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dressler/fo dressler/fo 230/buch/anno<br />

230/buch/anno<br />

Der Himmelspfeifer<br />

Alisha Bionda (Hrsg.)<br />

Bereits vor einigen Monaten ist die <strong>SF</strong>-Anthologie<br />

„Der Himmelspfeifer“ im Lerato Verlag<br />

erschienen. Zusammengestellt wur<strong>de</strong>n die Geschichten<br />

von Alisha Bionda, die bereits als<br />

Autorin und Herausgeberin innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Phantastikszene auf sich aufmerksam gemacht<br />

hatte. In dieser Kurzgeschichtensammlung präsentiert<br />

sie sechzehn Werke mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />

bekannter Autoren.<br />

Lei<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n sich zu <strong>de</strong>n Geschichten keinerlei<br />

Angaben, ob es sich um Erstveröffentlichungen<br />

han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r nicht. Erst beim Lesen ist<br />

mir zumin<strong>de</strong>st aufgefallen, dass bereits einige<br />

an<strong>de</strong>rweitig erschienen sind. Hierzu zählen die<br />

Geschichten von Frank W. Haubold, Helmuth<br />

W. Mommers und Ronald M. Hahn.<br />

Untertitelt ist die Anthologie mit „Etwas „an<strong>de</strong>re“<br />

<strong>SF</strong>-Geschichten“ und während <strong>de</strong>r Lektüre<br />

<strong>de</strong>r einzelnen Storys kam bei mir immer<br />

wie<strong>de</strong>r die Frage auf, was an diesen <strong>SF</strong>-Geschichten<br />

<strong>de</strong>nn so „an<strong>de</strong>rs“ ist. Ein bestimmter<br />

Themenschwerpunkt ist genauso wenig zu erkennen<br />

wie die Zugehörigkeit zu einem Subgenre<br />

<strong>de</strong>r <strong>SF</strong>. Lei<strong>de</strong>r klärt auch die Herausgeberin<br />

nicht darüber auf, warum sie ausgerechnet diese<br />

Geschichten ausgewählt hat. Die durch <strong>de</strong>n<br />

Untertitel vielleicht geschürte Erwartungshaltung<br />

<strong>de</strong>s Leser mit <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Sammlung tatsächlich<br />

etwas außergewöhnliches in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n<br />

zu halten, erfüllt sich in je<strong>de</strong>m Falle nicht.<br />

Immerhin bietet die Sammlung genügend<br />

Abwechslung, so dass für je<strong>de</strong>n Leser etwas<br />

dabei sein dürfte. Zumal hier keine Newcomer<br />

vertreten sind, son<strong>de</strong>rn gestan<strong>de</strong>ne Autoren, die<br />

ein entsprechen<strong>de</strong>s Niveau bieten.<br />

Andreas Gruber zeigt sich in Heimkehr nach<br />

Algata von seiner humorvollen Seite. Wir treffen<br />

hier auf einen Sgorcs, verstoßen von seinem<br />

Volk und auf <strong>de</strong>r Suche nach einer leben<strong>de</strong>n<br />

Legen<strong>de</strong> seines Volkes, die irgendwo in<br />

<strong>de</strong>n Tiefen <strong>de</strong>s Alls zu fin<strong>de</strong>n sein soll. Kurz<br />

bevor <strong>de</strong>m Sgorc <strong>de</strong>r Treibstoff und die Nahrungsmittel<br />

ausgehen, stößt er mitten im Weltall<br />

auf eine Raumstation, die ihm mit allem beliefert,<br />

was er für eine Weiterfahrt benötigt. Die<br />

Geschichte ist locker und humorvoll geschrieben.<br />

Unterhaltungslektüre reinsten Wassers, die<br />

zu<strong>de</strong>m mit einem überraschen<strong>de</strong>n En<strong>de</strong> aufwartet.<br />

Reinste Satire bietet dann Ronald M. Hahn<br />

in Wie Terrorismus entsteht. Diesmal beschreibt<br />

er in Briefform <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nsweg eines hoffnungsvollen<br />

