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Krise der Kommunalfinanzen Handreichungen ... - Arbeit und Leben

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<strong>Handreichungen</strong><br />

für die politische <strong>Arbeit</strong><br />

von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Ulrich Schachtschnei<strong>der</strong><br />

<strong>Krise</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Kommunalfinanzen</strong>


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN Nie<strong>der</strong>sachsen e. V.<br />

Landesgeschäftsstelle Hannover, Pädagogische <strong>Arbeit</strong>sstelle<br />

Verantwortlich:<br />

Carl-Bertil Schwabe<br />

Autor:<br />

Ulrich Schachtschnei<strong>der</strong><br />

Hannover, Mai 2004


<strong>Handreichungen</strong><br />

für die politische <strong>Arbeit</strong><br />

von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Ulrich Schachtschnei<strong>der</strong><br />

<strong>Krise</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Kommunalfinanzen</strong>


Inhalt<br />

Vorwort ................................................................................................... 5<br />

Einleitung ............................................................................................... 7<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben .................................................................. 9<br />

Kommunen, Land, B<strong>und</strong> ....................................................................... 9<br />

Einnahmen kommunaler Haushalte ....................................................... 10<br />

Kommunale Ausgaben – Arten ............................................................. 13<br />

Vermögens- <strong>und</strong> Verwaltungshaushalt .................................................. 15<br />

Kreis – Gemeinden – Stadt .................................................................... 15<br />

Bilanzen kommunaler Aufgabenbereiche .............................................. 17<br />

Kommunale Aufgabennereiche ............................................................. 20<br />

Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Krise</strong> ......................................................................... 21<br />

Ausgaben für soziale Leistungen .......................................................... 21<br />

Personalausgaben ................................................................................. 23<br />

Eine Einnahmekrise ............................................................................... 24<br />

Steuern runter ...................................................................................... 25<br />

Kopfsteuer reloaded .............................................................................. 26<br />

Folge: Sinkende Investitionen ................................................................ 26<br />

Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzierung .................................................. 27<br />

Vorschlag Kommunale Spitzenverbände ............................................... 27<br />

Vorschlag des BDI ................................................................................. 28<br />

Wirkungen ........................................................................................... 29<br />

Ver.di-Eckpunkte einer Gemeindefinanzreform ..................................... 30<br />

Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion ......................................... 33<br />

Literatur <strong>und</strong> Links .............................................................................. 39


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

4 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Vorwort<br />

Für die <strong>Arbeit</strong> in den Orts- <strong>und</strong> Kreisverbänden des DGB ist die Finanzausstattung <strong>der</strong><br />

Kommunen <strong>und</strong> die Gestaltung <strong>der</strong> kommunalen Haushalte von großer Bedeutung. In <strong>der</strong><br />

Einleitung zu diesem Heft werden einzelne Punkte aufgelistet, die die Relevanz <strong>der</strong> kommunalen<br />

Finanzausstattung für die Gewerkschaften benennen.<br />

Um sich qualifiziert mit den Strukturen eines kommunalen Haushaltes auseinan<strong>der</strong> setzen zu<br />

können, sind Kenntnisse über die Systematik <strong>der</strong> Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben (was sind z. B.<br />

freiwillige <strong>und</strong> was sind Pflichtaufgaben) erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Für die politische Diskussion um die zukünftige Finanzausstattung des Staates <strong>und</strong> damit<br />

auch <strong>der</strong> Kommunen sind gr<strong>und</strong>legende Informationen die Voraussetzung. Mit diesem Heft<br />

wollen wir einen Beitrag für die qualifizierte Diskussion um die Staatsfinanzen aus <strong>der</strong> Sicht<br />

von <strong>Arbeit</strong>nehmerinnen <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmern leisten.<br />

Der Deutsche Gewerkschaftsb<strong>und</strong>, Region Oldenburg/Wilhelmshaven <strong>und</strong> die Bildungsvereinigung<br />

ARBEIT UND LEBEN Nie<strong>der</strong>sachsen geben den Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen in den<br />

Orts- <strong>und</strong> Kreisverbänden mit diesem Heft gleichzeitig eine Hilfestellung, um sich mit den<br />

vielfältigen Fragen <strong>und</strong> Problemen <strong>der</strong> öffentlichen Finanzen beschäftigen zu können.<br />

Möglich wurde das vorliegende Heft durch die Finanzierung des DGB für Projekte <strong>der</strong><br />

Binnenstruktur. Finanziell hat sich daneben die Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN an<br />

<strong>der</strong> Erstellung des Heftes beteiligt.<br />

Erstellt <strong>und</strong> gestaltet hat das Heft Ulrich Schachtschnei<strong>der</strong>. Er hat nicht nur die theoretischen<br />

Voraussetzungen mir <strong>der</strong> Zusammenstellung <strong>und</strong> Bewertung <strong>der</strong> Materialien geschaffen,<br />

son<strong>der</strong>n parallel in Veranstaltungen mit Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen die Materialien praktisch<br />

erprobt <strong>und</strong> Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion erarbeitet, die das <strong>Arbeit</strong>en mit diesem<br />

Heft erleichtern sollen <strong>und</strong> hier ebenfalls abgedruckt sind (siehe Seite 33ff). Zudem gibt es<br />

für die Städte Delmenhorst <strong>und</strong> Wilhelmshaven Beiblätter mit ortsspezifischen Daten. Sie<br />

sind auf Anfrage erhältlich (siehe Adressen auf <strong>der</strong> Rückseite des Umschlags).<br />

Wir danken Ulrich Schachtschnei<strong>der</strong> für seine <strong>Arbeit</strong>.<br />

Manfred Klöpper<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> DGB-Region<br />

Oldenburg/Wilhelmshaven<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Bernd Bischoff<br />

Regionalleiter<br />

ARBEIT UND LEBEN Nds. e. V., Region Nord<br />

Vorwort<br />

5


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

6 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Einleitung<br />

Die Schere zwischen privatem Reichtum <strong>und</strong> öffentlicher Armut öffnet sich weiter. So wie alle<br />

öffentlichen Haushalte sind auch die <strong>Kommunalfinanzen</strong> durch die ökonomischen <strong>und</strong> politischen<br />

Entwicklungen in einer krisenhaften Situation hineinmanövriert worden. In jüngster<br />

Zeit nahmen die Einbrüche bei den Einnahmen dramatische Formen an, so dass eine<br />

Gemeindefinanzreform von allen gesellschaftlichen Gruppen für nötig gehalten wird. Ein<br />

erster Entwurf <strong>der</strong> daraufhin eingerichteten Kommission liegt bereits vor <strong>und</strong> könnte schon<br />

Anfang 2004 zur Anwendung gelangen.<br />

Gewerkschafter/Innen sind mit dem Thema Gemeindefinanzen in ihrem betrieblichen <strong>und</strong><br />

außerbetrieblichen Alltag ständig konfrontiert. Dies ist beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Fall, wenn zum Beispiel<br />

• um Tarife im öffentlichen Dienst gestritten wird,<br />

• Sozialhilfeempfänger zu niedrigst bezahlter <strong>Arbeit</strong> gezwungen werden sollen, um die<br />

kommunalen Ausgaben für Leistungen für Sozialhilfe zu senken,<br />

• kommunale Einrichtungen Personal <strong>und</strong> Sachmittel einsparen o<strong>der</strong> geschlossen werden<br />

sollen,<br />

• Zuschüsse gekürzt werden,<br />

• kommunale Investitionen thematisiert werden.<br />

Zudem haben Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Einnahme- sowie <strong>der</strong> Ausgabenstruktur immer auch verteilungs-<br />

