Dominanz – ein oft missverstandener Begriff
Dominanz – ein oft missverstandener Begriff
Dominanz – ein oft missverstandener Begriff
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wachsenden Hund und dem Hundehalter<br />
aus. <strong>Dominanz</strong>beziehungen sind daran erkennbar,<br />
dass das <strong>ein</strong>e Individuum den Interaktionspartner<br />
überlegen oder unterlegen<br />
behandelt. Dominante Individuen weisen<br />
dabei so genanntes <strong>Dominanz</strong>verhalten,<br />
wie beispielsweise Drohen oder rangklärendes<br />
Kämpfen,auf.Untergeordnete Interaktionspartner<br />
zeigen dagegen in der Regel Unterlegenheitsverhalten,<br />
wie Ausweichen,<br />
aber auch aggressive Selbstverteidigung.Bereits<br />
beim Spiel der Welpen wird die ganze<br />
Bandbreite des <strong>Dominanz</strong>- und Unterordnungsverhaltens<br />
,durchgespielt’.“<br />
Demzufolge kann bei flüchtigen und gelegentlichen<br />
Hundebegegnungen, wie wir<br />
sie meist täglich erleben, nicht von <strong>Dominanz</strong><br />
gesprochen werden, weil diese sich ja<br />
nur in <strong>ein</strong>er Sozialstruktur entwickeln kann!<br />
Hier offenbart sich r<strong>ein</strong> begrifflich also <strong>ein</strong><br />
folgenschweres Missverständnis,was bisher<br />
viele Hundehalter als so genanntes dominantesVerhalten<br />
bezeichneten,wurde falsch<br />
interpretiert. Bei gewöhnlichen Hundebegegnungen<br />
kommt somit nicht die<br />
<strong>Dominanz</strong>, sondern die Fähigkeiten der<br />
Hunde zum Ausdruck, die Signale des Gegenübers<br />
zu erkennen,zu verstehen,richtig<br />
<strong>ein</strong>zuordnen und durch angemessenes Ver-<br />
Bei flüchtigen oder gelegentlichen Hundebegegnungen<br />
kann nicht von <strong>Dominanz</strong> gesprochen<br />
werden. Foto: H. Scherrer<br />
Verhalten<br />
Bei schwächeren Welpen hinterlässt <strong>ein</strong> rüpelhafter Macho Eindruck <strong>–</strong> s<strong>ein</strong> unsoziales Verhalten führt bei<br />
diesen Welpen zum Erfolg. Foto: J. Giger<br />
halten darauf zu reagieren. Ein ganz natürlicherAblauf<br />
also.Wie Individuen auf<strong>ein</strong>ander<br />
reagieren,hängt von vielen Faktoren ab,beispielsweise<br />
dem frühen sozialen Lernen und<br />
den dadurch gemachten Erfahrungen, der<br />
sozialenWahrnehmungsfähigkeit insgesamt,<br />
der momentanen Situation und insbesondere<br />
auch vom Verhalten der Hundebesitzer.<br />
<strong>Dominanz</strong>strebend auf der Suche nach<br />
Sicherheit und Grenzen<br />
Es liegt in der Natur des Hundes, dass er bereits<br />
im Welpenalter versucht, s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse<br />
und Interessen durchzusetzen sowie<br />
s<strong>ein</strong>e Stellung in der Rangordnung innerhalb<br />
der Wurfgem<strong>ein</strong>schaft zu „verbessern“. Das<br />
Streben nach <strong>Dominanz</strong> ist <strong>ein</strong> natürlicher<br />
Vorgang. Selbstverständlich gibt es dabei<br />
grosse Unterschiede,die von Rasse zu Rasse<br />
oder auch von Hund zu Hund verschieden<br />
stark ausgeprägt sind. Um sich jedoch in <strong>ein</strong>er<br />
Gem<strong>ein</strong>schaft <strong>ein</strong>ordnen zu können,<br />
werden schon den Welpen von der Mutterhündin<br />
klare Grenzen gesetzt. Es entstehen<br />
und festigen sich Rangordnungsstrukturen.<br />
Andernfalls kann unter natürlichen Bedingungen<br />
<strong>ein</strong> Rudel nicht auf Dauer bestehen.<br />
Lebt der Welpe in k<strong>ein</strong>er gefestigten Sozialstruktur,<br />
entwickeln sich bei ihm Verhaltensweisen,<br />
die wir in der Umgangssprache<br />
Machogehabe nennen,und die wir bei unserenVerhaltensanalysen<br />
als <strong>Dominanz</strong>streben<br />
bezeichnen.Im so genannten Machogehabe<br />
erkennen wir also <strong>ein</strong> unkontrolliertes und<br />
nicht kanalisiertes <strong>Dominanz</strong>streben.<br />
Wir leben in <strong>ein</strong>er anspruchsvollen Zeit sowie<br />
auf dicht besiedeltem Raum, wo Begegnungen<br />
zwischen Hunden und Menschen<br />
ohne Belastungen ablaufen sollten.Für Hunde,<br />
die sich verträglich in unserer Gesellschaft<br />
<strong>ein</strong>ordnen sollten, ist es deshalb notwendig,<br />
dass ihnen durch soziales Lernen<br />
die Grenzen gegenüber ihren Artgenossen<br />
und den Menschen vermittelt werden.<br />
An den Muster- und Modellprägungsspieltagen<br />
in Zürich beobachten und analysieren<br />
seit etlichen Jahren Dina Berlowitz, H<strong>ein</strong>z<br />
Weidt sowie deren Teammitglieder das Verhalten<br />
vonWelpen und suchen nach den Ursprüngen<br />
von erwünschten oder unerwünschten<br />
Verhaltensweisen. Unter anderem<br />
beschäftigen sie sich mit der<br />
Fragestellung und den Verhaltenstendenzen<br />
von Welpen, die <strong>Dominanz</strong>streben zeigen.<br />
AlsTeammitglied befasse ich mich ebenfalls<br />
mit diesem Thema, indem ich mich im Wesentlichen<br />
auf das Filmen,Beobachten sowie<br />
Analysieren der Anzeichen des <strong>Dominanz</strong>strebens<br />
konzentriere.<br />
Wie und woran erkennen wir das unkontrollierte<br />
und nicht kanalisierte <strong>Dominanz</strong>streben<br />
frühzeitig? Warum und wie können<br />
wir dem entgegenwirken? Wie können wir<br />
dem Welpen in tiergerechter Weise <strong>ein</strong> sicheres<br />
Sozialverhalten vermitteln, sodass er<br />
auf den richtigen Weg kommt und wir diesbezüglich<br />
k<strong>ein</strong>e Schwierigkeiten in der Haltung<br />
mit dem erwachsenen Hund haben?<br />
Schweizer Hunde Magazin 2/03<br />
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