Im Visier: Discounter - Christliche Initiative Romero
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KApItEL 1 | Die Billiganbieter<br />
<strong>Discounter</strong><br />
D<br />
ie <strong>Discounter</strong> Aldi, Lidl und KiK spielen durch<br />
ihre zahlreichen Filialen und ihr globales Netz<br />
von Zulieferern eine wichtige Rolle in der Welt<br />
der Arbeitsrechte. Durch ihre aggressive Einkaufspolitik<br />
mit dem Ziel, immer günstigere Produktionsstandorte<br />
zu finden, beschleunigen sie den weltweiten Wettbewerb.<br />
Ihr Motto lautet: Billiger, schneller, flexibler. Ihre<br />
Größe und Marktmacht macht sie zu Anführern einer<br />
globalen Abwärtsspirale im Bereich menschenwürdige<br />
Arbeitsbedingungen: Sie drücken Preise, kürzen<br />
Lieferfristen und verlagern die Verantwortung zunehmend<br />
auf die Produzenten in Bangladesch und anderen<br />
Billiglohnländern. Die Produzenten stehen den großen<br />
Billiganbietern meist machtlos gegenüber und geben<br />
den Produktionsdruck an die NäherInnen weiter, auf<br />
deren Rücken letztlich der Kampf um die niedrigen Preise<br />
ausgetragen wird. Aber nicht nur die NäherInnen in<br />
Bangladesch, auch die VerkäuferInnen in Deutschland<br />
spüren tagtäglich die Folgen des Billigdiktats: Stellen<br />
für Vollzeitbeschäftigte sinken, Teilzeitbeschäftigte mit<br />
Niedrigstlöhnen machen die Arbeit. Arm trotz Arbeit<br />
ist die Folge, die vor allem Frauen trifft. 70 Prozent der<br />
Beschäftigten im Einzelhandel sind weiblich. Davon ist<br />
mehr als jede Zweite (56 Prozent) teilzeitbeschäftigt,<br />
bei den männlichen Kollegen ist dies bei weniger als<br />
jedem Neunten (12,3 Prozent) der Fall.<br />
Die erfolgreiche Niedrigpreispolitik der <strong>Discounter</strong> (von<br />
englisch discount = Rabatt) beruhte in der Anfangszeit<br />
hauptsächlich auf rigorosen Kosteneinsparungen bei<br />
allen eingesetzten Betriebsfaktoren. <strong>Discounter</strong> beschränken<br />
ihr Sortiment auf sogenannte Schnelldreher,<br />
d.h. auf Produkte des täglichen Bedarfs, die spontan<br />
zu niedrigen Preisen gekauft werden. Zudem haben sie<br />
erheblich weniger Alternativprodukte innerhalb einer<br />
Warengruppe im Sortiment als klassische Supermärkte.<br />
Aldi begrenzte das Sortiment auf zunächst 400,<br />
heute 700 Basisartikel des täglichen Gebrauchs. Aldi<br />
Nord verkauft beispielsweise erst seit 2004 loses Obst<br />
und Gemüse. Lidl hatte anfangs rund 1.000 Artikel im<br />
Sortiment. Ein durchschnittlicher Supermarkt dagegen<br />
bietet insgesamt circa 25.000 Artikel an. Die Begrenzung<br />
auf wenige Artikel ermöglicht gleichzeitig den<br />
Einkauf von größeren Mengen und senkt die Kosten der<br />
Lagerhaltung und Sortimentspflege. Zudem entfallen<br />
somit Rohertragseinbußen durch schlecht verkäufliche<br />
Artikel. Insbesondere die Hard-<strong>Discounter</strong> (Aldi und<br />
Lidl) verzichteten in der Vergangenheit weitgehend auf<br />
Markenartikel zugunsten von eigenen Handelsmarken,<br />
hinter denen sich oft teurere Markenartikel verbergen.<br />
Um neue Käuferkreise zu erschließen, nehmen jedoch<br />
selbst die Hard-<strong>Discounter</strong> mehr und mehr Markenartikel<br />
in ihr Sortiment auf. Um die Betriebskosten mög-<br />
Kostenzusammensetzung eines<br />
no-name-shirts für 4,95 €<br />
Baumwolle 0,4<br />
Konfektion 0,95 davon 14 % Lohnanteil<br />
laut GIZ = 0,13<br />
FoB preis* 1,35 27 %<br />
transport 0,06 1,2 %<br />
Kosten Dtl. 2,1 42,4 % Ladenmiete, Lohnkosten,<br />
Werbung<br />
lichst gering zu halten, werden unter anderem größere<br />
Warenmengen unter Ausschaltung des Großhandels<br />
beschafft, kosten- und verkehrsgünstige Standorte<br />
bevorzugt und wenig Personal beschäftigt.<br />
<strong>Discounter</strong> bieten keinen Kundenservice und die Angestellten<br />
müssen oft unbezahlte Überstunden leisten,<br />
z.B. für die Abrechnung der Kasse und das Putzen der<br />
Filiale. Es herrscht ein hoher Arbeitsdruck unter den<br />
Beschäftigten, gewerkschaftsfeindliche Praktiken sind<br />
weit verbreitet. Bei <strong>Discounter</strong>n beträgt der Lohnkostenanteil<br />
an den Gesamtkosten nur 6,7 Prozent. Zum<br />
Vergleich: Bei Supermärkten liegt der Lohnkostenanteil<br />
bei über 14 Prozent. In <strong>Discounter</strong>n stehen die<br />
Produkte schmucklos in Kartons in den Regalen. Auf<br />
Dekoration wird völlig verzichtet. Für Werbung gaben<br />
die <strong>Discounter</strong> 2010 845,7 Mio. Euro aus. Die Ausgaben<br />
von Aldi Süd beliefen sich auf 384,4 Mio. Euro und<br />
von Lidl auf 258 Mio. Euro. Die wichtigsten Medien<br />
sind dabei Zeitungen und zunehmend auch das Fernsehen.<br />
Die <strong>Discounter</strong> locken dort die KundInnen mit<br />
ihren Eigenmarken, aber vor allem mit „Schnäppchen“<br />
und Aktionsware, beispielsweise mit Kleidung.<br />
Kleidung bei <strong>Discounter</strong>n<br />
Der Marktanteil von <strong>Discounter</strong>n am deutschen Textileinzelhandel<br />
ist in den letzten Jahren kontinuierlich<br />
gestiegen. Wegen ihrer aggressiven Preispolitik setzen<br />
vor allem »textilfremde Anbieter« wie Aldi und Lidl,<br />
aber auch Tengelmann (KiK, Plus, Woolworth) und<br />
Tchibo den Fachgeschäften zu. In der Rangliste »Die<br />
Kampagne für Saubere Kleidung <strong>Im</strong> VIsIEr: DIscountEr | KApItEL 1<br />
3,51<br />
ust 0,79 16 %<br />
Gesamt 4,3<br />
profit 0,65 13 %<br />
Ladenpreis 4,95 100 % Lohnanteil Bd.:<br />
ca 2,6 %<br />
Basierend auf Preisinformationen aus ZEIT, Uchatius, 12/2010,<br />
zusammengestellt von Dr. Gisela Burckhardt, FEMNET e.V.<br />
* FOB = Free On Board, Verkäufer bringt Ware zum Exporthafen,<br />
zahlt aber nicht die weiteren Transportkosten.<br />
16<br />
13<br />
42,4<br />
27<br />
1,2<br />
5