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Die Beklagte schrieb dem Kläger für jeden Tag einer Dienstreise<br />

lediglich 7,7 Stunden gut, obwohl der Kläger mit Korrekturbögen<br />

zur Zeiterfassung auch die über 7,7 Stunden pro Tag hinausgehenden<br />

Fahrtzeiten als Arbeitszeit geltend gemacht hatte.<br />

Mit seiner Klage verlangte der Kläger die Anerkennung weiterer<br />

Arbeitszeiten sowie die Feststellung, dass die Beklagte sicherstellen<br />

müsse, dass bei Dienstreisen unter Berücksichtigung der<br />

Fahrtzeiten eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden nicht<br />

überschritten werde. Die Klage hatte keinen Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die Beklagte muss dem Kläger die anlässlich von Dienstreisen<br />

angefallenen Fahrtzeiten nicht als Arbeitszeit gutschreiben.<br />

Dabei kann dahinstehen, ob Reisezeiten grundsätzlich vergütungspflichtig<br />

sind. Jedenfalls können hierzu abweichende kollektivrechtliche<br />

oder einzelvertragliche Regelungen getroffen<br />

werden. Im Streitfall stellt § 17 Abs.2 BAT eine derartige abweichende<br />

Vereinbarung dar. Hiernach sind Fahrtzeiten vergütungsrechtlich<br />

nicht zu berücksichtigen.<br />

Die Beklagte muss die bei Dienstreisen anfallenden Fahrtzeiten<br />

auch nicht arbeitszeitschutzrechtlich als Arbeitszeit berücksichtigen.<br />

Lediglich wenn das Reisen – wie etwa bei Berufskraftfahrern<br />

- zu den arbeitsrechtlichen Hauptleistungspflichten gehört,<br />

sind die Fahrtzeiten Bestandteil der Arbeitszeit im Sinn des Arb-<br />

ZG. Der Zeitaufwand für Dienstreisen stellt dagegen grundsätzlich<br />

keine Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinn dar. Das<br />

gilt auch, wenn der Arbeitnehmer während der Fahrtzeiten teilweise<br />

Arbeitsleistungen erbringt.<br />

Der Kläger hat eingeräumt, dass er die Fahrtzeiten nur teilweise<br />

zum Aktenstudium nutzt. Anders als beim Bereitschaftsdienst,<br />

der nach der Arbeitszeitrichtlinie der EU grundsätzlich als<br />

Arbeitszeit zu werten ist, steht der Kläger seinem Arbeitgeber<br />

auch nicht während der gesamten Fahrtzeit zur Verfügung, um<br />

bei Bedarf Arbeitsleistungen zu erbringen. Vielmehr entscheidet<br />

er selbst, ob und wann er arbeitet und in welchen Zeiten er<br />

ruht.<br />

Zu berücksichtigen ist auch der Sinn und Zweck der arbeitsschutzrechtlichen<br />

Vorschriften. Diese sollen den Arbeitnehmer<br />

vor einer arbeitsmäßigen Überbeanspruchung schützen. Der<br />

Kläger ist insoweit nicht schutzbedürftig, weil er während der<br />

Fahrtzeiten nach eigenem Belieben Ruhepausen einlegen kann.<br />

Sozialrecht<br />

Bei Verschleierung der Vermögensverhältnisse<br />

besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />

II<br />

LSG NRW 14.6.2005, L 1 B 2/05 AS ER<br />

Wer seine Vermögensverhältnisse systematisch verschleiert, hat<br />

keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die hieraus resultierende<br />

Ungewissheit geht zu Lasten des Langzeitarbeitslosen. Denn<br />

er muss die für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II erforder-<br />

lichen Tatsachen umfassend und vollständig vortragen. Ist seine<br />

persönliche Glaubwürdigkeit erschüttert, so muss er seine Vermögensverhältnisse<br />

durch Vorlage beweiskräftiger Urkunden<br />

oder Aussagen glaubwürdiger Zeugen nachweisen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Antragsteller erhielt bis Ende Juni 2004 Sozialhilfe. Diese<br />

