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Jakub Kloc-Konkolowicz (Warszawa) Die Gelehrten zwischen dem ...

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Summe“ reduziert, soll bedeuten, dass die Individualität „vergesellschaftet wird“, d.h. von nun an<br />

eine auf die Gesellschaft bezogene, durch die Gesellschaft zu erhaltende, aber auch durch die<br />

Gesellschaft zu nutzende Größe ist. Durch diese Vergesellschaftung der Individualität wird die<br />

Einseitigkeit, die sich im Zustand der Natur zu großem Nachteil des Individuums erweisen könnte,<br />

zu einem erheblichen Vorteil. Das natürliche Talent eines jeden Individuums wird jetzt zu <strong>dem</strong><br />

gemeinsamen Besitz der ganzen Gesellschaft. Das Individuum soll sein Talent, d.h. seine natürliche<br />

Einseitigkeit der Entfaltung, von nun an bewusst und frei entwickeln, und zwar nicht nur im<br />

Eigeninteresse, sondern auch und vor allem zum Nutzen der Gesellschaft. So beschreibt Fichte auf<br />

eine teilweise noch metaphorische Weise die Prozesse der Spezialisierung von Arbeit, welche die<br />

moderne Gesellschaften prägen. <strong>Die</strong> Gesellschaft gibt <strong>dem</strong> Individuum die ganze ihm bisher<br />

vorenthaltene Ausbildung und dafür empfängt sie von <strong>dem</strong> Individuum die Ergebnisse seiner<br />

spezialisierten Arbeit und/oder Forschung. Was Fichte hier unter <strong>dem</strong> Motto „das schönste Band<br />

des Gebens und Nehmens“ präsentiert, kann ebenso gut mit den heutigen Kategorien aufgefasst<br />

werden: die Individuen lernen und arbeiten im Rahmen der Gesellschaft auf eine höchst<br />

spezialisierte Weise, sie bekommen aber auch Zugang zu den von anderen gelieferten Waren und<br />

Informationen. <strong>Die</strong>se Beziehung fundiert die Grundstruktur der bürgerlichen Gesellschaft, die von<br />

Hegel in den Grundlinien der Philosophie des Rechts vorzüglich analysiert wurde.<br />

Das Band des „Gebens und Nehmens“ soll nicht nur die Beziehung <strong>zwischen</strong> <strong>dem</strong> Individuum und<br />

der Gesellschaft als einem Ganzen, sondern auch die Beziehungen <strong>zwischen</strong> den dieses<br />

gesellschaftliche Ganze bildenden Individuen untereinander beherrschen. Das von Fichte selbst<br />

angegebene Ziel ist hier nicht die „Subordination“, sondern „Koordination“. 14 Fichte beruft sich<br />

dabei auf die Kantische Metapher der „Wechselwirkung nach Begriffen“. 15 Meines Erachtens soll<br />

die durch den Einfluss des Nicht-ich (also der Natur) gestörte Einheit der Vernunft dadurch wieder<br />

eingerichtet werden, dass die steigende Wechselwirkung <strong>zwischen</strong> mehreren Individuen ihre<br />

Isoliertheit und Einseitigkeit allmählich aufhebt. Es ist eine dynamische Wiederherstellung der<br />

ursprünglichen Einheit; die Vernunfteinheit kann in <strong>dem</strong> Prozess der Vergesellschaftung nur als das<br />

bewegliche Ganze der völligen und absoluten Wechselwirkung der Individuen und ihren Kräften<br />

wiederhergestellt werden.<br />

<strong>Die</strong> Herausbildung der Stände steht mit <strong>dem</strong> oben skizzierten Bild gar nicht im Widerspruch. Fichte<br />

fasst den Stand als die Sphäre auf, in welcher die Individuen ihre Talente erfolgreicher entwickeln<br />

14 Ebd., S. 39.<br />

15 Vgl.: Ebd., S. 37.

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