübt. Der Patientin wurde bewusst gemacht, wann welche Muskulatur<br />

arbeitet, indem sie eine Hand auf den Bauch <strong>und</strong> eine auf den Rücken<br />

legte <strong>und</strong> <strong>die</strong> jeweilige Aktivität selbst erspürte. Anfangs hatte <strong>die</strong> Patientin<br />

Probleme, <strong>die</strong> Abstände unverän<strong>der</strong>t zu lassen. Das Erlernen konnte<br />

durch <strong>die</strong> Abnahme des Gewichts des Oberkörpers <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schienung<br />

durch den Therapeuten erleichtert werden. 98<br />

5.4.3.3 „Der eingeklemmte Bart“<br />

Abbildung 8 Ausgangsstellung Abbildung 9 Endstellung<br />

98 Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre. Bewegung lehren <strong>und</strong> lernen.<br />

5.Auflage. 2006, Springer, Berlin. ISBN: 3540662871. S.270-278<br />

42


Diese Übung aus <strong>der</strong> FBL wird prinzipiell in Bauchlage durchgeführt. In<br />

<strong>die</strong>ser Arbeit wurde vorerst <strong>der</strong> Sitz an einem Tisch als eine sanftere<br />

Variante gewählt. In <strong>der</strong> nächsten Therapieeinheit erlernte <strong>die</strong> Patientin<br />

<strong>die</strong> Übung in <strong>der</strong> Bauchlage. In <strong>der</strong> Ausgangsstellung ruht das Kinn auf<br />

übereinan<strong>der</strong> gestellten Fäusten, wobei <strong>die</strong> Unterarme auf einem Hocker<br />

aufliegen. Die geplante Bewegung ist dann eine Dorsaltranslation <strong>der</strong><br />

HWS, um das Kopfgewicht in <strong>die</strong> Körperlängsachse einzuordnen. Als<br />

bildhafter Vergleich kann sich ein langer Bart vorgestellt werden, <strong>der</strong><br />

vorerst in den Fäusten ruht <strong>und</strong> dann herausgezogen wird. Die<br />

durchgeführte Bewegung entspricht einer craniocervicalen Flexion. Der<br />

Zweck <strong>die</strong>ser Übung für <strong>die</strong>se Arbeit, ist dass <strong>die</strong> lokalen Stabilisatoren<br />

unter Wirkung <strong>der</strong> Schwerkraft lernen, das Kopfgewicht zu halten <strong>und</strong><br />

weiters in <strong>der</strong> Bewegungskontrolle geschult werden. Es erfor<strong>der</strong>t eine<br />

dynamisch stabilisierende Aktivität. 99<br />

5.4.3.4 „Kurz <strong>und</strong> Bündig“<br />

Abbildung 10 „Kurz <strong>und</strong> Bündig“<br />

„Kurz <strong>und</strong> Bündig“ ist eine Übung, bei <strong>der</strong> das Prinzip des Begrenzens <strong>der</strong><br />

weiterlaufenden Bewegung durch Gegenaktivität zum Einsatz kommt. Der<br />

Bewegungsimpuls <strong>der</strong> Primärbewegung, kleine kräftige Armbewegungen,<br />

wird durch stabilisierende Muskelaktivität gestoppt. Prinzipiell wird <strong>die</strong><br />

Übung im Sitz ausgeführt. Für <strong>die</strong> Patientin wurde <strong>die</strong> ASTE jedoch etwas<br />

abgewandelt. Sie führte <strong>die</strong> Übung im Stand aus, weil sie in <strong>die</strong>ser<br />

99 Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre: Therapeutische Übungen. Instruktion<br />

<strong>und</strong> Analyse. 4. Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3-540-41302-2. S.170-174<br />

43


Position den Schultergürtel entspannter halten konnte. Diese Übung<br />

wurde gewählt, um für <strong>die</strong> tiefen Nackenflexoren ein Muskeltraining im<br />

Sinne <strong>die</strong>ser dynamischen Stabilisierung durchzuführen. Daneben findet<br />

eine Aktivierung <strong>der</strong> Muskulatur ohne Bewegungsausmaß in den<br />

Gelenken statt, was eine Schonung für passive Strukturen bedeutet.<br />

Weiters ermöglicht <strong>der</strong> rasche Wechsel in <strong>der</strong> Beanspruchung <strong>der</strong><br />

Agonisten <strong>und</strong> Antagonisten eine Schulung <strong>der</strong> Koordination. 100<br />

100 Klein – Vogelbach S. Funktionelle Bewegungslehre: Therapeutische Übungen. Instruktion<br />

<strong>und</strong> Analyse. 4. Auflage. Springer, Berlin. ISBN: 3-540-41302-2. S.201-205<br />

44


6 Ergebnisse<br />

In <strong>die</strong>sem Teil <strong>der</strong> Arbeit werden <strong>die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchungen<br />

präsentiert, <strong>die</strong> im Laufe <strong>der</strong> acht Therapieeinheiten drei Mal durchgeführt<br />

wurden. Schwerpunkte liegen in <strong>der</strong> aktiven Beweglichkeit, dem<br />

craniocervicalen Flexionstest, dem NDI <strong>und</strong> dem Fragebogen über<br />

schleu<strong>der</strong>traumaspezifische Symptome. Weiters erfolgten zur<br />

Verlaufskontrolle zwei Follow Ups, einer ein Monat <strong>und</strong> <strong>der</strong> zweite zwei<br />

Monate nach dem Endbef<strong>und</strong>, anhand von zwei Fragebögen, welche den<br />

NDI <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ermittlung <strong>der</strong> schleu<strong>der</strong>traumaspezifischen Symptome<br />

beinhalteten. Daraus ergeben sich für <strong>die</strong>se zwei Schwerpunkte zwei<br />

weitere Testdaten.<br />

6.1 Aktive Beweglichkeit<br />

Er werden nun einerseits <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ungen des Bewegungsausmaßes<br />

graphisch dargestellt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits begleitende Symptomatik <strong>und</strong><br />

beobachtbare Auffälligkeiten beschrieben. Wie Abbildungen 11, 12 <strong>und</strong> 13<br />

verdeutlichen, hat sich das aktive Bewegungsausmaß <strong>der</strong> HWS in alle<br />

Bewegungsrichtungen verbessert. In Abbildung 11 ist auffällig, dass sich<br />

<strong>der</strong> Abstand <strong>der</strong> Kinnspitze zur Incisura Jugularis bei <strong>der</strong> Extension bereits<br />

von Erst- auf Mittelbef<strong>und</strong> um 3,5 cm vergrößern ließ, während er zum<br />

Endbef<strong>und</strong> hin unverän<strong>der</strong>t blieb. Die Flexion ließ sich in <strong>der</strong> Therapie um<br />

2,5 cm verbessern. Die begleitenden Symptome, <strong>die</strong> beim Bewegen in <strong>der</strong><br />

sagittalen Ebene notiert wurden, konnten ebenso reduziert werden. Beim<br />

Erstbef<strong>und</strong> klagte <strong>die</strong> Patientin über starke Schmerzen, vor allem bei <strong>der</strong><br />

Extension, beim Mittel- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong> machte sich das Bewegen nur<br />

mehr durch ein Spannungsgefühl im Nacken bei <strong>der</strong> Flexion <strong>und</strong> einem<br />

Druckgefühl am Cervicothorakalen Übergang bei <strong>der</strong> Extension<br />

bemerkbar. Weiters konnte bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Flexion im Erstbef<strong>und</strong><br />

ein zahnradartiges Bewegen inspiziert werden, das im Endbef<strong>und</strong> nicht<br />

mehr zu erkennen war.<br />

45


Abbildung 11 Aktive Flexion <strong>und</strong> Extension im Erst-, Mittel- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong><br />

Bei <strong>der</strong> Gegenüberstellung <strong>der</strong> aktiven Lateralflexion an den drei<br />

verschiedenen Zeitpunkten lässt Abbildung 12 erkennen, dass sich das<br />

Bewegungsausmaß sowohl nach rechts als auch nach links von Erst- zu<br />

Endbef<strong>und</strong> kontinuierlich vergrößerte. Die Lateralflexion nach rechts ließ<br />

sich von 15cm auf 12cm <strong>und</strong> <strong>die</strong> Lateralflexion nach links von 13cm auf<br />