<strong>und</strong> sozialpolitische Wirkungen. Allein dies erfor<strong>der</strong>t ein hohes Interesse von<br />

GewerkschafterInnen an Finanzpolitik – auf welcher Ebene auch immer.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wird es dann häufig schnell schwierig <strong>und</strong> unübersichtlich. Bei je<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

kontern Experten mit Zahlen, die angeblich keine an<strong>der</strong>e Lösung zulassen. Der vermeintliche<br />

Sachzwang zum Kürzen bestimmter Leistungen wird so konstruiert.<br />

Um hier Aussagen einschätzen zu lernen, gegebenenfalls argumentativ gegenhalten zu können,<br />

muss man nicht seinerseits Experte werden. Nötig ist allerdings, einen Überblick zu<br />

gewinnen über einige wesentliche Gr<strong>und</strong>lagen kommunalen Finanzwesens:<br />

• Struktur (Arten) von Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben,<br />

• Größenordnung verschiedener Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben,<br />

• Entwicklung verschiedner Ausgaben/ Einnahmen in den letzten Jahren.<br />

Mit diesem Basiswissen können die aktuellen Reformvorschläge zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

<strong>Kommunalfinanzen</strong> besser eingeschätzt werden – mit ihren Auswirkungen auf die Haushaltsbilanzen<br />

<strong>und</strong> ihre verteilungspolitische Wirkung.<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Einleitung<br />

7


Einleitung<br />

In diesem Heft wird vor allem die Struktur kommunaler Haushalte in Deutschland dargelegt,<br />

wie sie sich im Mittel gestaltet. Dabei wird wenig Wert auf absolute Zahlen gelegt. Es geht<br />

vor allem um Anteile, Größenverhältnisse, um Tendenzen. Örtlich werden die Verhältnisse<br />

natürlich mehr o<strong>der</strong> weniger abweichend sein. Zur Einschätzung spezifischer Verhältnisse<br />

o<strong>der</strong> Schwierigkeiten im eigenen Kreis bzw <strong>der</strong> eigenen Stadt ist ein Vergleich <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />

Verhältnisse mit den eigenen hilfreich. Für einige Kreise bzw. kreisfreie Städte<br />

im DGB-Bezirk Wilhelmshaven/Oldenburg ist die Struktur ihrer kommunaler Ausgaben <strong>und</strong><br />

Einnahmen exemplarisch herausgearbeitet <strong>und</strong> in einem Beiblatt dokumentiert worden.<br />

Es wird sich zeigen, dass die jetzige Situation nicht durch noch so strikte Sparanstrengungen<br />

zu beheben ist. Wer wesentliche Qualitäten des unmittelbaren <strong>Leben</strong>sumfeldes für alle<br />

Bürger sowie die kommunale Handlungsfähigkeit erhalten möchte, wird sich darüber<br />

Gedanken machen müssen, wie die Einnahmeseite verbessert werden kann. Hier bieten sich<br />

in diesem produktiven <strong>und</strong> reichen Land – entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt –<br />

ungenutzte Möglichkeiten.<br />

8 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben kommunaler Haushalte<br />

Kommunen, Land <strong>und</strong> B<strong>und</strong><br />

Die Kommunen sind keine eigene Staatsebene. Sie sind den Län<strong>der</strong>n zuzurechnen.<br />

B<strong>und</strong>/Län<strong>der</strong> können Kommunen wegen ihrer Gesetzgebungskompetenz<br />

zur Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten.<br />

Sie haben zudem eigenverantwortlich zu regelnde Aufgaben: Sie sind verantwortlich<br />

für Sicherstellung eines bürgernahen <strong>und</strong> bedarfsgerechten Angebots<br />

an sozialen Einrichtungen <strong>und</strong> Dienstleistungen.<br />

Die kommunale Selbstverwaltung ist im Gr<strong>und</strong>gesetz garantiert. Deshalb erhalten<br />

die Kommunen Finanzhoheit <strong>und</strong> haben ein Recht auf angemessene Mittelausstattung.<br />

Aus <strong>der</strong> Selbstverwaltung ergibt sich aber auch eine finanzielle<br />

Eigenverantwortung. Aus ihr leitet sich etwa das Recht auf „wirtschaftsbezogene<br />

Einnahmequellen” (mit Hebesatzrecht) ab.<br />

Einnahmen <strong>der</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Gemeindeverbände 2002 (Ost <strong>und</strong> West)<br />

Werte für das gesamte B<strong>und</strong>esgebiet. Eigene Zusammenstellung nach Berechnungen <strong>und</strong> Schätzungen für 2002<br />

(nach DIW Berlin sowie Prognose <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esvereinigung <strong>der</strong> kommunalen Spitzenverbände)<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben<br />

9


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Einnahmen kommunaler Haushalte<br />

Die Grafik auf <strong>der</strong> vorherigen Seite zeigt die Verteilung <strong>der</strong> einzelnen Einnahmequellen<br />

aller Gemeinden <strong>und</strong> Kreise (= Gemeindeverbände) im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet.<br />

Die Gemeinden <strong>und</strong> Gemeindeverbände erhalten ihre Einnahmen im<br />

wesentlichen aus folgenden Arten von Quellen:<br />

• Anteile aus Steuern des B<strong>und</strong>es, Zuweisungen vom Land 50%<br />

• Eigene Steuern 19%<br />

• Gebühren, Beiträge 11%<br />

• Wirtschaftliche Tätigkeiten, Verkäufe 11%<br />

Die Einnahmequellen gestalten sich im einzelnen wie folgt:<br />

� Gewerbesteuer – Prozentangaben immer bezogen auf Gesamteinnahmen: 12 %<br />

- Schlüssel:<br />

Gewerbeertrag x Steuermesszahl x Hebesatz<br />

• Gewerbeertrag: Gewinn nach Abzügen (z. B. Verluste aus früheren Jahren)<br />

• Steuermesszahl:<br />

- Kapitalgesellschaften: 5%,<br />

- Personengesellschaften: 1 – 5% je 12.500 €,<br />

- Freibetrag: 24.500 €<br />

• Hebesatz:<br />

von Gemeinde festzulegen Schnitt im Jahr 1999: 392% (West), 356% (Ost)<br />

Streuung: 97% >250% (West)<br />

83% >250% (Ost)<br />

• Zerlegung auf mehrere Kommunen möglich (nach Höhe <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slöhne)<br />

• Bei Personenunternehmen: Pauschalanrechnung auf ESt<br />

• Gewerbesteuerumlage an B<strong>und</strong> (28%) nach nivellierten Hebesätzen<br />

Probleme:<br />

• Konjunkturabhängig bei reiner Ertragsbesteuerung<br />

• Tendenz zur Großbetriebssteuer<br />

• Anfälligkeit gegenüber kurzfristigen Unternehmensentscheidungen<br />

(Verlagerung, Umgruppierung)<br />

10 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


� Gr<strong>und</strong>steuer 6 %<br />

• Forstwirtschaftlich: Gr<strong>und</strong>steuer A<br />

übrige: Gr<strong>und</strong>steuer B (96,6%)<br />

• Schlüssel:<br />

Einheitswert x Messzahl x Hebesatz<br />

• Einheitswerte von 1964 bzw. 1935 (Ost)<br />

• Messzahl: z. B. 3,5% für ein Einfamilienhaus<br />

• Hebesatz: von Gemeinde festzulegen. Schnitt 1999: 366% (West),<br />

372% (Ost)<br />

• darf auf Mieter überwälzt werden<br />

� Sonstige Gemeindesteuern


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

• Ausgleich von Steuerkraftunterschieden <strong>und</strong> unterschiedlichen Bedarfen:<br />