Leistungen stellte die Stadt E. ein, nachdem sie durch einen<br />

anonymen Hinweis von Einnahmen des Klägers aus einem nicht<br />

genehmigten Gewerbebetrieb (Produktion und Vertrieb von Pornofilmen)<br />

erfahren hatte.<br />

Ende 2004 beantragte der Antragsteller die Gewährung von<br />

Arbeitslosengeld II. Der Antragsgegner wies den Antrag ab, weil<br />

der Antragsteller bislang nicht dargelegt habe, dass er seinen<br />

Lebensunterhalt nicht durch eigenes Vermögen sicherstellen könne.<br />

Es sei nicht auszuschließen, dass der Antragsteller weiterhin<br />

Pornofilme produziere und verkaufe. Außerdem sei der Verbleib<br />

einer Erbschaft des Jahres 2002 in Höhe von 30.000 Euro unklar.<br />

Mit dem hiergegen gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz<br />

machte der Kläger geltend, dass das Verschweigen seines<br />

Gewerbeunternehmens eine „Notlüge“ gewesen sei, um sich für<br />

die Zukunft eine eigene Erwerbsquelle zu erschließen. Er habe<br />

sich geschworen, das Gewerbe zu melden, sobald es Gewinne<br />

erziele. Hierzu sei es jedoch nicht gekommen. Das SG gab<br />

dem Antrag statt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des<br />

Antragsgegners hob das LSG diese Entscheidung auf und wies<br />

den Antrag ab.<br />

Die Gründe:<br />

Die Antragsgegnerin muss dem Antragsteller einstweilig kein<br />

Arbeitslosengeld II auszahlen.<br />

Der Antragsteller hat bislang nicht nachgewiesen, dass er nicht<br />

über genügend eigene Mittel verfügt, um seinen Lebensunterhalt<br />

zu bestreiten. Die diesbezüglichen Zweifel gehen zu Lasten<br />

des Antragstellers. Er muss die für den Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />

II erforderlichen Tatsachen umfassend, vollständig und<br />

behördlich nachprüfbar vortragen. Denn die behördliche Ermittlungspflicht<br />

findet dort ihre Grenze, wo – wie hier – eine weitere<br />

Aufklärung des Sachverhalts ohne Mitwirkung des Antragstellers<br />

unmöglich ist.<br />

Im Streitfall kommt hinzu, dass die persönliche Glaubwürdigkeit<br />

des Antragstellers erheblich erschüttert ist, weil er in der Vergangenheit<br />

seinen Gewerbetrieb sowie eine Erbschaft verschwiegen<br />

hat. In einem solchen Fall muss der Betroffene nicht nur<br />

lückenlos über seine Vermögensverhältnisse aufklären, sondern<br />

beweiskräftige Urkunden vorlegen oder glaubwürdige Zeugen<br />

benennen. Dies hat der Antragsteller bislang nicht getan.<br />

Eine weitere Entscheidung zum Thema:<br />

Das Hessische LSG hat am 22.8.2005 (Az.: L 7 AS 32/05 ER)<br />

entschieden, dass Langzeitarbeitslose für einen Anspruch auf<br />

Arbeitslosengeld II grundsätzlich nicht die Kontoauszüge der<br />

letzten Monate und eine Vermieterbescheinigung vorlegen müssen.<br />

Für eine derartige Auskunftspflicht gebe es jedenfalls dann<br />

keine gesetzliche Grundlage, wenn keine konkreten Hinweise<br />

auf einen Leistungsmissbrauch vorlägen. Den Volltext dieser auf<br />

den Webseiten des Hessischen LSG veröffentlichten Volltext<br />

finden Sie hier (pdf-Datei).<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung des LSG NRW ist auf der Website<br />

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de veröffentlicht.<br />

- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

37/2005 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 5

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