11cm verbessern. Zur Symptomatik gibt es zu erwähnen, dass <strong>die</strong><br />

Patientin bei <strong>der</strong> ersten Untersuchung bei <strong>der</strong> Lateralflexion nach rechts<br />

mittelstarke Schmerzen im Bereich des linken Trapezius verspürte. Bei <strong>der</strong><br />

Lateralflexion nach links konnte einerseits zusätzlich ein Kopfschmerz<br />

provoziert <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits eine kombinierte Rotation nach links<br />

beobachtet werden. Im Gegensatz dazu war für <strong>die</strong> Patientin bei <strong>der</strong><br />

zweiten Untersuchung bei <strong>der</strong> Lateralflexion nach rechts ein Knacksen an<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäule spürbar. Beim Endbef<strong>und</strong> waren keine Symptome<br />

festzustellen.<br />

Abbildung 12 Aktive Lateralflexion nach links <strong>und</strong> nach rechts im Erst-, Mittel- <strong>und</strong><br />

Endbef<strong>und</strong><br />

46


Abbildung 13 gibt Ausschluss darüber, dass sich <strong>die</strong> Rotation in beide<br />

Bewegungsrichtungen, nach rechts um fünf <strong>und</strong> nach links um vier<br />

Zentimeter, bereits vom Erst- zum Zwischenbef<strong>und</strong> signifikant<br />

verbesserte. Darüber hinaus kam es anfangs zu einer<br />

Schmerzprovokation. Bei <strong>der</strong> zweiten Untersuchung verspürte <strong>die</strong><br />

Patientin lediglich noch ein Knacksen an <strong>der</strong> Wirbelsäule, das bei <strong>der</strong><br />

Bewegung nach rechts überwiegte <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Abschlussuntersuchung<br />

blieb noch ein Spannungsgefühl im linken Schultergürtelbereich bei <strong>der</strong><br />

Rotation nach rechts über.<br />

Abbildung 13 Aktive Rotation nach links <strong>und</strong> nach rechts im Erst-, Mittel- <strong>und</strong><br />

Endbef<strong>und</strong><br />

Bei <strong>der</strong> Ausführung einer Protraktion klagte <strong>die</strong> Patientin beim Erstbef<strong>und</strong><br />

über eine Spannung von <strong>der</strong> HWS ausstrahlend in den Kopf bis zur Stirn,<br />

<strong>die</strong> bei Zwischen- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong> zu keiner Symptomauslösung führte.<br />

Die Retraktion bewirkte im Erst- <strong>und</strong> Zwischenbef<strong>und</strong> ein dorsales Ziehen<br />

am Hals <strong>und</strong> verlief im Endbef<strong>und</strong> ohne Symptome.<br />

6.2 NDI<br />

Für <strong>die</strong> Auswertung des NDI stehen fünf verschiedene Daten zur<br />

Verfügung, da er einen Teil <strong>der</strong> zwei Follow Ups darstellte. Bei <strong>der</strong><br />

Betrachtung <strong>der</strong> Abbildung 14 geht deutlich hervor, dass bereits von Erstauf<br />

Zwischenbef<strong>und</strong> eine erhebliche Reduktion um 28,88% erzielt werden<br />

konnte. Reflektierte <strong>die</strong> Prozentzahl anfangs mittelmäßige Schmerzen <strong>und</strong><br />

Beeinträchtigung, sank sie beim Endbef<strong>und</strong> auf den Bereich <strong>der</strong> leichten<br />

Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung <strong>und</strong> <strong>die</strong> zwei Follow Ups zeigten eine<br />

Erholung bzw. keine Schmerzen <strong>und</strong> Beeinträchtigung.<br />

47


Abbildung 14 Neck Disability Index<br />

6.3 <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>spezifische Symptome<br />

Bezüglich <strong>die</strong>ses Schwerpunktes gibt es ebenso fünf Daten, <strong>die</strong><br />

miteinan<strong>der</strong> verglichen werden können, da anhand eines Fragebogens <strong>die</strong><br />

Symptomatik bei den zwei Follow Ups nochmals erfasst wurde. Es ist<br />

vorab zu bemerken, dass einige mögliche Symptome bei <strong>der</strong> Patientin zu<br />

keinem Zeitpunkt <strong>der</strong> fünf Untersuchungen aufgetreten sind. Diese sind<br />

Schlaflosigkeit, Schluckbeschwerden, Zahn-, Kieferschmerzen o<strong>der</strong><br />

Schmerzen im M<strong>und</strong>boden, Hör-, Aufmerksamkeits-,<br />

Konzentrationsstörungen <strong>und</strong> Wetterempfindlichkeit. Abbildung 15 gibt<br />

einen groben Überblick über den Verlauf des Mittelwertes <strong>der</strong><br />

verschiedensten Symptome. Sie verdeutlicht den positiven Trend <strong>der</strong><br />

Symptomstärke, jedoch zeigt sie, dass <strong>der</strong> Wert bei <strong>der</strong> Erhebung des<br />

zweiten Follow Ups wie<strong>der</strong> leicht ansteigt. Interessant ist einerseits <strong>die</strong><br />

Tatsache, dass <strong>die</strong> Patientin <strong>die</strong> Übungen bis zum ersten Follow Up noch<br />

regelmäßig ausübte, jedoch von da an das Üben beendete. An<strong>der</strong>erseits<br />

könnte ein weiterer möglicher Gr<strong>und</strong> für <strong>die</strong> Verschlechterung im zweiten<br />

Follow Up <strong>die</strong> psychische Belastung sein, unter <strong>der</strong> <strong>die</strong> Patientin aufgr<strong>und</strong><br />

des Todesfalls eines beson<strong>der</strong>en Menschen in ihrem Leben seit dem<br />

ersten Follow Up gelitten hat.<br />

48


Abbildung 15 Mittelwert aller vorhandener Symptome<br />

Die Auswertung umfasst eine Reihe an Symptomen, <strong>die</strong> nach <strong>der</strong> ersten<br />

Behandlungsserie, sprich beim Zwischenbef<strong>und</strong> bereits beseitigt werden<br />

konnten, was in Abbildung 16 deutlich hervorkommt. Alleinig <strong>die</strong> leichte<br />

Erschöpfbarkeit wurde zu dem Termin noch mit einem Wert von zwei<br />

angegeben.<br />

Abbildung 16 Symptome, <strong>die</strong> bereits nach <strong>der</strong> ersten Behandlungsserie behoben<br />

wurden.<br />

Abbildung 17 gibt jene Symptome wie<strong>der</strong>, welche sich ebenso signifikant<br />

verbesserten. Beim Zwischen- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong> war noch eine milde<br />

Symptomintensität vorhanden, welche sich beim ersten Follow Up auf den<br />

niedrigsten Wert eins reduzierte.<br />

49


Abbildung 17 Symptome, <strong>die</strong> sich kontinuierlich verbesserten<br />

Den Verlauf <strong>der</strong> Schmerzen bei Kopfbewegungen, Nackenschmerzen <strong>und</strong><br />

Muskelverspannungen wird in Abbildung 18 präsentiert. Hier kann ebenso<br />

<strong>der</strong> bestmögliche Erfolg beim ersten Follow Up beobachtet werden, wobei<br />

sich <strong>die</strong> Symptome erstaunlicherweise beim zweiten Follow Up wie<strong>der</strong><br />

verschlechterten.<br />

Abbildung 18 Symptome, <strong>die</strong> bis zum 1. Follow Up besser wurden <strong>und</strong> sich dann<br />

noch mal verschlechterten<br />

Die graphische Darstellung <strong>der</strong> depressiven Verstimmungen in Abbildung<br />

19 zeigt <strong>die</strong> psychische Belastung, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Patientin ausgesetzt war.<br />

Einerseits spielt <strong>der</strong> Unfallhergang eine Rolle, wo <strong>die</strong> Patientin äußerte,<br />

<strong>die</strong>sen noch nicht verkraftet zu haben, an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Todesfall ihres<br />

Pflegefalls. Auf Kopfschmerzen <strong>und</strong> Taubheitsgefühle konnte durch <strong>die</strong><br />

Therapie kein großer Einfluss genommen werden. Die Tatsache, dass <strong>die</strong><br />

Taubheitsgefühle beim ersten Treffen auf eins <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> nächsten<br />

