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05_Bosnische Serben - unirep - Humboldt-Universität zu Berlin

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<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

BGH, Urteil vom 30. April 1999, BGHSt 45, 64 –<strong>Bosnische</strong> <strong>Serben</strong><br />

Sachverhalt: Ante, ein serbischer Staatsbürger, der lange Zeit in<br />

Deutschland lebte, hat während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien<br />

systematisch in Bosnien lebende Muslime getötet. Danach ist er<br />

wieder nach Deutschland <strong>zu</strong>rückgekehrt. Kann er hier in Deutschland<br />

verurteilt werden?<br />

Thema: Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts/Universalitätsprinzip<br />

Materialien: –<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Lösungsübersicht:<br />

A. Strafbarkeit wegen § 6 i.V.m. § 1 VStGB (§ 220a StGB a.F.)<br />

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts<br />

Früher (<strong>zu</strong>r Tatzeit): § 6 Nr. 1 i.V.m. § 220a StGB a.F<br />

Heute: § 6 i.V.m. § 1 VStGB (+)<br />

II./III./IV. Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

(+)<br />

V. Ergebnis: § 6 i.V.m. § 1 VStGB (§ 220a StGB a.F.) (+)<br />

B. Strafbarkeit wegen §§ 212, 211 StGB<br />

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts<br />

§ 211 StGB ist nicht im Katalog des § 6 enthalten<br />

BGH: Verurteilung möglich, wenn eine enge tatbestand-<br />

liche Verknüpfung <strong>zu</strong> einer Katalogtat besteht<br />

II./III./IV. Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

(+)<br />

V. Ergebnis: §§ 212, 211 StGB (+)<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


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Lösungsvorschlag:<br />

A. Strafbarkeit gemäß § 6 VStGB iVm § 1 VStGB<br />

Ante könnte sich des Völkermordes gemäß § 6 VStGB strafbar gemacht<br />

haben.<br />

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts<br />

Zunächst muss die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts für diese<br />

im Ausland begangenen Taten festgestellt werden. Für den Völkermord<br />

gilt das Universalitätsprinzip. Dieses Prinzip ermächtigt <strong>zu</strong>r<br />

Ahndung von allen Auslandstaten, die sich gegen übernationale Kulturwerte<br />

und Rechtsgüter richten, an deren Schutz ein gemeinsames<br />

Interesse aller Staaten besteht. Ob ein Deutscher daran beteiligt ist oder<br />

nicht, spielt keine Rolle. Die Bundesrepublik darf hiernach bestimmte<br />

Straftaten auch dann verfolgen, wenn sie im Ausland durch ausländische<br />

Staatsbürger verübt werden.<br />

Früher (<strong>zu</strong>r Tatzeit) war dieses Prinzip in § 6 Nr. 1 i.V.m. § 220a<br />

StGB a.F. verankert.<br />

Heute findet es sich in § 1 VStGB für die im Völkerstrafgesetzbuch<br />

festgehaltenen Taten.<br />

Die Bestrafung auf der Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches begründet<br />

also in gleicher Weise wie eine Bestrafung auf der Grundlage<br />

des § 6 StGB eine Zuständigkeit des deutschen Strafrichters bei<br />

Verbrechen, die im Ausland von einem Ausländer gegen einen Ausländer<br />

begangen wurden.<br />

II./III./IV. Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen einer Strafbarkeit liegen im Übrigen vor.<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


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V. Ergebnis: Ante ist strafbar gemäß § 6 VStGB iVm § 1 VStGB.<br />

B. Strafbarkeit gemäß §§ 212, 211 StGB<br />

Ante könnte ferner wegen Mordes nach den §§ 212, 211 StGB <strong>zu</strong> betrafen<br />

sein.<br />

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts<br />

Auch hier ist die Anwendbarkeit des StGB <strong>zu</strong> prüfen.<br />

§ 211 StGB ist nicht im Katalog des § 6 enthalten<br />

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Verurteilung aber dennoch<br />

möglich, wenn eine enge tatbestandliche Verknüpfung <strong>zu</strong> einer Katalogtat<br />

besteht. Da § 220a StGB a.F. <strong>zu</strong>r Tatzeit Katalogtat des § 6<br />

StGB a.F. war, konnte eine Bestrafung auch wegen Mordes erfolgen.<br />

Daran kann auch die „Verschiebung“ des Völkermordtatbestandes von<br />

§ 220a StGB a.F. in § 6 VStGB nichts ändern.<br />

II./III./IV. Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Auch dessen Vorausset<strong>zu</strong>ngen liegen vor.<br />

V. Ergebnis: Ante ist auch wegen Mordes gemäß §§ 212, 211 StGB <strong>zu</strong><br />

bestrafen.<br />

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