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Ausgewählte Artikel - Arcor.de

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4 Nr. 3 – März 2011<br />

schichtliche Be<strong>de</strong>utung. Oft war/ist diese Be<strong>de</strong>utung<br />

sogar nicht einmal <strong>de</strong>n Bewohnern <strong>de</strong>r Sprachinsel<br />

bekannt, <strong>de</strong>n heutigen schon gar nicht. Doch für immer<br />

ist die Geschichte verewigt und nachzulesen, z.<br />

B. im „Dörferbuch“, <strong>de</strong>m „Heimatbuch“ und vielen<br />

an<strong>de</strong>ren Publikationen von Landsleuten, die sich die<br />

Mühe machten, diese für die Nachwelt aufzuschreiben.<br />

Neben vielen Privathaushalten sind diese „Nachschlagewerke“<br />

auch in <strong>de</strong>n großen Bibliotheken, aber auch<br />

in unserem Archiv in Hei<strong>de</strong>nheim vorhan<strong>de</strong>n. Diese<br />

Kulturgüter zu erhalten und damit die Geschichte Interessierten<br />

weiter zugänglich zu machen, bevor „<strong>de</strong>r<br />

Letzte von uns das Licht ausmacht“, ist eine <strong>de</strong>r heute<br />

vordringlichsten Aufgaben unseres Vereins. Helfen sie<br />

mit, lassen Sie, liebe Iglauer, liebe Leser und Freun<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Heimatblattes, uns ihre I<strong>de</strong>en dazu zukommen. Die<br />

Stadt Hei<strong>de</strong>nheim hat möglicherweise die geschichtlichen<br />

Zusammenhänge, bzw. die geschichtliche Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Archivalien noch nicht entsprechend wahrgenommen,<br />

so dass sie sich eventuell <strong>de</strong>swegen bis dato<br />

nicht entschließen konnte, das Sprachinsel-Archiv in<br />

ihre Obhut zu nehmen und ggf. sogar <strong>de</strong>m Stadtarchiv<br />

anzuglie<strong>de</strong>rn und sozusagen als Teil <strong>de</strong>r Städtepartnerschaft<br />

Hei<strong>de</strong>nheim/Jihlava/Iglau anzusehen. gp<br />

<br />

Als Jihlava noch Iglau war<br />

Erinnerungen – wir leben mit ihnen, wir leben von ihnen,<br />

wir schöpfen Erfahrung und Wissen aus ihnen.<br />

Erinnerungen – sie sind Quelle unserer Hoffnung und<br />

Zuversicht, unserer Traurigkeit und unserer Lebensfreu<strong>de</strong>.<br />

Es gibt gute und weniger gute. Erinnerungen<br />

gehören zu uns! Sie sind nicht wegzudiskutieren und<br />

schon gar nicht lassen sie sich (auf Dauer) verdrängen.<br />

Wir Iglauer, aber nicht nur wir, benutzen unsere Erinnerung<br />

als Mahnung, offen und fair miteinan<strong>de</strong>r umzugehen.<br />

Die Heimat nicht zu vergessen, nicht zu vergessen<br />

wie es war, als wir noch „daham“ sein durften.<br />

Wir erinnern uns an Kindheitserlebnisse, die Jahre als<br />

Heranwachsen<strong>de</strong>, als Eltern, als Großeltern. Wir erinnern<br />

uns an die Vertreibung, an die unmenschliche Zeit<br />

in <strong>de</strong>n Lagern, an die Märsche und an die Transporte.<br />

Und wir erinnern uns an die Zeit zwischen 1939 und<br />

1945, an die Zeit <strong>de</strong>s Protektorats. Wir erinnern uns an<br />

diese Zeit – aber wir re<strong>de</strong>n kaum darüber. Wir erinnern<br />

uns, je nach Alter mehr o<strong>de</strong>r weniger, an die Namen,<br />

die zur Protektoratszeit gehören: Dr. Arthur Seyß-<br />

Inquart, Emanuel Sla<strong>de</strong>k, Gottlob Berger, Raimund<br />

Siegl, um nur einige zu nennen. Wir erinnern uns auch<br />

an Ignatz Göth, Franz Wehrmann, Johann Achatzi, Ulla<br />

Theurer und viele an<strong>de</strong>re. Wir erinnern uns an unsere<br />

tschechischen Sportkamera<strong>de</strong>n und Freun<strong>de</strong>, an unsere<br />

