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Brüsseler 1x1 für Umweltbewegte - EU-Koordination

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3.3 Ordentliches Verfahren<br />

Das ordentliche Verfahren (früher: Mitentscheidungsverfahren)<br />

nach Art. 289, 294 und 297 A<strong>EU</strong>V ist das wichtigste Rechtsetzungsverfahren<br />

in der Europäischen Union. Die von der<br />

Kommission vorgeschlagenen Gesetze werden von Parlament<br />

und Ministerrat gemeinsam angenommen oder verworfen.<br />

Zwar hat das Parlament nicht die Befugnis zur Gesetzesinitiative,<br />

die der Kommission vorbehalten ist, aber im ordentlichen<br />

Verfahren kann ein Rechtsakt gegen den Mehrheitswillen des<br />

Parlaments nicht zustande kommen.<br />

Das Verfahren kann bis zu drei Lesungen umfassen und<br />

verläuft über folgende Schritte:<br />

Initiative<br />

Der Kommissionsvorschlag <strong>für</strong> ein Gesetz (Richtlinie oder Verordnung)<br />

wird dem Parlament und dem Rat zugestellt.<br />

Erste Lesung<br />

Der Parlamentspräsident verweist den Text in den zuständigen<br />

Ausschuss, der darüber berät und Änderungen vorschlägt,<br />

wenn der Kommissionsentwurf nicht den Vorstellungen des<br />

Parlaments entspricht. Abschließend stimmt die Vollversammlung<br />

(das Plenum) mit einfacher Mehrheit, das heißt mit mehr<br />

als 50 % der anwesenden Stimmen, über den Text ab. Der<br />

Standpunkt des Parlaments wird dem Ministerrat übermittelt.<br />

Das Gesetz ist erlassen, wenn der Rat in seiner ersten Lesung<br />

sämtliche Änderungswünsche des Parlaments mit qualifizierter<br />

Mehrheit (siehe Kapitel 2.2) billigt oder wenn das Parlament<br />

keine Änderungen vorgeschlagen hat und der Rat dem Entwurf<br />

der Kommission ebenfalls zustimmt. Sind die Minister im Rat<br />

aber anderer Meinung als die Kommission oder das Parlamet,<br />

fassen sie ihre Änderungsvorschläge in einem Standpunkt<br />

(früher: gemeinsamer Standpunkt) zusammen und nennen<br />

die Gründe <strong>für</strong> jede gewünschte Änderung. Der Standpunkt<br />

wird dem Parlament zur zweiten Lesung zugestellt. Für die erste<br />

Lesung gibt es keine Fristen.<br />

Zweite Lesung<br />

Die zweite Lesung durch das Parlament muss binnen drei Monaten<br />

erfolgen. In Ausnahmefällen kann diese Frist um einen<br />

Monat verlängert werden. Dabei hat das Parlament drei Möglichkeiten:<br />

Mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder nimmt<br />

es den Standpunkt des Rates an (Gesetz wird erlassen), lehnt<br />

ihn ab (Gesetz gescheitert) oder ändert ihn. Im letzteren Fall<br />

gibt die Kommission ihre Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen<br />

des Parlaments ab und übermittelt beides dem Ministerrat.<br />

Billigen die Minister mit qualifizierter Mehrheit den<br />

Gesetzentwurf in der Fassung des Parlaments, ist das Gesetz<br />

erlassen. Wenn die Kommission die Änderungen des Parlaments<br />

abgelehnt hat, muss der Rat einstimmig entscheiden, um<br />

das Gesetz in Kraft zu setzen. Lehnt der Rat die Änderungen<br />

des Parlaments ab, muss ein Vermittlungsausschuss einberufen<br />

werden. Der Rat hat ebenfalls drei Monate Zeit <strong>für</strong> die zweite<br />

Lesung.<br />

20<br />

Vermittlungsausschuss<br />

Der Vermittlungsausschuss besteht je zur Hälfte aus Vertretern<br />

des Rates und des Parlaments plus einem Vertreter der Kommission.<br />

Auf der Grundlage des vom Parlament geänderten<br />

Textes versucht er, binnen sechs Wochen einen Kompromiss<br />

zu finden. In den allermeisten Fällen gelangen die beiden Seiten<br />

zu einer Einigung. Ist dies nicht der Fall, gilt der Gesetzesvorschlag<br />

als gescheitert.<br />

Dritte Lesung<br />

Gibt es eine Einigung im Vermittlungsausschuss, so müssen ihr<br />

Parlament und Rat in dritter Lesung zustimmen, das Parlament<br />

mit einfacher Mehrheit, der Rat mit qualifizierter Mehrheit.<br />

Das Gesetz ist gescheitert, wenn eines der beiden Organe den<br />

gemeinsamen Entwurf ablehnt. Für die dritte Lesung verfügen<br />

Parlament und Rat über eine Frist von sechs Wochen, die ausnahmsweise<br />

um zwei Wochen verlängert werden kann.<br />

Dieses Verfahren wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1993<br />

eingeführt und wird heute in 85 Politikfeldern angewendet.<br />

Im A<strong>EU</strong>V ist festgeschrieben, <strong>für</strong> welche Themen es gilt. Dazu<br />

zählen unter anderem:<br />

• Ausgestaltung der Europäischen Bürgerinitiative (Art. 24<br />

A<strong>EU</strong>V);<br />

• Landwirtschaft (Art. 42-43 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Justizielle Zusammenarbeit in zivilen und Strafrechtsangelegenheiten<br />

(Art. 81-82 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Verkehr (Art. 91 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Harmonisierung des Binnenmarktes (Art. 114 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Sozialpolitik (Art. 153 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Bildung (Art. 165-166 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Kultur (Art. 167 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Öffentliche Gesundheit (Art. 168 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Verbraucherschutz (Art. 169 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Transeuropäische Netze (Art. 172 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Struktur- und Kohäsionsfonds (Art. 177 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Umwelt (Art. 192 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Energie (Art. 194 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Tourismus (Art. 195 A<strong>EU</strong>V);<br />

• Entwicklungshilfe (Art. 209 A<strong>EU</strong>V).<br />

Derzeit ist ein Trend zur Änderungsrechtsetzung bestehender<br />

Richtlinien und Verordnungen zu beobachten, bei der zunehmend<br />

eine Einigung in erster Lesung erreicht wird.<br />

Deutscher Naturschutzring – <strong>Brüsseler</strong> <strong>1x1</strong>

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