Untersuchung auf vier skaliert wurden, kann durch <strong>die</strong> Latenzzeit<br />

neurologischer Auffälligkeiten erklärt werden.<br />

50


Abbildung 19 Symptome, <strong>die</strong> nicht wesentlich beeinflusst werden konnten.<br />

6.4 Craniocervicaler Flexionstest<br />

Die Überprüfung <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren beinhaltete drei Tests. In Test<br />

eins sollte <strong>die</strong> Patientin durch <strong>die</strong> craniocervicale Flexion bei je<strong>der</strong><br />

Teststufe den Druck auf <strong>der</strong> Manschette kurz erhöhen. Test zwei lief<br />

gleich ab, jedoch musste hier jede Stufe zehn Sek<strong>und</strong>en gehalten werden.<br />

Die Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren wurde jeweils palpiert <strong>und</strong><br />

notiert, ab wann eine mittelstarke Aktivität ertastet werden konnte. Im<br />

dritten Test wurde <strong>die</strong> Bewegungskontrolle untersucht <strong>und</strong> <strong>die</strong> Patientin<br />

hatte <strong>die</strong> Aufgabe, das Kopfgewicht selbst zu übernehmen <strong>und</strong> zu<br />

versuchen, den Wert auf 20 mm Hg zu halten.<br />

Abbildung 20 stellt <strong>die</strong> Ergebnisse des ersten Tests graphisch dar <strong>und</strong><br />

zeigt <strong>die</strong> Kurven von Erst-, Zwischen- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong>, welche <strong>die</strong><br />

erreichten Druckwerte <strong>der</strong> jeweiligen Teststufe wi<strong>der</strong>spiegeln. Es geht<br />

<strong>daraus</strong> hervor, dass es für <strong>die</strong> Patientin beim Erstbef<strong>und</strong> bereits bei<br />

Teststufe 3 – 24 mm Hg – nicht mehr möglich war, den Druck zu erhöhen.<br />

Auffällig war, dass sich schon zu Beginn des Tests eine mittelstarke<br />

Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren palpieren ließ. Des Weiteren<br />

klagte <strong>die</strong> Patientin in <strong>der</strong> ersten Untersuchung bereits ab <strong>der</strong> zweiten<br />

Teststufe über Kopfschmerzen, <strong>der</strong>en Intensität von Stufe zu Stufe<br />

zunahm. Im Gegensatz dazu gab es im Zwischenbef<strong>und</strong> schon<br />

bedeutende Verbesserungen. Es war <strong>der</strong> Patientin möglich, jeden<br />

Druckwert zu erhöhen, <strong>und</strong> darüber hinaus konnte festgestellt werden,<br />

dass <strong>die</strong> Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren abgenommen hatte<br />

<strong>und</strong> erst bei <strong>der</strong> Teststufe 4 – 26 mm Hg – deutlich wurde. Die Werte des<br />

Endbef<strong>und</strong>s unterschieden sich nicht mehr wesentlich von <strong>der</strong> zweiten<br />

51


Testung, doch ließ sich hier erst zu Ende des ersten Tests auf Teststufe 6<br />

– 30 mm Hg – eine erheblich Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen Nackenflexoren<br />

ertasten.<br />

Abbildung 20 Test eins des CCFT mit den 6 verschiedenen Teststufen<br />

Der zweite Test konnte im Erstbef<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> starken<br />

Kopfschmerzen nicht überprüft werden. Erstaunlichweise gab es hier<br />

gröbere Unterschiede zwischen den Werten des Zwischen- <strong>und</strong><br />

Endbef<strong>und</strong>s als im ersten Test. Weiters auffallend war ein Zittern des<br />

linken SCM im Zwischenbef<strong>und</strong> ab 24 mm Hg bzw. auch des rechten<br />

SCM ab 26 mm Hg. Im Endbef<strong>und</strong> war zwar eine starke Aktivität <strong>der</strong><br />

oberflächlichen Flexoren ab 30 mm Hg zu palpieren, jedoch ohne<br />

jegliches Zittern.<br />

Die Prüfung <strong>der</strong> Haltkontrolle im dritten Test kam zu dem Resultat, dass<br />

es <strong>die</strong> Patientin im Erstbef<strong>und</strong> nicht schaffte, das Kopfgewicht auf 20 mm<br />

Hg zu halten, sprich <strong>der</strong> Kopf ging sofort parallel zur Decke hoch, was<br />

eine Druckvermin<strong>der</strong>ung bis 14 mm Hg zur Folge hatte <strong>und</strong> es war ihr<br />

auch auf Hinweis nicht möglich, auf 20 mm Hg zurückzukehren. Daneben<br />

verspürte sie einen ziehenden Schmerz im linken <strong>und</strong> ventralen<br />

Halsbereich. Die Testung im Zwischenbef<strong>und</strong> zeigte noch eine gewisse<br />

Unkoordiniertheit, was sich bemerkbar machte durch einen Druckabfall auf<br />

16 mm Hg, jedoch war es <strong>der</strong> Patientin nach kurzem möglich, den Bereich<br />

zwischen 18 <strong>und</strong> 20 mm Hg zu halten. Im Endbef<strong>und</strong> schaffte es <strong>die</strong><br />

Patientin den Wert auf 20 mm Hg zu halten, nachdem sie den Wert kurz<br />

auf 18 mm Hg reduziert hatte.<br />

52


7 Diskussion <strong>und</strong> Konsequenzen<br />

Der Leser hat in den ersten Teilen <strong>der</strong> Arbeit einen Einblick in den<br />

theoretischen Hintergr<strong>und</strong> eines <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>s <strong>und</strong> <strong>die</strong> Entstehung<br />

<strong>der</strong> <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren bekommen. Im vorherigen<br />

Kapitel wurden <strong>die</strong> wichtigsten Ergebnisse <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong> präsentiert. Ziele<br />

<strong>die</strong>ses Abschnittes sollten nun sein, <strong>die</strong> gewonnenen Ergebnisse bzw.<br />

Erkenntnisse zu interpretieren <strong>und</strong> daneben <strong>die</strong> aufgestellten Hypothesen<br />

zu bestätigen bzw. zu wi<strong>der</strong>legen.<br />

Vorab werden ein paar Schwierigkeiten, <strong>die</strong> im Rahmen <strong>die</strong>ser Arbeit<br />

aufgetreten sind, erwähnt. Was im Laufe des Schreibens <strong>der</strong> Arbeit<br />

auffällig wurde, war <strong>die</strong> Tatsache, dass reichlich Literatur bezüglich<br />

segmentaler Stabilisation für den Lendenwirbelsäulenbereich vorhanden<br />

ist, jedoch nur spärlich für <strong>die</strong> HWS. Einerseits machte <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

Literaturbeschaffung schwieriger <strong>und</strong> das Durcharbeiten <strong>der</strong> Artikel<br />

mühsamer, da beinahe nur englische Literatur existiert, doch an<strong>der</strong>erseits<br />

das Erforschen noch interessanter.<br />

Ein Problem trat bei <strong>der</strong> Patientenrekrutierung auf. Die Absicht bestand<br />

darin, jemanden in <strong>die</strong>se Stu<strong>die</strong> einzuschließen, <strong>der</strong> vor maximal vier<br />

Wochen das <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> erlitten hat. Einfacher hätte es sich<br />

gestaltet, einen Patienten mit einer chronischen Problematik für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong><br />

zu finden. Die Rekrutierung startete im Februar über <strong>die</strong> Unfallambulanz<br />

im Bezirkskrankenhaus Schwaz <strong>und</strong> wurde dann auf das<br />

Bezirkskrankenhaus Hall in Tirol <strong>und</strong> das Landeskrankenhaus Innsbruck<br />

ausgedehnt. Erfreulicherweise konnte sich rechtzeitig eine geeignete<br />

Person finden lassen, <strong>die</strong> sich bereit erklärte, an <strong>der</strong> Arbeit teilzunehmen.<br />

Eine weitere Erschwernis kam zum Vorschein, als es darum ging, ein<br />

geeignetes Gerät für <strong>die</strong> Überprüfung <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren<br />

aufzutreiben. In <strong>der</strong> Literatur wurde eine so genannte Pressure<br />

Biofeedback Unit <strong>der</strong> Chattanooga Group Inc. (USA), ein luftgefüllter<br />