- Bedarfsindikatoren:<br />

- Hauptansatz: Einwohner<br />

- Nebenansätze: Soziallasten, <strong>Arbeit</strong>slose, Flächen, Schüler u. a.<br />

• Spezielle Erstattungen <strong>und</strong> Zuweisungen<br />

- bestimmte Schulen, Jugendschutz, Bauüberwachung u. a.<br />

- Erstattung von Zahlungen für Wohngeld<br />

- Anteilige Sozialhilfe<br />

� Investitionszuweisungen 5 %<br />

• Zuweisungen über Län<strong>der</strong><br />

• einmalig zweckgeb<strong>und</strong>en, Anteilsfinanzierung (in Vermögenshaushalt)<br />

• an Unternehmen<br />

� Gebühren <strong>und</strong> Beiträge 11%<br />

• Gebühren<br />

- für direkte Gegenleistungen<br />

z.B.: Verwaltungsgebühren (Beurk<strong>und</strong>ungen, Genehmigungen)<br />

z.B.: Benutzungsgebühren (Müll, Straßenreinigung, Bä<strong>der</strong>, Musikschulen,<br />

Friedhöfe, Abwasser)<br />

- Höhe „im angemessenen Verhältnis zum Nutzen”<br />

- sozial staffelbar („Leistungsfähigkeitsprinzip”)<br />

• Beiträge:<br />

z. B.: Ausbaubeiträge für Verkehrsanlagen/ Versorgungsanschlüsse (in<br />

Vermögenshaushalt)<br />

� Sonstiges 11 %<br />

Darunter:<br />

• Verkäufe von Gr<strong>und</strong>stücken, Unternehmen – 5% (in Vermögenshaushalt)<br />

� Wirtschaftliche Betätigung 6 %<br />

• Laufende wirtschaftliche Tätigkeiten – Verkauf, Mieten, Pachten,<br />

Konzessionsabgaben, Gewinnanteile von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

� Kreditaufnahme 3%<br />

• Letztes Mittel, nach Gemeindehaushaltsrecht nur zur Finanzierung von<br />

Investitionen (in Vermögenshaushalt)<br />

12 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Kommunale Ausgaben – Arten<br />

Die Struktur kommunaler Ausgaben, aufgeteilt nach Ausgabenarten, stellt sich<br />

wie folgt dar:<br />

� Personal 26 %<br />

• Löhne, Gehälter aller Beschäftigten <strong>der</strong> Stadtverwaltung (incl.<br />

Straßenreinigung, Kin<strong>der</strong>garten etc.)<br />

� Sachaufwand 19 %<br />

• Laufende Sachmittel, alle Bereiche<br />

� Soziale Leistungen (Übertragungen) 19 %<br />

Darunter:<br />

• Sozialhilfe nach BSHG: Hilfe zum <strong>Leben</strong>sunterhalt ca. 7%<br />

Ausgaben <strong>der</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Gemeindeverbände 2002 (Ost <strong>und</strong> West)<br />

Quelle: siehe Grafik “Einnahmen”<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben<br />

13


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

• Sonstige Leistungen nach BSHG<br />

(Krankenhilfe, Einglie<strong>der</strong>ungen für Behin<strong>der</strong>te..) ca. 7%<br />

• Leistungen nach Asylberwerberleistungsgesetz ca. 1%<br />

• Leistungen für Kriegesopfer u. ä. ca. 1%<br />

• Jugendhilfeleistungen nach KJHG (Heime, betreutes Wohnen)... ca. 3%<br />

(Prozentangaben beziehen sich auf Gesamtausgaben)<br />

� Soziale Einrichtungen 5 %<br />

• Pflegeeinrichtungen<br />

• Wohnungslose<br />

• Selbsthilfegruppen u. a.<br />

• Jugendhilfeeinrichtungen (Freizeitstätten, Krippen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>gärten)<br />

� Sachinvestitionen 16%<br />

• Zuschüsse (z.B. Krankenhausumlage, Erschließungsbeiräge an<br />

Energieversorger, Sporteinrichtungen)<br />

• Vermögenserwerb (Gr<strong>und</strong>stücke, Ausstattungen)<br />

• Baumaßnahmen<br />

� Zinsen 4 %<br />

� Sonstiges 10 %<br />

Darunter<br />

• Darlehen, Beteiligungen, Tilgungen 2%<br />

• Unternehmen 3%<br />

• Erwerbungen 2%<br />

(Prozentangaben beziehen sich auf Gesamtausgaben)<br />

14 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Vermögens- <strong>und</strong> Verwaltungshaushalt<br />

Kommunale Haushalte sind aufgeteilt in Verwaltungs- <strong>und</strong> Vermögenshaushalt.<br />

• Im Vermögenshaushalt werden alle Ein- <strong>und</strong> Ausgaben erfasst, die für<br />

die Entwicklung des kommunalen Vermögens relevant sind, z.B. Kauf<strong>und</strong><br />

Verkauf, Kosten für Baumaßnahmen <strong>und</strong> für größere Einrichtungsgegenstände,<br />

Tilgungen.<br />

• Der Verwaltungshaushalt umfasst alle an<strong>der</strong>en Ausgaben <strong>und</strong> Einnahmen.<br />

Er regelt den laufenden Betrieb, also z. B. Personalausgaben, laufende<br />

Sachmittel, Sozial- <strong>und</strong> Jugendhilfe, Zuschüsse <strong>und</strong> Zuweisungen,<br />

Zinszahlungen<br />

• Beide Teile des Haushaltes sind getrennt zu bilanzieren<br />

• Überschüsse aus dem Verwaltungshaushalt müssen dem Vermögenshaushalt<br />

zugeführt werden. Bei nicht ausgeglichenem Verwaltungshaushalt<br />

ist mindestens ein Pflichtteil in Höhe <strong>der</strong> Tilgungsleistungen an den<br />

Vermögenshaushalt zu übertragen.<br />

Die Vermögenshaushalte <strong>der</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Gemeindeverbände <strong>der</strong> BRD im<br />

Jahre 1999 beliefen sich insgesamt auf etwa 41 Mrd., das sind etwa 36% des<br />

Einnahmevolumens <strong>der</strong> Verwaltungshaushalte (114 Mrd. €) * .<br />

Vermögenshaushalte<br />

Gemeinden <strong>und</strong> Gemeindeverbände 1999 *<br />

* Eigene Zusammenstellung <strong>und</strong> Berechnung nach Angaben des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes 1999<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben<br />

15


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Kreis – Gemeinden – Land<br />

Die Struktur <strong>der</strong> Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben, wie sie oben für alle Gemeinden<br />

prinzipiell dargestellt worden ist, gilt gleichermaßen für kreisfreie Städte sowie<br />

für Kreise mit ihren kreisangehörenden Gemeinden. Bei den Kreisen existiert<br />

jedoch eine Aufgabenteilung zwischen Gemeinden <strong>und</strong> Kreis.<br />

• Die Kommunen sind entwe<strong>der</strong> kreisfreie Städte o<strong>der</strong> kreisangehörige<br />

