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Fellfarben,

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47_49_<strong>Fellfarben</strong>_HM_2_09.qxp 10.2.2009 13:37 Uhr Seite 47<br />

<strong>Fellfarben</strong>,<br />

Das Gen für Braun ist das erste, das von den Molekulargenetikern<br />

«entdeckt» wurde und für das ein kommerzieller<br />

Gentest entwickelt wurde. Es befindet sich auf<br />

Chromosom Nummer 11 und wird «Tyrosinase Related<br />

Protein 1» (TYRP 1) genannt. Dieses Gen ist bei vielen<br />

Säugetieren bekannt. Es bewirkt eine veränderte Eumelanin-Struktur<br />

und lässt das normalerweise schwarze Eumelanin<br />

braun erscheinen. Nicht nur das Pigment in den<br />

Haaren ist betroffen, sondern auch sonst überall am Körper:<br />

Braune Hunde haben immer auch braune Nasenspiegel<br />

und hellere Augen. Sie können kein schwarzes Pigment<br />

bilden. Das dominante Allel B führt zu einer «normalen»<br />

Eumelaninbildung, das rezessive Allel b hingegen lässt das<br />

braune Eumelanin entstehen. Somit ist klar: Ein schwarzer<br />

Hund kann bezüglich der braunen Fellfarbe mischerbig<br />

sein, ein brauner Hund hingegen ist immer reinerbig (siehe<br />

auch Teil 1 dieser Artikelserie). Zwei braune Hunde können<br />

keinen schwarzen Welpen miteinander zeugen, zwei<br />

schwarze Hunde können (wenn sie beide mischerbig sind)<br />

braune Welpen zeugen. Per Gentest kann man herausfinden,<br />

ob ein schwarzer Hund ein Allel für braune Fellfarbe<br />

trägt. Dr. Sheila Schmutz aus Kanada fand heraus, dass es<br />

mindestens drei verschiedene Allele für Braun gibt: bd, bs<br />

und bc. Die Unterschiede zwischen diesen Allelen spielen<br />

allerdings für den Züchter keine Rolle, da sie nach heutigem<br />

Kenntnisstand keinen Einfluss auf die Art des Brauns<br />

haben. Deshalb wird hier im Folgenden auch nur vom<br />

Allel b die Rede sein, wenn das Allel für braune Fellfarbe<br />

gemeint ist.<br />

Viele Namen für eine Farbe<br />

Schwarz ist Schwarz und es heisst auch immer so. Braun<br />

hingegen heisst längst nicht nur Braun: Leberfarben/liver<br />

(der seltene Sussex Spaniel ist goldleberfarben), schokola-<br />

Der Braun-Locus Teil 2<br />

Schon immer hatten braune Hunde den Touch des Besonderen. Vor allem<br />

in letzter Zeit erlebt die braune Fellfarbe einen richtigen Boom: Bei vielen<br />

