Die Arbeiter im Weinberg - Evangelische Kirchengemeinde Ober ...
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Um herauszubekommen, was jemand verdient, müssen wir vergleichen. Wer ist<br />
schneller gelaufen, wer trägt mehr Verantwortung, wer macht weniger Fehler?<br />
Sicher sind da manche Maßstäbe schwierig oder nicht ganz in Ordnung. Aber<br />
insgesamt ist es ein gerechtes Prinzip, jemand nicht danach zu beurteilen, ob er weiß<br />
oder schwarz ist, Mann oder Frau, sondern nur nach der Leistung, die er erbracht<br />
hat.<br />
Wir haben als Evangelium die Geschichte von den <strong>Arbeiter</strong>n <strong>im</strong> <strong>Weinberg</strong> gehört. Da<br />
wird erzählt, wie ein Arbeitgeber dieses Prinzip nicht anwendet. Und daraufhin gibt es<br />
Ärger.<br />
Erinnern wir uns, wer zur Geschichte gehört.<br />
Da sind die Tagelöhner, die morgens vom <strong>Weinberg</strong>besitzer angeheuert werden.<br />
Sie stehen jeden Morgen auf dem Marktplatz und hoffen, dass sie wenigstens Arbeit<br />
für den Tag bekommen. Zu Hause reicht es oft nicht zum Nötigsten.<br />
An diesem Morgen sind sie glücklich, dass sie gleich Arbeit finden <strong>im</strong> <strong>Weinberg</strong>.<br />
Von der Bezahlung – einem Denar – kann die Familie einen Tag lang über die<br />
Runden kommen.<br />
Sie strengen sich <strong>im</strong> <strong>Weinberg</strong> an und schuften den ganzen Tag. 12 Stunden lang.<br />
Vielleicht holt der <strong>Weinberg</strong>besitzer sie ja morgen wieder.<br />
Abends tut ihnen das Kreuz weh – endlich geht‘s daran, dass der verdiente Lohn<br />
ausbezahlt wird.<br />
Und dann passiert das Unglaubliche. Sie hatten sich schon gewundert, dass eine<br />
Stunde vor Schluss noch neue <strong>Arbeiter</strong> kamen. Und jetzt bekommen die auch einen<br />
Denar – genauso viel, wie die ersten!<br />
Ich kann gut verstehen, dass die sich aufregen. „Ich bin doch nicht blöd“ höre ich<br />
einen sagen „Schufte den ganzen Tag und bekomme das Gleiche. Wär’ ich doch<br />
bloß auch später auf den Marktplatz gekommen...<br />
Wir kennen solche Wut auch.<br />
Man arbeitet viel, aber wenn man das Ergebnis mit anderen vergleicht, dann hat es<br />
sich nicht gelohnt.<br />
Jemand hat weniger gelernt und hat die gleiche Note bekommen.<br />
Manchmal stehen die, die viel tun sogar schlechter da, als jene, die weniger tun.<br />
Das ist wohl schon ein Grund, sich aufzuregen, weil es ungerecht ist.<br />
Ist der <strong>Weinberg</strong>sbesitzer gerecht? – Schauen wir, bevor es um ihn geht, noch auf<br />
die andern <strong>Arbeiter</strong>.<br />
Sie haben auf dem Markplatz gestanden, aber niemand wollte sie haben. Spät<br />
kommt der <strong>Weinberg</strong>besitzer und schickt sie doch noch in den <strong>Weinberg</strong>. Von<br />
Bezahlung ist keine Rede. Vielleicht gibt’s dafür ein Abendessen. Aber dann – einen<br />
ganzen Denar – einen vollen Arbeitslohn für eine Stunde.<br />
Sie vergewissern sich, ob das kein Irrtum ist. Und dann freuen sie sich, dass ihre<br />
Familien nun ein Auskommen haben für einen Tag.<br />
Nicht <strong>im</strong>mer haben Menschen das Glück, dass sie unverdient doch noch das<br />
Lebensnotwendige bekommen. Wahrscheinlicher ist es, dass die Letzten auch die<br />
Letzten bleiben, damals wie heute.<br />
Mir fallen unterschiedliche Menschen ein: Langzeitarbeitslose,<br />
Kinder und Jugendliche, die zurückbleiben, weil sie in der Schule nicht mithalten<br />
können, ältere Menschen, die mit ihrer Rente kaum auskommen können.<br />
Letzte oder Letzter sein, nicht mehr mitkommen, das Gefühl kennen wir<br />
wahrscheinlich alle irgendwie.<br />
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