Tecklenburg 2007 Geschichten aus der Arche - Arche Deutschland
Tecklenburg 2007 Geschichten aus der Arche - Arche Deutschland
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<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
Erste Erfahrungen von dem Renewal<br />
in Indien/Bangladesch<br />
„Wir können so viel von den Ärmsten<br />
lernen. Wenn ich nach H<strong>aus</strong>e komme,<br />
sehe ich wie beschäftigt alle sind. Hier<br />
braucht das alltägliche Leben so viel<br />
mehr Zeit, man baut <strong>aus</strong> Steinen einen<br />
Kochplatz auf <strong>der</strong> Strasse, macht Feuer<br />
(das Feuerholz muss erst beschafft werden),<br />
weite Wege für alles, ohne Auto,<br />
in Hitze und Regen, wenn es regnet,<br />
lösen sich die Strassen auf und man watet<br />
im Wasser…<br />
Die Europäer haben eigentlich keinen<br />
Grund ständig im Stress zu sein, aber<br />
alle sind immer beschäftigt, die Gesichter<br />
verbissen... Wenn ich in die Slums<br />
komme, sehe ich, dass die Leute sich<br />
Zeit nehmen und man sieht nur strahlende<br />
Gesichter trotz allem Elend...”<br />
Das waren fast die ersten Worte eines<br />
Taizé-Bru<strong>der</strong>s in Mymensingh, mit<br />
denen die <strong>Arche</strong> Bangladesch eng verbunden<br />
ist. Die Brü<strong>der</strong> haben geholfen<br />
die <strong>Arche</strong> hier ins Leben zu rufen und<br />
einige Projekte mit behin<strong>der</strong>ten Menschen<br />
machen sie gemeinsam mit <strong>der</strong><br />
<strong>Arche</strong>.<br />
Die Beobachtungen von Bru<strong>der</strong> Guillaume<br />
sind für mich auch in <strong>Arche</strong><br />
wirklich beeindruckend.<br />
In <strong>Deutschland</strong> sind wir in <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
wahrscheinlich weniger beschäftigt als<br />
so mancher Manager und wir wissen um<br />
den Wert, einfach gemeinsam zu sein,<br />
anstatt ständig etwas tun zu müssen.<br />
Aber verglichen mit <strong>der</strong> <strong>Arche</strong> Bangladesch<br />
sind wir wirklich sehr gestresst!<br />
Es ist faszinierend für mich zu sehen,<br />
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wie lange man sich glücklich mit 3 Stücken<br />
Steckspiel beschäftigen kann, wenn<br />
man es zu zweit macht, o<strong>der</strong> dass man<br />
auch ohne Sprache, nur mit einem Lächeln,<br />
einfach nur gemeinsam sein kann,<br />
ohne etwas zu tun!<br />
Natürlich, vieles ist fremd hier und vieles<br />
würde ich an<strong>der</strong>s machen, aber es ist<br />
faszinierend und sie nehmen uns wirklich<br />
mit offenen Armen und Ohren auf.<br />
“Der Fremde ist Gast und in einem<br />
Gast kommt Gott zu uns.”<br />
Wir werden hier viel herumgereicht und<br />
bekommen nicht nur <strong>Arche</strong> zu sehen,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Familien in den Slums,<br />
Gefangene im Gefängnis... und selbst<br />
die Ärmsten sind überglücklich, uns<br />
willkommen zu heißen in ihren Hütten<br />
und das bisschen mit uns zu teilen, was<br />
sie haben.<br />
“Vieles hier ist fremd und für vieles<br />
weiß ich einen besseren Weg es zu tun.<br />
Aber weiß ich wirklich, dass es besser<br />
ist, wie ich es tun würde?”<br />
Mit diesen weisen Worten von Katherine<br />
Hall, einer Britin, die <strong>der</strong>zeit Gemeinschaftsverantwortliche<br />
in <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
in Bangalore ist, wurden wir in die verschiedenen<br />
Gemeinschaften geschickt.<br />
Und es ist wirklich bereichernd zu erfahren,<br />
wie sich erste Eindrücke revidieren,<br />
wenn man beobachtend und fragend<br />
abwartet wie Dinge in einer so an<strong>der</strong>en<br />
Kultur einen völlig an<strong>der</strong>en Sinn machen...<br />
Karin Schmidt<br />
Auf dem Wege – die Apfelallee <strong>2007</strong><br />