Gemeinden. Der Landkreis (ein „Gemeindeverband”) <strong>und</strong> die Gemeinden<br />

übernehmen zusammen die gleichen Aufgaben, die kreisfreie Städte<br />

auch haben.<br />

• Die Gemeinden finanzieren sich im Prinzip ebenso wie die kreisfreien<br />

Städte. Sie haben jedoch an den Landkreis eine Kreisumlage (ca. 30%)<br />

abzugeben. Dafür deckt <strong>der</strong> Landkreis bestimmte Zentrale Aufgaben ab.<br />

Zu den Pflichtleistungen gehören in <strong>der</strong> Regel u.a. Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe,<br />

Abfallbeseitigung, Krankenhausversorgung, Kreisstraßen, Schulen<br />

des Sek<strong>und</strong>arbereichs I <strong>und</strong> II, Berufs- <strong>und</strong> Son<strong>der</strong>schulen, Bauaufsicht,<br />

Ges<strong>und</strong>heitsamt, Veterinärwesen, Umweltschutz. Freiwillige Leistungen<br />

sind Volksbildung, Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung, Kulturpflege. (Diese gilt für<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen; die Aufgaben variieren je nach B<strong>und</strong>esland). Der Landkreis<br />

finanziert sich ansonsten wie kreisfreie Städte.<br />

• Der Landkreis als Gemeindeverband erhebt keine eigenen Steuern <strong>und</strong><br />

bekommt auch keine Anteile an den B<strong>und</strong>essteuern. Ansonsten hat er<br />

Einnahmen wie kreisfreie Städte auch.<br />

16 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Bilanzen kommunaler Aufgabenbereiche<br />

Um zu beurteilen, wie einzelne kommunale Tätigkeiten finanziert sind, welche<br />

Zuschüsse sie erfor<strong>der</strong>n <strong>und</strong> welche Dimension <strong>der</strong>en Ausgabe- <strong>und</strong> Einnahmevolumen<br />

aufweist, sind im folgenden wesentliche Aufgabenbereiche mit <strong>der</strong><br />

Zusammensetzung ihrer Einnahmen, Ausgaben sowie ihres „Zuschussbedarfes”<br />

(in <strong>der</strong> Grafik gestrichelt angedeutet) aus allgemeinen Mitteln dokumentiert.<br />

Allgemeine Verwaltung<br />

• Gemeindeorgane<br />

• Finanzverwaltung<br />

• Sonst. allgemeine Verwaltung<br />

Legende:<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Öffentliche Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung<br />

• Öffentliche Ordnung<br />

• Umweltschutz<br />

• Feuerschutz/Rettungsdienste<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben<br />

17


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Schulen<br />

• Schulverwaltung<br />

• Schulen<br />

• Schülerbeför<strong>der</strong>ung<br />

Sozialhilfe nach BSHG:<br />

laufende Übertragungen<br />

• Hilfe zum <strong>Leben</strong>sunterhalt (ca. 50%)<br />

• Sonstige Leistungen nach dem BSHG<br />

(Krankenhilfe, Einglie<strong>der</strong>ungshilfen f.<br />

Behin<strong>der</strong>te)<br />

Kultur<br />

• Theater, Konzerte, Musikpflege<br />

• Volksbildung<br />

• Museen, Archive, Forschung,<br />

Kulturpflege<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Sport, Erholung<br />

• Krankenhäuser<br />

• Sonstige Einrichtungen <strong>der</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitspflege/ - verwaltung<br />

• Sportstätten/ Badeanstalten<br />

• Park- <strong>und</strong> Gartenanlagen<br />

18 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Jugendhilfe<br />

• Jugendhilfe nach dem KJHG<br />

• Einrichtungen <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />

Bau <strong>und</strong> Verkehr<br />

• Bauverwaltung<br />

• Städteplanung/Vermessung/Bauordnung<br />

• Wohnungswesen<br />

• Gemeinde- <strong>und</strong> Kreisstrassen<br />

• Wasserabläufe<br />

• Straßenbeleuchtung, Reinigung<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Öffentliche Einrichtungen<br />

• Abwasser, Abfallbeseitigung<br />

• Sonstige Gemeinschaftsdienste<br />

• Fremdenverkehr+Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />

(ca. 10%)<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben<br />

19


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Kommunale Aufgabenbereiche<br />

Die Einzelbilanzen zeigen, dass fast alle kommunalen Aufgabenbereiche zu<br />

weit mehr als 50% aus allgemeinen Mitteln – also aus den Steuern <strong>und</strong> aus allgemeinen<br />

Finanzzuweisungen getragen werden müssen. Nur die öffentlichen<br />

Dienstleistungen Abwasser, Müllabfuhr etc. können weitgehend durch entsprechend<br />

angepasste Gebühren finanziert werden.<br />

Der gesamte Bereich <strong>der</strong> Übertragung von sozialen Leistungen (im Wesentlichen<br />

Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe <strong>und</strong> Jugendhilfe) ist von den Kommunen kaum<br />

beeinflussbar <strong>und</strong> wird nur zum Teil erstattet. Allerdings ist zu beachten, dass<br />

die ständige Hilfe zum <strong>Leben</strong>sunterhalt (also die Zahlungen, die im allgemeinen<br />

Sprachgebrauch als Sozialhilfe bekannt sind), nur etwa 7% (bzw. nach Abzug<br />

von Erstattungen ca. 5%) des Gesamthaushalts betragen. Ein Großteil <strong>der</strong><br />

sozialen Leistungen wird für Einglie<strong>der</strong>ungshilfe (Behin<strong>der</strong>te) <strong>und</strong> für Jugendhilfe<br />

aufgewandt.<br />

20 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Krise</strong><br />

Das Gemeindefinanzsystem durchlebt seit längerem eine krisenhafte Zuspitzung.<br />

Die Ursache dafür ist im Wesentlichen in sinkenden Einnahmen zu verorten.<br />

Entgegen weit verbreiteter Meinungen hat es keine Explosion <strong>der</strong> Ausgaben<br />

gegeben. Die Ausgaben stiegen zwar absolut gesehen, also in den jeweiligen<br />

Preisen, bis etwa 1995 an.<br />

Dieser Anstieg verlief jedoch im Rahmen <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> gesamtwirtschaftlichen<br />

Leistung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im selben Zeitraum etwa im<br />

gleichen Verhältnis. Der Anteil <strong>der</strong> kommunalen Ausgaben am BIP wurde ab<br />

1995 hingegen wie<strong>der</strong> geringer.<br />

Auch in absoluten Zahlen ist seit Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre ein Rückgang zu verzeichnen,<br />

wenn die Inflation berücksichtigt wird (hier umgerechnet auf Preise<br />

von 1995).<br />

Nettoausgaben, ohne beson<strong>der</strong>e Finanzierungsvorgänbge, Stat. B<strong>und</strong>esamt. Anteil am BIP = Ausgaben/BIP (eigene Berechnungen)<br />

Quelle: Deutscher Städtetag, Preisbereinigung; eigene Berechnung<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Krise</strong><br />

21


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Ausgaben für soziale Leistungen<br />