Drucksensor, empfohlen. Nach einigen Anläufen, <strong>die</strong>se Messmethode<br />

irgendwo ausleihen zu können, fand man sich damit ab, anstelle dessen<br />

eine Blutdruckmanschette zu verwenden, <strong>die</strong> sich vom Prinzip her nicht<br />

unterscheidet.<br />

53


Die erste Forschungsfrage lautete: „Wie ist <strong>die</strong> <strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen<br />

Nackenflexoren nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> zu erklären <strong>und</strong> was für<br />

eine Rolle spielt sie bezüglich des Beschwerdebilds?“ Die neuesten<br />

wissenschaftlichen Erkenntnisse zu <strong>die</strong>sem Thema wurden bereits im<br />

theoretischen Teil <strong>der</strong> Arbeit detailliert ausgeführt. Die Stu<strong>die</strong> von Sterling<br />

et al. [2002] lieferte dazu einen entscheidenden Fakt. Sie identifizierte zum<br />

ersten Mal Defizite im motorischen System innerhalb eines Monats nach<br />

einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>, wobei <strong>die</strong> erhöhte Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen<br />

Nackenflexoren bei <strong>der</strong> Durchführung des CCFT einen Indikator für<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Muskelaktivierung <strong>und</strong> –rekrutierung <strong>der</strong> tiefen<br />

Nackenflexoren repräsentieren sollte. Experimentelle Untersuchungen<br />

haben bereits ergeben, dass akute muskuloskeletale Schmerzen imstande<br />

sind, Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Funktion des motorischen Systems zu<br />

verursachen. Gesehen werden <strong>die</strong> Beeinträchtigungen als mögliche<br />

Konsequenz von initial peripherem nozizeptiven Input – beispielsweise<br />

von verletzten cervicalen Strukturen folgend auf ein <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> – im<br />

akuten Stadium <strong>der</strong> Verletzung, welche den Eindruck machen, über <strong>die</strong><br />

Zeit hinweg bestehen zu bleiben. Die Forschungsfrage kann soweit<br />

beantwortet werden. Es gibt eine Vielfalt an Strukturen, <strong>die</strong> in den letzten<br />

Jahrzehnten als Orte <strong>der</strong> Ursache für <strong>die</strong> Symptomatik gesehen worden<br />

sind. Dies stellt wohl <strong>die</strong> Ungewissheit in <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Recherche dar <strong>und</strong> zeigt, dass hier noch einige Untersuchungen folgen<br />

werden. Was <strong>die</strong> muskuläre Dysfunktion mit auftretenden Beschwerden zu<br />

tun hat, wurde ebenfalls im ersten Teil schon beschrieben. Um <strong>die</strong>s zu<br />

verstehen, sollte man sich nochmals an das Stabilitätsmodell von Panjabi<br />

erinnern. Durch das <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> werden passive Strukturen in<br />

Mitleidenschaft gezogen. Nun liegt <strong>die</strong> Aufgabe am aktiven Subsystem,<br />

<strong>die</strong>ses Defizit zu kompensieren. Jedoch entwickelt sich Schmerz, wenn<br />

<strong>die</strong> lokalen Stabilisatoren überfor<strong>der</strong>t sind bzw. durch den nozizeptiven<br />

Input es zu einer reflektorischen Hemmung <strong>die</strong>ser kommt. Der auftretende<br />

Schwindel bei <strong>der</strong> Patientin kann mit den tiefen Nackenflexoren<br />

zusammenhängen. Im Krankenhaus konnten <strong>die</strong> untersuchenden Ärzte<br />

<strong>der</strong> Patientin keinen Hinweis für <strong>die</strong> Ursache geben. Bekannt ist, dass es<br />

bei einer vermin<strong>der</strong>ten Rekrutierung <strong>der</strong> lokalen Stabilisatoren zu einer<br />

vermin<strong>der</strong>ten Propriozeption kommt, woraus sich chronische Schmerzen<br />

54


entwickeln können. Doch <strong>die</strong>se vermin<strong>der</strong>te Propriozeption kann auch<br />

einen Schwindel provozieren. Ferrari R. [2006] schreibt in seinem Buch,<br />

dass es keine Beweise gebe, dass <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten mit<br />

Schwindelproblematik spezifische Verletzungen im Nervensystem haben.<br />

Stattdessen sei es viel wahrscheinlicher, dass <strong>die</strong> Symptome zum Beispiel<br />

aufgr<strong>und</strong> von Nackenschmerzen entstehen, welche zu einer verän<strong>der</strong>ten<br />

Haltungskontrolle <strong>und</strong> zu Störungen <strong>der</strong> Balance führen. Einige Stu<strong>die</strong>n<br />

haben signifikante Haltungsabnormalitäten bei <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> argumentiert, dass <strong>die</strong>s einen wichtigen Faktor in <strong>der</strong><br />

Produktion von Schwindelgefühlen darstellt. 101 Eine an<strong>der</strong>e Erklärung ist<br />

jene, dass <strong>die</strong> Mm. Recti <strong>und</strong> obliqui capitis ein Steuerzentrum für das<br />

gesamte Bewegungssystem darstellen, da sie durch Bewegungen des<br />

Kopfes <strong>und</strong> <strong>der</strong> oberen HWS passiv eine Längenän<strong>der</strong>ung erfahren, <strong>die</strong><br />

zur Aktivierung ihrer zahlreichen Rezeptoren führt. Sie sind ein<br />

vegetatives Zentrum, da sie innige anatomische <strong>und</strong> funktionelle<br />

Verknüpfung mit den Halsfaszien, <strong>der</strong> Schädelbasis, den Rückenmarks<strong>und</strong><br />

fortgeleitet auch den Hirnhüllen sowie dem Ganglion cervicale<br />

superius haben. Bei <strong>der</strong> Beschleunigungsverletzung werden auch <strong>die</strong>se<br />

Muskeln passiv gedehnt <strong>und</strong> somit sind <strong>die</strong> häufig heftigen vegetativen<br />

Begleiterscheinungen verständlich. 102<br />

Oft treten Nackenprobleme erst Monate bis Jahre nach einem<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> auf. Beschrieben wird häufig eine schmerzbedingte<br />

Schonhaltung, bei <strong>der</strong> es zu einer leichten Flexion <strong>der</strong> HWS mit einer<br />

Vorverlagerung des Kopflots vor <strong>die</strong> Körperachse kommt. Dies führt dann<br />

zu einer Funktionsumkehr des M. Scalenus anterior, was eine<br />

Kyphosierung <strong>der</strong> HWS mit dem Scheitelpunkt bei C5 bewirkt. 103 Ein<br />

Erklärungsversuch für chronische Beschwerden könnten somit<br />

Abnützungen an den Wirbelgelenken sein, <strong>die</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> schlechten<br />

101<br />

Ferrari R. The Whiplash Encyclopedia. The facts and myths of whiplash. Verlag: Jones<br />

and Bartlett. 2 nd Edition 2006<br />

102<br />

Graf – Baumann T et Lohse – Busch (Hrsg). „Weichteildistorsionen <strong>der</strong> oberen<br />

Halswirbelsäule – Anatomie, Neurophysiologie, Diagnostik, Therapie <strong>und</strong> Begutachtung“<br />

Springer 1997; ISBN: 3-540-61409-5<br />

103<br />

Graf – Baumann T et Lohse – Busch (Hrsg). „Weichteildistorsionen <strong>der</strong> oberen<br />

Halswirbelsäule – Anatomie, Neurophysiologie, Diagnostik, Therapie <strong>und</strong> Begutachtung“<br />

Springer 1997; ISBN: 3-540-61409-5<br />

55


Statik durch Scherbelastungen entstehen können.<br />

Da <strong>die</strong> Patientin eine Mehrfachkollision erlitten hat, sind <strong>die</strong> genauen<br />

Abläufe des Unfallmechanismus schwer zu beschreiben <strong>und</strong> zu beurteilen.<br />

Bei einem klassischen Heck-, Seit- o<strong>der</strong> Frontaufprall kann man eher noch<br />

auf <strong>die</strong> verletzten Strukturen schließen. Bei so einer kombinierten<br />

