Leuchtfeuer und kleine Lichter - Evangelische Kirche Stuttgart
Leuchtfeuer und kleine Lichter - Evangelische Kirche Stuttgart
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Profilierung Aus dem <strong>Kirche</strong>nkreis<br />
von Gemeinden<br />
„Die drei <strong>Kirche</strong>n ergänzen sich w<strong>und</strong>erbar“<br />
Ein Baumeister, drei Profile: die <strong>Stuttgart</strong>er Citykirchen<br />
Die Stiftskirche als Zentralkirche, die Leonhards-<strong>Kirche</strong> als Leute-<br />
<strong>Kirche</strong>, die Hospital-<strong>Kirche</strong> als Bildungs-<strong>Kirche</strong>: So charakterisiert<br />
ein <strong>Kirche</strong>nmann <strong>Stuttgart</strong>s drei innerstädtische Gotteshäuser. Erbaut<br />
wurden sie vom bedeutendsten Architekten im Württemberg des 15.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts, Aberlin Jörg. So unterschiedlich ihr Profil sein mag – sie<br />
sind doch gemeinsam Schaufenster <strong>und</strong> repräsentative Orte der evangelischen<br />
<strong>Kirche</strong> in der Landeshauptstadt.<br />
Matthias Vosseler ist nicht nur ein bemerkenswert<br />
junger Stiftskirchenprediger.<br />
Der 41-jährige Marathonläufer<br />
ist auch der schnellste Geistliche<br />
Europas. Seine <strong>Kirche</strong>ngemeinde<br />
vergleicht er gern mit einem Garten.<br />
Deshalb gefällt ihm, dass in vielen<br />
Gottesdiensten, Andachten, Mittagsgebeten<br />
<strong>und</strong> Konzerten sehr unterschiedliche<br />
Menschen Platz in der<br />
Stiftskirche nehmen. „In der Adventszeit<br />
kommen viele Besucher<br />
aus der geschäftigen Innenstadt“,<br />
sagt Vosseler. Am häufigsten hört<br />
er dann: „Hier komme ich in eine<br />
andere Welt, hier finde ich Ruhe“.<br />
Etwa 800 Mitglieder sind der<br />
Gemeinde geblieben. Nur sieben<br />
Konfirmanden standen in diesem<br />
Jahr vor dem Altar, lediglich einer<br />
kam aus dem Wohngebiet. „In der<br />
Innenstadt wird immer weniger gewohnt“,<br />
sagt Wolfgang Nebel. Er ist<br />
Diakon,<br />
mag die<br />
Passantenseelsorge,<br />
<strong>und</strong><br />
auch er<br />
freut sich<br />
an seiner<br />
o f f e n e n<br />
<strong>Kirche</strong><br />
<strong>und</strong> ihrer<br />
Gemeinde,<br />
Wolfgang Nebel / Rathay<br />
die über<br />
den Kirch-<br />
turm der Stiftskirche hinausschaut.<br />
Über 1000 Besucher strömten in der<br />
verkaufsoffenen Nacht kürzlich durch<br />
das 2003 wiedereingeweihte <strong>Kirche</strong>nhaus.<br />
Ehrenamtliche <strong>Kirche</strong>nwächter<br />
mit Namensschild begrüßen Besucher<br />
<strong>und</strong> Gäste. Nicht zuletzt zieht die<br />
neue Orgel Musikliebhaber an. „Die<br />
drei Innenstadtkirchen ergänzen<br />
sich w<strong>und</strong>erbar, auch wenn sich die<br />
Zusammenarbeit mitunter etwas<br />
mühsam gestaltet“, sagt Nebel.<br />
„Unsere <strong>Kirche</strong> hat ein weites Dach<br />
für Menschen mit besonderen An-<br />
liegen“, sagt Christoph Hildebrand-<br />
Ayasse von der Leonhardskirchengemeinde.<br />
Ganz selbstverständlich<br />
denkt jeder an die Vesperkirche. Seit<br />
1995 bringt sie Bürgerliche <strong>und</strong> aus<br />
dem Leben Geworfene an einen Tisch<br />
<strong>und</strong> Altar. Etwa 1700 Gemeindeglieder<br />
zählt Pfarrer Hildebrand-Ayasse.<br />
Getauft<br />
hat er in<br />
diesem<br />
Jahr nur<br />
vier. Es<br />
f e h l e n<br />
Familien,<br />