Rassen wird der braune Farbschlag immer beliebter.<br />

denfarbig/chocolate, kastanienfarben, havannabraun (Appenzeller<br />

Sennenhund) bronzefarben (beim Neufundländer)<br />

und sogar rot (im englischen werden vor allem braune<br />

Dobermänner und Australian Shepherds als red bezeichnet).<br />

Manche Chesapeake Bay Retriever und der Pudelpointer<br />

sind dürrlaubfarben (diese Bezeichnung wird<br />

hingegen beim Rauhaardackel für gelbe Hunde verwendet).<br />

Braun nennt man im Volksmund allerdings auch Hundefarben,<br />

die genetisch betrachtet gar nicht braun sind: So<br />

würde ein Laie einen roten Langhaardackel ziemlich sicher<br />

einen braunen Hund nennen, ebenso den mahagonifarbenen<br />

Irish Setter, dessen Farbe nicht durch das eigentliche<br />

Braun-Gen hervorgerufen wird.<br />

Ein wichtiges Indiz für echtes Braun (bb) ist der braune Nasenspiegel,<br />

das hellere Auge und das Fehlen jeglichen<br />

schwarzen Pigments. Ein roter Langhaardackel hat etwa oft<br />

schwarze Haare an den Ohrspitzen, ein Irish Setter soll eine<br />

tiefschwarze Nase haben.<br />

Braun kann in der Farbintensität<br />

(auch je nach Fellstruktur)<br />

stark variieren.<br />

Innerhalb einer Rasse sieht<br />

man etwas grosse Unterschiede<br />

beim Neufundländer,<br />

dort reicht die Palette<br />

von Dunkelbraun bis zu<br />

einem relativ hellen Bronzefarben.<br />

Auch der Chesapeake<br />

Bay Retriever kommt<br />

in vielen Braunschattierungen<br />

vor, ebenso vielfältig<br />

(und fast lyrisch) sind die<br />

Bezeichnungen dafür: Deadgrass<br />

(dürrlaubfarben) und<br />

Sedge (Binsenfarbig) zeigen,<br />

dass der Chesapeake Bay<br />

<strong>Fellfarben</strong><br />

von Dr. med. vet. Anna Laukner Foto: P. Koster<br />

© Schweizer Hunde Magazin 2/09<br />

47<br />

Foto: P. Koster


47_49_<strong>Fellfarben</strong>_HM_2_09.qxp 10.2.2009 13:37 Uhr Seite 48<br />

Foto: P. Koster<br />

48<br />

© Schweizer Hunde Magazin 2/09<br />

Retriever ein Jagdhund ist, bei dem sich die Fellfarbe möglichst<br />

an den natürlichen Hintergrund anpassen soll.<br />

Typische Jagdhundfarbe<br />

Das bringt uns zur historischen Bedeutung der braunen<br />

Fellfarbe beim Hund. Wenn man sich die Verbreitung dieser<br />

Farbe unter den Hunderassen ansieht, so fällt auf, dass<br />

vor allem bei Vorsteh-, Stöber-, Wasser- und Apportierhunden<br />

Braun verbreitet und beliebt ist. Vor allem bei diesen<br />

Jagdhunderassen kommt es darauf an, dass der Hund<br />

sich möglichst unauffällig in die Umgebung einfügt. Und so<br />

sind viele «klassische» Jagdhunde braun – entweder einfarbig<br />

oder in Kombination mit anderen Fellzeichnungen. Typische<br />

Beispiele sind die Deutschen Vorstehhunde, Field<br />

und Sussex Spaniel, Deutscher Wachtelhund, Labrador, Flat<br />

Coated und eben der Chesapeake Bay Retriever und die verschiedenen<br />

Wasserhunde (etwa der Perro de Agua aus Spanien,<br />

der Barbet aus Frankreich und der Irish Waterspaniel).<br />

Fast jedes europäische und nordamerikanische Land hat also<br />

seine bodenständigen braunen oder braunfaktorierten Jagdhunderassen.<br />

Bereits auf Werken alter Meister findet man<br />

Darstellungen brauner Jagdhunde (eine sehr frühe Darstellung<br />

sieht man etwa auf dem Gemälde «Die Vision des Hl.<br />

Eustachius» von Pisanello, um 1438–1442).<br />

Braun plus ...<br />

Als braunfaktoriert bezeichnet<br />

man eine Fellfarbe bzw.<br />

-zeichnung, bei der das<br />

Braun in Kombination mit<br />

einer weiteren Zeichnung<br />

oder Farbe vorkommt. Hat<br />

ein Hund die Genausstattung<br />

bb am B-Locus, so ist<br />

er braunfaktoriert. Er kann<br />

dann kein schwarzes, sondern<br />

nur braunes Eumelanin<br />

bilden, ganz unabhängig<br />

von seiner Genausstattung<br />

an den andern Farbgen-<br />

Loci. So gibt es etwa braunweiss<br />

gescheckte Hunde,<br />

Braunloh (häufig beim Dobermann),<br />

Braunschimmel<br />

(typisch für Deutsch Kurzhaar<br />

und Deutsch Drahthaar),<br />

aber auch Farben, bei<br />

denen kaum etwas auf das<br />

Vorliegen des Braunfaktors<br />

hinweist ... so etwa beim Ungarischen Viszla oder beim Podenco.<br />