Verletzung ist es jedoch komplex <strong>und</strong> nicht zu durchschauen, vor allem<br />

auch durch <strong>die</strong> Tatsache, dass sich <strong>die</strong> Patientin nicht mehr genau<br />

erinnern kann. Man kann nur davon ausgehen, dass solch eine<br />

Mehrfachkollision gröbere Verletzungen zur Folge haben könnte.<br />

Als nächstes wurde folgende Hypothese aufgestellt. „Verbesserung <strong>der</strong><br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit aktiven<br />

Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“ Um <strong>die</strong>s zu beurteilen wurde als Messmethode<br />

<strong>der</strong> CCFT verwendet bzw. konnte weiters inspektorisch ein<br />

Zahnradphänomen o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Genauigkeit <strong>der</strong> Bewegungen <strong>der</strong> HWS<br />

untersucht werden. Wie in den Ergebnissen bereits präsentiert, konnten<br />

im CCFT Verbesserungen erreicht werden. Diese wurden sowohl in <strong>der</strong><br />

Bewegungskontrolle, in Test eins <strong>und</strong> drei untersucht, als auch in <strong>der</strong><br />

Haltekontrolle, in Test zwei <strong>und</strong> Test drei überprüft, gesehen werden.<br />

Weiters zeigte <strong>der</strong> Erstbef<strong>und</strong> bei den aktiven Bewegungen bei <strong>der</strong><br />

Ausführung einer Lateralflexion nach links eine kombinierte Rotation nach<br />

links. Auffällig war hier auch ein zahnradartiges Bewegen bei <strong>der</strong> Flexion,<br />

was eine Störung in <strong>der</strong> inter- bzw. intramuskulären Koordination bzw.<br />

Bewegungskontrolle <strong>der</strong> Flexoren <strong>und</strong> Extensoren wi<strong>der</strong>spiegelt. Diese<br />

zwei Phänomene konnten im Zwischen- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong> nicht mehr<br />

beobachtet werden. Somit kann <strong>die</strong>se Hypothese als bestätigt betrachtet<br />

werden. Wissenschaftlicher wäre es, <strong>die</strong> Aktivität <strong>der</strong> oberflächlichen<br />

Nackenflexoren anstelle <strong>der</strong> Palpation mit Hilfe <strong>der</strong> Elektromyographie zu<br />

testen, jedoch war <strong>die</strong>s im Rahmen <strong>die</strong>ser Arbeit nicht möglich. Die<br />

Palpation stellt eine subjektivere Beurteilung dar, <strong>die</strong> man mit Hilfe<br />

verschiedener Testern objektivieren hätte können, jedoch wäre <strong>die</strong>s zu<br />

aufwendig gewesen. Die Werte sprechen dennoch für sich, denn im<br />

Erstbef<strong>und</strong> konnte <strong>die</strong> Patientin im Gegensatz zu den darauf folgenden<br />

Testungen bei den Druckstufen 24, 28 <strong>und</strong> 30 keine Druckerhöhung<br />

erzielen. Interessant wäre es weiters gewesen, den Test bei den Follow<br />

56


Ups zu wie<strong>der</strong>holen. Denn ab dem Zeitpunkt, an dem <strong>die</strong> Patientin mit<br />

dem Üben aufhörte, verschlechterte sich <strong>die</strong> Beschwerdesituation. Die<br />

Frage ist also, ob sich dann ebenso eine Verschlechterung im CCFT<br />

feststellen lassen hätte können. Jedoch war <strong>die</strong>s zu den zwei Zeitpunkten<br />

aufgr<strong>und</strong> örtlicher Distanz ein Ding <strong>der</strong> Unmöglichkeit. Nun gilt <strong>die</strong> Frage<br />

zu beantworten, warum <strong>die</strong> Übungen zur Verbesserung beigetragen<br />

haben könnten. Beim ersten Treffen berichtete <strong>die</strong> Patientin, dass sie vom<br />

ersten Tag an täglich, sogar nachts, <strong>die</strong> Schanzkrawatte getragen hatte.<br />

Nach etwa 10 Tagen begann sie, <strong>die</strong> Halskrause sukzessive<br />

wegzulassen, sprich zwei Mal für eine halbe St<strong>und</strong>e pro Tag. Seit <strong>der</strong><br />

ersten Therapie versuchte sie dann, <strong>die</strong> halskrausefreie Zeit pro Tag zu<br />

verlängern <strong>und</strong> nachts ohne Krause zu schlafen. In <strong>der</strong> Literatur wird<br />

empfohlen, <strong>die</strong> Schanzkrawatte viel eher wegzulassen bis hin zu gar nicht<br />

erst zu gebrauchen. Lei<strong>der</strong> lässt sich nicht prüfen, ob es zu weniger<br />

starken Beschwerden gekommen wäre, wenn <strong>die</strong> Patientin weniger<br />

Gebrauch von <strong>der</strong> Schanzkrawatte genommen hätte. Das Training <strong>der</strong><br />

Muskulatur beginnt also bereits mit dem Weglassen <strong>der</strong> Schanzkrawatte.<br />

Die Muskulatur muss erst wie<strong>der</strong> lernen, das Kopfgewicht selbst zu halten<br />

<strong>und</strong> HWS <strong>und</strong> Kopf zu stabilisieren. Durch <strong>die</strong> wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation<br />

wird <strong>die</strong> inter- <strong>und</strong> intramuskuläre Koordination <strong>und</strong> das selektive<br />

Bewegen <strong>der</strong> einzelnen Segmente verbessert, sprich <strong>die</strong><br />

Bewegungskontrolle. Die Patientin führte <strong>die</strong>s im Sitzen vor einem Spiegel<br />

aus, wo sich auch darauf achten konnte, dass <strong>die</strong> Bewegungen reinachsig<br />

durchgeführt werden. Durch das „Klötzchenspiel“ wird <strong>die</strong> Haltekontrolle<br />

beübt, da <strong>die</strong> Aufgabe <strong>der</strong> lokalen Stabilisatoren darin liegt, <strong>die</strong> Position<br />

<strong>der</strong> HWS zu halten bzw. dynamisch zu stabilisieren, ohne den Abstand<br />

zwischen Kinnspitze <strong>und</strong> Incisura Jugularis zu verän<strong>der</strong>n. Die Übung „Der<br />

eingeklemmte Bart“ stellt eine Steigerung dar, da <strong>die</strong> Schwerkraft eine<br />

zusätzliche Auswirkung auf den Körper hat. Daneben wirkt sich <strong>die</strong> Übung<br />

auf <strong>die</strong> Bewegungskontrolle aus, wobei eine craniocervicale Flexion geübt<br />

wird, denn wenn bei <strong>die</strong>ser Übung alleinig <strong>die</strong> Extensoren aktiviert werden,<br />

kommt es zu einer Hyperextension <strong>der</strong> oberen HWS. Durch <strong>die</strong> schnellen<br />

Armbewegungen bei <strong>der</strong> Übung „Kurz <strong>und</strong> Bündig“ wird <strong>die</strong> Haltekontrolle<br />

bei ruckartigen Bewegungen trainiert.<br />

57


Als nächstes soll <strong>die</strong> Hypothese „Verbesserung <strong>der</strong> Schmerzsymptomatik<br />

nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“ näher<br />

beleuchtet werden. Vorab gilt zu erwähnen, dass man <strong>die</strong> Patientin als<br />

schwierigen Fall bezeichnen kann. Sie wurde in eine heftige Kollision mit<br />

einer Mehrfachkollision verwickelt, wo es ziemlich wahrscheinlich war,<br />

dass sich <strong>der</strong> Kopf in rotierter Position befand. Des Weiteren ist <strong>die</strong><br />

Patientin weiblichen Geschlechts, älter als 40 Jahre, hatte<br />

prätraumatische Migräne <strong>und</strong> Rückenschmerzen, depressive<br />

Verstimmungen innerhalb <strong>der</strong> ersten Tage/ Wochen nach dem Trauma<br />

<strong>und</strong> auftretende Sensibilitätsstörungen in <strong>der</strong> oberen Extremität. All <strong>die</strong>se<br />

Tatsachen werden in <strong>der</strong> Literatur als negativ auswirkende prognostische<br />

Faktoren beschrieben. Beim Erstbef<strong>und</strong> fiel auch eine mannigfaltig stark<br />

ausgeprägte Beschwerdesituation auf. Was sich zudem verschlechternd<br />

auf <strong>die</strong> Prognose auswirkt, ist <strong>die</strong> Angst vor einer Chronifizierung. Die<br />