„das klassische<br />
Standbein<br />
einer Gemeinde“,<br />
sagt der<br />
Pfarrer.<br />
Beate Schickler / Rathay<br />
Beate<br />
Schickler<br />
zählt nicht unbedingt zum klassischen<br />
Standbein. Aber ohne sie ist<br />
die Leonhardskirche kaum denkbar.<br />
„Wir sind eine <strong>kleine</strong> Kerngemeinde,<br />
die regelmäßig Sonntagsgottesdienst<br />
feiert, es werden immer<br />
weniger“, sagt die 1947 im<br />
Bohnenviertel Geborene. Der<br />
Kindergottesdienst sei eingeschlafen<br />
- „drei Kinder, das ist<br />
doch frustrierend“. Und trotzdem:<br />
Wenn Beate Schickler von<br />
ihrer <strong>Kirche</strong> spricht, funkeln die<br />
Augen. „Ich bin ein bisschen<br />
stolz auf das Modell Vesperkirche“,<br />
sagt sie. Der diakonische<br />
Auftrag der Leonhardsgemeinde<br />
sei schon durch den Namenspatron<br />
der <strong>Kirche</strong> begründet.<br />
Der Heilige Leonhard war ein<br />
Helfer in Not geratener Menschen.<br />
„Mir war die diakonische<br />
Arbeit nichts Neues, ich bin zwischen<br />
Leonhards-<strong>und</strong> Bohnenviertel aufgewachsen,<br />
hier war immer Armut“,<br />
sagt Beate Schickler. Manchmal<br />
wechselt die 62-Jährige die Fronten.<br />
Dann geht sie zum Samstag-<br />
abendgottesdienst in die Stiftskirche.<br />
„Pfarrer Vosselers theologische<br />
Sicherheit gefällt mir sehr“, sagt sie.<br />
Und „wenn ich mal gar nichts wissen<br />
will“, geht sie zu Pfarrer Schwarz<br />
in die Hospitalkirche seiner „vielen<br />
humanistischen Hintergründe wegen“.<br />
Dennoch: Im Herzen bleibt<br />
Beate Schickler ihrer <strong>Kirche</strong> treu.<br />
Und deshalb wünscht sie sich für<br />
die Zukunft, dass es Geld für die<br />
dringend nötige Renovierung <strong>und</strong><br />
immer genügend Pfarrer gibt, damit<br />
die diakonische Arbeit, aber auch<br />
die seit Jahren gelebte Ökumene<br />
mit der nahen Katharinenkirche<br />
weitergehen kann.<br />
Viele Menschen suchen die Anonymität<br />
des Innenstadtraums <strong>und</strong> orientieren<br />
sich einfach an den Kirchtürmen,<br />
wenn sie Hilfe oder ein Gespräch<br />
suchen. Das merkt auch Pfarrer<br />
Eberhard Schwarz von der Hospitalkirche.<br />
Etwas über 800 Mitglieder<br />
zählt seine Gemeinde, sie wächst als<br />
einzige der drei Innenstadtkirchen<br />
sogar ein wenig. Die Hospitalkirche<br />
hat zusammen mit dem <strong>Evangelische</strong>n<br />
Bildungszentrum Hospitalhof<br />
den Charakter einer Bildungs- <strong>und</strong><br />
Experimentalkirche. Ausstellungen,<br />
Meditationen <strong>und</strong> andere Formen<br />
moderner Spiritualität ziehen weit<br />
mehr Besucher an, als die Gemeinde<br />
an Mitgliedern zählt. „Das Hospitalviertel<br />
steht stadtplanerisch mitten<br />
in einem<br />
g r o ß e n<br />
Um bruch,<br />
wir beteiligen<br />
uns<br />
an dieser<br />
Quartiersanierung“,<br />
sagt<br />
Eberhard<br />
Schwarz.<br />
Heilungsfeiern,<br />
das<br />
Politische<br />
Eberhard Schwarz / Rathay<br />
Nachtgebet,Lesun-<br />
gen, Theatergespräche <strong>und</strong> die Nacht<br />
der offenen <strong>Kirche</strong>n sind Beispiele<br />
für die Kooperation der drei Citykirchen.<br />
„Unsere <strong>Kirche</strong>n gestalten die<br />
Kultur <strong>und</strong> das Leben in <strong>Stuttgart</strong>s<br />
City mit“, sagt Schwarz.<br />
Brigitte Jähnigen<br />
7<br />
IN dezember 2010