Nachwuchsschriftstellers, <strong>de</strong>r bis zur<br />

Selbstverleugnung sich in die Mühlen <strong>de</strong>r<br />

Verlagslandschaft begibt. In nova erschienen,<br />

sollte sie dort sicherlich solch hoffnungsvolle<br />

Nachwuchsautoren davon abschrecken, eben<br />

jenem Ronald M. Hahn ihre Manuskripte unverlangt<br />

zuzusen<strong>de</strong>n. Das dies nicht funktioniert<br />

hat, ist bekannt.<br />

Ebenfalls bekannt ist <strong>de</strong>r Beitrag von Frank<br />

W. Haubold. Er steuerte mit Der traurige Dichter<br />

eine Geschichte bei, die bereits in seiner<br />

Anthologie Das Geschenk <strong>de</strong>r Nacht als auch in<br />

seinem Episo<strong>de</strong>nroman Die Schatten <strong>de</strong>s Mars<br />

erschienen ist. Der Dichter wohnt völlig allein<br />

am Ran<strong>de</strong> eines Sandmeeres auf <strong>de</strong>m Mars.<br />

Eines Tages wird seine Einsamkeit durchbrochen.<br />

Ich möchte über <strong>de</strong>n Inhalt nicht mehr verraten.<br />

Die Geschichte zählt allein schon aufgrund <strong>de</strong>s<br />

Stils, <strong>de</strong>r schön melancholisch ist, unzweifelhaft<br />

zu <strong>de</strong>n besten <strong>de</strong>r Anthologie und dient<br />

als Appetithappen für Haubolds Episo<strong>de</strong>nroman,<br />

<strong>de</strong>r En<strong>de</strong> letzten Jahres erschienen ist. Die Lektüre<br />

dieses Werkes lohnt sich in je<strong>de</strong>m Fall, was<br />

die Nominierungen für <strong>de</strong>n KLP und <strong>de</strong>n D<strong>SF</strong>P<br />

zeigen.<br />

<strong>Fan</strong>s von H.P. Lovecraft bedient Jörg Isenberg<br />

in Der Himmelspfeifer. Ein Bauer fin<strong>de</strong>t auf seinem<br />

Acker ein fremdartiges Wesen, welches sich<br />

in seinem Stall einnistet und eine starke Anziehungskraft<br />

auf die umliegen<strong>de</strong>n Bewohner ausübt.<br />

Ein nicht näher beschreibbares Wesen stran<strong>de</strong>te<br />

auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und versucht nun zu <strong>de</strong>n<br />

seinen zurückzukehren. Allein ist es zu schwach,<br />

aber die Menschen um es herum liefern ihm<br />

die nötige Kraft. Niemand kann sich kurz darauf<br />

das Verschwin<strong>de</strong>n von einer größeren Anzahl<br />

von Menschen erklären. Dem Bewohner eins<br />

Nachbarortes, <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>m Ort <strong>de</strong>s Geschehens<br />

nähern konnte, wird mit <strong>de</strong>m Unvorstellbaren<br />

konfrontiert und bleibt verwirrt zurück. Die<br />

Stärke <strong>de</strong>r Story liegt zum einen darin, dass sie<br />

sich nicht so entwickelt, wie man zu Beginn<br />

vielleicht <strong>de</strong>nkt und darin, dass einem nicht alles<br />

offenbart wird. Eine ungewöhnliche Kurzgeschichte,<br />

die mich aber nicht ganz überzeugen<br />

konnte.<br />

Helmuth W. Mommers nimmt sich immer<br />

nahe liegen<strong>de</strong>r Themen an. In Zum Abschuss<br />

freigegeben hat <strong>de</strong>r Demografische Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r<br />

Gesellschaft zu aus heutiger Sicht unvorstellbaren<br />

Gesetzen geführt. Die Hochbetagten dürfen<br />

völlig legal getötet wer<strong>de</strong>n. Ihre Mör<strong>de</strong>r erhalten<br />

dafür Bonuspunkte, mit <strong>de</strong>nen sie dann ihren<br />

eigenen Lebensabend absichern können.<br />

In einer Welt, in <strong>de</strong>r viele Menschen weit über<br />

100 Jahre wer<strong>de</strong>n, und die Ressourcen <strong>de</strong>r nachwachsen<strong>de</strong>n<br />

Generationen verbrauchen, weiß<br />

man sich anscheinend nicht an<strong>de</strong>rs zu helfen.<br />

Die Situation ist natürlich überspitzt verfasst und<br />

mehr als zynisch. Aber wer weiß, wohin sich<br />

unsere Gesellschaft im Angesicht von Millionen<br />

hochbetagter Menschen hinbewegen wird. Auch<br />

einer <strong>de</strong>r stärksten Beiträge dieser Anthologie.<br />

Weiterhin überaus lesenswert ist die Geschichte<br />

von Niklas Peinecke. In Upload Untot<br />

sucht Cortez verzweifelt nach seiner verschwun<strong>de</strong>nen<br />

Schwester Thereza. Er vermutet sie bei<br />

ihrem Freund, was sich als falsch herausstellt.<br />

Dann stellt sich heraus, dass sie vielleicht bei<br />

<strong>de</strong>n Zomba sich befin<strong>de</strong>n könnte. Eingewebt<br />