Mitteilung eines Arztes an <strong>die</strong> Patientin, sie werde noch etwa ein Jahr o<strong>der</strong><br />

länger mit Beschwerden rechnen müssen, ist bestimmt kontraproduktiv.<br />

Die Patientin berichtete beim Erstbef<strong>und</strong> <strong>und</strong> auch später noch selbst,<br />

dass sie <strong>der</strong> Unfall noch immer stark belaste. Erdmann [1973] ging so weit<br />

zu behaupten, dass eine Chronifizierung in <strong>der</strong> abnormen seelischen<br />

Verarbeitung des Traumas zu suchen sei. 104 Dann kam noch eine weitere<br />

psychische Belastung hinzu. Der Pflegefall <strong>der</strong> Patientin, welchen sie über<br />

Jahre hinweg nahezu täglich betreute, verstarb zur Zeit des ersten Follow<br />

Ups. Dennoch konnte eine Verbesserung <strong>der</strong> Schmerzsymptomatik erzielt<br />

werden. Waren Unbeweglichkeit, Schwindel, Übelkeit <strong>und</strong> Kopfschmerzen<br />

anfangs subjektiv empf<strong>und</strong>ene Hauptprobleme, erwähnte <strong>die</strong> Patientin im<br />

Endbef<strong>und</strong> das Einschlafen des Kopfes als am stärksten störend. In <strong>der</strong><br />

funktionellen Demonstration galten im Erstbef<strong>und</strong> generelles Bewegen <strong>der</strong><br />

HWS, vor allem <strong>die</strong> Linksrotation, <strong>und</strong> das nach vorne gebeugt Sitzen als<br />

stark schmerzprovozierend. Im Endbef<strong>und</strong> konnten Schmerzen noch<br />

durch eine Erschütterung wie beim Busfahren provoziert werden. Sowohl<br />

<strong>der</strong> NDI als auch <strong>der</strong> Fragebogen über <strong>die</strong> Symptome verbesserten sich<br />

beim Endbef<strong>und</strong> erheblich. Außer Acht gelassen darf <strong>die</strong> W<strong>und</strong>heilung<br />

104<br />

Graf – Baumann T et Lohse – Busch (Hrsg). „Weichteildistorsionen <strong>der</strong> oberen<br />

Halswirbelsäule – Anatomie, Neurophysiologie, Diagnostik, Therapie <strong>und</strong> Begutachtung“<br />

Springer 1997; ISBN: 3-540-61409-5. S.85<br />

58


nicht werden. Wahrscheinlich wären Verbesserungen auch ohne jegliche<br />

Therapie eingetreten. Jedoch sprach <strong>die</strong> Patientin beim Erstbef<strong>und</strong> davon,<br />

dass sich <strong>die</strong> Beschwerden in <strong>der</strong> Zeit vom Trauma bis zum ersten Treffen<br />

hin verschlechterten <strong>und</strong> von <strong>der</strong> ersten Therapie weg betonte sie eine<br />

Symptombesserung. Aus <strong>die</strong>sem Fakt kann man davon ausgehen, dass<br />

nicht alleinig <strong>die</strong> W<strong>und</strong>heilung zu <strong>die</strong>ser wesentlichen Schmerzreduktion<br />

führte. Dazu ist noch zu erwähnen, dass sich <strong>die</strong> Symptome trotz<br />

Medikamentenreduktion bis hin zur Beendigung <strong>der</strong> Einnahme<br />

verbesserten. Im Fragebogen über <strong>die</strong> Symptome konnte im Erstbef<strong>und</strong><br />

auf <strong>der</strong> Skala von eins bis vier ein Mittelwert von 3,04 <strong>und</strong> im Endbef<strong>und</strong><br />

1,91 errechnet werden. Im NDI war <strong>die</strong> Patientin anfangs im Bereich <strong>der</strong><br />

mittelmäßigen <strong>und</strong> im Endbef<strong>und</strong> im Bereich <strong>der</strong> leichten Schmerzen <strong>und</strong><br />

Beeinträchtigung einzuordnen. Somit kann <strong>die</strong> Hypothese mit den<br />

Ergebnissen aus den Bef<strong>und</strong>en bestätigt werden. Jetzt soll noch kurz<br />

darauf eingegangen werden, wie <strong>die</strong> jeweiligen Übungen dazu beibringen<br />

konnten. Die wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation erhöht <strong>die</strong> Entspannungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Nackenmuskulatur <strong>und</strong> verbessert <strong>die</strong> Geschmeidigkeit <strong>der</strong><br />

periartikulären Strukturen <strong>und</strong> somit durch <strong>die</strong> Durchblutungssteigerung<br />

eine Unterstützung <strong>der</strong> W<strong>und</strong>heilung. Darüber hinaus bewirkt das<br />

wie<strong>der</strong>holende regelmäßige Bewegen zu einer Schmerzreduktion, was <strong>die</strong><br />

Patientin auch berichten konnte. Beim morgendlichen Aufstehen verspürte<br />

sie öfters einen Kopfschmerz, wessen Intensität durch ein etwa<br />

10minütiges Üben reduziert werden konnte. Die an<strong>der</strong>en Übungen trugen<br />

dazu bei, <strong>die</strong> Einordnung in <strong>die</strong> Körperlängsachse zu verbessern. Somit<br />

konnte einer schlechten Statik entgegengewirkt <strong>und</strong> durch <strong>die</strong> Stabilisation<br />

<strong>der</strong> HWS mit Hilfe <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren gewährleistet werden, dass<br />

passive Strukturen geschont werden.<br />

Wenig zufrieden stellend waren dennoch einerseits <strong>die</strong> bleibenden<br />

Kopfschmerzen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits <strong>die</strong> hinzutretenden<br />

Sensibilitätsstörungen. Zumindest gibt es zu sagen, dass sich <strong>die</strong><br />

Frequenz <strong>der</strong> starken Kopfschmerzen reduzierte. Hatte <strong>die</strong> Patientin bis<br />

zum Zwischenbef<strong>und</strong> zwei Mal pro Woche starke Kopfschmerzen, waren<br />

es zum Endbef<strong>und</strong> hin nur noch ein Mal alle zwei Wochen. Die Tatsache,<br />

dass <strong>die</strong> Sensibilitätsstörungen erst hinzugekommen sind, kann durch <strong>die</strong><br />

Latenzzeit neurologischer Auffälligkeiten erklärt werden. Den Ort <strong>der</strong><br />

59


Ursache dafür zu finden, erweist sich als schwierig. Möglich wären<br />

beispielsweise eine durch <strong>die</strong> Verletzung aufgetretene<br />

Rückenmarksproblematik, eine Bandscheibenläsion, eine<br />

Nervenwurzelkompression o<strong>der</strong> ein Thoracic Outlet. In dem MRI, das bei<br />

<strong>der</strong> Patientin durchgeführt worden ist, konnte keine Auffälligkeit an <strong>der</strong><br />

HWS, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sensibilitätsstörungen erklären könnte, festgestellt werden.<br />

Was am ehesten für ein Thoracic Outlet spricht, ist <strong>die</strong> Provokation bei<br />

schlechter Haltung, was eine Plexuskompression bewirken kann <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Symptomfreiheit bei Aufrichtung des Oberkörpers <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Schulterposition.<br />

Im zweiten Follow Up, zwei Monate nach Therapieende, kam es aber zu<br />

einer Verschlechterung <strong>der</strong> Beschwerden. Im ersten Follow Up waren<br />

neben den depressiven Verstimmungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Patientin auf den Tod des<br />

Pflegefalls bezog, nur noch <strong>die</strong> Taubheitsgefühle <strong>und</strong> Kopfschmerzen<br />

vorhanden. Doch im zweiten Follow Up berichtete sie dann von wie<strong>der</strong><br />

auftretenden Muskelverspannungen <strong>und</strong> Nackenschmerzen. Eine Rolle<br />

spielt auf alle Fälle <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> Patientin vom Todestag des<br />