Die Ausgaben für soziale Leistungen, die etwa zur Hälfte Ausgaben nach dem<br />

B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz (BSHG) sind, steigen bis Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> steigenden <strong>Arbeit</strong>slosenzahlen deutlich an, auch in konstanten Preisen. Danach<br />

findet ein leichter Rückgang statt, <strong>der</strong> durch die Einführung <strong>der</strong> Pflegeversicherung<br />

verursacht ist. Danach stagnieren die Ausgaben. Im Verhältnis zur<br />

gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> kommunalen Ausgaben<br />

für soziale Sicherung etwas mo<strong>der</strong>ater: Von 1,4 % des BSP im Jahre 1980 bis<br />

auf 2,2 % im Jahre 1995 bzw. 1,8% heute.<br />

Die Ausgaben nach dem BSHG sind übrigens nur zum Teil Hilfen zum <strong>Leben</strong>sunterhalt.<br />

Einen ebenso großen Anteil machen inzwischen die Einglie<strong>der</strong>ungshilfen<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus.<br />

Quelle: Stat. B<strong>und</strong>esamt, Anteil am BSP = Ausgaben/BSP (eigene Berechnung), Preisbereinigung; eigene Berechnung<br />

Quelle: Dt. Städte- <strong>und</strong> Gemeindeb<strong>und</strong>: DStGB-Bilanz 2002/3 (* geschätzt)<br />

22 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Personalausgaben<br />

Die Personalausgaben steigen bis Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre in jeweiligen <strong>und</strong> in<br />

konstanten Preisen an. Seit dem stagnieren sie. Die Grafik zeigt hier nur die<br />

Werte für Westdeutschland.<br />

Das Niveau <strong>der</strong> Personalausgaben in Ostdeutschland (gemessen an den Personalausgaben<br />

pro Einwohner) ist nur geringfügig höher als im Westen (106 %),<br />

nachdem es in den letzten Jahren einen stetigen Rückgang gegeben hat: 1992<br />

lagen die ostdeutschen Personalausgaben noch um fast die Hälfte höher als im<br />

Westen (143%).<br />

Quelle: Berechnungen des Städtetages nach Angaben des Stat. B<strong>und</strong>esamtes, 2002; Schätzung Preisbereinigung: eigene Berechnung<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Krise</strong><br />

23


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Eine Einnahmekrise<br />

Die Kommunen haben kein Ausgabenproblem, son<strong>der</strong>n ein Einnahmeproblem.<br />

Seit 1995 sinken die Gesamteinnahmen <strong>der</strong> Kommunen. Von 1995 bis 2002<br />

gingen sie im Westen um 5,5 % zurück (in Preisen von 1995). Im Osten sanken<br />

sie von 1995 bis 2002 sogar um 17 % (in Preisen von 1995). Die Ursachen liegen<br />

im Wesentlichen an Min<strong>der</strong>einnahmen bei <strong>der</strong> Gewerbesteuer <strong>und</strong> beim<br />

kommunalen Anteil an <strong>der</strong> Einkommenssteuer.<br />

Quelle: Berechnungen des Städtetages nach Angaben des Stat. B<strong>und</strong>esamtes, 2002; Schätzung Preisbereinigung: eigene Berechnung<br />

Quelle: Berechnungen des Städtetages nach Angaben des Stat. B<strong>und</strong>esamtes, 2002; Schätzung Preisbereinigung: eigene Berechnung<br />

24 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Steuern runter<br />

Ob in <strong>der</strong> Presse o<strong>der</strong> am Stammtisch. „Steuern runter” ist eine For<strong>der</strong>ung, die<br />

überall ankommt <strong>und</strong> zunächst plausibel erscheint. Würde man im Supermarkt<br />

die K<strong>und</strong>en befragen: „Wollen sie weniger bezahlen?”, das Ergebnis wäre genauso<br />

klar.<br />

Für die Gemeinden ist eine Politik <strong>der</strong> Steuersenkung seit etwa 10 Jahren Realität.<br />

Ihre wichtigsten Einnahmequellen gehen zurück:<br />

� Anteil an <strong>der</strong> Einkommenssteuer – 11% 1<br />

Ursachen:<br />

• Sinkende Steuersätze verringern Verteilungsmasse (z.B. Spitzensteuersatz)<br />

• Min<strong>der</strong>einnahmen durch Verrechnung b<strong>und</strong>espolitisch motivierter Zuschüsse<br />

(EHZ, Kin<strong>der</strong>geld, Zulagen zur privaten Altersvorsorge etc.) mit<br />

dem Einkommensteueraufkommen<br />

• Schlechtere Konjunktur<br />

� Gewerbesteuer – 21%<br />

Ursachen:<br />

• Ausgeweitete Möglichkeiten, Steuer-Schlupflöcher zu nutzen<br />

(“Gestaltbarkeit”)<br />

• schlechtere Konjunktur<br />

• Entwicklung hin zur Besteuerung weniger „Großbetriebe” mit entsprechend<br />

unstetigen Gewinnverläufen<br />

� Zuweisungen (allgemeine <strong>und</strong> Investitionszuweisungen) – 1% 2<br />

Ursachen:<br />

• Verringerte Verteilungsmasse bei Land <strong>und</strong> B<strong>und</strong> durch<br />

- Einbruch bei <strong>der</strong> Körperschaftssteuer<br />

- Wegfall <strong>der</strong> den Län<strong>der</strong>n zu Gute kommenden Vermögenssteuer<br />

- schlechtere Konjunktur<br />

Die Gemeinden <strong>und</strong> mit ihnen die meisten ihrer Bürger <strong>und</strong> Bürgerinnen leiden<br />

unter <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Steuersenkungen, die vor allem Besserverdienenden zu Gute<br />

kommen. Folge ist die Einschränkung o<strong>der</strong> Verteuerung von kommunalen (<strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>en) Leistungen. Dies spüren in <strong>der</strong> Regel Menschen mit geringerem Einkommen.<br />

Ihre relativ geringe Steuerersparnis wird so per saldo aufgehoben o<strong>der</strong><br />

führt zu einer realen Mehrbelastung ihrer alltäglichen Ausgaben (z.B. für Kin<strong>der</strong>betreuung,<br />

Schulbücher, Klassenfahrten, Benutzung von Sportanlagen etc.)<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Entwicklung <strong>und</strong> <strong>Krise</strong><br />

Anmerkungen:<br />

1 Entwicklung von 1992 bis 2002 (in<br />

Preisen von 1995<br />

2 von 1992 bis 1999<br />

25


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Kopfsteuer reloaded<br />

In dieser Not werden vielerorts kommunale Versorgungseinrichtungen privatisiert,<br />

um kurzfristig Geld in die Kassen zu spülen. Das ist zunächst verständlich,<br />

verstärkt jedoch die verteilungspolitische Schieflage: Früher o<strong>der</strong> später werden<br />

sich die Investoren ihre Investition, z. B. in ein kommunales Abwassernetz über<br />

entsprechend höhere Gebühren zurückholen. Das bisherige Eigentum muss von<br />

den Gemeindebürgern ein zweites Mal finanziert werden. Bei vielen ehedem<br />

kommunalen Diensten trifft dies jeden Bürger gleichmäßig: Eine Kopfsteuer!<br />

Folge: Sinkende Investitionen<br />

Unter den Bedingungen sinken<strong>der</strong> Einnahmen mussten die Gemeinden die<br />

Ausgaben für Sachinvestitionen stark zurückfahren Von 1992 bis 2000 ist ein<br />

Rückgang um etwa 30% zu verzeichnen, mit negativen Auswirkungen auf die<br />

Qualität von Verkehrsinfrastruktur, Schulen, Bä<strong>der</strong>n <strong>und</strong> an<strong>der</strong>em.<br />