Hier sorgt ein weiterer Faktor (das Gen e, das in einer<br />

späteren Folge dieser Serie näher beleuchtet wird) für eine<br />

Unterdrückung von Eumelanin im Fell. So wird nur Phäomelanin<br />

in den Haaren eingelagert, das Fell erscheint gelb<br />

oder rötlich. Nur die Haut und die Schleimhäute können<br />

Eumelanin bilden, deshalb haben Hunde mit dem Faktor e<br />

und gleichzeitig dem Faktor B schwarze Nasen und dunkle<br />

Augen (wie etwa gelbe Labrador Retriever, siehe auch Teil 1<br />

dieser Serie). Hat solch ein gelber Hund nun aber statt B<br />

zwei Allele b (also die Genkombination bbee), so hat er ein<br />

gelbes (oder rötliches) Fell und braune Nase sowie helle<br />

Augen. Diesen typischen Look findet man eben beim<br />

Viszla, beim Podenco, auch bei den so genannten «red nose»<br />

Pit Bulls, der Bordeauxdogge und dem immer beliebter werdenden<br />

Nova Scotia Duck Tolling Retriever.<br />

Braun gibt es auf der ganzen Welt<br />

Das Allel b ist übrigens weitverbreitet und kommt bei fast<br />

allen Hunderassen vor – egal, ob es erwünscht ist oder nicht.<br />

Bei manchen Rassen wird es als «Fehlfarbe» abgelehnt,<br />

braune oder braunfaktorierte Welpen werden nicht anerkannt.<br />

Diese Ablehnung wurzelt in der Meinung, braune<br />

Hunde seien «degeneriert» und somit anfälliger und weniger<br />

leistungsfähig als ihre dunkleren Rassegenossen. Wenn<br />

man sich allerdings die Erfolgsgeschichte der braunen und<br />

braunfaktorierten Jagdhunde betrachtet, so merkt man<br />

schnell, dass man diese Einschätzung getrost als Ammenmärchen<br />

abhaken kann ... Übrig bleibt die traditionelle Ablehnung<br />

brauner Hunde in vielen Rassen. Dem gegenüber<br />

steht ein eindeutiger Modetrend zum braunen Hund, den<br />

man etwa beim Labrador Retriever und beim Rauhaardackel<br />

beobachten kann (bei diesen beiden Rassen ist Braun<br />

bzw. Braunloh auch ein anerkannter Farbschlag). Aber auch<br />

bei Rassen, bei denen Braun als Fehlfarbe eingestuft wird,<br />

finden sich immer wieder Anhänger der braunen Farbe, die<br />

sich für deren offizielle Anerkennung einsetzen. Beim Appenzeller<br />

Sennenhund ist dieses Ziel bereits erreicht: «Ha -<br />

vannabraun» ist seit 1980 ein anerkannter Farbschlag (in<br />

Kombination mit den typischen weissen und roten Abzeichen).<br />

Bei anderen Rassen streiten sich die Gegner und die<br />

Anhänger noch erbittert ...<br />

Braun als Fehlfarbe<br />

Ein Beispiel ist der amerikanische Rottweiler-Club. Auf dessen<br />

Homepage findet man ein deutliches Statement gegen<br />

die braune Farbe: « ... A ‹Red Rottweiler› carries a genetic<br />

fault which inhibits the display of the characteristic black<br />

base coat color. It is a recessive gene, which when expressed,


47_49_<strong>Fellfarben</strong>_HM_2_09.qxp 10.2.2009 13:37 Uhr Seite 49<br />

gives the appearance of a light brown or auburn base coat<br />

with light auburn markings. Frequently, ‹Red Rottweilers›<br />

also exhibit lighter colored eyes which may possibly be linked<br />

to a higher incidence of cardiac problems. (...) We cannot<br />

allow this genetic fault to corrupt the purity of our<br />

breed. The American Rottweiler Club must prevent the<br />

breeders of ‹Red Rottweilers› from further contaminating<br />

our gene pool. Breeders of ‹Red Rottweilers› oftentimes classify<br />

these genetic variants as harmless, and frequently advertise<br />

them as ‹rare›. Do not let the promoters of ‹Red<br />

Rottweilers› fool you. The Rottweiler breed is not improved<br />

by incorporating this disqualifying genetic fault. Ethical<br />

breeders do not intentionally breed for disqualifying faults.<br />

And remember, the danger not only resides in the redcoated<br />

Rottweiler puppy from a litter but in all the littermates<br />

as well, even though the littermates may have a base<br />

color of black. Allowing this trait to spread is a serious threat<br />

to the genetic integrity of the Rottweiler breed. (...) .»<br />

Frei übersetzt heisst das: «Ein brauner Rottweiler trägt einen<br />

Genfehler, der die Ausprägung der charakteristischen<br />

schwarzen Grundfarbe verhindert. Es ist ein rezessives Gen,<br />