jüdischen Nachbarn. Alles ist Bestandteil unseres Lebens,<br />

es gehört zur Erinnerung an „daham“, auch an<br />

die Zeit, als <strong>de</strong>r Hauptplatz „Adolf-Hitler-Platz“ hieß,<br />

als Dr. Leo Engelmann Bürgermeister in Iglau war.<br />

Wir können und wir dürfen es nicht zulassen, dass diese<br />

Erinnerungen verdrängt und verschwiegen wer<strong>de</strong>n,<br />

nur weil sie uns möglicherweise unbequem sind und<br />

wir heute, wo wir es besser wissen, uns auch ein gutes<br />

Stück weit schämen. Schämen dafür, dass wir bei <strong>de</strong>n<br />

Aufmärschen so bereitwillig Spalier gestan<strong>de</strong>n haben,<br />

dass wir so manches Mal weggeschaut haben.<br />

Para<strong>de</strong> in Iglau, 15. März 1939<br />

Liebe Leser und Freun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heimatblattes, heute, 66<br />

Jahre nach Kriegsen<strong>de</strong> freuen wir uns, dass Tschechien<br />

so vehement dabei ist, die „verschwiegene Geschichte“<br />

(Buchtitel) aufzuarbeiten, unsere Erinnerungen zu bestätigen.<br />

Und wir? Haben nicht auch wir, 66 Jahre „danach“,<br />

die Aufgabe, auch über unsere verdrängte, verschwiegene<br />

Geschichte offen und ehrlich zu sprechen?<br />

Wir müssen es gar nicht so sehr Dritten gegenüber tun,<br />

son<strong>de</strong>rn hauptsächlich uns und unseren Kin<strong>de</strong>rn gegenüber.<br />

Aber – und da bedarf es keiner Diskussion: Unser<br />

Ge<strong>de</strong>nken, unsere Erinnerung an unseren Ge<strong>de</strong>nkstätten<br />

in Waldkirchen, Fratres und Iglau, in <strong>de</strong>n Gottesdiensten<br />

dort und in Hei<strong>de</strong>nheim, am Denkmal auf <strong>de</strong>m<br />

Schlossberg, gehört allein uns, unseren Toten, unseren<br />

Erlebnissen und Lei<strong>de</strong>n vor, während und nach <strong>de</strong>r Vertreibung,<br />

verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Dank an diejenigen in <strong>de</strong>r<br />

Tschechei und in Österreich, die uns damals etwas zu<br />

Essen zusteckten, uns ein erstes Quartier und unseren<br />

Toten eine würdige Ruhestätte gaben. Und überall dort,<br />

wo es geschichtlich notwendig und wo es angebracht<br />

ist, da gehört die Erinnerung hin, an die „dunkle Zeit“.<br />

Hilfestellung zur Erinnerung an unsere Geschichte von<br />

1939 bis 1945 kann uns dabei ein Buch geben, das neu<br />

auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen Markt kommt: „Iglau unterm<br />

Hakenkreuz“. In Tschechien ist es schon seit <strong>de</strong>m<br />

vergangenen Jahr im Han<strong>de</strong>l. Es hat vor allem bei <strong>de</strong>r<br />

wissbegierigen Jugend guten Absatz gefun<strong>de</strong>n. Jetzt<br />

ist, auch dank <strong>de</strong>r Unterstützung aus <strong>de</strong>r Familie unseres<br />

Ehren-Bun<strong>de</strong>svorsitzen<strong>de</strong>n Fritz „Fiffo“ Hawelka,<br />

die <strong>de</strong>utsche Übersetzung fertig. Auch die Übersetzung<br />

<strong>de</strong>s Textes selbst und notwenige Korrekturen wur<strong>de</strong>n<br />

von Fritz Hawelka begleitet. Das Buch ist keine „Aufrechnung“,<br />

es <strong>de</strong>nunziert nicht, es stellt nicht bloß. Genau<br />

wie Herma Kennel, bescheinigt Fritz Hawelka <strong>de</strong>m<br />

Buch, das im Übrigen sogar mit einigen falschen Behauptungen<br />

und Gerüchten „aufräumt“, eine sachlich<br />

korrekte Zeitdokumentation. Jiri Vybihal, <strong>de</strong>r Autor<br />

und Herausgeber <strong>de</strong>s Buches, hat, in Zusammenarbeit<br />

mit Vilem Wodak, aber nicht nur die Zeit <strong>de</strong>s Protektorates<br />

beschrieben, son<strong>de</strong>rn auch die Zeit davor und<br />

danach. So nimmt er z. B. Bezug auf die jahrhun<strong>de</strong>rtelange<br />

Geschichte <strong>de</strong>r Deutschen in <strong>de</strong>r Sprachinsel und<br />

auch auf die Zeit <strong>de</strong>r Vertreibung, in <strong>de</strong>r fast „minutiös“<br />

beschrieben ist, wann welches Dorf „geräumt“ wur<strong>de</strong>.

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