Das difu (Deutsches Institut für Urbanistik) hat für den Zeitraum von 2000 bis<br />

2009 für die alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> einen Investitionsbedarf in Höhe von ca. 450<br />

Mrd. € errechnet (davon Verkehr 27 %, soziale Infrastruktur 20 %, Wasserversorgung<br />

u. Umweltschutz 20 %). Dies entspräche einer Aufstockung <strong>der</strong> Investitionen<br />

um 40-50 % im Vergleich zu heute. Diese Ergebnisse wi<strong>der</strong>legen die<br />

oft geäußerte Sättigungsthese, nach <strong>der</strong> eine Aufstockung kommunaler Investitionen<br />

„purer Luxus” seien.<br />

Quelle: Stat. B<strong>und</strong>esamt, Anteil am BSP = Ausgaben/BSP (eigene Berechnung), Preisbereinigung; eigene Berechnung<br />

26 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen<br />

Die Notwendigkeit einer Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen ist angesichts <strong>der</strong> dramatischen<br />

Lage vieler Kommunen inzwischen überall anerkannt. Seit 2002 besteht<br />

eine Kommission zur Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen unter Fe<strong>der</strong>führung<br />

des B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen (BMF), in <strong>der</strong> u. a. Vertreter <strong>der</strong> Gemeinden,<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, des Handwerks <strong>und</strong> <strong>der</strong> Industrie sowie <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

mitwirken. Die Reformvorschläge gehen in unterschiedlichste Richtungen.<br />

Vorschlag <strong>der</strong> Kommunalen Spitzenverbände<br />

Der Deutsche Städte- <strong>und</strong> Gemeindeb<strong>und</strong> (DStGB) for<strong>der</strong>t sowohl eine Reduzierung<br />

<strong>der</strong> kommunalen Leistungsverpflichtungen als auch eine Anhebung <strong>der</strong><br />

kommunalen Einnahmen.<br />

DStGB: Mehr kommunale Einnahmen<br />

Reform <strong>der</strong> Gewerbesteuer<br />

• Einbeziehung von Freiberuflern <strong>und</strong><br />

Selbständigen<br />

• Ausweitung <strong>der</strong> Bemessungsgr<strong>und</strong>lage um<br />

gewinnunabhängige Komponenten<br />

- Zinsen<br />

- 25% <strong>der</strong> Mieten <strong>und</strong> Pachten für bewegliche<br />

Güter<br />

- 75% <strong>der</strong> Mieten <strong>und</strong> Pachten für unbewegliche<br />

Güter<br />

- Freibetrag von 25.000 € für Zinsen/Mieten,<br />

Pachten<br />

- Abschaffung des Staffeltarifs<br />

- Ertragsabhängiger Abbau des Freibetrags<br />

für Personenunternehmen<br />

- Senkung <strong>der</strong> Steuermesszahlen, differenziert<br />

nach Kapitalgesellschaften <strong>und</strong><br />

Personenunternehmen<br />

• Senkung <strong>der</strong> Gewerbesteuerumlage<br />

Hebesatzrecht auf den gemeindlichen<br />

Einkommenssteueranteil<br />

• Wirkung: Verringert die Abhängigkeit von<br />

Zuweisungen <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t „Identität von<br />

Nutzern, Zahlern <strong>und</strong> Entschei<strong>der</strong>n” – wirkt<br />

einer „Anspruchsinflation” entgegen<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen<br />

... <strong>und</strong> weniger Verpflichtungen<br />

• Abbau von „kostentreiben<strong>der</strong>” Standardsetzung<br />

durch Land, B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Rechtsprechung<br />

(z. B. technische Regelwerke, Unfallverhütung,<br />

Schulausstattung, Kin<strong>der</strong>gärten)<br />

• Die Reformvorhaben zur <strong>Arbeit</strong>slosen- <strong>und</strong><br />

Sozialhilfe müssen Gemeinden entlasten.<br />

Keine Zuständigkeit für das neue <strong>Arbeit</strong>slosengeld<br />

II („Erwerbsfähige” ohne Anspruch auf<br />

Leistungen aus <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung)<br />

• Verankerung des „Konnexitätsprinzips” („Wer<br />

bestellt, bezahlt”) im Gr<strong>und</strong>gesetz. Dadurch<br />

sollen in Zukunft fehlende Kompensationen<br />

vom B<strong>und</strong> für Belastungen durch reformierte<br />

B<strong>und</strong>esgesetze nicht mehr möglich sein. Dazu<br />

gehört eine obligatorische Anhörung <strong>der</strong> Kommunen,<br />

eine Konsultationspflicht bei Gesetzgebungsverfahren<br />

27


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

Abschaffung<br />

• <strong>der</strong> Gewerbesteuer<br />

• des Anteils an <strong>der</strong> Einkommenssteuer<br />

Einführung eines kommunalen Zuschlags<br />

• auf Einkommens- <strong>und</strong> Körperschaftssteuer<br />

• Hebesatzrecht<br />

Vorschlag des BDI (B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> deutschen Industrie)<br />

Der BDI for<strong>der</strong>t die Abschaffung <strong>der</strong> Gewerbesteuer <strong>und</strong> des Gemeindeanteils<br />

an <strong>der</strong> Einkommenssteuer. Als Ersatz sollen die Kommunen einen Zuschlag auf<br />

die Einkommens- <strong>und</strong> Körperschaftssteuer erheben dürfen.<br />

BDI-Modell:<br />

Einkommens- <strong>und</strong> Körperschaftssteuer<br />

• Senkung <strong>der</strong> Einkommenssteuer<br />

• Erhöhung <strong>der</strong> Körperschaftssteuer<br />

• die Summe <strong>der</strong> beiden Maßnahmen soll für<br />

die Gesamtheit <strong>der</strong> Steuerpflichtigen belastungsneutral<br />

sein<br />

28 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Wirkungen<br />

In <strong>der</strong> Kommission zur Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen sind die Modelle von<br />

DStGB <strong>und</strong> BDI durchgerechnet worden, um ihre Wirkungen auf Aufkommen<br />

<strong>und</strong> Belastungen für einzelnen Gruppen zu ermitteln:<br />

Nach <strong>der</strong> Modellrechnung<br />

• führt das Kommunalmodell (DStGB) neben einer Erhöhung <strong>der</strong> kommunalen<br />

Steuerbasis auch zu einer Verschiebung <strong>der</strong> Lasten einzelner Gruppen<br />

von Steuerzahlern. Selbständige werden stärker zur Finanzierung<br />

kommunaler Leistungen herangezogen, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

sinkt bei diesem Modell leicht.<br />

• hätte das BDI-Modell zur Folge, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> bisher Gewerbesteuerpflichtigen<br />

sich um etwa ein Drittel verringert, <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmeranteil<br />

dagegen sich stark erhöhen würde.<br />

Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen<br />

Grafik: Nur Strukturverän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> kommunalen Steuerbasis (ohne Gr<strong>und</strong>steuer, Umsatzsteuer <strong>und</strong> sonstige Gemeindesteuern)<br />

Quelle: Gemeiondefinanzkommission 2003, <strong>Arbeit</strong>sgruppe Quantifizierung<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