Pflegefalls bzw. seit dem ersten Follow Up nicht mehr geübt hatte.<br />

Interessant wäre, ob es zum Zeitpunkt des zweiten Follow Ups auch zu<br />

einer Verschlechterung <strong>der</strong> Werte im CCFT gekommen wäre.<br />

Die letzte Hypothese lautete: „Verbesserung <strong>der</strong> Beweglichkeit nach<br />

einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> mit aktiven Übungen aus <strong>der</strong> FBL.“ Ein möglicher<br />

Gr<strong>und</strong> für Bewegungseinschränkungen nach einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> ist<br />

<strong>der</strong> hohe Muskeltonus. Durch den hohen Tonus <strong>der</strong> Nackenmuskulatur<br />

kommt es zu einer passiven <strong>Insuffizienz</strong>. Wie in den Ergebnissen<br />

aufgelistet, verbesserten sich alle Bewegungsrichtungen. Man darf auch<br />

hier klarerweise den physiologischen W<strong>und</strong>heilungsprozess nicht außer<br />

Acht lassen, sprich <strong>die</strong> Beweglichkeit hätte sich wahrscheinlich auch ohne<br />

Therapie verbessert. Jedoch berichtete <strong>die</strong> Patientin selbst, dass sie<br />

morgens öfters eine Steifigkeit verspürte, <strong>die</strong> nach etwa fünfminütigem<br />

Üben besser wurde. Im Erstbef<strong>und</strong> konnte ein zahnradartiges Bewegen<br />

festgestellt werden, welches von Therapie zu Therapie besser wurde. Man<br />

kann davon ausgehen, dass für <strong>die</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Beweglichkeit vor<br />

allem <strong>die</strong> Wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation von Bedeutung ist. Im Erstbef<strong>und</strong><br />

60


konnte ein typischer Ausweichmechanismus beobachtet werden, <strong>der</strong> sich<br />

bemerkbar machte durch eine Steifhaltung <strong>der</strong> HWS <strong>und</strong><br />

kompensatorischem Bewegen <strong>der</strong> BWS. Dies konnte bei <strong>der</strong> Patientin<br />

durch <strong>die</strong> Wi<strong>der</strong>lagernde Mobilisation rasch beseitigt werden. Außerdem<br />

verhilft <strong>die</strong>se Behandlungsmethode, <strong>die</strong> Angst vor dem Bewegen, <strong>die</strong> bei<br />

<strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten häufig auftritt, zu beseitigen. Durch das<br />

repetitive Bewegen lernt <strong>die</strong> Nackenmuskulatur zu entspannen <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Geschmeidigkeit zwischen den periartikulären Strukturen wird erhöht.<br />

Außerdem wird <strong>die</strong> W<strong>und</strong>heilung unterstützt. In <strong>der</strong> Literatur wurde bereits<br />

berichtet, dass repetitive Rotationen zu einer Verbesserung <strong>der</strong><br />

Beweglichkeit bei <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten führen. Immer wie<strong>der</strong> wird<br />

darauf hingewiesen, dass sich <strong>die</strong> Patienten so rasch wie möglich wie<strong>der</strong><br />

in den Alltag einglie<strong>der</strong>n sollen, was auch bedeutet, dass sie sich vor dem<br />

Bewegen <strong>der</strong> HWS nicht scheuen sollen. Durch <strong>die</strong> Wi<strong>der</strong>lagernde<br />

Mobilisation kann <strong>die</strong>s forciert werden. Darüber hinaus wurde in Stu<strong>die</strong>n<br />

mehrfach davon berichtet, dass das Tragen <strong>der</strong> Halskrause zu<br />

Bewegungseinschränkungen führt. Lei<strong>der</strong> ist im Nachhinein nicht zu<br />

überprüfen, wie <strong>die</strong> Beweglichkeit bei <strong>der</strong> Patientin ausgesehen hätte,<br />

wenn sie keine Halskrause getragen hätte. Da in <strong>die</strong>ser Arbeit Abstände in<br />

Zentimeter gemessen wurden, kann man <strong>die</strong> Ergebnisse schwer mit <strong>der</strong><br />

Literatur vergleichen. Diese Messmethode wurde jedoch gewählt, weil das<br />

Verwenden eines Goniometers an <strong>der</strong> HWS nicht viel Sinn macht <strong>und</strong> zu<br />

ungenauen Ergebnissen führt.<br />

Schlussfolgernd kann behauptet werden, dass sich <strong>die</strong> Funktionelle<br />

Bewegungslehre nach Susanne Klein – Vogelbach bei <strong>der</strong> Behandlung<br />

eines Patienten mit einem akuten <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> bewährt hat.<br />

Notwendig ist eine ausführliche Instruktion <strong>und</strong> Kontrolle bzw. Korrektur in<br />

den Therapien. Einfacher gestaltet sich <strong>die</strong> Instruktion bei Menschen, <strong>die</strong><br />

über ein gutes Körpergefühl verfügen, mehr Geduld verlangt es bei<br />

welchen, <strong>die</strong> sich wenig mit ihrem Körper beschäftigen. Die erzielten<br />

Erfolge sind umso besser, je mehr <strong>der</strong> Patient selbst zu Hause übt. Daher<br />

wäre es von Vorteil, wenn <strong>der</strong> Patient genügend Zeit <strong>und</strong> Lust hat, selbst<br />

an sich zu arbeiten. Die Übungen sind teilweise so konstruiert, dass sie<br />

ohne großen Aufwand am Arbeitsplatz, im Auto, vor dem PC, vor dem<br />

61


Fernseher etc. ausgeführt werden können. Wie in <strong>der</strong> Literatur schon<br />

berichtet, ist es wichtig, dass <strong>der</strong> Patient das Gefühl <strong>der</strong><br />

Eigenverantwortung bekommt. Mit Hilfe solcher Übungen wie in <strong>der</strong> FBL<br />

hängt <strong>der</strong> Therapieerfolg davon ab, wie sehr <strong>der</strong> Patient selber dazu<br />

beiträgt. Wahrscheinlich hätte sich <strong>die</strong> Situation <strong>der</strong> Patientin beim zweiten<br />

Follow Up nicht verschlechtert, wenn sie weitergeübt hätte.<br />

Ebenso wie Stabilitätsübungen bei LWS – Beschwerden als wichtig<br />

eingestuft werden, sollte man <strong>der</strong> muskulären Instabilität bei<br />

Nackenschmerzen mehr Aufmerksamkeit schenken. Die tiefen<br />

Nackenflexoren als stabilisierende Muskulatur spielt eine zentrale Rolle,<br />

um Defizite in an<strong>der</strong>en Systemen zu kompensieren <strong>und</strong> somit chronische<br />

Beschwerden zu vermeiden. Durch das Wie<strong>der</strong>herstellen einer<br />

ökonomischen Haltung <strong>und</strong> Arbeitsweise werden <strong>die</strong> Gelenke nicht<br />

belastet, son<strong>der</strong>n geschont. Kontraproduktiv wirkt sich anstelle dessen<br />

eine, vor allem über längere Zeit bestehende, Ruhigstellung in einer<br />

Schanzkrawatte. Sie lin<strong>der</strong>t zwar anfangs Schmerzen, doch gibt dem<br />

Gewebe nicht <strong>die</strong> adäquaten Reize für eine optimale W<strong>und</strong>heilung.<br />

Weiters nimmt sie <strong>der</strong> Muskulatur ihre Arbeit ab <strong>und</strong> kann somit eine<br />

entstehende <strong>Insuffizienz</strong> verstärken.<br />

62


8 Schlusswort<br />

Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit war es, herauszufinden, inwieweit eine<br />

<strong>Insuffizienz</strong> <strong>der</strong> tiefen Nackenflexoren mit dem Beschwerdebild nach<br />

einem <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong> in Zusammenhang gebracht werden kann <strong>und</strong><br />

inwieweit aktive Übungen aus <strong>der</strong> FBL eine geeignete Behandlungsform<br />

darstellt. In <strong>der</strong> Literatur konnte herausgef<strong>und</strong>en werden, dass lokale<br />

Stabilisatoren auf Schmerz <strong>und</strong> Pathologie mit Hemmung <strong>und</strong> funktioneller<br />

Schwäche reagieren <strong>und</strong> somit eine Dysfunktion entstehen kann. Dies<br />

kann in weiterer Folge zu akuten als auch chronischen Beschwerden<br />

führen. Der Craniocervicale Flexionstest zeigte im Erstbef<strong>und</strong> eine<br />