in die Handlung sind immer wie<strong>de</strong>r kleine Einsprengsel,<br />

die einem vermuten lassen, dass<br />

Cortez sich in einer fiktiven Spielewelt befin<strong>de</strong>t<br />

und eine vorgegebenes Szenario erfolgreich<br />

durchlaufen muss, um auf <strong>de</strong>n nächsten Level<br />

zu gelangen. Er selbst nimmt sich dieser Sichtweise<br />

überhaupt nicht an und auch <strong>de</strong>r Leser<br />

ist sich nicht sicher, ob ihm nun eine fiktive Welt<br />

beschrieben wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r nicht. Eine Geschichte,<br />

die mit einem <strong>de</strong>r Lieblingsthemen <strong>de</strong>r <strong>SF</strong><br />

spielt: <strong>de</strong>r Wirklichkeit. Das Dicksche Thema<br />

wur<strong>de</strong> von Peinecke wirklich lesenswert umgesetzt.<br />

Die Story hebt sich dadurch von vielen<br />

reinen Pointenstorys einfach positiv ab.<br />

Achim Stößer bietet mit GÖTHÈ eine Parallelwelt-<br />

und Zeitreisegeschichte. Seine Hauptfigur<br />

stürzt auf <strong>de</strong>r Rückfahrt von <strong>de</strong>r Frankfurter Buchmesse,<br />

auf <strong>de</strong>r groß das Göthe-Jahr zelebriert<br />

wur<strong>de</strong>, just in das Jahr 1829 zurück, in <strong>de</strong>m<br />

Göthe in Weimar lebte. Allerdings merkt <strong>de</strong>r Leser<br />

durch im Text eingestreute Infoschnipsel, dass<br />

die Welt aus <strong>de</strong>r die Hauptfigur stammt nicht<br />

mit unserer Realität überein stimmt. Es könnte<br />

durchaus sein, dass <strong>de</strong>r unfreiwillige Zeitreisen<strong>de</strong><br />

bewusst o<strong>de</strong>r unbewusst durch sein Wirken Verän<strong>de</strong>rungen<br />

herbeiführt, die dann zu <strong>de</strong>r uns<br />

bekannten Gegenwart führen. Nicht gera<strong>de</strong> eine<br />

innovative neue I<strong>de</strong>e, die aber sicherlich im<br />

Göthe-Jahr durchaus passend gewesen ist (?).<br />

Je<strong>de</strong>nfalls ist die Geschichte gut geschrieben und<br />

mit einigen Schmunzlern versehen.<br />

Vom schriftstellerischem Niveau her bewegt<br />

sich Fabian Vogt mit Myomorphus auf <strong>de</strong>m gleichen<br />

Level. Er beschreibt <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nsweg einer<br />

Laborratte, die im Namen <strong>de</strong>r Wissenschaft durch<br />

ihre ganz persönliche Hölle geschickt wird. Bei<br />

ihr wur<strong>de</strong> das avisierte Ziel einer Intelligenzsteigerung<br />

erreicht und zwar in einem nicht für<br />

möglich gedachten Maße. Sie ist <strong>de</strong>shalb auch<br />

in <strong>de</strong>r Lage, ihre Lei<strong>de</strong>nsgeschichte zu Papier<br />

zu bringen. Wobei mir allerdings <strong>de</strong>r Schluss zu<br />

bekannt war.<br />

Das rot-weisse Licht o<strong>de</strong>r Sinkflug über<br />

Berlin/Treptow zeichnet sich vor allem durch<br />

seine flapsige, jugendliche Sprache aus. Mikis<br />

Wesensbitter scheint hier wirklich sehr authentisch<br />

<strong>de</strong>n Sprachschatz von Jugendlichen wie<strong>de</strong>rgegeben<br />

zu haben. Liest sich halt ganz<br />

an<strong>de</strong>rs im Vergleich zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Autoren,<br />

<strong>de</strong>ren erwachsene Figuren so gut wie ohne je<strong>de</strong><br />

umgangssprachlichen Ausdrücke u.ä. auskommen.<br />

Die Geschichte an sich bietet hingegen<br />

kein neues Szenario.<br />

Zum Abschluss dann eine Geschichte von<br />

Uschi Zietsch. In Der perfekte Frie<strong>de</strong> hat man<br />

eine Metho<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n, das Aggressionspotential<br />

<strong>de</strong>r Menschen zu kanalisieren und so<br />

eine bessere Welt zu schaffen. Der Preis hierfür<br />

ist allerdings moralisch und ethisch mehr als<br />

verwerflich, nur weiß hiervon so gut wie nie-<br />

26 FO 230 · 08/08

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