das, wenn es ausgeprägt wird, zu einer braunen oder rostroten<br />

Grundfarbe mit hellrostroten Abzeichen führt. Häufig<br />

haben ‹braune Rottweiler› auch heller gefärbte Augen,<br />

was möglicherweise mit einem vermehrten Auftreten von<br />

Herzproblemen verbunden sein könnte. (...) Wir können<br />

nicht zulassen, dass dieser Genfehler die Reinheit unserer<br />

Rasse verdirbt. Der American Rottweiler Club muss die<br />

Züchter ‹brauner Rottweiler› daran hindern, weiterhin unseren<br />

Genpool zu kontaminieren. Züchter ‹brauner Rottweiler›<br />

ordnen diese genetische Variante oft als harmlos ein<br />

und preisen sie häufig als ‹selten› an. Lassen Sie sich nicht<br />

von den Promotern ‹brauner Rottweiler› zum Narren halten.<br />

Der Rottweiler wird durch die Aufnahme dieses disqualifizierenden<br />

genetischen Fehlers nicht verbessert.<br />

Moralische Züchter züchten nicht absichtlich auf disqualifizierende<br />

Fehler. Und denken Sie daran, die Gefahr liegt<br />

nicht nur in dem braunen Rottweiler-Welpen eines Wurfes,<br />

sondern auch in all seinen Wurfgeschwistern, selbst<br />

wenn sie eine schwarze Grundfarbe haben. Zuzulassen, dass<br />

sich dieses Merkmal verbreitet, ist eine ernsthafte Bedrohung<br />

für die genetische Integrität der Rasse Rottweiler. (...).»<br />

Ein paar Punkte im obigen Text möchte ich nicht unkommentiert<br />

lassen: Das Gen für braune Fellfarbe als Genfehler<br />

zu bezeichnen ist nicht ganz korrekt. «Fehler» impliziert<br />

etwas Negatives, in diesem Zusammenhang auch Krankmachendes.<br />

In Verbindung mit der braunen Farbe ist das<br />

irreführend. Das Allel b und seine Ausprägung, die braune<br />

Farbe, ist eine Genvariante, die nicht mit gesundheitlichen<br />

Nachteilen verbunden ist. Die helleren Augen mit möglichen<br />

Herzproblemen in Verbindung zu bringen, ist schlicht<br />

falsch. Wären braune Hunde mit helleren Augen gesundheitlich<br />

benachteiligt, so hätte sich dieses Gen beispielsweise<br />

niemals über Jahrhunderte bei so vielen Jagdgebrauchshunden<br />

erhalten. Der Glaube, dass die braune<br />

Farbe mit weniger Leistung verbunden sei, ist überholt und<br />

wissenschaftlich nicht haltbar. Der Rottweiler entstammt<br />

bodenständigen Treibhunden, bei denen früher die Farbe<br />

nebensächlich war. Unübersehbar ist auch seine Verwandtschaft<br />

zu den Schweizer Treibhunden. Bei all diesen Hundetypen<br />

kamen immer auch schon braune Tiere vor (beim<br />

Appenzeller Sennenhund sind sie mittlerweile anerkannt).<br />

Dieses rezessive Gen ist seit jeher in der Rasse Rottweiler<br />

vorhanden und verdirbt sie nicht (wie im obigen Text befürchtet).<br />

Weiter wird angeprangert, dass die Züchter der<br />

braunen Rottweiler diese Variante als harmlos und selten<br />

bezeichnen. Dies kann man ihnen nicht anlasten, denn in<br />

der Tat sind braune Rottweiler harmlos (ebenso harmlos wie<br />

ihre schwarzen Rassegenossen) und selten (da nie gezielt auf<br />

die braune Farbe selektiert wurde). Offensichtlich gibt es<br />

Anhänger dieses Farbschlages. Der Club hat die Möglichkeit,<br />

sich vehement gegen die Zucht dieser Hunde zu wehren<br />

oder sich damit auseinanderzusetzen, dass diese Variante<br />

des Rottweilers anscheinend zunehmend Freunde findet. Es<br />

ist eher eine Grundsatzdiskussion, ob man Farbschläge,<br />

deren Gene im Genpool der Rasse seit den Anfängen der<br />

Zucht vorhanden sind, zulässt. Es sollte keine Diskussion<br />

darüber sein, ob diese Farbe «schädlich» für die Rasse sei:<br />

Das ist sie nämlich nicht.<br />

Abschliessend kann man sagen, dass die braune Farbe<br />

durchaus polarisiert: Die einen lieben sie, die anderen stösst<br />

sie eher ab (was durchaus auch an den helleren Augen und<br />

der fleischfarbenen Nase liegen kann, die oft mit der braunen<br />

Fellfarbe einhergehen). Schönheit liegt ja bekanntlich<br />

im Auge des Betrachters, doch eines sind braune Hunde bestimmt<br />

nicht: schlechter als andere!<br />

<strong>Fellfarben</strong><br />

© Schweizer Hunde Magazin 2/09<br />

49<br />

Foto: P. Koster

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