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Dokumentation der Predigt am 21. November 2010

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seine Geschichte hat sich ja herumgesprochen: Der Glückspilz hatte die Wahl, und<br />

er hat gewählt. Statt sanft in den Himmel zurückzuschweben, ist er lieber dageblie-<br />

ben. Denn mal ehrlich: Was ist denn <strong>der</strong> Himmel gegen das Hofbräuhaus? Durch<br />

den Hingerl Alois wissen wir’s doch aus erster Hand: Der Himmel, das ist – Lange-<br />

weile.<br />

Machen Sie’s also besser genau wie <strong>der</strong> Hingerl Alois: Vergessen Sie den<br />

Himmel, winken Sie die fesche Kellnerin herbei und trinken Sie noch a Moaß, un<br />

noch a Moaß, un noch a Moaß …<br />

Entschuldigen Sie übrigens meinen Akzent. Ich kann es nun mal nicht verheh-<br />

len: Ich bin ein Zugereister, und hier in Bayern habe ich einen Migrationshintergrund.<br />

Dort, wo ich herkomme, ist mit dem 11.11. gerade dieser Tage die fünfte Jahreszeit<br />

ausgebrochen, und da hakt man sich mit den Armen ein und schunkelt im Dreiviertel-<br />

takt: „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel – weil wir so brav sind!“<br />

Weil wir so brav sind – das beschreibt natürlich beson<strong>der</strong>s treffend die Verhal-<br />

tensweisen, die für die fünfte Jahreszeit typisch sind. Wenn <strong>der</strong> Karnevalsschlager<br />

aber Recht behält und man vor allem brav sein muss, um in den Himmel zu kommen,<br />

dann wird das mit dem Himmel wohl nichts werden. D<strong>am</strong>it hätten wir allerdings,<br />

glaubt man dem alten Gassenhauer, auch nicht allzu viel verpasst. Denn das ist doch<br />

seine geheime message: Nützen wir die Zeit, die uns noch bleibt, um ein bisschen<br />

Spaß zu haben; nützen wir den Fasching, bevor <strong>der</strong> Himmel ausbricht. Denn <strong>der</strong><br />

Himmel, das ist – Langeweile.<br />

Schließlich weiß <strong>der</strong> Volksmund ja schon immer: Brave Mädchen kommen in<br />

den Himmel, freche kommen überall hin – wer will sich da schon freiwillig den Himmel<br />

antun? Das sehen sogar ernsthafte Gemüter ganz ähnlich. In dem thailändischen<br />

Film „Onkel Boonmee erinnert sich“ gehen die Seelen <strong>der</strong> Toten nach fernöstlicher<br />

Lehre auf Wan<strong>der</strong>ung und plau<strong>der</strong>n offen mit denen, die nur hellhörig genug<br />

sind, die Stimmen <strong>der</strong> Toten wahrzunehmen. Dort bekommt Onkel Boonmee Besuch<br />

von seiner verstorbenen Frau, die aus eigenem Augenschein eine trübe Bilanz mitbringt:<br />

„Der Himmel wird überschätzt.“<br />

O<strong>der</strong>: „So schön wie hier kann’s im Himmel doch gar nicht sein“ – so hat<br />

Christoph Schlingensief sein Krebstagebuch überschrieben, ein Fanal seines Aufstands<br />

gegen den unausweichlichen Abschied. Gewiss hat diese Welt ihre Ecken<br />

und Kanten, aber hier gibt’s so viel zu tun; es gibt so viele spannende Projekte und<br />

Chancen: es gibt so viele Menschen, an denen man hängt. Soll man die bereitwillig<br />

für den Himmel hergeben, sich gar noch drauf freuen, weil dort angeblich alles besser<br />

sei?

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