Tecklenburg 2007 Geschichten aus der Arche - Arche Deutschland
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<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
Wachstum und Verän<strong>der</strong>ung<br />
Im Mai war ich in Trosly, dem Dorf in<br />
Frankreich, wo die erste <strong>Arche</strong> entstanden<br />
ist. Ich nahm dort an einer Fortbildung<br />
teil und konnte unter an<strong>der</strong>em auch<br />
einen Vortrag von unserem Grün<strong>der</strong>vater<br />
Jean Vanier hören.<br />
Er beschrieb die <strong>Arche</strong> damals und heute<br />
als Ort des Wachstums. Er sprach von<br />
<strong>der</strong> individuellen Entwicklung des Einzelnen<br />
und <strong>der</strong> gesamten Gemeinschaft.<br />
„Menschen, mit und ohne Behin<strong>der</strong>ung,<br />
sind in <strong>der</strong> <strong>Arche</strong>, um zu wachsen“, sagte<br />
er.<br />
Ein interessanter und her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />
Blickwinkel, wie ich finde.<br />
Wir, die <strong>Arche</strong> <strong>Tecklenburg</strong>, sind gerade<br />
dabei zu wachsen und uns zu erweitern.<br />
Wir nehmen sechs Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
auf. Jonathan, Marvin, Steffi,<br />
Lina, Frie<strong>der</strong>ike und Hans-Christof<br />
und einige Assistenten werden in den<br />
nächsten Wochen bei uns einziehen. Ein<br />
großes H<strong>aus</strong> wurde umgebaut und nach<br />
und nach wohnlich gemacht. Auch die<br />
bestehende Gemeinschaft hat viel Verän<strong>der</strong>ung<br />
erlebt in diesem Jahr.<br />
Der Tod von Willi, <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong><br />
Gemeinschaftsleitung, <strong>der</strong> Einzug von<br />
August, sind nur ein paar <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>nden<br />
Ereignisse.<br />
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In diesem bewegten Jahr wurde immer<br />
wie<strong>der</strong> spürbar, dass Gott mit uns geht,<br />
uns segnet, her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>t und beschenkt.<br />
Es wurde deutlich in diesem Jahr, dass<br />
unsere <strong>Arche</strong> von vielen Menschen innerhalb<br />
und außerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
getragen wird. Viele haben sich in unterschiedlicher<br />
Weise eingebracht. An dieser<br />
Stelle ein herzliches Dankeschön an<br />
unsere Freunde und die, die sich uns<br />
verbunden fühlen.<br />
Im Wissen um Gottes Beistand und die<br />
Freunde an unserer Seite, stellen wir uns<br />
den neuen Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen und dem<br />
Abenteuer des Wachsens.<br />
Conny Döhling<br />
Gemeinschaftsverantwortliche<br />
Zwei große Männer – Ein Nachruf<br />
Anfang Januar starb unser Bewohner<br />
Willi und wenige Wochen danach unser<br />
guter Freund Pfarrer Klemens Niermann.<br />
Hier ein paar persönliche Erinnerungen<br />
an die beiden.<br />
Klemens leitete manchmal seine Gottesdienste<br />
in <strong>der</strong> <strong>Arche</strong> mit den Worten ein:<br />
„Jetzt machen wir alle ein frommes Ge-<br />
sicht und dann kann <strong>der</strong> Gottesdienst<br />
beginnen.“<br />
Er hatte Humor und salbungsvolle Worte<br />
waren nicht sein Ding.<br />
Ich erinnere mich an die letzte Predigt,<br />
die ich von ihm gehört habe, über die<br />
Bibelstelle „Eher geht ein Kamel durch<br />
ein Nadelöhr als das ein Reicher in das<br />
Reich Gottes gelangt.“ Die Predigt war<br />
befremdend radikal und doch voller Liebe.<br />
Während eines an<strong>der</strong>en Gottesdienstes<br />
hielt Klemens die Predigt auf einem<br />
Wollteppich kniend. Seine Worte habe<br />
ich vergessen, aber diese Geste <strong>der</strong> Demut<br />
ist mir in Erinnerung geblieben.<br />
Ich erinnere mich, dass er hier und da<br />
einen Briefumschlag mit Geld mitbrach-<br />
<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Arche</strong><br />
te, den er lachend und verstohlen einem<br />
Assistenten <strong>aus</strong> dem In- o<strong>der</strong> Ausland<br />
zusteckte. Man konnte sich diesen<br />
Schenkungen kaum entziehen.<br />
Er war ein Mann Gottes. Mit Liebe und<br />
Freiheit setzte er sich ein, für die Menschen,<br />
für die Ökumene….<br />
Wir, die <strong>Arche</strong>, waren ihm wichtig. Er<br />
sagte manchmal: „ Ich würde ja sofort<br />
bei Euch einziehen, aber ich bin zu alt,<br />
ihr seid ja kein Altenheim.“<br />
Und Willi…<br />
Er sei ein roher, ungeschliffener Diamant,<br />
sagte ein ehemaliger Assistent<br />
über ihn.<br />
In den Wochen nach seinem Tod trafen<br />
Briefe ein von Menschen, die eine längere<br />
o<strong>der</strong> kürzere Zeit mit uns gelebt<br />
hatten und die Willi beeindruckt und<br />
berührt hat.<br />
Menschen, die er mochte, hat er mit den<br />
Worten „Komm wie<strong>der</strong>“ verabschiedet.<br />
Es war ein Privileg von Willi ein<br />
„Komm wie<strong>der</strong>“ zu hören.<br />
Er konnte ein ganz schöner Haudegen<br />
sein. Hier und da gab es, als pädagogische<br />
Maßnahme, keinen Tabak mehr für<br />
ihn.<br />
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