29


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

ver.di: Eckpunkte einer Gemeindefinanzreform<br />

Die Gewerkschaft ver.di lehnt mehr Wettbewerb bei den kommunalen Finanzen,<br />

wie er nach dem BDI-Vorschlag entstehen würde, ab. Schon die bestehenden<br />

Unterschiede zwischen reichen <strong>und</strong> armen Gemeinden bei Ausstattungs<strong>und</strong><br />

Angebotsniveau kommunaler Leistungen sind aus Sicht von ver.di nicht<br />

akzeptabel. Das Ziel <strong>der</strong> Einheitlichkeit <strong>der</strong> <strong>Leben</strong>sverhältnisse hat für ver.di<br />

Priorität. Eine Gemeindefinanzreform muss zudem verteilungsgerecht sein.<br />

Zur Sicherung von Qualität <strong>und</strong> Quantität <strong>der</strong> Gemeindefinanzen for<strong>der</strong>t ver.di<br />

eine Reform mit folgenden Prinzipien:<br />

Sicherung von Qualität <strong>und</strong> Quantität <strong>der</strong> Gemeindefinanzen<br />

durch<br />

• eine verbesserte finanzielle Gr<strong>und</strong>ausstattung<br />

• strukturelle Reformen bei Gewerbe- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>steuer<br />

• eine Ausweitung des kommunalen Anteils an den Gemeinschaftssteuern<br />

(Einkommenssteuer <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Umsatzsteuer)<br />

Zur Erreichung <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden Ziele nach Quantität <strong>und</strong> Verteilungsgerechtigkeit<br />

können die bisherigen Elemente <strong>der</strong> Gemeindefinanzierung gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

beibehalten werden:<br />

Elemente <strong>der</strong> Gemeindefinanzierung<br />

• eine eigene Steuer mit Bezug zur lokalen Wirtschaft<br />

• einem einwohner- <strong>und</strong> wohnsitzbezogenem Baustein<br />

• einem bodenbezogenen Element<br />

• <strong>der</strong> Umsatzsteuer als weiterem wirtschaftsbezogenem Element<br />

Diese bestehenden Steuerelemente haben sich von ihrem Prinzip her bewährt,<br />

müssen aber neu ausgestaltet werden:<br />

Durch die Einbeziehung von Freiberuflern wird die Gewerbesteuer auf mehr<br />

Schultern verteilt. Ein Mehraufkommen kann erzielt werden, ohne das die jetzt<br />

noch Gewerbesteuer zahlenden Unternehmen mehr belastet werden.<br />

30 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Gewerbesteuer<br />

• Verbreiterung <strong>der</strong> Bemessungsgr<strong>und</strong>lage d. Reduzierung v. Freibeträgen<br />

• Stopfen von Schlupflöchern<br />

• Erweiterung des Kreises von Steuerpflichtigen, v. a. durch Einbeziehung<br />

von Freiberuflern<br />

Zur Erhöhung <strong>und</strong> zur Verstetigung <strong>der</strong> kommunalen Einnahmen tragen auch<br />

ein höherer Anteil an <strong>der</strong> Umsatzsteuer sowie eine Erhöhung <strong>der</strong> Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steuer bei:<br />

Erhöhung des Anteils an <strong>der</strong> Umsatzsteuer<br />

Vorteile:<br />

• Langsame Zunahme im Zuge <strong>der</strong> allgemeinen Wirtschaftsentwicklun<br />

• Verstetigung durch Konjunkturunabhängigkeit<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steuer<br />

• Aktualisierung <strong>der</strong> Wertbasis<br />

• Verbreiterung <strong>der</strong> Bemessungsgr<strong>und</strong>lage (Abbau von Steuerbefreiungen)<br />

Um mehr Zuweisungen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> für ihre Kommunen zu ermöglichen, hält<br />

ver.di eine Stärkung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>finanzen für nötig.<br />

Verteilungsgerechte Stärkung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>finanzen<br />

• eine verfassungsgemäße Reform <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong><br />

Vermögenssteuer<br />

• eine Erhöhung <strong>der</strong> Erbschaftssteuer. Dabei sollen<br />

Immobilienvermögen nicht länger gegenüber Geldvermögen bevorteilt<br />

werden<br />

Ver.di hält eine B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> ggf. auch Län<strong>der</strong>(mit)finanzierung bei gesamtgesellschaftlichen<br />

Aufgaben für richtig. Es sollte das Äquivalenzprinzip mehr beachtet<br />

werden: „Wer bestellt, bezahlt!”. Wenn Kommunen durch Verän<strong>der</strong>un-<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen<br />

31


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

gen belastet werden, die vom B<strong>und</strong> verantwortet sind, sollten sie auch Kompensationszahlungen<br />

dafür erhalten. Dies gilt etwa für folgende Bereiche:<br />

Finanzierungsbeteiligung durch den B<strong>und</strong>:<br />

• Sozialhilfe<br />

• Familienlastenausgleich<br />

• Kin<strong>der</strong>betreuung (Recht auf Kin<strong>der</strong>gartenplatz)<br />

• Altersversorgung<br />

Zur Stärkung struktur- <strong>und</strong> finanzschwacher Gemeinden mit Kernfunktion für<br />

das Umland sollte zudem über die Verteilung des Einkommenssteueranteils diskutiert<br />

werden:<br />

Stärkung <strong>der</strong> Kernstädte durch neue Verteilung des Anteils an<br />

<strong>der</strong> Einkommenssteuer (ESt.)<br />

• Abschwächung des Wohnsitzprinzips<br />

• Teilweise Verteilung nach <strong>Arbeit</strong>sstätten<br />

32 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion<br />

These 1: Einnahmekrise<br />

Die <strong>Krise</strong> <strong>der</strong> Kommunen ist eine Einnahmekrise. Die Einnahmen <strong>der</strong> Kommunen<br />

halten nicht Schritt mit <strong>der</strong> gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Fragen:<br />

• Wie ist die Einnahmestruktur?<br />

- In <strong>der</strong> BRD/ in unserer Kommune?<br />

• Wie entwickeln sich die Einnahmen?<br />

- In absoluten Zahlen? In inflationsbereinigten Zahlen?<br />

- In <strong>der</strong> BRD/ in unserer Kommune?<br />

• Wie entwickelt sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung?<br />

- Wie entwickelt sich das Verhältnis kommunale Einnahmen –<br />

gesamtwirtschaftliche Entwicklung?<br />

• Wie entwickeln sich die Steuereinnahmen?<br />

- In absoluten Zahlen? In inflationsbereinigten Zahlen?<br />

- In <strong>der</strong> BRD/ in unserer Kommune?<br />

• Wie entwickeln sich Ausgaben?<br />

- Personalkosten?<br />

- Sozialleistungen?<br />

- Investitionen?<br />

- In <strong>der</strong> BRD/ in unserer Kommune?<br />

Material zur Situation b<strong>und</strong>esweit:<br />

• „Ver.di for<strong>der</strong>t eine stabile <strong>und</strong> solidarische Gemeindefinanzierung”<br />

Beschluss des B<strong>und</strong>esvorstandes 18.02.02<br />

• Gemeindefinanzierung (Projekt <strong>Kommunalfinanzen</strong> DGB-Region OL-<br />

WHV)<br />

Material zur Situation vor Ort:<br />

• Haushaltsbücher (Hg.: Kommunen),<br />

• Internet: homepage <strong>der</strong> Kommunen<br />

• Bürgerinformation <strong>der</strong> Kommunen<br />

• Orts-Infos (Projekt <strong>Kommunalfinanzen</strong> DGB- Region OL-WHV<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion<br />