<strong>2007</strong> – ein Jahr, in dem wir als einzelne<br />
und auch als ganze H<strong>aus</strong>gemeinschaft<br />
vielerlei Wege gegangen sind. Unmöglich,<br />
diese alle aufzuzählen, aber hier ein<br />
paar „Wegbeschreibungen“:<br />
Auf den Weg gemacht hat sich im Januar<br />
Willi, einen Weg, von dem er nicht<br />
zurückkehrte. Er ist am 11.1. gestorben.<br />
Vielleicht, weil es ihm schwer fiel zu<br />
gehen, vielleicht, weil es ein neuer Weg<br />
für ihn war, hat er einige Zeit schwer<br />
gekämpft, auch als er schon ganz<br />
schwach war und intensive Pflege<br />
brauchte. Dann aber ist er gegangen,<br />
ganz ruhig und entspannt, mit einem<br />
Gesichts<strong>aus</strong>druck, <strong>der</strong> sagte: „Es ist<br />
gut.“ Mit einer Ausstrahlung, die sagte:<br />
„Ich bin angekommen.“ Wir haben<br />
ihm auf dem Totenbett einen seiner ge-<br />
liebten Schlüssel, die zeitlebens so wich-<br />
Stefan<br />
tig für ihn waren, in die Hand gedrückt,<br />
aber nur für einen <strong>der</strong> Trecker im Himmel,<br />
nicht für irgendeine Tür. Ich stelle<br />
mir vor, dass die sicher schon weit offen<br />
stand und Gott persönlich gewartet hat,<br />
weil man sich auf so einen wie Willi nur<br />
freuen kann.<br />
Die Zeit von Willis Sterben und sein<br />
Tod war auch ein neuer Weg für die<br />
ganze H<strong>aus</strong>gemeinschaft. Es war ein<br />
Weg, den Willi wir nicht kannten, und es gab<br />
viele Fragen und Unsicherheiten, auch<br />
Ängste. „Wir kennen den Weg nicht,<br />
aber er kommt auf uns zu, wenn wir<br />
ihn gehen,“ sagt ein afrikanisches<br />
Sprichwort. So war es auch für uns. Im<br />
Gehen, Schritt für Schritt, durch<strong>aus</strong><br />
nicht heldenhaft, kam <strong>der</strong> Weg auf uns<br />
<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
zu. Es öffnete sich ein Weg voller<br />
Schmerz und Trauer, aber auch voller<br />
Schönheit und Reichtum. Dass Willi, so<br />
wie er es wollte, zuh<strong>aus</strong>e sterben konnte<br />
und einen Platz in unserer Mitte hatte,<br />
war nicht nur für ihn, son<strong>der</strong>n auch für<br />
uns ein Geschenk und etwas ganz Kostbares.<br />
„Da berühren sich Himmel und<br />
Erde, dass Frieden werde unter uns…“<br />
Im Februar hat sich Joel <strong>aus</strong> den USA<br />
auf den Weg gemacht, um für 2 Jahre als<br />
Assistent zu uns zu kommen. Er ist auch<br />
als „JD“ (sprich: Jeydii), „Scholl“ o<strong>der</strong><br />
schlicht als „<strong>der</strong> Klavierspieler“ bekannt.<br />
Wir alle freuen uns, dass er da ist,<br />
aber ganz beson<strong>der</strong>s Brigitte, denn Joel<br />
mag das Klavier fast so sehr wie sie. Der<br />
einzige Unterschied: Joel ist <strong>der</strong>jenige<br />
von beiden, <strong>der</strong> dem Klavier abends<br />
nicht ehrfürchtig einen Gute-Nacht-Kuss<br />
gibt. Jedenfalls hat es noch niemand<br />
gesehen...<br />
Zurück über den großen Teich ist Rebecca<br />
geflogen. Nach 2 Jahren in <strong>der</strong><br />
Apfelallee führte ihr Weg zurück in die<br />
USA, wo sie weiter studiert. Da sie wenig<br />
Zeit hat, lässt sie ihre E-Mails von<br />
einem Computerprogramm von Englisch<br />
auf Deutsch übersetzen, was sehr lustig<br />
klingt. Wahrscheinlich wir besser könnten<br />
verstehen, was sie ist schreibend,<br />
wenn sie würde senden ihren E-Mail in<br />
Englisch, aber Rebecca weiß, dass wir<br />
im schweren, schweren ☺ <strong>Arche</strong>-Alltag<br />
etwas zu lachen brauchen.<br />
Mutig einen neuen Weg beschritten, hat<br />
August Heeke, <strong>der</strong> am 17. März in <strong>der</strong><br />
Apfelallee eingezogen ist. Er ist 49 Jahre,<br />
kommt <strong>aus</strong> Rheine Rodde, und war<br />
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