<strong>Insuffizienz</strong> auf <strong>und</strong> es konnte beobachtet werden, dass sich neben den<br />

Beschwerden auch <strong>die</strong> Ergebnisse im CCFT im Zwischen- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong><br />

verbesserten. Somit konnte <strong>die</strong> Therapie eine Verbesserung <strong>der</strong><br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Haltekontrolle erzielen. Weiters kam es im zweiten<br />

Follow Up wie<strong>der</strong> zu einer Verschlechterung <strong>der</strong> Beschwerdesituation,<br />

wobei <strong>die</strong> Tatsache eine Rolle spielt, dass <strong>die</strong> Patientin <strong>die</strong> Übungen nach<br />

dem ersten Follow Up nicht mehr durchführte. Interessant wäre, ob es zu<br />

<strong>die</strong>sem Zeitpunkt auch wie<strong>der</strong> eine Verschlechterung im CCFT gegeben<br />

hätte.<br />

Beim Erfassen <strong>der</strong> Schmerzsymptomatik zeigten sowohl <strong>der</strong> Neck<br />

Disability Index als auch <strong>der</strong> Fragebogen über Symptome erhebliche<br />

Verbesserungen. Die Beeinträchtigung im alltäglichen Leben betrug im<br />

Erstbef<strong>und</strong> 44,44% <strong>und</strong> konnte zum Endbef<strong>und</strong> hin auf 13,33% gesenkt<br />

werden. Auf <strong>der</strong> Skala von eins – vier betrug <strong>der</strong> Mittelwert <strong>der</strong> Symptome<br />

zum Zeitpunkt des Erstbef<strong>und</strong>s 3,04 <strong>und</strong> zum Zeitpunkt des Endbef<strong>und</strong>s<br />

1,91. Somit konnten durch aktive Übungen aus <strong>der</strong> FBL Verbesserungen<br />

in <strong>der</strong> Schmerzsymptomatik erzielt werden.<br />

Ebenso konnte eine Verbesserung <strong>der</strong> Beweglichkeit in alle<br />

Bewegungsrichtungen erreicht werden. Das Bewegungsausmaß in <strong>der</strong><br />

sagittalen Ebene verbesserte sich um 5cm, in <strong>der</strong> frontalen Ebene ebenso<br />

5cm <strong>und</strong> in <strong>der</strong> transversalen Ebene um 10cm.<br />

63


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich aktive Übungen aus<br />

<strong>der</strong> FBL als Therapieform für <strong>Schleu<strong>der</strong>trauma</strong>patienten eignet. In weiterer<br />

Forschung könnte man in einer Stu<strong>die</strong> eine Gruppe, <strong>die</strong> aktive Übungen<br />

aus <strong>der</strong> FBL ausübt mit einer Gruppe mit Immobilisation in einer<br />

Schanzkrawatte o<strong>der</strong> aber auch an<strong>der</strong>en Therapieformen vergleichen.<br />

Weiters interessant wäre es, sich mit <strong>der</strong> Auswirkung von FBL bei<br />

chronischen Nackenschmerzen zu befassen.<br />

64


9 Literaturverzeichnis<br />

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Auflage. 2005. Springer, Berlin. ISBN: 3540413049<br />

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http://www.fbl-klein-vogelbach.org/ (20.04.06)<br />

http://www.chiro.org/LINKS/OUTCOME/Painter_1.shtml (21.04.06)<br />

http://www.proqolid.org/public/neck_di.html (21.04.06)<br />

66


10 Tabellenverzeichnis<br />

Tab.1: Inspektion……….……………………………………………………...32<br />

Tab.2: Four – graded scale………….………………………………………..33<br />

Lines CR. A comparison of visual analog scale and categorical ratings of<br />

headache pain in a randomized controlled clinical trial with migraine<br />

patients. “Pain” 2001;93:185-190<br />

Tab.3: Mögliche schleu<strong>der</strong>traumaspezifische Symptome…………………33<br />

Tab.4: Neck Disability Index………………………………………………….34<br />

http://www.chiro.org/LINKS/OUTCOME/Painter_1.shtml<br />

Tab.5: Neck Disability Index im Erstbef<strong>und</strong>…………………………………35<br />

Tab.6: Craniocervicaler Flexionstest………………………………………...37<br />

Tab.7: Therapieprogramm…………………………….……………………...39<br />

67


11 Abbildungsverzeichnis<br />

Abb.1: HWS – Verformung, Kräfte- <strong>und</strong> Momentendiagramme in den drei<br />

Sta<strong>die</strong>n eines Auffahrunfalls .................................................................... 13<br />

Luan F et al. Qualitative Analysis of neck kinematics during low – speed<br />

rear – end impact. “Clinical Biomechanics” 2000;15:649-657<br />

Abb.2: Die modifizierte Quebec Klassifikation <strong>der</strong> WAD............................... 15<br />

Seferiadis A et al. A review of treatment interventions in whiplashassociated<br />

disor<strong>der</strong>s. “Eur Spine J“ 2004;13(5):387-97<br />

Abb.3: Subsysteme, <strong>die</strong> an <strong>der</strong> spinalen Stabilität beitragen ...................... 21<br />

Gibbons SGT et Comerford MJ. Strength versus stability: Part 1: Concept<br />

and terms. “Orthopaedic Division Review” March/April 2001:21-27<br />

Abb.4: Prävertebrale <strong>und</strong> seitliche (tiefe) Halsmuskeln in <strong>der</strong> Ansicht von<br />

ventral......................................................................................................... 24<br />

Michael Schünke et al. Prometheus. Lernatlas <strong>der</strong> Anatomie. Hals <strong>und</strong><br />

innere Organe. Thieme. Stuttgart. 2005. USBN: 3-13-139531-1. S.9<br />

Abb.5: Mittelstellung des Klötzchenspiels...................................................... 41<br />

Abb.6: Vorgeneigte KLD ...............................Fehler! Textmarke nicht definiert.41<br />

Abb.7: Rückgeneigte KLD ................................................................................ 41<br />

Abb.8: Ausgangsstellung ............................................................................... 422<br />

Abb.9: Endstellung............................................................................................ 42<br />

Abb.10: „Kurz <strong>und</strong> Bündig“.............................................................................. 43<br />

Abb.11: Aktive Flexion <strong>und</strong> Extension im Erst-, Mittel- <strong>und</strong> Endbef<strong>und</strong>.... 465<br />

Abb.12: Aktive Lateralflexion nach links <strong>und</strong> nach rechts im Erst-, Mittel<strong>und</strong><br />

Endbef<strong>und</strong> .......................................................................................... 46<br />

Abb.13: Aktive Rotation nach links <strong>und</strong> nach rechts im Erst-, Mittel- <strong>und</strong><br />

Endbef<strong>und</strong>.................................................................................................. 47<br />

Abb.14: Neck Disability Index .......................................................................... 48<br />

Abb.15: Mittelwert aller vorhandener Symptome........................................... 49<br />

Abb.16: Symptome, <strong>die</strong> bereits nach <strong>der</strong> ersten Behandlungsserie behoben<br />

wurden........................................................................................................ 49<br />

Abb.17: Symptome, <strong>die</strong> sich kontinuierlich verbesserten............................. 50<br />

Abb.18: Symptome, <strong>die</strong> bis zum 1. Follow Up besser wurden <strong>und</strong> sich dann<br />

noch mal verschlechterten ....................................................................... 50<br />

Abb.19: Symptome, <strong>die</strong> nicht wesentlich beeinflusst werden konnten. ...... 51<br />

Abb.20: Test eins des CCFT mit den 6 verschiedenen Teststufen............... 52<br />

68


Anhang<br />

Patienteneinwilligung<br />

69


Erklärung<br />

„Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich <strong>die</strong> vorliegende Diplomarbeit<br />

selbst verfasst habe <strong>und</strong> <strong>die</strong> aus fremden Quellen direkt o<strong>der</strong> indirekt<br />

übernommenen Gedanken als solche kenntlich gemacht habe.<br />

Die gegenständige Arbeit wurde bisher noch keinen an<strong>der</strong>en<br />

Prüfungsgremien vorgelegt <strong>und</strong> keinerlei Veröffentlichung zugeführt.“<br />

_____________________ ____________________________<br />

Ort, Datum eigenhändige Unterschrift<br />

70

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