NatIoNalSozIalIStISche UNd RechtSextreme ProPagaNda ... - acipss
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eSÜmee<br />
Durch die Beschreibung und Analyse der vorgestellten<br />
Titel ergeben sich mehrere interessante Erkenntnisse.<br />
Es lässt sich feststellen, dass sowohl die Menge<br />
als auch der Grad an Propaganda in allen Medien<br />
hoch bis sehr hoch sind. Es wird kaum versucht, auf<br />
subtilen Ebenen Botschaften zu vermitteln, vielmehr<br />
entsteht oftmals der Eindruck einer quantitativen<br />
Überfrachtung. Durch die zunehmende digitale<br />
Verfügbarkeit nationalsozialistischer Bild- und Tonpropaganda<br />
findet man diese auch zunehmend als<br />
fixen Bestandteil innerhalb der Spiele wieder. Die<br />
bildliche Präsentation ist wenig einfallsreich und<br />
beschränkt sich bei allen Spielen auf einige wiederkehrende<br />
Sujets, die sich aus alten, bekannten Propagandaplakaten<br />
der Nationalsozialisten und neueren<br />
Symbolen aus dem Umkreis der „White Supremacy/<br />
Nationalism“-Ideologie zusammensetzen. Auch die<br />
verzerrte Darstellung der weltanschaulichen Feinde<br />
folgt altgedienten Klischees. Akustisch wiederholen<br />
sich vor allem Mitschnitte von „Sieg Heil!“ Rufen bei<br />
NSDAP-Parteiveranstaltungen und immer wieder das<br />
Horst-Wessel-Lied als musikalische Begleitung.<br />
Auf einer inhaltlichen Ebene stehen vier Elemente<br />
im Vordergrund. Erstens ein omnipräsenter Antisemitismus,<br />
der sich neben der grafischen Darstellung<br />
vor allem in Theorien jüdischer Weltverschwörungen<br />
Bahn bricht. Zweitens ein ebenso intensiver<br />
Rassismus, ausgedrückt in massiv propagierten<br />
Theorien rassischer Reinheit und Überlegenheit.<br />
Drittens verherrlichende Referenzen auf die nationalsozialistische<br />
Ideologie und Adolf Hitler als<br />
Vorkämpfer der weißen Rasse sowie schließlich<br />
viertens und zugleich am häufigsten die aggressive<br />
Bewerbung der neonazistischen, vor dem spezifischen<br />
US-Hintergrund existierenden „White Supremacy/<br />
Nationalism“-Ideologie.<br />
Betrachtet man die Titel aus einem technischen<br />
Blickwinkel, kann man sie in „Spielchen“ und vollwertige<br />
Spiele (KZ-Manager, Hitler-Diktator, Ethnic<br />
Cleansing, ZOG I+II) unterteilen. Erstere können<br />
mit heutigen „Browserspielen“ verglichen werden,<br />
deren primärer Zweck kurzweilige Ablenkung oder<br />
Unterhaltung ist und die über keine komplexeren<br />
Spielmechaniken oder Regelwerke verfügen. In der<br />
zweiten Gruppe sind aufgrund ihrer relativen Aktualität<br />
nur Ethnic Cleansing sowie ZOG I+II für eine<br />
nähere Analyse von Relevanz, die beiden anderen<br />
Titel kann man als „digitale Artefakte“ bezeichnen,<br />
JIPSS VOL.4, NR.1/2010<br />
die aus der Frühzeit der Computerspielentwicklung<br />
stammen. Es handelt sich bei ihnen um professionelle<br />
und zugleich kommerziell orientierte Versuche<br />
rechtsextremer Gruppen, Spiele zu produzieren, die<br />
in der Lage sind, breitere Massen anzusprechen und<br />
die zugleich alle Möglichkeiten zur Präsentation des<br />
eigenen Gedankengutes nutzen.<br />
Alle drei weisen allerdings im Vergleich mit anderen<br />
Produkten mehr oder weniger große Defizite<br />
in allen Bereichen auf, sei es nun die mangelhafte<br />
Grafik, der geringe Umfang oder spielerische Aspekte,<br />
wie dumm agierende Gegner oder eine unpräzise<br />
Steuerung. Dies resultiert aus der Tatsache, dass<br />
die Herstellung eines konkurrenzfähigen und die<br />
Massen begeisternden Computerspieles (vor allem<br />
bei FPS) im Verlauf der letzten 20 Jahre immer mehr<br />
zu einem Multimillionendollarprojekt wurde. Analog<br />
dazu wuchsen auch die Erwartungen der Spieler an<br />
die optische Gestaltung, die Handlungstiefe und<br />
einen höheren Realismus etc. In den konkreten Fällen<br />
verbinden sich mehrere klassische Formen der<br />
Propaganda, die nun simultan und multimedial auf<br />
den Spieler einwirken. Gekoppelt mit der interaktiven<br />
Grundkomponente des Mediums, erhöhen sich<br />
Anzahl und Intensität der Reize enorm, denen der<br />
Empfänger ausgesetzt ist.<br />
Die vorgestellten Spiele sind durchaus für einfache<br />
propagandistische Botschaften und Werbung<br />
geeignet - vor allem durch die Integration der in<br />
Studios aufgenommenen und auch alleinstehend<br />
kommerziell vertriebenen Musik populärer Rechtsrockbands.<br />
Aufgrund der oben erwähnten Defizite<br />
setzt sich das primär erreichte Zielpublikum allerdings<br />
wohl zum überwiegenden Teil aus Personen<br />
zusammen, die ideologisch bereits auf einer Linie<br />
mit den Herstellern sind. Auf dem legalen Markt<br />
erzielen sie bei der breiten Masse kaum bis keine<br />
propagandistische Wirkung. Vielmehr werden sie am<br />
ehesten als Kuriositäten wahrgenommen, die man<br />
schnell ignoriert oder eventuell einmal ausprobiert,<br />
um sich selbst ein Bild machen zu können.<br />
auSblIck uNd treNdS<br />
Die Computerspielszene befindet sich in einer ständigen<br />
Entwicklung. Für die weitere Verbreitung von<br />
rechtsextremer und nationalsozialistischer Propaganda<br />
bedeutet dies, dass sie sich andauernd adaptieren<br />
muss, wenn sie das neue Medium erfolgreich<br />
nutzen will. Drei Trends sind in diesem Kontext<br />
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