Die Griechisch-Katholische Kirche Heute - Max-Planck-Institut für ...
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Objektiv betrachtet war das völlig falsch, aber da nur die nationalistischen Wahrnehmungen<br />
in diesen frühen postsozialistischen Jahren zählten, hatten die polnischen Extremisten keine<br />
Schwierigkeiten, "Experten" zu finden, die ihre Argumente unterstützten.<br />
Kurze Zeit nachdem diese Angelegenheiten buchstäblich auf den Straßen von Przemyśl<br />
ausgefochten worden waren, begingen die <strong>Griechisch</strong>-<strong>Katholische</strong>n den 400. Jahrestag der<br />
Union von Brest, durch welche ihre <strong>Kirche</strong> entstanden war. Es gibt in letzter Zeit viele neue<br />
Studien, die alle Perioden der griechisch-katholischen Geschichte bis zum heutigen Tag<br />
behandeln. 5 <strong>Die</strong>se gehören nicht in meinen Kompetenzbereich. Was mich als Ethnologen<br />
daran interessiert, ist, wie Elemente der Geschichte als Mittel zur Unterstützung <strong>für</strong><br />
Eigentumsansprüche, aber auch <strong>für</strong> Identitätsbehauptungen in der Gegenwart hervorgehoben<br />
und angewandt werden. Obwohl die Bemühungen der <strong>Griechisch</strong>-<strong>Katholische</strong>n, ihre<br />
"ursprüngliche" Kathedrale wieder zu bekommen, fehlgeschlagen sind, waren die meisten<br />
ihrer anderen Anträge auf Rückgabe von Eigentum erfolgreich. Ihr moralischer Anspruch<br />
wurde von der Mehrheit der Polen anerkannt und langsam in juristische Realität umgesetzt.<br />
Folglich erhielten sie so ihren herrlichen Bischofspalast, der während der Zeit des Sozialismus<br />
in ein Museum umgewandelt worden war, sowie ihr früheres Priesterseminar zurück (welches<br />
heute größtenteils an andere <strong>Institut</strong>ionen vermietet wird, da der aktuelle Eigenbedarf gering<br />
ist). <strong>Die</strong> Klosterkirche, die bei meinem ersten Besuch noch als staatliches Archiv diente,<br />
wurde an den griechisch-katholischen Orden der Basilianer zurückgegeben und großartig<br />
restauriert.<br />
<strong>Die</strong>se materiellen Ansprüche waren <strong>für</strong> die <strong>Griechisch</strong>-<strong>Katholische</strong>n in den 90er Jahren<br />
sehr wichtig, allerdings interessierte mich vielmehr, neben den Entwicklungen von Besitz-<br />
und Eigentumsverhältnissen, in welcher Weise während des Sozialismus eine griechisch-<br />
katholische Identität innerhalb der ukrainischen Minderheit subjektiv bewahrt und an die<br />
junge Generation weitergegeben wurde. Mehr als vierzig Jahre Unterdrückung reichten nicht<br />
aus, um das Bewusstsein auszulöschen, Angehörige einer <strong>Kirche</strong> zu sein, die auf eine<br />
vierhundertjährige Geschichte zurückblicken kann. Natürlich waren einige, die in den 40er<br />
Jahren gewaltsam vertrieben und dem homogenisierenden Druck der Volksrepublik<br />
ausgesetzt worden waren, der vorherrschenden Richtung gefolgt, d.h. sie hatten sich der<br />
römisch-katholischen <strong>Kirche</strong> angeschlossen. Andere (vermutlich eine viel kleinere Gruppe)<br />
konvertierten zum orthodoxen Glauben. <strong>Die</strong>se Option schien <strong>für</strong> Ukrainer in Przemyśl in den<br />
5 Insbesondere die Serie Polska-Ukraina 1000 Lat Sąsiedztwa, veröffentlicht vom Południowo-Wschodni Instytut Naukowy<br />
in Przemyśl, unter der Redaktion von Stanisław Stępień.<br />
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