33


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

These 2: Privatisierung untauglich<br />

Die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verkauf kommunaler<br />

Infrastruktur hat die Wirkung einer Kopfsteuer. Längerfristig wird sie<br />

zudem die kommunalen Haushalte belasten.<br />

Fragen:<br />

• Warum wirken Privatisierungen wie eine Kopfsteuer?<br />

• Welche Wirkung auf kommunalen Haushalte wird die Herausnahme profitabler<br />

Sektoren haben?<br />

• Sind private Unternehmen kostengünstiger? Wenn ja, warum?<br />

• Welche Privatisierungspläne gibt es in meiner Kommune?<br />

Material zum Thema: Privatisierung <strong>der</strong> Wasserwirtschaft:<br />

• Privatisierung im Wassersektor (Hg.: WEED) ISBN: 3-9806757-8-5<br />

• Ware Wasser (Hg. ISW - institut für sozial-ökologische wirtschaftsforschung<br />

e. V., isw_muenchen@t-online.de)<br />

• Durst nach mehr: Wieviel Privatisierung verträgt die Wasserwirtschaft?<br />

Mitbestimmung 4/2002 (Hg. Hans Böckler Stiftung)<br />

34 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


These 3: Öffentliche Armut: Politisch gewollt<br />

Die Zurückdrängung öffentlicher Aufgaben wird von <strong>der</strong> herrschenden<br />

neoliberalen Ideologie als ohnehin richtiger Weg angesehen. Politisch<br />

durchgesetzt wird er über die Politik <strong>der</strong> Steuersenkungen.<br />

Fragen:<br />

• Welche Argumente werden gegen die öffentliche Hand angeführt?<br />

• Was ist davon bedenkenswert? Was falsch?<br />

• Wie wird die Unumgänglichkeit von Steuersenkungen begründet?<br />

• Profitieren alle Bürger mehr o<strong>der</strong> weniger von Steuersenkungen?<br />

Material:<br />

• ver.di for<strong>der</strong>t eine stabile <strong>und</strong> solidarische Gemeindefinanzierung.<br />

Beschluss des ver,di- B<strong>und</strong>esvorstands vom 18.02.2002<br />

Herausgeber: ver.di, 2003<br />

• Staatsfinanzen stärken – Zukunftsaufgaben zwischen öffentlicher Armut<br />

<strong>und</strong> privatem Reichtum<br />

Herausgeber: ver.di 2002, Bereich Wirtschaftspolitik<br />

• Finanzpolitik für <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Einnahmen stärken statt Ausgaben kürzen<br />

Herausgeber: ver.di 2002, Bereich Wirtschaftspolitik<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion<br />

35


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

These 4: Gefährliche Miwirkung<br />

Als GewerkschafterIn sollte man nicht an einem alternativen Sparkonzept<br />

mitarbeiten. Je<strong>der</strong> alternative Kürzungsvorschlag legitimiert die Politik <strong>der</strong><br />

Austrocknung<br />

Fragen:<br />

• Welchen Nutzen können alternative Sparkonzepte aus gewerkschaftlicher<br />

Sicht bringen?<br />

• Welchen Schaden können sie bewirken?<br />

• Wie ist die Gesamtbilanz?<br />

• Was wäre <strong>der</strong> Nutzen in meiner Kommune?<br />

36 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


These 5: Mehr Autonomie: Mehr Ungleichheit<br />

Ein kommunales Hebesatzrecht auf die Einkommenssteuer, wie vom BDI<br />

vorgeschlagen, wird die finanziellen Unterschiede zwischen den<br />

Kommunen vergrößern.<br />

Fragen:<br />

• Welche Vorschläge zur Sanierung <strong>der</strong> Gemeindefinanzen liegen auf dem<br />

Tisch? (Städte- <strong>und</strong> Gemeindeb<strong>und</strong>, BDI, ver.di)<br />

• Welche verteilungspolitische Wirkung haben sie?<br />

• Was bewirkt ein Hebesatzrecht auf die gesamten kommunalen<br />

Steuereinnahmen?<br />

• Der Städte- <strong>und</strong> Gemeindeb<strong>und</strong> for<strong>der</strong>t einen Rückgang <strong>der</strong><br />

Verpflichtungen von Kommunen, etwa: weniger Standardsetzungen.<br />

Was ist davon zu halten?<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Thesen zur Information <strong>und</strong> Diskussion<br />

37


<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

These 6: Geld ist genug da<br />

Wer einen Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> Kommunen verhin<strong>der</strong>n will, muss die Politik <strong>der</strong><br />

Steuersenkungen angreifen bzw. Steuererhöhungen for<strong>der</strong>n.<br />

Fragen:<br />

• Ist eine Erhöhung <strong>der</strong> Gewerbesteuereinnahmen ausreichend?<br />

• Welche Steuern könnten erhöht werden, ohne negative Auswirkungen<br />

auf die Konjunktur befürchten zu müssen?<br />

38 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort


Literatur <strong>und</strong> Links<br />

Zum Vertiefen <strong>und</strong> Weiterlesen:<br />

Broschüren:<br />

• <strong>Kommunalfinanzen</strong> in Deutschland <strong>und</strong> Europa - Stand, Debatte <strong>und</strong><br />

Alternativen.<br />

Dokumentation eines workshops <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung <strong>und</strong> ver.di.<br />

Herausgeber: ver.di, 2003<br />

• ver.di for<strong>der</strong>t eine stabile <strong>und</strong> solidarische Gemeindefinanzierung.<br />

Beschluss des ver,di-B<strong>und</strong>esvorstands vom 18.02.2002<br />

Herausgeber: ver.di , 2003<br />

• Gemeindefinanzen im Brennpunkt<br />

Dokumentation des workshop vom Oktober 2002. Mit Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Kommission zur Reform <strong>der</strong> Gemeindefinanzen aus Wissenschaft, Politik<br />

<strong>und</strong> Gesellschaft. Herausgeber: ver.di , 2003<br />

• Finanzpolitik für <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Tagungsdokumentation. Herausgeber: ver.di 2002<br />

• Staatsfinanzen stärken<br />

Zukunftsaufgaben zwischen öffentlicher Armut <strong>und</strong> privatem Reichtum<br />

Herausgeber: ver.di 2002, Bereich Wirtschaftspolitik<br />

• Finanzpolitik für <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Einnahmen stärken statt Ausgaben kürzen. Herausgeber: ver.di 2002,<br />

Bereich Wirtschaftspolitik<br />

Flyer:<br />

• Ver.di extrablatt: „Wer die Gemeinden knapp bei Kasse lässt, schränkt die<br />

Freiheit von Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern ein!”<br />

• „Kommunen vor dem Kollaps” (Hg.: ver.di Nie<strong>der</strong>sachsen/Bremen)<br />

• Gemeindefinanzen. (Hg.: ver.di B<strong>und</strong>esvorstand)<br />

Links:<br />

• www.verdi.de/hintergr<strong>und</strong>/wirtschaftspolitik<br />

• www.verdi.de/gemeindefinanzen<br />

• www.gemeinden.verdi.de<br />

<strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort<br />

Literatur <strong>und</strong> Links<br />

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<strong>Krise</strong> <strong>der</strong> <strong>Kommunalfinanzen</strong><br />

40 <strong>Handreichungen</strong> für die politische <strong>Arbeit</strong> von Ehrenamtlichen vor Ort

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